Freitag, Oktober 10, 2025
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Nachhaltiger Umgang mit Regen- und Siedlungsabwasser: Software plant und optimiert Entwässerungssysteme automatisch

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Um Regen- und Abwasser aufzusammeln, gibt es in Deutschland eine gut ausgebaute Infrastruktur mit Kanalnetzen und Kläranlagen. Anders sieht es in Entwicklungsländern aus, in denen dies oft fehlt. Ein Start-up der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) will hier Abhilfe schaffen. Es bietet dazu seine Software „ZIGGURAT“ an, die automatisch Entwässerungssysteme nachhaltig planen und optimieren kann. Die Technik berücksichtigt auch die blau-grüne Infrastruktur, das heißt, mögliche Wasserspeicher und technische Maßnahmen zur Versickerung und Verdunstung von Regenwasser. Die Gründer werden mit einem EXIST-Stipendium vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.

Slums, in denen Wellblechhütten dicht an dicht nebeneinanderstehen; direkt daneben Müllberge und stehende Abwässer – solche Zustände gibt es in vielen Gegenden der Welt. Rund die Hälfte der Weltbevölkerung lebt nach wie vor ohne Kanalisationsanschluss und stetig entstehen neue städtische Flächen ohne geordnete Entwässerung. Dabei haben sich die Vereinten Nationen in ihren Nachhaltigkeitszielen auf die Fahne geschrieben, den Zugang zu sauberem Wasser und sanitäre Anlagen für alle Menschen zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, braucht es allerdings eine entsprechende Infrastruktur.

Die Planung solcher Kanalnetze für Schmutz-, Regen- oder Mischwasser ist jedoch aufwendig und bedarf einer großen Expertise. „Dabei spielen verschiedene Parameter wie Layout, der Grad der De- oder Zentralisierung, die Kanaldurchmesser und das Gefälle, die Verlegetiefen, die Pump- und Speicheranlagen eine Rolle“, sagt Timo Dilly vom Gründerteam.

Eine Software, mit der sich städtische Entwässerungssysteme automatisch nachhaltig planen lassen, entwickelt derzeit das Team um Dilly von der RPTU in Kaiserslautern. „Sie basiert unter anderem auf der Verknüpfung einer Vielzahl allgemein gültiger technischer Regeln der Tiefbauplanung und mathematischer Methoden, mit denen sich sinnvolle Lösungsvarianten generieren lassen“, sagt Dilly weiter. „Dafür haben wir eigene Algorithmen entwickelt. All dies beruht auf aktuellen Erkenntnissen aus eigenen Forschungsarbeiten in der Siedlungsentwässerung und Hydroinformatik.“

Auch der Klimawandel spielt bei den Planungen solcher Entwässerungssysteme eine Rolle, wie Dilly erläutert: „Der Umgang mit Regenwasser muss komplett neu gedacht werden, wenn man sich zunehmende Wetterextreme vor Augen führt. Wir brauchen Möglichkeiten zum Speichern von Regenwasser, aber auch naturnahe Elemente wie ausreichend Grünflächen. Dadurch lässt sich in heißen Sommermonaten das Stadtklima verbessern.“ In diesem Zusammenhang spricht man auch von blau-grüner Infrastruktur, die bei der Planung neuer Siedlungsentwässerungssysteme eine immer wichtigere Rolle spielt und auch bei ZIGGURAT eingeplant ist. „Mit diesen Maßnahmen erhöhen Städte die Resilienz gegenüber Extremen, senken Kosten und reduzieren negative Auswirkungen auf die Umwelt“, betont Dilly.

In diesem Punkt eignet sich die Software auch für hiesige Städte und Gemeinden, die ihre Entwässerungssysteme künftig anpassen wollen.

Am jungen Unternehmen beteiligt sind neben Dilly seine Kollegen Dr. Amin E. Bakhshipour, Professor Dr. Ulrich Dittmer und Ralf Habermehl aus dem Lehrgebiet Siedlungswasserwirtschaft an der RPTU in Kaiserslautern. Unterstützt werden sie von Marius Lauer, der betriebswirtschaftliche Kenntnisse miteinbringt.

Ihre Software ZIGGURAT möchten sie in Zukunft in einer Online-Plattform zur Verfügung stellen, auf der sich Interessierte einen kostenpflichtigen Account erstellen können. Das Team aus Kaiserslautern stellt neben der Software auch seine Expertise zur Verfügung und bietet etwa Unterstützung bei der Planung an.

