Samstag, Oktober 12, 2024
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Tägliche Meldungen 2022


Dezember 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
30.12.2022 Citizen Science: Valide Daten zu Fließgewässern
27.12.2022 Braunalgenschleim ist gut fürs Klima
24.12.2022 TV-Doku: FH-Student beleuchtet Lichtverschmutzung
23.12.2022 Grünen Wasserstoff effizient produzieren: BMBF fördert deutsch-kanadisches Verbundprojekt an der Universität Bayreuth
22.12.2022 Seltene Bakterien sind hauptverantwortlich für den Kohlenstoffkreislauf im Meer
21.12.2022 Hochbelastbar und biologisch abbaubar
20.12.2022 Dünger klimafreundlicher produzieren
15.02.2022 Abwasser-Recycling: Landwirtschaft für Design-Dünger grundsätzlich offen
13.12.2022 „Weltweit einmaliges Ökosystem“
12.12.2022 Hochschule Karlsruhe erhält Stiftungsprofessur für Wärmepumpen
11.12.2022 Interview mit Professor Johannes Steinhaus zur Umweltbelastung durch Mikroplastik: „Das Waschen ist eine Hauptquelle“
08.12.2022 Binnengewässer in der Biodiversitätspolitik mit Landflächen und Meeren gleichstellen
06.12.2022 Wie toxisch sind Emissionen aus Flugzeugtriebwerken und Schiffsmotoren: Messkampagne an der Universität Rostock
05.12.2022 Desinfektionsmittel in hessischen Böden
01.12.2022 Klimaarchive unter dem Vergrößerungsglas
Gesundheit
17.12.2022 Woher kam Omikron? Studie in Science entschlüsselt die Entstehung der SARS-CoV-2-Variante
16.12.2022 Neue Röntgentechnologie kann die Covid-19-Diagnose verbessern
14.12.2022 Hochschule Koblenz untersuchte Abwasser in Koblenz und Umgebung auf Rückstände von Kokain-Konsum
09.12.2022 Krankmachende Bakterien in Hackfleisch, abgepackten Salaten und Fertigteigen
04.12.2022 Alzheimer: Therapie muss frühzeitig beginnen
Gesellschaft
29.12.2022 Gute Neujahrsvorsätze: Geborgenheit und sichere Kommunikation für das Neugeborene
28.12.2022 Silvester-Spaß mit brutaler Sprengkraft: Handchirurgen des Dresdner Uniklinikums warnen vor Leichtsinn
19.12.2022 Silvester: Augenärzt*innen starten Petition für kommunales Feuerwerk
18.12.2022 Stressarm durch die Weihnachtstage – wie man das Fest der Familie entspannt übersteht
10.12.2022 Arbeitszeitkontrolle als Standardfall bedeutet nicht die Rückkehr zur Stechuhr
07.12.2022 Experteninterview: „Cyberangriffe haben sich als Geschäftsmodell etabliert“
03.12.2022 Künstliche Intelligenz: Servicezentrum für sensible und kritische Infrastrukturen
November 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
29.11.2022 FLEXITILITY: Wasserinfrastruktur klimaresilient gestalten
28.11.2022 Grundwasserspeicher vielversprechend für Wärme- und Kälteversorgung
27.11.2022 Eine Wirtschaft ohne Umweltverschmutzungen – Neues Partnerprojekt der TUM und des Imperial College London
26.11.2022 TU Berlin: Grauwasserrecycling für den Wohnungsbau nutzen
24.11.2022 TU Berlin: Entwicklung einer innovativen und kostensparenden Abwasser-Klärtechnik für die MENA-Region
23.11.2022 Natürliche CO2-Reduktion schneller umsetzbar und weniger risikoreich als Hightech-Ansätze
20.11.2022 TU Berlin: Grauwasserrecycling für den Wohnungsbau nutzen
18.11.2022 Forschungsprojekt WärmeGut: Datenkampagne für die Geothermie in Deutschland gestartet
17.11.2022 Studie: Wie Städte mit grünem Strom eigenes Gas erzeugen können
13.11.2022 Keine Anzeichen für einen Rückgang der weltweiten CO2-Emissionen
10.11.2022 Energiewende in Südhessen: Vortragsreihe „Energie für die Zukunft“ startet wieder
09.11.2022 BLUE PLANET Berlin Water Dialogues
04.11.2022 Grüner Wasserstoff: „Hydrogen Lab Leuna“ am Chemiestandort Leuna eröffnet
02.11.2022 Auf der Suche nach den Baumaterialien der Erde
Gesundheit
30.11.2022 Alters- und Lungenmediziner: Alle über 60-Jährigen und Risikogruppen sollten sich jetzt gegen Grippe impfen lassen
25.11.2022 Erschöpft durch Online-Besprechungen? Studie erforscht das Phänomen „Videokonferenz-Müdigkeit“
22.11.2022 Kostengünstige Alternative zum PCR-Test
16.11.2022 Wieviel Innovationspotential hat die digitale Gesundheits­versorgung?
12.11.2022 Konzertreihe: Corona-Spürhunde sind alltagstauglich
07.11.2022 Deutschlands größte epidemiologische Langzeitstudie wird fortgeführt
06.11.2022 Der Labormedizin droht ein eklatanter Fachkräftemangel
Gesellschaft
21.11.2022 WM-Studie 2022: Scholz-Besuch in Katar für viele Deutsche „völlig überflüssig“
19.11.2022 Die Lockdowns sind vorbei, die psychischen Belastungen bei jungen Menschen gehen weiter“
15.11.2022 Themenpaket zur Fußball-Weltmeisterschaft
14.11.2022 Das Digitalzeitalter verstehen
11.11.2022 Kinder lernen wissenschaftliches Denken früher als gedacht | Neue Studie zeigt Einfluss von Eltern
08.11.2022 Cyberagentur vergibt Millionenaufträge zur Cybersicherheit
05.11.2022 Covid-19: Impfstatus polarisiert Bevölkerung
03.11.2022 BIFOLD: Cybersicherheit auf dem Prüfstand
01.11.2022 Hingehört! Der Sound des Anthropozäns
Oktober 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
31.10.2022 Wasser im Spiegel des Klimawandels und der Nachhaltigkeit: 2. Hofer Wasser-Symposium lockt zahlreiche Teilnehmer
30.10.2022 Per Anhalter auf dem Weg in die Tiefsee – Erste In-situ-Messungen von Mikroplastikflüssen
29.10.2022 Treibhausgasen auf der Spur
27.10.2022 Energiesysteme der Zukunft – Rund 20 Millionen für vier Forschungsprojekte
26.10.2022 Beyond Erdgas: Wie werden wir unabhängig und klimaneutral?
24.10.2022 Als Unterstützung für Unternehmen: TH Lübeck Forscher entwickeln Energiesparkoffer
21.10.2022 Intelligente Algorithmen für die Energiewende
20.10.2022 Wärmere Ozeane erhöhen Niederschlagsmenge
19.10.2022 Phosphor-Recycling aus Klärschlamm verbessern
18.10.2022 Virenfahndung in der Kanalisation
17.10.2022 Studie zur Betriebswassernutzung – Wie Frankfurt am Main künftig Trinkwasser ersetzen könnte
16.10.2022 Dornröschen im Eiswürfel: Wie Bärtierchen Eiseskälte überdauern
15.10.2022 Künstliches Enzym spaltet Wasser
13.10.2022 Flexible Solarzellen mit Rekordwirkungsgrad von 22,2%
09.10.2022 Grüner Wasserstoff: Raschere Fortschritte durch moderne Röntgenquellen
08.10.2022 Mit den Nachhaltigkeitstagen den Wandel (er)leben
06.10.2022 Das Quecksilbergeheimnis in der Tiefsee
01.10.2022 Spurensuche: BfG wirkte an der Aufklärung des Fischsterbens an der Oder mit
Gesundheit
25.10.2022 Stress beeinträchtigt das episodische Gedächtnis
14.10.2022 Landkarte der molekularen Kontakte: Wie das Coronavirus SARS-CoV-2 mit menschlichen Körperzellen kommuniziert
11.10.2022 Influenza-Impfung ist das Gebot der Stunde – Vorstand des Dresdner Uniklinikums wirbt für zeitnahe Grippeschutzimpfung
07.10.2022 Neue Methode für Schnelltests: Hochempfindlicher Nachweis
04.10.2022 Die Besonderheit der Farbe Rot
02.10.2022 UV-C-Strahlung zur Inaktivierung des Covid-19-Erregers in Aerosolen
Gesellschaft
28.10.2022 Nachhaltiger Konsum: Bevölkerung sieht Politik und Wirtschaft in der Pflicht
22.10.2022 Wie sich familiäre Entscheidungen auf die Wirtschaft auswirken – und umgekehrt
12.10.2022 Wie digital wollen wir leben?
10.10.2022 Unternehmungsgeist von der Schule bis zur Weiterbildung
05.10.2022 Konferenzhinweis: Künstliche Intelligenz und ihre Auswirkungen auf Gesellschaften
03.10.2022 Soziale Dilemma spielerisch erklären – Die Entwicklung von Moralvorstellungen fördert selbstloses Handeln
September 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
30.09.2022 Klimaschwankungen in Ostafrika waren ein Motor für die Evolution des Menschen
28.09.2022 Climate Change Center Berlin Brandenburg: Berliner Kiezstruktur besonders klimafreundlich
26.09.2022 Mehrjährige Blühstreifen in Kombination mit Hecken unterstützen Wildbienen in Agrarlandschaften am besten
25.09.2022 Brennstoff aus Treibhausgas
24.09.2022 Mit Metallen gegen Pilzinfektionen
23.09.2022 Ammoniak als Wasserstoff-Vektor: Neue integrierte Reaktortechnologie für die Energiewende
22.09.2022 Forschung für Energiewende und Kreislaufwirtschaft
19.09.2022 Neues Zentrum für Mikrobenforschung in Marburg
17.09.2022 Warum versiegt das kostbare Nass?
15.09.2022 Auen verbessern die Wasserqualität von Flüssen
14.09.2022 Biogasanlagen: Klimaschutz durch Verminderung von Gasemissionen
13.09.2022 Wenn der Klimawandel den Stöpsel zieht: Sinkt das Grundwasser, versickern Bäche und Flüsse und verschmutzen Trinkwasser
12.09.2022 Materialrecycling – Aus alten Batterien werden neue
10.09.2022 Auf dem Weg zu Zero Waste: 28 Maßnahmen für verpackungsarme Städte
07.09.2022 Mit dem IntelliGrid-Stecker Strom intelligenter nutzen
05.09.2022 Gemeinsame Ziele für die Energiewende
02.09.2022 Klärwerk auf Nano-Ebene – Humboldt-Stipendiat in Technischer Chemie
01.09.2022 Mehr Sauerstoff in früheren Ozeanen
Gesundheit
27.09.2022 Herzinfarkt unter 50? Blutfette beachten und Lipoprotein(a)-Wert bestimmen!
20.09.2022 Kein erhöhtes Schlaganfallrisiko durch die Impfung gegen SARS-CoV-2
16.09.2022 SARS-CoV-2 kann das Chronische Fatigue-Syndrom auslösen – Charité-Studie liefert Belege für lang gehegte Annahme
11.09.2022 Cochrane Review: Fraglicher Nutzen teurer High-Tech-Laufschuhe für Verletzungsschutz
08.09.2022 Breit abgestützte Schweizer Covid-19 Forschung
03.09.2022 Chronische Entzündungen: Welche Rolle spielen ein verbreiteter Rezeptor und die Ernährung?
Gesellschaft
29.09.2022 „No War. Bildung als Praxis des Friedens“
21.09.2022 Passagierflugzeuge: Sicher und effizient
18.09.2022 Wie sicher ist der Verbands- und Vereinssport?
09.09.2022 Gute Führung ist erlernbar – Beliebtes Führungskräfteentwicklungsprogramm der HSW geht in die nächste Runde
06.09.2022 Das Arbeitsvolumen in Deutschland ist erneut gestiegen
04.09.2022 „Stadt? Land? Zukunft!“ – wie im Zwischenraum von Metropolen und Dörfern etwas Neues entsteht
August 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
29.08.2022 Countdown zum Tiefseebergbau läuft
27.08.2022 Grüner Wasserstoff aus Offshore-Windkraft
25.08.2022 Grüne Wasserstofftechnologien industriell nutzbar machen: deutsch-neuseeländisches Projekt zur Wasserelektrolyse
22.08.2022 Das Auto einfach stehen lassen
21.08.2022 Partikel aus alltäglichen Wandfarben können lebende Organismen schädigen – Neuartige Membran zeigt hohe Filterleistung
19.08.2022 Befragung zu Klimaanpassung: Hessens Kommunen im Klimawandel
18.08.2022 Umstellung auf Wasserstoff: BAM entwickelt hochpräzise Kalibriergase für Dekarbonisierung des europäischen Gasnetzes
17.08.2022 Fraunhofer auf der ACHEMA 2022: Lösungen für eine erfolgreiche Rohstoff- und Energiewende
16.08.2022 LKH₂ – Laserkolloquium Wasserstoff: Grüne Alternative zu fossilen Brennstoffen
13.08.2022 Weinbau braucht neue pilzwiderstandsfähige und stresstolerante Rebsorten, um Klimawandel trotzen zu können
12.08.2022 Wie die Biodiversität in Weinbergen am besten gefördert wird
10.08.2022 Bakteriengemeinschaften in städtischem Wasser zeigen „Signaturen der Verstädterung“
09.08.2022 Gewässergüte wird im Saarland online von Wissenschaftlern überwacht – kleine Fließgewässer im Fokus
04.08.2022 Wasserstoffbedarfe künftig decken: ESYS zeigt Importoptionen für grünen Wasserstoff auf
03.08.2022 Forschung für den Klimaschutz: Projekte zur Reduzierung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre gesucht.
01.08.2022 Die Gestalt des Raumes – Ausstellung von IÖR und BBSR in Berlin zeigt Facetten der Landnutzung
Gesundheit
28.08.2022 Wie verlässlich sind Corona-Schnelltests bei der Omikron-Variante?
26.08.2022 Es ist nie zu spät: Rauchstopp senkt Herz-Kreislauf-Risiko auch nach einem ersten Herzinfarkt noch erheblich.
24.08.2022 Land Niedersachsen fördert die vorklinische Entwicklung des optischen Cochlea Implantats
20.08.2022 Schutz vor Corona: Erfahrung ist beim Immunsystem nicht immer ein Vorteil
11.08.2022 Post-Covid: Covid-19 hat langfristige Folgen für Herz und Gefäße
08.08.2022 Aufbereitete Abwässer in der Landwirtschaft: Gesundheitliches Risiko durch Krankheitserreger auf Obst und Gemüse?
05.08.2022 Hitze – was tun?
02.08.2022 Herzinfarkt bei Hitze – welche Rolle spielen Herz-Kreislauf-Medikamente?
Gesellschaft
15.08.2022 Zwischen Sorge und Euphorie: Wie künstliche Intelligenz unser Leben verändert
14.08.2022 Podcast: Macht Homeoffice krank?
07.08.2022 Tankrabatt wird bisher größtenteils weitergegeben
06.08.2022 Politikpanel-Umfrage: Deutsche fühlen sich von aktuellen Krisen stark bedroht
Juli 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
30.07.2022 Schwimmen ohne Hirn und Muskeln
28.07.2022 Stickstoff-Fußabdruck: Hohe Verschmutzung und Ressourcenverlust durch Gülle
25.07.2022 Thüringen wird Zentrum für nachhaltige Wasserforschung
24.07.2022 Neue Wasserstandsvorhersagen schaffen mehr Planungssicherheit für die Wirtschaft und die Binnenschifffahrt
22.07.2022 Warum Erdgas keine Brückentechnologie ist
20.07.2022 Neues Forschungsprojekt: Warnsystem für gefährliche Starkregen und Sturzfluten
18.07.2022 Kommunales Klimaschutzmanagement lohnt sich
15.07.2022 Krankenhäuser als hybride Energiespeicher nutzen
14.07.2022 Fraunhofer-Verfahren erhöht Methanausbeute von Biogasanlagen
13.07.2022 Potentialflächen von Wasser erstmals kartiert
12.07.2022 KIT: Klimawandel und Landnutzungsänderungen begünstigen Hochwasserereignisse
10.07.2022 KI im Wassersektor – Umweltministerin unterzeichnet Kooperationsvertrag „DZW – Digitaler Zwilling Wasserwirtschaft“
08.07.2022 KIT: Klimawandel und Landnutzungsänderungen begünstigen Hochwasserereignisse
07.07.2022 Positionspapier zur Energie- und Klimawende
05.07.2022 Die Energielandschaft der Zukunft
02.07.2022 Sicheres Trinkwasser auch für entlegene Gebiete – Projekt zur Entwicklungshilfe gestartet
01.07.2022 Norwegische Wasserkraft im treibhausgasneutralen Europa: Das Projekt HydroConnect
Gesundheit
29.07.2022 COVID-19-Impfung aktiviert langfristig das angeborene Immunsystem – Signalweg entschlüsselt
26.07.2022 Covid-Impfung schützt nierentransplantierte Patientinnen und Patienten nur unzureichend
21.07.2022 Sommerurlaub: Wie man die Augen vor Schäden durch UV-Strahlung schützt
19.07.2022 Studie bestätigt Ergebnisgenauigkeit des nationalen Virusvarianten-Monitorings im Abwasser
17.07.2022 Präventions-Studie: Fußball als Bewegungsmotor für Herzkranke
11.07.2022 Molekül facht die Fettverbrennung an
04.07.2022 Neue Omikron-Untervarianten BA.2.12.1, BA.4 und BA.5 werden schlechter durch Antikörper gehemmt
03.07.2022 Studien zu Essstörungen: Gen beeinflusst Gewicht und Magersucht
Gesellschaft
31.07.2022 Neues Zentrum für modell-basierte Künstliche Intelligenz
27.07.2022 9-Euro-Ticket: Mehr Menschen fahren Bus und Bahn
23.07.2022 Welche Rolle spielt der Mensch im Zeitalter der Technik und in der zukünftigen digitalisierten Arbeitswelt?
16.07.2022 UDE-Chemiker:innen entwickeln Brühtechnik: Mehr als kalter Kaffee
09.07.2022 Wie die Gesellschaft über Risiko denkt
06.07.2022 Wissenschaftsjournalistischer Vortrag: Zahlen lügen nicht?
Juni 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
29.06.2022 Besser vorbereitet sein auf Starkregen und Sturzfluten
27.06.2022 Gewässer setzen Methan frei – auch wenn sie austrocknen
26.06.2022 Führende Klimaforscher*innen fordern globale Partnerschaft: Regenfälle vorhersagen und Klimawandel entgegentreten
25.06.2022 Die Region als „Wasserschwamm“ – Wie muss Oberfranken auf den Klimawandel reagieren?
23.06.2022 Wie können Mikroorganismen unsere Welt retten?
18.06.2022 Wie Algen aus Abwässern zu Dünger werden
17.06.2022 Hochwasserschutz für Mensch und Natur
16.06.2022 „Bürger messen ihre Bäche selbst“ – Umwelt-Campus Birkenfeld unterstützt DRK – Modellprojekt an der Kyll
15.06.2022 Urbanen Wetterextremen begegnen: Vorhaben AMAREX erforscht, wie Städte im Umgang mit Regenwasser besser werden können
14.06.2022 Die neue Website der Bundesanstalt für Wasserbau – informativ, vielseitig und spannend
13.06.2022 Hubble-Weltraumteleskop nimmt größtes Nahinfrarotbild auf, um die seltensten Galaxien des Universums zu finden
11.06.2022 Wohl dem, der Wärme liebt – Insekten im Klimawandel
09.06.2022 Polarstern II: Der Startschuss für den Neubau ist gefallen
07.06.2022 Neues Tool für Notfallplanung bei Extrem-Hochwassern
04.06.2022 Auf Spurensuche im Abwasser: Mikroplastik, Schwermetalle, Arzneimittel
01.06.2022 Kleine Wasserlinse – großes Potential für die Landwirtschaft | Rund 500.000 Euro für Praxis-Forschungsprojekt
Gesundheit
28.06.2022 Covid-19-Infektion vor allem von Sozialstatus abhängig
19.06.2022 Auf der Spur der lebensbedrohlichen und lebensverkürzenden Krankheiten
08.06.2022 Effektive Auffrischung der Antikörperantwort gegen Omikron und andere Virusvarianten nach 3. und 4. COVID-19-Impfung
06.06.2022 Vitamin D-Anreicherung von Lebensmitteln – Potenziale auch für die Krebsprävention
05.06.2022 Wachgerüttelt – DGSM-Aktionstag am 21. Juni sensibilisiert für die Wichtigkeit von erholsamem Schlaf
03.06.2022 7 Stunden Schlaf pro Nacht sind kein Garant für erholsamen Schlaf!
Gesellschaft
30.06.2022 Das Neun-Euro-Ticket: Eine Chance für Menschen in Armut. Verkehrswissenschaftler der TU Hamburg führen Befragung
24.06.2022 Weitergeben, was wichtig ist
21.06.2022 KI im Unternehmen – Führungskräfte brauchen neue Kompetenzen
20.06.2022 Wie künstliche Gehirne die Robotik der Zukunft prägen könnten
12.06.2022 Digitalisierung in den KMU schreitet nur langsam voran
10.06.2022 Mit fortschreitender Erholung des Arbeitsmarkts arbeiten Beschäftigte wieder mehr Stunden
02.06.2022 Aktuelle Studie – Rund zehn Prozent der Erwerbstätigen arbeiten „suchthaft“
Mai 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
29.05.2022 Ökologische Funktionen von Fließgewässern weltweit stark beeinträchtigt / Metastudie zeigt maßgebliche Stressoren
28.05.2022 Studie untersucht Mikroplastikbelastung in der Rheinaue bei Langel in Köln
25.05.2022 Wasserwiederverwendung in der Landwirtschaft: Forschungsprojekt HypoWave+ auf der IFAT 2022
24.05.2022 Mehrheit der Deutschen setzt auf erneuerbare Energien
22.05.2022 Wenn Mikroben übers Essen streiten
19.05.2022 Dem Insektensterben auf der Spur: Landnutzung und Klima stören Kolonieentwicklung der Steinhummel
18.05.2022 Ökologische Funktionen von Fließgewässern weltweit stark beeinträchtigt / Metastudie zeigt maßgebliche Stressoren
16.05.2022 Nach der Flut ist vor der Flut – Universität Potsdam am BMBF-Projekt zu Wasser-Extremereignissen beteiligt
14.05.2022 Fraunhofer UMSICHT auf IFAT 2022: Kreislaufführung von Wasser und Nutzungskonzepte für Biomasse
12.05.2022 Hochwasserschutz mit Mehrfachnutzen: Mehr Raum für Flüsse
11.05.2022 Fleischalternativen aus Pilzkulturen könnten helfen, die Wälder der Erde zu retten
10.05.2022 Wasseraufbereitung: Licht hilft beim Abbau von Hormonen
09.05.2022 Neue Studie: Fließgewässer an Ackerflächen senken Schadstoffe im Wasserkreislauf
08.05.2022 Der Wald als Schutzraum für Insekten in wärmeren Klimazonen?
07.05.2022 Lachgas – alles andere als träge
05.05.2022 Fleischalternativen aus Pilzkulturen könnten helfen, die Wälder der Erde zu retten
03.05.2022 Nach der Flut ist vor der Flut – Universität Potsdam am BMBF-Projekt zu Wasser-Extremereignissen beteiligt
Gesundheit
30.05.2022 Kompetent, kompakt und aktuell: diabetes zeitung feiert sechsjähriges Bestehen
27.05.2022 Gesunder Schlaf: Warum so wichtig fürs Herz?
23.05.2022 DGIM: Einrichtungsbezogene Impfpflicht greift zu kurz – Vorbereitung auf nächste Corona-Welle muss jetzt erfolgen
21.05.2022 Herzinsuffizienz: Verheiratete leben länger
15.05.2022 COVID-19: Wie Impfung und frühere Infektionen auch gegen Omikron helfen
13.05.2022 Grauer Star: Beide Augen am selben Tag operieren? Neuer Cochrane Review wertet Evidenz aus.
06.05.2022 Sonnenschutzkampagne will Hautkrebsrisiko im Sport senken
04.05.2022 Coronaviren auf Glas: Handelsübliche Spülmittel und manuelle Gläserspülgeräte entfernen Viren effektiv
Gesellschaft
26.05.2022 Die Migration nach Deutschland ist während der Covid-19-Pandemie stark eingebrochen
20.05.2022 Entspannen und verdienen: So wählen unternehmenserfahrene Bachelorstudierende der Generation Z ihren Arbeitgeber aus
17.05.2022 3D-Metalldruck – Der Schlüssel zu einer effektiven Instandhaltung im Maschinenbau
02.05.2022 Girls’Day und Boys’Day 2022: mehr als 115.000 Schülerinnen und Schüler machten mit
01.05.2022 Belastungen in der modernen Arbeitswelt – Herausforderung für den Arbeitsschutz?
April 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
29.04.2022 Erste weltweite Analyse der Bedrohung aller Reptilienarten
28.04.2022 Energieträger der Zukunft auf Schiffen – Deutsches Maritimes Zentrum stellt Kraftstoff-Portfolio vor
27.04.2022 Klimaneutral heizen statt Erdgas verbrennen: So schaffen Städte die Wärmewende
23.04.2022 Nach der Kirschblüte lauert die Essigfliege
22.04.2022 Der Himmel benötigt Schutz genau wie die Erde
19.04.2022 Wasseraufbereitung: Licht hilft beim Abbau von Hormonen
18.04.2022 Ein Schwarm von 85.000 Erdbeben am antarktischen Unterwasservulkan Orca
14.04.2022 Energiewende: Solarzellen der nächsten Generation werden immer effizienter
13.04.2022 Mikroplastik – Erforschen und Aufklären
12.04.2022 Was machen Vulkane mit unserem Klima?
10.04.2022 Mit dem Laser gegen Mikroplastik
09.04.2022 Ein einziges Gen steuert die Artenvielfalt in einem Ökosystem
08.04.2022 Studie zeigt: Fische können rechnen
05.04.2022 Detektion von Wasserstoff durch Glasfasersensoren
04.04.2022 H2Wood – BlackForest: Biowasserstoff aus Holz | BMBF fördert Vorhaben zur Einsparung von CO2 mit 12 Millionen Euro
02.04.2022 Entstehung von Smog
Gesundheit
25.04.2022 Mit Herzerkrankungen leben – Tipps von Kardiologie-Experten
21.04.2022 COVID-19-Therapie: Zusammen ist besser als allein
17.04.2022 Neues Sinnesorgan entdeckt
06.04.2022 Einfluss von Handystrahlung auf die Nahrungsaufnahme nachgewiesen
01.04.2022 Corona macht Frauen unglücklicher als Männer
Gesellschaft
30.04.2022 Zukunft der Innenstädte und Ortsmitten – Studierende zeigen Arbeiten in Galerie der Schader-Stiftung
26.04.2022 Fleischkonsum muss um mindestens 75 Prozent sinken
24.02.2022 Quantencomputing: Neue Potenziale für automatisiertes maschinelles Lernen
20.04.2022 Welchen Fußball wollen wir?
16.04.2022 Social-Media-Workshop „Digitale Zukunft mit Dir!“ am 21. April 2022
15.04.2022 Wie viel „Ich“ steckt im eigenen Avatar?
11.04.2022 Hohe Erwartungen, unklarer Nutzen: Industrie 4.0 und der Wandel zu nachhaltigem Wirtschaften
03.04.2022 Fraunhofer-Projekt ML4P optimiert Effizienz der Industrieproduktion
März 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
31.03.2022 Freiwillige untersuchen die Stickstoffbelastung von Gewässern
30.03.2022 Zurück in den Kreislauf: Menschlicher Urin wird zu Recyclingdünger für Berliner Gemeinschaftsgärten
28.03.2022 Pressemitteilung – Windparks verändern die Nordsee
26.03.2022 Mikrobiologen zeigen, wie wichtig Ammonium-oxidierende Mikroorganismen für Deutschlands größten See sind
24.03.2022 Entscheidende Phase für erfolgreichen Wasserstoff-Markthochlauf
22.03.2022 Weltwassertag am 22. März – Genug trinken: Reicht der Durst als Signalgeber?
20.03.2022 Praxiseinstieg in digitale Ökosysteme am Beispiel Gaia-X
19.03.2022 Kohlenstoffspeicherung in Küstenökosystemen verbessern
17.03.2022 Starke Kooperation von Universität in Koblenz, Hochschule Koblenz und Bundesanstalt für Gewässerkunde vereinbart
16.03.2022 Zwei Extreme zur gleichen Zeit: Niederschläge entscheiden, wie oft Dürren u. Hitzewellen gemeinsam auftreten werden
13.03.2022 Energiekrise: „Japan kann ein Vorbild sein“
10.03.2022 Alle Lebewesen bilden Methan
09.03.2022 Neues Tool ermittelt betrieblichen Klimafußabdruck
08.03.2022 Vernetzungskonferenz: Klimaanpassungsmaßnahmen – erfolgreich durch Dialog
06.03.2022 Energiesparen mit Magnonen: Magnetische Anregungen übertragen Informationen ohne Wärmeverlust
04.03.2022 Wegweisendes Pilotprojekt RoKKa erzeugt Dünger und Rohstoffe aus Abwasser
03.03.3022 Methan: Leckagen an Biogasanlagen verhindern – Strategien zur Verhinderung des Methanschlupfs vorgelegt
02.03.2022 „klimafit“ – Wissen für den Klimawandel vor der Haustür
Gesundheit
29.03.2022 KIT: Bundesweites Pilotprojekt zum Corona-Nachweis im Abwasser
27.03.2022 SARS-CoV-2 geht ins Auge
23.03.2022 Blutfette geben neue Einblicke in den Zusammenhang von Ernährung mit Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
21.03.2022 Tippen mit beiden Händen beugt dem Handydaumen vor
18.03.2022 Übergewicht vorbeugen
14.03.2022 Pandemiegefahren sicher simulieren
12.03.2022 Wie kann die Digitalisierung des Gesundheitssystems beschleunigt werden?
05.03.2022 Gesundheitsdaten handlungsfähig machen und patientenorientierte Gesundheitsversorgung sicherstellen
Gesellschaft
25.03.2022 Umdenken bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten durch gezielte Strategien für den Arbeitsplatz
15.03.2022 Zwischen Datenschutz und Vertrauen – wenn das Auto zu viel weiß
11.03.2022 Millionenförderung für Cybersicherheit
07.03.2022 Kollateralschaden: das Ende von SWIFT?
01.03.2022 Chatbot oder Mensch – Wer entscheidet besser bei der Rekrutierung? FAU-Team legt Studie zur KI im Personalwesen vor
Februar 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
26.02.2022 Studie: Umweltfachleute unterstützen Umweltpolitik jenseits des Wirtschaftswachstums
25.02.2022 Hilfe für Meer und Küste
22.02.2022 Mikrobielle Saubermänner räumen Kläranlagen auf
21.02.2022 Abwasserwiederverwendung – der Weg aus der weltweiten Wasserknappheit?
18.02.2022 Regionaler Gemüseanbau auf der Kläranlage
17.02.2022 FH-Forscher entwickelt Sensor zur Überwachung von Biogasanlagen
15.02.2022 Vergleich mit Verbrenner: Elektrofahrzeuge haben beste CO2-Bilanz
12.02.2022 Ladenburger Kolleg „Zukünftige Wasserkonflikte in Deutschland“
10.02.2022 Untersuchung von Feinstaub unterschiedlicher Emissionen
09.02.2022 Vom Tagebau zum Pumpspeicherkraftwerk
05.02.2022 KIT: Landnutzung: Plädoyer für einen gerechten Artenschutz
03.02.2022 Wasser in Berlin: Gewässer- und Flächenmanagement gemeinsam betrachten
Gesundheit
28.02.2022 PFH sucht Teilnehmende für wissenschaftliche Studie zur Belastung durch Covid-19-Pandemie
23.02.2022 Darmkrebs-Screening: Welche Strategie ist am wirksamsten?
19.02.2022 Neuer Omikron-Subtyp auf dem Vormarsch
16.02.2022 Corona-Impfung: Zweitimpfung mit Biontech steigert Immunantwort effektiver als mit Astra
14.02.2022 Der schwierige Weg zur Diagnose: COVID-19 als Berufskrankheit
07.02.2022 Warum altern wir? Die Rolle der natürlichen Selektion
04.02.2022 Gesünderes Licht für Schichtarbeit
02.02.2022 Blutdruck im Alter: Je höher – desto besser? Höhere Zielwerte bei gebrechlichen Personen können vorteilhaft sein
Gesellschaft
27.02.2022 Skepsis gegenüber Zuwanderung nimmt in Deutschland weiter ab
24.02.2022 Die Millionen-Frage: Wie lösen wir komplexe Probleme?
20.02.2022 Salmonellengefahr für Hundebesitzer
13.02.2022 Große politische Veränderungen beeinflussen das Wohlbefinden von Beschäftigten
11.02.2022 Wie das Leben auf die Erde kam
08.02.2022 Fehlverhalten von Führungskräften kann Unternehmen Milliarden kosten
06.02.2022 Neuer Geist in alter Hardware – Vermeidung von Elektroschrott durch Freie Software
01.02.2022 Wie Menschen lernen, sich beim Denken gerne anzustrengen
Januar 2022
Umwelt
Gesundheit
Gesellschaft
Umwelt
30.01.2022 Mikroplastik in der Umwelt: Daten reichen nicht aus
29.01.2022 Wasserstofftechnologie: Elektrolyseure sollen Massenware werden
26.01.2022 Bestätigt: Wird Klärschlamm auf Äcker gegeben, kann Mikroplastik tief in den Boden und auf angrenzende Felder geraten
24.01.2022 Klimawandel und Waldbrände könnten Ozonloch vergrößern
19.01.2022 Bodenversalzung gefährdet unsere Umwelt: Klimawandel verschärft das Problem der Bodendegradation
18.01.2022 Weltweit größtes Fischbrutgebiet in der Antarktis entdeckt
16.01.2022 Ökologische Wasserreinigung in Aquakulturen – mit weniger Aufwand!
15.01.2022 Mehr Regentage schaden der Wirtschaft
13.01.2022 Neue Abteilungen der Gewässerforschung am IGB
12.01.2022 Arktische Küsten im Wandel
11.01.2022 Wie das Amazonasbecken die Atacama-Wüste bewässert
07.01.2022 Digitaler Vortrag: Wie gelingt die Energiewende? Soziale Innovationen als Motor der Transformation.
04.01.2022 Bundesregierung sollte Atompläne der EU nicht rundheraus ablehnen
01.01.2022 Nano-Pralinen speichern Wasserstoff
Gesundheit
31.01.2022 Morgensport vs. Abendsport: Forschende entschlüsseln die unterschiedlichen Auswirkungen auf unsere Gesundheit
28.01.2022 Bergische Uni untersucht Ausdauer und Leistungsfähigkeit beim Tragen von FFP2-Masken
23.01.2022 Antikörper nach SARS-CoV-2-Infektion – neue Erkenntnisse über die Sensitivität und Nachweisdauer von Antikörpertests
14.01.2022 Corona in wastewater at record high
10.01.2022 Bundesgesundheitsministerium fand niemanden für Studie zu Corona-Ausbrüchen in Pflegeeinrichtungen
03.01.2022 Untersuchung zur Wiederverwendbarkeit von FFP2-Masken: Hält die Schutzwirkung?
02.01.2022 Herz-Kreislauf-Forschung lieferte Blaupause für universitäre COVID-19-Forschung
Gesellschaft
27.01.2022 Covid-19-bedingte Fehlzeiten erreichten im November 2021 vorläufigen Höchststand
24.01.2022 Online-Studie: Was bedeutende Lebensereignisse bewirken
22.01.2022 GBP-Monitor: Fast zwei Drittel der Unternehmen plant Preiserhöhungen – und 3G am Arbeitsplatz ist sehr umstritten
21.01.2022 Mit Remote Attestation gegen Hacker: Schutz für sicherheitskritische Systeme
20.01.2022 Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt stärken
17.01.2022 Coronapandemie dämpft Anstieg – Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen 2021
09.01.2022 Ungleicher Fahrradboom: Fahrrad wird immer mehr zum Statussymbol
08.01.2022 Leuphana informiert live über berufsbegleitende Studiengänge
06.01.2022 Niedrige Monatsentgelte: Je nach Region zwischen 6 und 43 Prozent betroffen
05.01.2022 Frauen in der Digitalbranche: Der lange Weg der Drishti Maharjan

