Samstag, Oktober 4, 2025
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UBA: Abwasserwärme

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Die Nutzungspotenziale von Abwasserkanälen für die Wärmeversorgung von Gebäuden oder als Wärmequelle für die leitungsgebundene Wärmeversorgung sind gerade in urbanen Räumen groß. In der Analyse werden Möglichkeiten aufgezeigt, den Informationszugang insbesondere für Dritte zu verbessern. Das umfasst Anspruchsregelungen in den Informationsfreiheitsgesetzen der Länder. Duldungsansprüche bzw. Gestattungen für die Abwasserwärmenutzung können die Abwasserwärmenutzung erleichtern. Das Papier schließt mit Handlungsempfehlungen für Bund, Länder und Kommunen.

1 Einführung
Es gibt erst wenige Projekte, bei denen Abwasserkanäle als Wärmequelle für die Wärmeversorgung von Gebäuden oder Quartieren genutzt werden. Beispiele findet man z. B. in Stuttgart1, Winnenden2, Bamberg3 oder Rheine4 (eine Liste weiterer Projekte findet sich in Fritz & Pehnt (2018)5). Dabei ist Abwasserwärme des Kanalsystems oder am Auslauf von Kläranlagen ein gutes Wärmereservoir für den Betrieb von Wärmepumpen. Dies liegt vor allem an dem über das Jahr hinweg relativ konstantem Temperaturniveau, das insbesondere in den Wintermonaten höher ist als die Temperatur der Umgebungsluft und des Grundwassers. Nach Fritz & Pehnt (2018) beträgt das deutschlandweite Nutzwärmepotenzial der Wärmeentnahme aus Abwasserkanälen bis zu 33 TWh/a.
Für die flächendeckende Nutzung der Wärme aus Abwasserkanälen gibt es nach wie vor einige Barrieren. Neben Informationsdefiziten ist der mangelnde Informationszugang ein zentrales Hemmnis. Es fehlt dabei an leicht zugänglichen Informationen zu Lage (digitale Karten/ GIS) und relevanten weiteren Parametern wie Kanaldurchmesser, Durchflussmengen und Temperatur des Abwassers. Fokus der vorliegenden Analyse ist daher die Frage, wie Informationen leichter und besser zugänglich gemacht werden können. Durch die Einführung einer flächendeckenden Wärmeplanung ist zu erwarten, dass Informationen zukünftig leichter zugänglich sind, da der Entwurf des Wärmeplanungsgesetzes eine Berechtigung vorsieht, relevante Informationen zu Abwasserkanälen zu erfassen. Hierzu zählen nach dem Gesetzesentwurf vom 21.07.2023 für Kanäle mit einer Mindestnennweite von DN 800 (80 cm Innendurchmesser) die Lage, die Nennweite in Metern, das Jahr der Inbetriebnahme und der Trockenwetterabfluss (jeweils straßenbezogen). Allerdings adressiert der Entwurf des Wärmplanungsgesetztes in erster Linie die Länder und die für die Wärmeplanung verantwortlichen Stellen. Dritte wie Hauseigentümer oder Wohnungsunternehmen, die die Abwasserwärme nutzen möchten, dürften auch in Zukunft nicht immer einfach an die relevanten Informationen kommen. Wie insbesondere der Zugang zu Informationen von Dritten verbessert werden kann, ist die zentrale Frage dieser Analyse und wird in Kapitel 3 detailliert betrachtet. Dabei werden auch weitere rechtliche Fragen beleuchtet, die sich mit der Nutzung der Wärme aus Abwasserkanälen verbinden wie die Duldung der Nutzung des Abwasserkanals für die Wärmeentnahme und die Erhebung von Gebühren.
Neben dem schwierigen Informationszugang gibt es weitere Barrieren für die Nutzung von Abwasserwärme. Dazu gehören z. B. Wissenslücken bei vielen kommunalen Akteuren und Projektentwicklern, welche sich auch in Bedenken der Betreibenden von Kanalnetzen und Kläranlagen zeigen. Beispielsweise bestehen Vorbehalte im Hinblick auf die sichere Funktionsfähigkeit von Kläranlagen, sollte Wärme aus dem Kanalnetz entzogen werden.
Entsprechende Temperaturanforderungen in den Kläranlagen müssen in der Planung von Abwasserwärme-Projekten berücksichtigt werden (s. auch unten). Bei umgesetzten Projekten sind keine Probleme hinsichtlich der Funktionsfähigkeit von Kläranlagen bekannt Projektentwickler berichten darüber hinaus von der Herausforderung, dass Genehmigungsprozesse bislang nicht standardisiert sind. Diese Standardisierung kann auf Erfahrungen aus erfolgreichen Projekten aufbauen. Erste Ansätze hierzu gibt es von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) mit dem
1 https://www.stadtwerke-stuttgart.de/partner-der-energiewende/neckarpark/
2 https://www.zvw.de/lokales/winnenden/das-gerberviertel-plus-entsteht-in-winnenden-derabwasserkanal-hats-in-sich_arid-409670
3 https://www.stadtwerke-bamberg.de/zukunftba/lagarde
4 https://www.mv-online.de/sonderthemen/stadtwerke/heizt-rheine-bald-teils-mit-abwasser-384719.html
5 Fritz, S.; Pehnt, M. (2018): Kommunale Abwässer als Potenzial für die Wärmewende? Kurzstudie im Auftrag des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Abgerufen am 30.07.2023 unter https://www.ifeu.de/fileadmin/uploads/ifeu-bmu_Abwaermepotenzial_Abwasser_final_update.pdf

Merkblatt M-114, das eine Grundlage für entsprechende Standardisierungsprozesse (z. B. hinsichtlich Genehmigungsabläufen, Gebührenordnung) sein könnte. Einen Schritt in diese Richtung ist man in Baden-Württemberg gegangen. Um Genehmigungsprozesse zu vereinheitlichen und damit zu beschleunigen, hat die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg einen Mustervertrag für die Abwärme-Nutzung in Abwasserkanälen und Kläranlagen erstellt, der auf Anfrage verfügbar ist.
Für die Abwasserwärmenutzung gibt es im Kern drei Optionen:
► die Nutzung nicht gereinigter Abwässer vor der Kläranlage im Abwasserkanal,
► die direkte Nutzung in der Kläranlage,
► die Nutzung des gereinigten Abwassers im Auslauf der Kläranlage.
Die vorliegende Analyse fokussiert auf die Nutzung der Abwasserkanäle, also die Nutzung des nicht gereinigten Abwassers vor der Kläranlage. Der Vorteil ist, dass Abwasserkanäle überall in Kommunen zu finden sind und damit nah an potenziellen Wärmeabnehmern liegen. Allerdings ist nicht jeder Kanal für die Abwasserwärmenutzung geeignet. Eine Grundvoraussetzung ist ein ausreichender Innendurchmesser der Abwasserkanäle, um einen Wärmeübertrager im Kanal installieren zu können. Nach Fritz & Pehnt (2018) können Wärmeübertrager ab einem Durchmesser von DN 400 installiert werden, wobei ein Durchmesser von mindestens DN 800 empfohlen wird7. Der Trockenwetterabfluss in dem Kanalabschnitt, in dem ein Wärmetauscher eingebaut wird, sollte bei mindestens 15 l/s liegen. Entsprechende Abwassermengen sind in Gemeinden ab ca. 3.000 bis 5.000 Einwohnern*Einwohnerinnen zu erwarten. Kanal-Wärmetauscher können Längen von mehreren hundert Metern erreichen, um die benötigte Leistung bereitzustellen. Eine Alternative sind Bypass-Wärmetauscher, bei denen ein Teilstrom des Abwassers aus dem Kanal entnommen und über einen Platten- oder Doppelrohrwärmeübertrager geleitet wird. Die Anforderungen an den Kanal(durchmesser) sind für diese Variante geringer, allerdings sind auch die Investitionskosten höher.
Im Zuge des Wärmeentzugs ist eine Verringerung der Temperatur des Abwassers um drei bis vier Kelvin praktikabel, womit eine Wärmeentzugsleistung von zwei bis vier kW/m² Wärmeübertrager-Oberfläche erreicht werden kann. Bei der Nutzung ist stets sicherzustellen, dass die Temperatur im Zulauf einer Kläranlage nicht zu weit sinkt, da sonst der Betrieb der Kläranlage nicht gewährleistet ist. Die Temperatur im Zulauf der Kläranlage sollte nicht unter 10 °C fallen.
https://www.kea-bw.de/waermewende/wissensportal?no_cache=1#c6594%20_top
Energie in Infrastrukturanlagen (2004): Wärmenutzung aus Abwasser. Verfügbar unter https://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/Dokumente/5_Energie/Energieeffizienz/Abwasserwaermenutzung/Leitfaden_RatgeberLeitfaden_Waerme_aus_Abwasser.pdf

