Neues Forschungsprojekt zu Mikroverunreinigungen
Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf
Im Gespräch mit Prof. Dr. Rita Triebskorn, Universität Tübingen Anfang dieses Jahres ist ein auf drei Jahre angelegtes Forschungsprojekt mit der Bezeichnung SchussenAktivplus zur Reduktion von Mikroverunreinigungen und Spurenstoffen angelaufen. Sie sind die Projektkoordinatorin. Wie wird das Vorhaben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert? TRIEBSKORN: Neue Schadstoffe und Krankheitserreger im Wasserkreislauf sind eine akute Herausforderung für die Ökosysteme in den Gewässern und natürlich die Trinkwasserversorgung von uns Menschen. Um die Wasserversorgung nachhaltig zu sichern, hat das Bundesforschungsministerium Anfang des Jahres die Fördermaßnahme „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf – kurz RiSKWa genannt“ – gestartet. SchussenAktivplus ist dabei eines von 12 ausgewählten Forschungsverbundprojekten, die über drei Jahre gefördert werden. Für unser Forschungsprojekt wurden insgesamt 2,7 Mio. Euro bereitgestellt, von denen der Bund 2,3 Mio. Euro übernimmt. Das Land Baden-Württemberg steuert eine Viertel Million Euro bei. Den Rest tragen die beteiligten Kommunen und Firmen. : Das Projekt gilt als Modellstudie mit hohem Praxisbezug. An welchen wesentlichen Zielen wird gearbeitet? TRIEBSKORN: Ziel des Projekts ist es, ein auf wissenschaftlicher Erkenntnis basierendes Konzept für einen integrierten Ansatz in der Abwasser- und Regenwasserbehandlung in Flusseinzugsgebieten zu erstellen. Konkret hat das Konzept zum Ziel, den Eintrag von Mikroverunreinigungen und hygienisch relevanten Keimen – einschließlich Antibiotika-resistenter Keime – über Kläranlagen und Regenentlastungen zu mindern. Schließlich sollten im Sinne des Vorsorgeprinzips möglichst viele Mikroverunreinigungen bereits bei der Abwasserreinigung entfernt werden und nicht erst in der Trinkwasseraufbereitung. Zumal nur dann auch die Gewässer entlastet werden. Unsere Ergebnisse helfen Entscheidungsträgern herauszufinden, welche Maßnahmen zur Sicherung des Wassers als Lebensgrundlage empfehlenswert sind. : … und worin besteht die Besonderheit des Vorhabens? TRIEBSKORN: Das Innovative an Schussen- Aktivplus ist der ganzheitliche Ansatz. Einerseits untersuchen Wissenschaftler/innen aus verschiedenen Fachgebieten technische Verfahren zur Verminderung von Mikroverunreinigungen und Keimen. Andererseits werden die Auswirkungen der einzelnen technischen Maßnahmen auf bestimmte Gewässerorganismen und ganze Lebensgemeinschaften betrachtet. Darüber hinaus werden aber auch Bachforellen, ihre Eier und Flohkrebse bewusst in Bypass-Systemen der Bodensee-Zuflüsse Schussen und Argen (Aquarien, die von Flusswasser durchflossen sind) eingesetzt. Besonders an dem Projekt ist zudem die Vielzahl und Vielfalt unserer 19 Partner aus Forschung, Kommunen und freier Wirtschaft sowie die enge Kooperation mit Behörden wie beispielsweise dem LUBW-Seenforschungsinstitut Langenargen und dem Regierungspräsidium Tübingen. : Das Projekt ist nach dem Bodensee- Zufluss Schussen benannt. Warum haben Sie dieses Gewässer für die Untersuchungen ausgewählt? TRIEBSKORN: Der Bodensee ist Baden- Württembergs wichtigstes Trinkwasserreservoire und Badegewässer. Die Schussen gehört zu den am stärksten belasteten Bodenseezuflüssen. Ihr 790 Quadratkilometer großes Einzugsgebiet ist mit 220.000 Einwohnern dicht besiedelt und stark industrialisiert. Große Teile der Landschaft werden durch Ackerbau, Viehzucht und Obstkulturen intensiv genutzt. Außerdem ist die Schussen schon vielfach untersucht worden, so dass viele Vergleichsdaten vorliegen. Der deutlich sauberere Nachbarfluss Argen dient als Vergleichsgewässer. In Vorstudien konnten dort nur ungefähr halb so viele Spurenstoffe nachgewiesen werden wie in der Schussen. : Als Testsystem wird die Kläranlage Langwiese genutzt. Welche Versuche stehen dabei im Arbeitsprogramm? TRIEBSKORN: Die Kläranlage Langwiese der Stadt Ravensburg ist nur eines von fünf Testsystemen. Dort geht nächstes Jahr eine großtechnische Pulveraktivkohleanlage in Betrieb, mit der die Wasserqualität der Schussen künftig deutlich verbessert werden soll. In der Kläranlage Merklingen wird die oxidative Wirkung von Ozon in Kombination mit einem vorhandenen Langsamsandfilter exemplarisch für kleine Kläranlagen untersucht. Die Kläranlage Eriskirch des Abwasserzweckverbandes Unteres Schussental erhält versuchsweise eine Ozonbehandlung vor dem vorhandenen Sandfilter und danach eine Aktivkohlebehandlung mit so genannter Kornkohle. Mit dieser Kombination lassen sich Keime und Spurenschadstoffe entfernen. : Und Regenwasserbehandlungsanlagen testen Sie auch noch? TRIEBSKORN: Ja, zwei. Am Retentionsbodenfilter Tettnang laufen Untersuchungen, wie viele Mikroverunreinigungen und Keime dieser Filter zurückhalten kann. Am Regenüberlaufbecken Mariatal der Stadt Ravensburg wird ein Teil des Überlaufes versuchsweise über einen Lamellenklärer geleitet, um den Feststoffrückhalt zu verbessern. Mehr über unsere Testsysteme und das ganze Forschungsprojekt findet sich unter www.schusssenaktivplus.de.
KONTAKT
Universität Tübingen
Prof. Dr. Rita Triebskorn
Institut für Evolution und Ökologie
Tel.: 07472/917499 (STZ)
E-Mail: rita.triebskorn@uni-tuebingen.de
www.uni-tuebingen.de
http://www.schussenaktivplus.de/sites/default/files/pressespiegel/%222012%22/wwt-10-2012-40-Triebskorn.pdf
Emschergenossenschaft legt Abschlussbericht für Kooperationsprojekt PILLS vor
Krankenhäuser sind ein Hot Spot für Arzneimittelrückstände, der absolute Anteil von Pharmaka im Vergleich zum Konsum in den Haushalten ist mit rund 20 Prozent aber relativ gering. Allerdings werden einzelne Arzneimittel wie Röntgenkontrastmittel, spezielle Antibiotika, Zytostatika in Krankenhäusern in deutlich höheren Mengen angewendet als in Privathaushalten. Dies ermöglicht eine gezielte Entfernung großer Teile dieser Stoffe über dezentrale Krankenhauskläranlagen. Dabei ist eine weitergehende Abwasserbehandlung erforderlich, da die meisten Arzneimittelrückstände mit der biologischen Abwasserreinigung nicht aus dem Abwasser entfernt werden können. Mittels MBR plus Ozon, Aktivkohle, UV plus Ozonierung oder Umkehrosmose können hingegen zahlreiche Arzneimittelrückstände zu großen Teilen eliminiert werden. Eine MBR-Anlage alleine reicht hingegen nicht aus, hier wird bei der Hälfte der Arzneimittelrückstände lediglich eine Eliminationsrate von unter 50 Prozent erreicht. Mithilfe von Ozon, Aktivkohle oder Umkehrosmose können hingegen Eliminierungsraten von mehr als 80 Prozent erreicht werden. Anders die Situation bezüglich antibiotikaresistenter Integrons. Hier bewirkte der MBR bereits eine signifikante Reduktion. Zusätzliche weitergehende Behandlungsverfahren bewirken darüber hinaus aber keine signifikanten Reduktionen mehr. Diese Ergebnisse nennt die Emschergenossenschaft im aktuell veröffentlichten Abschlussbericht des Kooperationsprojektes PILLS (Pharmaceutical Input and Elimination from Local Sources), in dem sich Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus sechs EU-Staaten intensiv mit pharmazeutischen Rückständen in der aquatischen Umwelt beschäftigt haben.
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Tabletten-Cocktail im Trinkwasser: DBU-Förderinitiative setzt auf „grüne“ Arznei
Stiftung unterstützt Modellprojekte – Kooperationen zwischen Wirtschaft und Forschung erwünscht
Osnabrück. Der Gebrauch von Medikamenten hat Folgen – auch für die Umwelt: „Einige Wirkstoffe werden beim Aufbereiten des Abwassers nicht vollständig ent-fernt und gelangen zum Teil sogar ins Trinkwasser. Sie sind ein Risiko für die menschliche Gesundheit und schädigen nachweislich Tiere und Pflanzen“, sagte Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), heute in Osnabrück. Mit der neuen Förderinitiative „Nachhaltige Pharmazie“ möchte die Stiftung verstärkt Modellprojekte initiieren, die darauf ab-zielen, Arzneimittelrückstände in der Umwelt zu vermindern oder zu vermeiden und neue ressourcenschonende und schadstoffarme Produktionsverfahren voranzu-treiben. Die Initiative richtet sich an kleine und mittelständische Unternehmen so-wie Forschungseinrichtungen – Kooperationen sind ausdrücklich erwünscht. Die Förderleitlinien, Verfahrensbestimmungen und Infos zu laufenden Projekten sind online abrufbar.
„In der nachhaltigen Pharmazie geht es nicht allein darum, ein wirksames Medikament herzustellen. Sie betrachtet den gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels und dessen Einfluss auf die Umwelt: vom Rohstoffeinsatz über das Entwickeln und Herstellen bis hin zum Verschreiben, dem sachgemäßen Gebrauch, dem Entsorgen und dem Verbleib in der Umwelt“, betonte Dr. Maximilian Hempel, Leiter des DBU-Referates Umweltchemie. Vor allem das Herstellen von Medikamenten sei noch immer mit einem hohen Verbrauch an Rohstoffen, Lösungsmitteln und Energie sowie einem hohen Abfallaufkommen ver-bunden. Für die Produktion von einem Kilogramm Arznei würden durchschnittlich 3,2 Ki-logramm Lösungsmittel und 5,4 Liter Wasser verbraucht sowie 5,4 Kilogramm Abfall ent-sorgt.
Nach dem Gebrauch würden die Substanzen vom Körper ausgeschieden, erklärte Hem-pel. Unverbrauchte oder abgelaufene Medikamente würden oft auch einfach achtlos über die Toilette entsorgt. Heute ließen sich Arzneimittelrückstände in Böden, Flüssen, Seen sowie im Grund- und Trinkwasser feststellen – mit gravierenden Folgen für die Umwelt:
„Bei Fischen konnte zum Beispiel eine ‚Verweiblichung‘ nachgewiesen werden durch Wirkstoffe aus der Anti-Baby-Pille, die die Wasseraufbereitung passieren. Außerdem sind Geier-Populationen in Indien und Pakistan im Bestand bedroht, weil Rinder mit speziellen Schmerzmitteln behandelt werden“, sagte er weiter.
In der Förderinitiative sollen laut Hempel vor allem Projekte berücksichtigt werden, die wesentliche Merkmale erfüllen: „Wir unterstützen Vorhaben, in denen mit Methoden der „Green Chemistry“ oder der industriellen Biotechnologie neue umweltfreundliche Synthe-se- und Aufreinigungsverfahren entwickelt werden und die dazu beitragen, dass be-stimmte Wirkstoffe vom Körper besser aufgenommen, transportiert und umgewandelt werden können. Des Weiteren unterstützen wir Projekte, die die Darreichungsform von Medikamenten – ob als Zäpfchen, Tabletten oder Pulver – so zu optimieren versuchen, dass möglichst ein nur geringer Teil vom Körper wieder ausgeschieden wird und damit in die Umwelt gelangen kann. Außerdem spielen Projekte eine Rolle, die an der Entwick-lung geeigneter Ersatzstoffe für umweltgefährdende Substanzen arbeiten.“
Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe.NRW eingerichtet
Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein- Westfalen hat das Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe.NRW ins Leben gerufen. Ziele sind, den nationalen und internationalen Erfahrungsaustausch zu fördern, Kompetenzen sowie vorhandenes Wissen zu bündeln und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Arbeiten erfolgen in Kooperation mit dem DWA-Landesverband Nordrhein- Westfalen und dem Cluster Umwelttechnologien. NRW. Das Kompetenzzentrum soll zudem beratend als Gesprächspartner für Kommunen sowie für Trinkwasserver- und Abwasserentsorger zur Verfügung stehen und den internationalen Erfahrungsaustausch – insbesondere mit der Schweiz und den Niederlanden – fördern.
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Webcode: 20120814_001
Fachsymposium „Mikroschadstoffe in Rheinland-Pfalz“ am 23.10.2012 in Mainz
Durch die Verbesserung der Analysemethoden können heute in den Gewässern Stoffe in geringsten Konzentrationen nachgewiesen werden – vom Pflanzenschutzmittel bis zum Arzneimittel. Die aktuelle Diskussion befasst sich mit der Relevanz der Vielzahl dieser sogenannten Mikroverunreinigungen für die Gesundheit des Menschen und die Gewässerökologie. Sind die Stoffe nur „unerwünscht“ oder gehen von ihnen schädliche Wirkungen aus? Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die sogenannten prioritären Stoffe gelegt – Schadstoffe, für die europaweite Umweltqualitätsnormen festgelegt werden, unter ihnen auch die prioritären gefährlichen Stoffe, die toxisch, persistent und bioakkumulierbar sind.
Mit der Vorlage des „Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2000/60/EG und 2008/105/EG in Bezug auf prioritäre Stoffe im Bereich der Wasserpolitik“ durch die EU-Kommission wird derzeit diskutiert, zusätzlich zu den schon vorhandenen 33 prioritären Stoffen 15 neue prioritäre Stoffe – darunter Arzneimittelwirkstoffe – und entsprechende Umweltqualitätsnormen einzuführen.
Die fachlichen Fragestellungen und mögliche Handlungsoptionen sollen vor diesem Hintergrund im Rahmen des Fachsymposiums unter Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert werden.
Symposium des Kompetenzzentrums Mikroschadstoffe
NRW: Bewertung – Maßnahmen – Kosten Am 21. Juni 2012 fand das Fachsymposium Mikroschadstoffe: Bewertung – Maßnahmen – Kosten mit rund 300 Teilnehmern in der Rheinterrasse in Düsseldorf statt. Veranstalter war das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV) des Landes Nordrhein-Westfalen mit Unterstützung des Kompetenzzentrums Mikroschadstoffe. NRW.
Den ganzen Artikel lesen Sie In der Korrespondenz Abwasser Heft 9 -2012 ab Seite 796
Autor:
Annett Schley, M. A.
DWA-Landesverband NRW
Kronprinzenstraße 24,
45128 Essen
E-Mail: info@dwa-nrw.de
Grundlage für weitere Aktivitäten zur Wasserreinhaltung – Umweltministerium legt ersten Spurenstoffbericht für Gewässer vor
Altarzneimittel gehören in den Restmüll, nicht in die Toilette
Franz Untersteller: „Es gibt Stoffe, die wir auch in kleinsten Mengen nicht in unseren Flüssen und Seen sowie in unserem Grundwasser haben wollen. Der Bericht liefert wichtige Anhaltspunkte für unsere Arbeit der ständigen Qualitätsverbesserung unseres Wassers“
Das baden-württembergische Umweltministerium hat erstmals einen Bericht über die Belastung der baden-württembergischen Gewässer mit so genannten Spurenstoffen vorgelegt. Dabei handelt es sich um Stoffe, die in sehr geringen Konzentrationen im Bereich von Mikro oder Nanogramm pro Liter oder in noch geringeren Konzentrationen im Wasser vorkommen und durch menschliche Aktivitäten eingetragen werden. Wirkstoffe aus Arzneimitteln, Röntgenkontrastmitteln oder Zusatzstoffe in Körperpflege- oder Reinigungsmitteln gehören zum Beispiel dazu.
Der Bericht legt den Schwerpunkt auf die Spurenstoffe im Bereich der Abwasserbeseitigung.
Umweltminister Franz Untersteller bezeichnete den Bericht als wichtige Situationsanalyse und gute Basis für eine der wichtigsten Daueraufgaben des Landes: die permanente Verbesserung der Qualität unserer Gewässer.
Franz Untersteller: „Es gibt Stoffe, die wir auch in kleinsten Mengen nicht in unseren Flüssen und Seen sowie in unserem Grundwasser haben wollen. Deren Elimination ist eine schwierige, aber wichtige Aufgabe für uns.“
Das Problem sei, dass Spurenstoffe ein relativ neues Feld der ökologischen und chemischen Wasserreinhaltung seien. Zum einen seien dank immer besserer Analysemethoden immer geringere Mengen unerwünschter Stoffe im Gewässer überhaupt erst nachweisbar. Zum anderen fehle für viele Stoffe bisher ausreichendes Datenmaterial über deren (eventuell nachteilige) Wirkung auf die Umwelt. Das Thema Spurenstoffe und daraus resultierender Handlungsbedarf werde derzeit sowohl national als auch international auf verschiedenen Ebenen diskutiert, sagte Untersteller. Unter anderem gehe es dabei um die Festlegung rechtlich verbindlicher Umweltqualitätsnormen.
Unabhängig von den Diskussionen sei Baden-Württemberg aber längst auf dem Feld der Spurenstoffreduktion aktiv, betonte Untersteller: „Unter anderem fördern wir Kommunen, die ihre Kläranlagen mit einer Aktivkohlefiltrationsanlage, der so genannten vierten Reinigungsstufe, aufrüsten wollen. Bevorzugt fördern wir aus Vorsorgegründen Anlagen an Oberflächengewässern, die für die Trinkwasserversorgung genutzt werden, wie zum Beispiel der Bodensee.“
Um bei der technologischen Modernisierung der Kläranlagen schneller voranzukommen, gibt es seit April auch ein Kompetenzzentrum Baden-Württemberg, das seitens des Landes mit 1,3 Millionen Euro unterstützt werde. Das Kompetenzzentrum hilft Kläranlagenbetreibern, Behörden und Planern bei der Einführung der neuen Technologien und soll den Wissenstransfer über Spurenstoffe und effiziente Handlungsmöglichkeiten fördern.
Ein weiteres Handlungsfeld für die Landesregierung ist die Verbesserung der Datenlage über Vorkommen und Eintragspfade von Spurenstoffen. So führt die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) derzeit ein Sondermessprogramm an kommunalen Kläranlagen durch.
Baden-Württemberg unterstützt außerdem das Projekt „SchussenAktivPlus“, ein Projekt im Rahmen des Schwerpunktprogramms des Bundes „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf“.
Weitere vom Umweltministerium geförderte Projekte betreffen die Entwicklung branchenspezifischer betrieblicher Abwasserreinigungstechniken, etwa der Galvanikindustrie.
Als ausgesprochen wichtig bezeichnete Umweltminister Franz Untersteller auch den Bereich der Information. Siedlungsabwässer würden über Kläranlagen gereinigt, gänzlich eliminiert würden viele Spurenstoffe derzeit jedoch nicht: „Nehmen sie Arzneimittel, die leider in vielen Haushalten über die Toilettenspülung entsorgt werden. Diese finden wir später als Spurenstoffe im Gewässer wieder. Altarzneimitteln gehören in den Restmüll – ein einfacher, aber wirksamer Weg der Wasserreinhaltung.“
Anlagen:
Der Spurenstoffbericht ist auch auf den Seiten des Umweltministeriums nachzulesen unter http://www.um.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/11149/
Quelle: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
Was macht eigentlich …
… ein Bach unterm Hallendach im UBA?
Wie wirken Arznei- und Pflanzenschutzmittelreste in Flüssen auf die dortigen Ökosysteme? Welchen Einfluss hat künstliches Licht auf Tiere und Pflanzen in einem Gewässer? Gilt es solche Fragen zu erforschen, kommt die Fließ- und Stillgewässer-Simulationsanlage (FSA) des UBA in Berlin-Marienfelde zum Einsatz. In einer Halle und einer Außenanlage gibt es 16 Fließrinnen mit einer Gesamtlänge von 1,6 Kilometern und 16 Teiche, die miteinander kombiniert und mit Sand, Wasserpflanzen und -tieren bestückt werden können.
Die FSA ist damit weltweit eine der größten und modernsten Anlagen ihrer Art. Die Forschungsergebnisse helfen dem UBA, fundierte Entscheidungen zu treffen, wenn es zum Beispiel darum geht, Prüfverfahren für Stoffe kritisch zu hinterfragen oder zu entscheiden, ob ein bestimmter Stoff zugelassen werden soll. Ist die Anlage mit eigenen Versuchen nicht ausgelastet, kann sie auch von anderen für Projekte gemietet werden.
Aktuell arbeiten in der FSA 12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie bauen die Fließrinnen für den jeweiligen Versuch auf, regeln zum Beispiel die Fließgeschwindigkeit des durchströmenden Wassers, erfassen Messdaten, werten diese aus, schreiben Berichte und Publikationen und stellen die Ergebnisse in Gremien und auf Fachtagungen vor.
http://www.umweltbundesamt.de/wasser-und-gewaesserschutz/fsa/index.htm
Schweiz: Ausbau der Kläranlagen zum Spurenstoffabbau soll überwiegend von Allgemeinheit finanziert werden
In der Schweiz soll der Ausbau von ausgewählten Kläranlagen zum Abbau von Mikroverunreinigungen überwiegend von der Gesamtheit der Abwassereinleiter finanziert werden. Im Zuge einer Spezialfinanzierung sollen sämtliche Kläranlagen der Schweiz 75 Prozent der Investitionskosten für den Ausbau der ausgewählten Kläranlagen tragen. Dies sieht ein aktueller Entwurf des Schweizer Bundesrates zur Änderung des Gewässerschutzgesetzes vor. Von den 700 Kläranlagen des Landes sollen in den nächsten Jahren rund 100 um eine weitere Reinigungsstufe zum Abbau von Spurenstoffen erweitert werden. Die Investitionskosten hierfür schätzt der Bundesrat auf 1,2 Milliarden Franken (rund eine Milliarde Euro). Die Finanzierung dieser Kosten ausschließlich über die zur Erweiterung vorgesehenen Anlagen lehnt die Schweizer Politik aber ab. Stattdessen sollen alle Kläranlagen eine von der Anzahl der angeschlossenen Einwohner abhängige Abgabe entrichten. Die Höhe dieser Abgabe beziffert der Bundesrat auf maximal neun Franken (7,5 €) pro Person und Jahr. Hierdurch sollen jährlich 45 Millionen Franken (37,5 Millionen €) eingenommen werden, 75 Prozent der bei einem Umsetzungszeitraum von 20 Jahren notwendigen jährlichen Investitionen von 60 Millionen Franken (50 Millionen €). Inwieweit dieser Vorschlag des Bundesrates zum Zuge kommen wird, werden die nächsten Wochen zeigen. Stellungnahmen zum Vorschlag können bis Ende August eingereicht werden.
www.gfa-news.de Webcode: 20120606_002
So macht´s die Schweiz: Mikroverunreinigungen: Spezialfinanzierung für ARA-Ausbau in der Vernehmlassung
Damit die Mikroverunreinigungen aus dem gereinigten Abwasser in die Gewässer halbiert werden können, müssen rund hundert Abwasserreinigungsanlagen (ARA) in der Schweiz speziell aufgerüstet werden. Zur Deckung von 75 Prozent der Investitionskosten schlägt der Bundesrat eine Spezialfinanzierung vor: Von sämtlichen ARA in der Schweiz soll – abhängig von der Anzahl der angeschlossenen Einwohnerinnen und Einwohner – eine Abgabe erhoben werden. Am 25. April 2012 hat der Bundesrat eine entsprechende Änderung des Gewässerschutzgesetzes in die Vernehmlassung geschickt.
Mikroverunreinigungen finden sich in zahlreichen Produkten des täglichen Lebens – so etwas in Medikamenten, Reinigungsmitteln oder Kosmetika sowie in Pflanzenschutzmitteln und industriellen Erzeugnissen. Sie gelangen über das gereinigte Abwasser, über Regenwasserkanäle und über die Auswaschung von landwirtschaftlichen Nutzflächen in die Gewässer. Bereits in sehr tiefen Konzentrationen im Bereich von wenigen Mikro- oder Nanogramm pro Liter können sie die Gesundheit und die Fortpflanzung von Fischen gefährden. Aber auch andere Wasserlebewesen und die Trinkwasserressourcen können durch Einträge von Mikroverunreinigungen beeinträchtigt werden.
Breit angelegte Untersuchungen haben gezeigt, dass der Anteil von Mikroverunreinigungen im gereinigten Abwasser durch Massnahmen in den ARA deutlich verringert werden kann.
Ende 2009 führte das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) deshalb eine Anhörung zu einer Änderung der Gewässerschutzverordnung durch, welche vorsah, rund 100 ARA in den am dichtesten besiedelten Regionen des Landes mit einer zusätzlichen Klärstufe auszustatten
.
Im Rahmen dieser Anhörung wurde die Notwendigkeit einer Verringerung der Mikroverunreinigungen im gereinigten Abwasser grossmehrheitlich anerkannt. Die vorgeschlagene Finanzierung, nämlich über die Eigentümer der betroffenen ARA, vermochte indessen nicht zu überzeugen. Die Kantone und weitere Kreise forderten den Bundesrat auf, eine gesamtschweizerische Finanzierungslösung auszuarbeiten, die dem Verursacherprinzip möglichst gerecht wird. Im Frühjahr 2011 stimmte das Parlament einer Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (UREK-S) zu, die eine ähnliche Forderung stellte.