 


Citizen Science: Valide Daten zu Fließgewässern

Susanne Hufe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
Citizen-Science-Projekte etablieren sich mehr und mehr als wichtige Stütze für die Umweltforschung. Sie liefern Daten, öffnen die Wissenschaft für die Gesellschaft und geben Interessierten die Möglichkeit, sich für die Umwelt zu engagieren, um nur einige Vorzüge zu nennen. Allerdings gibt es auch Vorbehalte, etwa in punkto Datenqualität. Ein Forscher:innen-Team unter Leitung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig hat anhand der Zustandsbewertung von Kleingewässern festgestellt, dass Citizen-Science-Daten für die weitere Verwendung in Wissenschaft und Verwaltung durchaus geeignet sind.

Die Forscher:innen untersuchten Daten, die rund 300 Freiwillige an 28 Bächen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen im Citizen-Science-Projekt FLOW im vergangenen Jahr erhoben hatten. Ziel von FLOW ist, Aussagen zum ökologischen Zustand von kleineren Fließgewässern in der Agrarlandschaft treffen zu können. Die Freiwilligen bewerteten dafür die Gewässermorphologie, erhoben physikalisch-chemische Parameter und analysierten die Gemeinschaft der wirbellosen Tiere (Makrozoobenthos), anhand derer Aussagen zum ökologischen Zustand eines Bachs möglich sind. Mitarbeiter:innen des UFZ und des Projektpartners Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatten die Bürger:innen zuvor über ein halbtägiges Training mit den Methoden der Gewässerbewertung und der Bestimmung des Makrozoobenthos vertraut gemacht. Die Ergebnisse der Freiwilligen verglich das Forscher:innen-Team um Julia von Gönner mit denen des von Prof. Matthias Liess geleiteten UFZ-Forschungsprojekts „Kleingewässermonitoring“, in dessen Rahmen 2021 unter anderem diese 28 Bäche von Wissenschaftler:innen beprobt worden waren.