2 Existierende Informationsinstrumente und Informationsbedarfe
Für die Planung und Durchführung von Projekten zur Abwasserwärmenutzung aus Abwasserkanälen benötigen Planende Informationen über das existierende Kanalnetz. Insbesondere Informationen zu Dimensionen, Abflussdaten und Temperatur sind wichtig, um die (Nutzungs-)Potenziale abschätzen und Projekte entwickeln zu können. Die entsprechenden Informationen sind aktuell nicht flächendeckend zugänglich. Zwar haben einige Kommunen damit begonnen, diese Daten zu digitalisieren und frei zugänglich zu machen, oftmals stehen Interessierte aber vor dem Problem, dass Zuständigkeiten unklar sind und die Informationsbereitstellung keine Priorität hat. Im aktuellen Entwurf des Wärmeplanungsgesetztes (s. oben) ist verankert, dass für die Wärmeplanung verantwortliche Stellen diese Daten erheben können. Es ist also davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren deutlich mehr abwassernutzungsrelevante Informationen digital verfügbar sein werden.
Fraglich bleibt, ob die damit verbundene Detailtiefe z. B. für Projektentwickler ausreicht. Hierfür wäre eine flächendeckende Darstellung der Potenziale z. B. in Wärmekatastern oder Potenzialkarten hilfreich. In einigen Gebieten gibt es bereits entsprechende Potenzialkartierungen, u. a. in Hamburg-Bergedorf, Hamburg-Wilhelmsburg, Stuttgart, Oldenburg, Berlin (im Aufbau) und entlang des Emscher-Kanals (Nordrhein-Westfalen). Eine Ausweitung dieserart Aktivitäten könnte der Nutzung von Wärme aus Abwasserkanälen einen Schub geben. Alternativ könnte eine Verpflichtung der Kanalnetzbetreiber zur Informationsbereitstellung die Informationslage verbessern (s. Kapitel 3).
Für zentrale Abwasserwärmequellen ist die Informationslage deutlich besser. So stellt die Bayerische Staatsregierung in einem Potenzialkataster Informationen zu allen Kläranlagen in Bayern zur Verfügung und hat einen Leitfaden zur Abwasserwärmenutzung im Kanal und im Auslauf von Kläranlagen veröffentlicht. Auch in Baden-Württemberg wurden die Standorte für die Abwasserwärmenutzung aus dem Auslauf von Kläranlagen identifiziert und analysiert und ein Informationsportal etabliert (s. unten).
Darüber hinaus gibt es auf Länderebene einzelne Anlaufstellen für Interessierte (die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):
► Bayern: Trägerverein Umwelttechnologie-Cluster Bayern e.V. – Cluster-Arbeitskreis Abwasserwärmenutzung
► Baden-Württemberg: Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V., Landesverband Baden-Württemberg (DWA); Klimaschutz- und Energieagentur (KEA) – Initialberatung
► Rheinland-Pfalz: Energieagentur Rheinland-Pfalz – Initialberatung
https://www.karten.energieatlas.bayern.de/
Bayerisches Landesamt für Umwelt (2013). Energie aus Abwasser – Ein Leitfaden für Kommunen. Verfügbar unter
https://www.dwa-bw.de/files/_media/content/PDFs/LV_Baden-Wuerttemberg/Homepage/BW-Dokumente/Homepage%202013/Service/Fachdatenbank/Leitfaden%20Energie%20aus%20Abwasser.pdf
https://www.abwasserwaerme-bw.de/cms/content/media/Abschlussbericht_Abwasserwaermenutzung-BW_komprimiert.pdf

3 Ansätze zur Verbesserung der Zugänglichkeit von Informationen / Rechtliche Fragen
Für potenzielle Investoren, die eine Nutzung der Abwasserwärme für den Betrieb von Wärmepumpen erwägen, aber auch für Betreiber von Abwasseranlagen und für Kommunen, die sich dem Thema in der Wärmeplanung widmen wollen, stellen sich rechtliche Fragen in Bezug auf die Zugangsmöglichkeiten zu den Kanälen, auf die Verfügbarkeit von für die Planung nötigen Informationen und (für den Fall der Nutzung) um die jeweiligen Nutzungsentgelte. Nachfolgend sollen die betreffenden rechtlichen Fragestellungen einer Klärung zugeführt werden. Dabei ergeben sich drei Fragenkomplexe mit verschiedenen Unterfragen:

  1. Komplex 1: Zu den Verfügungsmöglichkeiten über die Abwasserwärme: Wer hat welche Rechtsstellung im Hinblick auf die Abwasserwärme bzw. deren Nutzung? Wie kann eine Nutzungsmöglichkeit rechtlich bewirkt/sichergestellt werden?
  2. Komplex 2: Zur Entgeltlichkeit der Nutzung von Abwasserwärme: Wie kann die Nutzung entgolten werden? Wie ist die Nutzung derzeit gebühren-/entgeltrechtlich einzuordnen?
  3. Komplex 3: Zu den Gesetzgebungskompetenzen für spezielle rechtliche Bestimmungen:
    Durch wen (Bund, Länder, Gemeinden?) können Regelungen geschaffen werden über
    a) Informationsansprüche Dritter,
    b) Duldungsansprüche bzw. Gestattungen für die Nutzung der Abwasserwärme,
    c) Gebühren/Entgelte für die Gestattung der Nutzung?
    3.1 Verfügungsmöglichkeiten über die Abwasserwärme
    Nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)11 sind nur „Sachen“ eigentumsfähig (siehe § 903 BGB). Die Abwasserwärme ist als solche keine „Sache“ im Sinne des BGB (siehe dort § 90 zum Sachbegriff), da es sich bei der Wärme nicht um einen körperlichen bzw. körperlich begrenzten Gegenstand handelt.
    Die Nutzung der Abwasserwärme erfordert jedoch einen Zugriff auf den jeweiligen Kanal und auf das darin befindliche Abwasser. Beides (Kanal und Abwasser) sind „Sachen“. Außerdem muss für den Anschluss an den Kanal der Boden bewegt, also das Grundstück in Anspruch genommen werden.
    Verfügungsberechtigt über eine Sache ist grundsätzlich der jeweilige Eigentümer (§ 903 BGB), sofern dieser das Verfügungsrecht nicht an Dritte weitergegeben hat (durch Vertrag) oder sich aus sonstigen gesetzlichen Regelungen etwas anderes ergibt. Für den Zugriff auf die Abwasserwärme durch Dritte bedarf es folglich mehrerer Gestattungen. Das ist unproblematisch, wenn die Verfügungsberechtigten über das Abwasser, den Kanal und den Boden an der Zugriffsstelle identisch sind. Dann bedarf es nur eines Gestattungsvertrages. Anders liegt es, wenn diese jeweils unterschiedlichen Rechtspersonen verfügungsberechtigt sind. In diesem Fall besteht das Risiko, dass es insgesamt zu einer Ablehnung der Abwasserwärmenutzung kommt, sobald eine verfügungsberechtigte Person einen Vertragsschluss ablehnt.
    Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt
    durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 72) geändert worden ist.