Gesamtschweizerische Finanzierungslösung
Für den Ausbau von rund 100 der insgesamt 700 ARA in der Schweiz werden ungefähr 1,2 Milliarden Franken benötigt. In seiner Botschaft, die er am 25. April 2012 in die Vernehmlassung geschickt hat, schlägt der Bundesrat eine Spezialfinanzierung vor, über die 75 Prozent der Investitionskosten der betroffenen ARA abgegolten werden sollen. Zu diesem Zweck soll der Bund ermächtigt werden, bei allen ARA eine Abgabe zu erheben, und zwar basierend auf der Zahl der angeschlossenen Einwohnerinnen und Einwohner. Die Abgabe von höchstens 9 Franken pro Person und Jahr soll den jährlichen gesamtschweizerischen Finanzierungsbedarf von schätzungsweise 45 Millionen Franken decken (siehe Kasten 3). Mit einer Änderung des Gewässerschutzgesetzes soll die gesetzliche Grundlage für diese Spezialfinanzierung geschaffen werden. Die interessierten Kreise können sich bis am 31. August 2012 zu diesem Vorschlag äussern.
Synthesebericht zum Projekt «Strategie MicroPoll»
Schon vor 2000 wurde die Problematik der Mikroverunreinigungen im Wasser in verschiedenen Forschungsprogrammen untersucht, insbesondere im NFP 50 über Hormon aktive Substanzen oder im Projekt «Fischnetz» zur Überwachung der Fische. Die Studien kamen zum Schluss, dass gehandelt werden muss. Auf der Basis dieser Resultate startete das Bundesamt für Umwelt BAFU 2006 das Projekt «Strategie MicroPoll» mit dem Ziel, eine Strategie zur Verringerung von Mikroverunreinigungen im Abwasser das in kommunalen ARA gereinigt wird, zu arbeiten. Das Projekt ist mit dem am 25. April 2012 publizierten Bericht abgeschlossen. Dieser zeigt die grundsätzliche Problematik und stellt detailliert dar, welche Verfahren angewendet werden können, um die Mikroverunreinigungen im gereinigten Abwasser um mehr als 80 Prozent zu vermindern. So sind die Ozonierung und die Behandlung des Abwassers mit Pulveraktivkohle wirksam und können auch in mittleren bis grossen ARA angewendet werden.
Vgl. «Mikroverunreinigungen aus kommunalem Abwasser»
Abgeltung von 75 Prozent der Kosten
Die Investitionskosten des Ausbaus von rund 100 der 700 ARA in der Schweiz werden auf 1,2 Milliarden Franken geschätzt. Zum Vergleich: Der Wiederbeschaffungswert der heutigen Infrastruktur zur Abwasserentsorgung beträgt etwa 80 Milliarden Franken. Ausgehend von einer Umsetzung der Massnahmen über 20 Jahre hat das BAFU die jährlichen Kosten mit 60 Millionen Franken veranschlagt. Zur Finanzierung von 75 Prozent der Investitionen benötigt der Bund demnach jedes Jahr 45 Millionen Franken. Um die Bereitstellung dieser Mittel zu gewährleisten, muss pro an eine ARA angeschlossene Einwohnerin oder Einwohner, eine Abgabe von jährlich maximal 9 Franken erhoben werden. Die Abgeltungen werden nur geleistet, wenn die vorgesehene Lösung auf einer zweckmässigen Planung beruht, einen sachgemässen Gewässerschutz gewährleistet, dem Stand der Technik entspricht und wirtschaftlich ist. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Abgeltungen werden später in der Gewässerschutzverordnung präzisiert.
Aufrüstung von rund 100 ARA
Damit die Mikroverunreinigungen im behandelten Abwasser in ausreichendem Masse und zu tragbaren Kosten verringert werden können, müssen rund 100 ARA aufgerüstet werden.
Es handelt sich dabei um:
• ARA mit mehr als 80’000 angeschlossenen Einwohnerinnen und Einwohnern;
• ARA mit mehr als 24’000 angeschlossenen Einwohnerinnen und Einwohnern im Einzugsgebiet von Seen. Die Kantone können in begründeten Ausnahmefällen vom einem Ausbau solcher ARA absehen, wenn der Nutzen für die Ökosysteme und die Trinkwasserversorgung im Verhältnis zu den Investitionen vernachlässigbar klein ist;
• ARA mit mehr als 8’000 angeschlossenen Einwohnerinnen und Einwohnern, deren Abwasser mehr als 10 Prozent des Fliessgewässers ausmachen, in welches sie eingeleitet werden. Bei dieser Kategorie von ARA müssen die Kantone im Rahmen einer Planung im Einzugsgebiet bestimmen, welche ARA aufzurüsten sind.
Anstelle des Ausbaus einer ARA kann der Bund auch die Erstellung einer Verbindungsleitung abgelten, über die das Abwasser zu einer entsprechend ausgestatteten ARA in der Nähe transportiert wird.
Adresse für Rückfragen:
Stephan Müller, Leiter der Abteilung Wasser BAFU, Tel. 079 596 13 65
Michael Schärer, Leiter des Projekt „MicroPoll“ Abteilung Wasser BAFU, Tel. 078 677 77 03
Herausgeber:
Der Bundesrat
Internet: http://www.bundesrat.admin.ch/
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
Internet: http://www.uvek.admin.ch/index.html?lang=de
Pillen gehören nicht ins Klo
BZ-INTERVIEW: Der Umweltchemiker Klaus Kümmerer über Medikamente und gefährliche Chemikalien in Flüssen und Seen.
Mit einer neuen Verordnung plant die EU, die Länder zur gründlicheren Schadstoffsuche in ihren Flüssen und Seen zu verdonnern. Das schmeckt nicht jedem, auch Baden-Württembergs grünem Umweltminister nicht. Franz Untersteller sieht schon den Bodensee demnächst auf den Gewässergütekarten ähnlich dunkelrot eingefärbt wie den norditalienischen Drecksfluss Po. Was steckt hinter der Neuordnung? Mit Klaus Kümmerer, Direktor des Instituts für Nachhaltige Chemie und Umweltchemie an der Leuphana Universität, sprach Michael Brendler.
BZ: Herr Professor Kümmerer, 33 gefährliche Substanzen kennt…mehr:
http://www.badische-zeitung.de/bildung-wissen-1/pillen-gehoeren-nicht-ins-klo
Medikamentenrückstände belasten Abwasser
Reinigungsstufen der Klärwerke reichen nicht aus
Von Annette Eversberg
Die meisten deutschen Klärwerke filtern das Abwasser in drei Stufen, um es von Verunreinigungen zu befreien. Im Abwasser nachweisen lassen sich trotz dieser Filterung 100 Arzneimittel. Eine vierte Reinigungsstufe soll Abhilfe schaffen.
Dem Abwasser macht vor allem der Wirkmechanismus von Medikamenten zu schaffen. Dr. Hans-Jürgen Pluta ist Fachgebietsleiter für den Bereich der Abwasserentsorgung im Umweltbundesamt in Berlin.
„Bei den Arzneimitteln oder den Therapeutika oder Hormonen ist das große Problem, dass sie gezielt hergestellt werden, um in kleinen Konzentrationen große Wirkung zu entfalten. Wenn Sie darüber nachdenken, bei einer Erkältung brauchen Sie nur kleinste Mengen einzunehmen, um die Erkältung loszuwerden. Das heißt, winzige Mengen dieser Stoffe reichen völlig aus, um Änderungen in der Physiologie und dem Hormonhaushalt der Organismen, hier in unserem Fall bei Arzneimitteln beim Menschen oder auch bei Tieren zu bewirken.“
Im Abwasser nachweisen lassen sich etwa 100 von insgesamt 3000 Arzneimitteln. Sie können, so Professor Christof Wetter, Spezialist für Abwassertechnik an der Fachhochschule Münster, die Klärwerke ungehindert passieren.
„Weil die bisherigen Klärsysteme nicht darauf ausgelegt….den ganzen Beitrag lesen sie unter:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/umwelt/1658881/
Anthropogene Spurenstoffe – Verminderung und Vermeidung, 4. Reinigungsstufe, Kosten und Finanzierung, Vorreiter Schweiz
Sind das Thema von „WASSER SPEZIAL“ einer Sonderpublikation (2012) von EUWID
Die Beiträge lesen Sie unter:
http://www.euwid-wasser.de/fileadmin/data/Wasser_special/WAS_2012-01_online.pdf
Kompetenzzentrum Spurenstoffe nimmt Arbeit auf
In diesen Tagen hat das vom Umweltministerium mit 1,3 Millionen Euro geförderte „Kompetenzzentrum Spurenstoffe“ seine Arbeit aufgenommen. Das Zentrum wurde von der Universität Stuttgart in Kooperation mit der Hochschule Biberach sowie der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. Landesverband Baden-Württemberg (DWA) errichtet.
Umweltminister Franz Untersteller wies heute in Stuttgart darauf hin, dass Baden-Württemberg damit seine führende Rolle bei der Reduktion von Spurenstoffen im Abwasser weiter ausbauen werde: „Wir wissen, dass Spurenstoffe wie Arzneimittel oder hormonell wirksame Substanzen in Gewässern schon in geringen Konzentrationen nachteilige Auswirkungen auf Gewässerorganismen wie Fische oder Wasserschnecken haben können und dass viele dieser Spurenstoffe vor allem über das Abwasser in die Gewässer gelangen.“
Wegen seiner vielen kleinen, empfindlichen Gewässer und dem Bodensee, der zur Trinkwasserversorgung für beinahe die Hälfte der Bevölkerung beiträgt, habe Baden-Württemberg auch bereits seit Jahren hohe Anforderungen insbesondere an die Ablaufqualität des gereinigten Abwassers gestellt.
Den zusätzlichen Ausbau von mehreren Kläranlagen unterschiedlicher Größenordnung mit Aktivkohleadsorptionsstufen speziell zur Spurenstoffelimination habe das Land finanziell gefördert. Langjährige Erfahrungen über die gezielte Spurenstoffelimination in großtechnischen Anlagen gebe es aber noch keine. „Wir benötigen daher weitere Erkenntnisse über die Methoden, diese Spurenstoffe möglichst effektiv aus dem Abwasser beseitigen zu können“, sagte Untersteller. Dieses Wissen müsse den beteiligten Kläranlagenbetreibern, Behörden und Planern der kommunalen Abwasserreinigung auch in praxisgerechter Form zur Verfügung gestellt und diese bei der Einführung der neuen Technologien unterstützt werden. „Hierzu wird das Kompetenzzentrum einen entscheidenden Beitrag leisten“, zeigte sich Untersteller überzeugt.
Das Kompetenzzentrum wird eng mit den Kompetenzzentren in Nordrhein-Westfalen und der Schweiz zusammenarbeiten.
Prof. Dr. Heidrun Steinmetz vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart betonte, dass die Einrichtung des Kompetenzzentrums eine konsequente Weiterführung der bisherigen Forschungsaktivitäten der Universität sei. In verschiedenen vorangegangenen Projekten arbeiteten hier Naturwissenschaftler und Ingenieure gemeinsam auf dem Gebiet der Spurenstoffe, wobei sowohl die Identifizierung, Quantifizierung und Toxizitätsbewertung von Spurenstoffen in Abwasserströmen und Oberflächengewässern als auch die Entwicklung und Bewertung von Verfahren zur Spurenelimination Arbeitsschwerpunkte darstellen. Besonders zu erwähnen sei ein mehrstufiges Forschungsvorhaben, in dem die Eliminierung organischer Spurenstoffe in der Abwasserreinigung untersucht und verfahrenstechnisch optimiert worden sei. Diese ebenfalls vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderten Arbeiten werden derzeit in einem Projekt zur Ermittlung des Minderungspotenzials von Spurenstoffemissionen mit der Stadtentwässerung Stuttgart fortgeführt.
Prof. Dr. Helmut Kapp erinnerte daran, dass die Hochschule Biberach das Verfahren mit Pulveraktivkohle in einem Pilotprojekt auf der Kläranlage des Zweckverbandes Klärwerk Steinhäule in Ulm/Neu-Ulm erfolgreich abgeschlossen habe. Dabei wurden im Zeitraum von 2003 bis 2010 in Versuchsanlagen verschiedene mögliche Verfahrenstechniken mit Aktivkohle vergleichend untersucht, auf deren Praxistauglichkeit getestet und schließlich unter wirtschaftlichen Aspekten bewertet. Das favorisierte Verfahren zeichne sich durch eine hohe Betriebsstabilität und durch einen besonders ökonomischen Einsatz der Pulveraktivkohle aus. Nach Erarbeitung der Dimensionierungsgrundlagen wurden die Klärwerke Mannheim und Sindelfingen, sowie die im Einzugsgebiet des Bodensees liegenden Klärwerke Kressbronn/Langenargen und Espasingen/Stockacher Aach um eine Adsorptionsstufe erweitert, weitere Anlagen sind derzeit in Planung bzw. befinden sich im Bau.
Die Hochschule Biberach bringt sich in das neue Kompetenzzentrum personell mit dem Team ein, welches die gesamten Entwicklungsarbeiten bei den Ulmer Versuchen durchgeführt hat, so dass eine erfolgreiche Fortsetzung dieser Arbeiten im Rahmen des neuen Kompetenzzentrums sicher gestellt ist.
Die DWA als der für die Umsetzung von Veranstaltungen verantwortliche Partner des Kompetenzzentrums für Baden-Württemberg wird mit ihrem Engagement auf die über 40-jährige Nachbarschaftsarbeit und den Erfahrungsaustausch bauen: „Die Vernetzung der Baden-Württembergischen Anlagenbetreiber ist Voraussetzung für den Erfolg beim Thema der Spurenstoffe. Dauerhaft wird dieser Erfolg aber nur im räumlichen Bezug – mit Blick auf den Bodensee – und im fachlichen Kontext der europäischen Entwicklung beim Thema Spurenstoffe sein“, so der Landesverbandsvorsitzende Wolfgang Schanz.
Informationen
Seit rund 10 Jahren wird die Thematik der Spurenstoffe im Abwassersektor sowohl national als auch international intensiv diskutiert. Kläranlagen werden als einer der Hauptemittenten für diese Stoffe in die Gewässer angesehen. In Baden-Württemberg wurden in den letzten Jahren mehrere wissenschaftliche Projekte seitens des Umweltministeriums zur Entwicklung spezieller Untersuchungsmethoden, Studien zum Vorkommen dieser Substanzen in der Umwelt und zur Technologieentwicklung zur Entnahme von Spurenstoffen aus dem Abwasser gefördert.
Auf Grundlage der Erkenntnisse eines beim Zweckverband Klärwerk Steinhäule, Ulm/Neu-Ulm, von der Hochschule Biberach durchgeführten Forschungsvorhabens werden derzeit mehrere Kläranlagen unterschiedlicher Größenordnung in Baden-Württemberg um eine adsorptive Reinigungsstufe mittels Pulveraktivkohle erweitert. Damit nimmt Baden-Württemberg – gemessen an den landesweit an die neue Technologie angeschlossenen Einwohnerwerten – sowohl im nationalen als auch internationalen Vergleich einen Spitzenplatz bei der Umsetzung von Techniken zur Spurenstoffentfernung in Kläranlagen ein.
Allerdings ist das Fachpersonal auf Kläranlagen bisher für die Thematik der Spurenstoffe im Abwasser nicht ausgebildet worden und verfügt nicht über einen ausreichenden Erfahrungsschatz zur Umsetzung entsprechender Technologien. Auch gibt es bislang keine verbindlichen Bemessungsstandards, auf die Ingenieurbüros und Behörden bei der Dimensionierung neuer Anlagen zurückgreifen können. Es bedarf daher neuer Strukturen, die es ermöglichen, die Betriebserfahrungen der neuen Technologie zusammenzuführen sowie auftretende Fragestellungen im Zusammenhang mit der angewandten Technik unabhängig zu bearbeiten, um Kläranlagenbetreibern, Ingenieurbüros, Behörden und Firmen gezielt beraten und spezifisches Fachwissen gebündelt weiter geben zu können.
Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) setzt sich intensiv für die Entwicklung einer sicheren und nachhaltigen Wasserwirtschaft ein. Als politisch und wirtschaftlich unabhängige Organisation arbeitet sie fachlich auf den Gebieten Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall und Bodenschutz. In Europa ist die DWA die mitgliedsstärkste Vereinigung auf diesem Gebiet und nimmt durch ihre fachliche Kompetenz bezüglich Regelsetzung, Bildung und Information der Öffentlichkeit eine besondere Stellung ein. Die rund 14.000 Mitglieder repräsentieren die Fachleute und Führungskräfte auf Kommunen, Hochschulen, Ingenieurbüros, Behörden und Unternehmen.
Die DWA gliedert sich regional in sieben Landesverbände. Der DWA-Landesverband Baden-Württemberg vereinigt 1.800 Mitglieder und ist eine für die Fachleute aus der Wasserwirtschaft – aus Hochschulen, Behörden, Ingenieurbüros, Betreiber und Kommunen kommend – wichtige Plattform für den Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch.
Quelle: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe in NRW wird eingerichtet
Erkenntnisgewinn über den Austausch von Erfahrungen auf internationaler Ebene gewinnen und in NRW bündeln
www.umweltcluster-nrw.de/de/News/Newsletter/NL_2011_04.html
In der industrialisierten Welt ist der Einsatz von anthropogenen Stoffen unverzichtbar. Die Anzahl der entwickelten organischen chemischen Verbindungen beträgt inzwischen mehr als 50 Mio. und der Eintrag anthropogener Spurenstoffen in die Umwelt nimmt weiter zu. So steigt beispielsweise der Arzneimittelkonsum aufgrundunserer älter werdenden Gesellschaft und des medizinischen Fortschritts kontinuierlich.
Aufgrund der zunehmenden Verwendung von unterschiedlichsten Chemikalien in Wirtschaft und Privathaushalten stellen kommunale Abwässer einen der Haupteintragspfade von Mikroschadstoffen in die Oberflächengewässer dar. Wegen der Vielzahl der Eintragspfade sind zur Verringerung und Vermeidung des Eintrags und zur Eliminierung der Stoffe im Abwasser Multi-Barrieren-Systeme erforderlich. Dazu gehören z.B. Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung an der Quelle, zur Ertüchtigung kommunaler Kläranlagen sowie Maßnahmen bei der Trinkwasseraufbereitung.
In NRW und Baden-Württemberg sind bereits großtechnische Kläranlagen zur Mikroschadstoffentfernung mittels Pulveraktivkohlezugabe im Bau bzw. in Betrieb. Ebenso sind in der Schweiz, wo derzeit die Aufnahme der Mikroschadstoffe in das Gewässerschutzgesetz im Zuge der Revision beraten wird, Pilotanlagen im Bau bzw.
in Betrieb. Die Schweiz beabsichtigt die Belastung des Rheins mit Spurenstoffen für seine Unterlieger um 80 % zu reduzieren. In den Niederlanden werden die Belastungen des Rheins mit Mikroschadstoffen sehr kritisch gesehen und transnationale Strategien zum Schutz der Trinkwasserressource Rhein und Monitoringkonzepte gewünscht.
Im Sinne eines vorsorgenden Gewässer- und Verbraucherschutzes sind deshalb Anstrengungen aller Beteiligten zum nachhaltigen Schutz der Wasserressourcen essentiell. Das Thema Mikroschadstoffe in der aquatischen Umwelt ist nicht nur ein Problem in NRW, sondern über alle Grenzen hinweg.
Zur Erhöhung der Transparenz und zum Wissensaustausch auf den unterschiedlichen Ebenen im Land NRW (Forschung, Anlagenbau, Anlagenbetrieb im Bereich Trinkwasser und Abwasser) sowie zwischen den Bundesländern und Nachbarländern ruft das Umweltministerium mit Unterstützung des Clusters Umwelttechnologien NRW ein Kompetenzzentrum Mikroschadstoffelimination NRW ins Leben.
Ziel des Kompetenzzentrums Mikroschadstoffe ist es, Wissen bezüglich der Behandlung von Mikroschadstoffen zu bündeln und auszuwerten. Das Zentrum soll zudem beratend als Gesprächspartner für Kommunen sowie für Trinkwasserver- und Abwasserentsorger zur Verfügung zu stehen und den internationalen Erfahrungsaustausch – insbesondere mit der Schweiz und den Niederlanden – fördern. Mit einer Auftaktveranstaltung Anfang 2012 startet das Kompetenzzentrum seine Aktivitäten.
Quelle: Umwelttechnologien.NRW
http://www.exzellenz.nrw.de/nocl/noth/clusterinfo/news/view/data/35334/
Neue UBA-Studie zu Arzneimitteln in der Umwelt
Das Umweltbundesamt hat mit einer umfassenden Literaturrecherche eine aktuelle Bestandsaufnahme der in Deutschland und im europäischen Ausland vorliegenden Monitoringdaten zum Vorkommen und Verhalten von Arzneimitteln in der Umwelt vorgelegt. Die in vielfältigen Monitoringkampagnen gemessenen Umweltkonzentrationen sowie Ergebnisse ökotoxikologischer und physiko- chemischer Untersuchungen wurden in Datenbanken eingepflegt, die eine Auswertung im Hinblick auf die Identifizierung prioritärer Arzneistoffe und die Entwicklung von Monitoringstrategien erlauben.
www.gfa-news.de
Webcode: 20120214_004
Schmerzmittel belasten deutsche Gewässer
Jährlich mehrere hundert Tonnen an Arzneimitteln im Abwasser
In deutschen Gewässern und Böden lassen sich Arzneimittelrückstände mittlerweile immer häufiger nachweisen. Das belegen aktuelle Daten aus Forschungsprojekten und der Gewässerüberwachung. Jeden Tag gelangen mehrere Tonnen an Arzneimittelwirkstoffen in die Umwelt, hauptsächlich durch die menschliche Ausscheidung, mehrere hundert Tonnen pro Jahr zusätzlich durch die unsachgemäße Entsorgung von Altmedikamenten über die Toilette. Wie sich diese Substanzen auf die Umwelt auswirken, wird derzeit nicht systematisch untersucht. Diese Lücke muss nach Auffassung des Umweltbundesamtes (UBA) ein zulassungsbegleitendes Umweltmonitoring schließen. „Die Vorsorge beim Umgang mit Arzneimittelrückständen muss verbessert werden, denn diese Stoffe können problematisch für die Umwelt sein. Eine bessere Überwachung soll helfen, Belastungsschwerpunkte und ökologische Auswirkungen von Medikamenten zu erkennen und die medizinische Versorgung umweltverträglicher zu gestalten.“, erklärt UBA-Präsident Jochen Flasbarth.
Vorkommen und Auswirkungen von Arzneimitteln in der Umwelt werden nach Meinung des Umweltbundesamtes unterschätzt. Wegen des demografischen Wandels unserer Gesellschaft wird die Konzentration von Humanarzneimitteln in der Umwelt vermutlich noch weiter zunehmen. Jochen Flasbarth: „Das UBA empfiehlt daher, ein Umweltmonitoring für Arzneimittel einzuführen. Es soll bereits im Zulassungsprozess für Medikamente verankert werden. Dadurch kann der Schutz der Umwelt gestärkt und die Versorgung der Patienten umweltverträglicher gestaltet werden.“
Eine aktuelle Literaturstudie, die im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt wurde, führt die aus Umweltsicht besonders problematischen Arzneimittel auf. Die Studie enthält Daten zu Verhalten und Vorkommen von Arzneimitteln in der Umwelt, priorisiert nach Verbrauchsmenge, Umweltkonzentration und umweltschädigendem Potenzial. Von den 156 in Deutschland in verschiedenen Umweltmedien nachgewiesenen Arzneimittelwirkstoffen wurden 24 mit hoher Priorität eingestuft. Das bedeutet, dass diese Stoffe ein hohes Potential haben, Umweltorganismen zu schädigen. Einer dieser Wirkstoffe ist das weit verbreitete Schmerzmittel „Diclofenac“, welches Nierenschäden in Fischen hervorrufen kann und mittlerweile in sehr vielen Gewässern zu finden ist. Es steht deshalb auch auf der EU-Kandidatenliste für neue so genannte prioritäre Stoffe zur EG-Wasserrahmenrichtlinie.
Arzneimittel gelangen hauptsächlich mit dem häuslichen Abwasser in die Umwelt. Die meisten Stoffe werden nach der Einnahme – oft unverändert – wieder ausgeschieden. Schätzungsweise mehrere hundert Tonnen pro Jahr nicht verbrauchter Medikamente entsorgen viele Bürger unsachgemäß direkt über Spüle oder Toilette. Da viele Kläranlagen heute noch nicht in der Lage sind, alle Stoffe rückstandslos abzubauen oder zurückzuhalten, erreicht der Rest, wenn auch stark verdünnt, die Flüsse und kann dort besonders empfindliche Organismen wie Fische dauerhaft schädigen. Um gezielt Minderungsmaßnahmen bei der Abwasserreinigung in Kläranlagen ergreifen zu können, muss die Belastungssituation mit solchen Problemsubstanzen jetzt identifiziert werden.