Bei seinem Weg in die Selbstständigkeit wird das Unternehmen mit einem „EXIST-Gründerstipendium“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Europäischen Sozialfonds zur „Existenzgründung aus der Wissenschaft“ gefördert.

Mehr unter ziggurat.ai

Fragen beantwortet:
Timo Dilly
Ziggurat
E-Mail: timo.dilly@rptu.de
Tel.: 0631-205-4643

https://idw-online.de/de/news818603

Eawag-Technologie an der Architektur-Biennale in Venedig

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Am Samstag, 20. Mai hatte die 18. Architekturbiennale in Venedig ihre Tore geöffnet. Im deutschen Pavillon, der das Bauen im Bestand und die Kreislaufwirtschaft ins Zentrum stellt, ist auch der an der Eawag entwickelte «Nutrient Harvester» im Einsatz. Er verarbeitet den Urin aus zwei Trockentrenntoiletten vor Ort zu Dünger.

Die Architekturbiennale in Venedig ist eine der weltweit wichtigsten Architekturausstellungen und trägt dieses Jahr den Titel «Laboratory of the Future». Neben den Hauptausstellungen, die die ghanaisch-schottische Architektin Lesley Lokko kuratiert, sind auch rund 60 Länder mit nationalen Beiträgen vertreten, so auch die Schweiz und Deutschland. Der deutsche Pavillon wird von der Architekturzeitschrift ARCH+ sowie den Architekturbüros Summacumfemmer und Büro Juliane Greb kuratiert und rückt unter dem Titel «Open for Maintenance / Wegen Umbau geöffnet“ Pflege, Reparatur und Instandhaltung des architektonischen Bestands in den Mittelpunkt. So haben die Kuratorinnen und Kuratoren für die Ausstattung der insgesamt fünf Räume des Pavillons Material von der letztjährigen Kunstbiennale wiederverwendet.

Toiletten ohne Wasserspülung
Das Thema Kreislaufwirtschaft steht auch im «Waschraum» im Zentrum, einem der fünf Räume. Er ist mit einer Trockentrenntoilette und einem Urinal ausgestattet, die beide neu entwickelt wurden. Die Toilette vom deutschen Hersteller Finizio kommt ohne Wasser aus und trennt Urin und Fäkalien. Das Urinal wurde von zwei Industriedesign-Absolventinnen der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel entwickelt. Unterstützt wurden sie dabei unter anderem von Michel Riechmann vom Wasserforschungsinstitut Eawag. Das Urinal funktioniert ebenfalls wasserlos und kann ausserdem von allen Geschlechtern genutzt werden – daher der Name «Urin*all». Sowohl Trockentrenntoilette als auch Urinal sind nicht nur Ausstellungsstücke, sondern können von den Besucherinnen und Besuchern sowie den Pavillon-Mitarbeitenden auch benutzt werden.

Aus Urin wird Pflanzendünger
Während die Fäkalien gesammelt und bei einem regionalen Landwirt kompostiert werden, wird der Urin – der den grössten Volumenanteil ausmacht – vor Ort behandelt. Im Nutrient Harvester, der von Michel Riechmann zusammen mit Kai Udert und weiteren Forschenden der Abteilung Verfahrenstechnik der Eawag entwickelt wurde, wird der Urin direkt im deutschen Pavillon zu einem konzentrierten Dünger verarbeitet. Dafür wird der Urin zunächst stabilisiert, damit der enthaltene Stickstoff nicht entweicht und kein unangenehmer Geruch entsteht. Ausserdem werden bei diesem Schritt auch Krankheitserreger abgetötet. Anschliessend wird der Urin getrocknet. Aus 30 Litern Urin entsteht dabei rund ein Kilogramm Trockensubstanz, ein Pflanzendünger reich an Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor und Kalium. Er wird anschliessend von einem Landwirt und einer Gartenkooperative in der Region Venedig genutzt. «Wir schliessen damit den Nährstoffkreislauf lokal und reduzieren gleichzeitig die Nährstoffeinträge in die Gewässer», so Michel Riechmann.