    Hinsichtlich des Abwassers bestimmt § 56 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG)12: „Abwasser ist von den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu beseitigen, die nach Landesrecht hierzu verpflichtet sind (Abwasserbeseitigungspflichtige). Die Länder können bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Abwasserbeseitigung anderen als den in Satz 1 genannten Abwasserbeseitigungspflichtigen obliegt. Die zur Abwasserbeseitigung Verpflichteten können sich zur Erfüllung ihrer Pflichten Dritter bedienen.“
    Die nach Landesrecht zur Abwasserbeseitigung verpflichteten juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind in der Regel die Gemeinden, denn die Abwasserbeseitigung gilt als Teil der den Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 GG obliegenden örtlichen Daseinsvorsorge. Hiervon ausgehend kann es sich aber auch um den jeweiligen Landkreis, um einen Verbund von
    Gemeinden (Zweckverband) oder einen Verbund von Gemeinden und Dritten (Abwasserverband) handeln (siehe beispielhaft § 37 des Hessischen Wassergesetzes13). Außerdem kann es unter Anwendung des jeweiligen Landesrechts in Einzelfällen vorkommen, dass die Aufgabe einem Privatunternehmen übertragen worden ist (was aber selten ist). Wenn die Abwasserbeseitigung praktisch in der Hand eines gemeindlichen Stadtwerks (bzw. eines kommunalen Abwasserbeseitigungsunternehmens) liegt, kann es entweder sein, dass diesem die Aufgabe als solche übertragen worden ist (was nur möglich ist, wenn es selbst rechtsfähig ist, z. B. als AöR oder GmbH) oder dass diesem lediglich die Durchführung der Aufgabe überlassen wurde.
    Hinsichtlich des Zugriffs auf das Kanalnetz und den Boden kommt es darauf an, an welcher Stelle des Kanalnetzes der Zugriff erfolgt und wer an der Zugriffsstelle jeweils Eigentümer des Grundstücks und Eigentümer des Kanals ist. Zu beachten ist dabei, dass fest mit dem jeweiligen Boden verbundene Sachen (wie Abwasserkanäle) nach § 94 BGB eigentumsrechtlich grundsätzlich als Bestandteile der Grundstücke gelten, auf denen (bzw. in oder unter denen) sie sich befinden. Daraus können sich unter Umständen Zuordnungsprobleme ergeben.
    Der typische Fall dürfte der Zugriff auf einen Abwassersammelkanal sein. Hier ergibt sich folgende Ausgangssituation:
  4. Die Sammelkanäle befinden sich üblicherweise unter öffentlichem (gemeindlichem) Boden (Straßenland). Wenn es um den Zugriff auf einen Sammelkanal geht und die Gemeinde zugleich – so der Regelfall – Betreiberin des Kanalnetzes ist, wirft die Zuordnung nach § 94 BGB keine Probleme auf, denn dann handelt es sich bei den Verfügungsberechtigten über den Kanal, über den Boden und über das Abwasser um dieselbe Rechtsperson: die Gemeinde. Es ist folglich nur ein Vertrag mit der Gemeinde erforderlich.
  5. Wenn die Gemeinde die Aufgabe der Abwasserbeseitigung oder deren Durchführung jedoch einer anderen Rechtsperson übertragen hat (z. B. einem Zweckverband, einem Abwasserverband, einem eigenen Stadtwerk als AöR bzw. als GmbH oder auch einem privaten Drittunternehmen), dann muss aus dem zur Übertragung oder zur Durchführung der Aufgabe geschlossenen Vertrag abgeleitet werden, ob die Gemeinde damit auch das Eigentum am Kanalnetz übertragen hat – was im Einzelfall unterschiedlich sein kann. Im Regelfall dürfte davon auszugehen sein, dass das Eigentum am Kanalnetz mit übertragen werden sollte, so dass die Kanäle dann anders als von § 94 BGB angenommen nur „Scheinbestandteile“ der Grundstücke sind. Dann gehören die Kanäle dem Netzbetreiber,
    der Grund und Boden jedoch der Gemeinde. Ob das Eigentum am Kanalnetz übertragen wurde, muss im Einzelfall geprüft werden
  6. Für die unter (2) beschriebene spezielle Situation ist zu ergründen, ob für den Zugang zum Kanal nicht zwei Verträge geschlossen werden müssten, zum einen mit dem Netzbetreiber und zum anderen mit der Gemeinde – da für den Anschluss der Wärmepumpe in den Boden eingegriffen werden muss. Auch insoweit kommt es auf die Vertragslage an. Zwar dürfte im Regelfall davon auszugehen sein, dass nach der Vertragslage der Kanalnetzbetreiber selbst für den Zugang zu den Kanalanlagen in den Grund und Boden eingreifen darf. Aber für die Inanspruchnahme des Bodens durch Dritte kann das nicht als selbstverständlich angenommen werden. Deshalb spricht viel dafür, dass in Fällen, in denen die Gemeinde die Aufgabe oder die Durchführung der Abwasserbeseitigung einer anderen Rechtsperson übertragen hat, jedenfalls für die nötigen Arbeiten im Boden zusätzlich eine Gestattung durch die Gemeinde als Grundstückseigentümerin eingeholt werden muss.
    Sofern auf den Auslauf des Klärwerks zugegriffen werden soll (bzw. der Zugriff auf dem Klärwerksgrundstück erfolgen soll), gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend: Es kommt darauf an, wem die Verfügungsberechtigung über die jeweilige Zugriffsstelle am Auslauf zusteht. Gehört das betreffende Grundstück an dieser Stelle dem Klärwerksbetreiber, dann muss nur mit diesem ein Vertrag geschlossen werden. Ist das nicht der Fall, so kommt es darauf an, ob auf Grundlage des jeweiligen Vertrages zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Klärwerksbetreiber davon ausgegangen werden kann, dass der Klärwerksbetreiber über seine technische Infrastruktur sowie über den Boden im Bereich der Zugriffsstelle verfügen können soll oder nicht.

    3.2 Entgeltlichkeit der Nutzung von Abwasserwärme
    Die Beseitigung der (privaten) Abwässer ist eine entgeltfähige Leistung des Betreibers der Kanalisation gegenüber den angeschlossenen Grundstückseigentümern. Letztere sind üblicherweise nach kommunalrechtlichen Satzungen (die auf Grund Landesrechts erlassen wurden) anschluss- und benutzungspflichtig. Das ändert aber nichts daran, dass sie mit der Abwasserbeseitigung eine entgeltfähige Leistung in Anspruch nehmen. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass eine öffentlich rechtliche Nutzungsbeziehung besteht (siehe § 56 WHG), denn die Abwasserentsorgung ist eine hoheitliche Aufgabe öffentlich- rechtlicher Aufgabenträger, soweit nicht (nach Landesrecht) im Einzelfall eine Aufgabenprivatisierung erfolgt ist oder die Gemeinde ein eigenes Unternehmen in Privatrechtsform (z. B. ein als GmbH konstruiertes Stadtwerk) mit der Durchführung der Leistung (dritt-)beauftragt hat.
    Handelt es ich bei dem Betreiber des Kanalnetzes um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft/ Rechtsperson (Gemeinde – ggf. einschl. Eigenbetrieb -, Anstalt öffentlichen Rechts, Zweckverband, Abwasserverband), so werden für die Entsorgungsleistung Gebühren erhoben. Geregelt ist dies in der von dem jeweiligen Träger aufgestellten Abwassersatzung bzw. der betreffenden Gebührensatzung. Handelt es sich ausnahmsweise um ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen (GmbH der Gemeinde, Privatunternehmen), so kann dieses auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen privatrechtliche Entgelte erheben. Soll Abwasser durch einen Dritten zum Zwecke der Wärmegewinnung genutzt werden, so erbringt der Betreiber des Kanalnetzes dem Dritten gegenüber ebenfalls eine Leistung: Er gestattet ihm die Nutzung des Abwassers für die Wärmepumpe. Auch diese Art der Leistung ist grundsätzlich gebühren- bzw. entgeltfähig. Allerdings ist diese Leistung bisher üblicherweise nicht Gegenstand der jeweiligen Abwasser-/ Abwassergebührensatzungen (bei öffentlich- rechtlichen Nutzungsbeziehungen) bzw. der allgemeinen Geschäftsbedingungen (bei
    privatrechtlichen Nutzungsbeziehungen), da diese Leistung bisher noch nicht verbreitet ist.
    Fraglich ist, ob die Benutzung des Abwassers für Zwecke der Wärmeentnahme bzw. deren Gestattung gegenüber Dritten im Falle einer hoheitlichen Abwasserbeseitigung an dessen hoheitlichem Charakter teilhat, so dass es möglich ist, Satzungsbestimmungen zu erlassen, nach denen dafür Gebühren erhoben werden. Gegen diese Annahme lässt sich anführen, dass die Nutzung zum Zwecke der Wärmeentnahme nicht zu dem historisch gewachsenen Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge zählt. Dafür spricht jedoch, dass ein enger sachlicher Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe der Abwasserbeseitigung besteht. Über diese Frage könnten Streitigkeiten entstehen, sofern keine übergeordneten gesetzlichen Bestimmungen darüber geschaffen werden sollten.
    Sofern nicht von einer hoheitlichen Leistung auszugehen sein sollte oder sich der Betreiber des Kanalnetzes trotz eines angenommenen hoheitlichen Charakters dazu entschließt, keine Gebührenregelungen in einer Satzung zu treffen, bleibt in jedem Falle die Möglichkeit der vertraglichen Vereinbarung eines Entgelts für die Abwassernutzung im Einzelfall. Sofern ein (seltener) Einzelfall vorliegen sollte, in dem zusätzlich auch eine Gestattung des Grundstückseigentümers erforderlich ist (siehe oben unter 3.1), erbringt auch der Grundstückseigentümer eine Leistung, für die in dem jeweiligen Fall ein vertragliches Entgelt auszuhandeln wäre.
    Im Falle einer Zuordnung der Leistung zum hoheitlichen Aufgabenbereich (zum Beispiel für Informationsbereitstellung, Reinigungsarbeiten und Inspektionen der Wärmeübertrager), wenn also Gebühren erhoben werden, gelten hinsichtlich der Höhe der ggf. erhobenen Gebühren die allgemeinen Grundsätze des Gebührenrechts. Das bedeutet, dass hier das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip zum Tragen kommen. Die Gebühren können daher in jedem Falle kostendeckend ausgestaltet werden. Sie können diese Größenordnung jedoch überschreiten, soweit sie zum Wert der erbrachten Leistung (des zugewandten Vorteils) in einem äquivalenten Verhältnis stehen. Bei allgemein vorgegebenen Entgelten privatrechtlicher Unternehmen sowie im Falle einzelvertraglicher Vereinbarungen gibt es keine vergleichbaren Bindungen bzw. Grundsätze.