In einem Beitrag für das Fachjournal Science of the Total Environment verglichen die Forscher:innen nun die Ergebnisse der beiden Gruppen. Dabei zeigt sich, dass sich die Bestimmungsqualität des Makrozoobenthos durch Freiwillige von der der Expert:innen kaum unterscheidet, wenn man die Wirbellosen auf Ebene der Ordnung oder der Familie identifiziert. Dann liegt die Übereinstimmung bei den bestimmten Individuen bei rund 90 Prozent. Sollen für die Tierchen dagegen noch genauer die Gattung oder die Art bestimmt werden, nimmt die Fehlerrate bei den Freiwilligen zu. „Einige Wirbellose sind nur wenige Millimeter groß, innerhalb einer Familie oder Gattung sind sich die Larven der Wasserinsekten optisch oft sehr ähnlich, und die Merkmale zur genaueren Bestimmung sind mit einfacher Ausstattung im Feld nur schwer erkennbar. Um korrekte Gattungs- und Artnamen nennen zu können, braucht es monatelange Erfahrung, viel Zeit zur Bestimmung sowie gute Mikroskope, was in einem Citizen-Science-Projekt in der Regel nicht umsetzbar ist“, sagt Julia von Gönner. So hatten die Freiwilligen mit einer geländetauglichen Ausstattung gearbeitet, die neben einer Anleitung zur Bewertung der Gewässermerkmale und einer Bestimmungshilfe für das Makrozoobenthos ein Stereomikroskop mit lediglich 20-facher Vergrößerung umfasste. Am UFZ standen den Wissenschaftler:innen im Kleingewässermonitoring dagegen deutlich höher auflösende Mikroskope zur Verfügung, die die Artbestimmung erleichterten. Dass sich die Wirbellosen aber nicht präziser bestimmen lassen, muss kein Nachteil sein, denn: Für das von Matthias Liess entwickelte Bioindikatorsystem SPEARpesticides, mit dem sich analog zu den fünf Qualitätsklassen der EU-Wasserrahmenrichtlinie die Belastung des Fließgewässers durch Pestizide einschätzen lässt, reicht die Bestimmung eines Individuums auf Ebene der Familie aus. Folglich fallen auch die Ergebnisse zum Bioindikator SPEARpesticides der Bürger:innen und der Wissenschaftler:innen recht ähnlich aus: 61 Prozent der Bäche stuften beide Gruppen in die gleiche Qualitätsklasse ein. Bei 32 Prozent unterschied sich die Einschätzung um eine Klasse, lediglich bei 6 Prozent um zwei Klassen.

Gute Ergebnisse erzielten die Freiwilligen auch bei der Hydromorphologie, also etwa bei der Einschätzung des Gewässerverlaufs, der Uferstruktur oder der Diversität des Gewässersubstrats. So lag die Übereinstimmung beider Gruppen, ob diese Strukturen gemäß den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie in einem guten ökologischen Zustand sind, bei 82 Prozent. Insgesamt bewerteten beide Gruppen 50 Prozent der Gewässer mit den gleichen Qualitätsklassen, bei den anderen 50 Prozent lag nur eine Klasse dazwischen. „Das ist ein gutes Ergebnis, denn die Komponenten der Gewässermorphologie realistisch zu bewerten ist eine anspruchsvolle Aufgabe“, sagt von Gönner. Diese Variabilität von einer Qualitätsklasse gibt es auch bei professionellen Kartierer:innen.

Einzig bei der Messung der physikalisch-chemischen Parameter, also etwa des Sauerstoff-, Nitrit- und pH-Gehalts oder der Ionenleitfähigkeit, liegen größere Unterschiede zwischen den Ergebnissen vor. Ein Grund dafür: Während die UFZ-Wissenschaftler:innen die Gewässerabschnitte fünf Mal pro Saison beprobten, konnten die Freiwilligen aus zeitlichen und organisatorischen Gründen nur eine Messung vornehmen. „Eine Messung pro Saison und Bachabschnitt ist zu wenig, denn die chemische Zusammensetzung des Gewässers kann saisonal und tageszeitlich stark schwanken“, sagt Jonas Gröning, UFZ-Mitarbeiter im FLOW-Projekt. Um aussagekräftigere Ergebnisse zu bekommen, seien häufigere Messungen notwendig. Citizen-Science-Projekte, die den Gewässerzustand erforschen möchten, könnten dazu beispielsweise zwei bis drei Personen aus jeder Gruppe benennen, die sich ausschließlich mit den chemisch-physikalischen Messungen beschäftigen und dadurch mehr Daten pro Probestelle erheben könnten.

„Wir konnten nachweisen, dass die Freiwilligen sehr gute Daten zur Fließgewässerbewertung erheben, wenn sie davor geschult werden und ihre Einsätze gut koordiniert sind“, bilanziert Lilian Neuer vom BUND, die im Forschungsprojekt FLOW die Bürgerbeteiligung koordiniert. Die Ergebnisse könnten Datenlücken füllen, da die EU-Wasserrahmenrichtlinie auf größere Fließgewässer fokussiert und Kleingewässer mit einem Einzugsgebiet von weniger als zehn Quadratkilometern kaum berücksichtigt. Dabei machen diese laut Bundesamt für Naturschutz rund 65 Prozent der Gesamtlänge aller Fließgewässer in Deutschland aus. „Unsere Vision ist, ein bundesweites Monitoringnetz mit Citizen-Science-Gruppen aufzubauen, und diese Daten den Umweltbehörden, Wissenschaftler:innen und anderen Interessierten zur Verfügung zu stellen“, sagt von Gönner. So könnte jeder und jede Einzelne dazu beitragen, den ökologischen Gewässerzustand zu verbessern. „Dieses Projekt zeigt sehr anschaulich, dass wir durch Citizen Science wichtige gesellschaftliche Herausforderungen und Umweltprobleme zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern erforschen können.“, sagt Prof. Aletta Bonn, FLOW -Studienleiterin und Departmentleiterin an UFZ und iDiv.

Das Projekt FLOW hat eine Laufzeit von Februar 2021 bis Januar 2024 und wird gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Es gehört zu 15 Projekten, die bis Ende 2024 die Zusammenarbeit von Bürger:innen und Wissenschaftler:innen inhaltlich und methodisch voranbringen und Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen geben sollen. Weitere Informationen unter: www.buergerschaffenwissen.de

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Julia von Gönner
UFZ/FLOW-Koordinatorin
julia.goenner@ufz.de

Prof. Dr. Aletta Bonn
Leiterin Department Ökosystemleistungen an UFZ und iDiv
aletta.bonn@ufz.de

Prof. Dr. Matthias Liess
Leiter UFZ-Department System-Ökotoxikologie
matthias.liess@ufz.de

Originalpublikation:
von Gönner, J., Bowler, D.E., Gröning, J., Klauer, A.-K., Liess, M., Neuer, L. & Bonn, A. (2023) Citizen science for assessing pesticide impacts in agricultural streams. Science of The Total Environment, 857, 159607. https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.159607

Weitere Informationen:
http://www.flow-projekt.de
https://aktion.bund.net/bleiben-sie-im-flow
https://www.ufz.de/newsletter/ufz/Dezember2021/index.html

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Gute Neujahrsvorsätze: Geborgenheit und sichere Kommunikation für das Neugeborene

Maike Lempka Corporate Communications
Constructor University
Machen Sie 2023 zum Jahr der effektiven Kommunikation! Die TeamBaby App, entwickelt an der Constructor University in Bremen, unterstützt werdende Eltern bei ihrem Vorsatz „sichere Kommunikation“ im neuen Jahr. Die App steht allen Interessierten derzeit kostenlos zur Verfügung.

Der Jahreswechsel fühlt sich häufig wie der Beginn eines neuen Kapitels an. Wir nehmen uns vor, mehr Sport zu treiben, weniger zu essen oder uns mehr Zeit für unsere Hobbys und Erholung zu nehmen. Auch die Familienplanung und -vergrößerung kann dazu gehören. Die Möglichkeiten sind unzählig, die Umsetzung jedoch meist nicht so leicht. Mit der richtigen Strategie gelingt sie besser, gerade wenn wir ein neues Familienmitglied willkommen heißen.

Eine sichere Schwangerschaft und Geburt sind maßgeblich abhängig von effektiver Kommunikation sowohl innerhalb der Familie als auch mit dem Gesundheitspersonal. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit einer positiven Schwangerschaft und einer idealen Geburt ist größer, wenn wir das Gefühl haben, dass uns zugehört wird und wir unsere Wünsche denjenigen, die uns betreuen, klar mitteilen können – nicht nur als Eltern, sondern auch als Großeltern, Freund:in oder Begleitperson.

Als Teil eines Teams haben wir die Unterstützung von Familie, Hebammen, Ärzt:innen und Pflegekräften. Um in diesem Team effektiv kommunizieren zu können, stellt die Arbeitsgruppe Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin der Constructor University ihr digitales Gesundheitstool, die TeamBaby Web-App, kurzzeitig kostenlos zur Verfügung. Also setzen Sie Ihre Neujahrsvorsätze zeitnah in die Tat um und nutzen Sie diese einmalige Gelegenheit.

Das digitale Gesundheitstool TeamBaby zeigt werdenden Eltern und deren Begleitpersonen, wie sie gut miteinander und mit dem Gesundheitspersonal kommunizieren können. Zehn Lektionen enthalten eine Fülle an Tipps für eine effektive Zusammenarbeit und Kommunikation. Die Themen umfassen unter anderem wie Schwangere ihre Bedürfnisse vermitteln, wie sie sicherstellen, dass ihre Stimme gehört wird, und wie sie die Zeit mit Hebammen und Ärzt:innen optimal nutzen können.

Über die Arbeitsgruppe Gesundheitspsychologie:
Die Arbeitsgruppe Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin unter der Leitung von Prof. Dr. Sonia Lippke befasst sich mit Themen der Gesundheitsprävention und -förderung für alle Bevölkerungsgruppen. In diesem Zusammenhang werden auch Themen wie Einsamkeit, Kommunikation und Gesundheit erforscht.

Für weitere Informationen: http://slippke.user.jacobs-university.de

Über Constructor University (ehemals Jacobs University):
Eine internationale Gemeinschaft, dynamisch und divers. Akademische Exzellenz, die höchste Standards in Forschung und Lehre gewährleistet. Studierende, die lernen, anhand ihres Wissens und Wissenschaft Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu schaffen: Constructor University ist eine private, top-gerankte, englischsprachige Universität. 2001 gegründet, bietet sie auf ihrem Campus mehr als 25 Studiengänge sowie Promotionsstellen an. Das Constructor-Ecosystem umfasst die Constructor University in Bremen und ein Institut im schweizerischen Schaffhausen.
Über 1.800 Studierende aus mehr als 110 Nationen profitieren von einer einzigartigen, interdisziplinären, akademischen Ausbildung mit hohem Praxisbezug. Eine lebendige Unternehmenskultur bereitet junge Fachkräfte auf eine erfolgreiche Karriere und den Eintritt in den globalen Arbeitsmarkt vor. Mit über 6.000 Alumni weltweit wächst unsere Gemeinschaft zudem stetig.
Die forschungsorientierten Projekte der Fakultät werden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation gefördert, wie auch von weltweit führenden Unternehmen.
Das Constructor-Ecosystem profitiert von Partnerschaften mit hochrangigen Universitäten wie Carnegie Mellon, der Universität Genf oder der National University of Singapore School of Computing sowie mit Technologieunternehmen wie Anisoprint, JetBrains und ChemDiv.

Constructor ist eine globale Institution, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die wichtigsten Herausforderungen der Gegenwart anhand von Wissenschaft, Bildung und Technologie zu lösen. Neben der Universität stützt sich das Ecosystem auf mehrere, for-profit Unternehmen, die technologische Infrastrukturen, Programme für lebenslanges Lernen, Beratungsdienste und Finanzierung anbieten: Alemira by Constructor, Rolos by Constructor, Constructor Learning und Constructor Capital.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Sonia Lippke | Professorin für Psychologie
Tel: 0421 200 4730 | S.Lippke@jacobs-university.de

Weitere Informationen:
https://team.baby
https://www.jacobs-university.de/teambaby/app

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Silvester-Spaß mit brutaler Sprengkraft: Handchirurgen des Dresdner Uniklinikums warnen vor Leichtsinn

Holger Ostermeyer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Die erste schwere Explosionsverletzung dieses Winters registrierte das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bereits in der ersten Dezemberwoche. Ein in der Hand explodierter Silvester-Knaller sorgte bei einem Jugendlichen für schwerste Verletzungen. In einer mehr als zehnstündigen Operation konnte die linke Hand erhalten werden. Prof. Adrian Dragu, Direktor für Plastische und Handchirurgie am UniversitätsCentrum für Orthopädie, Unfall- und Plastische Chirurgie (OUPC) befürchtet auch aufgrund der in den beiden vergangenen Jahreswechseln erlassenen Verbote einen Nachhol-Effekt beim Einsatz der Pyrotechnik zu Silvester und damit verbunden einen Anstieg an schweren Verletzungen.

Die ohnehin durch Infektionswellen und Personalengpässe belasteten Krankenhäuser geraten durch den Wegfall des Verbots unnötigerweise unter zusätzlichen Druck. „Das Schicksal des 14-Jährigen sollte alle feuerwerkbegeisterten Menschen zu einem sehr bedachten, vorsichtigen und rücksichtsvollen Gebrauch von Feuerwerksartikeln mahnen“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums. „Zwar ist das Uniklinikum als Maximalversorger immer da, um schwerste Verletzungen und Erkrankungen mit höchster Expertise optimal zu behandeln, aber für den einzelnen Menschen und das Gesundheitswesen ist jeder dieser leicht vermeidbaren Unfälle einer zu viel! Bitte schränken Sie deshalb den Einsatz von Feuerwerksartikeln ein und seien Sie besonders rücksichtsvoll und vorsichtig.“

Um durch Explosionen hervorgerufene Verletzungen erfolgreich zu behandeln, bedarf es einer hohen Expertise spezialisierter Mikrochirurginnen und Mikrochirurgen sowie der Pflegeteams in den OP-Sälen und im Nachgang auf den Stationen. Dies wird auch an dem Fall des 14-Jährigen deutlich. Bei der Explosion sind mehrere Finger und Teile der linken Hand abgerissen worden. Aufgrund der komplexen Verletzungen ist es notwendig solche Operationen trotz des akuten Handlungsbedarfs genau zu planen. „Wir nutzen dabei die modernsten und komplexesten Behandlungsmethoden die es aktuell gibt. Je nach Umfang der Verletzungen nutzen wir für die Rekonstruktion körpereigene Transplantate wie Knochen, Sehnen, Haut, Gefäße und Nerven“, sagt Prof. Adrian Dragu.

Die Operation des Opfers aus der Oberlausitz dauerte rund elf Stunden und wurde vom damals diensthabenden Handchirurgen Dr. Seyed-Arash Alawi geleitet. Der Facharzt ist unter anderem auf schwere Hand- und Amputationsverletzungen sowie bionische Prothesenversorgung spezialisiert: „Im OP-Saal und unter Vollnarkose wurde der Gesamtzustand der Hand nochmals eingehend geprüft, um zu klären, ob sie trotz der schweren Verletzungen erhalten werden kann oder nicht. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle. Etwa das Alter, Nebenerkrankungen, der Beruf und natürlich auch die Wünsche und Bedürfnisse des Patienten.“ Prinzipiell versucht das Dresdener Team der Abteilung für Plastischen und Handchirurgie immer alles, um den maximalen Erhalt der abgetrennten Gliedmaßen zu erreichen. Mit der für den 14-Jährigen geleisteten Operation, sei das Dresdner Team weit über die in vielen anderen Kliniken möglichen Therapiekonzepte hinausgegangen. „Dazu braucht es enorme Expertise, Geduld und gleichzeitig viele Ressourcen aus der Gesundheitseinrichtung“, sagt Dr. Alawi. Das wichtiges Hilfsmittel im OP ist das Mikroskop, um die Millimeter kleinen Strukturen von Blutgefäßen und Nerven hochpräzise operieren zu können.

Um die Hand so umfassend wie möglich zu rekonstruieren, gehen die Mikrochirurginnen und Mikrochirurgen schrittweise vor. Erst gilt es, die Knochen auf den verschiedenen Ebenen zu stabilisieren und mit Drähten, Schrauben und Platten an der richtigen Position zu fixieren. Danach geht es darum, die Sehnen wiederherzustellen. Blutgefäße und Nerven werde als empfindlichste und feinste anatomische Strukturen zu Letzt mikrochirurgisch versorgt. Ein ebenso wichtiger Schritt besteht darin, die bei Explosionen häufig verbrannte Haut zu ersetzen, um die Wunden erfolgreich zur Abheilung zu bringen. Bei diesen Prozessen müssen gegebenenfalls Knochen, Sehnen, Gefäße, Nerven und Haut von anderen Körperregionen des Patienten verwendet werden. Im Fall des 14-Jährigen wurden kleine Venen aus dem Fuß genutzt, um damit die arterielle Blutversorgung an der betroffenen Hand und den Fingern wiederherzustellen.

Medizinische Blutegel und modernes Wundmanagement unterstützen Heilungsprozess
Der langfristige Erfolg bei einer Rekonstruktion schwer verletzter Gliedmaßen hängt nicht nur von der Operation selbst ab, sondern insbesondere auch von den postoperativen Behandlungskonzepten. Hierbei spielt die Pflege aber auch die spezialisierte Handphysio- und ergotherapie und eine innovative Orthopädietechnik eine sehr große Rolle. Sollte in den ersten Stunden nach der Operation das Blutverhältnis zwischen Einstrom und Ausstrom in die replantierten Finger nicht im Gleichgewicht sein, nutzt das Team der Plastischen und Handchirurgie medizinische Blutegel. Sie stabilisierten auch bei dem 14-jährigen Patienten den venösen Abfluss und verbesserten dabei auch die Durchblutung.

Verletzungen durch Feuerwerkskörper belasten die Notaufnahmen enorm
Für die Teams der Krankenhaus-Notaufnahmen führen die von unsachgemäßem Gebrauch verursachten Verletzungen traditionell über den Jahreswechsel zu einem überdurchschnittlichen Anstieg der Notfälle. Deshalb werden beispielsweise die Teams der Notaufnahmen des Dresdner Uniklinikums in der Silvesternacht personell aufgestockt. Auch für die Weiterbehandlung stehen mehr Teams bereit als an anderen Wochenenden üblich. Das betrifft nicht nur das UniversitätsCentrum für Orthopädie, Unfall- und Plastische Chirurgie, sondern weitere Fächer wie die Augenheilkunde, bei der ebenfalls deutlich mehr Verletzungen behandelt werden müssen. Auch hier ist zum Jahreswechsel der unsachgemäße Gebrauch von Feuerwerksartikeln der Hauptgrund.

„Es vergeht kein Tag, an dem die Medien nicht über die enorme Belastung der Krankenhäuser berichten. Die Wellen von Influenza-, RSV- und Covid-Neuerkrankungen mit schweren Verläufen sorgen in Kombination mit Personalknappheit dafür, dass die Krankenversorgung an ihre Kapazitätsgrenzen stößt“, sagt Prof. Dragu. Eine hohe Zahl an Verletzungen durch Feuerwerksköper könne das Fass nun zum Überlaufen bringen. „Für mich und auch für viele meiner Kolleginnen und Kollegen ist es deshalb unverständlich, dass das Verkaufsverbot von Feuerwerksartikeln anders als in den beiden Vorjahren nicht weiterhin gilt“, so Prof. Dragu weiter. Es bleibe leider nur der eindringliche Apell, freiwillig auf potenziell gefährliche Feuerwerkskörper – insbesondere Knaller und Raketen zu verzichten oder zumindest die Sicherheitshinweise der Hersteller im Vorfeld zu lesen und sich daran auch zu halten. „Das Beispiel unseres 14-jährigen Patienten macht noch einmal deutlich, welche Gefahren vom unsachgemäßen Gebrauch der Silvesterknaller ausgehen!“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
UniversitätsCentrum für Orthopädie, Unfall- und Plastische Chirurgie
Prof. Dr. med. Adrian Dragu, Direktor für Plastische und Handchirurgie
Tel.: 0351 4 58 44 40
E-Mail: adrian.dragu@uniklinikum-dresden.de
www.uniklinikum-dresden.de/oupc

Anhang
Pressemitteilung

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Braunalgenschleim ist gut fürs Klima

Dr. Fanni Aspetsberger Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
Braunalgen nehmen große Mengen Kohlendioxid aus der Luft auf und geben Teile des enthaltenen Kohlenstoffs in Form eines schwer abbaubaren Schleims wieder an die Umwelt ab. Weil dieser Schleim kaum einem Meeresbewohner schmeckt, verschwindet dieser Kohlenstoff so für lange Zeit aus der Atmosphäre. Das zeigt eine Studie von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen. Die Forschenden zeigen, dass insbesondere der Algenschleim namens Fucoidan dafür verantwortlich ist und schätzen, dass Braunalgen so bis zu 550 Millionen Tonnen Kohlendioxid jedes Jahr aus der Luft holen könnten – beinahe die Menge der gesamten jährlichen Treibhausgas-Emissionen Deutschlands.