Einsatz in Gebieten ohne Wasser- und Abwassernetz
Die Forschenden haben den Nutrient Harvester in den letzten Jahren bereits auf der Leglerhütte des SAC und in einem Haushalt ohne Abwasserinfrastruktur ausserhalb der südafrikanischen Stadt Durban getestet. «Diese Technologie eignet sich überall dort, wo es keine Anschlüsse an das Wasser- und an das Abwassernetz gibt – sei es in infrastrukturarmen Regionen oder bei temporären und mobilen Nutzungen», erläutert Michel Riechmann. Venedig und insbesondere die Biennale seien ein sehr spannendes Anwendungsfeld. «Für eine auf dem Wasser gebaute Stadt ist die Abwasserentsorgung eine Herausforderung, wenn das Abwasser nicht einfach in die offenen Kanäle abgeleitet werden soll», erklärt Michel Riechmann. Und auf der Biennale wiederum sind Toiletten Mangelware. Die Pavillons haben keine eigenen Toiletten und nachträglich Infrastruktur nachzurüsten, ist baurechtlich schwierig. «Ein modulares Plug&Play-System wie der Nutrient Harvester kann diese Lücke füllen», ist Michel Riechmann überzeugt. Die Forschenden möchten den Nutrient Harvester daher nun zur Marktreife bringen und gründen dafür derzeit ein Eawag Spin-off.

https://www.presse-blog.com/2023/05/23/eawag-technologie-an-der-architektur-biennale-in-venedig/#:~:text=Am%20Samstag%2C%2020.%20Mai%20hat%20die%2018.%20Architekturbiennale,Urin%20aus%20zwei%20Trockentrenntoiletten%20vor%20Ort%20zu%20D%C3%BCnger

Ifat 2024: Neue Spotlight Area Wasserstoff

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Weitere Premiere: Die Cross-Industry Sessions
Start-up Area wieder Teil der IFAT Munich

Zwei Premieren und ein altbewährtes Erfolgskonzept: Auch zur nächsten Ausgabe wird sich die IFAT Munich, die vom 13. bis 17. Mai 2024 auf dem Messegelände in München stattfindet, erneut als der zentrale Treffpunkt der internationalen Umwelttechnologiebranche präsentieren.

Premiere: Spotlight Area Wasserstoff
So wird die IFAT Munich 2024 erstmals die „Spotlight Area Wasserstoff“ präsentieren. Bereits zur Veranstaltung 2022 gab es auf dem Freigelände ein Sonderprojekt zu diesem Thema, das sehr positives Feedback erhielt. Für die kommende IFAT Munich sind 500 Quadratmeter in der Halle A4 geplant.

Die Spotlight Area Wasserstoff soll dabei als Anlaufstelle dienen, um die häufigsten Fragen der Besucher, insbesondere von Kommunen und Städten, zum Thema Wasserstoff in der Kreislaufwirtschaft zu klären. Zusätzlich wird es in diesem Bereich eine Speaker‘s Corner geben, um über aktuelle Fragestellungen und mögliche Lösungsansätze zu diskutieren. Für die geplanten Solution Tours zum Thema Wasserstoff dient die Area zudem als Startpunkt. Partner dieser Initiative sind der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) sowie das Zentrum Wasserstoff.Bayern (H2.B).

Eine Anmeldung als Aussteller auf der Spotlight Area Wasserstoff wird ab Anfang August über die Website der IFAT möglich sein.

Erstmals bei der IFAT Munich: Die Cross-Industry Sessions
Mit der zweiten Premiere, den neu eingeführten Cross-Industry Sessions, rückt die IFAT Munich in Zusammenarbeit mit verschiedenen Veranstaltungen der Messe München Lösungen aus unterschiedlichen Branchen und Industrien in den Fokus. Über diverse Industrien hinweg werden gemeinsame Lösungsansätze für eine Kreislaufwirtschaft thematisiert und entwickelt. Durch ihr umfangreiches Netzwerk bringt die IFAT Munich dabei Fachleute und Experten aus kommunalen und gewerblichen Sektoren zusammen, die Interesse an der Kreislaufwirtschaft und dem Schließen der Kreisläufe haben.

Ihren Auftakt feierten die Cross-Industry Sessions zur OutDoor by ISPO im Juni. Die zweite Session fand im Juli im Rahmen der digitalBAU statt. Weitere Informationen zu den Cross-Industry Sessions gibt es hier.