    3.3 Gesetzgebungskompetenzen für spezielle rechtliche Bestimmungen
    Die Frage, wem (Bund, Länder, Kommunen) für spezielle Regelungen über die Nutzung von Abwasserwärme die Rechtsetzungskompetenz zusteht, interessiert im vorliegenden Kontext für drei Regelungsrichtungen:
    a) die Informationsansprüche Dritter (am Anschluss einer Wärmepumpe Interessierter),
    b) die Regelungen über Duldungsansprüche bzw. Gestattungen für die Nutzung der Abwasserwärme durch Dritte,
    c) die Erhebung von Gebühren bzw. Entgelten für die Gestattung der Anschlüsse und Nutzungen.

    3.3.1 Grundlagen
    Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Soweit dem Bund für ein Rechtsgebiet eine „konkurrierende“ Gesetzgebungsbefugnis für eine der im Katalog des Art. 74 Abs. 1 GG bezeichneten Materien zukommt, steht den Ländern die Gesetzgebung zu, solange und soweider Bund von ihr nicht Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG).
    Für die hier betrachteten Regelungen können aus den Titeln des Artikels 74 Absatz 1 GG folgende in Betracht kommen:
    ► Nr. 11: „Recht der Wirtschaft“ (insbesondere „Energiewirtschaft“),
    ► Nr. 24: „Luftreinhaltung“ (hier zugeordnet: Klimaschutz),
    Nicht einschlägig dürfte demgegenüber eindeutig Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG (Wasserhaushalt) sein, denn es geht zwar um einen Anspruch gegenüber den zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Körperschaften bzw. Einrichtungen/Unternehmen, aber die Wärmenutzung selbst dient nicht dem Wasserhaushalt.
    Zu beachten ist, dass in diesem Katalog das Kommunalrecht nicht aufgeführt ist und zu den Rechtsmaterien zählt, für die von einer (originären) Gesetzgebungskompetenz der Länder auszugehen ist.
    Sofern Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG einschlägig sein sollte, ist zu ergänzen, dass der Bund das Gesetzgebungsrecht nur hat, „wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht“ (Art. 72 Abs. 2 GG). Für Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG gilt das nicht.
    Zu beachten ist außerdem, dass das Grundgesetz zwischen den Gesetzgebungskompetenzen für das materielle Recht (vereinfachend: „über die Sache“) und für das behördliche Verfahrensrecht (Recht des Verwaltungsvollzugs) unterscheidet. Für Letztere sind die Gesetzgebungskompetenzen in Art. 84 GG gesondert geregelt. Dort ist grundsätzlich von der Länderzuständigkeit auszugehen.

    3.3.2 Informationsansprüche Dritter
    Um die Möglichkeiten der Nutzung von Abwasser für Wärmezwecke konkret einschätzen zu können, benötigen die jeweils Interessierten bestimmte Informationen über die Lage der jeweiligen Kanäle, ihre Größenmerkmale, die Abwasserfrachten und Temperaturverhältnisse etc. Diese Informationen können sie nur über die jeweiligen Betreiber der Abwasserkanäle (Netze) erhalten. Dabei handelt es sich – wie bereits erwähnt – fast immer um öffentlich- rechtliche Körperschaften oder Einrichtungen und auch in den Fällen, in denen die betreffenden Einrichtungen privatrechtlich organisiert werden, um solche, denen die Aufgabe der Abwasserbeseitigung als Hoheitsaufgabe übertragen wurde.
    Je nach Rechtslage kann unter Umständen in dem jeweiligen Bundesland bzw. in der jeweiligen Kommune bereits heute ein Rechtsanspruch auf Erhalt der betreffenden Informationen bestehen. Denn in der Mehrzahl der Bundesländer existieren für die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen im Land geltende Informationsfreiheitsgesetze, die einen Anspruch von Privatpersonen auf amtliche Informationen vermitteln, ohne dass ein berechtigtes Interesse geltend gemacht werden muss. Lediglich in Niedersachsen und Sachsen gibt es derzeit noch überhaupt keine Bestimmungen zur Informationsfreiheit. In Bayern ist der betreffende Auskunftsanspruch allerdings an das Vorliegen eines berechtigten Interesses gebunden (siehe § 39 Abs. 1 des insoweit einschlägigen BayDSG).17 Aber auch ansonsten ist die Rechtslage in den Einzelheiten und hierbei insbesondere hinsichtlich des Anwendungsbereichs uneinheitlich. In Vgl. Kment, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 70 Rn. 17 ff. m.w.N. Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) vom 15. Mai 2018 (GVBl. S. 230, BayRS 204-1-I), das durch § 6 des Gesetzes vom 18. Mai 2018 (GVBl. S. 301) geändert worden ist.

    https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11850/publikationen/uba_ad_hoc_papier_abwasserwaerme.pdf

Positionspapier veröffentlicht: „Auswahl und Vereinheitlichung eines Abfallschlüssels für Trockentoilettenhinhalte“

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Rechtliche Anpassungen sind dringend nötig, um Nährstoffe aus menschlichen Ausscheidungen in Form von Recyclingdüngern in den Kreislauf zu bringen. Unser drittes Positionspapier zeigt, wie wir das deutsche Abfallrecht vorübergehend nutzen und langfristig anpassen können, um Recyclingdünger auch in Deutschland nutzbar zu machen.

Die Ausgangslage
Trocken- respektive Trenntoiletten sind eine Schlüsseltechnologie um die Ziele des deutschen Ressourceneffizienzprogramm III (2020-2023) der Bundesregierung zu erreichen. Sie ermöglichen es, die nährstoffreichen menschlichen Ausscheidungen getrennt von Abwasser zu erfassen und diese effizient zu Recyclingdüngern für die schadlose landwirtschaftliche Nutzung aufzubereiten. Für diese Sanitär- und Nährstoffwende sind aber rechtliche Anpassungen essentiell. Ebenso wichtig: Orientierung und Einheitlichkeit zu schaffen, wo Trocken- und Trenntoiletten bereits im Einsatz sind. Denn aktuell ordnen unterschiedliche Entsorgende oder deren Träger*innen den Trockentoiletteninhalten jeweils unterschiedliche Abfallschlüsselnummern zu.

