Mittwoch, Oktober 29, 2025
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Hochwasserkarten oft schwer verständlich

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Leipzig. Bis 2013 müssen alle EU-Mitgliedsstaaten Hochwasserkarten bereitstellen, damit Bürger sich über die Gefährdung und mögliche Konsequenzen von Fluten informieren können. Die aktuelle Praxis in vielen EU-Staaten weist jedoch deutliche Defizite auf. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsprojekt mehrerer EU-Staaten, das diese Karten untersucht hat. Lokales Wissen sei meist nicht berücksichtigt. Zudem würden die Karten oft nicht den Bedürfnissen der Endnutzer entsprechen und seien für Anwohner schwer verständlich, schreiben die Forscher im Fachjournal Natural Hazards and Earth System Sciences.

Das Mulde-Hochwasser August 2002 sorgte in Grimma für erhebliche Zerstörungen.
Foto: André Künzelmann/UFZ Die EU-Hochwasserrichtlinie schreibt Hochwassergefahren und -riskokarten sowie Risikomanagementpläne als die wichtigsten Instrumente vor, um die Bürger besser über Risiken zu informieren und auf solche Katastrophen vorzubereiten. Ein Team von Wissenschaftlern aus Deutschland, Österreich, Großbritannien und Frankreich hat daher im Rahmen des Projektes RISK MAP diese Hochwasserkarten untersucht. In fünf Fallstudien führten die Wissenschaftler dazu Befragungen, Workshops und Blickerfassungstests durch. Dabei wurden unter anderen Hochwasserkarten von Bennewitz/Wurzen (bei Leipzig) in Sachsen, Vorderberg, einer Ortschaft der Kärntner Gemeinde Sankt Stefan im Gailtal in Österreich, und Chertsey, einer Stadt in der englischen Surrey in England, untersucht.

Insgesamt zeigten sich vor allem drei Defizite:
1. Die Endnutzer der Karten werden häufig nur als Empfänger verstanden und nicht in die Erstellung der Karten einbezogen. Oft entspricht daher der Inhalt nicht den Bedürfnissen der Kartennutzer.
2. Häufig beschränkt sich der Karteninhalt auf die Hochwassergefährdung, teilweise geben auch Karten die zu erwartenden materiellen Schäden wieder – also die Kosten, die durch die Zerstörungen an Gebäuden und Einrichtungen entstehen. Andere wichtige Inhalte wie soziale oder ökologische Risiken, aber auch Informationen zum Verhalten im Katastrophenfall bleiben dagegen zumeist unberücksichtigt.
3. Hochwasserrisikokarten sind oft von Technikern erstellt worden und erfordern daher zum Verstehen technische Vorkenntnisse, die viele der Endnutzer unter den betroffenen Bürgern nicht besitzen. Diese Verständnisprobleme erschweren die Kommunikation und bergen neue Risiken.

Zur Verbesserung der Verständlichkeit empfehlen die Wissenschaftler in erster Linie, dass die Karteninhalte und -darstellung stärker auf die spezifischen Bedürfnisse der unterschiedlichen Endnutzer, also der betroffenen Bürger, dem Katastrophenschutz sowie der langfristigen Hochwasserschutzplanung zugeschnitten werden sollen. Während beispielsweise die von der EU-Richtlinie geforderten Inhalte von Risikokarten insbesondere für die langfristige Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen von Interesse sind, so ist die betroffene Bevölkerung eher an leicht verständlichen Gefahrenkarten interessiert. Viele Katastrophenschützer hingegen wünschen sich vor allem eine Kombination von Gefahrenkarten mit der Darstellung von Gefahrenschwerpunkten, wie kritischen Infrastrukturen und der Anzahl der zu evakuierenden Personen, aber auch eine Integration von Einsatzinformationen im Katastrophenfall in die Karten, wie z.B. Evakuierungsrouten, Sammelpunkten oder die Lage der Krisenstäbe. Eine Trennung von Risikokartierung und -management, wie in der EU-Richtlinie vorgesehen, erscheint somit zumindest für den Bereich des Katastrophenmanagements nicht sinnvoll.

Quelle:
RiskMapAuch bei der Visualisierung zeigen die unterschiedlichen Nutzergruppen unterschiedliche Anforderungen. Während Experten im Hochwasserrisikomanagement eher in der Lage sind, komplexe und abstrakte Informationen zu erfassen, benötigt insbesondere die betroffene Bevölkerung ereignisspezifische Karten mit einer intuitiv verständlichen Farbgebung und Symbolik. So erleichtern klare Farbkontraste, leicht verständliche Symbole (z.B. für Evakuierungsrouten und Sammelplätze) sowie Text in der Karte das schnelle Verständnis der wichtigsten Inhalte erheblich. „Im Idealfall sollte eine Hochwasserkarte für die Bevölkerung fast so sein wie eine Straßenkarte: so einfach und schnell zu verstehen, dass man die Legende fast nicht braucht. Das sind einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen, von denen wir denken, dass die Karten so ihrer Aufgabe, die Bürger über die Gefahren durch Hochwasser zu informieren, besser gerecht werden könnten“, erklärt Dr. Volker Meyer vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).