Braunalgen sind wahre Superpflanzen wenn es darum geht, Kohlendioxid aus der Luft aufzunehmen. Sie übertreffen darin sogar die Wälder an Land und spielen deswegen eine entscheidende Rolle für die Atmosphäre und unser Klima. Aber was passiert mit dem Kohlendioxid, nachdem die Algen es aufgenommen haben? Nun berichten Forschende des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in den Proceedings der amerikanischen National Academy of Sciences (PNAS), dass die Braunalgen große Mengen an Kohlendioxid langfristig aus dem globalen Kreislauf entfernen und so der Klimaerwärmung entgegenwirken können.Fucoidan: Die wenigsten mögen Braunalgenschleim

Fucoidan: Die wenigsten mögen Braunalgenschleim
Algen nehmen Kohlendioxid aus der Luft auf und nutzen den darin enthaltenen Kohlenstoff für ihr Wachstum. Bis zu einem Drittel des aufgenommenen Kohlenstoffs geben sie wieder ans Meerwasser ab, beispielsweise in Form zuckerhaltiger Ausscheidungen. Je nachdem, wie diese Ausscheidungen aufgebaut sind, werden sie entweder schnell von anderen Organismen genutzt oder sinken Richtung Meeresgrund.

„Die Ausscheidungen der Braunalgen sind sehr komplex und daher unglaublich kompliziert zu messen“, sagt Erstautor Hagen Buck-Wiese vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. „Es ist uns aber gelungen, eine Methode zu entwickeln, um sie detailliert zu analysieren.“ Die Forschenden nahmen eine Vielzahl verschiedener Substanzen unter die Lupe. Als besonders spannend entpuppte sich dabei das sogenannte Fucoidan. „Fucoidan machte etwa die Hälfte der Ausscheidungen der von uns untersuchten Braunalgenart namens Blasentang aus“, so Buck-Wiese. Zudem ist Fucoidan sehr widerständig. „Das Fucoidan ist so komplex, dass es nur schwer für andere Organismen nutzbar ist. Keiner scheint es zu mögen.“ So kommt es, dass der Kohlenstoff im Fucoidan nicht so schnell wieder in die Atmosphäre gelangt. „Die Braunalgen sind dadurch besonders gute Helfer, um Kohlendioxid langfristig – für Hunderte bis Tausende von Jahren – aus der Atmosphäre zu entfernen.“

Braunlagen könnten fast den gesamten Kohlendioxid-Ausstoß Deutschlands binden
Braunalgen sind außergewöhnlich produktiv. Es wird geschätzt, dass sie etwa 1 Gigatonne (eine Milliarde Tonnen) Kohlenstoff pro Jahr aus der Luft aufnehmen. Rechnet man nun mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie, ergibt sich, dass dadurch bis zu 0,15 Gigatonnen Kohlenstoff, was 0,55 Gigatonnen Kohlendioxid entspricht, jedes Jahr langfristig durch die Braunalgen gebunden werden. Zum Vergleich: Die jährlichen Treibhausgas-Emissionen Deutschlands belaufen sich laut Umweltbundesamt aktuell auf etwa 0,75 Gigatonnen Kohlendioxid (Schätzung für 2020).

„Was die Sache noch besser macht: Im Fucoidan sind keine Nährstoffe wie beispielsweise Stickstoff enthalten“, erklärt Buck-Wiese weiter. Das Wachstum der Braunalgen wird durch die Kohlenstoffverluste also nicht beeinträchtigt.

Weitere Arten und Orte
Für die aktuelle Studie konnten Buck-Wiese und seine Kolleginnen und Kollegen aus der MARUM MPG Brückengruppe Marine Glykobiologie, die sowohl am Bremer Max-Planck-Institut als auch am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen angesiedelt ist, ihre Experimente an der Tvärminne Zoological Station in Südfinnland durchführen. „Als nächstes wollen wir schauen, wie es bei anderen Braunalgenarten und an anderen Standorten aussieht“, sagt Buck-Wiese. „Das große Potenzial der Braunalgen für den Klimaschutz gilt es unbedingt weiter zu erforschen und zu nutzen.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Hagen Buck-Wiese
MARUM MPG Brückengruppe Marine Glykobiologie
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen
Telefon: +49 421 2028-7360
E-Mail: hbuck@mpi-bremen.de

Dr. Jan-Hendrik Hehemann
MARUM MPG Brückengruppe Marine Glykobiologie
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen
Telefon: +49 421 218-65775
E-Mail: jheheman@mpi-bremen.de

Dr. Fanni Aspetsberger
Pressereferentin
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen
Telefon: +49 421 2028-9470
E-Mail: presse@mpi-bremen.de

Originalpublikation:
Hagen Buck-Wiese, Mona A. Andskog, Nguyen P. Nguyen, Margot Bligh, Eero Asmala, Silvia Vidal-Melgosa, Manuel Liebeke, Camilla Gustafsson, Jan-Hendrik Hehemann (2022): Fucoid brown algae inject fucoidan carbon into the ocean. PNAS (December 2022).

Weitere Informationen:
https://www.mpi-bremen.de/Page5921.html

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TV-Doku: FH-Student beleuchtet Lichtverschmutzung

Michael Milewski Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fachhochschule Dortmund
Für seine Bachelor-Abschlussarbeit hat sich FH-Fotografie-Student Oskar Schlechter mit „Lichtverschmutzung“ in Städten beschäftigt und ein 160-seitiges Fotobuch mit dem Titel „Darkless“ gestaltet. Die Dokumentation „Die Macht der Nacht“ zeigt den 29-Jährigen jetzt aktuell mit seinem Schaffen in der Mediathek des TV-Senders „arte“.

Gleich zum Auftakt der neuen Ausgabe der Kulturreihe „TWIST“ sind nicht nur Aufnahmen zu sehen, die Oskar Schlechter bei seinen nächtlichen Exkursionen gemacht hat. Auch er selbst steht vor der TV-Kamera und erläutert Probleme, die sich aus dem „Lichtsmog“ ergeben – wenn die Nacht quasi künstlich zum Tag gemacht wird, also Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden und darunter beispielsweise der Biorhythmus von Menschen, Tieren und Pflanzen leidet.

„Meine Arbeit soll eine Anregung sein, in den jeweiligen Situationen darüber nachzudenken: Braucht man das Licht wirklich?“, sagt Oskar Schlechter. „Muss die Beleuchtung tatsächlich in allen Räumen aktiviert sein? Und wie ist es im Garten?“, nennt er Beispiele für Privatleute. Weitere Beispiele im öffentlichen Raum seien Laternen, leuchtende Werbedisplays oder angestrahlte Bauwerke. „Damit sollten sich die Verantwortlichen auch unabhängig von der derzeitigen Energiekrise beschäftigen.“

Für sein Fotobuch, das 2023 in den Druck gehen soll, porträtierte Oskar Schlechter auch Menschen, die sich in ihrem Alltag oder beruflich mit der übermäßigen nächtlichen Beleuchtung auseinandersetzen, darunter ein Lichtforscher. Betreuer der Abschlussarbeit waren Prof. Dr. Marcel Marburger und Prof. Kai Jünemann vom Fachbereich Design der Fachhochschule Dortmund.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Marcel Marburger
Fachhochschule Dortmund / Fachbereich Design
Mail: MarcelRene.Marburger@fh-dortmund.de

Prof. Kai Jünemann
Fachhochschule Dortmund / Fachbereich Design
Mail: kai.juenemann@fh-dortmund.de

Weitere Informationen:
https://www.fh.do/nacht Link zur Dokumentation „Die Macht der Nacht“

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Grünen Wasserstoff effizient produzieren: BMBF fördert deutsch-kanadisches Verbundprojekt an der Universität Bayreuth

Christian Wißler Pressestelle
Universität Bayreuth
Die Effizienz und Zuverlässigkeit von Elektrolyseanlagen zu steigern, ist das Ziel eines neuen internationalen Verbundprojekts am Zentrum für Energietechnik (ZET) der Universität Bayreuth. Gemeinsam mit einem deutschen Industriepartner und vier kanadischen Partnern aus Industrie und Wissenschaft werden neuartige Modelle sowie Hard- und Softwareanwendungen zur Kostensenkung bei der Produktion von grünem Wasserstoff entwickelt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben für drei Jahre, die Universität Bayreuth erhält insgesamt rund 250.000 Euro.

Grüner Wasserstoff hat in zukünftigen Energiesystemen eine Schlüsselfunktion bei der Dekarbonisierung und der Kopplung aller Sektoren. Die Europäische Union hat sich daher das Ziel gesetzt, bis 2030 in den eigenen Mitgliedsländern zehn Millionen Tonnen grünen Wasserstoff zu produzieren und weitere zehn Millionen Tonnen zu importieren. Dies kann nur gelingen, wenn dafür effiziente, zuverlässige und wettbewerbsfähige Technologien zur Verfügung stehen. Besonders geeignet zur Produktion von grünem Wasserstoff im großen Maßstab sind Elektrolyseanlagen, deren Funktionsweise auf der Protonen-Austausch-Membran (PEM) basiert. Diese PEM-Elektrolyseanlagen werden bereits im Megawatt-Maßstab kommerziell eingesetzt. Sie bieten schnelle Reaktionszeiten und können sehr flexibel betrieben werden. Dadurch kann die stark fluktuierende Stromerzeugung aus nachhaltigen Energiequellen wie Sonne oder Wind direkt mit PEM-Elektrolyseanlagen gekoppelt werden. Diese große Dynamik kann jedoch dazu führen, dass die zu Stacks zusammengefassten Elektrolysezellen vorzeitig altern. Infolgedessen verringern sich auch die Lebensdauer und die Leistung der Anlage insgesamt. Bisher ist es nicht möglich, diese Prozesse im industriellen Maßstab abhängig von der Betriebsweise vorherzusagen: Die an der Elektrolyse beteiligten Vorgänge sind komplex und die Langzeit-Betriebserfahrungen gering.

Genau hier setzt das vom BMBF geförderte deutsch-kanadischen Verbundprojekt „Modellentwicklung zur Steigerung der Effizienz von Elektrolyseanlagen“ (kurz: „Hyer“) an. Gemeinsam wollen die Forschungspartner ein digitales techno-ökonomisches Modell einer PEM-Elektrolyseanlage entwickeln, die mit erneuerbaren Energiesystemen gekoppelt ist und sich durch eine dynamische Betriebsweise auszeichnet. In Verbindung mit Hard- und Softwareanwendungen wird dieses Modell es ermöglichen, Alterungsvorgänge und die Verringerung der Leistungsfähigkeit mit hoher Genauigkeit vorherzusagen. Dadurch können Betriebsstrategien unter Berücksichtigung der Lebensdauer optimiert werden. Das angestrebte Modell wird dazu auch den digitalen Zwilling eines Stacks umfassen, der die nachteiligen Folgen einer dynamischen Betriebsweise für die Elektrolysezellen präzise abbildet.

An der Entwicklung des digitalen Zwillings werden Forschende des Institute for Integrated Energy Systems an der University of Victoria und des National Research Council Canada (NRC) mit Methoden der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens arbeiten. Die zur Modellierung notwendigen experimentellen Daten werden vom Hydrogen Research Institute der Université du Québec à Trois-Rivières bereitgestellt, das in Zusammenarbeit mit dem NRC neuartige Stacks herstellt, analysiert und charakterisiert. Diese Stacks werden in einem speziell für das Projekt „Hyer“ entwickelten Prüfstand bei der SEGULA Technologies GmbH in Rüsselsheim getestet und beschleunigt gealtert. Für die elektrochemische Charakterisierung der Stacks wird das in Toronto ansässige Start-up Pulsenics Inc. die erforderlichen technischen Lösungen liefern.

Unter der der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Dieter Brüggemann, Direktor des ZET, übernimmt das Bayreuther Team die techno-ökonomische Simulation und Optimierung der PEM-Elektrolyseanlage. „Unser Ziel ist es, einen guten Kompromiss zwischen einer langen Lebensdauer und einer hohen Flexibilität der Elektrolyseanlage zu finden. Von dem Modell werden beispielsweise auch Projektentwickler und Anlagenbetreiber profitieren, da es durch datengestützte Regelungs- und Betriebsstrategien einen vorhersehbaren kostenoptimierten Anlagenbetrieb ermöglicht“ sagt Brüggemann und betont die starke internationale und interdisziplinäre Zusammenarbeit im neuen Verbundprojekt: „Die langjährige deutsch-kanadische Partnerschaft in Wissenschaft, Technologie und Innovation hat mit der aktuellen Energiekrise noch mehr an Bedeutung gewonnen. Beide Länder ergänzen sich optimal in ihren Zielsetzungen, den Klimawandel zu begrenzen, was nicht zuletzt an der Gründung der deutsch-kanadischen Wasserstoffallianz sichtbar wird. Im Projekt bringen die Partner ihre Expertisen auf verschiedensten Fachgebieten ein – von der Materialforschung bis hin zur Simulation von Energiesystemen mit neuesten Methoden. Dadurch können Lösungen entwickelt werden, die ohne diesen Austausch nicht möglich wären.“

Matthias Welzl, der als Koordinator für Wasserstoffforschung und -technologien das Projekt am ZET wesentlich vorbereitet hat, übernimmt die Koordination der deutschen Projektpartner. Er ergänzt: „Seit über einem Jahr arbeiten wir gemeinsam intensiv an der Ausgestaltung des Projekts. Dabei entwickelte sich insbesondere mit den beiden Projektverantwortlichen unserer Industriepartner, Mariam Awara und Dr. Ing. Stephan Wagner, ein enger Kontakt.“ Mariam Awara ist COO und Mitgründerin des kanadischen Start-up Pulsenics Inc., dessen elektrochemisches Monitoring- und Regelungssystem Grundlage für die Umsetzung des Projekts ist. Für die erfolgreiche Gründung von Pulsenics Inc. wurde sie 2022 in der Kategorie „Manufacturing & Industry“ auf der „Forbes 30 Under 30“-Liste ausgezeichnet. Stephan Wagner wird als Projektingenieur und Experte für Wasserstofftechnologien die Arbeiten bei der SEGULA Technologies GmbH leiten. Welzl beschreibt die weiteren Planungen: „Demnächst werden wir nach Kanada reisen, um auch die anderen Partner persönlich kennenzulernen und die Projektarbeit mit einem Kickoff-Workshop offiziell zu starten.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr.-Ing. Dieter Brüggemann
Direktor des Zentrums für Energietechnik (ZET)
Universität Bayreuth
Telefon: +49 (0)921 / 55-7160
E-Mail: brueggemann@uni-bayeuth.de

Matthias Welzl, M.Sc.
Koordinator Wasserstoffforschung und -technologien
Akad. Rat am Zentrum für Energietechnik (ZET)
Universität Bayreuth
Telefon: +49 (0)921 / 55-7525
E-Mail: matthias.welzl@uni-bayreuth.de

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Seltene Bakterien sind hauptverantwortlich für den Kohlenstoffkreislauf im Meer

Alexandra Frey Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien
Rare Bakterienarten sind im Ozean am aktivsten, häufige Arten hingegen sind weniger aktiv

Ein internationales Team aus Meeresbiolog*innen mit Beteiligung von Gerhard J. Herndl und Eva Sintes von der Universität Wien hat eine Methode entwickelt, die es erlaubt die Atmungsaktivität von einzelnen Bakterienarten zu bestimmen. Dabei fanden sie heraus, dass im offenen Ozean weniger häufige Bakterienarten die größten Atmungsraten haben, also mehr Sauerstoff verbrauchen und CO2 produzieren. Jene Bakterien hingegen, die besonders häufig im Ozean zu finden sind, verbrauchen eine relativ geringe Menge an organischem Material. Weniger als 3% der Bakterien im Ozean konsumieren so ein Drittel des gesamten Sauerstoffs. Diese Ergebnisse haben große Auswirkungen auf die Sichtweise auf den Kohlenstoffkreislauf der Ozeane und erscheinen aktuell im renommierten Fachjournal „Nature“.

Häufig ist nicht gleich wichtig
In einem Liter Ozeanwasser finden sich hunderttausende verschiedene Bakterienarten. Die meisten dieser Bakterien veratmen, so wie wir, Sauerstoff, um Energie aus organischem Material zu gewinnen und erzeugen dabei Kohlendioxid. Um abzuschätzen, wie hoch die Atmungsaktivität von Meeresmikroben ist, haben Forscher*innen bisher die Summe die gesamte Atmungsaktivität durch die Anzahl der vorhandenen Organismen geteilt. Dieser Ansatz berücksichtigt jedoch nicht die überwältigende Artenvielfalt der verschiedenen Meeresbakterien, die nicht alle die gleiche Atmungsaktivität haben.
Die im Fachjournal Nature publizierte Studie zeigt nun, dass die Unterschiede zum Teil gravierend sind: „Die Atmungsaktivität der einzelnen Bakterienarten im Meerwasser kann bis zu tausendfach variieren. Wir haben herausgefunden, dass gerade jene Bakterien, die im Ozean weniger zahlreich vertreten sind die höchsten Atmungsaktivitäten zeigen, während sehr häufig vorkommende Bakterien geringe Atmungsaktivitäten haben“, erklärt Gerhard J. Herndl von der Universität Wien, einer der Co-Autor*innen der internationalen Studie. Das bedeutet, dass für den Kohlenstoffkreislauf in den Meeren die seltenen Bakterien insgesamt wichtiger sind als die Mikroorganismen, die in großer Anzahl im Meerwasser vorkommen. „Das ist ein häufiges Missverständnis in der Ökologie und in der Betrachtung der biogeochemischen Kreisläufe. Nicht jene Organismengruppen oder Nährstoffe, die in der höchsten Konzentration verkommen, sind besonders wichtig, sondern sehr oft jene, die nur in geringen Konzentrationen vorkommen“, erklärt Herndl.

Neue Methode verbindet die Messung der Atmungsaktivität mit mikrobieller DNA
Um die komplexe Gemeinschaft der Mikroorganismen im Ozean zu verstehen, entwickelte das internationale Team eine neue Methode, mit der sie die Atmungsaktivität und den genetischen Code einzelner Zellen verknüpfen können. Dabei verwendeten die Forscher*innen zuerst fluoreszierende Sonden, um die Atmungsraten einzelner Bakterienzellen zu messen. Je mehr eine Zelle atmet, desto mehr fluoresziert sie. Das Fluoreszenzsignal wird gemessen und die Zellen werden gleichzeitig nach ihrer Fluoreszenz sortiert. Anschließend werden die einzelnen Zellen einer genetischen Analyse unterzogen, um herauszufinden, um welche Art es sich handelt. Für die Studie wurden Bakteriengemeinschaften aus dem Golf von Maine, dem Mittelmeer und aus dem offenen Atlantischen und Pazifischen Ozean untersucht.