Der Lösungsweg
Das vorliegende Positionspapier erläutert kurz das Prüfschema, das gemäß Europäischem Abfallverzeichnis (EAV) und der deutschen Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) bei der Auswahl einer Abfallschlüsselnummer verwendet werden muss. Ausgehend von den Ergebnissen einer Umfrage unter Praktiker*innen sowie von Erfahrungen aus dem zirkulierBAR Reallabor in Eberswalde listen wir praxisübliche Abfallschlüsselnummern auf und prüfen deren Sachmäßigkeit.

Das Ergebnis:
Abfallschlüsselnummern mit Bezug zur Abwasserentsorgung beziehungsweise zur Land- und Forstwirtschaft sowie Nahrungsmittelproduktion sind unsachgemäß.

Die Handlungsempfehlungen
Das zirkulierBAR-Konsortium empfiehlt Entsorgenden und deren Träger*innen, temporär den Abfallschlüssel 20 03 99 “Siedlungsabfälle a. n. g.” zu verwenden. Um den Aufbau ressourcen-orientierter, zirkulärer Wertschöpfung im Sinne der Kreislaufwirtschafts- und Reallabor-Strategien der Bundesregierung zu beschleunigen, empfiehlt das Konsortium auch die Abstimmung und Schaffung eines bundeseinheitlichen Abfallschlüssels für Trockentoiletteninhalte.

Positionspapier:
Adam R, Jung E, Schröder C, Beneker C, Calmet A, Kirsten C, Krause A (2024). Auswahl und Vereinheitlichung eines Abfallschlüssels für Trockentoilettenhinhalte. Berlin, Eberswalde, Großbeeren, Leipzig. Verfügbar unter http://www.zirkulierbar.de/

Über das Projekt
zirkulierBAR ist ein von zehn Konsortiums-Partner*innen getragenes inter- und transdisziplinäres Forschungsprojekt unter der Leitung von Dr. Ariane Krause vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ). Im Rahmen der Fördermaßnahme „REGION.innovativ – Kreislaufwirtschaft“ hat es 2021 eine dreijährige Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in Höhe von 2,4 Mio. Euro erhalten. Im zirkulierBAR-Reallabor werden Inhalte aus Trockentoiletten zu qualitätsgesicherten Recyclingdüngern veredelt und die Produktion der Dünger wissenschaftlich begleitet.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Ariane Krause, Projektkoordinatorin zirkulierBAR | E-Mail krause@igzev.de | Tel. +49 (0) 33 701 78 254

Weitere Informationen:
https://zirkulierbar.de/wp-content/uploads/2024/03/PP3_Abfallschluesselnummer.pd… Positionspapier
http://www.zirkulierbar.de/ Projektwebseite zirkulierBAR

Biozide in der Umwelt“ – Neue Datenbank für Umweltmonitoring

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Antibakterielle Putzmittel, Holzschutzmittel, Mückenspray, Ameisengift: Biozidprodukte werden an vielen Stellen eingesetzt. Immer häufiger finden sich die Substanzen in unserer Umwelt. In der neuen Datenbank „Biozide in der Umwelt“ (BiU) werden Daten zu Biozid-Wirkstoffen in Gewässern, Böden oder Lebewesen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengestellt und sind frei abrufbar.

Biozidprodukte bekämpfen tierische Schädlinge und Lästlinge, aber auch Algen, Pilze oder Bakterien. Sie werden in vielen Bereichen in privaten Haushalten eingesetzt. Auch bei technischen Anwendungen, wie zum Beispiel der Papierherstellung, als Schiffsanstrich gegen Biofouling oder in Fassadenfarben werden biozide Wirkstoffe verwendet. Nicht wenige der enthaltenen Wirkstoffe sind jedoch aufgrund ihrer Eigenschaften schädlich für die Umwelt und die Gesundheit von Menschen und Tieren. Aufgrund des breiten Anwendungsspektrum von Biozidprodukten können verschiedenste Umweltbereiche belastet und in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Doch wie groß ist die Belastung der Umwelt mit Bioziden tatsächlich und sind Maßnahmen zur Reduktion des Eintrags von Bioziden in die Umwelt wirkungsvoll?

Die neu entwickelte Datenbank „Biozide in der Umwelt“ (BiU) soll zur Beantwortung dieser Fragen beitragen und ist als eigenständiges Modul in der Datenbank „Informationssystem Chemikalien“ (ChemInfo) des Bundes und der Länder angelegt. Auf der BiU-Webseite können Umweltmonitoringdaten zu Bioziden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz frei zugänglich und kostenlos recherchiert werden. Eine Suchmaske erleichtert die gezielte Suche nach bestimmten Stoffen oder spezifischen Anwendungsbereichen sowie nach ausgewählten Umweltmedien von Abwasser, Boden, Gewässer und Sediment bis hin zu Funden in Organismen.
Die Grundlage für die Datenbank wurde im Rahmen eines Gutachtens „Integration von Biozidmonitoringdaten aus Literaturquellen in eine Datenbank“ (⁠UBA⁠-FB 172 962) geschaffen. Hierbei wurden durch eine intensive Literaturrecherche Umweltmonitoringdaten von bioziden Wirkstoffen und ausgewählten Metaboliten aus wissenschaftlichen Publikationen, Forschungsberichten sowie Datenbanken zusammengetragen.

Initial sind 91 biozide Wirkstoffe mit Datensätzen aus etwa 80.000 Wasser-/Abwasserproben, 380 Boden-/Klärschlammproben sowie 4.500 biotischen Proben recherchierbar. Neben den Monitoringdaten werden auch Informationen zur Zulassung der Wirkstoffe im Rahmen der Biozid-Verordnung sowie physikalisch-chemische Daten bereitgestellt. Das Ziel der Datenbank BiU ist es, einer breiten Interessentengruppe Informationen zu Monitoringdaten zu Bioziden zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus können die Daten herangezogen werden, um die Grundlagen für die Umweltrisikobewertung von Bioziden zu unterstützen. So können beispielsweise für die Umwelt sehr problematische Stoffe identifiziert und Maßnahmen zu deren Reduktion erarbeitet werden. Um diese Anforderungen weiterhin aufrecht zu erhalten, wird angestrebt die Datengrundlage und damit die Datenbank regelmäßig zu aktualisieren.
Logo der Datenbank „Biozide in der Umwelt“
Quelle: Umweltbundesamt

Aus der EU-Deutschland

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AöW-Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht

Die AöW kritisiert die Streichung von Klärgas als erneuerbaren Energieträger im Referentenentwurf. Diese Maßnahme belastet Kläranlagenbetreiber und hindert die Nutzung von Energiepotenzialen in der Abwasserwirtschaft. Klärgas spielt eine wichtige Rolle bei der Reduzierung von CO2-Emissionen und der Förderung der Energiewende. Die Streichung benachteiligt Klärgas im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien und steht im Widerspruch zur neuen Kommunalabwasserrichtlinie, die die Nutzung von Klärgas unterstützt, um bis 2045 den Energiebedarf von Kläranlagen zu 100 % aus erneuerbaren Energien zu decken. Die AöW fordert daher, Klärgas als erneuerbare Energiequelle im Gesetzesentwurf beizubehalten, um die Ziele des Klimaschutzes und der Energiewende zu erreichen und die finanzielle Belastung für die Bürgerinnen und Bürger nicht zu erhöhen.
https://aoew.de/best-practice/energiepotenziale/aoew-stellungnahme-zum-entwurf-eines-gesetzes-zur-modernisierung-und-zum-buerokratieabbau-im-strom-und-energiesteuerrecht/

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Nitratinitiative fordert Deutschlandtempo beim Wasserschutz: Novelle des Düngegesetzes seit einem Jahr ohne Fortschritt

Vor einem Jahr hat das Bundeslandwirtschaftsministerium den Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Düngegesetzes vorgelegt. Seitdem ist in der Abstimmung im Deutschen Bundestag kein Fortschritt zu verzeichnen.
Allgemeines Ziel des Düngegesetzes ist die deutliche Reduzierung der Nitrateinträge, die Unterstützung umweltfreundlich wirtschaftender Landwirtschaftsbetriebe und die Stärkung des Verursacherprinzips. Hierzu gehört auch das gegenüber der EU-Kommission zugesagte Wirkungsmonitoring der Stoffeinträge. Die Verbände der Nitratinitiative fordern eine zeitnahe Verabschiedung des Düngegesetzes und damit die Einhaltung der Zusage Deutschlands für den Gewässerschutz. Damit würde deutlich, dass sich die Bundesregierung an die gegenüber der EU-Kommission gemachten Zugeständnisse hält und ihre Verpflichtung zur Einhaltung der EU-Nitrat-Richtlinie ernst nimmt.
Nach wie vor überschreiten 26,7 Prozent der Messstellen des repräsentativen Grundwassermessnetzes in Deutschland im Mittel Konzentrationen größer als 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser. Die Nitrat-Richtlinie der EU fordert hingegen an allen Messstellen Konzentrationen von unter 50 Milligramm Nitrat pro Liter. Ohne Gesetzesfortschritt verstößt Deutschland mit dem fehlenden Wirkungsmonitoring weiter gegen die EU-Nitrat-Richtlinie.
33 Jahre nach in Kraft treten der Nitrat-Richtlinie ist es nicht nachvollziehbar, dass Deutschland nicht in der Lage ist, deren Vorgaben vollständig einzuhalten und umzusetzen.