Bessere Inhalte und Darstellung sind aber nur ein Teil der Lösung des Problems. Denn diese Karten sind ein Teil eines komplexen Kommunikationsprozesses zwischen Behörden und Flussanwohnern, der in beide Richtungen funktionieren sollte. Aus Sicht der Wissenschaftler wäre daher die Erstellung dieser Karten eine gute Gelegenheit, die Bürger an diesen Prozessen teilnehmen zu lassen und damit das, was die EU-Hochwasserrichtlinie fordert – nämlich eine „aktive Einbeziehung der Interessenparteien in die Erstellung, Überarbeitung und Aktualisierung der Risikomanagementpläne“ – zu erfüllen.

Publikationen:
Meyer, V., Kuhlicke, C., Luther, J., Fuchs, S., Priest, S., Dorner, W., Serrhini, K., Pardoe, J., McCarthy, S., Seidel, J., Palka, G., Unnerstall, H., Viavattene, C., Scheuer, S. (2012): Recommendations for the user-specific enhancement of flood maps. Nat. Hazards Earth Syst. Sci. 12 (5), 1701 – 1716
http://dx.doi.org/10.5194/nhess-12-1701-2012

Volker Meyer, Christian Kuhlicke, Jochen Luther, Herwig Unnerstall, Sven Fuchs, Sally Priest, Joanna Pardoe, Simon McCarthy, Wolfgang Dorner, Johanna Seidel, Kamal Serrhini, Gaëtan Palka, Sebastian Scheuer (2011): CRUE Final Report. RISK MAP – Improving Flood Risk Maps as a Means to Foster Public Participation and Raising Flood Risk Awareness: Toward Flood Resilient Communities.
http://risk-map.org/outcomes/CRUE_RiskMap_FinalReport_final.pdf

Die Untersuchungen wurden im Rahmen des Era-Net CRUE-Projektes RISK MAP durchgeführt, das vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem österreichischen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, dem britischen Department for Environment, Food and Rural Affairs (Defra), der britischen Environment Agency sowie dem französischen Ministère de l’Écologie, du Développement durable et de l’Énergie gefördert wurde.

http://www.ufz.de/index.php?de=30719

Hilfe für die Wasserwirtschaft in den Hochwasserkatastrophengebieten

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Das Social Media Team der DWA hilft mit einer digitalen Pinnwand. Diese soll eine unkomplizierte und pragmatische Vermittlung von Hilfsangeboten und Hilfsgesuchen für die Wasserwirtschaft sein.

Die Wasserwirtschaft hält zusammen!
Hier finden sie weitere Informationen:
https://de.dwa.de/de/Hilfsangebote.html

 

Abwasser-Monitoring als Pandemie-Frühwarnsystem für Metropolen

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Ein Forschungsteam unter der Leitung des Tropeninstituts am LMU Klinikum München hat die Ergebnisse einer der ersten und bisher längsten Untersuchungen zur Abwasserüberwachung auf das neuartige Coronavirus in Bayern in der Fachzeitschrift Science of the Total Environment veröffentlicht. Die einjährige Verlaufsstudie im Münchner Stadtgebiet bestätigt das Potential des Abwasser-Monitorings, um die Dynamik der Pandemie und die Ausbreitung neuer Virusvarianten frühzeitig zu erkennen.

Abwasser-Monitoring zum Nachweis von SARS-CoV-2 gewinnt zunehmend an Bedeutung. Lokale Abwasseruntersuchungen erfolgen seit dem Auftreten der Pandemie ab 2020. Im Frühjahr 2021 bekräftigte die Europäische Kommission in ihrer Empfehlung, eine systematische Abwasser-Überwachung von SARS-CoV-2 und seinen Varianten in allen EU-Mitgliedstaaten einzuführen. Besonders in Metropolen, in denen sich das Virus rapide verbreiten kann, bietet die Abwasser-basierte Epidemiologie (Waste-water based epidemiology, WBE) große Vorteile.

Die einjährige Verlaufsstudie, die im April 2020 startete, ist eine der ersten und längsten Untersuchungen zur Nachverfolgung der SARS-CoV-2 RNA Viruslast im Abwasser weltweit und insbesondere in Deutschland. Nun wurden die Ergebnisse in der Fachzeitschrift Science of the Total Environment veröffentlicht. Unter der Leitung des Tropeninstituts am LMU Klinikum München beteiligten sich die Virologie des Max von Pettenkofer-Instituts, das Genzentrum der LMU, die Münchner Stadtentwässerung, die Branddirektion München, das Gesundheitsreferat der Stadt München und die Task Force Infektiologie des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) an der Studie.

Finanziert wurde die Forschung durch das Bayerische Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Wissenschaftsminister Bernd Sibler betont die praktische Relevanz der Untersuchung: „Sie leistet einen wertvollen Betrag, trotz der anhaltenden Corona-Pandemie weitere Schritte zur Normalisierung des öffentlichen Lebens in den Blick zu nehmen. Deshalb haben wir die Studie Prospektive COVID-19 Kohorte München – KoCo19 mit rund einer Million Euro unterstützt.“

Ausbreitung von SARS-CoV-2 durch Abwasser-Analyse bereits Wochen früher festgestellt als in offiziellen Meldezahlen:
In ihrer Untersuchung im Raum München sammelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit Anfang April 2020 über ein Jahr lang wöchentlich Abwasserproben an sechs Standorten im Münchner Stadtgebiet. Die Proben wurden im Labor mittels RT-PCR (reverse transcription polymerase chain reaction) und Genomsequenzierung untersucht, um die Verbreitung von SARS-CoV-2 in München im zeitlichen und räumlichen Verlauf zu messen. Durch die Entschlüsselung des Erbguts anhand der Sequenzierung isolierter Virus-RNA erhielten die Forscher zudem Informationen, ob in den Proben besorgniserregende Virusvarianten (variants of concern, VOC) auftraten.