Bakterien und der Kohlenstoffkreislauf im Meer
Bakterien, die organisches Material wieder in anorganische Komponenten, wie etwa CO2 umwandeln, dominieren den Kohlenstoffkreislauf im Meer und setzen mehr organisches Material um, als all die anderen Lebewesen im Meer zusammen. Sie spielen also eine große Rolle im ozeanischen Kohlenstoffkreislauf und deshalb ist es außerordentlich wichtig, ihre Atmung als Aktivitätsparameter zu messen: „Wenn nun die meisten Bakterien im Meer nur wenig aktiv sind, so wie unsere Studie zeigt, dann heißt das, dass wenige Bakterienarten sehr hohe Stoffumsetzungsraten haben. Gleichzeitig werden diese hochaktiven Bakterien aber offensichtlich stark beweidet, das heißt von anderen Lebewesen gefressen, sodass sie nur in geringen Häufigkeiten vorkommen. Hohe Aktivität bedeutet also auch hohe Verlustraten durch Beweidung. Das bedeutet wiederum, dass nur wenige Bakterienarten dafür sorgen, dass wir einen hohen Kohlenstofffluss haben, während der Großteil der Bakterien eher wenig aktiv ist, langsam wächst und auch wenig beweidet wird. Diese neuen Erkenntnisse haben große Auswirkungen auf die Untersuchung von globalen Nährstoffkreisläufen wie dem Kohlenstoffkreislauf, da das Meer für einen Großteil des globalen Kohlenstoffkreislaufes verantwortlich ist.“, so Gerhard J. Herndl.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Gerhard J. Herndl
Department für Funktionelle und Evolutionäre Ökologie
Universität Wien
1030 Wien, Djerassiplatz 1
T +43-1-4277-76431
M +43-664-817-5971
gerhard.herndl@univie.ac.at
chie.amano@univie.ac.at

Originalpublikation:
„Decoupling of respiration rates and abundance in marine Prokaryoplankton“: Jacob H. Munson-McGee, Melody R. Lindsay, Julia M. Brown, Eva Sintes, Timothy D’Angelo, Joe Brown, Laura C. Lubelczyk, Paxton Tomko, David Emerson, Beth N. Orcutt, Nicole J. Poulton, Gerhard J. Herndl, Ramunas Stepanauskas. Nature
doi: 10.1038/s41561-022-01081-3
https://www.nature.com/articles/s41586-022-05505-3

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Hochbelastbar und biologisch abbaubar

Helena Dietz Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Konstanz
Ein Polyester-Kunststoff mit hoher mechanischer Stabilität, der trotzdem gut recycelt werden kann und sogar kompostierbar ist: Forschende der Universität Konstanz um den Chemiker Stefan Mecking stellen ein neues Material vor.

Wie können Kunststoffe so gestaltet werden, dass ihre positiven Materialeigenschaften erhalten bleiben, sie aber gleichzeitig besser rezykliert werden können? Diese und andere Fragen zur Umweltverträglichkeit von Kunststoff-Materialien erforscht der Chemiker Stefan Mecking in seiner Arbeitsgruppe an der Universität Konstanz. In ihrem aktuellen Artikel in der internationalen Ausgabe der Fachzeitschrift Angewandte Chemie stellt die Arbeitsgruppe nun einen neuen Polyester vor, der industriell gefragte Materialeigenschaften und gute Umweltverträglichkeit in einem Kunststoff vereint.

Normalerweise kaum vereinbar
Kunststoffe bestehen aus langen Aneinanderkettungen eines oder weniger chemischer Grundbausteine, sogenannter Monomere. Kunststoffe, die sich durch eine hohe Kristallinität und einen wasserabweisenden Charakter auszeichnen und dadurch mechanisch hochbelastbar und beständig sind, sind weit verbreitet. Ein bekanntes Beispiel ist hochdichtes Polyethylen (HDPE), dessen Grundbausteine unpolare Kohlenwasserstoffmoleküle sind. Was auf der einen Seite vorteilhaft für die Anwendungseigenschaften sein kann, birgt jedoch auch Nachteile: Das Recycling derartiger Kunststoffe – also die Rückgewinnung der Grundbausteine – ist sehr energieaufwändig und ineffizient. Gelangen die Kunststoffe unbeabsichtigt in die Umwelt, werden sie dort nur extrem langsam abgebaut.

Eine Strategie, die Mecking und seine Kolleg*innen bereits seit längerem verfolgen, um diese vermeintliche Unvereinbarkeit der Beständigkeit und Abbaubarkeit von Kunststoffen zu umgehen, ist der Einbau chemischer „Sollbruchstellen“ in ihre Materialien. Sie konnten bereits zeigen, dass dies die Rezyklierbarkeit von polyethylenartigen Kunststoffen deutlich verbessert. Eine gute biologische Abbaubarkeit ist dadurch jedoch nicht automatisch gewährleistet. „Kunststoffe mit hoher Zähigkeit erreichen diese oft durch eine Ordnung in dichtgepackte, kristalline Strukturen“, erklärt Mecking: „Die Kristallinität in Kombination mit dem wasserabweisenden Charakter bremst jedoch in der Regel die biologische Abbaubarkeit der Materialien stark, weil sie die Zugänglichkeit der Sollbruchstellen für Mikroorgansimen erschwert.“ Für den neuen Kunststoff, den die Forschenden nun vorstellen, gilt dies jedoch nicht.

Kristallin und dennoch kompostierbar
Der neue Kunststoff, Polyester-2,18, besteht aus zwei Grundbausteinen: einer kurzen Diol-Einheit mit zwei Kohlenstoffatomen und einer Dicarbonsäure mit 18 Kohlenstoffatomen. Beide Grundbausteine können leicht aus nachhaltigen Rohstoffquellen gewonnen werden. So ist beispielsweise der Ausgangsstoff für die Dicarbonsäure, die den Hauptbestandteil des neuen Polyesters ausmacht, pflanzlichen Ursprungs. In seinen Eigenschaften ähnelt der Polyester denen von HDPE: Durch seine kristalline Struktur besitzt er zum Beispiel eine hohe mechanische Stabilität und auch Temperaturbeständigkeit. Gleichzeitig zeigten erste Versuche zur Rezyklierbarkeit, dass aus dem Material unter vergleichsweise milden Bedingungen seine Grundbausteine zurückgewonnen werden können.

Der neue Polyester besitzt jedoch eine weitere, eher unerwartete Eigenschaft: Trotz seiner hohen Kristallinität ist er biologisch abbaubar, wie Laborversuche mit natürlicherweise vorkommenden Enzymen und Tests in einer industriellen Kompostieranlage zeigten: Der Polyester konnte durch die Enzyme im Laborversuch innerhalb weniger Tage abgebaut werden. Die Mikroorganismen in der Kompostieranlage benötigten etwa zwei Monate, sodass der Kunststoff sogar ISO-Kompostierungsnormen erfüllt. „Wir waren selbst über diese schnelle Abbaubarkeit erstaunt“, so Mecking, der ergänzt: „Natürlich lassen sich die Ergebnisse aus der Kompostieranlage nicht eins zu eins auf jede erdenkliche Umweltsituation übertragen. Sie belegen dennoch die biologische Abbaubarkeit des Materials und deuten darauf hin, dass es um ein Vielfaches weniger persistent ist als Kunststoffe wie HDPE, sollte es einmal unbeabsichtigt in die Umwelt gelangen.“

Sowohl die Rezyklierbarkeit des Polyesters als auch seine Bioabbaubarkeit unter verschiedenen Umweltbedingungen sollen nun noch weiter untersucht werden. Anwendungsmöglichkeiten für das neue Material sieht Mecking zum Beispiel im 3D-Druck oder bei der Herstellung von Verpackungsfolien. Hinzu kommen weitere Felder, in denen Kristallinität in Kombination mit Rezyklierbarkeit und Abbaubarkeit von Abrieb oder ähnlichen Materialverlusten wünschenswert ist.

Faktenübersicht:
– Originalpublikation: Marcel Eck et al. (2022) Biodegradable high density polyethylene-like material. Angewandte Chemie International Edition; DOI: https://doi.org/10.1002/ange.202213438
– Forschende der Universität Konstanz entwickeln einen neuen Kunststoff, der sich durch hohe Belastbarkeit bei gleichzeitiger biologischer Abbaubarkeit und guter Rezyklierbarkeit auszeichnet
– Stefan Mecking ist Professor für Chemische Materialwissenschaft am Fachbereich Chemie der Universität Konstanz. Er erforscht mit seiner Arbeitsgruppe katalytische Verfahren, die auf mehreren Ebenen die Umweltverträglichkeit von Kunststoffen steigern.
– Finanzierung: Europäische Union in Form eines ERC Advanced Grants für das Projekt DEEPCAT (Degradable Polyolefin Materials Enabled by Catalytic Methods)

Hinweis an die Redaktionen:
Fotos können im Folgenden heruntergeladen werden:
Link: https://www.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2022/hochbelastbar.jpg
Bildunterschrift: Der neuartige Polyester ähnelt in seinen Eigenschaften und seiner Struktur hochdichtem Polyethylen (HDPE), ist jedoch gleichzeitig bioabbaubar und rezyklierbar.
Copyright: AG Mecking

Kontakt:
Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
Telefon: + 49 7531 88-3603
E-Mail: kum@uni-konstanz.de

Originalpublikation:
Eck M, Schwab ST, Nelson TF, Wurst K, Iberl S, Schleheck D, Link C, Battagliarin G, Mecking S. Biodegradable high density polyethylene-like material. Angew Chem Int Ed Engl. 2022 Dec 8. doi: https://doi.org/10.1002/ange.202213438

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Dünger klimafreundlicher produzieren

Hochschulkommunikation Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)
Forschende der ETH Zürich und der Carnegie Institution for Science zeigen auf, wie sich Stickstoffdünger nachhaltiger herstellen liesse. Dies ist nicht nur aus Klimaschutzgründen nötig, sondern auch um die Abhängigkeit von Erdgasimporten zu reduzieren und um die Ernährungssicherheit zu erhöhen.

Eine intensive Landwirtschaft ist nur möglich, wenn die Böden mit Stickstoff, Phosphor und Kalium gedüngt werden. Während Phosphor und Kalium als Salze abgebaut werden können, muss Stickstoffdünger aufwändig aus Stickstoff aus der Luft und aus Wasserstoff hergestellt werden, wobei die Produktion von Wasserstoff äusserst energieintensiv ist. Es werden dazu grosse Mengen an Erdgas oder – vor allem in China – Kohle benötigt. Entsprechend gross ist der CO2-​Fussabdruck, die Abhängigkeit von fossiler Energie und somit auch die Anfälligkeit auf Preisschocks auf den Energiemärkten.

Paolo Gabrielli, Senior Scientist am Labor für «Reliability and Risk Engineering» der ETH Zürich hat zusammen mit Lorenzo Rosa, Forschungsgruppenleiter an der Carnegie Institution for Science in Stanford, USA, verschiedene CO2-​neutrale Herstellungswege von Stickstoffdünger untersucht. In einer in der Fachzeitschrift «Environmental Research Letters» veröffentlichten externe SeiteStudiecall_made kommen die beiden Forscher zum Schluss, dass ein Wandel bei der Stickstoffproduktion möglich ist und ein solcher unter Umständen auch die Ernährungssicherheit erhöht. Die alternativen Herstellungswege haben aber Vor-​ und Nachteile. Konkret haben die beiden Forscher drei Alternativen untersucht:

– Der benötigte Wasserstoff wird wie derzeit mit fossilen Energiequellen hergestellt, wobei das Treibhausgas CO2 nicht in die Atmosphäre emittiert, sondern in den Produktionsbetrieben abgeschieden und dauerhaft im Untergrund gespeichert wird (Carbon Capture and Storage, CSS). Das benötigt nicht nur eine Infrastruktur für das Abscheiden, den Transport und die Lagerung des CO2, sondern entsprechend auch mehr Energie. Trotzdem ist das eine vergleichsweise effiziente Herstellungsmethode. Allerdings ändert sich dadurch nichts an den Abhängigkeiten von fossilen Brennstoffen.

– Die Düngerherstellung lässt sich elektrifizieren, indem der Wasserstoff mittels Elektrolyse aus Wasser hergestellt wird, was aber etwa 25-​mal so viel Energie braucht wie die heutige Herstellung mit Erdgas. Es bräuchte also sehr viel Strom aus klimaneutralen Quellen. Interessant ist dieser Ansatz für Länder, in denen viel Solar-​ oder Windenergie zur Verfügung steht. Allerdings ist geplant, aus Klimaschutzgründen auch andere Wirtschaftssektoren zu elektrifizieren. Das könnte somit zu einer Konkurrenz um nachhaltige Elektrizität führen.

– Stellt man den Wasserstoff für die Düngerproduktion aus Biomasse her, sind dafür viel Ackerland und Wasser nötig. Somit konkurriert dieser Herstellungsweg ironischerweise die Nahrungsmittelproduktion. Sinnvoll ist er laut den Studienautoren, wenn Abfallbiomasse – zum Beispiel Ernteabfälle – verwendet wird.

Nach Ansicht der Wissenschaftler dürfte der Schlüssel zum Erfolg darin liegen, alle diese Ansätze je nach Land und lokalen Voraussetzungen und verfügbaren Ressourcen zu kombinieren. Zusätzlich müsse Stickstoffdünger effizienter verwendet werden, betont Lorenzo Rosa: «Wenn man Probleme wie Überdüngung und Food Waste angeht, kann man auch den Düngerbedarf reduzieren.»

Indien und China gefährdet
Die Wissenschaftler haben in der Studie ausserdem untersucht, in welchen Ländern der Welt die Ernährungssicherheit aufgrund ihrer Abhängigkeit von Stickstoff-​ oder Erdgasimporten derzeit besonders gefährdet ist. Diese Länder sind besonders anfällig für Preisschocks auf den Erdgas-​ und Stickstoffmärkten: Indien, Brasilien, China, Frankreich, die Türkei und Deutschland.

Eine Dekarbonisierung der Düngemittelproduktion würde diese Anfälligkeit in vielen Fällen reduzieren und die Ernährungssicherheit erhöhen. Denn zumindest bei einer Elektrifizierung mittels erneuerbarer Energien oder der Nutzung von Biomasse verringert man die Abhängigkeit von Erdgasimporten. Allerdings relativieren die Forschenden diesen Punkt: Alle CO2-​neutralen Methoden zur Herstellung von Stickstoffdünger sind energieintensiver als die gegenwärtige Nutzung fossiler Energie. Somit bliebe man immer noch anfällig auf gewisse Preisschocks – zwar nicht direkt auf solche auf den Erdgasmärkten, aber gegebenenfalls auf solche beim Strom.

Wandel bei Stickstoffherstellern
Bei den Herstellerländern von Stickstoffdünger dürfte es im Rahmen einer Dekarbonisierung zu Veränderungen kommen, wie die Wissenschaftler in der Studie aufzeigen. Die grössten Exportnationen für Stickstoff sind heute Russland, China, Ägypten, Katar und Saudi-​Arabien. Mit Ausnahme von China, das Erdgas importieren muss, haben alle diese Länder ihre eigenen Erdgasreserven. In Zukunft dürften eher Länder profitieren, die viel Solar-​ und Windstrom herstellen und gleichzeitig ausreichende Land-​ und Wasserreserven haben, wie zum Beispiel Kanada und die USA.

«Wir kommen nicht umhin, den Stickstoffbedarf der Landwirtschaft in Zukunft nachhaltiger zu gestalten, sowohl um die Klimaziele zu erreichen als auch aus Gründen der Ernährungssicherheit», sagt Paolo Gabrielli. Der Krieg in der Ukraine beeinflusst den Weltmarkt für Nahrungsmittel nicht nur, weil das Land normalerweise viel Getreide exportiert, sondern auch, weil als Folge des Krieges die Erdgaspreise gestiegen sind. Deswegen sind auch die Preise für Stickstoffdünger gestiegen. Trotzdem ist von einigen Düngerherstellern bekannt, dass sie wegen der exorbitanten Gaskosten nicht mehr wirtschaftlich produzieren können und die Produktion zumindest zeitweise eingestellt haben.

Originalpublikation:
Rosa L, Gabrielli P: Energy and food security implications of transitioning synthetic nitrogen fertilizers to net-​zero emissions, Environmental Research Letters 2022, doi: 10.1088/1748-9326/aca815 [https://doi.org/10.1088/1748-9326/aca815]

Weitere Informationen:
https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2022/12/duenger-klimaf…

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Silvester: Augenärzt*innen starten Petition für kommunales Feuerwerk

Kerstin Ullrich Pressestelle
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft
Das Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper hat sich in den beiden Pandemiejahren insgesamt als effektive Maßnahme erwiesen, die Gesamtzahl der Augenverletzungen zur Silvesterzeit um 86 Prozent in 2020/2021 und um 61 Prozent in 2021/2022 zu reduzieren. Damit ist gleichwohl im zweiten Pandemiejahr trotz Verkaufsverbot die Zahl der Unfälle wieder leicht angestiegen, wie die aktuelle Umfrage der „Arbeitsgruppe Sicheres Feuerwerk“ der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) zeigt.

Die Zunahme ist vermutlich unter anderem auf die gelockerten Versammlungsbeschränkungen zurückzuführen. Für dieses Jahr, in dem Pyrotechnik wieder frei verkäuflich ist, erwartet die DOG einen neuerlichen Anstieg bei den Augenverletzungen. Die Arbeitsgruppe will deshalb eine Petition auf den Weg bringen, die privates durch kommunales Feuerwerk ablöst.

Seit Jahreswechsel 2016/2017 führt die DOG alljährlich zu Silvester eine Umfrage an notdienstleistenden deutschen Augenkliniken durch, um die Zahl der Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper zu ermitteln. Insgesamt liegen für den Zeitraum von sechs Jahren Daten zu 2151 Patientinnen und Patienten mit Augenverletzungen durch Böller & Co vor, die jüngst publiziert worden sind.1 Auch zum Jahreswechsel 2022/2023 soll wieder eine Umfrage stattfinden.

Wie die Sechsjahres-Ergebnisse nun im Rückblick zeigen, erlitten in den Jahren ohne Verkaufsverbot konstant jeweils etwa 500 Betroffene in den Silvestertagen Augenverletzungen durch Pyrotechnik. „Im ersten Pandemiejahr 2020/2021 mit Verkaufsverbot sank die Verletztenzahl auf 79, was einer Reduktion um 86 Prozent entspricht“, berichtet Arbeitsgruppenmitglied Dr. med. Ameli Gabel-Pfisterer. Im Folgejahr 2021/2022 stieg die Zahl der Verletzten trotz Verkaufsverbot wieder leicht auf 193 an, was immerhin noch einen Rückgang im Vergleich zu den Vorpandemie-Jahren von 62 Prozent darstellt. „Die Zunahme gegenüber 2020/2021 könnte mit der etwas häufigeren Nutzung nichtzugelassener Feuerwerksartikel zusammenhängen“, so Gabel-Pfisterer. „Denn das Verbot wurde im vergangenen Jahr früher angekündigt, so dass Zeit war, sich im Ausland einzudecken.“

Die erhobenen Daten lassen einen solchen Schluss zu. Während der Jahre 2020 bis 2022, in denen ein Verkaufsverbot für Feuerwerksartikel galt, stammte nach Aussage der Verletzten der ursächliche pyrotechnische Artikel bei 11 Prozent der Unfälle aus nicht offizieller Quelle – für die Jahre 2017 bis 2019 war dies nur bei 2 Prozent der Unfälle so angegeben worden. „Zudem waren die Verletzungen in den Pandemiejahren tendenziell schwerer, es gab relativ mehr stationäre Aufnahmen“, berichtet Arbeitsgruppenmitglied Professor Dr. med. Daniel Böhringer. „Neben der Nutzung nicht offizieller Pyrotechnik könnte dies auf einen Selektionseffekt besonders risikofreudiger privater Pyrotechniker zurückzuführen sein.“

Dennoch, so betont die AG Feuerwerk, wurde der größte Teil der Augenverletzungen auch während des Verkaufsverbots durch CE-zertifizierte Feuerwerksartikel hervorgerufen. „Die im Zusammenhang mit dem Verkaufsverbot befürchtete stärkere Verwendung von nicht offiziellem Feuerwerk führt zwar relativ zu etwas mehr schweren Verletzungen, ist mit Blick auf die absoluten Zahlen aber überschaubar“, erläutert Arbeitsgruppenmitglied Professor Dr. med. Hansjürgen Agostini. Es seien 10-mal mehr Schwerverletzte aus Unfällen mit offiziellen Feuerwerkskörpern festzustellen. „Das CE-Zeichen garantiert natürlich nur bei sachgerechtem Gebrauch ein gewisses Maß an Sicherheit“, stellt der Freiburger DOG-Experte klar.

„Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ein Verkaufsverbot von privatem Feuerwerk eine effektive Maßnahme ist, um die Gesamtzahl der Augenverletzungen zu reduzieren“, bilanziert Agostini. Auch die Versammlungsbeschränkungen, die mit dem Verkaufsverbot angeordnet waren, entfalteten Wirksamkeit. So sank der Anteil der verletzten Zuschauenden von rund 62 Prozent in den Vor-Pandemiejahren auf 47 Prozent in 2020 und 2021.

Das sicherste Feuerwerk ist jedoch das professionelle. „In den 6 Jahren der Umfrage fand sich lediglich eine Patientin, die während einer öffentlichen Feuerwerksshow als Zuschauerin leicht verletzt worden war“, berichtet Agostini. Der Augenexperte startet daher eine Bundestags-Petition, die privates durch kommunales Feuerwerk ablösen will. „Ausgebildete Feuerwerker, etwa aus den Reihen der Feuerwehr, sollen ein gemeinsam erlebtes, sicheres Feuerwerk höchster Qualität zünden“, so der DOG-Experte.

Literatur:
https://link.springer.com/article/10.1007/s00347-022-01778-1

Weitere Informationen:
https://www.dog.org/augenverletzungen-durch-feuerwerkskoerper Die Petition befindet sich in der Prüfung und wird nach Veröffentlichung auf die Webseite der DOG gestellt:

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Stressarm durch die Weihnachtstage – wie man das Fest der Familie entspannt übersteht

Kathrin Markus Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Northern Business School
Ein paar Mal werden wir noch wach, dann ist wieder Weihnachtstag. Und was man bis dahin alles zu erledigen hat! Stress und ein schiefer Haussegen sind bei vielen nicht fern. Aber das muss nicht sein: Prof. Dr. Marcel Schütz von der NBS Northern Business School in Hamburg gibt Anregungen zur weihnachtlichen Wohltemperierung.

Kaum sind alle angekommen, gibt es den ersten Ärger in der Küche. Auf einmal schlägt eine Tür zu und wenn es ganz schlecht läuft, geht auch mal Geschirr zu Bruch – Weihnachten ist ein Fest der Harmonie – nun ja, zumindest in der Theorie. Praktisch kann es mal hoch her gehen und ruckzuck ist die Stimmung im Eimer.

Prof. Dr. Marcel Schütz forscht über die Gesellschaft und ihre Formen der Organisation. Er arbeitet derzeit auch an einem soziologischen Buch zum Weihnachtsfest, das im kommenden Jahr erscheint. Sein Augenmerk gilt den Beziehungen und Interaktionen rund um die Festtage. Wie bereiten sich die Menschen auf die besondere Zeit vor, wie prägen Rituale und Erwartungen den Umgang?

Erwartungsstau zu Weihnachten
„Zu Weihnachten gibt es eine Art Erwartungsstau. Die kurze Zeit des Festes soll möglichst perfekt verbracht werden. Dass das mitunter anstrengend wird, liegt auf der Hand“, sagt Schütz, der für die weihnachtlichen Tage bei und mit der Familie ein paar Anregungen gibt – gewissermaßen als Erwartungsmanagement gegen das Risiko der häuslichen Besinnungslosigkeit.

„Allgemein kann man sagen, dass viele erstmal in diesem Fest ankommen müssen. Und das nicht nur mit Auto und Zug nach vielleicht mehreren Stunden Fahrt in die Heimat; ankommen auch im übertragenen Sinne“. Schütz rät dazu, sich nicht sofort mit allen Plänen und Details zu behelligen, Freiräume und Rückzugsmöglichkeiten während der Festtage einzuräumen. „Sich nicht groß drängen und belagern, das ist schon die halbe Miete, würde ich sagen. Gerade wenn man, wie in vielen Familien, gut und gern eine halbe Woche aufeinander hockt.“

Eben weil Familien häufig nur zu bestimmten Anlässen wie Weihnachten in dieser ganzen Konstellation zusammenfinden, gibt es natürlich den ein oder anderen Punkt, den man mit einzelnen Mitgliedern besprechen möchte. „Hier muss man schauen, ob der Moment passt. Bei grundsätzlichen und politischen Themen können naturgemäß die alters- und lebensspezifisch unterschiedlichen Standpunkte hervortreten.“

In Gesprächen auf Sicht fahren
Schütz empfiehlt kommunikativ auf Sicht zu fahren. Wenn man merkt, dass ein Thema Irritation und Ärger auslöst – lieber umgehen bzw. konstruktiv abmoderieren. Man könne einander am Rande, optimalerweise erst am 27. Dezember, kurz zur Seite nehmen und Dinge persönlich klären. Selbst in der Familie werde es zur Zumutung, wenn man alles vor allen ausdiskutiere.

„Jeder ist bemüht zu Weihnachten möglichst weihnachtlich zu funktionieren. Anstrengend wird es, wenn man dabei gegen eigene Gefühle ankämpfen muss. Man geht vielleicht gar nicht vollkommen gelöst und freudig in die Feiertage, sondern trägt vielmehr etwas mit sich, das einem Gedanken macht“, so der Sozialwissenschaftler.

In vielen Familien gibt es ein ambitioniertes Besuchsprogramm. „Hinter vorgehaltener Hand werden viele sagen: Weniger ist mehr, und können wir es nicht etwas langsamer angehen?“, weiß Schütz. Natürlich wolle man einander nicht vor den Kopf stoßen. An Weihnachten werde jede Einsparung in puncto eigene Präsenz schnell als Entzug von Aufmerksamkeit empfunden. Da helfe es, Achtsamkeit im Blick auf die individuellen Bedürfnisse aufzubringen.

Basis-Rituale und „Programmdiversifikation“
Das Familienfest zeichne allerdings auch aus, dass alle zu Kompromissen bereit sind. Sonst wäre es ja gar kein Anlass der Gemeinsamkeit. „Man kann ein derart traditionsgetränktes Fest nicht für jeden Lebensstil und Geschmack genau passend aufziehen. Der eine hängt an der Weihnachtsmusik, der andere an der edlen Nordmanntanne. Die Kinder wollen Geschenke. Dem nächsten bedeutet all das nicht ganz so viel, dafür die freien Tage, die Gespräche und das Essen. Eine etwas oberflächliche Synchronisierung der Emotionen und Vorstellungen ist somit ziemlich normal.“

Sinnvoll sei es, sich zwanglos auf eine gute Mischung weihnachtlicher Beschäftigungen zu verständigen. Marcel Schütz: „Beispielsweise ein paar Basis-Rituale wie Gottesdienstbesuch, Weihnachtsessen, Spaziergang – idealerweise natürlich mal wieder bei weißer Weihnacht – oder Gesellschaftsspiele. Nennen wir es ,Programmdiversifikation‘ oder einfach Abwechslung. Der eine Teil verzieht sich zum Plausch, der andere Teil schaut einen Film. Wieder andere wollen mal joggen, um den Kopf von all dem Kerzenduft und der Weihnachts-CD freizukriegen.“

Zwischen Zauber und Nachdenklichkeit
Weihnachten, so der Gesellschafts- und Organisationsforscher Schütz, bleibe im Kern eine ambivalente Sache. Das Fest lebe von einer gediegenen Form, von Maß und Mitte, Ruhe und Einkehr. In einer schnellen Zeit mit vielen gleichzeitigen Baustellen sei diese wiederkehrende Zäsur bemerkenswert. Ein Leben lang feiere man Weihnachten, und werde es doch immer noch nicht leid. – Eine mächtige Institution und Gesellschaftsleistung.

„Manches in unserer Kindheitsweihnacht kann ein Leben lang in der Erinnerung gegenwärtig bleiben. Auch dann, wenn die strahlenden Gesichter vergangener Zeit längst nicht mehr auf dieser Welt sind.“ Der Weihnachtszauber zwischen gestern, heute und morgen fasziniere die Menschen und mache sie zugleich nachdenklich. „Somewhere in my memory – so heißt der Titelsong des Weihnachtsklassikers ,Kevin allein zu Haus‘. Das ist es, was viele zur Weihnacht spüren: Irgendwo in meiner Erinnerung, irgendwo ist da etwas geblieben, das verbindet.“

Schütz abschließend: „Ich denke, es kommt darauf an, dass man weiß, was einem die Tage bedeuten. Und dass man sich nach all dem Rennen und Rasen das ganze Jahr doch ein paar schöne, entspannte Momente gönnt, an die man sich noch lange erinnert. Man kann mit lauter Geschenken nicht so glücklich machen wie mit der Zeit, die man miteinander verbringt. Denn das wird man nicht immer haben.“

Prof. Dr. Marcel Schütz hat die Stiftungs- und Forschungsprofessur für Organisation und Management an der Northern Business School in Hamburg inne. Seine Arbeitsschwerpunkte bilden die soziologische Organisations- und Gesellschaftsforschung. E-Mail: schuetz@nbs.de.

Ihr Ansprechpartner für die Pressearbeit an der NBS Hochschule ist Frau Kathrin Markus (markus@nbs.de). Sie finden den Pressedienst der NBS mit allen Fachthemen, die unsere Wissenschaftler abdecken, unter www.nbs.de/die-nbs/presse/pressedienst

Die NBS Northern Business School – University of Applied Sciences ist eine staatlich anerkannte Hochschule, die Vollzeit-Studiengänge sowie berufs- und ausbildungs-begleitende Studiengänge in Hamburg anbietet. Zum derzeitigen Studienangebot gehören die Studiengänge Betriebswirtschaft (B.A.), Sicherheitsmanagement (B.A.), Soziale Arbeit (B.A.), Real Estate Management (M.Sc.) und Controlling & Finance (M.Sc.).

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Marcel Schütz, schuetz@nbs.de

Originalpublikation:
https://www.nbs.de/die-nbs/aktuelles/news/details/news/stressarm-durch-die-weihn…

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Woher kam Omikron? Studie in Science entschlüsselt die Entstehung der SARS-CoV-2-Variante

Manuela Zingl GB Unternehmenskommunikation
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Vor einem Jahr wurde sie erstmals in Südafrika entdeckt: eine neue Variante von SARS-CoV-2, die später als Omikron bekannt wurde und sich in kürzester Zeit über den ganzen Erdball verbreitete. Bis heute ist unklar, wo und wann dieses Virus genau aufkam. Eine jetzt im Fachmagazin Science* veröffentlichte Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin mit afrikanischen Kooperationspartnern zeigt: Omikron-Vorläufer gab es auf dem afrikanischen Kontinent schon deutlich vor dem ersten Nachweis von Omikron. Demnach ist die Virusvariante schrittweise über mehrere Monate in verschiedenen Ländern Afrikas entstanden.

Seit Beginn der Pandemie verändert sich das Coronavirus. Den bisher größten Sprung in der Evolution von SARS-CoV-2 konnten Forschende vor einem Jahr beobachten, als eine Variante entdeckt wurde, die sich durch mehr als 50 Mutationen vom Erbgut des ursprünglichen Virus unterschied. Erstmals Mitte November 2021 bei einem Patienten in Südafrika nachgewiesen, erreichte die später als Omikron BA.1 bezeichnete Variante innerhalb weniger Wochen 87 Länder der Erde. Bis Ende Dezember 2021 hatte sie das zuvor dominierende Delta-Virus weltweit verdrängt.

Seither wird über den Ursprung dieser sich so rasant ausbreitenden Variante spekuliert. Diskutiert werden vorrangig zwei Hypothesen: Entweder sei das Coronavirus vom Menschen auf ein Tier übergesprungen und habe sich dort weiterentwickelt, bevor es als Omikron wieder einen Menschen infizierte. Oder das Virus habe in einem Menschen mit unterdrücktem Immunsystem für längere Zeit überdauert und sich dort verändert. Eine neue Auswertung von COVID-19-Proben, die schon vor der Omikron-Entdeckung in Südafrika gesammelt worden waren, widerspricht nun beiden Annahmen.

Durchgeführt wurde die Analyse von einem internationalen Forschungsteam um Prof. Dr. Jan Felix Drexler, Wissenschaftler am Institut für Virologie der Charité und am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Innerhalb des europäischen und panafrikanischen Netzwerks maßgeblich beteiligt waren die Universität Stellenbosch in Südafrika und das Referenzlabor für hämorrhagische Fieber in Benin. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten zunächst einen speziellen PCR-Test, um die Omikron-Variante BA.1 spezifisch nachweisen zu können. Diesen wandten sie dann bei mehr als 13.000 Proben aus 22 Ländern Afrikas an, die zwischen Mitte 2021 und Anfang 2022 abgestrichen worden waren. Dabei fand das Forschungsteam Viren mit Omikron-spezifischen Mutationen bei 25 Menschen aus sechs verschiedenen Ländern, die bereits im August und September 2021 an COVID-19 erkrankt waren – also zwei Monate vor dem ersten Nachweis der Variante in Südafrika.

Um mehr über die Entstehung von Omikron herauszufinden, entschlüsselten die Forschenden zusätzlich bei rund 670 Proben das virale Erbgut. Durch eine solche Sequenzierung ist es möglich, neue Mutationen zu erkennen und auch unbekannte Viruslinien nachzuweisen. So entdeckte das Team mehrere Viren, die unterschiedlich starke Ähnlichkeiten mit Omikron aufwiesen, aber eben nicht identisch waren. „Unsere Daten zeigen, dass Omikron verschiedene Vorläufer hatte, die sich miteinander mischten und zur selben Zeit und über Monate hinweg in Afrika zirkulierten“, erklärt Prof. Drexler. „Das deutet auf eine graduelle Evolution der BA.1-Omikron-Variante hin, während der sich das Virus immer besser an die vorhandene Immunität der Menschen angepasst hat.“ Aus den PCR-Daten folgern die Forschenden darüber hinaus, dass Omikron zwar nicht allein in Südafrika entstand, dort aber als erstes das Infektionsgeschehen dominierte und sich dann innerhalb weniger Wochen von Süd nach Nord über den afrikanischen Kontinent ausbreitete.

„Das plötzliche Auftreten von Omikron ist also nicht auf einen Übertritt aus dem Tierreich oder die Entstehung in einem immunsupprimierten Menschen zurückzuführen, auch wenn das zusätzlich zur Virusentwicklung beigetragen haben könnte“, sagt Prof. Drexler. „Dass wir von Omikron überrascht wurden, liegt stattdessen am diagnostischen blinden Fleck in großen Teilen Afrikas, wo vermutlich nur ein Bruchteil der SARS-CoV-2-Infektionen überhaupt registriert wird. Die Entwicklung von Omikron wurde also einfach übersehen. Deshalb ist es wichtig, diagnostische Überwachungssysteme auf dem afrikanischen Kontinent und in vergleichbaren Regionen des Globalen Südens jetzt deutlich zu stärken und den Datenaustausch weltweit zu erleichtern. Nur eine gute Datenlage kann verhindern, dass potenziell wirksame Eindämmungsmaßnahmen wie Reisebeschränkungen zum falschen Zeitpunkt ergriffen werden und damit mehr wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden anrichten als Gutes zu tun.“

*Fischer C et al. Gradual emergence followed by exponential spread of the SARS-CoV-2 Omicron variant in Africa. Science 2022 Dec 01. doi: 10.1126/science.add8737

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Jan Felix Drexler
Institut für Virologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
t: +49 30 450 570 400
presse@charite.de

Originalpublikation:
https://www.science.org/doi/10.1126/science.add8737

Weitere Informationen:
https://virologie-ccm.charite.de/ Institut für Virologie
https://www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/charite_experten_… PM vom 22.12.2021
https://www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/lateinamerika_cha… PM vom 23.06.2020

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Neue Röntgentechnologie kann die Covid-19-Diagnose verbessern

Carolin Lerch Corporate Communications Center
Technische Universität München
Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) hat erstmalig Dunkelfeld-Röntgenaufnahmen von Patient:innen erstellt, die mit dem Corona-Virus infiziert waren. Die Dunkelfeldbilder können im Gegensatz zu konventionellen Röntgenaufnahmen auch die Mikrostruktur des Lungengewebes abbilden und liefern so zusätzliche Informationen. Das Verfahren könnte eine Alternative zur deutlich strahlenbelastenderen Computertomographie bieten.

Die Bildgebung der Lunge von Patient:innen mit Covid-19 erfolgt meist durch Computertomographie (CT). Hierfür werden Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Richtungen zu einem dreidimensionalen Bild kombiniert. Dies ermöglicht eine genauere Bildgebung als zweidimensionale Aufnahmen mit konventioneller Röntgentechnologie, hat jedoch den Nachteil einer höheren Strahlendosis aufgrund der vielen Röntgenaufnahmen.

Das neue, von Prof. Pfeiffer entwickelte Dunkelfeld-Röntgenverfahren eröffnet nun neue Möglichkeiten in der radiologischen Diagnostik: „Bei unserer Röntgen-Untersuchung nehmen wir gleichzeitig konventionelle Röntgen- und Dunkelfeldbilder auf. So erhalten wir schnell und einfach zusätzliche Informationen über das betroffene Lungengewebe“, sagt Franz Pfeiffer, Professor für biomedizinische Physik und Direktor des Munich Institute of Biomedical Engineering der TUM.

„Die Strahlendosis ist dabei im Vergleich zu einem CT-Gerät um den Faktor 50 kleiner. Daher ist die Methode auch für Anwendungsszenarien vielversprechend, die wiederholte Untersuchungen über einen längeren Zeitraum erfordern, beispielsweise zur Erforschung von Long-Covid-Verläufen. Für längere Beobachtungszeiträume könnte die Methode eine Alternative zur Computertomographie für die Bildgebung von Lungengewebe bieten“, erläutert Franz Pfeiffer weiter.

Zusätzliche Informationen über die Mikrostruktur des Lungengewebes
In einer neuen Studie haben Radiolog:innen Aufnahmen von Personen mit Covid-19-Lungenerkrankung mit denen gesunder Personen verglichen. Dabei fiel ihnen die Unterscheidung zwischen kranken und gesunden Personen anhand der Dunkelfeldaufnahmen deutlich leichter als mit konventionellen Röntgenbildern. Am besten konnten die Radiolog:innen zwischen krankem und gesundem Lungengewebe unterscheiden, wenn beide Arten von Aufnahmen – konventionell und Dunkelfeld – vorlagen.

Während konventionelles Röntgen auf der Abschwächung des Röntgenlichts basiert, nutzt das Dunkelfeld-Röntgen die sogenannte Kleinwinkelstreuung des Röntgenlichts. Dadurch lassen sich zusätzliche Informationen über die Beschaffenheit der Mikrostruktur des Lungengewebes gewinnen. Somit bieten Dunkelfeldaufnahmen einen Mehrwert für die Untersuchung verschiedener Lungenerkrankungen.

Quantitative Auswertung
Das Forschungsteam optimierte den Aufbau des Röntgengerät-Prototyps so, dass sie die Aufnahmen auch quantitativ auswerten konnten. Eine gesunde Lunge mit vielen intakten Lungenbläschen erzeugt ein starkes Dunkelfeldsignal und erscheint in der Aufnahme hell. Dagegen erzeugt entzündetes Lungengewebe, in das Flüssigkeit eingelagert ist, ein schwächeres Signal und erscheint im Bild dunkler. „Wir normieren dann das Dunkelfeldsignal auf das Lungenvolumen, um die Unterschiede im Lungenvolumen verschiedener Personen zu berücksichtigen“, erklärt Manuela Frank, eine Erstautorin der Publikation.