Hintergrund
Die Novelle des Gesetzes wäre der erste Schritt, um ein zentrales Versprechen der Vorgängerregierung an die EU-Kommission aus dem Jahr 2020 umzusetzen, mit dem damals Strafzahlungen in Millionenhöhe wegen Nichtumsetzung der EU-Nitratrichtlinie abgewendet wurden. Da diese Zusage nach vier Jahren immer noch nicht umgesetzt ist, besteht die Gefahr, dass die EU-Kommission ein neues Vertragsverletzungsverfahren einleitet. Aufgrund der sich über die Jahre summierenden Versäumnisse im Wasserschutz könnte diese Strafzahlung noch höher ausfallen als im letzten Vertragsverletzungsverfahren.

Kontakt
• Patrick Müller, BUND-Agrarexperte, +49 30-27586-473, patrick.mueller(at)bund.net
https://www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/nitratinitiative-fordert-deutschlandtempo-beim-wasserschutz-novelle-des-duengegesetzes-seit-einem-jahr-ohne-fortschritt/?tx_bundpoolnews_display%5Bfilter%5D%5Btopic%5D=11&cHash=4200ef34ed9f569d640b9a4a5c6fbb61

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Prof. Harald Kunstmann: „Auch in Deutschland wird es zu Problemen bei der Wasserverfügbarkeit kommen“

Der Klimawandel wirkt sich stark auf unsere Gewässer aus. Hitzewellen und Dürren lassen Flüsse und Seen austrocknen, die Grundwasserspiegel sinken. Gleichzeitig kommt es immer häufiger zu starken Niederschlägen und Überschwemmungen. Der Schutz der Ressource Wasser steht im Mittelpunkt des Weltwassertags am Freitag, 22. März, zu dem die Vereinten Nationen seit 1993 jährlich aufrufen.
„Wir müssen uns dringend bewusst machen, dass Wasser eine endliche Ressource ist und sie konsequenter schützen. Das gilt nicht nur für die trockensten Regionen unserer Welt. In Zukunft wird es auch hier in Deutschland – zumindest regional und temporär – zu Problemen mit der Wasserverfügbarkeit kommen“, sagt Professor Harald Kunstmann vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung Atmosphärische Umweltforschung, dem Campus Alpin des KIT in Garmisch-Partenkirchen.

Kunstmann untersucht mit Hilfe von Computermodellsimulationen, wie sich beispielsweise Klimaveränderungen auf den regionalen Wasserhaushalt auswirken oder welche langfristigen Entwicklungen zu erwarten sind. „Mit unseren Modellsystemen können wir hydrologische Prozesse im Gesamtsystem abbilden – vom Grundwasser bis zur Atmosphäre“, erklärt der Wissenschaftler. „So können wir etwa untersuchen, wie sich Landnutzungsänderungen oder Hochwasser und Dürren regional auswirken. Das ist zum Beispiel wichtig für das Wassermanagement, das zwischen Wasserangebot und -nachfrage ausgleichen muss.“

Um zu messen, wann es wo wie viel regnet, haben der Hydrologe und sein Team spezielle Messverfahren entwickelt: So können sie mit Hilfe von Mobilfunkdaten hochauflösende Niederschlagskarten erstellen. Das ist vor allem in Ländern des globalen Südens relevant, wo verlässliche Messungen und Vorhersagen für ein angepasstes Wassermanagement fehlen. „Wir haben die Regenmessung bereits erfolgreich in Afrika eingesetzt“, so Kunstmann. „Unsere Forschung lebt vom Transfer in die Praxis. Nur so können wir auch wirklich dabei helfen, unsere Gewässer – und damit unsere wichtigste Lebensgrundlage – zu schützen.“

Für seine herausragenden Leistungen für die Hydrologie im deutschsprachigen Raum erhielt Harald Kunstmann am 20. März 2024 in Berlin den Deutschen Hydrologiepreis 2024 der Deutschen Hydrologischen Gesellschaft.
https://idw-online.de/de/news830707

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Citizen Science-Projekt FLOW zeigt: Kleine Bäche in Deutschland sind in einem schlechten ökologischen Zustand

Ergebnisse im Fachjournal Science of the Total Environment veröffentlicht
Pflanzenschutzmittel sichern Erträge in der Landwirtschaft, indem sie schädliche Insekten, Pilze und Unkräuter bekämpfen. Sie gelangen aber auch in benachbarte Bäche und schädigen dort Lebensgemeinschaften, die für den Erhalt der Artenvielfalt entscheidend sind, Teil des Nahrungsnetzes sind und die Selbstreinigung des Wassers unterstützen. Vor allem für kleine Fließgewässer fehlen jedoch bislang belastbare Daten, die Auskunft darüber geben, wie es um sie wirklich bestellt ist. Im Citizen Science-Projekt FLOW haben 900 Bürgerforschende über drei Jahre lang in ganz Deutschland kleine Fließgewässer auf ihren ökologischen Zustand untersucht. Das Projekt wurde vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig durchgeführt. Die Daten zeigen: In der Mehrheit der untersuchten Bäche, die durch eine landwirtschaftlich geprägte Landschaft fließen, ist die Wirbellosenfauna durch Pflanzenschutzmittel gestört, zudem weisen die Fließgewässer eine stark veränderte morphologische Struktur auf. Das Projekt bestätigt darüber hinaus, dass Bürgerforschung auch im Bereich der Gewässerökologie dringend benötigte Daten in hoher Qualität liefern kann.
Auf Flüsse als wertvolle Lebensräume will auch der internationale Tag der Flüsse am 14. März 2024 aufmerksam machen und ruft zu deren Schutz auf.