Die Ergebnisse zeigten, dass die in den Proben nachgewiesene SARS-CoV-2-RNA-Last gut mit den offiziellen Daten der 7-Tage-Inzidenz in den jeweiligen Stadtgebieten übereinstimmte. Studienleiter PD Dr. med. Andreas Wieser vom Tropeninstitut am LMU Klinikum berichtet: “Durch die im Abwasser gemessene Viruslast haben wir die lokale Inzidenz für die Verbreitung von SARS-CoV-2 bereits drei Wochen früher festgestellt als in den Meldezahlen der Behörden, die auf der Analyse von Atemwegsabstrichen basieren. Zudem konnten wir die zunehmende Ausbreitung der Virusvariante B.1.1.7 (Alpha) in der Münchner Bevölkerung bereits Anfang Januar 2021 nachweisen, Wochen bevor diese durch die Sequenzierung von Abstrich-Proben von Patienten in München in relevanter Zahl festgestellt werden konnte.”

Insgesamt bestätigt die Studie das Potential des Abwasser-Monitorings als Frühwarnsystem für die SARS-CoV-2 Pandemie und die Vorteile im Vergleich zu Massentests durch Abstriche. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Verbreitung besorgniserregender Virusvarianten in der lokalen Bevölkerung. Außerdem weist die Abwasser-Beprobung weniger Verzerrungen z.B. durch geänderte Regeln bei der Probenahme oder bei Meldewegen auf, als dies bei auf Abstrich-/Meldedaten basierten Statistiken der Fall ist.

Originalpublikation:
Rubio-Acero R, Beyerl J, Muenchhoff M, Sancho Roth M, Castelletti N, Paunovic I, Radon K, Springer B, Nagel C, Boehm B, Böhmer M, Graf A, Blum H, Stefan S, Keppler O, Osterman A, Khan Z, Hölscher M, Wieser A
Spatially resolved qualified sewage spot sampling to track SARS-CoV-2 dynamics in Munich – One year of experience, Science of The Total Environment, Volume 797, 2021, 149031, ISSN 0048-9697, https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2021.149031

*Partner der Studie:
– Leitung: Tropeninstitut (Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin), LMU Klinikum München
– Center for International Health (CIH), LMU Klinikum München
– Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), Standort München
– Münchner Stadtentwässerung
– Branddirektion München
– Gesundheitsreferat der Stadt München
– Task Force Infektiologie, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
– Genzentrum der LMU München
– Max von Pettenkofer-Institut für Virologie, LMU

Finanzierung:
Die Studie wurde durch das Bayerische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und das LMU Klinikum München finanziert.
Die Studie ist begleitend und ergänzend zur KoCo19 Studiengruppe (Repräsentative SARS-CoV-2 Studie in München, “Prospektive COVID-19 Kohorte München – KoCo19”), unter Beteiligung von: Helmholtz Zentrum München, Universität Bonn, Universität Bielefeld, Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projekt01KI20271) und dem Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (Medical Biodefense Research Program) sowie der BMBF Initiative “NaFoUniMedCovid19“ (01KX2021), Unterprojekt B-FAST.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
PD Dr. med. Andreas Wieser
Tropeninstitut (Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin) LMU Klinikum München
Max von Pettenkofer-Institut, LMU
Tel: +49 89 2180-78 296
E-Mail: wieser@mvp.lmu.de

Neue Web-Plattform zur Planung der Hochwasservorsorge in Städten

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Mit SaferPlaces lassen sich – basierend auf Open-Data und Berechnungen in der Cloud – Gefahren abbilden und die Effekte von Schutz- und Vorsorgemaßnahmen abschätzen. So können Szenarien bereits in Planungssitzungen online durchgespielt und diskutiert werden.

Starkregen und Hochwasser machen zurzeit – wie schon im vergangenen Winter – Schlagzeilen. Überschwemmungen wie diese, aber auch steigende Meeresspiegel und Sturmfluten stellen – in Bezug auf die wirtschaftlichen Schäden – zusammen mit Stürmen die größte Naturgefahr dar und können auch Leib und Leben bedrohen. SaferPlaces, ein neuer Webservice zur Überflutungsvorsorge, soll Städte und Gemeinden künftig dabei unterstützen, gefährdete Bereiche zu identifizieren sowie Schutz- und Vorsorgemaßnahmen systematisch und effizient zu planen, etwa an Gebäuden, Deichen oder durch Schaffung von Versickerungsflächen. Das interaktive Online-Tool wird im Rahmen der EU-Initiative Climate-KIC unter Mitwirkung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ Potsdam entwickelt und ist bereits als Prototyp abrufbar. Es stützt sich auf offene Daten und basiert auf neuen klimatischen, hydrologischen und hydraulischen, topografischen und ökonomischen Modellierungstechniken.