Selbst im Trinkwasser können sehr geringe Konzentrationen enthalten sein. Pro Liter Wasser handelt sich dabei um Bruchteile von Mikrogramm. Zur Demonstration: Ein Mikrogramm pro Liter entspricht etwa der Zuckerkonzentration in einem 50 m-Schwimmbecken, in dem ein Stück Würfelzucker aufgelöst wurde. Trinkwasserhygienisch sind diese Arzneimittelspuren zwar unerwünscht, für den Menschen besteht dadurch aber keine Gesundheitsgefahr. Alle jetzt zu treffenden Maßnahmen zum Schutz des Trinkwassers dienen deshalb der Vorsorge und langfristigen Versorgungssicherheit, nicht der Abwehr konkreter Risiken.
Weitere Informationen und Links:
Die Prüfung der Umweltwirkungen von Arzneimitteln ist EU-weit fester Bestandteil der Zulassungsverfahren. In Deutschland ist das Umweltbundesamt seit 1998 für die Umweltrisikobewertung von Human- und Tierarzneimitteln zuständig. Im Falle eines Umweltrisikos kann das Umweltbundesamt Auflagen zur Risikominderung erwirken oder bei Tierarzneimitteln sogar die Zulassung verweigern. Die Umweltrisikobewertung bei der Zulassung beruht u.a. auf berechneten Umweltkonzentrationen. Ein systematisches Monitoring der tatsächlichen Umweltkonzentrationen gibt es bisher nicht. Das soll sich nach Wunsch des Umweltbundesamtes in Zukunft ändern. Ein an die Zulassung gekoppeltes Monitoring kann dazu beitragen, die tatsächlichen Umweltkonzentrationen von als kritisch eingeschätzten Arzneimitteln zu bestimmen und das Umweltrisiko besser einzuschätzen.
Gutachten „Zusammenstellung von Monitoringdaten zu Umweltkonzentrationen von Arzneimitteln“:
http://www.uba.de/uba-info-medien/4188.html
Ergebnisse des Workshops „Monitoring von Arzneimitteln in der Umwelt – Notwendigkeit, Erfahrungen und Perspektiven für die Arzneimittelzulassung“: http://www.umweltbundesamt.de/chemikalien/arzneimittel/workshop_monitoring_arzneimittel.htm
Das Umweltbundesamt hat vor kurzem eine Empfehlung für praktische Minderungsmaßnahmen zum Schutz des Trinkwassers herausgegeben, die bereits am Beginn der Verschmutzungskette ansetzen: http://www.umweltdaten.de/wasser/themen/trinkwasserkommission/massnahmeempfehlung_hamr.pdf
Publikation des Umweltbundesamtes und des Instituts für Sozialökologie in Frankfurt/Main: Handlungsmöglichkeiten zur Minderung des Eintrags von Humanarzneimitteln und ihren Rückständen in das Roh- und Trinkwasser:
http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-medien/4024.html
Bundesweites Forschungsprojekt zu Abwasserreinigung – Universität Tübingen koordiniert
Das mit 2,7 Millionen Euro geförderte Projekt „SchussenAktivplus“ untersucht Wirkungen von Klärmaßnahmen.
Wasser ist eine unserer wichtigsten Lebensgrundlagen. Um diese auch zukünftig nachhaltig zu sichern, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den nächsten drei Jahren im Rahmen des Schwerpunktes Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf (RiSKWa) Forschungsprojekte zu diesem Thema. Eines davon ist der von der Universität Tübingen koordinierte Projektverbund SchussenAktivplus. Das Vorhaben umfasst 2,7 Mio. Euro, von denen der Bund 2,3 Mio. Euro übernimmt und das Land Baden-Württemberg eine Viertel Million Euro beisteuert. Den Rest tragen die beteiligten Kommunen und Firmen.
Drei Jahre lang werden 19 Partnereinrichtungen aus Wissenschaft, freier Wirtschaft und öffentlicher Hand im Einzugsgebiet der Schussen, das für den Trinkwasserspeicher Bodensee bedeutsam ist, Untersuchungen durchführen. Dank seines hohen Praxisbezugs ist das Projekt nicht nur für die Region wichtig, sondern auch bundesweit und international als Modell für die Abwasserreinigung und allen damit zusammenhängenden Betrachtungen relevant. „Ziel des Projektes ist es, den Erfolg von weitergehenden Reinigungsmaßnahmen an Kläranlagen unterschiedlicher Größe und an Regenwasserbehandlungssystemen zu dokumentieren und dies nicht nur über Konzentrationen von Chemikalien wie z.B. Arzneimitteln oder Industriechemikalien sowie Keimen, sondern auch über deren Wirkungen“, erklärt Prof. Rita Triebskorn von der Universität Tübingen bei der Auftaktpressekonferenz beim Abwasserzweckverband Mariatal im Landkreis Ravensburg. Die Projektkoordinatorin betont, dass es hierbei darum gehe, „Vorteile nicht nur für den Menschen, sondern auch für Fische und Kleinlebewesen in der Schussen aufzuzeigen.“
Ein wichtiges Testsystem ist die Kläranlage Langwiese, in der nächstes Jahr eine großtechnische Pulveraktivkohleanlage in Betrieb geht. Mit dieser weitergehenden Reinigungsstufe wird die Wasserqualität der Schussen künftig deutlich verbessert. Alternativen hierzu wären Ozon und/ oder granulierte Aktivkohle. Diese Möglichkeiten werden in Eriskirch und Merklingen untersucht. Verbesserungen bei der Regenwasserbehandlung erfassen Messungen in Ravensburg (Regenüberlaufbecken) und Tettnang (Retentionsbodenfilter). Dr.-Ing. Klaus Jedele, Ingenieurbüro JuP aus Stuttgart, der die Anlagen im Projektgebiet betreut, betont: „Im Sinne des Vorsorgeprinzips sollten möglichst viele Mikroverunreinigungen bereits bei der Abwasserreinigung entfernt werden und nicht erst in der Trinkwasseraufbereitung, weil dann auch die Gewässer entlastet werden. Das ist eine zentrale Zukunftsaufgabe.“
In Bezug auf den Bodensee erläutert der stellvertretende Leiter des Instituts für Seenforschung der Landesamt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg LUBW in Langenargen, Dr. Herbert Löffler: „Bei keinem der im Freiwasser nachgewiesenen Spurenstoffe wurden geltende nationale und internationale Grenzwerte überschritten. Zu den langfristigen Auswirkungen dieser Substanzen auf die Umwelt liegen aber nur wenige gesicherte Erkenntnisse vor und einige dieser Stoffe können bereits in sehr geringen Konzentrationen nachteilige Wirkungen auf die aquatischen Ökosysteme haben. Im Trinkwasser sind anthropogene Spurenstoffe generell unerwünscht.“
SchussenAktivplus gehört zu den 13 vom Bund geförderten Projekten, die aus 67 beantragten Verbundvorhaben ausgewählt wurden. Es ist Teil des Förderschwerpunkts Nachhaltiges Wassermanagement NaWaM. In diesem bündelt das BMBF seine Aktivitäten im Bereich der Wasserforschung innerhalb des BMBF-Rahmenprogramms Forschung für nachhaltige Entwicklungen FONA. Beteiligt an dem Projekt sind neben der Universität Tübingen die Universitäten Frankfurt/Main, KIT Karlsruhe, Stuttgart und Brno, das ISF Langenargen, das TZW Karlsruhe, Dr.-Ing. Jedele & Partner GmbH, Stuttgart, Ökonsult GbR, Stuttgart, BBW Achberg, GÖL Starzach, Hydra Konstanz, die Städte bzw. Gemeinden Ravensburg, Eriskirch, Tettnang, Merklingen, der AZV Mariatal, der AV Unteres Schussental sowie das Regierungspräsidium Tübingen.
Kontakt:
Prof. Dr. Rita Triebskorn
Universität Tübingen
Fachbereich Biologie
Physiologische Ökologie der Tiere
Konrad-Adenauer-Str. 20
72072 Tübingen
Telefon +49 7071 75 73 555
rita.triebskorn@uni-tuebingen.de
Mikroverunreinigungen in der aquatischen Umwelt
Spurenstoffe lassen sich ubiquitär in der aquatischen Umwelt nachweisen. Neben Stoffen wie beispielsweise Industriechemikalien und Flammschutzmitteln, sind in den vergangenen Jahren die pharmazeutischen Wirkstoffe in den Fokus der Wissenschaft sowie der Öffentlichkeit gerückt. Humanpharmaka werden entweder unverändert oder nach Umbau im menschlichen Organismus als Konjugate bzw. Metaboliten ausgeschieden und gelangen so ins kommunale Abwasser. Da eine gezielte Abtrennung dieser Stoffe nicht dem Stand der Technik von kommunalen Kläranlagen entspricht, werden Humanpharmaka und ihre Metaboliten über den Kläranlagenablauf in die als Vorfluter genutzten Oberflächengewässer geleitet. Veterinärpharmaka werden mit der Gülle auf die Felder ausgebracht und gelangen überwiegend durch Abspülungen in die Oberflächengewässer. Bislang wurden weit über 100 Arzneimittelwirkstoffe teilweise in relevanten Konzentrationen oberhalb ökotoxikologischer Wirkschwellen im aquatischen Kreislauf nachgewiesen.
Humanpharmaka werden insbesondere vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, der steigenden individuellen Lebenserwartung und des damit verknüpften steigenden Arzneimittelkonsums, in Zukunft in noch größerer Anzahl und Menge über die kommunalen Abwasserwege in die Umwelt eingebracht werden.
Aufgrund der Persistenz, des Bioakkumulationspotenzials und der Toxizität von Spurenstoffen sind breit gefächerte Bestrebungen unerlässlich, den Eintrag von Spurenstoffen in die Kanalisation bzw. in die Gewässer zu minimieren. Dazu bedarf es der Bilanzierung von Spurenstoffen aus Direkt- und Indirekteinleiter-Punktquellen, wie Industriebetrieben, Krankenhäusern und Kläranlagen. Zudem sind Untersuchung verschiedener Verfahren und Verfahrenskombinationen zur Emissionsbegrenzung nötig, auf deren Basis der Eintrag von Spurenstoffen in die aquatische Umwelt vermindert werden kann.
Auf diesen Seiten erhalten Sie Informationen über verschiedene Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die unterschiedliche Aspekte des Vorkommens und der Elimination von Spurenstoffen im Abwasserbereich beleuchten.
Mehr: http://www.spurenstoffe.net/
IST4R Weitergehende Abwasserbehandlung zur Entfernung von Spurenstoffen
Bei der Umsetzung von Maßnahmen zur 4. Reinigungsstufe zur Phosphorentfernung soll schon
heute an zukünftige Anforderungen zur Spurenstoffentfernung gedacht werden.
In dem von der TU Berlin koordinierten Vorhaben IST4R werden verschiedene bekannte technische Alternativen der Abwasserreinigung zur Entfernung von Spurenstoffen wie z. B. Ozonung oder Aktivkohlebehandlung hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit miteinander verglichen. Zudem werden Empfehlungen erarbeitet mit technischen Hinweisen, wie bereits vorhandene oder derzeit geplante Reinigungsstufen zur Desinfektion und Phosphorentfernung auch nachträglich um eine Spurenstoffentfernung erweitert werden können. Die Verfahren werden in Pilotversuchen auf dem Klärwerk Münchehofe hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit und Betriebssicherheit untersucht und vom KW Beiner ökobilanziellen Bewertung unterzogen. Im Fokus steht die Reduzierung der Belastung von Oberflächengewässern durch anthropogene Spurenstoffe, daher sollen auch die möglichen biologischen Wirkungen der Maßnahmen auf aquatische Lebewesen im Gewässer ermittelt werden. Das Projekt wird von den Berliner Wasserbetrieben gesponsert sowie von der Europäischen Union (Europäischer Fond für regionale Entwicklung) und dem Berliner Senat im Rahmen des Berliner Umweltentlastungsprogrammkofinanziert.
martin.jekel@tu-berlin.de
ulf.miehe@kompetenz-wasser.de
Kontakt:
mathias.ernst@tu-berlin.de
Quelle:
http://www.kompetenzwasser.de/fileadmin/user_upload/pdf/newsletter/deutsch/120131_KWB_NEWSLETTER_D_web1.pdf
Mannheim: Pulveraktivkohle-Anlage: Pilotprojekte der Stadtentwässerung auf Video
Über zwei innovative Projekte im Bereich Gewässerschutz und erneuerbare Energien im Klärwerk informiert die Stadtentwässerung Mannheim (EBS) auf ihrer Homepage per Video. Im Zentrum der beiden vierminütigen Filme stehen die Klärschlammvergasungsanlage der Fa. Kopf, die europaweit erstmals im großtechnischen Maßstab betrieben wird. Das zweite Pilotprojekt ist die Pulveraktivkohle-Anlage, die Spurenstoffe wie Arzneimittelreste oder Röntgenkontrastmittel aus einem Teilstrom des Abwassers entfernt.
Die Stadtentwässerung Mannheim (EBS) informiert über ein innovatives Projekt im Bereich Gewässerschutz. Die Pulveraktivkohle-Anlage, die Spurenstoffe wie Arzneimittelreste oder Röntgenkontrastmittel aus einem Teilstrom des Abwassers entfernt. Mehr:
http://www.mannheim.de/mediathek/beitrag/pulveraktivkohle-anlage
MIKROMEM – Ertüchtigung kommunaler Kläranlagen durch den Einsatz von Membrantechnik
Im Rahmen des Einzelauftrags 7 – MIKROMEM – werden die Möglichkeiten des Einsatzes von Membranverfahren zur Elimination von Arzneimitteln und anderen organischen Spurenstoffen in der kommunalen Abwasserbehandlung untersucht.
Da die Zielsubstanzen im Trenngrenzenbereich von Nanofiltration und zum Teil sogar von Umkehrosmose liegen, bildet die Untersuchung der dichten Membranverfahren zur weitergehenden Kläranlagenablaufbehandlung einschließlich der Frage der Konzentratbehandlung den ersten Arbeitsschwerpunkt.
Das zweite Arbeitsfeld zielt auf die in den vergangenen Jahren vermehrt errichteten Membranbioreaktoren (MBR). Durch Optimierung des biologischen Prozesses bzw. gezielte Bioaugmentation (d.h. Zugabe spezialisierter Bakterienstämme) soll der Abbau von Arzneimitteln und Industriechemikalien in MBR deutlich verbessert werden.
Im dritten Arbeitsfeld werden Kombinationsverfahren wie Pulveraktivkohle und Mikrofiltration sowie Pulveraktivkohle und MBR-Technik unter großtechnischen Einsatzbedingungen getestet. Für eine große Nähe zur Anwendung werden die Versuche im halb- und großtechnischen Maßstab bzw. Pilotmaßstab auf ausgewählten nordrhein-westfälische Kläranlagen wie den MBR-Anlagen des Aggerverbandes, Erftverbandes und der LINEG (Seelscheid, Kaarst, Xanten-Vynen) durchgeführt.
Das Eliminationsverhalten eines breiten Spektrums …mehr:
http://www.spurenstoffe.net/index.php/de/projekte/mikromem
Ansprechpartner / Projektleitung:
Aachener Verfahrenstechnik (AVT), RWTH Aachen
Dipl.-Ing. Jochen Herr
Fon: +49 (0) 241 80-93996
E-Mail: jochen.herr@avt.rwth-aachen.de
Koordinierung:
Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISA) der RWTH Aachen
Dr.-Ing. David Montag
Fon: +49 (0) 241 80-25215
E-Mail: Montag@isa.rwth-aachen.de
IM FOKUS: Neue Reinigungstechniken im Praxisbetrieb
Erste Betriebserfahrungen mit neuen Reinigungstechniken
Technologien zum Abbau von Spurenstoffen – keine kann alles
Mit der Inbetriebnahme der neuen „PILLS“-Kläranlage am Marienhospital in Gelsenkirchen am 22. Juli 2011 sind EMSCHERGENOSSENSCHAFT und LIPPEVERBAND ihrem Ziel, mit weitergehenden Reinigungstechniken zum Abbau von Spurenstoffen im Abwasser eigene Betriebserfahrungen zu sammeln, ein ganzes Stück näher gekommen. Die Kläranlage reinigt die Abwässer der Klinik vor der Einleitung in den Schwarzbach, einen Nebenlauf der Emscher, mithilfe von Membrantechnik, Aktivkohle und Ozonung. Auf diese Weise werden verschiedene Verfahren – erstmals direkt an der Emissionsquelle – zur Reinigung von Abwässern im großen Maßstab erprobt, die durch Medikamentenrückstände besonders stark belastet sind.
Wichtiger Baustein im Gesamtkonzept
Die PILLS-Anlage ist nur ein, wenn auch besonders wichtiger Baustein in einem mittelfristigen Gesamtkonzept der beiden Wasserverbände, welches die neuen, weitergehenden Reinigungstechniken systematisch auf den Prüfstand stellt – nicht nur hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, sondern auch in Bezug auf Kosten, Bewährung im praktischen Anlagenbetrieb sowie mögliche „Nebenwirkungen“ und Zielkonflikte.
Ozonung seit 2009
Schauen wir einmal zurück auf das Jahr 2009: Damals hat der LIPPEVERBAND zwei Kläranlagen um je eine weitergehende Reinigungsstufe erweitert: Auf der Kläranlage Bad Sassendorf, wo aufgrund des Kurbetriebs sowohl der Altersdurchschnitt als auch der Medikamentenkonsum der Menschen überdurchschnittlich hoch ist, wurde eine Ozonungsstufe der eigentlichen Kläranlage nachgeschaltet. Damit lässt sich der Eliminationsgrad für die verschiedenen Stoffgruppen vor und nach der Ozonung vergleichen.
Membranfiltration
Die Kläranlage Hünxe im westlichen Lippegebiet wurde im gleichen Jahr durch eine Membranfiltration erweitert. Anders als in Bad Sassendorf durchfließt aber nicht der gesamte Abwasserstrom, sondern nur die Hälfte dessen, die Filtration. Die andere Hälfte wird weiter auf konventionelle Weise gereinigt, so dass wiederum ein direkter Vergleich der beiden Teilströme möglich ist. Im Oktober 2011 wurde auch der zwischenzeitlich ertüchtigte konventionelle Teil der Anlage eingeweiht, so dass Hünxe nach zweieinhalbjährigem Umbau nunmehr komplett ist und in Zukunft vergleichende Messungen am Standort durchgeführt werden können.
Drittes maßgebliches Verfahren: Aktivkohle
Damit wird sowohl die dezentrale Reinigung spezieller Abwässer am Entstehungsort als auch die zentrale Reinigung des mit Spurenstoffen belasteten kommunalen Abwassers in einer örtlichen Verbandskläranlage mit unterschiedlichen Verfahren erprobt.
Für das dritte maßgebliche Verfahren, die Behandlung mit Aktivkohle, fehlt dagegen derzeit noch eine Kläranlage, auf der diese Verfahrensstufe im großen Maßstab getestet werden kann. Anders als auf der PILLS-Kläranlage, die alle drei Verfahren einzeln und in Kombination miteinander zur Behandlung spezifischer Abwässer am Ort der Entstehung einsetzen kann, ist ja die Behandlung kommunaler Abwässer am „End of the pipe“ etwas anderes, sind dort die relevanten Spurenstoffe in viel stärkerer Verdünnung und Durchmischung anzutreffen als an der Quelle.
Technikumsanlage ersetzt alte Versuchsanlage
Außerdem könnte die geplante Technikumsanlage auf dem Gelände des Klärwerks Emschermündung im Städtedreieck Dinslaken-Duisburg-Oberhausen den Nebeneffekt bringen, dort auch Verfahren zur Spurenstoff-Elimination in fast allen Varianten testen zu können. Anstelle der alten Versuchsanlage, die nicht mehr sinnvoll betrieben werden kann, soll am gleichen Standort eine neue Technikumsanlage in 2012 errichtet werden.
Dort wird als Vorstufe zum großen Emscherklärwerk ein Abwasser-Teilstrom von 1000 Einwohnerwerten abgezweigt und auf zwei konventionelle Reinigungsstraßen mit Biologie und Nachklärung aufgeteilt. Die Versuchsanlage ist als solche unverzichtbar, um für den Betrieb der fast 60 Kläranlagen von EMSCHERGENOSSENSCHAFT und LIPPEVERBAND dort anfallende abwassertechnische Fragestellungen gezielt bearbeiten zu können.
Daneben besteht die Möglichkeit, dieser Anlage als zusätzliche alternative Stufen die Behandlung mit Pulver-Aktivkohle, Granulat-Aktivkohle, Ozonung und eine Nano-Filtration nachzuschalten. Zur Absicherung des regulären Klärbetriebs durchläuft das Wasser am Ende der Technikumsanlage noch eine Umkehr-Osmose – das dichteste Membranverfahren überhaupt – so dass unerwünschte Einleitungen in das Emscherklärwerk ausgeschlossen werden können.
Praxiserfahrungen
Bisher ist erst ein Teil der betrieblichen Erfahrungen mit den neuen Reinigungsverfahren ausgewertet. Am weitesten ist die Auswertung der Ozonungs-Stufe in Bad Sassendorf fortgeschritten: Hier kann differenziert nach den unterschiedlichen Stoffgruppen der erzielte Eliminationsgrad der Spurenstoffe mit und ohne Ozonbehandlung in der Größenordnung angegeben werden:
Im Messzeitraum von Januar 2009 bis August 2010 wurden auf der LIPPEVERBANDS-Kläranlage Bad Sassendorf 43 Spurenstoffe untersucht. 23 dieser Stoffe – z. B. Ethinylestradiol, der Wirkstoff in der Anti-Baby-Pille – waren sowohl im Zulauf als auch im Ablauf der Kläranlage nicht nachweisbar. Für drei Stoffe – dazu gehört etwa das Röntgenkontrastmittel Amidotrizoesäure – wurde eine Abbaurate von weniger als 20 Prozent durch die Ozonung festgestellt. 12 Stoffe – darunter Ibuprofen – wurden erheblich stärker mit Raten zwischen 20 und 80 Prozent abgebaut. Fünf Stoffe wurden unter Einwirkung der Ozonungsstufe sogar zu mehr als 80 Prozent abgebaut. Zur letzten Gruppe zählt z. B. das Schmerzmittel Diclofenac.
Für die PILLS-Kläranlage laufen diese Vergleichsmessungen gerade an; für die Membranfiltration in Hünxe stehen sie noch bevor, da jetzt die beiden Straßen der Anlage, die jeweils einen Teilstrom behandeln, fertig sind.
Darüber hinaus zeichnet sich durchgängig eine betriebliche Erfahrung ab: Nicht nur die laufenden Betriebskosten, sondern ganz überproportional die Energieverbräuche sind auf den mit Ozonung bzw. Membranfiltration ausgestatteten Anlagen steil in die Höhe gegangen. Insofern besteht ein Zielkonflikt zwischen den beiden Anforderungen „weiter gehende Elimination von Spurenstoffen“ und „energetische Optimierung“, der im Hinblick auf die „energieautarke Kläranlage“ kritisch zu durchleuchten ist.
Mehr Sorgfalt beim Abwasser gefordert
Weitere Schadstoffe im Abwasser bei Kläranlagen müssen vermieden werden, das hat die „Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft“ (AÖW) gefordert. Nur so ließe sich eine vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen vermeiden. Mit dieser würden sich die Abwassergebühren deutlich erhöhen.
Medikamente, Röntgenkontrastmittel, Kosmetika, Pflanzenschutzmittel, Haushaltsreiniger und Krankheitserreger finden sich als Reste in unserem Abwasser. Und dies, obwohl es bereits drei Reinigungsstufen in den Kläranlagen gibt. Das Umweltbundesamt prüft deshalb derzeit die Einführung einer vierten Reinigungsstufe. Die Aufrüstung der Klärwerke mit Membranfiltern, Aktivkohle- oder Ozonbehandlungsanlagen ist allerdings teuer und energieintensiv. Die Folge wären höhere Abwassergebühren. Die 70 öffentlich rechtlichen Stadtentwässerungsunternehmen AÖW von Stuttgart, München über Nürnberg, Köln bis Freiburg fordern stattdessen: Die Vermeidung der Einleitung ins Abwasser und teilweise Übernahme der Mehrkosten von Herstellern, also von Pharma-, Chemie und Düngemittelindustrie.
http://www.swr.de/nachrichten/bw/freiburg/-/id=1552/nid=1552/did=8946758/1xwwonc/
Vorstellung von Forschungsergebnissen zur Elimination von Arzneimitteln und organischen Spurenstoffen in Klinikabwässern
Herr Dr. Heinrich Herbst, Ressortleiter der Grontmij in Köln, präsentierte am 18.10.2011 in Bochum erste Ergebnisse zur Elimination von Arzneimitteln und organischen Spurenstoffen in Klinikabwässern. Er hielt seinen Vortrag gemeinsam mit Herrn Dr. Jochen Türk vom IUTA Institut für Energie- und Umwelttechnik e. V., Duisburg, im Rahmen des 7. Krankenhaus-Umwelttages NRW.
Hier hielt Grontmij Experte Dr. Herbst einen Vortrag zur Spurenstoffelimination im Wasser. Im Fokus standen Projekte in den Bereichen Kläranlagen, Krankenhäuser und Industrie.