Pflanzenschutzmittel sind Wirkstoffe, die zum Schutz von Kulturpflanzen vor Schädlingen, Beikräutern oder Krankheiten eingesetzt werden. Diese Stoffe können aber auch andere Pflanzen und Nützlinge wie Wildbienen, Schmetterlinge oder andere Tierarten schädigen. Durch ihren Einsatz in der konventionellen Landwirtschaft gelangen sie in Bäche, Flüsse, Seen und Grundwasser und verschlechtern die Wasserqualität.
Trotz zahlreicher Maßnahmen, die seit dem Jahr 2000 ergriffen wurden, um die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen, sind laut Umweltbundesamt nach wie vor etwa 90 Prozent der amtlich untersuchten deutschen Fließgewässer in keinem „guten ökologischen Zustand“. Dabei finden die vielen kleinen Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet von unter zehn Quadratkilometern bei der systematischen Überwachung der Behörden bislang kaum Beachtung. Und das, obwohl sie etwa 70 Prozent des deutschen Gewässernetzes ausmachen und somit für den Erhalt der biologischen Vielfalt von großer Bedeutung sind.
Um einen Überblick über die Belastung von Kleinfließgewässern mit Pflanzenschutzmitteln zu bekommen, hatten Wissenschaftler:innen des UFZ im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) im Pilotprojekt „Kleingewässermonitoring“ zwischen 2019 und 2022 über 100 kleine Bäche in landwirtschaftlichen Gebieten untersucht. Dabei wurde deutlich, dass in 80 Prozent dieser Bäche die staatlichen Pestizid-Grenzwerte, die nach Einschätzung von Wissenschaftler:innen noch viel zu hoch angesetzt sind, überschritten werden.
Um die Datenlage weiter zu verbessern, startete im Jahr 2021 das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt FLOW – ein Citizen Science-Projekt, in dem Bürgerforschende Daten für die Wissenschaft sammeln. Seit drei Jahren in Folge sind geschulte Freiwilligengruppen unterwegs, um die Bäche in ihrer Region egionalen Gruppen im Zeitraum 2021 bis 2023 insgesamt 137 Bäche untersuchen“ berichtet Julia von Gönner, FLOW-Koordinatorin und Doktorandin an UFZ und iDiv. 83 Prozent der Probenahmestellen lagen in landwirtschaftlich geprägten Einzugsgebieten.
Die Freiwilligen bewerteten die Gewässerstruktur, maßen die chemische Wasserqualität und untersuchten die wirbellosen Tiere des Gewässergrunds, das sogenannte Makrozoobenthos. Durch die Bestimmung der Makrozoobenthos-Gemeinschaft zogen sie mithilfe des am UFZ von Prof. Matthias Liess entwickelten Bioindikators „SPEARpesticides“ Rückschlüsse auf die Pestizidbelastung des Gewässers. Die Ergebnisse dieser drei Monitoringjahre haben die Wissenschaftler:innen von UFZ und iDiv nun gemeinsam mit dem BUND im Fachjournal Science of the Total Environment veröffentlicht.
„Die Auswertung unserer Citizen Science-Daten bekräftigt die Ergebnisse des UFZ-Kleingewässermonitorings: Die Wirbellosenfauna ist in rund 60 Prozent der beprobten Bäche in landwirtschaftlichen Einzugsgebieten durch Belastungen mit Pflanzenschutzmitteln gestört“sagt Julia von Gönner. Diese Probenahmestellen wurden mit den SPEARpesticides-Indikator-Klassen „mäßig“, „unbefriedigend“ oder „schlecht“ bewertet. Hierbei zeigt sich, dass der Zustand der aquatischen Lebensgemeinschaften tendenziell schlechter ausfiel, je stärker das Einzugsgebiet der Probenahmestellen durch Ackerbau geprägt war.
Zusätzlich zur Belastung mit Pflanzenschutzmitteln wurde deutlich, dass in über 60 Prozent der untersuchten Bäche auch die Gewässerstruktur deutlich bis stark verändert ist – etwa durch verbaute Uferstrukturen, fehlende Ufervegetation oder eine verarmte Gewässersohle. Auch das beeinträchtigt die Lebensraumqualität und die Ökosystemfunktionen dieser Bäche stark.
Es besteht also dringender Handlungsbedarf, die chemische Belastung und die Verbauung der kleinen Fließgewässer zu reduzieren, will man deren ökologischen Zustand, wie in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie gefordert, verbessern.
Die Ergebnisse des Citizen Science-Projekts FLOW verdeutlichen aber auch den Wert von Bürgerforschung: „Durch unsere Citizen Science schaffen wir gemeinsam dringend benötigtes Wissen zum Zustand unserer Fließgewässer“, sagt Prof. Aletta Bonn, Leiterin des Departments Biodiversität und Mensch an UFZ und iDiv. „Unsere Auswertungen zeigen, dass die FLOW-Bürgerforschenden valide Daten zum Gewässerzustand erheben, die in hohem Maße mit professionell erhobenen Daten der Wissenschaftler:innen übereinstimmen.
https://www.ufz.de/index.php?de=36336&webc_pm=11/2024

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Abwasser mithilfe von Algen reinigen

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TH Köln arbeitet an nachhaltiger Methode zur Aufbereitung von Deponiesickerwasser
Sie können Schadstoffe aus Abwässern aufnehmen, Kohlenstoffdioxid (CO2) binden und als Energieträger fungieren: Mikroalgen bieten großes Potenzial, um nachhaltige Lösungen für Umweltprobleme zu entwickeln. Das :metabolon Institute der TH Köln erforscht daher im Projekt „ERA3 – Phase II“, unter welchen Bedingungen Deponiesickerwasser mithilfe von Mikroalgen gereinigt werden kann. Hierfür wurde jetzt eine Pilotanlage in Betrieb genommen.
„Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es 428 Deponien, auf denen jährlich etwa sechs Millionen Kubikmeter Deponiesickerwasser anfallen. Dabei handelt es sich um Niederschlag, der durch die Deponie sickert und dabei große Mengen an umweltschädlichen Stoffen wie Ammonium aufnehmen kann“, erklärt die Projektleiterin Prof. Dr. Miriam Sartor vom :metabolon Institute. Da ein Großteil des Sickerwassers in kommunale Kläranlagen geleitet werde, müsse es zuvor je nach Belastung unter hohem Ressourcen- und Energieaufwand aufbereitet werden.

Um diesen Prozess nachhaltiger zu gestalten, wird im Projekt „ERA³“ die Kultivierung von Mikroalgen erforscht, die wesentliche abwasserrelevante Inhaltsstoffe aufnehmen und in ihrer Biomasse speichern können. „Ein großer Vorteil der Mikroalgen ist, dass sie dabei durch Photosynthese angetrieben werden und die Aufbereitung dadurch besonders energieeffizient ist. Zudem wird durch das Wachstum der Kulturen CO2 in der Algenbiomasse gespeichert und gleichzeitig Sauerstoff produziert, was die Wasserqualität verbessert. Nicht zuletzt können die Organismen auch als Energieträger genutzt werden“, so Alexander Kuß, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt.

Im Vorgängerprojekt „ERA³ – Phase I“ (2019 bis 2021) konnte das Forschungsteam bereits nachweisen, dass Mikroalgen auch in hochbelasteten Deponiesickerwässern kultiviert werden können. Bis dahin wurden Mikroalgen überwiegend in stark verdünntem Abwasser eingesetzt. Ziel des nun gestarteten Vorhabens „ERA³ – Phase II“ ist es, im Pilotmaßstab zu ermitteln, wie die Algen als ergänzendes Verfahren in der Behandlung von Abwässern aus der Abfallwirtschaft effektiv genutzt werden können.
https://www.th-koeln.de/hochschule/abwasser-mithilfe-von-algen-reinigen-era-hoch-3_111626.php

Bottrop: Aufbau einer Power-to-Methanol-Demonstrationsanlage auf Kläranlage

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Die Demonstration einer Technologie zur Herstellung von grünem Methanol auf der Kläranlage in Bottrop ist das Ziel des aktuellen Forschungsprojekts „E-BO(2)T“.
Geplant ist der Aufbau einer Power-to-Methanol-Demonstrationsanlage (PtM), die den gesamten Prozess der Herstellung klimaschonenden Methanols abbildet – von der CO2-Abscheidung (Carbon Capture) über die Elektrolyse mit erneuerbarem Überschussstrom bis zur Synthese von Methanol aus CO2 und Wasserstoff. Mit dem Betrieb des Demonstrators will das Forschungskonsortium nachweisen, dass die Methanolherstellung auf Kläranlagen dezentral, ökonomisch und ökologisch effizient realisierbar sowie eine neue Sektorenkopplung zwischen Energie-, Abwasser-, und Verkehrssektor möglich ist. Denn das grüne Methanol bietet sich unter anderem zur Verwendung als Kraftstoff für Ottomotoren an. Auch die Verwendung als Kraftstoff für Netzersatzanlagen und als Basischemikalie in der chemischen Industrie sind denkbar.
Kläranlagen bieten als Standorte für die Methanolherstellung ein hohes Potenzial zur Nutzung stofflicher und energetischer Synergien. So produzieren ihre betriebseigenen Biogas-Blockheizkraftwerke (BHKW) erneuerbaren Überschussstrom, der für die Wasser-Elektrolyse nutzbar ist. Außerdem sind Kläranlagen geeignete Standorte für weitere erneuerbare Energieanlagen, deren Strom für die PtM-Herstellung geeignet ist. Der dabei neben Wasserstoff entstehende reine Sauerstoff kann beispielsweise in der biologischen Abwasserreinigung der Kläranlage zum Einsatz kommen. Das in der Kläranlage entstehende Klär- und Biogas besitzt einen hohen CO2-Anteil von 30 bis 50 %, der bisher ungenutzt ist und damit eine ideale grüne CO2-Quelle für die Methanolsynthese darstellt. Weitere Synergiepotenziale ergeben sich durch den dynamischen Wärmehaushalt der Kläranlage und der PtM-Anlage, welche jeweils sowohl Wärmeenergie produzieren als auch konsumieren. Bei optimaler Systemintegration kann die Effizienz beider Anlagen deutlich gesteigert werden.