Mit dem fortschreitenden Klimawandel nehmen extreme Wetterereignisse zu und machen die Überflutungs- und Hochwasservorsorge auch in vielen Regionen Europas zu einer Daueraufgabe. In den dicht besiedelten Städten und Gemeinden ist das Schadenspotenzial besonders hoch. Informationen über das Ausmaß, die Häufigkeit und die Folgen von Überschwemmungen werden zu einer wesentlichen Grundlage für die Stadtplanung. Damit die Kommunen gezielt und effizient Maßnahmen zum Schutz und zur Vorsorge planen können, wurde im Rahmen des dreijährigen EU-Projektes SaferPlaces ein Web-basiertes Werkzeug hierfür entwickelt. Unter Leitung des Consulting-Unternehmens GECOSistema sind daran neben dem GFZ noch drei weitere Forschungseinrichtungen bzw. Universitäten beteiligt sowie drei weitere Unternehmen und die drei Pilot-Städte Köln (D), Rimini (Italien) und Pamplona (Spanien).

Webservice zur Online-Planung zum Hochwasserschutz
„Das Besondere an unserem System ist der Plattformgedanke“, sagt Kai Schröter, der das Projekt am GFZ leitet. „Die Auswirkungen von Maßnahmen lassen sich auf unserer Plattform unmittelbar berechnen und darstellen, von der Ausbreitung des Wassers bis hin zu den entstehenden Schäden. Entsprechende Szenarien können so beispielsweise von den multi-disziplinären Teams direkt in Planungssitzungen durchgespielt und diskutiert werden.“ In Köln haben bereits Anwenderworkshops stattgefunden mit den Stadtentwässerungsbetrieben, Hochwasserschutzbehörden und Versicherern.

Damit das so schnell und unkompliziert funktioniert, finden alle Berechnungen in der Webcloud statt: Die Nutzer*innen benötigen keine extra Software sondern nur einen Browser, über den sie die verfügbaren Daten eingeben. „Damit wollen wir explizit auch kleinere Städte und Gemeinden ansprechen und unser Werkzeug in vielen Ländern und Städten nutzbar machen“, betont Schröter.

Allgemein verfügbare Daten als Basis
Die Berechnungen basieren auf Open Data, also auf allgemein verfügbaren Datensätzen wie flächendeckende Geländehöhen, Wasserständen von Flüssen und Meer, Regenmengen und deren Häufigkeit, Durchflussmengen in Flüssen sowie den kurz- wie langfristigen Prognosen, die es bereits für die nächsten zwei bis drei Jahrzehnte hierfür gibt. Dazu kommen Informationen über die Landschafts- und Infrastruktur der jeweiligen Regionen.

Abbildung von Gefahren und Planung von Maßnahmen
Zunächst lassen sich so die Gefahren abbilden: Wo entstehen die größten Schäden? Wohin breitet sich das Wasser aus, wenn Starkregen fällt, Flüsse über die Ufer treten oder der Meeresspiegel steigt? Welche Gebäude und Infrastrukturen werden wie stark betroffen? Mit welchen Schäden ist zu rechnen?
Auf dieser Basis können dann Maßnahmen geplant werden. Sie reichen von Umbauten an bestehenden Gebäuden wie erhöhte Zugangsschwellen und abgedichtete Kellerfenster und -zugänge über neue oder verbesserte Deiche und Hochwasserschutzschilde bis hin zur Schaffung von Versickerungsflächen wie tiefliegenden Parks und Grünflächen, die notfalls wochenlang überflutet bleiben können.

Nutzerfreundlichkeit Dank vereinfachter Berechnungsansätze
Damit die Auswirkungen der Maßnahmen auf der Plattform direkt durchgespielt werden können, haben die Forschenden – im Gegensatz zu bestehender Software und Modellierungssystemen – hier explizit vereinfachte Berechnungsansätze verfolgt. Um den Rechenaufwand gering zu halten, mussten sie Algrorithmen entwickeln, die möglichst wenig Rechenkapazität benötigen.

Forschende am GFZ modellieren Schäden an der Infrastruktur
Während andere Projektpartner die Überflutungsflächen unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten wie der Topographie, also der Form der Landschaft modelliert haben, stand im Fokus der GFZ-Forschung die Schadenmodellierung an den Gebäuden. Hierfür wurden zusätzlich Informationen über die Art der Flächennutzung, Gebäudetypen wie Einfamilienhaus oder Gewerbe, aber auch über die sozioökonomischen Eigenschaften der Einwohnerschaft wie deren Einkommensniveau berücksichtigt. „Da wir probabilistische Modelle nutzen, können wir auch die Unsicherheit beschreiben, die mit den Vorhersagen verbunden ist“, betont Schröter.

Die erste Phase des Projektes ist im Juli zu Ende gegangen. „Die drei ursprünglichen Pilotanwendungen laufen und sind schon ziemlich weit ausgereift, auch hinsichtlich der Nutzerfreudlichkeit“, resümiert Schröter. Mittlerweile sind mit Fuenlabrada und Coslada (Spanien), Mailand und Ceriva (Italien), sowie Byronbay (Australien) weitere Fallstudien hinzugekommen. Auch eine globale Anwendung für die Überflutungsberechnung ist inzwischen verfügbar.

Weitere Entwicklungen
Künftig soll eine kommerzielle Nutzung etabliert werden, beispielsweise über den Erwerb von Lizenzen.
Mitte Juli wurde SaferPlaces nach erfolgreicher Projektskizze eingeladen, sich bis Oktober mit einem Vollantrag auf Förderung aus dem EIC Accelerate programme zu bewerben. Damit unterstützt die EU Projekte darin, zur Marktreife zu gelangen.