Erneut Teil der Messe: Die Start-up Area
Ebenso innovativ zeigt sich auch ein bewährtes Format: die Start-up Area. Nach ihrer erfolgreichen Realisierung zur IFAT Munich 2022, wird dieser Bereich auch 2024 wieder Teil der Messe sein. Hier können sich Unternehmen – geplant wird mit rund 60 – aus allen Bereichen präsentieren. Damit deckt die Start-up Area die gesamte Nomenklatur der IFAT Munich ab. Um teilnehmen zu können, müssen die Aussteller über einen Prototyp oder über ein Minimum Viable Product (MVP) verfügen, die vor Ort gezeigt werden.

Zur IFAT Munich 2024 umfasst dieser Bereich neben der Ausstellungsfläche auch die angrenzende Green Stage. Diese Bühne dient sowohl Start-up-Unternehmen als auch etablierten Ausstellern als Präsentationsplattform. Darüber hinaus stehen hier auch Slots für Cross-Industry Sessions zur Verfügung.

Neu in diesem Jahr sind die (geführten) Start-up-Touren sowie die vier Start-up-Themenblöcke auf der Green Stage.

https://ifat.de/de/messe/presse/pressemitteilungen/detail/neue-spotlight-area-wasserstoff.html

Wasserreinigung mit Biotechnologie

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Forschende finden neuen Ansatz durch Kombination von Pilzen und Bakterien
Stickstoff, vor allem in Form von anorganischem Nitrit und Nitrat, ist eine der größten stofflichen Belastungen in Süßgewässern und menschlichen Abwässern. Forscherinnen und Forscher des chinesischen Ministeriums für Natürliche Ressourcen in Xiamen und des IGB haben eine natürliche Pilz-Bakterien-Kombination identifiziert, die Nitrat besonders effizient und konstant verstoffwechselt. Dies könnte für die Weiterentwicklung der Biotechnologie in der Wasseraufbereitung entscheidend sein und ist ein weiterer Beleg für die wichtige Rolle von Pilzen in aquatischen Ökosystemen.

Die biologische Stickstoffentfernung, die Denitrifikation, ist ein wichtiger biochemischer Prozess. Dabei wandeln Mikroorganismen zwei der wichtigsten Stickstoffverbindungen, Nitrat und Nitrit, in gasförmigen Stickstoff um. Dies geschieht in Gewässern auf natürliche Weise durch Stoffwechselprozesse der dort lebenden Organismen und wird als Selbstreinigungskraft bezeichnet. Dieses Prinzip macht man sich auch bei der Wasseraufbereitung zunutze. Bisher wurden verschiedene Bakterien und Pilze in Reinkultur identifiziert, die Stickstoff mit und ohne Sauerstoff abbauen können. Für die Wasseraufbereitung ist vor allem der Stickstoffabbau in Gegenwart von Sauerstoff relevant, da er kostengünstiger und zudem großtechnisch umsetzbar ist.

Pilz-Bakterien-Kombinationen bislang vor allem zur Fermentation von Lebensmitteln und Getränken eingesetzt
Die Isolierung einzelner Bakterien- oder Pilzstämme ist aufwändig und teuer. Kombinationen aus beiden, so genannte mikrobielle Konsortien, gelten als vielversprechende Alternative zu reinen Stämmen, sind aber auf dem Gebiet der Denitrifikation in Gegenwart von Sauerstoff noch wenig erforscht. Die Forschenden nahmen dies zum Anlass, dieses Potenzial zu untersuchen, da mikrobielle Konsortien beispielsweise bei der Fermentation von Lebensmitteln und Getränken schon lange eingesetzt werden. Gerade Pilze haben den Vorteil, dass sie sehr robust gegenüber Umweltstressoren wie saurem pH-Wert und hohen Temperaturen sind.

Nahezu vollständige Nitratentfernung möglich
Das Forschungsteam identifizierte ein natürliches Bakterien-Pilz-Konsortium aus Marikulturen, das Nitrat sehr effizient und konstant aus dem Wasser entfernt. In Gegenwart von Sauerstoff beträgt die Nitratentfernung bis zu 100 Prozent und die Denitrifikationseffizienz 44 Prozent. Die Denitrifikationseffizienz gibt an, wie gut Mikroorganismen in der Lage sind, den im Nitrat gebundenen Stickstoff in molekularen Stickstoff (N₂) und Stickoxide umzuwandeln.

Mittels Hochdurchsatzsequenzierung wurden die an diesem Prozess beteiligten Bakterien- und Pilzgattungen identifiziert. Eine anschließende Netzwerkanalyse zeigte, welche Arten positiv miteinander interagieren und sich daher besonders für eine Kombination eignen.