Die umfassende Präsentation Emissionsminderung von Arzneimitteln in Klinikabwässern
Und den Vortrag: Spurenstoffelimination im Wasser
finden Sie hier
http://www.grontmij.de/News/Pages/forschungsgesellschaftenzureliminationvonspurenstoffen.aspx
„Bewusstsein für Problemstoffe bei industrieller Abwasserereinigung muss verbessert werden“
Die Einhaltung der üblichen Überwachungsparameter sichert nicht immer die Wasserqualität teilweise geschlossener Wasserkreisläufe. Während das Bewusstsein dafür im Bereich der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbehandlung seit Jahren steige, wie etwa an den Debatten um Arzneimittelrückstände zu beobachten sei, müsse das Problembewusstsein im Bereich der industriellen Abwasserbehandlung verbessert werden, sagte …mehr:
Langen: Forschungsprojekt des Abwasserverbandes zeigt erste Erfolge – Dem Medikamenten-Cocktail den Kampf angesagt
Die Langzeitwirkungen sind zwar noch nicht exakt erforscht, doch geben einige Erkenntnisse Anlass zur Besorgnis: Rückstände von Arzneimitteln, die in den Kläranlagen bisher nicht komplett entfernt werden und dadurch in Gewässer gelangen können, stehen im Verdacht, bei Fischen oder Fröschen biologische Veränderungen hervorzurufen. Wissenschaftler schließen auch Risiken für den Menschen nicht aus. Vielleicht, so eine Vermutung, gibt es einen Zusammenhang zu typischen Zivilisationskrankheiten. Umso größer ist die Bedeutung eines Forschungsvorhabens, das derzeit auf der Kläranlage des Abwasserverbandes Langen/Egelsbach/Erzhausen betrieben wird.
In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Darmstadt und mit finanzieller Unterstützung durch das Land versucht der Verband, die sogenannten Spurenstoffe weitgehend aus dem Abwasser zu entfernen. Dabei handelt es sich um winzig kleine Mengen von Rückständen von Arznei-, aber auch von Haushalts- und Pflegemitteln. In Deutschland sind knapp 3.000 verschieden Arzneimittelwirkstoffe in annähernd 10.000 Präparaten zugelassen. Über die Verkaufstische der Apotheken gehen jährlich mehr als 30.000 Tonnen. Die Tendenz ist steigend, weil die Menschen immer älter werden. Bis zu 60 Prozent der Wirkstoffe aus den Arzneien scheidet der Körper wieder aus. Zudem werden nicht verwendete Tabletten, Zäpfchen oder Salben häufig unsachgemäß über die Toilette anstatt über die Sondermüllsammelstellen entsorgt.
Über die Kanalisation erreicht der Chemie-Cocktail die Kläranlagen, wo er nicht komplett entfernt und zu einer Gefahr für die Umwelt wird. Zwar handelt es sich nur um winzig kleine Mengen, aber auch sie können große Auswirkungen auf das Ökosystem haben. Sichtbar wurden sie erst durch moderne Messverfahren im Nanobereich. 50 Nanogramm etwa entsprechen einer Menge von 50 Gramm in einer Talsperre wie dem Edersee.
„Um solche Dimensionen geht es bei unserem Vorhaben“, sagt Werner Hötzel, der Geschäftsführer des Abwasserverbandes. Sein Ziel ist ein Reinigungsgrad, der eine dem Trinkwasser vergleichbare Qualität liefert. Auch wenn es dafür noch keinen gesetzlichen Zwang gebe, seien EU-weite Auflagen absehbar. „Wir wollen unsere Anlagen frühzeitig auf künftige Reinigungserfordernisse ausrichten und uns für die Zukunft wappnen“, betont Hötzel.
Daran hat auch das Land Hessen Interesse, wie Ministerialrat Dr. Eberhardt Port vom Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bei einem Informationsbesuch betont. Das Land sehe die Notwendigkeit, die von den Spurenstoffen ausgehenden Gefahren zu minimieren und übernehme deshalb die Hälfte der Forschungskosten von insgesamt 270.000 Euro.
Die Versuchsanlage läuft jetzt seit rund vier Monaten. Die ersten Ergebnisse lassen aufhorchen. Professor Peter Cornel von der TU Darmstadt und wissenschaftlicher Leiter des Projekts berichtet, dass Spurenstoffe in einer Größenordnung zwischen 60 und 90 Prozent aus dem Abwasser eliminiert werden konnten. Dies sei exemplarisch für ein Schmerzmittel, ein Antiepileptikum und für ein Kontrastmittel nachgewiesen worden.
Auf der Kläranlage im Wald bei Schloss Wolfsgarten probieren die Wissenschaftler unterschiedliche Verfahren aus. Am Ende – veranschlagt sind insgesamt 24 Monate – soll die wirtschaftlichste und für die Praxis tauglichste Methode feststehen. Im Kern geht es darum, dass die Spurenstoffe an Aktivkohle anlagert werden und sich dadurch entfernen lassen. Unterschiede ergeben sich unter anderem dadurch, ob die Kohle anschließend regeneriert werden kann oder als Klärschlamm teuer verbrannt werden muss.
Ähnliche Verfahren werden von den Wasserwerken genutzt. Beim Trinkwasser, das aus den Leitungen fließt, besteht die Problematik der Spurenstoffe deshalb nicht. Es kann ohne Bedenken getrunken werden. Die Kläranlagen betreten mit der Entfernung von Mikroverunreinigungen hingegen Neuland.
http://www.abwasserlee.de/aktuelles/presse/90-dem-medikamenten-cocktail-den-kampf-angesagt.html
Kohle gegen Schadstoffe
Klärwerk Obere-Lutter schließt Versuche zur Abwasserreinigung erfolgreich ab
Gütersloh. Sie ist offenporig, feinkörnig und vollbringt wahre Wunder: die Aktivkohle. Ihre Aufgabe: Schadstoffe im Abwasser reduzieren oder eliminieren. Das Klärwerk Obere-Lutter hat nun Versuche zur Abwasserreinigung erfolgreich abgeschlossen und plant eine dauerhafte Filtration durch Aktivkohle.
„In der Vergangenheit wurden dem Klärwerk vom Entsorgungsunternehmen Zimmermann immer wieder Abwässer zugeleitet, die in einem kommunalen Klärwerk nicht behandelt werden können“, erklärt Detlef Helling, Verbandsvorsteher des Abwasserverbandes „Obere-Lutter“ (AOL), den Anlass für die Versuchsreihe. Die Überwachungswerte …mehr:
http://www.nw-news.de/lokale_news/guetersloh/guetersloh/5245965_Kohle_gegen_Schadstoffe.html
Spurenschadstoffe und hormonell wirksame Substanzen in der Abwasserbeseitigung
Die Entfernung organischer Spurenschadstoffe sowie hormonell wirksamer Substanzen und Arzneimittelreste aus dem Abwasser steht im Mittelpunkt der EFRE-Förderung im Bereich Abwasserbeseitigung. Nach dem bisherigen Stand der Technik lassen sich diese Stoffe nicht ausreichend aus dem Abwasser entfernen und können insbesondere bei Gewässern mit einem hohen Abwasseranteil zu Beeinträchtigungen der Gewässerfauna und der Trinkwasseraufbereitung führen. Umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten der vergangenen Jahre lassen erwarten, dass eine nachgeschaltete Klärstufe mit Aktivkohle einen wesentlich verbesserten Rückhalt dieser Substanzen ermöglicht. Die großtechnische Umsetzung dieser Technologie soll aus EFRE-Mitteln gefördert werden und damit einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität, zur Verbesserung des Gewässerschutzes und damit auch der Trinkwasserversorgung leisten.
Innovative Ansätze bei der Klärschlammtrocknung bilden ein weiteres Ziel der Förderung. Insbesondere die Ressourcen Boden und Pflanzen, aber auch die Gewässer sollen durch den Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung besser geschützt werden. Deshalb wird der energetischen Nutzung der Klärschlämme der Vorzug gegeben. Vor einer solchen Nutzung sind diese zu trocknen. Innovative Ansätze bei der Klärschlammtrocknung durch die Nutzung der Belüfterabwärme oder der Abwärme von Brennstoffzellen auf Kläranlagen sollen gefördert werden, um die Energieeffizienz beim Betrieb von Kläranlagen zu steigern und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Neben den genannten Handlungsfeldern wird eine weitere Verbesserung des Gewässerschutzes durch strukturelle Verbesserung bei der Abwasserbehandlung angestrebt. Ziel ist die Schaffung von zukunftsfähigen und wirtschaftlichen Strukturen durch den Zusammenschluss von Kleinkläranlagen zu leistungsfähigeren großen Anlagen. Gefördert werden neben dem Neu- und Ausbau auch begleitende Maßnahmen wie Zuleitungskanäle, Anpassungsmaßnahmen im Bereich Regenwasserbehandlung sowie zur Fremdwasserreduzierung.
Für Maßnahmen im Bereich Abwasserbeseitigung stehen in der Förderperiode 2007 – 2013 insgesamt 10,5 Mio. Euro EFRE-Mittel zur Verfügung. Die Förderung erfolgt entweder nach Maßgabe der Förderrichtlinien Wasserwirtschaft oder nach den Grundsätzen zur finanziellen Unterstützung von Abwassermaßnahmen aus dem Aufkommen der Abwasserabgabe (Kap. 1005 TG 90) im Rahmen von EFRE vom 25.03.2011 (FinG).
Ansprechpartner:
Ministerium für Umwelt, Naturschutz und
Verkehr Baden-Württemberg
Referat 53 Gewässerreinhaltung, Wasserwirtschaftliche Übereinkommen
Herr Ministerialrat Hans Neifer
Testmethode für die Wirkung von Arzneimitteln bei der dezentralen Abwasserbehandlung
Zusammenfassung
Arzneistoffe gelangen über häusliches Abwasser in die aquatische
Umwelt. Betreiber von Kleinkläranlagen verweisen bei unzureichenden
Ablaufkonzentrationen hinsichtlich BSB5, Ammonium
und gegebenenfalls auch von Nitrat auf eine Medikamenteneinnahme
der angeschlossenen Einwohner. Es wurde ein robuster
Test entwickelt, um eine mögliche Hemmung des Abbaus
durch Medikamente in einer vollbiologischen (Klein-) Kläranlage
nachzuweisen. Selbst bei unrealistisch hohen Medikamentengaben
war die Reinigungsleistung nicht eingeschränkt. Die Untersuchung
zeigt, Kleinkläranlagen sind bauartbedingt geeignet,
auch bei Anwesenheit von Arzneimitteln die geforderten Ablaufkonzentrationen
einzuhalten. Eine weitere Reinigungsstufe ist
verzichtbar. Arzneimittel werden so jedoch nicht von der aquatischen
Umwelt ferngehalten. Dazu bedarf es weiterer Reinigungsstufen
oder umweltverträglicher Arzneimittel.
Den ganzen Artikel lesen Sie In der Korrespondenz Abwasser Heft 8-2011 ab Seite 743
Autoren
Rudolf Wallbaum
Kreis Minden-Lübbecke, Umweltamt
Portastraße 13, 32423 Minden
Prof. Dr.-Ing. Johannes Weinig
Dipl.-Ing. Michael Koltermann
B. Eng. Jonas Struck
Fachgebiet Wassertechnologie
FH Bielefeld, Campus Minden
Vorträge von der Fachtagung zu den Mikroverunreinigungen am 12. Juli 2011 auf der Kläranlage Schönau/CH
Nach dem grossen Erfolg unseres Seminars im Rahmen der ARPEA Tagung zum Thema Mikroverunreinigungen für die französisch sprechenden Mitglieder, haben wir am 12. Juli 2011 für unsere deutsch sprechenden Kunden und Partner eine Fachtagung zu den Mikroverunreinigungen organisiert.
Hunziker Betatech, Labosafe und der GVRZ und ALPHA Umwelttechnik AG haben die Technologie ActifloCarb und Resultate vom Pilotanlage auf der ARA Schönau präsentiert.
Unter: http://www.alphaut.ch/de/news/
Tuttahs-Meyer: Auf den Spuren pharmazeutischer Spurenstoffe…Teil III
Im Rahmen des internationalen Großforschungsprojektes PILLS betreuen wir nach Abschluss der Planung zurzeit den Bau sowie den Probebetrieb der Abwasserbehandlungsanlage des Marienhospitals in Gelsenkirchen.
In der Anlage wird das Krankenhausabwasser zusätzlich zur mechanischen und biologischen Abwasserbehandlung einer weitergehenden Behandlung mittels Oxidation und Adsorption zur Spurenstoffbeseitigung unterzogen.
Der Probebetrieb ist erfolgreich gestartet.
zum Portal der Emschergenossenschaft: http://www.eglv.de
Teil I+II unter:
http://www.tuttahs-meyer.de/tum_de/aktuelles/view.php?id=71
Mitmachen – Umfrage: Notwendigkeit der Elimination von Spurenstoffen in der Abwasserreinigung
Das Cluster Umwelttechnologien.NRW bietet auf seinen Internet-
seiten www.umweltcluster-nrw.de ein Mini-Umfragetool an. Damit
werden Einstellungen und Haltungen zu aktuellen Themen mit Be-
zug zum Umweltcluster abgefragt.
Dieses Mal wurde die Notwendigkeit einer weitergehenden Abwas-
serreinigung in Kläranlagen für Medikamente und Spurenstoffe ab-
gefragt. Nebenstehend sehen Sie das Ergebnis Abfrage. Das Clus-
termanagement Umwelttechnologien.NRW wird dieses Thema in
2011 weiter in Kooperation mit niederländischen Partnern bearbei-
ten.
Zu der aktuellen Umfrage gelangen Sie hier.
http://www.umweltcluster-nrw.de/
Mikroverunreinigungen im Abwasser
Medienkonferenz am 19. Mai 2011 zum Nationalen Tag des Abwassers
Referat von Herrn Michael Schärer, stv. Sektionschef,
Sektion Oberflächengewässer Qualität, Abteilung Wasser
Meine Damen und Herren,
in den letzten Wochen standen der ausbleibende Regen und damit die für diese Jahreszeit
zu grosse Trockenheit im Brennpunkt der öffentlichen Diskussion. Ich möchte nun die
Gelegenheit ergreifen um die Gedanken auf einen Aspekt der Trockenheit zu lenken, der
vielleicht nicht allen bewusst ist.
Auf der eingeblendeten Karte sehen Sie eine Darstellung der Trockenwettersituation in der
Schweiz. Diese Karte zeigt ihnen, wie viel gereinigtes Abwasser in den mittleren und
grösseren Fliessgewässern der Schweiz enthalten ist. Das Bild ist klar. Die Belastung der
Gewässer mit gereinigtem häuslichem Abwasser konzentriert sich auf die dicht besiedelten
Regionen der Schweiz.
Der Ausbau der Kanalisationssysteme und der Abwasserreinigungsanalgen in den
letzten Jahrzehnten führte zu einer massiven Verbesserung der Wasserqualität. Beim
Ausbau der ARA ging es dabei um die Elimination von Nährstoffen im Abwasser (Kohlenstoff,
Phosphor, Stickstoff). Dies führt dazu, dass trotz guter Abwasserreinigung viele Chemikalien
– sogenannte Mikroverunreinigungen nicht oder nur teilweise aus dem Abwasser entfernt
werden. Dabei handelt es sich um Stoffe aus Produkten des täglichen Gebrauchs wie
Arzneimittel, Biozide, Korrosionsschutzmittel, Lebensmittelzusatzstoffe.
Sie können sich sicher vorstellen, dass man in den Fliessgewässern mit einem hohen
Abwasseranteil ein breites Spektrum an Mikroverunreinigungen finden kann. Diese
Stoffe führen zu nachteiligen Einwirkungen auf Wasserlebewesen – stören z.B. die Fortpflanzung
und Entwicklung von Fischen. Im weitere können flussnahe Trinkwasservorkommen
im Grundwasser belastet werden. Dies bestätigen umfangreiche Untersuchungen
in der Schweiz und auch zahlreiche Studien aus dem Ausland.
Das BAFU untersuchte verschiedene Massnahmenoptionen. In verschiedenen Pilotversuchen
im grosstechnischen Massstab konnte gezeigt werden, dass durch einen Einbau von
technischen Verfahren auf ARA ein breites Spektrum an Stoffen und deren nachteilige
wirkungen auf Wasserlebewesen eliminiert werden kann. Es zeigte sich, dass dadurch auch
die Qualität der abwasserbelasteten Gewässer verbessert wird.
Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation hatte daher im Jahre
2009 basierend auf Untersuchungen im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt beschlossen
eine Optimierung der kommunalen Abwasserreinigung in der Schweiz vorzunehmen. Ein
entsprechender Entwurf des UVEK zur Änderung der Gewässerschutzverordnung bezüglich
der Reduktion der Einträge von Mikroverunreinigungen in die Gewässer wurde bis Ende April
2010 in eine Anhörung geschickt.
Darin wurden unter anderem Anforderungen an die Elimination von Spurenstoffen auf ARA
formuliert, die den erwähnten gezielten Ausbau von rund 100 ARA zur Folge haben würden.
Insgesamt würde damit das Abwasser von 3,7 Millionen Einwohnern – das entspricht rund
der Hälfte der Schweizer Bevölkerung – mit einem weitergehenden Verfahren behandelt
werden. Die zu erwartenden Investitionskosten umfassen rund 1.2 Mrd. CHF. Dies erscheint
hoch, ist jedoch eine vertretbare Investition gemessen am Wiederbeschaffungswert der
schweizerischen Abwasserinfrastruktur von schätzungsweise 100 Mrd. CHF.
Die Auswertung der Stellungnahmen ergab, dass über 80 Prozent anerkennen, dass das
Problem der Mikroverunreinigungen gelöst werden muss.
Das Konzept des problemorientierten Massnahmenpakets und des selektiven Ausbaus der
kommunalen Kläranlagen wird ebenfalls breit unterstützt. Es wurden aber auch Kritikpunkte
und Forderungen geäussert.
Die Hauptforderung war die Schaffung einer konkreten gesamtschweizerischen, verursachergerechten
Finanzierungslösung. Die genannten Lösungsvorschläge umfassen
•z.B. eine Abgabe auf Produkte die problematischen Stoffe enthalten
•oder eine gesamtschweizerische Abwasserabgabe.
Diese Diskussionen fanden auch im Parlament statt. Die Kommission für Umwelt, Raumplanung
und Energie des Ständerates (UREK-S) wurde eingehend über die Resultate der Anhörung
informiert und fordert nun eine verursachergerechte Finanzierung. Diese Motion wurde
schlussendlich am 15.3.2011 mit der Zustimmung des Nationalrates angenommen. Damit
soll nun eine verursachergerechte gesamtschweizerische Finanzierungslösung erarbeitet
und die notwendigen Rechtsgrundlagen für die Planung und Finanzierung der Massnahmen
geschaffen werden. Dies bedeutet, dass der Weg frei ist für eine Optimierung der Abwasserreinigung
in belasteten Gewässern, wie sie auf der Karte im Hintergrund identifiziert worden
sind.
Die Vorlage wird nun gemeinsam mit verschiedenen Partnern und Experten der Kantone, der
Gemeinden, der ARA-Betreiber und der Fachverbände sowie weiteren Beteiligten, die heute
hier anwesend sind weiterentwickelt. Dazu gehören folgende Aktivitäten:
•Die Erarbeitung der Grundlagen für eine verursachergerechte Finanzierungslösung
wurde gestartet. Eine entsprechende Studie wurde in Auftrag gegeben und wird voraussichtlich
im Herbst 2011 abgeschlossen.
•Für einen nationalen und internationalen Erfahrungsaustausch im Beriech der technischen
Verfahren zur Entfernung von Spurenstoffen wird eine Plattform gebildet. Diese
Plattform wird als Arbeitsgruppe innerhalb des VSA (Kompetenzzentrum ARA)
realisiert und verankert. Diese Plattform soll eine möglichst breite Vernetzung der relevanten
Akteure (BAFU, Kantone, ARA-Betreiber, KI, Planungsbüros, Anbieter, Forschung)
sicherstellen. Gleichzeitig werden durch das BAFU international Kontakte
geknüpft, wobei die Möglichkeiten eines Erfahrungsaustausches konkretisiert werden,
u.a. mit Vertretern aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Die Plattform
wird sich mit Fragen befassen wie z.B. der Wahl des geeigneten Verfahrens, der
Dimensionierung des Verfahrens oder der Überwachung des Betriebs und der Reinigungsleistung.
Zum Schluss noch dies:
Eine optimale Abwasserreinigung kann nur funktionieren in einem intakten Gesamtsystem.
Der Betrieb, Erhalt und die Optimierung dieser wertvollen Infrastruktur muss
längerfristig gewähreistet werden
Zu Nationalen Tag des Abwassers ist die Bevölkerung aufgerufen, sich mit der Problematik
der Siedlungsentwässerung auseinanderzusetzen – und die Betreiber der
ARA in der Schweiz sind angehalten, bei der Erneuerung ihrer Anlagen ihren Beitrag
zu leisten. Das Bafu wird sie bestmöglich dabei unterstützen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Eidgenössisches Departement für
Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (DETEC)
Fruchtbarer Erfahrungsaustausch zu praktischen Ansätzen wurde begonnen und wird fortgesetzt
Auf Einladung des Clusters Umwelttechnologien.NRW und der
STOWA (Stiftung für angewandte Forschung im Wassersektor,
Niederlande) trafen sich am 11. April 2011 ca. 50 Vertreter von Un-
ternehmen, Behörden, Wissenschaft und Verbänden aus den Nie-
derlanden und Deutschland zu einem Erfahrungsaustausch zum
Thema Emissionsreduzierung von Spurenstoffen aus Abwässern in
Düsseldorf.
Herr Odenkirchen vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Land-
wirtschaft,Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-
Westfalen (MKULNV NRW) und Herr van der Vlies vom Wa-
terboard Hollandse Delta eröffneten gemeinsam diesen Workshop.
Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden zu den Themen
• Bedeutung der Spurenstoffe im Abwasser,
• Strategien zur Reduzierung von Spurenstoffen,
• Forschungsaktivitäten und
• Monitoring von Spurenstoffen
über Vorträge praktische Erfahrungen ausgetauscht und konkrete
Projekte als Beispiele der emissionsreduzierenden Maßnahmen in
Abwässern erläutert. Die einzelnen Themen wurden jeweils mit
niederländischen und nordrheinwestfälischen Beiträgen vorgestellt
und deren Übertragbarkeit diskutiert.
Zur Einführung stellte Dr. Michael Schaerer als Mitglied der Interna-
tionalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) und Mitglied
des Bundesamtes für Umwelt (BAFU, Schweiz) die allgemeinen
Strategie zur Verringerung der Emissionen von Mikroschadstoffen
der Mitgliederstaaten des Rhein vor und zählte mögliche Maßnah-
men zur Spurenstoffreduzierung auf. Seinen Vortrag (Bewertung
und Relevanz von Spurenstoffen) können Sie unter
www.umweltcluster-nrw.de downloaden.
Im weiteren Verlauf des Workshops wurden Vorträge zu prakti-
schen Beispielen der Analyse von Spurenstoffen im Wasser und
deren Elimination von jeweils einem niederländischen und nord-
rheinwestfälischem Referenten gehalten. Das ausführliche Pro-
gramm und die Liste der Referenten können Sie unter
www.umweltcluster-nrw.de einsehen.
Bewertung und Relevanz von Spurenstoffen
Auf Einladung des Clusters Umwelttechnologien. NRW und der STOWA (Stiftung für angewandte Forschung im Wassersektor, Niederlande) trafen sich am 11.04.2011 ca. 50 Vertreter von Unternehmen, Behörden, Wissenschaft und Verbänden aus den Niederlanden und Deutschland zu einem Erfahrungsaustausch zum Thema Emissionsreduzierung von Spurenstoffen aus Abwässern.
Zur Einführung stellte Dr. Michael Schaerer als Mitglied der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) und Mitglied des Bundesamtes für Umwelt (BAFU, Schweiz) die allgemeinen Strategie zur Verringerung der Emissionen von Mikroschadstoffen der Mitgliederstaaten des Rhein vor und erläuterte mögliche Maßnahmen bzw. Vorgehensweisen zur Spurenstoffreduzierung.
Den Vortrag finden Sie unter:
Beuteilungkonzept für organische Spurenstoffe aus kommunalem Abwasser
Einen Bericht, der bei der schweizerischen EWAG erarbeitet wurde, findet man unter:
http://www.eawag.ch/forschung/uchem/Bericht_Beurteilungskonzept.pdf
Mikroverunreinigungen aus kommunalem Abwasser beeinträchtigen die Wasserqualität von
Fliessgewässern mit einem hohen Abwasseranteil. Im Weiteren sind sie für Gewässer kritisch, die für
die Trinkwassernutzung von Bedeutung sind und massgeblich durch kommunale
Abwassereinleitungen beeinflusst werden.
Für Mikroverunreinigungen aus kommunalem Abwasser können vier Haupteintragspfade in die
Gewässer unterschieden werden: (1) Eintrag mit gereinigtem Abwasser über ARA; (2) Eintrag mit
ungereinigtem Abwasser über Mischwasserentlastungen bei Kapazitätsüberschreitungen der ARA
und der Kanalisation; (3) Eintrag durch…
Anthropogene Spurenstoffe im Wasserkreislauf
Politischer Workshop der DWA in Berlin Anthropogene Spurenstoffe standen im Mittelpunkt eines politischen Workshops der DWA am 7. Februar 2011 in der Vertretung des Landes Rheinland- Pfalz beim Bund in Berlin. Anthropogene Spurenstoffe sind „vom Menschen gemachte“ Stoffe wie zum Beispiel Arz neimittel, die in geringen Spuren eine Wirkung in Wasserlebewesen und beim Menschen entfalten können. Sie gelangen beispielsweise über das Abwasser oder die Landwirtschaft in die Gewässer. Eingeladen zum Workshop „Anthropogene Spurenstoffe im Wasserkreislauf“ waren Parlamentarier, Wissenschaftler, Mitarbeiter aus den Bundes- und Landesbehörden, aus der Wasserwirtschaft sowie aus Unternehmen und Verbänden. Rund 100 Fachleute verfolgten die qualifizierten Vorträge und beteiligten sich an den intensiven Diskussionen mit den Politikern. Ein ausführlicher Bericht folgt.