Die Projektpartner
Zum internationalenen Konsortium unter der Leitung von GECOSistema gehören das CMCC – Euro-Mediterranean Centre on Climate Change, das Helmoltz Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ (Sektion Hydrologie), die Universität Bologna, die Technische Universität Madrid und MEEO Meteorological Environmental Earth Observation.

Die Finanzierung
Das Projekt wurde bis Juli 2021 über drei Jahre vom EIT Climate-KIC gefördert, eine Wissens- und Innovationsgemeinschaft (KIC – Knowledge and Innovation Community), die daran arbeitet, den Übergang zu einer kohlenstofffreien, klimaresistenten Gesellschaft zu beschleunigen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Projektwebsite: http://www.saferplaces.co
Der Prototyp des Web-Service ist erreichbar unter: platform.saferplaces.co
(optimiert für Chrome bzw. Chromium Browser)

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Priv. Doz. Dr.-Ing. Kai Schröter
Sektion Hydrologie
Helmholtz-Zentrum Potsdam
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
Telegrafenberg
14473 Potsdam
Tel.: +49 331 288-1525
E-Mail: kai.schroeter@gfz-potsdam.de

https://idw-online.de/de/news772915

Schatzsuche im Klärschlamm

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Steinbeis-Europa-Zentrum und Universität Stuttgart beteiligen sich an EU-Projekt mit 15 Millionen Euro Förderung zur Herstellung von weißem Phosphor durch thermochemisches Recycling von Klärschlamm

Die Europäische Union ist weitgehend abhängig von Importen von weißem Phosphor (P4), einem strategischen Rohstoff für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie. Um dieser Herausforderung zu begegnen, wird das vierjährige EU-finanzierte Projekt FlashPhos unter der Leitung der Universität Stuttgart hochwertigen weißen Phosphor und andere Rohstoffe unter Verwendung von Klärschlamm als Ausgangsmaterial in großem Maßstab zurückgewinnen. Diese Rohstoffe finden strategische Anwendung in der europäischen Chemie-, Metall- und Zementindustrie.

Rückholung der Produktion von weißem Phosphor nach Europa
Elementarer weißer Phosphor (P4) ist für Schlüsselindustrien wie im Lebensmittel- und Pharmasektor unverzichtbar und daher ein strategischer Rohstoff von hoher Relevanz. Derzeit ist die Europäische Union fast vollständig von Importen von weißem Phosphor aus Kasachstan, Vietnam und China abhängig. Dabei gibt es in Europa genügend Phosphorreserven, die in Klärschlamm verborgen sind, um den gesamten Bedarf der EU an weißem Phosphor plus bis zu 25% des in der EU verbrauchten Phosphats für andere Anwendungen zu decken.

Das Ziel von FlashPhos ist daher, ein thermochemisches Verfahren zur nachhaltigen Produktion von hochwertigem weißem Phosphor unter Verwendung von Klärschlamm als Ausgangsmaterial in großem Maßstab zu demonstrieren. FlashPhos wird die erste und einzige Technologie in Europa sein, die weißen Phosphor für die chemische Industrie produziert und gleichzeitig eine Lösung für die problembehaftete Klärschlammentsorgung bietet. Es wird erwartet, dass FlashPhos-Anlagen bis 2040 50% des europäischen P4-Bedarfs decken können. Dies wird durch die Verwertung von 15% des derzeit in Europa anfallenden Klärschlamms in einem ökonomisch und ökologisch sinnvollen und klimafreundlichen Kreislaufwirtschaftsprozess ermöglicht werden.

Umsetzung von Klärschlamm in reine Sekundärrohstoffe und nutzbare Wärme
Das preisgekrönte FlashPhos-Verfahren ist eine schnell reagierende Hochtemperatur-Flugstromvergasung von Klärschlamm und anderen sekundären Phosphatquellen wie Tiermehl. „Alle Output-Materialien werden in der europäischen Industrie Verwendung finden und teilweise kritische oder CO2-relevante Rohstoffe ersetzen“, sagt Matthias Rapf, einer der beiden FlashPhos-Projektkoordinatoren der Universität Stuttgart.

Die anorganischen Abfallkomponenten werden aufgeschmolzen oder eingedampft und anschließend in einem Refinerreaktor zu recyceltem P4 als Hauptprodukt aufgetrennt. Weitere Outputstoffe des Prozesses sind ein klimafreundlicher alternativer Zementrohstoff, eine Eisenlegierung sowie ein Schwermetallkonzentrat als wertvolle Rohstoffe für die Metallindustrie. Die organischen Bestandteile dienen als Brennstoff für die Vergasung, bei der sie in Wärme und ein brennbares Gas umgewandelt werden. Dieses Gas und die überschüssige Wärme können in Zementwerken genutzt werden, um fossile Brennstoffe zu ersetzen. Somit werden diverse wertvolle Rohstoffe durch das innovative und kosteneffiziente FlashPhos-Verfahren nahezu emissions- und abfallfrei erzeugt.