„Es ist uns gelungen, denitrifizierende Bakterien-Pilz-Gruppen zu identifizieren, die das Potenzial haben, Nitrat besonders gut aus dem Wasser zu entfernen. Das ist ein wichtiger Schritt, um mikrobielle Konsortien für eine optimale Wasseraufbereitung zusammenzustellen“, erklärt IGB-Forscher Professor Hans-Peter Grossart, Mitautor der Studie.

Da die Suche nach geeigneten Mikroorganismen-Gemeinschaften aus Bakterien und Pilzen noch ein sehr junges Forschungsgebiet ist, gibt es noch keine Anwendungen in der Praxis. Die Autor*innen sind sich aber sicher, dass diese in Zukunft die Biotechnologie in der Abwasseraufbereitung deutlich prägen werden.

Selected publications
Juni 2023
Aerobic denitrifying bacterial-fungal consortium mediating nitrate removal: dynamics, network patterns and interactions
Xiaotian Zuo; Wei Xu; Shiping Wei; Shuangcheng Jiang; Yu Luo; Minghuang Ling; Kai Zhang; Yuanhao Gao; Zhichao Wang; Jiege Hu; Hans-Peter Grossart; Zhuhua Luo

iScience. – 26(2023)6, Art. 106824
http://dx.doi.org/10.1016/j.isci.2023.106824

https://www.igb-berlin.de/news/wasserreinigung-mit-biotechnologie

Mikrobielle Räuber bewirken saisonale Schwankungen bei der Abwasseraufbereitung

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Jahreszeitliche Temperaturschwankungen haben nur indirekten Einfluss auf die Bakteriengemeinschaft im Abwasser / Studie in „Water Research“ erschienen

Die Gemeinschaft der mikrobiellen Räuber beeinflusst die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft im Abwasser. Dies erklärt jahreszeitliche Variationen der Mikrobengemeinschaft, die sich auf die Effizienz der Wasseraufbereitung auswirken. Das ergab eine Studie von Nils Heck und PD Dr. Kenneth Dumack vom Institut für Zoologie der Universität zu Köln. Die Studie ist unter dem Titel „Microeukaryotic predators shape the wastewater microbiome“ in der Fachzeitschrift „Water Research“ erschienen.

In Kläranlagen findet ein präzise abgestimmtes Zusammenspiel verschiedener Mikroorganismen statt, um Abwasser effektiv aufzubereiten. Ein Großteil der an der Wasseraufbereitung beteiligten Mikroorganismen ist allerdings immer noch weitgehend unbekannt. Neben den nützlichen Bakterien, die für die Reinigung des Abwassers verantwortlich sind, finden sich auch zahlreiche ihrer Fraßfeinde in den Klärbecken. Jedoch ist bisher wenig darüber bekannt, ob und in welchem Maße diese Räuber die Abwasseraufbereitung beeinflussen.

Seit der Einführung von Kläranlagen ist bekannt, dass die Jahreszeiten die bakterielle Gemeinschaft im Abwasser beeinflussen und somit auch die Effizienz der Wasseraufbereitung. Aber warum ist das so? Bakterien besitzen schließlich keinen Kalender. Diese Frage ist keineswegs trivial, da die jahreszeitlichen Veränderungen das Ergebnis einer Vielzahl von Faktoren sind. Die bekanntesten Faktoren sind sicherlich Temperatur- und Lichtverhältnisse, aber auch die chemische Zusammensetzung des Abwassers, Niederschlagsmengen und vieles mehr variieren im Laufe der Jahreszeiten. Welcher dieser Faktoren führt also zur Veränderung der Bakteriengemeinschaft über die Jahreszeiten hinweg?