Positionspapier der DWA
In der DWA-Position „Anthropogener Spurenstoffe im Gewässer“, die anlässlich der Veranstaltung in Berlin erschien, erklärt die DWA die Problematik auf allgemeinverständliche Weise und fasst ihre Sichtweise zu wesentlichen Aspekten der Thematik zusammen.
Die DWAPosition kann von der Homepage der DWA als pdf-Datei abgerufen werden:
www.dwa.de, dort: Presse.
Den ganzen Artikel lesen Sie In der Korrespondenz Abwasser Heft 4-2011 ab Seite 326
Beuteilungkonzept für organische Spurenstoffe aus kommunalem Abwasser
Einen Bericht, der bei der schweizerischen EWAG erarbeitet wurde, findet man unter:
http://www.eawag.ch/forschung/uchem/Bericht_Beurteilungskonzept.pdf
DWA bezieht Position zu anthropogenen Spurenstoffen und zur Klärschlammentsorgung
Seit mehreren Jahren schon formuliert die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) ihre Standpunkte zur Umweltpolitik in Politikmemoranden. Zur Vertiefung einzelner Themen hat die Vereinigung, die politisch und wirtschaftlich unabhängig ist, jetzt die Publikationsreihe „DWA-Position“ begonnen. Die ersten zwei dieser Positionen – „Anthropogene Spurenstoffe im Gewässer“ und „Klärschlammentsorgung“ – wurden am 7. Februar 2011 bei dem politischen Workshop „Anthropogene Spurenstoffe im Wasserkreislauf“ in der Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund in Berlin veröffentlicht.
Die Positionspapiere können in wenigen Kernsätzen zusammengefasst werden:
Anthropogene Spurenstoffe im Gewässer
Bei den anthropogenen Spurenstoffen kommt es darauf an, die Risiken, die von den Stoffen ausgehen, nach wissenschaftlichen Kriterien zu bewerten. Maßnahmen, die als nötig eingestuft werden, sollten mit Augenmaß getroffen werden. Bislang gibt es eine Vielzahl an Regelungen auf europäischer wie auch deutscher Ebene. Die Chemikalien- und die Gewässerpolitik sollten daher harmonisiert werden. Vorrangig muss es darum gehen, den Anfall und den Eintrag der Stoffe zu vermeiden. Sind technische Maßnahmen bei der Abwasserbehandlung oder Trinkwasseraufbereitung nötig, müssen die technischen Grenzen berücksichtigt werden. Die Trinkwasseraufbereitung muss als Barriere gegen Schadstoffe gesichert werden.
Phosphat aus Klärschlämmen nutzen
Klärschlamm, der bei der Abwasserreinigung auf Kläranlagen anfällt, macht als Rohschlamm zwar nur ein Prozent der behandelten Abwassermenge aus, verursacht aber rund 30 Prozent der Abwasserbehandlungskosten und 90 Prozent der Probleme, so eine gängige Einschätzung unter Abwasserfachleuten. Gleichzeitig enthält Klärschlamm das für das Wachstum von Pflanzen wichtige Phosphat, sodass durch Kreislaufführung von Nährstoffen die natürlichen Ressourcen geschont werden können. Daher sollte die landwirtschaftliche Verwertung geeigneter Klärschlämme dort, wo die Rahmenbedingungen es zulassen, fortgesetzt werden. Dazu sind Systeme zur Qualitätssicherung zu etablieren. Auch die thermische Behandlung (Verbrennung) sollte als Entsorgungsoption genutzt werden. Dabei verbleibt das Phosphat in der Asche. Verfahren zur Phosphorrückgewinnung müssen daher weiterentwickelt werden. Insgesamt muss darauf geachtet werden, die rechtlichen Rahmenbedingungen praxistauglich zu gestalten. Hierzu ist unter anderem eine Abstimmung der Anforderungen mit dem Düngerecht dringend erforderlich.
Download im Internet
Die Positionspapiere der DWA stehen im Internet zum Download bereit: www.dwa.de
Neues Kooperationsprojekt: grenzübergreifende Kooperation NRW – Niederlande beim Thema Spurenstoffe
Zur langfristigen Sicherung einer hohen Wasserqualität besteht grundsätzlich Handlungsbedarf zur Reduktion der Einträge von Spurenstoffen in Gewässer und damit zum Schutz der Ressource Wasser. In den letzten Jahren konnten vermehrt Mikroverunreinigungen (wie z.B. organische Spurenstoffe) in der aquatischen Umwelt nachgewiesen werden. Die Spurenschadstoffproblematik liegt darin begründet, dass z.B. vom menschlichen Organismus ausgeschiedene Arzneimittel bzw. deren Metabolite oder Industriechemikalien nur in begrenztem Maße bzw. gar nicht während des biologischen Abwasserreinigungsprozesses auf kommunalen Kläranlagen eliminiert werden können und deshalb im Ablauf der Kläranlagen, im Gewässer und in Teilen auch schon im Rohwasser der Trinkwasseraufbereitung noch nachweisbar sind. Eine weitgehende Verbesserung der Elimination der Spurenstoffe ist durch additive Maßnahmen bei der Abwasserbehandlung sowohl in den kommunalen Kläranalgen aber auch bei Hotspots z.B. Industriebetrieben mit einer entsprechenden Abwasserbelastung an Mikroverunreinigungen realisierbar. Hierzu haben sich die Techniken der Ozonung und der Aktivkohleadsorption als derzeit am besten umsetzbar herauskristallisiert.
Die Gewässer wie z.B. der Rhein halten sich nicht an Ländergrenzen, daher haben die Oberlieger eine hohe Verantwortung an die Gewässerreinhaltung gegenüber den…
mehr unter: http://www.umweltcluster-nrw.de/virthos.php/de/News/Newsletter/NL_2011_01.html#Niederlande
Mikroverunreinigungen: Pilotversuche in der ARA Vidy haben überzeugt
Die Pilotversuche zur Elimination von Mikroverunreinigungen im Abwasser, die seit über einem Jahr in der Abwasserreinigungsanlage (ARA) Vidy durchgeführt werden, haben zu überzeugenden Resultaten geführt. Mit Unterstützung der kantonalen Fachstelle für Gewässerschutz, Boden und Abwasserreinigung des Kantons Waadt (Service des eaux, sols et assainissement, SESA) beteiligt sich die Stadt Lausanne am Projekt «Strategie MicroPoll» des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). Eines der Ziele dieses Projekts ist die Evaluation der wirksamsten technischen Verfahren zur Elimination von Mikroverunreinigungen in den kommunalen ARAs. – Medienmitteilung der Stadt Lausanne, des Kanton Waadt und des BAFU
Im Rahmen der 2004 begonnenen Gesamterneuerung der ARA Vidy hat die Fachstelle für Abwasserbehandlung des Baudepartements der Stadt Lausanne beschlossen, das neue Problem der Mikroverunreinigungen anzugehen. Gegenwärtig werden in der Schweiz täglich mehr als 30 000 synthetische organische Substanzen verwendet. Eine grosse Zahl davon – namentlich Rückstände von Medikamenten, Kosmetika, Reinigungsmittel, Biozide und Pestizide – gelangen direkt ins Abwasser. Diese sogenannten Mikroverunreinigungen können bereits in sehr geringen Konzentrationen für die Umwelt schädlich sein. Da mit herkömmlichen Abwasserbehandlungsverfahren nur ein Teil davon eliminiert werden kann, gelangen diese Stoffe auch in die Oberflächengewässer. Ihre langfristigen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sind bislang nicht erforscht.
Um den Eintrag solcher Substanzen in die Gewässer zu vermindern, muss nach Lösungen gesucht werden. Mögliche Stossrichtungen sind die Optimierung bestehender Abwasserreinigungsverfahren und die Einrichtung zusätzlicher Behandlungsstufen. «Das Ziel für die Stadt Lausanne ist ehrgeizig. Die Behandlungskette des Abwassers muss so ausgestaltet werden, dass das gereinigte Wasser trinkbar ist. Die Behandlung des Abwasser vom Genfersee muss sich in eine globale Betrachtungsweise des Wasserkreislaufs einfügen. Selbst gegenüber den modernsten in der Schweiz angewendeten Behandlungsverfahren besteht ein grosser Entwicklungsbedarf», erklärte Olivier Français, der als Stadtrat dem Lausanner Baudepartement vorsteht.
Seit 2009 werden in der ARA Vidy Pilotversuche durchgeführt, um wirksame Verfahren zur Elimination von Mikroverunreinigungen zu identifizieren, die entsprechenden betrieblichen Voraussetzungen zu evaluieren und die Kosten und den Energiebedarf zu ermitteln. Nach Abschluss der Versuche steht fest, dass die getesteten Verfahren – Ozonung mit anschliessender Sandfiltration auf der einen sowie Adsorption an pulverförmiger Aktivkohle und Ultramembranfilterung – deutlich wirksamer sind als herkömmliche Behandlungsmethoden und die analysierten Mikroverunreinigungen in beiden Fällen mehrheitlich eliminiert werden. Ein Einsatz dieser beiden Technologien ist in der Mehrheit der ARAs möglich.
Wie die Waadtländer Staatsrätin Jacqueline de Quattro, Vorsteherin des kantonalen Sicherheits- und Umweltdepartements, ausführt, hat das Waadtländer Kantonsparlament im März 2010 einem Kredit von 2,1 Millionen Franken zur Bekämpfung der Mikroverunreinigungen zugestimmt. Damit sollen die Versuche in Lausanne unterstützt und ein kantonaler Plan zur Bekämpfung der Mikroverunreinigungen (Plan cantonal micropolluants, PCM) erarbeitet werden, der definiert, welche ARAs mit einer Behandlungsstufe zur Elimination solcher Substanzen ausgerüstet werden. Diese Planung wird zudem ein neues Konzept für die derzeit stark dezentralisierten Waadtländer ARAs enthalten. In den kommenden Jahren wird es darum gehen, die Betriebskosten zu rationalisieren.
Zudem beabsichtigt die Regierung des Kantons Waadt, die Einführung dieser fortschrittlichen Behandlungsverfahren sowie den Anschluss kleiner Anlagen an grössere ARAs (Regionalisierung) finanziell zu fördern. Zur Umsetzung der Strategie der Regierung wird gegebenenfalls ein Finanzierungsantrag an das Kantonsparlament gestellt, um die Gemeinden mit Aufrüstungsbedarf finanziell zu entlasten.
Mehrere Hürden auf nationaler Ebene überwunden
Laut Willy Geiger, Vizedirektor des Bundesamtes für Umwelt (BAFU), beweisen die in Vidy durchgeführten Versuche, dass praxistaugliche technische Verfahren verfügbar sind, um 80 Prozent der im Abwasser vorhandenen Mikroverunreinigungen zu eliminieren. Zudem zeigt der Pilotversuch, dass bestehende Anlagen mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe aufgerüstet werden können. Die auf nationaler Ebene vorgenommenen Schätzungen der Kosten und des Energieverbrauchs haben sich ebenfalls bestätigt.
Die Anhörung zur Revision der Gewässerschutzverordnung hat überdies ergeben, dass die Notwendigkeit einer Verringerung der Belastung des Abwassers mit Mikroverunreinigungen von einer grossen Mehrheit anerkannt wird und die gezielte Modernisierung der ARAs auf breite Unterstützung stösst. Allerdings muss die Finanzierung der Massnahmen noch geregelt werden. Der Ständerat hat bereits eine Motion seiner Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-S) angenommen, in der der Bundesrat beauftragt wird, die Rechtsgrundlagen für eine verursachergerechte Finanzierung zu schaffen. Der Bundesrat unterstützt diesen Vorstoss. Der Nationalrat dürfte sich im Frühling 2011 dazu äussern.
Adresse für Rückfragen:
Olivier Français, Vorsteher des Baudepartements der Stadt Lausanne, Tel. 021 315 52 00
Jacqueline de Quattro, Staatsrätin, Departement für Sicherheit und Umwelt (DSE), Kanton Waadt, Tel. 021 316 45 00
Willy Geiger, Vizedirektor, Bundesamt für Umwelt (BAFU), Tel. 079 371 62 82
Herausgeber:
Bundesamt für Umwelt
Internet: http://www.umwelt-schweiz.ch
Gemeinsam gegen Mikroverunreinigungen
Umweltministerium fördert Forschungsvorhaben – Neue Versuchsanlage des Ruhrverbands in Schwerte
Dr. Bernhard Görgens (Verbandsratsvorsitzender des Ruhrverbands), NRW-Umweltminister Johannes Remmel, Prof. Harro Bode (Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbands) von links nach rechts
Auf der Kläranlage Schwerte des Ruhrverbands ist eine großtechnische Versuchsanlage zur weitergehenden Abwasserreinigung in Betrieb gegangen. Das innovative Projekt soll Erkenntnisse bringen, mittels welcher Verfahren Arzneimittelrückstände, PFT, Weichmacher, Industriechemikalien oder andere organische Mikroverunreinigungen im kommunalen Abwasser am besten minimiert werden können und was dies kostet. Die Versuchsanlage ist Teil eines vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium für zunächst ein Jahr geförderten Forschungsvorhabens zum Themenbereich „Spurenstoffe“. Umweltminister Johannes Remmel, Dr. Bernhard Görgens, Verbandsratschef des Ruhrverbands, und Prof. Harro Bode, Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbands, nahmen die Versuchsanlage am heutigen 6. Oktober in einem offiziellen Termin in Betrieb, bei dem verschiedene Vertreter der deutschen Wasserwirtschaft, der
Kommunen und der Presse zugegen waren.
Der neue NRW-Umweltminister Johannes Remmel erhofft sich von dem Forschungsvorhaben wichtige Erkenntnisse: „Wir brauchen deutliche Schritte für verbesserte Reinigungsverfahren. Die Elimination von Mikroschadstoffen soll künftig auch breit einsetzbar sein. Diese Anlage in Schwerte ist ein wichtiger erster Schritt. Der Gesundheitsschutz der Menschen und der Erhalt lebendiger Gewässer sind für uns zentral. Schädliche Stoffe gehören nicht in unsere Gewässer. Der beste Schutz für die Verbraucher ist daher, dass solche Stoffe gar nicht erst ins Abwasser gelangen. Dafür setzen wir uns ein.“
Professor Harro Bode sieht den Zweck des nun beginnenden Versuchsbetriebs darin, der Politik Daten und Fakten zur Verfügung zu stellen, um über die Frage weitergehender Reinigungsvorgaben für kommunale Kläranlagen beraten zu können: „Mit dieser Anlage, die mit einer europaweit einzigartigen Verfahrenskombination aus Aktivkohleadsorption und Oxidation mit Ozon ausgestattet ist, sollen die erzielbaren Eliminationsleistungen der einzelnen Verfahren, die mögliche Entstehung trinkwassergängiger nachteiliger Transformationsprodukte und die erforderlichen Investitions- und Betriebskosten in der Praxis untersucht werden. Auch gilt es, den hohen Energie- bzw. Betriebsmittelbedarf dieser Anlagen zu erfassen und nach Möglichkeit zu minimieren,“ sagte Prof. Harro Bode.
Der Verbandsratsvorsitzende Dr. Bernhard Görgens wies darauf hin, dass bei vielen Trinkwasserwerken an der Ruhr bereits erhebliche Investitionen in der Planung und teilweise auch bereits in der Umsetzung seien. „Dies ist ausschließlich dem Vorsorgeprinzip geschuldet. Das Trinkwasser der Ruhrwasserwerke entspricht natürlich durchgängig den hohen Anforderungen der deutschen Trinkwasserverordnung. Somit ist in keiner Weise akuter Handlungsbedarf gegeben,“ sagt Dr. Bernhard Görgens.
Die großtechnischen Versuche in Schwerte sind eingebettet in ein breit angelegtes Untersuchungs- und Forschungsprogramm des Umweltministeriums zum Thema „Spurenstoffe“. Der Ruhrverband ist an sieben Teilprojekten des Gesamtvorhabens mit vielen weiteren Projektpartnern von Universitäten und Forschungsinstitutionen, Anlagenbetreibern und Ingenieurbüros beteiligt. Bei diesen Projekten geht es im Einzelnen um das Eintragspotenzial von Industriechemikalien im Einzugsgebiet der Ruhr, um Eliminations- und Vermeidungsstrategien in Industriebetrieben, um Einsatz der UV-Behandlung auf Kläranlagen, um die Bildung von Metaboliten bzw. Transformationsprodukten bei der Ozonierung, um den Energiebedarf bei Verfahren zur weitergehenden Elimination von Mikroverunreinigungen und um den volkswirtschaftlichen Nutzen der Ertüchtigung von Kläranlagen. Neben der Kläranlage Schwerte des Ruhrverbands sind auch die Kläranlage Bad Sassendorf des …mehr:
Untersuchung der Anreicherung organischer Substanzen in einer mit kommunalem Abwasser betriebenen Membranbelebungsanlage unter Einfluss der Einleitung von Abwasser aus der Biodiesel-Produktion
Mehr zur Diplomarbeit von: Rentzsch, Paula unter:
Betreuung:
Dr. V. Kühn,
Dipl.-Ing. T. Schalk
Mikroverunreinigungen in der aquatischen Umwelt
Pharmazeutische Wirkstoffe lassen sich ubiquitär in der aquatischen Umwelt nachweisen. Humanpharmaka werden entweder unverändert oder nach Umbau im behandelten Organismus als Konjugate bzw. Metaboliten ausgeschieden und gelangen so ins kommunale Abwasser. Dort können sich die Konjugate ggf. wieder in die ursprünglichen Wirkstoffe umwandeln. Humanpharmaka und ihre Metaboliten gelangen dann mit den Kläranlagenabläufen in die als Vorfluter genutzten Oberflächengewässer. Veterinärpharmaka dagegen werden mit der Gülle auf die Felder ausgebracht und gelangen überwiegend durch Abspülungen in die Oberflächengewässer. Bislang wurden weit über 100 Arzneimittelwirkstoffe teilweise in relevanten Konzentrationen oberhalb ökotoxikologischer Wirkschwellen im aquatischen Kreislauf nachgewiesen.
Während bei den Veterinärpharmaka zukünftig mit einer Reduzierung des Eintrags in die aquatische Umwelt aufgrund sich ändernder gesetzlicher Auflagen gerechnet werden kann, werden Humanpharmaka, insbesondere vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, der steigenden individuellen Lebenserwartung und des damit verknüpften steigenden Arzneimittelkonsums, in Zukunft eher in größerer Anzahl und Menge über die kommunalen Abwasserwege in die Umwelt eingebracht werden. Es sind daher breit gefächerte Bestrebungen unerlässlich, den Eintrag von Pharmaka in das Abwasser zu minimieren. Neben Bestrebungen, sowohl die Medikation als auch das Einnahmeverhalten der Patienten zu verbessern, um so mit geringstem Einsatz an Arzneimittelwirkstoffen ein Optimum an therapeutischem Erfolg zu erzielen, sind darüber hinaus verbesserte Entsorgungswege für nicht verwendete oder Altmedikamente zu etablieren. Nur so lassen sich die Konzentrationen der Humanpharmaka in den als Punktquellen erkannten Kläranlagenabläufen vermindern. Des Weiteren ist es aber ebenso wichtig, Strategien zur Verminderung des Austrags dieser Stoffe aus Indirekteinleiter-Punktquellen, wie z.B. Krankenhäuser und Pflegeheime, zu entwickeln.
Quelle: http://www.micropollutants.net/
Aktivkohle in der Abwasserreinigung
Vorstellung aktueller Projekte zum Ausbau von
kommunalen Klärwerken mit einer Adsorptionsstufe
Klärwerk Kressbronn-Langenargen (FN)
Kläranlage Stockacher Aach (KN)
Die Vortragspräsentation von
Symposium Aktivkohle, 23. Juni 2010, Mannheim
Vorstellung aktueller Projekte zum Ausbau von kommunalen Klärwerken mit einer Adsorptionsstufe
von
Dipl. Ing. W. Schirmeister, Stockach
Dr.-Ing. R. Rölle, Stuttgart 1
findet man unter:
http://www.dwa-bw.de/2010_aktivkohle/Vortrag_08.pdf
Neu gemischt: Psychopharmaka und Grippemittel Tamiflu gesellen sich zu den Schmerzmitteln:
Rückstände von Arzneimitteln belasten Gewässer
Rückstände von Medikamenten verschmutzen Experten zufolge permanent die deutschen Flüsse. „Wir sehen jedoch einen Wandel der Belastung“, sagte der Direktor der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), Michael Behrendt. Während über Jahre vor allem Schmerzmittel gefunden wurden, habe man zuletzt zunehmend Psychopharmaka und das Grippemittel Tamiflu in Proben nachgewiesen.
Durch neue Analysetechnik sei klar, „dass sich solche Stoffe in Kläranlagen und bei Bodenkontakt in sogenannte Transformationsprodukte verwandeln und diese dann in Fließgewässern, aber auch im Grundwasser auftauchen“.
Stoffe auch schon im Trinkwasser nachgewiesen
Schäden durch Arzneimittelrückstände seien in erster Linie für die Umwelt zu erwarten und in einzelnen Fällen auch schon nachgewiesen worden. „Es ist gefährlich, das zu dramatisieren“, sagte Behrendt. Früher seien diese Substanzen jedoch häufig als unschädlich abgetan worden. „Ich würde das so nicht unterschreiben“, betonte der BfG-Direktor. Auch im Trinkwasser seien schon einige Arzneistoffe oder deren Transformationsprodukte nachgewiesen worden. „Wir müssen fit darin bleiben, das zu finden“, forderte Behrendt.
Ein Großteil der Stoffe gelangt nach Angaben der BfG über menschliche Ausscheidungen in die Gewässer, der Rest findet den Weg dorthin, weil er einfach über die Toilette entsorgt wird. „Wenn sich diese Stoffe an Sedimente binden oder sich anderweitig konzentrieren, müssen wir das wissen.“ Denn diese Ablagerungen …mehr:
BMBF-Förderung: „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf“
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) will Forschung auf dem Gebiet „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf“ fördern. Als Ergebnis der Forschungsarbeiten werden Technologieentwicklungen und Managementkonzepte für einen vorsorgenden Gesundheits- und Umweltschutz erwartet, die einen wesentlichen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung nationaler, gegebenenfalls internationaler Regionen leisten. Gefördert werden ausgewählte Forschungsvorhaben in folgenden Themenfeldern: Risikocharakterisierung und -management, Technologien zum Emissions-/Immissionsmanagement, Kommunikations- und Bildungsmaßnahmen. In der ersten Stufe des Antragsverfahrens sind spätestens bis zum 15. Oktober 2010 Projektskizzen in deutscher Sprache online im Internet-Portal PT-Outline zu erstellen:
https://www.pt-it.de/ptoutline/riskwa201010
www.kp.dlr.de/profi/easy
www.bmbf.de/foerderungen/15090.php
Forschungsprojekt soll Eliminierung von Arzneimitteln in Kläranlagen untersuchen
Pharmazeutika sind oftmals eine notwendige Sache. Was aber, wenn Arzneimittel unsere Kläranlagen ungehindert passieren? Wie lassen sich diese und andere organische Reststoffe feststellen und herausfiltern? Welche Rolle kann dabei die Dosierung von Kalkhydrat spielen? Um diese Fragen praxisgerecht zu beantworten, startet der Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie jetzt ein aufwendiges wissenschaftliches Forschungsprojekt an einer Versuchskläranlage.
Wasserökologie einfach geregelt
Der Wasserkreislauf in Europa unterliegt strengen Richtlinien, nicht nur, was die Qualität des Trinkwassers angeht. Die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) regelt auch, unter welchen ökonomisch sinnvollen und ökologisch notwendigen Bedingungen Kläranlagenabläufe in Oberflächengewässer gelangen dürfen. Ob und wie weit eine Substanz aus dem Abwasser eliminiert werden kann, hängt dabei von unterschiedlichen Faktoren ab. Für die Reduzierung von organischen Schadstoffen gibt es drei unterschiedliche Möglichkeiten:
• Adsorption an den Belebtschlamm
• chemische Umsetzung
• biologischer Abbau.
Belebtschlammflocken sind entscheidend
Nicht nur aus der Literatur, sondern auch durch viele wissenschaftliche Arbeiten, von denen einige über den Bundesverband Kalk angestoßen und durchgeführt worden sind, ist bekannt, dass der gute Zustand der Belebtschlammflocken für die Eliminierung organischer Schadstoffe wesentlich mitverantwortlich ist. Eine optimale Flockenbildung wird u. a. auch durch eine ausreichende Säurekapazität erreicht. Diese wiederum ist abhängig von der Versauerung des Klärprozesses und wird hauptsächlich durch eine geregelte Zugabe von Kalkhydrat beeinflusst. Dabei spielen folgende Kriterien eine Rolle:
• die Verbesserung der Milieubedingungen und Erhöhung der Artenvielfalt der Mikroorganismen (Arbeitstiere)
• die Stabilisierung der Belebtschlammstruktur (Wohnung)
• die verstärkte Anlagerung organischer Schadstoffe an die Belebtschlammflocke
• die Erhöhung des Carbonatanteils in der Belebtschlammflocke sorgt für eine verbesserte Sedimentation der Flocken (Trennung Arbeitstier vom gereinigten Abwasser)
Den ganzen Artikel finden Sie unter:
http://www.kalk.de/uws-news-07-38.html
‚Aktivkohle in der Abwasserreinigung‘
DWA-Symposium in Mannheim
Abwasserreinigung zur Entfernung von Spurenschadstoffen durch Nachrüstung mit moderner Umwelttechnik weiter verbessern
Umweltministerin Tanja Gönner ist beim Symposium „Aktivkohle in der Abwasserreinigung“ der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V., DWA, in Mannheim. „Der Gewässerschutz stellt uns immer wieder vor neue Herausforderungen. Moderne Analysetechnik macht es möglich, dass heute neue Stoffgruppen wie Arzneimittelrückstände und hormonell wirksame Substanzen im Abwasser erkannt werden können“, erklärte die Ministerin. Hier sei es erforderlich vorsorgend zu handeln, auch wenn die Abwasserreinigung in Baden-Württemberg insgesamt bereits ein sehr gutes Niveau erreicht habe.