Markteinführung bis 2028
Während des vierjährigen Innovationsprojekts wird das industrielle FlashPhos-Verfahren in einer Pilotanlage mit bis zu 400 kg/h Klärschlammdurchsatz demonstriert. „Dies wird es uns ermöglichen, die erste FlashPhos-Pilotanlage in Europa bis 2025 im vollen Umfang zu errichten und gemeinsam mit einem Industriekonsortium mit der Produktion von weißem Phosphor im industriellen Maßstab zu beginnen“, fügt Carlos Galeano, Beyond Innovation Project Director bei Italmatch, Europas führendem Verbraucher von weißem Phosphor und Hauptverwertungspartner im FlashPhos-Projekt, hinzu.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:
Dipl.-Ing. Matthias Rapf
Project Coordinator
matthias.rapf@iswa.uni-stuttgart.de
+49 711 685 65428
M.Sc. Max Schmid
Project Coordinator
max.schmid@ifk.uni-stuttgart.de
+49 711 685 63394

https://idw-online.de/de/news773172

Hohenheimer Zukunftsgespräch: „Was wäre, wenn Abfall und Abwasser unsere Felder düngen?“

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Mittwoch, 21. Juli 2021, 18 Uhr: die Universität Hohenheim lädt zur Online-Veranstaltung ein / Diskussionsreihe zum Wissenschaftsjahr 2021 – Bioökonomie

Im Haushalt fallen täglich große Mengen an Biomüll und Abwasser an. Für den Wandel zu einer nachhaltigeren Wirtschafts- und Lebensweise – zur Bioökonomie – braucht es neue Ideen für den Umgang mit diesen Stoffen. Das zweite Zukunftsgespräch der Universität Hohenheim in Stuttgart stellt am 21. Juli 2021 die Frage: „Was wäre, wenn Abfall und Abwasser unsere Felder düngen?“ Interessierte Bürger:innen, Blogger:innen und Journalist:innen sind herzlich eingeladen. Die Teilnahme ist kostenfrei, Anmeldung über https://www.uni-hohenheim.de/zukunftsgespraeche

Eine Recyclinganlage, in der Biomüll und häusliche Abwässer in Düngemittel, Rohstoffe für Bioplastik und Pflanzenkohle umgewandelt werden, die wiederum in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen können: Das ist die Vision, die das Forschungsprojekt „Rural Urban Nutrient Partnership“ (RUN) verfolgt. Ziel ist es, regionale Nährstoffkreisläufe zu schließen und Ressourcen nachhaltig zu nutzen. Der Bau einer Pilotanlage in einem realen Stadtquartier ist in Planung.

Wie kann ein solches Konzept in die Praxis überführt werden? Wie bewerten Landwirte, Konsumenten und Bürger einen solche Lösung? Welche Herausforderungen wären damit gelöst, wo sind noch Stolpersteine? Diese und ähnliche Fragen stehen beim zweiten Hohenheimer Zukunftsgespräch am Mittwoch, den 21. Juli 2021, von 18 bis 19:30 Uhr im Mittelpunkt.

Es diskutieren:
• Dr. Sabine Zikeli, Universität Hohenheim, Leiterin Zentrum Ökologischer Landbau und Projektpartnerin im Projekt Rural Urban Nutrient Partnership (RUN)
• Hans-Werner Külling, Landwirt, Familienbetrieb Trasadingen, Schweiz und Mitglied des Gemeinderates als Experte für Trinkwasser, Gewässer, Wald und Landwirtschaft
Moderation:
• Prof. Dr. Regina Birner, Universität Hohenheim, Leiterin Fachgebiet Sozialer und Institutioneller Wandel in der landwirtschaftlichen Entwicklung und Mitglied des Bioökonomierats
Das Publikum ist herzlich eingeladen, sich aktiv zu beteiligen und nachzufragen. Die Online-Veranstaltung findet als Zoom-Meeting statt. Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldung unter https://www.uni-hohenheim.de/zukunftsgespraeche

Veranstaltungsreihe Hohenheimer Zukunftsgespräche
Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zusammendenken ist ein Anliegen der Bioökonomie, wie sie an der Universität Hohenheim erforscht und gelehrt wird: Anlässlich des Wissenschaftsjahrs 2021 – Bioökonomie bringt die Universität interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie Akteure aus Wissenschaft, Industrie und Politik miteinander ins Gespräch. Im Mittelpunkt stehen innovative Projekte, aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Kontroversen auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschafts- und Lebensweise im Zeichen der Bioökonomie.

HINTERGRUND: Wissenschaftsjahr 2020|21 – Bioökonomie
Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgerichteten Wissenschaftsjahre stehen 2020 und 2021 ganz im Zeichen der Bioökonomie. Hinter diesem Begriff versteckt sich die Vision einer nachhaltigen, biobasierten Wirtschaftsweise. Es geht darum, natürliche Stoffe und Ressourcen nachhaltig und innovativ zu produzieren und zu nutzen und so fossile und mineralische Rohstoffe zu ersetzen, Produkte umweltverträglicher herzustellen und biologische Ressourcen zu schonen. Das ist in Zeiten des Klimawandels, einer wachsenden Weltbevölkerung und eines drastischen Artenrückgangs mehr denn je notwendig.

Die Bioökonomie ist das Leitthema der Universität Hohenheim in Forschung und Lehre. Sie verbindet die agrarwissenschaftliche, die naturwissenschaftliche sowie die wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Fakultät. Im Wissenschaftsjahr Bioökonomie stellt die Universität Hohenheim Projekte und Visionen aus der akademischen Welt in den Dialog zwischen Fachwelt und Öffentlichkeit.