Privatdozent Dr. Kenneth Dumack, der Leiter der Studie, erklärt: „Wir haben festgestellt, dass die jahreszeitlichen Schwankungen der Umgebungstemperatur nicht die Variation der Bakteriengemeinschaft erklären können. Dies hat uns überrascht, und deshalb haben wir nach einem anderen Faktor gesucht, der die Variation der Bakteriengemeinschaft erklären könnte.” Nils Heck, der Erstautor der Studie, führt weiter aus: “Dabei fanden wir heraus, dass die Gemeinschaft der mikrobiellen Räuber, wie Amöben, Wimperntierchen und auch Rädertiere, die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft bis zu einem gewissen Grad erklären kann. Diese Räuber sind wiederum von der Umgebungstemperatur abhängig. Somit stellt der Temperaturfaktor einen indirekten Einfluss auf die Bakterien dar, der über die Gemeinschaft der Räuber vermittelt wird.“

Die neuen Erkenntnisse tragen dazu bei, die sogenannte „black box“ Abwasseraufbereitung besser zu verstehen, um so unter anderem Risiken für die Gesundheit zu vermeiden, die durch unzureichend behandeltes Abwasser entstehen können.

Presse und Kommunikation:
Mathias Martin
+49 221 470 1705
m.martin@verw.uni-koeln.de

Verantwortlich: Dr. Elisabeth Hoffmann – e.hoffmann@verw.uni-koeln.de

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
PD Dr. Kenneth Dumack
Institut für Zoologie der Universität zu Köln
+49 221 470 8242
kenneth.dumack@uni-koeln.de

Originalpublikation:
„Microeukaryotic predators shape the wastewater microbiome“
https://doi.org/10.1016/j.watres.2023.120293

Förderung für Projekt „Künstliche Intelligenz für klimaneutrale Kläranlagen“

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Das Projekt „Künstliche Intelligenz für klimaneutrale Kläranlagen” (KIkKa) wird vom Bundesumweltministerium gefördert. Der entsprechende Förderbescheid wurde am 27. Juni 2023 in Tübingen übergeben. Das Verbundvorhaben unter Beteiligung der Stadtentwässerung Göppingen hat das Ziel, mit hochauflösenden und innovativen Sensoren Wasser- und Luftinhaltsstoffe zu messen sowie mithilfe von Künstlicher Intelligenz die Abwasserreinigungsprozesse klimaoptimiert zu steuern. Durch die datengetriebene Prozessoptimierung an Kläranlagen können langfristig Energiekosten eingespart und der Ausstoß von umweltschädlichem Lachgas gesenkt werden, so das Bundesumweltministerium in einer Pressemitteilung. Im Rahmen der Förderinitiative „KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen” fördert das Ministerium fördert über eine Laufzeit von insgesamt bis zu drei Jahren Projekte, die Künstliche Intelligenz nutzen, um ökologische Herausforderungen zu bewältigen.

Weiterführende Links
Projekt-Website

https://www.gfa-news.de/webcode.html?wc=20230628_004

Projekte zum Phosphorrecycling gehen in nächste Phase

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Anfang Juli startet eine weitere Phase der BMBF-Fördermaßnahme „Regionales Phosphor-Recycling (RePhoR)“. Die sieben Verbundprojekte gehen nun in die praktische Umsetzung ihrer bisherigen Ergebnisse.

Nach drei Jahren transdisziplinärer Forschung und ersten Praxisumsetzungen an verschiedenen Standorten in Deutschland geht es für die Verbundprojekte der Fördermaßnahme RePhoR nun in die nächste Phase. Soweit nicht bereits erfolgt, beginnen die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützen Vorhaben ihre bisherigen Forschungsergebnisse großtechnisch zu erproben.

Derzeit findet in Bottrop die Montage einer Phosphor-Rückgewinnungsanlage statt. Nach Fertigstellung wird sie von den Beteiligten des Projektes AMPHORE betrieben werden. Ihr Ziel ist es, die Rückgewinnung von Phosphor in Form von Phosphorsäure aus verschiedenen Klärschlammaschen in einem zweijährigen Versuchsbetrieb zu demonstrieren. Die Klärschlammaschen fallen als Rückstände aus der Abwasserreinigung bei den fünf am Projekt beteiligten Wasserverbänden aus Nordrhein-Westfalen an.

Bereits seit einiger Zeit läuft am Standort der Veolia Klärschlammverwertung Deutschland im sächsischen Markranstädt eine Versuchsanlage zur Erprobung des sogenannten Pontes Pabuli Verfahrens im Rahmen des Verbundvorhabens DreiSATS. Damit können phosphathaltige Aschen in hochwertige und standardisierte Düngergranulate überführt werden. Die erzeugten Düngerprodukte testen die Projektbeteiligten im Gewächshaus und Freilandversuchsflächen.