Trotz der Erfolge und des hohen Niveaus bei der Abwasserreinigung dürfe es kein Ausruhen geben, mahnte Gönner. „Um die hohe Qualität auch in Zukunft zu sichern, bedarf es weiterer Anstrengungen.“ So müsse ein verstärktes Augenmerk auf die organischen Spurenschadstoffe wie Arzneimittelrückstände gelegt werden, die im Kläranlagenablauf nach der herkömmlichen Abwasserreinigung noch vorhanden sind. Diese Stoffe würden zwar nur in geringen Mengen vorkommen, könnten sich aber beispielsweise in der Umwelt anreichern oder toxisch beziehungsweise hormonell wirken und so zu einer Gefahr für Ökosysteme werden. „Es sind Wechselwirkungen wie Missbildungen bei Gewässerorganismen bekannt.“ Dabei existieren heute insbesondere Verfahren der Aktivkohleadsorption mit nachgeschalteten Filtrationen, mit denen die Spurenschadstoffe eliminiert werden können. Die Umweltministerin appellierte deshalb, notwendige Sanierungen von Anlagen zu nutzen um nachträglich solche innovative Umwelttechniken einzubauen.
Die aktuellen Diskussionen um organische Spurenschadstoffe bestärkten das Land auch in dem Bestreben, aus Vorsorgegründen aus der bodenbezogenen Klärschlammverwertung auszusteigen. Die Verbrennung von Klärschlämmen und damit ihre energetische Nutzung müsse weiter forciert werden. „Es ist ökologisch nicht zu vertreten, mit immer mehr Aufwand die Schadstoffe aus dem Abwasser zu entfernen, um sie nachher wieder breitflächig in der Landwirtschaft oder dem Landbau auszubringen.“ In Baden-Württemberg werde gezeigt, dass die Klärschlammdüngung auf Böden verzichtbar sei: Der Anteil des thermisch verwerteten Klärschlamms ist von rund 30 Prozent im Jahr 2001 auf zwischenzeitlich über 87 Prozent angestiegen. „Dies ist ein großer Erfolg für den vorsorgenden Umweltschutz“, freute sich die Ministerin.
Quelle: Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Baden-Württemberg
Umweltbewertung von Humanarzneimittel – Simulationsmodell für Uferfiltration
In der Umweltbewertung von Humanarzneimitteln spielt der Schutz des Grundwassers eine wichtige Rolle. Denn Arzneimittel gelangen aus Kläranlagen in Oberflächengewässer und von dort über Uferfiltration ins Grundwasser. Um die Größe des Eintrages mathematisch ermitteln zu können, wurde das Modell „SiMBaFi“ (Simulation Model Bank Filtration) entwickelt.
Mehr:
http://www.umweltbundesamt.de/wasser-und-gewaesserschutz/index.htm
Aktivkohle in der Abwasserreinigung – Vom Versuch zum technischen Maßstab
am 23./24. Juni 2010 im Stadthaus N1, Mannheim mit Fachausstellung
Inhalt
Seit 2003 untersucht die Hochschule Biberach in Zusammenarbeit
mit dem Zweckverband Klärwerk Steinhäule, Ulm, in
einem vom Umweltministerium Baden-Württemberg
geförderten FuE-Vorhaben die Leistungsfähigkeit von
verschiedenen Verfahrenstechniken der Pulveraktivkohleanwendung
zur Entfernung von Spurenstoffen aus kommunalem
Abwasser. Im Rahmen eines BMBF-Projekts wird im
Hinblick auf eine Umsetzung der Verfahren in den technischen
Maßstab die Sicherstellung einer Pulveraktivkohleabtrennung
ebenso hinterfragt wie die Betriebsstabilität des
gesamten Reinigungsprozesses.
Die Tagung beschäftigt sich mit der Anwendung von
Aktivkohle in der kommunalen Abwasserbehandlung, wobei
neben der Vorstellung von Untersuchungsergebnissen ebenso
die Frage erörtert wird, inwiefern zusätzliche Reinigungsstufen
im Bereich der kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen
zweckmäßig sind, um den Eintrag von anthropogenen
Spurenstoffen in die Gewässer zu minimieren.
Abgerundet wird die Veranstaltung mit einem Überblick über
aktuelle Projekte zum Ausbau kommunaler Kläranlagen mit
einer zusätzlichen adsorptiven Reinigungsstufe.
Der zweite Veranstaltungstag bietet die Möglichkeit der
Teilnahme an einer Fachexkursion auf das Klärwerk
Mannheim, in welchem ab Frühjahr 2010 eine
Adsorptionsstufe zur Teilstrombehandlung integriert wird.
Zielgruppe
Mitarbeiter von Universitäten, Hochschulen und anderen
Forschungseinrichtungen, Wasserschutzbehörden, Tiefbauund
Umweltämtern, Klärwerksbetreibern, Ingenieurbüros,
Anlagenbauern und Ausrüsterfirmen.
Programmflyer
http://dwa-bw.de/portale/bw/bw.nsf/home?readform&objectid=D9D44931E222C569C12576F10035AE22
Pilotuntersuchungen zur kombinierten oxidativ-biologischen Behandlung von Klärwerksabläufen für die Entfernung von organischen Spuren- und Wirkstoffen und zur Desinfektion
Gereinigtes Kommunalabwasser kann pathogene Mikroorganismen und schwer-
abbaubare organischen Spurenstoffe enthalten, die für die Einleitung in Oberflä-
chengewässer ein Problem darstellen. Ziel der Untersuchungen im Forschungs-
projektes PILOTOX war die Elimination von organischen Spurenstoffen und pa-
thogenen Mikroorganismen aus geklärtem Kommunalabwasser mit Hilfe einer
nachgeschalteten Oxidation mit Ozon. Hierzu wurden von der TU Berlin (FG Was-
serreinhaltung) in Kooperation mit den Berliner Wasserbetrieben im Klärwerk Ber-
lin-Ruhleben Versuche mit einer halbtechnischen Pilotanlage der Firma WEDECO
zur Ozonung des Klarwassers durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Ozonung ein geeignetes Verfahren ist, den we-
sentlichen Anteil der im Klarwasser Ruhleben nachgewiesenen Medikamenten-
rückstände oxidativ zu entfernen bzw. zu transformieren und eine gleichzeitige
Keimreduzierung auf die Grenzwerte der EU Badegewässer-Richtlinie zu errei-
chen. Hierbei konnte unter anderem festgestellt werden, dass viele Spurenstoffe,
wie z.B. das Antiepileptikum Carbamazepin oder das Hormon Estron schon bei
einer sehr geringen Ozondosierung bis unterhalb ihrer analytischen Nachweisbar-
keit entfernt werden können. Die untersuchten Röntgenkontrastmittel hingegen
erwiesen sich als resistenter; ihre Konzentration konnte auch bei hohen Ozonzeh-
rungen nur teilweise reduziert werden. Hierbei deutete sich an, dass durch die
Kombination von Wasserstoffperoxid und Ozon eine Erhöhung der Eliminationsra-
te für einzelne Substanzen erreicht werden kann. Die Elimination der untersuchten
Spurenstoffe konnte mit der Abnahme der UV-Aktivität des Wassers in Korrelation
gebracht werden. Aus diesem Grund bietet es sich an, den schnell und einfach
erfassbaren Parameter SAK254 als Prozesssteuerungsparameter für die Ozondo-
sierung einzusetzen.
Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die biologische Abbaubarkeit der
Wasserinhaltstoffe durch die Ozonung erhöht wird. Laboruntersuchungen zur…mehr unter:
Carsten Bahr, Mathias Ernst, Martin Jekel
in Zusammenarbeit mit
Bernd Heinzmann, Francis Luck, Achim Ried
Eliminierung/Rückhaltung von Humanantibiotika aus Abwässern
Untersuchungen zum Nachweis der nachhaltigen Eliminierung/Rückhaltung von Humanantibiotika und (multi-) resistenten Keimen aus Abwässern
Mit der Entwicklung und Anwendung der Sulfonamide (1934) und der Antibiotika (1942) konnten bakterielle Infektionskrankheiten zunächst mit Erfolg bekämpft werden. Seitdem steigt die Anzahl resistenter und mulitresistenter pathogener Keime ständig an. Durch die Behandlung von Infektionen im Krankenhaus und im häuslichen Bereich gelangen Antibiotika über die menschlichen Ausscheidungen in die kommunalen Kläranlagen. Nach der Anwendung von Antibiotika in der Veterinärmedizin sind Rückstände auch in Gülle anzutreffen. Bei der Nutzung der Gülle und von Klärschlamm als Dünger werden Antibiotika bzw. Metabolite letztendlich in den Boden und in Gewässer verfrachtet. Durch die stetig verbesserte Umweltanalytik steigt das Bewusstsein über die mit dem Auftreten von pharmazeutischen Wirkstoffen in aquatischen Systemen verbundene Problematik. Die in der Literatur immer öfter beschriebene Detektion verschiedener Wirkstoffe, sowie das Vorkommen von humanpathogenen Mikroorganismen in Oberflächen-, Bade-, Grundwässern und sogar in Trinkwasseraufbereitungsanlagen verdeutlicht dabei die dringende Notwendigkeit von Maßnahmen zur hygienisch einwandfreien Aufbereitung von Wasser als Trink- und Brauchwasser zur Sicherung der Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen.
Die Ursache des Problems ist im Wesentlichen in den Einträgen durch Krankenhäuser und Haushalte in die kommunalen Klärsysteme sowie der durch die Landwirtschaft/Veterinärmedizin im freien Zulauf verursachten Einträge in die Gewässer zu sehen.
In Kläranlagenabläufen wurden bereits Antibiotikagehalte gemessen, die in einigen Fällen weit über der Wirkkonzentration liegen. Nicht nur an dieser Stelle ist daher die Frage nach der Nachhaltigkeit bei der Herstellung, Anwendung und Entsorgung von Medikamenten zu stellen, sondern insbesondere im Bereich der Entwicklung von neuen Wirksubstanzen, die bei niedrigerem umweltrelevanten Gefährdungspotenzial ein gleiches oder verbessertes Nutzpotenzial aufweisen. Dies gilt im Besonderen für Antibiotika, die in kommunalen Kläranlagen nach dem zurzeit geltenden Stand der Technik, dem Belebungsverfahren, nicht abgebaut/zurückgehalten werden können und es somit zu einer Anreicherung der Stoffe in der Biomasse der Kläranlage (Klärschlamm), den angeschlossenen Vorflutern, in Oberflächenwässern und im Grundwasser mit bisher nicht im Detail zu bewertenden Auswirkungen kommt.
Des Weiteren muss zudem dem Eintrag von Antibiotika und antibiotikaresistenten Keimen ins Abwasser besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, da die Verbreitung von antibiotikaresistenten Erregern ein wachsendes Problem darstellt. Aufgrund einer fehlenden Stufe zur gezielten Entfernung bzw. Rückhaltung von Mikroorganismen bei herkömmlichen kommunalen Kläranlagen gelangen regelmäßig humanpathogene Mikroorganismen fäkalen Ursprunges in die Vorfluter und es kommt somit sehr häufig zur Überschreitung der mikrobiologischen Leit- und Grenzwerte nach EG-Badegewässerrichtlinie. Für die Einleitung von Bakterien und Viren aus den Kläranlagenabläufen in die Gewässer gibt es derzeit zwar noch keine Grenzwerte, jedoch haben bereits viele deutsche Kläranlagen aufgrund der gestiegenen Anforderungen an die Qualität von Kläranlagenabläufen eine saisonal betriebene Desinfektionsstufe zum Erreichen der Badegewässerqualität eingebaut.
Als Gesamtziel wird in diesem Vorhaben das Erreichen einer ökologisch-nachhaltigen Wasserwirtschaft auf hohem Standard verfolgt, d.h. eine deutlich verbesserte Elimination von Spurenverunreinigungen und fäkalen Bakterien bei der kommunalen Abwasserreinigung. Die besondere Aufmerksamkeit soll hierbei der wirkungsvollen Eliminierung bzw. Rückhaltung von Antibiotika und antibiotikaresistenten Keimen durch die Umsetzung neuer biotechnologischer Erkenntnisse sowie der Anwendung eines innovativen Verfahrenskonzeptes im Demonstrationsmaßstab gewidmet werden.
Hierzu werden die zur Verfügung stehenden Verfahrenstechniken, wie Belebtschlammverfahren (konventionelle kommunale Kläranlagentechnik), Biomembranverfahren (Bioreaktor mit UF) und Membranverfahren (NF/UO), auf ihre Leistungsfähigkeit hinsichtlich …mehr:
http://www.iuv.uni-bremen.de/iuv/index.php?option=com_content&task=view&id=152&Itemid=75
IGF-Vorghaben Nr. 15830 N/1
Laufzeit: 01.01.2009 – 31.12.2010
Projekt zur Teilstrombehandlung mit Pulveraktivkohle im Klärwerk Mannheim*)
Zusammenfassung
Das Themenfeld der anthropogenen Spurenstoffe und deren Auswirkungen
auf die Gewässer haben in den letzten Jahren immer
mehr Aufmerksamkeit in der fachlichen und gesellschaftlichen
Diskussion erhalten. Fachlich stehen die Wahl der Verfahrenstechnik
zur Elimination der Spurenstoffe und deren Wirtschaftlichkeit
im Vordergrund. Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung
Mannheim hat sich entschieden, einen Beitrag zur Reduzierung
der organischen Restverschmutzung des Abwassers zu leisten,
und wendet hierzu im Klärwerk Mannheim eine Teilstrombehandlung
mit Pulveraktivkohle an. Das Verfahren besteht aus
einer Adsorptionsstufe mit einem Kontakt- und Absetzbecken sowie
anschließender Abtrennung der abfiltrierbaren Stoffe in einer
vorhandenen Flockungsfiltration. Unter weitgehender Nutzung
von vorhandener Bausubstanz wie zum Beispiel den bestehenden
Regenüberlaufbecken wird mit der geplanten Verfahrenstechnik
gezeigt, wie eine besonders wirtschaftliche Lösung
der weitergehenden Spurenstoffelimination auf einem großen
kommunalen Klärwerk umgesetzt werden kann. Im vorliegenden
Beitrag wird neben den wirtschaftlichen Aspekten des Spurenstoffprojekts
auch auf die Schlammbehandlung sowie das zukünftige
Energiekonzept des Klärwerks Mannheim eingegangen.
Schlagwörter:
Den ganzen Artikel lesen Sie In der Korrespondenz Abwasser Heft 2-2010 ab Seite
161
Autoren
Dipl.-Ing. Klaus Alt
Hydro-Ingenieure Planungsgesellschaft
für Siedlungswasserwirtschaft mbH
Stockkampstraße 10
40477 Düsseldorf
E-Mail: ka@hydro-ingenieure.de
Dipl.-Ing. Alexander Mauritz
Stadtentwässerung Mannheim
Collinistraße 1
68161 Mannheim
E-Mail: alexander.mauritz@mannheim.de
Mariatal und Kressbronn-Langenargen: Förderung der Aktivkohlebehandlung bei den Abwasserzweckverbänden
Mit zwei Förderbescheiden über rund 3,8 Millionen Euro und 1,6 Millionen Euro unterstützt das Land das Engagement der beiden Zweckverbände
„Mit der Aktivkohletechnologie zur Behandlung des Kläranlagenablaufs und der seit Jahren praktizierten Klärschlammverbrennung sind in beiden Klärwerken bald die wesentlichen Eintragspfade von Spurenschadstoffen in die Umwelt nahezu geschlossen. Dies ist um so bemerkenswerter, als die Abwasserzweckverbände die Maßnahmen auf freiwilliger Basis umsetzen“, freuen sich Umweltministerin Tanja Gönner und Regierungspräsident Hermann Strampfer.
„Wir stecken nicht nur viel Geld in den Bau, sondern wir nehmen auch bewusst die etwas höheren Betriebskosten für die Aktivkohle in Kauf, um mehr für den Bodensee als Trinkwasserspeicher zu tun“, fügen Oberbürgermeister Hermann Vogler (Ravensburg) und Bürgermeister Edwin Weiß (Kressbronn a. B.) als Verbandsvorsitzende hinzu, die zusammen mit ihren Abwasserzweckverbänden voll hinter den Maßnahmen stehen.
Kalkulatorisch entfallen zukünftig auf jeden Einwohner im Einzugsgebiet der Abwasserverbände circa acht bis zehn Euro Mehrkosten jährlich für die Aktivkohlestufen, die circa 8,25 Millionen Euro (Ravensburg) und 2,85 Millionen Euro (Kressbronn-Langenargen) kosten werden. Erleichtert wurde die Entscheidung zum Bau der Anlagen dadurch, dass die Kläranlagen bereits über Sandfilter verfügen, die wegen der Bodenseerichtlinie zur weitergehenden Elimination von Phosphor gebaut wurden. Entsprechend muss jetzt nur noch der Aktivkohleteil nachgerüstet werden.
Ravensburg und Kressbronn-Langenargen sind zwei von vier Kläranlagen im baden-württembergischen Teil des Bodenseeeinzugsgebietes, die Mittel aus dem Konjunkturprogramm des Landes zum Bau der Aktivkohlestufe erhalten. Insgesamt werden so circa 7,5 Millionen Euro Fördermittel zum nachhaltigen Schutz des Bodensees eingesetzt. Mit dem Bau der Maßnahmen soll entsprechend den Vorgaben des Konjunkturprogrammes im ersten Halbjahr 2010 begonnen werden.
Durch die Aktivkohlestufen können viele gelöste Spurenschadstoffe deutlich reduziert werden, die in der konventionellen Kläranlage nur unzureichend oder gar nicht abgebaut werden. Dies können Arzneimittel, endokrine (hormonwirksame) Substanzen, krebserzeugende, erbgutschädigende oder schwer abbaubare und damit in Organismen akkumulierbare Stoffe aus Industrie und Gewerbe und den Haushalten sein, die so dem Wasserkreislauf entzogen werden.
Praktische Erfahrungen mit nachgeschalteten Aktivkohleadsorptionsstufen gibt es bisher auf drei kommunalen Kläranlagen in Deutschland. Die Anlagen Albstadt-Ebingen (Zollernalbkreis) und Lautlingen (Zollernalbkreis) gingen 1991/92 wegen der notwendigen Entfärbung von Textilabwasser in Betrieb. Die Hechinger Kläranlage wurde 1999 ebenfalls nachgerüstet. Alle Anlagen entfernen seit-her auch Spurenschadstoffe quasi im Nebeneffekt, auch wenn diese erst in den letzten zehn Jahren im Gewässerschutz breiter diskutiert werden.
Die Aktivkohletechnologie wird in Ravensburg und Kressbronn-Langenargen die gleiche sein wie auf den oben genannten Anlagen, in denen feine Pulverkohle dem konventionell gereinigten Abwasser zugesetzt und anschließend die schadstoffbelastete Aktivkohle wieder entfernt wird. Ein Sandfilter eliminiert als letzte Barriere Feststoffe und auch Keime.
Umweltministerin Tanja Gönner: „Der Schutz unserer Gewässer und die Abwasserreinigung sind Daueraufgaben. Es ist nötig, auch weiterhin in die Gewässerreinhaltung mit verbesserten Reinigungsverfahren sowie in den Bau und die Modernisierung von Abwasseranlagen zu investieren.2
Hintergrundinformation:
Abwasserzweckverband Mariatal, Ravensburg
Der Abwasserzweckverband besteht aus den Verbandsmitgliedern Ravensburg, Weingarten, Baienfurt und Berg und reinigt in seinem Klärwerk Langwiese das Abwasser von circa 80.000 Einwohnern und die anfallenden Abwässer aus Industrie und Gewerbe. Die Kläranlage ist auf eine Kapazität von 170.000 Einwohnerwerten ausgelegt. Sie leitet das gereinigte Abwasser in den größten deutschen Bodenseezufluss, die Schussen ein. Das Einzugsgebiet der Schussen ist besonders in seinem Mittelteil stark industriell geprägt.
Zweckverband Abwasserreinigung Kressbronn- Langenargen
Der Zweckverband besteht aus den Verbandsmitgliedern Kressbronn und Langenargen und reinigt in seinem Klärwerk das Abwasser von circa 15.700 Einwohnern und die anfallenden Abwässer aus Industrie und Gewerbe. Die Kläranlage ist auf eine Kapazität von 24.000 Einwohnerwerten ausgelegt und leitet das gereinigte Abwasser direkt in den Bodensee ein.
Quelle: Umweltministerium Baden-Württemberg
Stockacher Aach :Ausbau der Kläranlage in Espasingen wird gefördert
Bau einer Aktivkohleadsorptionsstufe wird mit rund 1,55 Millionen Euro vom Land gefördert
Umweltministerin Tanja Gönner und Regierungspräsident Julian Würtenberger haben grünes Licht für den Bau einer Aktivkohleadsorptionsstufe auf der Verbandskläranlage Stockacher Aach in Espasingen (Landkreis Konstanz) gegeben. Das Projekt wird 2009 vom Land in Höhe von rund 1,55 Millionen Euro gefördert. Die Kosten für den Bau der Aktivkohleadsorption belaufen sich auf rund 2,6 Millionen Euro. „Die Maßnahme steht für eine neue Dimension bei der Reinigungsqualität im Einzugsgebiet des Bodensees“, erklärte Gönner. Mit der Aktivkohleadsorption werde dem Schutz des Bodensees als wichtigstem Trinkwasserspeicher Baden-Württembergs Rechnung getragen. Ziel sei, die gelösten Spurenschadstoffe, wie Arzneimittel, hormonwirksame Substanzen, krebserzeugende und schwer abbaubare Stoffe aus Industrie, Gewerbe und Haushalten, herauszufiltern. Für die Elimination von Spurenschadstoffen gebe es derzeit keine verbindlichen Vorgaben. Um hier voranzukommen, fördere das Land Baden-Württemberg solche Maßnahmen am Bodensee im Rahmen des Landesinfra-strukturprogramms mit insgesamt rund 7,5 Millionen Euro.
„Unsere Landesförderung von Abwasseranlagen ist eine Erfolgsgeschichte. Baden-Württemberg hat bei der Abwasserreinigung im bundesweiten Vergleich einen Spitzenplatz erreicht“, betonte Gönner. Die hohe Qualität in der Abwasserbehandlung trage ganz wesentlich zur Verbesserung der Gewässergüte im Land bei. Im Regierungsbezirk Freiburg werden in diesem Jahr insgesamt rund 14,7 Millionen Euro Fördermittel für Abwassermaßnahmen bereitgestellt.
Informationen zum Projekt:
Anthropogene Spurenstoffe im Wasserkreislauf, insbesondere Rückstände von Arzneimittel und Industriechemikalien, gehören heute zu den kritischen abwassertechnischen Problemstoffen. Voruntersuchungen haben bestätigt, dass das kommunale Abwasser im Einzugsgebiet der Verbandskläranlage mit Spurenschadstoffe, namentlich Arzneistoffe, Röntgenkontrastmittel und hormonell wirksame Stoffe in vergleichbarer Größenordnung zu anderen Einzugsgebieten belastet ist. Auf der Verbandskläranlage soll nun eine Pulveraktivkohlestufe (PAK) zwischen Nachklärung und Sandfilteranlage errichtet werden. Durch die bereits vorhandene Sandfilteranlage im Auslauf der Kläranlage und die neue Aktivkohlebehandlung sollen Entnahmeraten erreicht werden, die zu einer weitestgehenden Einhaltung der gesundheitlichen Orientierungswerte führen.
Quelle: Umweltministerium Baden-Württemberg
Die Kläranlage der Zukunft mit Ozon!
Mikroverunreinigungen im Wasserkreislauf
Die Beseitigung von Mikroverunreinigungen aus unserem Wasser ist eine Herausforderung, der sich immer mehr verantwortungsbewusste Ver- und Entsorger stellen müssen. Während biologische Aufbereitungsverfahren keine vollständige Entfernung erreichen, stellt sich die Oxidation mit Ozon als eine der effizientesten Methoden heraus.
Pharmazeutika helfen vielen Menschen und Tieren bei der Bekämpfung von Krankheiten, der Erhaltung der Gesundheit oder der Verbesserung der Lebensqualität. Jedoch gelangt ein hoher Anteil der pharmazeutischen Wirkstoffe durch Ausscheidungen des Körpers über das Abwasser in die Umwelt. Die Haupteintragspfade oder „Hot Spots“ von persistenten Spurenstoffen in Oberflächengewässer sind kommunale Kläranlagen, Abläufe aus der pharmazeutischen Industrie, Tierzuchtanlagen oder medizinische Zentren.