Weitere Informationen
Veranstaltung und Anmeldung: https://www.uni-hohenheim.de/zukunftsgespraeche
Wissenschaftsjahr 2020|21 an der Universität Hohenheim: https://www.uni-hohenheim.de/wissenschaftsjahr-2020-2021-biooekonomie
Bioökonomie an der Universität Hohenheim: https://biooekonomie.uni-hohenheim.de
Wissenschaftsjahr 2020/21 BMBF: https://www.wissenschaftsjahr.de/2020-21/
#Wissenschaftsjahr #DasistBioökonomie

Kontakt für Medien
Tina Barthelmes, Projektmanagerin Wissenschaftsjahr 2020/21 Bioökonomie
hochschulmarketing@uni-hohenheim.de
Text: Barthelmes / Elsner

Weitere Informationen:
http://www.uni-hohenheim.de/presse

https://idw-online.de/de/news772636

Inuvai, eine Geschäftseinheit von Fresenius Medical Care Deutschland GmbH

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Else-Kröner-Straße 1
61352 Bad Homburg
Deutschland

E-Mail: info@inuvai.com
Web: http://www.inuvai.com

inuvai ist eine Geschäftseinheit von Fresenius Medical Care. Als einer der globalen Marktführer im Bereich der Dialysebehandlung liegt unsere Kernkompetenz u.a. in der Herstellung von Ultrafiltrationsmembranen. inuvai’s Aufgabe ist es, diese Kernkompetenz in Anwendungsfeldern außerhalb der medizinischen Anwendung weiterzuentwickeln. Für den Bereich der Abwasser-basierten Epidemiologie (wastewater-based epidemiology, WBE) haben wir einen neuen Filter und eine Methodik zur Aufkonzentrierung entwickelt: das inuvai R180 Recovery Kit.

Das inuvai R180 Recovery Kit bietet eine einfache, anwenderfreundliche und schnelle Lösung für das Abwassermonitoring: eine hohe Widerfindungsrate für Zielorganismen, inkl. SARS-CoV-2, aus einer großvolumigen Abwasserprobe in einem reduzierten Endvolumen. Das inuvai R180 Recovery Kit wurde von einem unabhängigen Labor, dem Wasser Labor am Instituto Superior Técnico in Lissabon, Portugal, validiert. Details zum inuvai R180 Recovery Kit finden Sie auf unserer Webseite www.inuvai.com

WEHRLE-WERK AG

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Bismarckstr. 1-11
79312 Emmendingen

Telefon: 07641/585-0
E-Mail: info@wehrle-werk.de
Web: http://www.wehrle-werk.de/klärschlammverbrennung

Regionale Klärschlammmonoverbrennung mit dezentral einsetzbaren Wirbelschichtverbrennungs-Kleinanlagen: FLUIDFIRE K³sludge. Die Anlagen sind für eine besonders hohe Brennstoffbandbreite ausgelegt, d.h. der Betreiber hat eine hohe Flexibilität in der Annahmemenge von entwässertem und getrocknetem Klärschlamm bzw. dem daraus in der Anlage resultierenden Mischungsverhältnis. Durch die direkt nach der gekühlten stationären Wirbelschicht angeordneten Heißzyklone wird hochwertige Phosphorasche in einem hohen Temperaturfenster und daher besonders schadstoffarm dem Prozess entnommen. Das führt zu einer bevorzugten Verwendbarkeit der P-Asche in der Düngemittelerzeugung und damit zu geringeren Entsorgungskosten und daraus resultierenden, selbst gegenüber Großanlagen wettbewerbsfähigen Bearbeitungskosten pro Tonne Klärschlamm. Als energieautarkes System, ohne technische Abwässer, ist FLUIDFIRE K³sludge standortflexibel und lässt sich so auf der grünen Wiese sowie aufgrund der Kompaktheit auch im Umfeld bestehender Gebäudekomplexe ideal einsetzen. Die Standardanlagengröße 3,5 MWth für 30.000 bis 47.000 tOS/a hat eine besonders kurze Bauzeit für die schlüsselfertige Komplettanlage und lässt sich auf Wunsch auch als „Rucksack“ an einen bestehenden Müllverbrennungskessel andocken. Für langfristig planende Anlagenbetreiber bietet die „MultiFuel“- Eigenschaft die Möglichkeit zum einfachen Umstieg auf andere Brennstoffe, sollte der Klärschlammmarkt eines Tages nicht mehr die gewünschten Erträge erwirtschaften.

FLUIDFIRE K³sludge von WEHRLE: über 160 Jahre Erfahrung in Energietechnik, Umwelttechnik, Fertigung.

Deutsche Wasserstoffstrategie – Eine Chance für Kläranlagen?

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Ein viel diskutierter Energieträger im Rahmen der Energiewende ist Wasserstoff. Aufgrund der vielfältigen Nutzungs- und Speichermöglichkeiten kann die Wasserstoff-Technologie einen Beitrag zu einer erfolgreichen Umgestaltung der Energiewirtschaft darstellen. Auch seitens der Politik wurde dieser Energieträger durch bundes- und landesweite Wasserstoffstrategien in den Fokus gerückt, u. a. auch in Rheinland-Pfalz.

Durch seine Vielseitigkeit kann Wasserstoff in den Sektoren Strom, Wärme, Mobilität und Industrie eingesetzt werden. Wesentlich für einen Beitrag zum Klimaschutz ist jedoch, dass der Wasserstoff durch regenerative (Überschuss-) Energien gewonnen wird, d. h. durch Photovoltaik, Windkraft, Biomasse usw. Eine Möglichkeit, Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien zu erzeugen, ist dabei die Elektrolyse. Bei dieser wird mit Hilfe elektrischen Stroms Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt. In der Regel wird nur der Wasserstoff als Energieträger genutzt, der entstehende Sauerstoff und die Abwärme werden als Abfallprodukte ungenutzt in die Umwelt abgegeben.