„Als nächstes möchten wir noch mehr Patient:innen untersuchen. Wenn dann genügend Dunkelfeld-Röntgendaten vorhanden sind, sollen auch Methoden der künstlichen Intelligenz den Auswertungsprozess unterstützen. Mit konventionellen Aufnahmen haben wir bereits ein Pilotprojekt zur KI-Auswertung unserer Röntgenaufnahmen durchgeführt“, sagt Daniela Pfeiffer, Professorin für Radiologie und ärztliche Leiterin der Studie am Klinikum rechts der Isar.

Mehr Informationen zur neuen Technologie Dunkelfeld-Röntgen:
Die Dunkelfeld-Bildgebung mit Röntgenlicht ist eine für die Medizin neuartige Untersuchungsmethode. Prof. Franz Pfeiffer und sein Team haben die Methode von Grund auf entwickelt und verbessern sie kontinuierlich seit über zehn Jahren, um sie für den Einsatz bei Patient:innen verfügbar zu machen.

So entwickelten sie zuletzt in enger Zusammenarbeit mit den Radiolog:innen am Klinikum rechts der Isar der TUM den ersten Dunkelfeld-Röntgen-Prototyp, der für die weltweit ersten klinischen Untersuchungen zugelassen wurde. Dieser wird nun aktuell für mehrere Patientenstudien zu verschiedenen Lungenerkrankungen verwendet. Nach ersten Aufnahmen von Patient:innen mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und Covid-19 könnte die Technologie zukünftig auch für weitere Lungenpathologien wie Lungenkrebs, Fibrose oder Pneumothorax genutzt werden.

o Gitterbasierte Dunkelfeld-Bildgebung mit Röntgenlicht – Erklärung des Prinzips: https://www.bioengineering.tum.de/forschung/mikroskopie-und-biomedizinische-bild…

o Schematische Darstellung (Grafik): https://mediatum.ub.tum.de/1545408

o Neue Technologie für klinische Computertomographie (2022):
https://www.tum.de/aktuelles/alle-meldungen/pressemitteilungen/details/neue-tech…

o Neue Röntgentechnologie im Patienteneinsatz (2021) – Erster Einsatz bei Patient:innen mit COPD:
https://www.tum.de/aktuelles/alle-meldungen/pressemitteilungen/details/neue-roen…

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Franz Pfeiffer ist Direktor des Munich Institute of Biomedical Engineering (MIBE). Das MIBE ist ein Integrative Research Institute der Technischen Universität München (TUM). Am MIBE entwickeln und verbessern Forschende aus der Medizin, den Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften gemeinsam Verfahren zur Diagnose, Prävention und Behandlung von Krankheiten. Sie arbeiten auch an Technologien, die körperliche Einschränkungen ausgleichen. Die Aktivitäten reichen dabei von der Untersuchung grundlegender wissenschaftlicher Prinzipien bis zu deren Anwendung in medizinischen Geräten, Medikamenten oder Computerprogrammen.

Die Autor:innen Franz Pfeiffer (TUM), Daniela Pfeiffer (TUM) und Thomas Köhler (Philips Research) sind Fellows des TUM Institute for Advanced Study (TUM-IAS). Das TUM-IAS führt Forschende der TUM und Gäste anderer Forschungseinrichtungen sowie aus der Industrie in interdisziplinären Forschungsgruppen zusammen, um neue herausfordernde Forschungsfelder zu erschließen.

Die Arbeiten wurden gefördert durch das European Research Council im Rahmen eines Starting und Advanced Grants sowie von Philips durch Bereitstellung von Komponenten unterstützt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Franz Pfeiffer
Technische Universität München
Lehrstuhl für Biomedizinische Physik
Tel.: +49 89 289 12551
franz.pfeiffer@tum.de
https://www.ph.nat.tum.de/en/e17/home/

Originalpublikation:
Manuela Frank, Florian T. Gassert, Theresa Urban, Konstantin Willer, Wolfgang Noichl, Rafael Schick, Manuel Schultheiss, Manuel Viermetz, Bernhard Gleich, Fabio De Marco, Julia Herzen, Thomas Koehler, Klaus Jürgen Engel, Bernhard Renger, Felix G. Gassert, Andreas Sauter, Alexander A. Fingerle, Bernhard Haller, Marcus R. Makowski, Daniela Pfeiffer, Franz Pfeiffer. Dark-field chest X-ray imaging for the assessment of COVID-19-pneumonia. Communications Medicine, November 2022. DOI: https://doi.org/10.1038/s43856-022-00215-3

Weitere Informationen:
https://www.bioengineering.tum.de/ Munich Institute of Biomedical Engineering (MIBE) der TUM
https://mediatum.ub.tum.de/1692790 Hochauflösende Bilder und Grafik für die redaktionelle Berichterstattung

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Abwasser-Recycling: Landwirtschaft für Design-Dünger grundsätzlich offen

Florian Klebs Hochschulkommunikation
Universität Hohenheim
Studie der Universität Hohenheim zeigt: Landwirt:innen akzeptieren aus Bioabfall und Siedlungsabwasser gewonnenen Mineraldünger – sofern er gewisse Bedingungen erfüllt

Landwirt:innen würden neuartigen Dünger aus Bioabfall und Haushalts-Abwasser einsetzen – wenn die Schadstofffreiheit garantiert ist. Denn die Sorge vor Kontaminationen stellt das wichtigste Hindernis dar. Bei einem Teil der Befragten würde ein Preisnachlass die Kaufbereitschaft fördern. Dieses vielschichtige Stimmungsbild ermittelten Forschende der Universität Hohenheim in Stuttgart. Unter Leitung des Agrarökonomen Prof. Dr. Christian Lippert befragten sie 206 Landwirt:innen, unter welchen Bedingungen sie bereit wären, Recycling-Dünger einzusetzen. Die Studie ist Teil des Verbundprojektes „Agrarsysteme der Zukunft: RUN – Nährstoffgemeinschaften für eine zukunftsfähige Landwirtschaft“. Dessen Ziel ist es, regionale Nährstoffkreisläufe zu schließen und Ressourcen nachhaltig zu nutzen.

Angesichts zunehmender Energie- und Ressourcenknappheit wird die künftige Landwirtschaft verstärkt auf Düngemittel zurückgreifen müssen, deren Herstellung keine fossilen Ressourcen benötigt. Die Erzeugung von mineralischen Recycling-Düngern aus häuslichem Abwasser und Küchenabfällen ist hierbei ein vielversprechender Ansatz. Denn elementare Pflanzennährstoffe wie Stickstoff und Phosphor können daraus zurückgewonnen werden.

Wie dieser Ansatz praktisch umgesetzt werden könnte, wird zur Zeit von Wissenschaftler:innen im Rahmen des Verbundprojektes „Agrarsysteme der Zukunft: RUN – Nährstoffgemeinschaften für eine zukunftsfähige Landwirtschaft “ unter Federführung der Universität Stuttgart untersucht. Das Kürzel RUN steht hierbei für Rural Urban Nutrient Partnership.

Online-Befragung erfasst Einstellung der Landwirtschaft zu Design-Düngern
Aus technischer und ökologischer Sicht gilt das Nährstoffrecycling aus häuslichen Abwässern gemeinsam mit Bioabfällen aus der Küche als vielversprechender Weg zur Gewinnung nachhaltig produzierter Mineraldünger. Da diese Dünger an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Betriebe angepasst werden könnten, werden sie von den Projektbeteiligten als „Design-Dünger“ bezeichnet.

Doch welche Eigenschaften sollten solche Dünger haben, um von den Landwirt:innen auf breiter Basis akzeptiert und gekauft zu werden? Dieser Frage sind Forschende der Universität Hohenheim vom Fachgebiet für Produktionstheorie und Ressourcenökonomik im Agrarbereich nachgegangen und haben in einer Online-Befragung die Einstellung deutscher Landwirt:innen zu diesen neuartigen Mineraldüngern ermittelt.

In einem sogenannten Auswahlexperiment mussten sich die 206 Befragten mehrfach jeweils für einen von drei beschriebenen Mineraldüngern mit unterschiedlichen Eigenschaften entscheiden. So konnten die Forschenden die Zahlungsbereitschaft für entsprechende Düngemittel erstmals auf breiter wissenschaftlicher Basis abschätzen.

Sehr unterschiedliche Akzeptanz wirkt sich auf Zahlungsbereitschaft aus
„Dabei hat sich gezeigt, dass die Einstellungen sehr unterschiedlich sind, was sich zum Teil mit den jeweiligen betrieblichen Gegebenheiten erklären lässt“, sagt Prof. Dr. Lippert. So stellten die Forschenden vor allem bei Betrieben, die ihre Erzeugnisse beispielsweise in Hofläden direkt vermarkten, deutlich größere Vorbehalte gegenüber Design-Düngern fest. Problem ist die Herkunft der Nährstoffe aus Siedlungsabwasser.

Bei Landwirt:innen, die ohne eine solche Direktvermarktung ihre Produkte absetzen, zeigten sich zwar im Durchschnitt auch leichte Vorbehalte gegenüber diesen neuartigen Düngern. Sie würden sie aber mit einem Preisnachlass von etwa zehn Prozent akzeptieren.

Allerdings erwarten nicht alle Landwirt:innen beim Kauf von Design-Düngern einen Preisnachlass: Betriebe, die auch Pflanzen anbauen, die als Futter oder zur Energieerzeugung verwendet werden, würden solche Düngemittel auch zu marktüblichen Preisen abnehmen. Bei ihnen hat die Herkunft der Nährstoffe keinen nennenswerten Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft. Die anpassbare Nährstoffzusammensetzung der Design-Dünger und eine konstante Lieferbarkeit wirken zudem verkaufsfördernd.

Design-Dünger tendenziell geringer mit Schwermetallen belastet als konventioneller Dünger
„Es scheint sogar Landwirt:innen zu geben, die bereit sind, mehr zu zahlen als für entsprechend belastete konventionelle Dünger, falls die Schwermetallgehalte des Design-Düngers deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten für Düngemittel lägen“, so der Experte. Ein Pluspunkt für die aus Abwasser gewonnenen Phosphatdüngemittel: Sie sind tendenziell geringer mit Schwermetallen belastet als herkömmliche Mineraldünger auf Basis von Rohphosphat aus fossilen Lagerstätten.

„Andererseits sinkt die durchschnittliche Zahlungsbereitschaft für Düngemittel erheblich, wenn mit Medikamentenrückständen oder anderen organischen Schadstoffen gerechnet werden müsste“, fährt Prof. Dr. Lippert fort.

Sorge vor Kontaminationen stellt Hemmnis dar
„Insgesamt deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass eine negative Einstellung der deutschen Landwirt:innen gegenüber Design-Düngern vor allem durch ihre Sorge verursacht wird, dass recycelte Nährstoffe die Produktsicherheit ihrer Lebensmittelkulturen durch Kontaminationen, insbesondere mit organischen Schadstoffen, gefährden könnten“, fasst er zusammen.

Garantierte Schadstofffreiheit ist daher von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz und die Bereitschaft des Agrarsektors, in Zukunft aus Abwässern und Küchenabfällen gewonnene Düngemittel in großem Umfang einzusetzen. Forschende der Universität Stuttgart am Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft (ISWA) untersuchen daher gemeinsam mit ihren Hohenheimer Kolleg:innen vom Zentrum Ökologischer Landbau intensiv die Sicherheit (Schadstoffarmut) der Design-Düngemittel.

„Derzeit gibt es genügend Spielraum für die Einführung von maßgeschneidertem Recycling-Dünger, wenn die damit verbundenen technischen und hygienischen Herausforderungen bewältigt werden können“, so Prof. Dr. Lippert weiter.

Politik ist bei der Markteinführung gefragt
Ein kostendeckendes dezentrales Phosphor-Recycling aus Abwasser erscheint derzeit ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung kaum möglich. Der Preisnachlass, den Landwirt:innen für Design-Dünger erwarten, deutet ebenfalls auf die Notwendigkeit von Subventionen hin, wenn Recycling-Dünger in der Praxis breit eingeführt werden sollen.

Andererseits haben Versorgungsengpässe und explodierende Energiepreise, insbesondere nach der russischen Invasion in der Ukraine, in der Europäischen Union ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Versorgungssicherheit aufkommen lassen. Dies könnte in Zukunft Anreize für Recycling-Dünger schaffen.

Zudem könnten diese Düngemittel auch durch die Festlegung von Qualitätsstandards und die Schaffung eines vertrauenswürdigen Labels gefördert werden. „Auf diese Weise würden die politischen Entscheidungstragenden das Vertrauen der Landwirt:innen in ein Recycling-Produkt stärken, das das Potenzial habe, zu einem nachhaltigen und kreislauforientierten Landwirtschaftssystem beizutragen“, empfiehlt Prof. Dr. Lippert.

Expertenliste Bioökonomie: https://www.uni-hohenheim.de/expertenliste-biooekonomie

HINTERGRUND: Agrarsysteme der Zukunft: RUN – Nährstoffgemeinschaften für eine zukunftsfähige Landwirtschaft
RUN ist eines von acht Projekten des Forschungsvorhabens „Agrarsysteme der Zukunft“ im Rahmen der „Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030“. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt 5,95 Mio. Euro gefördert, davon über 680.000 Euro für die Universität Hohenheim. Projektstart war der 1. April 2019. Das Projekt war zunächst auf drei Jahre angelegt und wurde um weitere zwei Jahre bis August 2024 verlängert.

Die Koordination des Projekts liegt in der Hand von Dr.-Ing. Anna Fritzsche vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart (ISWA). Weitere Projektpartner sind die TU Kaiserslautern, die Universität Heidelberg, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), der Umweltcampus Birkenfeld der Hochschule Trier, die iat Ingenieurberatung für Abwassertechnik GmbH als Praxispartner sowie das Thünen-Institut in Braunschweig als assoziierter Partner.

Projektwebsite mit Erklär-Videos und Comic: https://www.run-projekt.de/

Pressemitteilung zu RUN: https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews%5Btt_news%5D=51752

HINTERGRUND: Forschungszentrum für Globale Ernährungssicherung und Ökosysteme
Das Zentrum verfolgt das Ziel, einen Beitrag zur Verbesserung der globalen Ernährungssicherung zu leisten. Es unterstützt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Entwicklung und Umsetzung von innovativen und effektiven Forschungsinitiativen zur Ernährungssicherung und Hungerbekämpfung mit einem besonderen Fokus auf entwicklungsorientierter Forschung.

HINTERGRUND: Schwergewichte der Forschung
33,8 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2020 für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro für apparative Forschung bzw. 150.000 Euro für nicht-apparative Forschung.

Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim
http://www.uni-hohenheim.de/presse

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Christian Lippert, Universität Hohenheim, Fachgebiet Produktionstheorie und Ressourcenökonomik im Agrarbereich,
T +49 (0)711 459-22560, E christian.Lippert@uni-hohenheim.de

Yvonne Zahumensky, Universität Hohenheim, Forschungszentrum für Globale Ernährungssicherung und Ökosysteme,
T +49 (0)711 459-22632, E yvonne.zahumensky@uni-hohenheim.de

Originalpublikation:
Publikation: Utai, K., Narjes, M., Krimly, T. und C. Lippert (2022): Farmers’ Preferences for Fertilizers derived from Domestic Sewage and Kitchen Waste – A Discrete Choice Experiment in Germany. German Journal of Agricultural Economics (GJAE) 71 (4);
DOI: 10.30430/gjae.2022.0235

Weitere Informationen:
https://www.run-projekt.de/

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Hochschule Koblenz untersuchte Abwasser in Koblenz und Umgebung auf Rückstände von Kokain-Konsum

Christiane Gandner M.A. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Hochschule Koblenz – University of Applied Sciences
Das Institut für sozialwissenschaftliche Forschung und Weiterbildung (IFW) des Fachbereichs Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz hat gemeinsam mit den Klärwerken Koblenz und Neuwied I sowie in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde ein kriminologisches Forschungsprojekt „Drogen in Koblenz und Umgebung – Abwasseranalyse auf Rückstände von Kokain-Konsum“ durchgeführt. Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf die Menge und Qualität des konsumierten Kokains sowie auf die weiteren Umstände des Konsums zu.

Das Forschungsteam entnahm die Proben während einer Trocken-Wetter-Periode vom 8. bis 14. März 2022. Die Bundesanstalt für Gewässerkunde untersuchte die Abwässer auf Kokain, Bezoylecgonin (BE), einem Humanmetabolit des Kokains, Cocaethylen und Levamisol. Die Analyse erfolgte anhand der Standards des European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA, Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht), welche seit einigen Jahren in vielen Städten Europas Abwasseruntersuchungen auf Drogenrückstände durchführen lässt.

Auf der Grundlage der Messergebnisse führte das Forschungsteam eine kriminologische Auswertung durch. Nach dem Kokaingenuss scheidet der menschliche Körper im Urin das Abbauprodukt Benzoylecgonin aus. Im Untersuchungszeitraum wurde für den Raum Koblenz/Neuwied eine durchschnittliche Benzoylecgonin-Tagesfracht von etwa 276 Gramm/Tag/1000 Einwohner detektiert. Daraus errechnet sich unter Berücksichtigung von Unsicherheitsfaktoren wie etwa dem Aufkommen von Tagestourismus für den Beprobungszeitraum ein Kokainkonsum zwischen 0,4 und 1,6 Gramm pro Tag auf 1000 Einwohner.

Cocaethylen wird bei gleichzeitigem Konsum von Kokain und Alkohol ausgeschieden. Hierbei zeigte sich, dass die Verhältnisse von Cocaethylen zu Benzoylecgonin am Wochenende höher sind als an Werktagen. Dies lässt sich durch einen verstärkten gemeinsamen Konsum von Kokain und Alkohol am Wochenende erklären.

Bei der Analyse trat auch die zuweilen schlechte Qualität des in Koblenz und Umgebung konsumierten Kokains zu Tage, wie Projektleiter Prof. Dr.jur. Winfried Hetger erklärt: „Das Auffinden von Levamisol als Streckmittel von Kokain in einer Konzentration von durchschnittlich 14 % ist besorgniserregend“. Bei Levamisol handelt es sich um ein Entwurmungsmittel aus der Veterinärmedizin, welches in Deutschland nicht zugelassen ist. Der Konsum von mit Levamisol gestrecktem Kokain bedeutet ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Konsumierenden.

Der Forschungsbericht empfiehlt die Einrichtung eines Drug-Checking-Programms in Deutschland, wie dies beispielsweise schon in der Schweiz, Österreich, den Niederlanden, Frankreich, Belgien, Großbritannien und Luxemburg seit Jahren etabliert ist. Hierbei können Kokainkäufer und -käuferinnen ihre Drogen auf gefährliche Überdosierungen und andere medizinisch bedenkliche Stoffe untersuchen lassen. Des Weiteren befürwortet der Bericht, in der Zukunft erneute Abwasseruntersuchungen zur weiteren Beobachtung des Drogenkonsums durchzuführen. „Auch wäre eine Drogenpräventions- und Aufklärungskampagne über Risiken des Drogenkonsums angezeigt. Hierbei sollten auch die genannten Gesundheitsgefahren deutlich herausgestellt werden“, betont Hetger.

Der Forschungsbericht ist auf der Homepage des Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung und Weiterbildung des Fachbereichs Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz www.hs-koblenz.de/ifw unter dem Menüpunkt „Forschung“ abrufbar.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr.jur. Winfried Hetger
hetger@hs-koblenz.de

Weitere Informationen:
http://www.hs-koblenz.de/ifw unter dem Menüpunkt „Forschung“

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„Weltweit einmaliges Ökosystem“

Klaus Jongebloed Pressestelle
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Wattenmeerkonferenz – DBU: Küstenzonen-Management

Osnabrück/Wilhelmshaven. Von Ägypten an die Nordsee, vom Weltklimagipfel in Scharm el Scheich zur trilateralen Wattenmeerkonferenz in Wilhelmshaven: Turnusgemäß alle vier Jahre verhandeln ab heute (Montag) wieder die drei Wattenmeer-Anrainerstaaten Deutschland, Dänemark und die Niederlande über die nachhaltige Zukunft dieses Unesco-Weltnaturerbes. „Wie in Scharm el Scheich geht es um die Folgen der Klimakrise und eine Schlüsselfrage: wie Naturschutz und Nutzung in Einklang zu bringen sind“, sagt Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Diese unterstützt seit mehr als 30 Jahren innovative und vor allem lösungsorientierte Vorhaben für mehr Umweltschutz. Der DBU-Beitrag zur Wattenmeerkonferenz: die Förderung einer Initiative des Wattenmeer Forums in Höhe von fast 120.000 Euro, um ein integriertes Küstenzonen-Management (IKZM) zu etablieren.