Synergien bei der Herstellung von grünem Methanol
Die in der Demonstrationsanlage herstellbaren Methanolmengen werden nur für Test und Erprobungszwecke ausreichen. Daher ist bereits in der Aufbau- und Demonstrationsphase vorgesehen, Konzepte für die Skalierung der Anlage auf großtechnische Maßstäbe und ihre Vervielfältigung zu entwickeln als Blaupause für zahlreiche andere Kläranlagen.
Das Projektkonsortium besteht aus den Partnern Emschergenossenschaft, den Forschungsinstituten FiW (Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft und Klimazukunft an der RWTH Aachen e. V.) und OWI Science for Fuels gGmbH sowie dem Elektrolyseurhersteller Aspens GmbH. OWI Science for Fuels ist in E-BO(2)T verantwortlich für die Bewertung der Nutzungsmöglichkeiten des grünen Methanols in kraftstoffbezogenen Anwendungen. Das umfasst sowohl die direkte als auch die indirekte Nutzung von Methanolderivaten wie etwa Methanol-to-Gasoline. Dazu gehört die Bestimmung der Methanolreinheit unter variierenden Betriebsbedingungen des Synthesemoduls vor dem Hintergrund der angestrebten Zertifizierung des Methanolprodukts. Da Methanol von herkömmlichen Kraftstoffen abweichende physikalisch-chemische Eigenschaften besitzt, untersucht OWI auch die Anforderungen an die vorhandene Infrastruktur, Lagerung, Handhabung, Sicherheitsaspekte und die Umweltverträglichkeit.
Das Projekt „E-BO(2)t“ wird im Rahmen des Gesamtkonzepts Erneuerbare Kraftstoffe mit insgesamt 12,45 Mio. € durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Förderrichtlinie für die Entwicklung regenerativer Kraftstoffe wird von der NOW GmbH koordiniert und durch die Projektträger VDI/VDE Innovation + Technik GmbH sowie die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. umgesetzt.
https://gwf-gas.de/forschung-entwicklung/aufbau-einer-power-to-methanol-demonstrationsanlage-auf-klaeranlage/

Wasserstoff aus Abwasser: Deutsches Leuchtturmprojekt steht vor dem Aus

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Ein ambitioniertes Vorhaben zur Wasserstoffgewinnung in einer Kläranlage in Hannover muss einen herben Rückschlag einstecken. Trotz hoher Erwartungen und staatlicher Förderung steht das Projekt wohl kurz vor dem Aus.
In Hannover hatte man große Pläne: Eine Kläranlage sollte als Pionier für die Produktion von grünem Wasserstoff …mehr:
https://www.focus.de/wissen/technik/wasserstoff-aus-abwasser-aus-fuer-deutsches-wasserstoffprojekt-besiegelt_id_259662683.html

Meldungen der VSA 2023

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Meldungen der VSA 2021Meldungen der VSA 2022

2023


VSA-Wassertage: Die Netto Null Kläranlage

Im Rahmen der Wassertage 2024 werden zentrale Punkte der Planung der «Netto Null Kläranlage» erläutert, relevante verfahrenstechnische Optionen erklärt sowie auch den Betrieb und die Berichterstattung diskutiert. Die Fachtagung richtet sich an Klärwerkfachpersonen, ARA-Betreiber sowie auch an Planer und Entscheidungsverantwortliche.

Datum
16. Oktober 2024 – 17. Oktober 2024
Beschreibung
Mit der Annahme des Klimaschutzgesetzes mit 59% Ja-Stimmen (Abstimmung vom 18.6.2023) verpflichtet sich die Schweiz bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Dies betrifft alle – auch die gebührenfinanzierten Kläranlagen.
Zielpublikum
Die Tagung richtet sich primär an Betreiber von Kläranlagen, an Klärwerkfachpersonen sowie auch an Planer und Entscheidungsverantwortliche. Die zwei Tage mit Übernachtung am bewährten Standort Emmetten dienen zudem als Austausch- und Netzwerkplattform.
https://www.aquaetgas.ch/agenda-de/vsa-wassertage-2024-1/

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Basel 2. Mai 2024 – 80. VSA Mitgliederversammlung und Fachtagung

Die 80. Mitgliederversammlung des VSA mit Fachtagung findet in Basel statt. Das Thema der Fachtagung lautet: «Wie setzt der VSA integrales Wassermanagement um?». Durch die Tagung führt Stefan Hasler

Beschreibung
Nach der Fachtagung lädt der VSA zum statutarischen Teil der 80. Mitgliederversammlung ein. Die Co-Präsidentin, Anja Herlyn, und der Co-Präsident, Mauro Suà, führen durch die Vereinsgeschäfte und die Ehrungen wohlverdienter Fachleute. Es bleibt ausreichend Zeit für das persönliche und berufliche Netzwerken am abschliessenden Apéro-riche.
Die Teilnahme an der Mitgliederversammlung ist für alle VSA-Mitglieder kostenlos. Den Mitgliedern wird spätestens 30 Tage vor dem Anlass die Einladung mit den dazugehörigen Unterlagen schriftlich zugestellt.

Programm und Anmeldung
https://www.aquaetgas.ch/agenda-de/80-vsa-mitgliederversammlung-und-fachtagung/

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«Als Klärwerkfachmann kanns dir nicht langweilig werden»

Mit der Klärwerkfachmann auf ARA stellen wir ein weiteres wichtiges Berufsbild aus der Siedlungswasserwirtschaft vor. Der gelernte Mechaniker und Klärwerkfachmann mit eidg. Fachausweis Marco Moser gibt Einblick in seine Arbeit.
Marco Moser ist stolz, seinen Beitrag zu sauberen Gewässern tagtäglich zu meistern. Im Berufsportrait Klärwerkfachmann zeigt er seine professionelle Arbeit auf der ARA Thunersee. Mit innovativer Technik den Schadstoffen im Wasser den Garaus machen, im Normalbetrieb und bei Störungen auf der Anlage. Herausfordernd und überraschend sei der Arbeitsalltag, man wisse nie, was am nächsten Tag auf einen zukomme.
Aber statt in Worten zu beschreiben, tauchen Sie selbst ein in das jüngste Berufsportrait der Kampagne «Wasser-Berufe.ch»:
https://www.aquaetgas.ch/27477

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Meldungen aus der Schweiz 2023

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Meldungen 2012Meldungen 2013Meldungen 2014Meldungen 2015
Meldungen 2016Meldungen 2017Meldungen 2018Meldungen 2019
Meldungen 2020Meldungen 2022

Oktober 2023

SeuzachLeitung in Kläranlage verstopft
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August 2023

LuterbachFirma Biogen – Sieben Millionen Franken für Spezial-Kläranlage
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Mai 2023

BubendorfDiese Taucher haben den ekligsten Job der Schweiz
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April 2023

LenzerheideFaltbares Solardach überspannt Kläranlage
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März 2023

LaupenDrogen-, viren- und hormonfrei: 25 Gemeinden profitieren von neuer ARA
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Februar 2023

WildeggVermutlich längstes Wandbild der Schweiz befindet sich in Kläranlage
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Januar 2023

MuntelierNeues Verfahren, gedeckte Hallen
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Seuzach: Leitung in Kläranlage verstopft

Mehrere hundert Fische sind am Donnerstag im Chrebsbach in Seuzach gestorben. Weil eine Leitung zur Kläranlage verstopft war, war während einigen Stunden ungeklärtes Wasser in den Bach geflossen.
Rund vierhundert Fische, vorwiegend Bachforellen, seien wegen dieser Gewässerverschmutzung verendet, teilte die Kantonspolizei Zürich….mehr:

https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/leitung-in-klaeranlage-verstopft-400-fische-sterben-in-seuzemer-bach-id18991471.html

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