Obwohl sie dort kein unmittelbares Risiko darstellen, werden gerade Langzeitgefahren immer deutlicher. Die Effekte von Mikroverunreinigungen bzw. von Arzneistoffen in Oberflächengewässern wurden bereits mehrfach in groß angelegten Studien nachgewiesen und führen im Ökosystem zu negativen Veränderungen und damit zu Problemen.
Problem I: Persistenz
Nicht alle zugelassenen Substanzen im Bereich der Pharmazie, Landwirtschaft und Industrie wie im Bereich des täglichen Bedarfs sind biologisch vollständig abbaubar. So können sie mit konventioneller Kläranlagentechnik nicht vollständig entfernt werden. Folglich findet eine schleichende Anreicherung von Kontaminanten in unserem Wasserkreislauf und seinen Nutzern statt (Bioakkumulation).
Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen bedeutet das für die Zukunft eine stetige Zunahme der Verunreinigung im Wasser und weitere negative Auswirkungen für die aquatische Umwelt.
Problem II: Endokrine Wirkung
Einige Mikroverunreinigungen (z.B. der Wirkstoff der Pille (Ethinylestradiol)) wirken auf das Hormonsystem von Mensch und Tier. Diese sogenannten endokrinen Substanzen (EDCs) sind schon in kleinsten Konzentrationen wirksam und werden von der Wissenschaft als besonders kritisch eingestuft. In Zusammenhang mit negativen Umwelteinflüssen auf Lebewesen werden mittlerweile EDCs als Auslöser in Betracht gezogen:
Es werden negative Wirkungen auf die Fortpflanzung von bestimmten Fischarten beobachtet (u.a. „Verweiblichung“ von männlichen Fischen)
Die Verringerung der Zeugungsfähigkeit bei Mensch und Tier durch
verminderte Spermienqualität nimmt zu.
Die Zunahme bestimmter Krebsarten, die mit einer Störung des Hormonsystems
zusammen hängen könnte.
Der Spezialagent Ozon
Die Auswirkungen von endokrinen Substanzen und persistenten Spurenstoffen auf unser Ökosystem machen eine weitergehende Reinigung notwendig. Mit bestehender Reinigungstechnik stoßen viele Klärwerke an ihre Grenzen, um die Stoffe in ausreichenden Umfang zu beseitigen. Zahlreiche Pilottests mit Ozon als weitere Reinigungsstufe haben gezeigt, dass Ozon ein geeignetes Mittel für die Beseitigung persistenter Stoffe ist. So können mit ökologisch und ökonomisch sinnvollen Ozondosen die im Wasser vorhandenen Spurenstoffe effektiv entfernt werden.
How does OZONE work?
Ozon ist eines der stärksten, technisch herstellbaren, gasförmigen Oxidationsmittel. Es reagiert schnell mit einer Vielzahl von Verbindungen, entweder durch direkten Angriff des Ozonmoleküls oder indirekt durch entstehende Hydroxyl Radikale. Das Ozon wird durch den Reaktionsprozess in der Regel vollständig verbraucht. Es zerfällt oder wird mittels Restozonvernichter am Ende des Prozesses wieder zu Sauerstoff zerlegt.
Quelle: http://www.wedeco.com/index.php?id=91034&Lang=1&langID=44&tx_ttnews[tt_news]=6&tx_ttnews[backPid]=91030&cHash=f0077369a2
Nanotechnologie zur Wasserbehandlung: fünf neue Projekte
Fünf neue Projekte über Nanotechnologie zur Wasserbehandlung sind im Mai/Juni 2009 gestartet. Diese Projekte sind Ergebnis eines Aufrufs der EU (ENV-NMP-2008-2) im Rahmen des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms. Mehr Informationen über die Projekte sollen etwa im September 2009 im Internet erscheinen.
Das Projekt „Cleanwater“ zielt auf die Entwicklung photokatalytisch aktiver Membranen, mit denen unter anderem endokrin wirkende Stoffe abgebaut werden sollen. Im Rahmen von „Monocat“ sollen Durchfluss-Katalysatoreinheiten entwickelt werden, mit denen Wasserinhaltsstoffe reduziert oder oxidiert werden können. Bei „Nametech“ sollen Nanomaterialien in Membranen eingebaut werden, um deren Standzeit zu erhöhen. Für „New Ed“ werden bipolare Membranen entwickelt, um salzhaltige Industrieabwässer durch Elektrodialyse zu reinigen. Im Rahmen „Watermim“ werden Membranen „molekular geprägt“, so dass mit ihnen die „eingeprägten“ Substanzen abgetrennt werden.
Umweltrisikobewertung von Zytostatika
„Umweltrisikobewertung von Zytostatika“ ist der Titel einer 261 Seiten umfassenden Studie, die die Universität Freiburg im Auftrag des Umweltbundesamts erstellt hat. Die Autoren fassen anhand einer Literaturrecherche den aktuellen Wissensstand zu Zytostatika in der Umwelt zusammen, beschreiben und klassifizieren die am meisten verwendeten Wirkstoffe und präsentieren eine umfangreiche Verbrauchsbilanzierung. Darüber hinaus diskutieren sie das europäische Umweltrisikobewertungsverfahren. Die Studie ist ausschließlich per kostenlosen Download über das Internet verfügbar:
www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3744.pdf
www.umweltbundesamt.de/chemikalien/arzneimittel/index.htm
Quelle: http://www.dwa.de
Nanopartikel zur Bindung von Spurenstoffen
Am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB, Stuttgart) wurden Nanopartikel hergestellt, die nach Mitteilung des Instituts „selbst gering konzentrierte Pharmaka aus Abwässern effektiv binden.“ Möglich macht dies eine (patentierte) Technologie, mit der die Wissenschaftler um Priv.-Doz. Dr. Günter Tovar einen jeweils spezifischen Abdruck dieser Pharmaka in die Oberfläche kleinster Polymerkügelchen prägen. Dieser Abdruck in den sogenannten NanoMIPs (nanoscopic molecular imprinted polymers) bleibt dauerhaft erhalten. Das zu entfernende Arzneimittel passt nun genau in diesen Abdruck – wie ein Schlüssel ins Schloss. In einem durch das Umweltministerium Baden-Württemberg geförderten Projekt konnten die Wissenschaftler an Modelllösungen zeigen, dass die robusten NanoMIPs selektiv nur „ihren“ Stoff adsorbieren und beispielsweise 1 g NanoMIP bis zu 500 µg Pentoxifyllin aufnehmen kann.
Die spezifischen Adsorberkügelchen mit einem durchschnittlichen Durchmesser von nur 200 nm können, in eine Membran eingebunden, zur Adsorption der Schadstoffe über ein Filtrationsverfahren eingesetzt werden. Ebenso ist es möglich, die Nanopartikel mit einem magnetisierbaren Kern auszustatten. Dann ließen sie sich – und mit ihnen die gebundenen Pharmaka – aus zum Beispiel Abwasser einfach mit einem Magnetabscheider abfangen.
www.igb.fhg.de , Suchwort „NanoMIP“
Quelle: http://www.dwa.de
Pilotversuch zur Ozonung von gereinigtem Abwasser auf der ARA Wüeri in Regensdorf erfolgreich abgeschlossen
Projekt «Strategie MicroPoll»
Auf der Abwasserreinigungsanlage (ARA) Regensdorf wurde im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) während 16 Monaten die Eignung der Ozonung als zusätzliche Reinigungsstufe für die Entfernung problema-tischer Mikroverunreinigungen getestet. Mit dem Pilotversuch konnte gezeigt werden, dass die Ozonung grosstechnisch machbar und für die angestrebten Ziele geeignet ist.
Hintergrund und Zielsetzung
Gasförmiges Ozon ist ein starkes Oxidationsmittel, das in der Trink- und Badewasser-aufbereitung zur Desinfektion und zur Entfernung von Geruchs- und Geschmacksstoffen zum Einsatz kommt. Die Breitbandwirkung der Ozonung bei der Elimination von orga-nischen Spurenstoffen aus dem Abwasser wurde in verschiedenen Labor- und Kleinver-suchen bereits erfolgreich demonstriert. Das Ziel des Pilotversuches auf der ARA Wüeri in Regensdorf war die Untersuchung dieses weitergehenden Verfahrens im Grossmass-stab. Dabei wurden folgende Fragen untersucht: – Vermag die Ozonung ein breites Spektrum organischer Spurenstoffe zu eliminieren? – Hat die Entfernung von Spurenstoffen einen positiven Effekt auf ausgewählte Wasser-lebewesen? – Werden durch die Ozonung unerwünschte toxische Reaktionsprodukte gebildet? –
Schlussfolgerungen aus dem Pilotversuch
Die Ozonung ist als zusätzliche Reinigungsstufe auf kommunalen ARA technisch mach-bar und wirtschaftlich vertretbar. Da aber gewisse Nebenprodukte entstehen, ist eine nachgeschaltete biologische Stufe, z.B. eine Sandfiltration, notwendig. Die Anwendung dieser technischen Massnahme würde die Belastung von Gewässern mit problematischen organischen Spurenstoffen aus dem Abwasser deutlich reduzieren und auch in Zukunft eine gute Wasserqualität gewährleisten.
Ausblick
Im Oktober 2009 wird auf der STEP Vidy in Lausanne ein zweiter grosstechnischer Pilotversuch mit der Ozonung ….
Den ganzen Artiekel finden Sie unter:
Juni 2009 Informationsblatt Nr. 5
Kommunale Abwasserbehandlung: Nachgeschaltete Pulveraktivkohlestufe im Klärwerk bindet Arzneimittelwirkstoffe
Dipl.-Ing.(FH) Steffen Metzger
Seit Mitte 2003 untersucht die Hochschule Biberach in Zusammenarbeit mit dem Zweckverband Klärwerk Steinhäule, Ulm, in einem vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderten FuE-Vorhaben, wie und in welchem Umfang die organische Restverschmutzung im Ablauf kommunaler Kläranlagen mit Hilfe von Pulveraktivkohle weiter verringert werden kann. Ziel des Vorhabens ist es, eine dauerhafte Unterschreitung der CSB-Ablaufwerte von 20 mg/L sicherzustellen. Gleichzeitig wird geprüft, ob mit diesem Verfahren organische Mikroschadstoffe, zu denen u.a. Rückstände aus Arzneimitteln und endokrin wirksame Substanzen zählen, aus dem Abwasser quantitativ entfernt werden können.
Vorhabensbeschreibung und Zielsetzung
In letzter Zeit häufen sich die Meldungen über das Vorkommen von Arzneimittelwirkstoffen in Gewässern. Kommunale Kläranlagen werden als einer der Hauptemittenten für diese Substanzen in die aquatische Umwelt angesehen. Untersuchungen zeigen, dass ein Großteil der im Abwasser vorhandenen Arzneimittelwirkstoffe kommunale Kläranlagen, die primär auf die Elimination organischer Abwasserinhaltsstoffe, summarisch erfasst als Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) oder Biochemischer Sauerstoffbedarf (BSB5) und auf die Nährstoffentnahme (Phosphor und Stickstoff) ausgelegt sind, ungehindert passieren können.
Der Zweckverband Klärwerk Steinhäule, Ulm, dessen Verbandsklärwerk täglich die Abwassermengen von derzeit 360.000 Einwohnerwerten hinsichtlich der gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen reinigt und der Donau zuführt, beabsichtigt die organische Restverschmutzung des Abwassers weiter zu verringern und damit die Gewässerqualität der Donau zu verbessern.
Das Kriterium der Entnahme von organischer Restverschmutzung wird bei diesem vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderten FuE-Vorhaben am Parameter CSB festgemacht: Ziel ist es, durch Entnahme von partikulären und gelösten Stoffen im Kläranlagenablauf eine dauerhafte Unterschreitung der CSB-Werte < 20 mg/l sicherzustellen. Gleichzeitig wird die Möglichkeit untersucht, ob und in welchem Umfang organische Mikroschadstoffe, zu denen u.a. Rückstände von Arzneimitteln und endokrin wirksame Substanzen zählen, mit der angewandten Verfahrensweise aus dem Abwasser entnommen werden können.
Neben dem ökologischen Aspekt ist für den Verband ein betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkt für die Entwicklung einer geeigneten Verfahrensweise mit maßgebend: Bei dauerhafter Unterschreitung des sog. „Schwellenwertes“ für den CSB von 20 mg/l im gereinigten Abwasser entfällt die Zahlung der Abwasserabgabe auf diesen Parameter.
Verfahrensweise
Für die Untersuchungen zum Einsatz der Pulveraktivkohle im Durchlaufbetrieb wurde Ende 2003 im Klärwerk Steinhäule eine Versuchsanlage gemäß dem in Bild 1 dargestellten Verfahrensschema aufgebaut. Die Konzepterarbeitung sowie Dimensionierung der in Bild 2 gezeigten Anlage haben Bauingenieure des Instituts für GEO und UMWELT der Hochschule Biberach vorgenommen.
Die Anlage unterteilt sich in Straße A und Straße B. Straße A, in der die Aktivkohle eingesetzt wird, gliedert sich in eine biologische Stufe und eine nachgeschaltete Adsorptionsstufe, Straße B besteht aus einer biologischen Reinigungsstufe und dient als Vergleichsanlage.
Die Straßen werden mengenproportional zum Zufluss des Klärwerks Steinhäule über eine Exzenterschneckenpumpe (2) und eine Wasserweiche mit Rohabwasser aus dem Vorlagebehälter beschickt. Der Vorlagebehälter wird kontinuierlich mit Abwasser, welches zuvor in Sand- / Fettfang und Feinrechen gereinigt wurde, befüllt (1).
Die biologische Reinigungsstufe besteht aus einem Belebungsbecken und einem Nachklärbecken. Das Belebungsbecken gliedert sich in eine vorgeschaltete Denitrifikationszone (DN) und eine belüftete Nitrifikationszone (N). Zur Denitrifikation wird der im Nachklärbecken abgesetzte Schlamm kontinuierlich in die Denitrifikationszone des Belebungsbeckens zurückgeführt (3; 9).
Die nachgeschaltete Adsorptionsstufe besteht aus einem Kontaktreaktor und einem Sedimentationsbecken. Der Kontaktreaktor gliedert sich in drei gleich große Kaskaden. Um im nachgeschalteten Sedimentationsbecken die Pulveraktivkohle besser absetzen zu können, wird dem biologisch gereinigten Abwasser vor dem Kontaktreaktor Fällmittel zum Aufbau einer abtrennbaren Flocke zudosiert (4). Die frische Pulveraktivkohle wird in den Einlaufbereich der ersten Kaskade des Kontaktreaktors über eine Schlauchpumpe zugegeben (5). Um eine verbesserte Abtrennung des feinen Kohlestaubs zu erreichen, wird dem „Kohle-Schlamm-Gemisch“ nach dem Kontaktreaktor Flockungshilfsmittel zudosiert (6). Der im Sedimentationsbecken abgesetzte „Kohle-Schlamm“ wird zur Mehrfachbeladung als „Rücklaufkohle“ wieder in die erste Kaskade des Kontaktreaktors zurückgeführt (7). Die Entnahme des „Kohle-Schlamm-Gemischs“ aus der Adsorptionsstufe erfolgt als „Überschusskohle“. Zur Ausnutzung der möglichen Restadsorptionskapazität der Kohle wird die mehrfach beladene „Überschusskohle“ in die Nitrifikationszone des Belebungsbeckens zurückgeführt (8). Die Entsorgung der Kohle wird durch die Entnahme des Überschussschlammes aus dem Belebungsbecken sichergestellt.
Zur Bilanzierung der Reinigungsleistung der Adsorptionsstufe sowie der Rückführung von „Überschusskohle“ in die Biologie werden in den Abläufen der Nachklärbecken (PN II; IV) sowie des Sedimentationsbeckens (PN III) mengenproportionale Proben gezogen.
Ergebnisse
Um die Entnahme der gelösten Verschmutzung feststellen zu können, wurden alle Proben vor der Bestimmung membranfiltriert (Ø 0,45 µm).
Bezugspunkt für die zusätzliche Entnahme aufgrund des Einsatzes von Pulveraktivkohle bei der kommunalen Abwasserbehandlung stellt der Auslauf der biologischen Reinigungsstufe, Nachklärbecken B, dar. Somit lässt sich die zusätzliche Entnahme gegenüber der konventionellen biologischen Reinigung wie folgt berechnen: Zusätzliche Entnahme = Ablaufwert Nachklärbecken B – Ablaufwert Sedimentationsbecken A.
Die Untersuchungen aus dem Jahre 2004 zeigen, dass mit einer Dosierung von 10 mg/l Pulveraktivkohle im Mittel ca. 45 % der nach biologischer Reinigung im Abwasser verbleibenden gelösten organischen Restverschmutzung entnommen werden können. Damit können heutige CSB-Werte im Kläranlagenablauf bis zu 35 mg/l (gelöst) mit einer Aktivkohledosierung von 10 mg/l soweit verringert werden, dass eine Unterschreitung des CSB-Schwellenwertes von 20 mg/l gegeben ist. Bei einer Verdoppelung der Dosierung auf 20 mg/l Aktivkohle können im Mittel 65 % der verbleibenden organischen Restverschmutzung zurückgehalten werden. Darüber hinaus zeigt sich, dass ca. ein Drittel der Verringerung auf die zusätzliche Entnahme in der Biologie aufgrund der Rückführung von Überschusskohle zurückzuführen ist [1].
Messungen in Zusammenarbeit mit dem Zweckverband Landeswassersorgung haben ergeben, dass nicht-ionische Röntgenkontrastmittel (RKM) mit der angewandten Verfahrensweise bei einer Dosierung von 10 mg/l Pulveraktivkohle zwischen 50 und 75 % aus der Wasserphase eliminiert werden können (Bild 3). Lediglich die ionische Substanz Amidotrizoesäure kann nur unwesentlich entfernt werden. Die Verdoppelung der Aktivkohledosierung hat eine Verringerung der nicht-ionischen RKM von 90 % zur Folge, gleichzeitig zeigt sich, dass die Amidotrizoesäure um durchschnittlich 40 % eliminiert wird. Berechnungen haben ergeben, dass bei einem 100 prozentigem Rückhalt der RKM im Klärwerk Steinhäule, ca. 30 % weniger RKM an der Donau-Rohwasserentnahmestelle der Landeswasserversorgung in Leipheim anfallen würden [2].
Untersuchungen des Jahres 2006 hinsichtlich der Entnahme von Arzneimittelwirkstoffen aus dem Abwasser zeigen, dass die nach der biologischen Behandlung gefundenen Arzneimittelwirkstoffe (u.a. Analgetika, Lipidsenker, Antiepileptika, β-Blocker, Antibiotika) mit einer Dosierung von 10 mg/l Aktivkohle durchschnittlich zu 80 % entfernt werden können [3]. Die Analysen wurden beim Technologiezentrum Wasser (TZW), Karlsruhe, durchgeführt. Von den insgesamt über 60 untersuchten Einzelwirkstoffen konnten im Kläranlagenzulauf 17 Wirkstoffe oberhalb der Bestimmungsgrenze gefunden werden. Zu den nachgewiesenen Substanzen mit den höchsten Konzentrationen (> 1 µg/l) im Zulauf zählt der Wirkstoff Diclofenac. Die Messungen zeigen, dass mit der Behandlung von 10 mg/l Aktivkohle eine Entnahme von knapp 90 % des Wirkstoffes gegenüber der konventionellen biologischen Reinigung, die keinen nennenswerten Rückhalt für diese Substanz aufweist, gegeben ist.
Die Dosierung von 10 mg/l Pulveraktivkohle hat darüber hinaus einen Rückgang der estrogenen Gesamtaktivität, festgemacht an der 17ß-Estradiol-Äquivalentkonzentration (EEQ), von ca. 80 % gegenüber alleiniger biologischer Behandlung zur Folge [4]. Die Bestimmung der EEQ wurde am Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft, Abteilung Hydrochemie der Universität Stuttgart durchgeführt.
Weitere Untersuchungen
In jüngster Vergangenheit wurden im Klärwerk Steinhäule abschließende Untersuchungen durchgeführt, die es mittlerweile erlauben, das Verfahren in einer großtechnischen Anlage umzusetzen. U.a. wurde untersucht, unter welchen Randbedingungen mit einer Sandfiltration nach der Adsorptionsstufe die weitestgehende Feststoffabtrennung sichergestellt werden kann. Darüber hinaus werden derzeit verschiedene Modifikationen der Verfahrensweise untersucht: So wird z.B. getestet, ob eine Dosierung von Pulveraktivkohle direkt in das Belebungsbecken die gleichen Ergebnisse hinsichtlich der Entnahme von CSB und Spurenstoffen erbringt, wie eine nachgeschaltete Adsorptionsstufe.
Teile des Berichtes stammen aus dem Artikel „Pulver gegen Arzneimittel im Wasserkreislauf“, erschienen Umweltmagazin im September 2006, Springer VDI Verlag; www.umweltmagazin.de
Im Rahmen der DWA-Bundestagung am 17./18.09.08 in Mannheim wird der Autor zur Thematik „Aktivkohle zur besseren Abwasserreinigung – vom Versuch zum technischen Maßstab“ vortragen.
Link zum Tagungsprogramm DWA-Bundestagung am 17./18.09.08 in Mannheim:
http://bundestagung.dwa.de/portale/buta/buta.nsf/home?readform&treeid=_1_1&submenu=_1_1&objectid=C5CA63CBC756A8FAC125724A0048FF2B
Autor:
Dipl.-Ing.(FH) Steffen Metzger
Hochschule Biberach
Institut für GEO und UMWELT
Karlstr. 11
88400 Biberach
metzger@fh-biberach.de
TU Wien startet Großkläranlagen-Versuch zur Zerstörung von Schadstoffspuren aus Medikamenten und Körperpflegemittel
Projekt „KomOzon“ in der Hauptkläranlage Wien
Wien (RK). „Die im Jahr 2005 eröffnete erweiterte Hauptkläranlage (HKA) Wien reinigt das Abwasser der Wienerinnen und Wiener auf technisch höchstem Niveau, alle an die neue Anlage gestellten Erwartungen wurden erfüllt oder sogar übertroffen“, betonte Umweltstadträtin Mag.a Ulli Sima bei der Vorstellung des Projektes KomOzon auf dem Gelände der Hauptkläranlage in Wien- Simmering: „Die zweite biologische Reinigungsstufe sorgt dafür, dass neben den organischen Schmutzstoffen auch Stickstoff und Phosphor weitestgehend aus dem Abwasser entfernt werden und nicht in die Wiener Gewässer gelangen.“ Univ.-Prof. Dr. Helmut Kroiss von der TU Wien bestätigte: „Die HKA Wien ist heute weltweit eine der effizientesten Großkläranlagen. Diese Technologie ist heute Stand der Technik.“****
Dennoch gelte, so Umweltstadträtin Sima: „Wir wollen die bestmögliche Wasserqualität für Wien erreichen. Das gilt auch für Substanzen, deren Entfernung aus dem Abwasser nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Daher kooperieren die EbS als Betreiber der Hauptkläranlage Wien mit der TU Wien im Projekt KomOzon bei der Erforschung neuer Methoden, wie wir auch diesen Schadstoffspuren künftig zu Leibe rücken können.“ Denn nach der erfolgreichen Entfernung von organischen Schmutzstoffen, Stickstoff und Phosphor aus dem Abwasser sind nun neue Substanzen in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses gerückt: Kommunales Abwasser enthält auch Spuren menschlicher Hormone, Rückstände von Medikamenten und Körperpflegemittel. „Zahnpasta, Deos, Duschgels, Sonnencreme oder Shampoos beinhalten eine Vielzahl von chemischen Verbindungen, die beim Duschen oder Baden ins Abwasser gelangen und biologisch in den Kläranlagen schlecht oder unter Umständen gar nicht abgebaut werden“, erklärte Professor Kroiss. Diese Substanzen gelangen nur in sehr geringen Mengen – vergleichbar einem Zuckerwürfel in 1.000 bis 10.000 Tankwagen – in die Gewässer. In der HKA Wien führt die TU Wien nun mit dem Projekt KomOzon den ersten, umfangreichen Großkläranlagen-Versuch zur Zerstörung dieser Schadstoffspuren durch.
Zwtl.: Ozon „knackt“ Schadstoffe
Im Labor ergab die Anwendung von Ozon, das diese Substanzen zerstört und selbst im Wasser zu ungefährlichem Sauerstoff zerfällt, die überzeugendsten Ansätze. Prof. Kroiss: „Ozon ,knackt‘ biologisch nicht oder schwer abbaubare Substanzen und zerlegt sie – oxidiert sie – in kleinere, einfachere Teile, die im Optimalfall von den Bakterien weiter biologisch abgebaut werden können. Die chemische Struktur der Schadstoffe wird jedenfalls zerstört, so dass Gewässerorganismen nicht mehr belastet werden.“
Den ganzen Artikel lesen Sie unter:
http://www.wien.gv.at/vtx/rk?SEITE=020081023020
Kressbronn/Langenargen: Aktivkohle könnte eine Lösung sein
Ein großes Thema der Verbandsversammlung Abwasserreinigung Kressbronn-Langenargen war am Montag der mögliche Einsatz von Aktivkohle zur Entfernung von organischen Spurenstoffen, insbesondere Rückständen von Arzneimitteln und Industriechemikalien. In der Versammlung übergab Rolf Müller sein Amt als Vorsitzender des Verbandes turnusmäßig an Edwin Weiß.