Welche rechtlichen Anforderungen aus recyceltem Phosphor hergestellte Düngemittel erfüllen müssen und ob es überhaupt genügend potenzielle Abnehmer dafür gibt, untersucht unter anderem das Projekt P-Net. Der aktuelle Stand zu den Themen Recht und Markteintritt ist bezogen auf Phosphorprodukte wie Magnesium-Ammonium-Phosphate (MAP) – auch als Struvit bezeichnet – die direkt beim Abwasserreinigungsprozess in Klärwerken gewonnen werden, in zwei kürzlich erschienenen Publikationen zusammengefasst. Grundsätzlich zeichnet sich ab, dass Struvit nach bereits erfolgten oder geplanten Änderungen im EU- und deutschen Recht als Dünger eingesetzt werden kann und sich sogar für den Ökolandbau eignet. Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Vermarktung von Struvitdünger – aber auch allen anderen Phosphorrezyklaten – ist eine standardisierte Qualität.

Phosphor ist ein essenzieller Nährstoff für das Pflanzenwachstum. Aktuell wird der in der Landwirtschaft genutzte Phosphordünger größtenteils importiert. Ungenutzt bleibt hingegen Abwasser als wichtige Quelle für Phosphor, obwohl das Potenzial für die Rückgewinnung von Phosphor daraus groß ist. Das wird sich künftig ändern: Im Zuge der Novellierung der Klärschlammverordnung sind Kläranlagenbetreiber ab bestimmten Ausbaugrößen gesetzlich verpflichtet, Phosphor aus ihren Klärschlämmen beziehungsweise Klärschlammaschen zurückzugewinnen.

Die BMBF-Fördermaßnahme „Regionales Phosphor-Recycling (RePhoR) leistet einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der neuen Klärschlammverordnung. Sieben Verbundprojekte entwickeln und setzen seit Juli 2020 über einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren regionale Lösungen zum Phosphor-Recycling und zur Klärschlammverwertung um. Die nächste Phase der Maßnahme, die über die gesamte Laufzeit durch das Vernetzungs- und Transfervorhaben TransPhoR begleitet wird, startet zum 01.07.2023. RePhoR ist Teil der BMBF-Strategie „Forschung für Nachhaltige Entwicklung“ (FONA).

https://www.fona.de/de/projekte-zum-phosphorrecycling-gehen-in-naechste-phase

Aus der EU-Zypern

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EU-Kommission fordert Zypern auf, kommunales Abwasser ordnungsgemäß zu behandeln

Die Europäische Kommission hat beschlossen, ein Aufforderungsschreiben an Zypern zu übermitteln, weil das Land nach Auffassung der Kommission dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 5. März 2020 im Zusammenhang mit der unzulänglichen Umsetzung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser nicht umgehend und wirksam nachgekommen ist. Der Gerichtshof hatte in seinem Urteil festgestellt, dass Zypern in 31 Gemeinden nicht dafür gesorgt hat, dass das gesamte kommunale Wasser gesammelt oder das in die Kanalisation eingeleitete kommunale Abwasser vor dem Einleiten in Gewässer einer geeigneten Behandlung unterzogen wird. Um dem Urteil nachzukommen, verpflichtete sich Zypern, Kanalisationsnetze oder neue Kläranlagen für alle Gemeinden zu errichten. In zwei Gemeinden wurden Fortschritte erzielt, und kommunales Abwasser wird dort nun gesammelt und behandelt. Die übrigen 29 Gemeinden kommen den EU-Vorschriften jedoch noch immer nicht nach, so die Kommission. Mit den Bauarbeiten wurde lediglich in 13 Gemeinden begonnen (bis Ende 2023 wird mit der Einhaltung der Vorschriften gerechnet); die anderen 16 Gemeinden werden dagegen voraussichtlich erst 2029 den Vorschriften entsprechen. Die Kommission richtet daher ein Aufforderungsschreiben an Zypern, in dem sie dem Land eine Frist von zwei Monaten einräumt, um Abhilfe zu schaffen. Andernfalls kann die Kommission beschließen, den Gerichtshof der Europäischen Union erneut mit dem Fall zu befassen und die Verhängung finanzieller Sanktionen gegen Zypern vorzuschlagen.

https://www.gfa-news.de/webcode.html?wc=20230420_001

(nach oben)

Weltkonferenz zu Wasser und Abwassertechnologien findet 2024 in Essen statt

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Die Veranstalter erwarten bis zu 600 internationale Wasserfachleute im Herzen des Ruhrgebiets

Auf der vom 24. bis 28. Juni 2024 in Essen stattfindenden Leading Edge Conference für Wasser- und Abwassertechnologie (LET) tauschen sich internationale Wasserfachleute über Innovationen im Wassersektor aus.