Die ersten Elektrolyseure auf Kläranlagen befinden sich aktuell in Planung oder wurden bereits umgesetzt (z. B. in Mainz). Bei diesen steht jedoch häufig die Erzeugung von Sauerstoff für die 4. Reinigungsstufe (Ozon) im Vordergrund. Bei solchen Anwendungsfällen ist der Sauerstoff als ein Hauptprodukt der Elektrolyse anzusehen. Dabei ist der Abwasserreinigungsprozess direkt vom Betrieb der Elektrolyse abhängig. Aber können auch kleinere Kläranlagen eine Rolle in der Wasserstoffinfrastruktur einnehmen, den entstehenden Sauerstoff bzw. die Abwärme gewinnbringend einsetzen und gleichzeitig einen wirtschaftlichen Vorteil auf die Wasserstoffgestehungskosten haben?

Im Rahmen einer durch ein Teammitglied der IG S+P erarbeiteten Masterthesis an der TH Bingen im berufsbegleitenden Studiengang „Energie- und Betriebsmanagement“ wurde eine Herangehensweise sowie Bewertungsmethodik möglicher Synergieeffekte durch die Nutzung der „Abfallprodukte“ Sauerstoff und Abwärme auch für kleinere Kläranlagen erstellt. Dabei wurde neben der Identifizierung möglicher Vorteile des Elektrolyse-Standortes Kläranlage auch eine Methodik zur Bewertung möglicher Synergieeffekte entwickelt.

Erstmals fand diese Methodik nun im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projektes „SmartQuart Kaisersesch“ Anwendung.

Im Rahmen des Projektes wird in Kaisersesch aktuell die Errichtung eines regionalen Wasserstoffquartiers geplant und umgesetzt. Der Wasserstoff soll mittels Elektrolyse aus regenerativem Strom erzeugt werden. Daraufhin soll er vor Ort in einer Pipeline verteilt und gespeichert sowie in jedem Sektor (Strom, Wärme und Mobilität) genutzt werden. In unmittelbarer Nähe zum geplanten Aufstellungsort des Elektrolyseurs befindet sich die derzeit in Umplanung befindliche kommunale Kläranlage Kaisersesch, die von 5.500 EW auf 15.000 EW erweitert wird. In der Trasse der Wasserstoffpipeline wäre auch ein Transport des bei der Elektrolyse entstehenden Sauerstoffes und der Abwärme zum Kläranlagenstandort möglich. Der Sauerstoff könnte zur Belüftung des Belebungsbeckens eingesetzt werden, wodurch der Stromverbrauch der Gebläse reduziert wird.

Die Abwärme könnte im Rahmen einer vorgesehenen solaren Trocknungshalle genutzt werden, wodurch diese kleiner dimensioniert und so Investitionskosten reduziert werden. Aufgrund der notwendigen Trassenlänge von rd. 1,4 km stellen sich jedoch in diesem ausgewählten Beispiel beide Nutzungspotenziale als nicht wirtschaftlich dar (Amortisation Sauerstoffnutzung -> rd. 17 Jahren; Abwärmenutzung -> keine Amortisation).

Gerade bei geringeren Entfernungen zwischen der Kläranlage und dem Elektrolyseur kann die Wirtschaftlichkeitsanalyse und folglich auch die Entscheidung für die Einbindung einer Kläranlage in die Wasserstoffinfrastruktur gänzlich anders ausfallen. Demnach sollten Kläranlagen bereits frühzeitig bei der Planung entsprechender Infrastrukturen Berücksichtigung finden.

https://www.siekmann-ingenieure.de/aktuelles/news/deutsche-wasserstoffstrategie-eine-chance-fuer-klaeranlagen-170/

RISK.twin – Intelligente kritische technische Infrastruktur: Von der Realität zum hybriden digitalen Zwilling

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Bei der kritischen technischen Infrastruktur der Zukunft kommt dem Zusammenspiel von realem Objekt und seinem digitalen Zwilling im virtuellen Raum sowie deren Verbindung mittels daten- und physikbasierter Informationen eine herausragende Bedeutung zu. Das heute noch weitgehend ungenutzte Potenzial leistungsfähiger digitaler Zwillinge für solche Objekte in der Systemzustandsüberwachung und Risikovorhersage sowie als Werkzeug zur politischen Entscheidungsunterstützung und Kommunikation ist enorm. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens werden hybride digitale Zwillinge für die kritische technische Infrastruktur durch ein interdisziplinäres Projektteam des Forschungszentrums RISK – Risiko, Infrastruktur, Sicherheit und Konflikt der UniBw M in Zusammenarbeit mit der HSU/UniBw H erstmals im breiten Maßstab von der grundlagenwissenschaftlichen Methodik (computergestützte Simulation, maschinelles Lernen) bis hin zu ganz konkreten Anwendungsszenarien und Objekten (Brücken, Hochbau, Wasser, Energie) entwickelt und deren Nutzbarmachung für politische und ministerielle Akteure bei kritischen Entscheidungen untersucht – sowohl für den zivilen als auch für den militärischen Einsatz. Die Gesamtergebnisse werden in anwenderorientierte Handlungsempfehlungen überführt.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://dtecbw.de/home/forschung/unibw-m/projekt-risk-twin