Würde man in Kressbronn zur Verbesserung der Klärleistung eine Absorptionsstufe mit Pulveraktivkohle zwischen Nachklärbecken und Sandfiltration schalten, ließe sich laut Ingenieur Reinhold Rölle der gesundheitliche Orientierungswert von 100 Nanogramm einhalten. „Obwohl wir in Kressbronn bereits eine Filtrationsanlage haben, enden wir bei Werten, die weit über diesem Orientierungswert liegen. Selbst in so einer guten Kläranlage sind anthropogene Spurenschadstoffe nicht ausreichend…
mehr unter: http://www.suedkurier.de/region/bodenseekreis-oberschwaben/kressbronn/art372482,3488863
Mit der Entfernung von Spuren Sporen verdienen
Alles klar: Abwasserexperten der Großstädte diskutieren in Berlin die Zukunft
Am 11. und 12. Mai 2009 treffen sich die für die Abwasserentsorgung verantwortlichen Experten der deutschen Großstädte mit mehr als 200 000 Einwohnern auf Einladung der Berliner Wasserbetriebe zum Erfahrungsaustausch in Berlin. Dieses jährlich in wechselnden Städten ausgetragene Treffen wird zum 45. Mal von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) veranstaltet. Neben den Vertretern deutscher Großstädte werden auch Vertreter aus den Metropolen europäischer Nachbarländer von DWA-Präsident Otto Schaaf begrüßt, darunter aus Amsterdam, Wien und Zürich.
Gemeinsames Ziel der Experten ist es, kostengünstig ein Optimum an Gewässerschutz zu erzielen. Im Mittelpunkt der Berliner Konferenz stehen der Klimawandel und daraus folgende Anpassungsstrategien für die Abwasserentsorgung, Fragen der Energieeffizienz und CO2-Reduktion sowie die Entfernung so genannter Spurenstoffe aus dem Wasserkreislauf.
In den vergangenen Jahren sind vor allem durch die konsequente Verwertung des Klärschlamms mit hohem Brennwert bedeutende Energieeinsparungen erzielt worden. Sogar das „energieautarke Klärwerk“ wird diskutiert. Allerdings weisen die Spezialisten darauf hin, dass zusätzliche Reinigungsstufen in den Klärwerken auch zusätzliche Energie benötigen und damit die bisherigen Einsparungen kompensieren. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie gibt Qualitätskriterien vor, die eine weiter als bisher gehende Abwasserreinigung voraussetzen. Die DWA verweist darauf, dass ein gesellschaftlicher Dialog unumgänglich sei, um die wasser- und klimapolitischen Ziele in Einklang zu bringen.
Die Experten erklären zum Thema Spurenstoffe, dass Vermeidungsstrategien immer Vorrang vor technischen haben müssten. Spurenstoffe sind Reste von Arzneimitteln oder anderen Chemikalien, die durch menschlichen Einfluss in den Wasserkreislauf gelangt sind. Mehr unter:
http://www.bwb.de/content/language1/html/299_5855.php
FH Gießen erforscht Reinigung von Krankenhausabwässern
Das Evangelische Krankenhaus in Gießen hat unter der Projektleitung der Fachhochschule Gießen-Friedberg (FH Gießen) eine Abwasserversuchsanlage in Betrieb genommen. Mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt will die FH Gießen die Möglichkeiten der Reinigung von Krankenhausabwässern untersuchen.
Im Unterschied zu häuslichen Abwässern sind Krankenhausabwässer, so die Wissenschaftler, hoch medikamentös belastet. Kommunalen Kläranlagen gelänge die Trennung der Schadstoffe vom Wasser meist nur zum Teil. So gelangten zum Beispiel Arzneimittelrückstände wie Hormone in freie Gewässer. Mit drastischen Auswirkungen auf die Natur: Nach Angaben der FH Gießen wurde festgestellt, dass Rückstände von Schmerzmitteln und Antibabypillen zu Missbildungen bei Jungfischen beziehungsweise zur Verweiblichung der Fischbestände führen.
Am Evangelischen Krankenhaus in Gießen findet die Abwasserreinigung jetzt mit einem speziellen Trägermaterial statt. Den ganzen Artikel lesen Sie unter:
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/36438/FH_Giessen_erforscht_Reinigung_von_Krankenhausabwaessern.htm
Reduktion der Emission wasserbelastender Stoffe aus Kliniken durch die Behandlung von Urin mit elementarem Eisen
PharmaTreat
Finanzierung: KompetenzZentrum Wasser Berlin / Berliner Wasserbetriebe
Laufzeit: 01.04.2007 bis 31.03.2010
Projektleitung: Dr. Anke Putschew, Prof. M. Jekel
Bearbeitung: Dipl.-Ing. Michael Stieber
Kooperation: –
Problemstellung
Arzneimittelrückstände können verschiedene negative Effekte in der aquatischen Umwelt hervorrufen. So sind Zytostatika hochgradig toxisch, Antibiotika können zur Resistenzbildung von Krankheitserregern führen und die an sich ungefährlichen Röntgenkontrastmittel (RKM) reichern sich aufgrund ihrer Polarität und Stabilität an. Die Belastung der Gewässer mit den genannten Stoffen sollte daher so weit wie möglich reduziert werden. Eine Entfernung ist mit üblichen Aufbereitungsverfahren einer Kläranlage jedoch schlecht bzw. nur teilweise gegeben. Durch die Separation und Behandlung von Krankenhausurin kann die Emission an Arzneimittelrückständen erheblich verringert werden. Als spezifische Behandlungsmöglichkeit wird die Umsetzung mit elementarem Eisen untersucht.
Vorgehensweise
Es wurden Piperacillin, Ciprofloxacin und Cefuroxim als Vertreter der Antibiotika und Ifosfamid sowie Methotrexat als Vertreter der Zytostatika ausgewählt. Als Röntgenkontrastmittel werden Iopromid und Diatrizoat untersucht. Die Arzneimittel, gelöst in reinem Wasser, Modellurin sowie Patientenurin werden in einem Rührreaktor unter Variation verschiedener Parameter wie z.B. pH-Wert umgesetzt. Die Veränderungen des pH-Wertes und des Sauerstoffgehaltes werden verfolgt. In bestimmten Zeitabständen wird dem Reaktor eine Probe entnommen und die Konzentration der Ausgangsstoffe sowie der Abbauprodukte ermittelt. Für die Bestimmung der Bioabbaubarkeit vor und nach der Behandlung wird der Zahn-Wellens-Test eingesetzt.
Ergebnisse
Vorversuche haben gezeigt, dass RKM wie auch Antibiotika und Zytostatika durch elementares Eisen transformiert werden können. Erste Versuche mit dem Röntgenkontrastmittel Iopromid haben gezeigt, dass eine vollständige Deiodierung erreicht werden kann (Bild 1). Kinetikuntersuchungen bei konstanten pHWerten konnten eine Reaktion 1. Ordnung belegen. Die höchste Geschwindigkeitskonstante wurde bei einem pH-Wert von 3 gefunden. Weiterhin zeigte sich eine Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Temperatur und der Rührgeschwindigkeit.
Quelle: http://www.wrh.tu-berlin.de/?id=47116
Arzneimittelwirkstoffe im Wasserkreislauf
Das Labor des Umweltbundesamt untersucht im Rahmen eines Arbeitsschwerpunktes das Verhalten von Arzneimittelwirkstoffen im Wasserkreislauf.
Arzneimittelwirkstoffe, die in der Human- und Veterinärmedizin eingesetzt werden, verlassen den Körper auf natürlichem Ausscheidungsweg teilweise unverändert. Über die Kanalisation gelangen diese Stoffe in die Kläranlage, wo viele dieser Substanzen nicht ausreichend entfernt werden.
Das gereinigte, aber noch teilweise mit Arzneimittelwirkstoffen oder deren Abbauprodukten belastete Abwasser wird in als Vorfluter dienende Oberflächengewässer eingeleitet. Viele dieser Wirkstoffe verbreiten sich aufgrund ihrer guten Löslichkeit weiter im Wasserkreislauf. Diese Arzneimittelwirkstoffe können die Gesundheit von Wasser lebenden Organismen beeinträchtigen. Zudem besteht die Gefahr, dass Arzneimittelwirkstoffe ins Grundwasser gelangen, welches zum Teil zur Trinkwasserproduktion genutzt wird.
Das Umweltbundesamt kooperiert in mehreren Projekten mit in- und ausländische Universitäten, die die Verbesserung der Abwasserbehandlung in Hinblick auf Arzneimittelwirkstoffe, aber auch andere polare Spurenstoffe untersuchen. Durch geeignete technologische Verfahren soll so das Risiko, welche diese Substanzen für die Umwelt aufweisen, vermindert werden.
Ausbau der Wiener Kläranlage
Im Rahmen des Projektes „Adequad“ untersuchte die Technische Universität Wien, Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft, wie sich der Ausbau der Hauptkläranlage Wien zu einer zweistufigen niedrig belasteten biologischen Kläranlage mit einer Kapazität von 4 Millionen Einwohnergleichwerten auf die Entfernung von Arzneimittelwirkstoffen und anderer organischer Spurenstoffe auswirkt.
Neben Arzneimittelwirkstoffen umfasste das analytische Programm auch hormonell wirksame Substanzen wie Estrogenhormone und Xenohormone (Nonylphenol, Bisphenol A) Tenside (quaternäre Ammoniumverbindungen), Organozinnverbindungen, Flammschutzmittel (Trisphosphate), industriell eingesetzte Stoffe (Naphthalinsulfonate, Benzotriazole), sowie Komplexbildner (EDTA, NTA). Diese Spezialanalytik wurde vom Umweltbundesamt durchgeführt.
Entfernung durch Oxidation
Ein Kooperationsprojekt mit der Montanuniversität Leoben, welches durch den Kommunalkredit finanziert wird, untersucht die Möglichkeiten physikalisch-chemischer Nachbehandlung von Kläranlagenabläufen. Das bereits biologisch gereinigte Abwasser wird hier mittels Ozon oder Anodischer Oxidation behandelt, wodurch manche Stoffe zerstört werden. Im Rahmen dieses Projektes wird die Entfernung von Arzneimittelwirkstoffen und Komplexbildnern untersucht.
Verbesserung der biologischen Abwasserbehandlung durch Einsatz von Membranbioreaktoren
Die Verbesserung der Kläranlagenablaufqualität in Hinblick auf Arzneimittelwirkstoffe durch Intensivierung der biologischen Behandlung (mittels des Einsatzes von u.a. Membranbioreaktoren) ist Inhalt eines Forschungsprojektes mit der Universität Santiago de Compostela, Spanien.
Arzneimittel als Indikator von Grundwasserkontamination
Im Rahmen des Pilotprojektes „Carbamazepin und Koffein – Potenzielle Screeningparameter für kommunale Verunreinigungen des Grundwassers?“ wurden 56 Grundwassermessstellen, die im Rahmen der Wassergüte-Erhebungsverordnung (WGEV) beprobt werden, auf die Substanzen Carbamazepin und Koffein untersucht. Ziel war, zu testen, ob die Wirkstoffe im Grundwasser nachweisbar sind und ob sie sich als Screeningparameter für Abwasserbelastungen des Grundwassers eignen.
Carbamazepin, ein häufig verwendetes Antiepileptikum, und Koffein werden international bereits als Leitparameter für Abwasserbeeinflussungen von Fließgewässern betrachtet.
Carbamazepin erwies sich als Indikator für Verunreinigungen des Grundwassers durch Undichtheiten in kommunalen Kanalisationssystemen und Versickerungen von kommunalen Abwässern (sowohl nach biologischer wie mechanischer Reinigung) geeignet.
Analytik im Umweltbundesamt
Die Analytik der verschiedenen Arzneimittelwirkstoffgruppen erfolgt mittels Flüssigchromatographie-Tandemmassenspektrometrie (LC/MS- MS). Hierbei können die Stoffe im ng/L Bereich im Wasser nachgewiesen werden.
Weiterführende Literatur
CLARA, M.; KREUZINGER, N.; STRENN, B.; GANS, O.; KROISS, H. (2005): The solids retention time-a suitable design parameter to evaluate the capacity of wastewater treatment plants to remove micropollutants. Water Research 39, 1, 97-106
CLARA, M.; STRENN, B.; GANS, O.; MARTINEZ, E.; KREUZINGER, N.; KROISS, H. (2005): Removal of selected pharmaceuticals, fragrances and endocrine disrupting compounds in a membrane bioreactor and conventional wastewater treatment plants. Water Research 39, 19, 4797-4807
Quelle: http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/umweltanalytik/schadstoff/azm/
Senkung des Anteils organischer Spurenstoffe in der Ruhr durch zusätzliche Behandlungsstufen auf kommunalen Kläranlagen
Gütebetrachtungen und Kostenbetrachtungen
Den Abschlussbericht zu den Forschungsvorhaben findet man unter:
http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/pdf/abschlussbericht_ruhr.pdf
Nachrüstung für Kläranlagen am Bodensee
Die Kläranlagen im Einzugsgebiet des Bodensees sollen nach einer Mitteilung des baden-württembergischen Umweltministeriums mit „Aktivkohle-Flockungs-Filtrationsanlagen“ nachgerüstet werden. Die Förderquote soll bei 50 bis 70 Prozent liegen. So sollen organische Spurenstoffe wie Arzneimittelrückstände und endokrin wirkende Substanzen zurückgehalten werden. Der baden-württembergische Ministerrat hat Mitte März 2009 beschlossen, dass hierfür über ein „Sonderprogramm Bodensee“ über sieben Millionen Euro bereit gestellt werden.
RAVENSBURG Abwassergebühr steigt um 15 Cent
(sz) Der Abwasserzweckverband (AZV) Mariatal wird Spurenstoffe in Schussen und Bodensee bekämpfen. Im Ablauf des Klärwerks Langwiese soll eine zusätzliche Aktivkohle-Klärstufe realisiert und damit höchste Wasserqualität erreicht werden. Die Abwassergebühr steige dadurch auf etwa 15 Cent/Kubikmeter Abwasser.
In seiner jüngsten Sitzung gab der Abwasserzweckverband (AZV) Mariatal „grünes Licht“ für die Bekämpfung der Spurenstoffe in Schussen und Bodensee. Durch die beschlossene zusätzliche Aktivkohle-Klärstufe würden in Zukunft auch Rückstände von Arzneistoffen, Industriechemikalien und Pflanzenschutzmitteln nachhaltig reduziert, so der AZV. Mit diesem Pilotprojekt erreiche der AZV höchste Wasser-Reinigungsqualität.
Diese Entscheidung, die Investitionen von über acht Millionen Euro.
Den ganzen Artikel findet man unter:
http://www.szon.de/lokales/ravensburg/stadt/200904010324.html?_from=rss
Baden-Württemberg fördert Einführung von Aktivkohlefiltern in Kläranlagen
Die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) will den Trinkwasserspeicher Bodensee durch den Einbau von Aktivkohlefiltern in den Kläranlagen im Einzugsgebiet des Sees noch besser schützen. Da im Bodensee immer mehr Rückstände von Arzneimitteln und so genannten Pseudohormonen gefunden werden, sollten die Filter in den Kläranlagen eingeführt werden, teilte das Ministerium gestern mit. Über die modernen Filteranlagen könnten die Spurenschadstoffe wirksam zurückgehalten und damit eine Einleitung in die in den Bodensee einmündenden Gewässer verhindert werden. Nach den Plänen des Ministeriums sollen die Kläranlagenbetreiber beim Einbau von Aktivkohle-Flockungs-Filtrationsanlagen Fördermittel in Höhe von 50 bis 70 Prozent der Kosten erhalten.
(Mehr lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des EUWID Wasser und Abwasser.)
http://www.euwid-wasser.de/nachrichten_single.html?&tx_ttnews[tt_news]=377&tx_ttnews[backPid]=13&cHash=753f10d9b4
Gewässerrelevanz endokriner Stoffe und Arzneimittel
Abschlussbericht vom Umweltbundesamt
Link: http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3324.pdf
Neue Anlage für radioaktives Abwasser im Klinikum
Technik wird weltweit erstmals in einem Krankenhaus angewandt
Stuttgart (fb) – In Krankenhäusern fallen viele verschiedene Abfälle an. So muss sogar radioaktives Abwasser aufbereitet werden. Im Klinikum Stuttgart ist dafür eine neue Anlage eingebaut worden.
Die Abwässer fallen vor allem bei der Behandlung von Erkrankungen der Schilddrüse an, eingesetzt wird hier radioaktives Jod. Überschüssiges und bösartiges Gewebe wird durch die Strahlung zerstört. Auch bei anderen Tumorerkrankungen wird Radiojod eingesetzt. Die Therapie gibt es schon seit den 40er Jahren. „Die Patienten bleiben nach der Behandlung bis zu zehn Tage auf der Station“, erklärt die Ärztliche Direktorin Gabriele Pöpperl. Der Urin, den die Patienten in der Zeit ausscheiden, ist radioaktiv, auch beim Duschen oder Händewaschen entsteht belastetes Abwasser. Dieses kann nicht einfach entsorgt, sondern muss in speziellen Verfahren aufbereitet werden. In der bisherigen Anlage wurde das Wasser drei bis sechs Monate gelagert, bis die Strahlung abgeklungen war. Die Behälter …mehr unter:
http://www.ez-online.de/lokal/stuttgart/stuttgart/Artikel305924.cfm
EMSCHERGENOSSENSCHAFT: Keine „PILLS“ im Abwasser!
Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – Internationale Konferenz in Gelsenkirchen
Gelsenkirchen. Unter dem Motto „PILLS“ (Pharmaceutical input and elimination from local sources; auf Deutsch: Eintrag und Beseitigung von Arzneimittelrückständen aus Punktquellen) treffen sich heute rund 100 Teilnehmer aus sechs europäischen Ländern im Wissenschaftspark Gelsenkirchen. Projektleitung und Geschäftsführung des EU-Projektes liegen bei der EMSCHERGENOSSENSCHAFT.
„Zur Vorsorge müssen wir den Eintrag von Spurenstoffen ins Wasser verringern. Viele Menschen sind zunehmend besorgt. Wissenschaftler versichern uns in aller Regel, dass die Menge der Rückstände im Trinkwasser gegenwärtig nicht als besorgniserregend für die menschliche Gesundheit gilt. Doch wir wissen heute noch viel zu wenig über diese Spurenstoffe, über Abbauprodukte und Stoffströme von Arzneimitteln“, erklärte Dr. Jochen Stemplewski, Vorstandsvorsitzender der EMSCHERGENOSSENSCHAFT, zum Auftakt der Konferenz. „Das ist für uns Partner die Motivation für die Zusammenarbeit, denn diese Fragen können heute nicht mehr nationalstaatlich gelöst werden“ so Stemplewski weiter.
PILLS im Wasser
Das PILLS-Projekt widmet sich besonders der Frage nach den Wegen auf denen die Arzneimittelrückstände in den Wasserkreislauf gelangen. Es geht hierbei vielmehr darum, diese Wege nachzuvollziehen und bereits dort den Eintrag der Arzneimittelrückstände zu verhindern wo er beginnt: z.B. in Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Weiterer wichtiger Projektteil ist die Notwendigkeit der Sensibilisierung der Öffentlichkeit, damit Arzneimittel von den Patienten ordnungsgemäß bei Ärzten und Apothekern entsorgt, statt einfach nur per Druck auf die Toilettenspülung entfernt werden.
Viele Spurenstoffe werden in bestehenden Kläranlagen weitgehend zurückgehalten, andere wiederum lassen sich mit der etablierten Technik nur bedingt oder gar nicht aus dem Abwasser entfernen. Deshalb schließt sich eine ausschließliche Fokussierung auf abwassertechnische Maßnahmen aus. Für eine nachhaltige Reduzierung der Einträge in die Gewässer müssen der gesamte Lebenszyklus der Stoffe von der Produktion über die Verwendungsstellen und Einsatzgebiete bis zur Entsorgung betrachtet werden.
PILLS und Emscher
Die Emschergenossenschaft wird im Rahmen des PILLS-Projektes mit dem Marienhospital (ca. 560 Betten) in Gelsenkirchen kooperieren. Hier soll im Rahmen eines großtechnischen Versuches zur dezentralen Behandlung des Abwassers der Eintrag von Arzneimittelrückständen deutlich vermindert werden. Die Inbetriebnahme ist für Mitte 2010 geplant.
PILLS und Partner
Sechs Partner aus sechs Europäischen Staaten arbeiten im Rahmen des PILLS-Projekts zusammen:
• Deutschland – Emschergenossenschaft
• Frankreich – Université de Limoges
• Großbritannien – Glasgow Caledonian University
• Luxemburg – Centre de Recherche Public, Henri Tudor (öffentlich-rechtliches Forschungszentrum)
• Niederlande – Waterschap Groot Salland (öffentlich-rechtlicher Wasserverband)
• Schweiz – Eawag (öffentlich-rechtliche Forschungseinrichtung)
Eine Besonderheit des PILLS-Projektes ist die Tatsache, dass alle Partner öffentliche Institutionen sind, deren Interesse nicht kommerziell, sondern auf ökologische und soziale Verbesserungen ausgerichtet ist:
Zentrales Thema der beiden Forschungseinrichtungen aus Luxemburg und der Schweiz ist die getrennte Behandlung von Abwasserströmen aus einzelnen Krankenhausabteilungen.
Mit der Erforschung unterschiedlicher Herkunftsarten von Arzneimittelrückständen im Abfluss befassen sich zwei – noch junge – Universitäten aus Schottland und Frankreich.
Die regionale Verantwortung für die Abwasserreinigung und die Gewässerunterhaltung sind die Motiviation für die beiden Wasserwirtschaftsverbände aus Deutschland und den Niederlanden.
Das PILLS-Projekt hat eine Laufzeit bis Dezember 2011 und ein Budget von ca. 8 Mio. Euro. Die Hälfte davon steuern die Partner bei, die andere Hälfte kommt von der EU und wird im Rahmen des INTERREG IV B-Programms der Europäischen Union gefördert.
Mehr zu PILLS auch im Internet unter: www.pills-project.eu
Abwassergesellschaft will Arzneimittelreste aus Wasser filtern
Die Emschergenossenschaft erforscht im Rahmen des internationales Projekts „PILLS“ Wege zur Beseitigung von Arzneimittelrückständen im Wasserkreislauf.
In Kooperation mit dem Gelsenkirchener Marienhospital startet die Abwassergesellschaft dabei einen Versuch, um schon im Krankenhaus Arzneimittelrückstände herauszufiltern. Die Inbetriebnahme ist für Mitte 2010 geplant. An dem mit acht Millionen Euro von der EU geförderten Gesamtprojekt PILLS sind sechs Nationen unter der Leitung der Emschergenossenschaft (Essen) mehr…
Humanarzneimittelwirkstoffe: Handlungsmöglichkeiten zur Verringerung von Gewässerbelastungen
Arzneimittel sind in vielen Fällen unverzichtbarer Bestandteil eines unbeschwerten und gesunden Lebens. Mittlerweile ist jedoch auch eine Schattenseite des verbreiteten Einsatzes von Medikamenten belegt: ihre Umweltrelevanz. Welche vorsorgenden Handlungsmöglichkeiten es gibt, um Gewässerbelastungen durch Humanarzneimittel wirksam zu verringern, zeigt erstmals eine Broschüre, die vom transdisziplinären Forschungsprojekt „start“ erarbeitet wurde.
Seit Anfang der 1990er Jahre bestätigen Forschungsergebnisse das Vorkommen eines breiten Spektrums von Human- und Veterinärpharmaka in Oberflächengewässern, im Grundwasser und vereinzelt sogar im Trinkwasser. Immer mehr Daten zeigen zudem, dass bestimmte Stoffe auch negative Effekte in der Tier- und Pflanzenwelt auslösen können. Wissenschaftlich ist derzeit noch unklar, welche Risiken für Mensch und Umwelt tatsächlich bestehen. Zu erwarten ist aber, dass sich das Problem in den kommenden Jahren weiter verschärft, da mit der demografischen Entwicklung in Deutschland und Europa hin zu immer älteren Gesellschaften ein deutlicher Anstieg des Arzneimittelverbrauchs einhergehen wird. Vorsorgendes Handeln ist daher mehr und mehr angezeigt.
Systematische Untersuchungen zu adäquaten und wirksamen Handlungsmöglichkeiten fehlen jedoch bisher weitgehend. Mit der Broschüre „Humanarzneimittelwirkstoffe: Handlungsmöglichkeiten zur Verringerung von Gewässerbelastungen“ wird erstmals eine praxisrelevante Studie vorgelegt, die dazu beiträgt, diese Lücke für Humanpharmaka zu schließen. Ausgehend vom Lebenszyklus eines Medikaments werden drei Handlungsfelder betrachtet, in denen Problemlösungen ansetzen können: Arzneimittelentwicklung, Umgang mit Arzneimitteln und Emissionsmanagement in der Siedlungswasserwirtschaft. Die vorgestellten Ergebnisse wurden im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten transdisziplinären Forschungsprojekts „start“ entwickelt.
Die Broschüre richtet sich besonders an Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Politik, Verwaltung, Unternehmen und Organisationen. Sie gibt Informationen und konkrete Empfehlungen, wo Handlungsmöglichkeiten ansetzen können und welche Aspekte bei der Umsetzung einzelner Maßnahmen zu beachten sind. Die Broschüre ist in Deutsch, Englisch und Französisch erhältlich und kann unter http://www.start-project.de heruntergeladen oder als Druckexemplar über http://www.isoe.de bestellt werden.
Weitere Informationen:
http://www.start-project.de – Download der Broschüre als PDF-Dokument
http://www.isoe.de – Bestellung der Broschüre als Druckexemplar
Michaela Kawall, Wissenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Institut für sozial-ökologische Forschung ISOE
URL dieser Pressemitteilung: http://idw-online.de/pages/de/news278266