Dieses Netzwerk ist ein wesentlicher Treiber, um die globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen im Bereich der Trinkwasserversorgung und der Abwasserreinigung erreichen zu können. Die LET trägt zur weltweiten Gestaltung der Zukunft des Wasser- und Abwassermanagements bei. Sie ist dafür bekannt, bahnbrechende Ideen zu fördern und deren schnelle praktische Umsetzung zu ermöglichen.

Träger der Konferenz, die in diesem Jahr in Südkorea stattgefunden hat, ist die International Water Association (IWA) mit Sitz in London. Die IWA ist das weltweit größte Netzwerk von Unternehmen, Experten und Institutionen der Wasserwirtschaft aus 140 Ländern.

Die Gastgeber der #LET2024, der Ruhrverband, Emschergenossenschaft/Lippeverband (EGLV) und die GELSENWASSER AG, laden Wasserwirtschaftler*innen herzlich ein, an diesem globalen Event teilzunehmen.

Prof. Norbert Jardin, Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbands: „Der Klimawandel ist Treiber für notwendige Veränderungen in der Wasserwirtschaft. Die Sicherstellung ausreichender Wassermengen für die Trinkwasserversorgung durch innovatives Talsperrenmanagement und die weitere Verbesserung der Abwasserreinigung durch optimale Verfahrenstechniken zur Elimination von Spurenstoffen sind nur zwei Herausforderungen, bei denen der internationale Wissensaustausch neue Ansätze hervorbringen kann.“

„Innovative und zukunftsgerechte Technologien sind der Schlüssel, um den Herausforderungen einer sich wandelnden Wasserwirtschaft zu begegnen. Das notwendige Ambitionsniveau erfordert in den nächsten Jahren eine intensivere Beschäftigung mit den Prozessen der Abwasserreinigung“, sagt Dr. Frank Obenaus, Vorstand für Wassermanagement und Technik bei EGLV.

GELSENWASSER AG, Vorstand Dr. Dirk Waider: „Die Klimazukunft fordert wirtschaftliche, praktikable und sichere Lösungen in der Wasser- und Abwasserwirtschaft. In unserer Ruhrregion gibt es viele Beispiele der Transformationskraft und der nachhaltigen Klimaresilienz. Diese wollen wir zusammen mit Ideen aus aller Welt teilen.“

Die Konferenz wird auf dem Welterbe „Zeche Zollverein“ in Essen stattfinden. Der Ort selbst, eine ehemalige Steinkohlenzeche, die zum Museum und zum Weltkulturerbe wurde, ist ein Symbol des Wandels – von der durch die Nutzung fossiler Brennstoffe geprägten Industriegesellschaft zum nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen dieser Erde. In der postindustriellen Gesellschaft wird Wasser eine immer zentralere Rolle einnehmen.

Der Film zur Einladung:
https://youtu.be/S6Qi34C_GoA

Die Gastgeber:
International Water Association: https://iwa-let.org/
Ruhrverband: www.ruhrverband.de
GELSENWASSER AG: www.gelsenwasser.de
Emschergenossenschaft/Lippeverband: www.eglv.de

https://ruhrverband.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht/news///weltkonferenz-zu-wasser-und-abwassertechnologien-findet-2024-in-essen-statt/

Paris: Wird die Pariser Seine wieder sauber genug für Menschen?

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Jahrzehntelang war die Seine mehr oder weniger eine Kloake. Nun will die Stadt den Fluss reinigen. Bei den Olympischen Sommerspielen 2024 sollen Athleten bereits in der Seine schwimmen können.

Am heurigen Frühling ließ sich die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo mit dem amerikanischen „Time“-Magazin am Ufer der Seine ablichten. Titel der Ausgabe, die sie in den Händen hält: Die Seine retten, Saving the Seine. Mit dem großen Versprechen, die Seine wieder so sauber zu machen, dass man darin schwimmen kann, hat die Pariser Bürgermeisterin vor sechs Jahren das Rennen um die Olympischen Spiele gewonnen. Mehr:

https://www.kleinezeitung.at/politik/aussenpolitik/6298463