Das weltweit größte zusammenhängende und durch unterschiedliche Wattzonen geprägte Gezeitengebiet
„Das Wattenmeer ist ein weltweit einmaliges Ökosystem, quasi vor Deutschlands Haustür“, so Bonde. „Nirgendwo sonst gibt es ein derartig großes zusammenhängendes und durch unterschiedliche Wattzonen geprägtes Gezeitengebiet – mehr als 11.500 Quadratkilometer.“ Das Dilemma: Zugleich ist diese Fläche Transitstrecke für die internationale Schifffahrt, ein Großteil des Welthandels hängt also von dieser Route ab. Und neben der Schifffahrt melden auch Hafenbetreiber, Tourismus und Fischerei jeweils eigene Interessen an. „All diese verschiedenen Anliegen mit dem Schutzstatus unter einen Hut zu bringen, ist natürlich kein leichtes Unterfangen“, sagt der DBU-Generalsekretär. „Umso wichtiger ist es deshalb, praxisnahe Lösungen für Schutz und Nutzung auf den Weg zu bringen. Ein integriertes Küstenzonen-Management hat die Kraft, Konsens zu finden“, ist Bonde überzeugt.

Wattenmeer-Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Dänemark und der Niederlande seit 1978
Die gemeinsame Wattenmeer-Kooperation der drei Anrainer Deutschland, Dänemark und Niederlande startete 1978. Die Konferenz findet alle vier Jahre statt. Seit 2018 hat Deutschland den Vorsitz inne. Die Organisation der Vereinten Nationen (UN) für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) hat das Wattenmeer 2009 als Weltnaturerbe anerkannt; geschützt wird das Gebiet durch mehrere Nationalparke und Biosphärenreservate. Genau darin liegt aber zugleich eine Herausforderung, wie DBU-Experte Volker Wachendörfer erläutert. Der Referent aus der DBU-Abteilung Umweltforschung und Naturschutz ist bei der Wattenmeerkonferenz dabei, um das Projekt des Wattenmeer Forums zu erläutern. Die Crux: Während in den Nationalparken im Wattenmeer naturgemäß die Schutzfunktion oben auf der Agenda steht, sieht es beim Übergang zu Biosphärengebieten mit deren Puffer- und Pflegezonen schon anders aus. Wachendörfer: „Eine Nutzung ist dort möglich, zugleich teils sogar erforderlich, was wiederum eine – allerdings sanfte – Inanspruchnahme durch Schifffahrt, Fischerei und Tourismus ermöglicht.“

Zusätzliche Herausforderungen zur Bewältigung der Energiekrise wegen Russlands Ukrainekrieg
Hinzu kommen je eigene Positionen Deutschlands, Dänemarks und der Niederlande – sowie aktuell neue Erfordernisse, um die durch Russlands Ukrainekrieg ausgelöste Energiekrise zu bewältigen. Vor diesem Hintergrund hält Wachendörfer die Implementierung eines integrierten Küstenzonen-Managements für unabdingbar: „Das würde eine nachhaltige Entwicklung des Wattenmeers im Sinne der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG) voranbringen und hätte das Zeug, gemeinsame Lösungsansätze für Konflikte zwischen Schutz und Nutzung zu finden.“ Ein solches IKZM werde seit Langem debattiert. „Es ist dringend Zeit, diesen Plan in die Praxis umzusetzen“, so der DBU-Experte.

Trilaterales Konzept am Beispiel der Schifffahrt soll Wirtschaft und Naturschutz in Einklang bringen
Dem Wattenmeer Forum (Wadden Sea Forum, WSF) kommt laut Wachendörfer bei dieser Mittler-Aufgabe eine zentrale Rolle zu – vor allem, weil es sich als unabhängige grenzüberschreitende Interessenvertretung verschiedener Sektoren und Branchen in allen drei Anrainerstaaten versteht. Mit dabei sind aus Deutschland, Dänemark und der Niederlande Vertreterinnen und Vertreter der Sektoren Landwirtschaft, Energie, Fischerei, Industrie, Häfen sowie Naturschutz, Tourismus, lokale und regionale Behörden. Im Konsortium für das von der DBU geförderte WSF-Projekt sind neben der Hafenwirtschaft auch Umwelt- und Naturschutzorganisationen der trilateralen Wattenmeer-Region vertreten. Die Idee des WSF: Am Beispiel der Schifffahrt soll ein trilaterales Konzept entstehen, das die verschiedenen Interessen von Wirtschaft und Naturschutz harmonisiert. Aus gutem Grund, „denn so können die für das Weltnaturerbe Wattenmeer durch die Schifffahrt lauernden Risiken von Havarien über Emissionen und Kontaminationen bis hin zu raumgreifender Hafeninfrastruktur minimiert werden – ohne ökonomische Belange grundsätzlich in Frage zu stellen “, sagt Wachendörfer. Seine Hoffnung für die Wattenmeerkonferenz: die im Zuge des DBU-Projekts erarbeitete trilaterale Erklärung, die in Wilhelmshaven unterzeichnet werden soll. Wachendörfer: „Diese Initiative für nachhaltige Schifffahrt und Häfen kann ein wichtiger Grundstein für die zukünftige Entwicklung im Wattenmeer und ein Signal für andere Meeresregionen sein.“

Weitere Informationen:
https://www.dbu.de/123artikel39586_2442.html Online-Pressemitteilung

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Hochschule Karlsruhe erhält Stiftungsprofessur für Wärmepumpen

Holger Gust M. A. Presse und Kommunikation
Hochschule Karlsruhe
Mit Unterstützung der Unternehmen ait-group, Bosch Thermotechnik, Danfoss Climate Solutions, Stiebel Eltron Gruppe und der Vaillant Group kann an der HKA die deutschlandweit erste Stiftungsprofessur für dieses Zukunftsfeld eingerichtet werden

Aktuell gibt es in Deutschland noch keine Professur speziell für Wärmepumpentechnologie. Mit großzügiger finanzieller Unterstützung der Unternehmen ait-group, Bosch Thermotechnik GmbH, Danfoss Climate Solutions, Stiebel Eltron GmbH & Co. KG und der Vaillant Group ist es der Hochschule Karlsruhe (Die HKA) jetzt gelungen eine Stiftungsprofessur für Wärmepumpentechnologie einzurichten. Zusätzliche Mittel sind über die Valerius-Füner-Stiftung von der Firma BKW Management AG gespendet worden. Die Stiftungsprofessur wird an der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik der HKA angesiedelt, wo auch in diesem Wintersemester der neue Bachelorstudiengang Green Technology Management startete. Die Ausbildung von Fachkräften und der Technologietransfer in der Wärmepumpentechnologie ist für die Energiewende von immenser gesellschaftlicher Relevanz. Die aktuelle Energiekrise, ausgelöst durch den Ukrainekrieg, verdeutlicht einmal mehr die Notwendigkeit einer unabhängigen und nachhaltigen Energieversorgung – auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Wissenschaftsministerin Petra Olschowski sagte: „Die Herausforderungen der Energiewende können wir nur mit klugen Köpfen, kreativen Lösungen und gemeinsamen Anstrengungen von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft bewältigen. Die Einrichtung der Stiftungsprofessur für Wärmepumpen ist dafür ein herausragendes Beispiel. Sie wird einen wichtigen Beitrag zur Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien leisten. Ich danke insbesondere den Unternehmen für ihre Bereitschaft, die Stiftungsprofessur mitzufinanzieren. Neben der hohen inhaltlichen Relevanz ist diese Entwicklung zugleich eine Referenz für die besonderen Leistungspotenziale der Forschung an der Hochschule Karlsruhe.“

Heizen und Kühlen stehen für die Hälfte des Endenergieverbrauchs in Europa und nutzen zu rund 80 Prozent noch immer fossile Energien, von denen in Deutschland der größte Teil importiert wird. Dabei hat sich Europa eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 55 % bis 2030 auf die Fahne geschrieben und Klimaneutralität bis 2050. Dies setzt voraus, dass der Wärmesektor schrittweise vollständig auf erneuerbare Energie umgestellt und entsprechende Technologien zum Heizen und zur Warmwasserbereitung zur Verfügung stehen. Wärmepumpen spielen in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle. Sie sind nicht nur extrem energieeffizient, sondern auch komplett klimaneutral, wenn sie mit erneuerbarer elektrischer Energie betrieben werden, und damit völlig unabhängig von fossilen Brennstoffen. Auch die EU-Kommission hat dies erkannt und setzt mit dem europaweiten Ziel, 30 Millionen Wärmepumpen bis 2030 in Europa zu installieren, ein klares Zeichen.

Der Zeitpunkt für die Einrichtung der Stiftungsprofessur und des neuen Studiengangs trifft aktuell auf eine hohe Nachfrage. „Mit dem Boom dieser nachhaltigen Heizungstechnologie besteht ein enormer Bedarf an Fachkräften“, so Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Kauffeld, Prof. für Kältetechnik an der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik der HKA und Sprecher des Instituts für Kälte-, Klima- und Umwelttechnik „Es ist allerhöchste Zeit, hier gezielt Abhilfe zu schaffen. Mit unserem neuen Studiengang wollen wir einen ganz konkreten Beitrag dazu leisten und die Industrie bei diesem disruptiven Wandel unterstützen“, so Prof. Kauffeld weiter.

Die Stiftungsunternehmen unterstreichen diese Bewertung vollumfänglich. Dr. Kai Schiefelbein, Geschäftsführer der Stiebel Eltron Gruppe: „Der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen muss so schnell wie möglich erfolgen. Im Wärmesektor ist mit der Wärmepumpe eine bewährte Technologie verfügbar, mit der dieser Ausstieg sofort realisiert werden kann, auch bei Sanierungen.“ Dr. Rainer Lang, Director Group R&D Heat Pump Technology bei der Vaillant Group teilte mit: „Wärmepumpen sind eine Schlüsseltechnologie zur erfolgreichen Dekarbonisierung des Gebäudesektors. Das Produktsegment verzeichnet seit Jahren ein starkes Marktwachstum.“ Und Jürgen Fischer, Präsident bei Danfoss Climate Solutions betont: „Der massive Anstieg der Nachfrage nach energieeffizienten, CO2-neutralen Lösungen für die Heizungs-, Kälte- und Klimatechnik zeigt, dass sich der Markt im Umbruch befindet.“ Edgar Timm, Director R&D der ait-group, ergänzt: „Das Thema Wärmepumpe – speziell auch mit natürlichen Kältemitteln – ist unsere Kernaufgabe und DNA! Der Einsatz dieser Technologie ist notwendig für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung. Die Grundlage dafür liegt in der qualitativ hochwertigen Ausbildung künftiger Fachkräfte.“ Dr. Thomas Finke, Technical Director Electric Solutions, Bosch Thermotechnology, fügt hinzu: „Bis Mitte der Dekade investieren wir weitere 300 Millionen Euro in die Elektrifizierung. Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir auch die fundierte Ausbildung von dringend benötigten Nachwuchskräften unterstützen können.“

Die Stiftungsunternehmen und die HKA arbeiten daher Hand in Hand. Erste Forschungsprojekte wurden bereits ins Leben gerufen. „Eine anwendungsorientierte Stiftungsprofessur für Wärmepumpen vor dem Hintergrund der angestrebten umfassenden und schnellen Umstellung auf erneuerbare Energien bringt starke Impulse für die hohe Attraktivität des neuen Studiengangs Green Technology Management und die Forschung in der Kälte-, Klima- und Umwelttechnik an der HKA mit sich“, betont Rektor Prof. Dr. Frank Artinger, „und wird unseren Beitrag auf dem Weg zur Klimaneutralität weiter steigern.“

Welche Bedeutung die HKA dem Thema „Wärmepumpen“ in Forschung und Lehre beimisst, wird auch über das gleichnamige Symposium an der Hochschule deutlich, zu dem Experten aus ganz Europa am gleichen Tag erwartet wurden.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Kauffeld
Prof. für Kältetechnik an der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik der HKA und Sprecher des Instituts für Kälte-, Klima- und Umwelttechnik
E-Mail: michael.kauffeld@h-ka.de
Tel. +49 (0)721 925-1843

Originalpublikation:
https://www.h-ka.de/die-hochschule-karlsruhe/aktuelles/news/2022/stiftungsprofes…

Anhang
Die Hochschule Karlsruhe etabliert die deutschlandweit erste Professur für Wärmepumpen

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Interview mit Professor Johannes Steinhaus zur Umweltbelastung durch Mikroplastik: „Das Waschen ist eine Hauptquelle“

Daniela Greulich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Die Verschmutzung unseres Planeten mit Plastik und Mikroplastik ist ein globales Problem gewaltigen Ausmaßes. In Uruguay verhandeln aktuell Regierungen und Organisationen auf Einladung der Vereinten Nationen über ein Abkommen gegen Plastikmüll. Professor Johannes Steinhaus von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) beschäftigt sich in seiner Forschung mit der Mikroplastikbelastung. Für das Problem der mikroskopisch kleinen Partikel, die über das Abwasser der Waschmaschinen in die Flüsse und Meere gelangen, hat der Wissenschaftler eine Idee.

H-BRS: Herr Professor Steinhaus, lassen Sie uns über Fußball reden: Das Trikot, das die Spieler der deutschen Mannschaft tragen, sondert offensichtlich bei den ersten fünf Wäschen im Schnitt 68.000 Mikroplastik-Fasern ab. Die Forschungsgruppe Mikroplastik an der Universität Hamburg hat dies herausgefunden. Überrascht Sie das?

Johannes Steinhaus: Nein, nicht unbedingt. Die Zahl von 68.000 ist zwar ungewöhnlich hoch, und der Hersteller täte gut daran herauszufinden, warum das so ist. Allerdings waschen wir alle sehr viele Kleidungsstücke, die aus Synthetikfasern wie zum Beispiel Polyester, Acryl, Nylon oder Elastan bestehen. Die Fasern, die sich dabei abreiben – typischerweise eher um die 2000 Fasern pro Kleidungsstück und Wäsche – gelangen ungehindert in unsere Kläranlagen und in der Folge zum Teil in den Klärschlamm und zum anderen Teil in unsere Gewässer. Der Grund ist, dass sich die Fasern aufgrund ihrer Größe schlecht aus dem Abwasser filtern lassen. Da Klärschlämme auch gerne als Dünger auf Ackerflächen ausgetragen werden, kann man davon ausgehen, dass ein Großteil dieser Fasern in der Umwelt landet. Das Waschen von synthetischen Kleidungsstücken ist die Hauptquelle für sekundäres Mikroplastik, also entstanden durch Abrieb und Zerfall größerer Kunststoffprodukte.

H-BRS: Was bedeutet das für die Umwelt? Und wie könnte eine Lösung aussehen?

Steinhaus: Die Auswirkungen all dieser Mikroplastikfasern auf die verschiedenen Ökosysteme sind noch relativ unklar. Das Ärgerliche daran ist, dass man einfach nur alle Waschmaschinen mit einem Filtersystem ausstatten müsste, die den Eintrag der Fasern von Anfang an verhindern würden. Da die Waschmaschinenhersteller das aber nicht in vorauseilendem Gehorsam machen möchten – ein Nachrüstfilter kostet zirka 80 Euro – müssten da gesetzliche Auflagen her. Am besten EU-weit.

H-BRS: Kunststoffe finden sich nicht nur in Textilien, sondern wir begegnen ihnen in unserem Alltag ständig. Täuscht der Eindruck, oder wird immer mehr Kunststoff produziert?

Steinhaus: Nein, der Eindruck täuscht leider nicht. Laut Statista lagen wir weltweit um die Jahrtausendwende bei etwa 200 Millionen Tonnen Kunststoff-Jahresproduktion. Heute haben sich die Mengen bei einem linearen Trend etwa verdoppelt. Ein wesentlicher Faktor ist sicherlich der ungebrochene Trend, Waren in Kunststoff zu verpacken.

H-BRS: Vor allem unsere Supermärkte sind voll von Verpackungen aus Kunststoff. Da wir alles brav in die gelbe Tonne werfen: Wird die Masse der Verpackungen recycelt?

Steinhaus: Könnte man denken. Jedoch wird ein großer Teil des Kunststoffmülls leider immer noch verbrannt. Der Kunststoffeintrag in die Umwelt ist in unseren Breiten durch das Abfallmanagement sicher niedriger als etwa in Asien oder Südamerika. Alles entsorgen wir in Europa aber sicher nicht korrekt, wie sich an unserer Umwelt erkennen lässt. Außerdem vergisst man dabei gerne, dass wir Unmengen Mikroplastik über Reifenabrieb und Waschabwässer generieren. Zudem exportieren wir hierzulande große Mengen an Kunststoffmüll nach Südostasien. Das ist der Teil, der sich nur aufwändig oder gar nicht recyceln lässt. Dort wird der Müll auch eher nicht ordnungsmäßig recycelt, sondern oft auf wilden Deponien gelagert oder offen verbrannt. Und so gelangt auch der Müll aus der gelben Tonne in unsere Umwelt.

H-BRS: In Ihrer Forschung beschäftigen Sie sich unter anderem mit Mikroplastikanalytik und der Simulation und Lebensdaueranalyse von Gummi-Bauteilen. Was genau ist Gegenstand Ihrer Forschung, und was kann die H-BRS zur Lösung des Problems beitragen?

Steinhaus: Meine aktuelle Forschung im Bereich der Mikroplastikanalytik bezieht sich auf die Aufbereitung von Strand-, Erd- und Sedimentproben. Es ist tatsächlich sehr schwer, die vielen Studien über die Mikroplastikbelastung der weltweit genommen Proben miteinander zu vergleichen, da die Probenaufbereitung teils unter sehr unterschiedlichen Bedingungen erfolgte und auch die sogenannte Wiederfindungsrate der Mikroplastikpartikel signifikant streut. Wir forschen unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut/Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven daran, möglichst einfache Verfahren zu entwickeln, die möglichst überall auf der Welt umsetzbar sind.
Interview: Martin J. Schulz

Hinweis an die Medien: Prof. Dr. Johannes Steinhaus steht als Ansprechpartner für Interviews zum Thema (Mikro-)Plastik gerne zur Verfügung. Sie erreichen ihn unter johannes.steinhaus@h-brs.de

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Johannes Steinhaus
Materialwissenschaften, insbesondere hybride Werkstoffsysteme und Schadenanalyse
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Tel.: 02241/865-458
E-Mail: johannes.steinhaus@h-brs.de

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Arbeitszeitkontrolle als Standardfall bedeutet nicht die Rückkehr zur Stechuhr

Claudia Staat Kommunikation
Frankfurt University of Applied Sciences
Arbeitsrechtler Prof. Dr. Peter Wedde erläutert die Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgericht-Urteils zur Zeiterfassung / Experte sieht Gesetzgeber in der Pflicht: „Ohne klare gesetzliche Vorschriften droht ein Wildwuchs an Ausgestaltungen, der den angestrebten Arbeitszeitschutz nicht herbeiführen wird“

Der 1. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit seiner am 13. September 2022 verkündeten Entscheidung alle Arbeitgeber verpflichtet, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer/-innen zu erfassen. Der Beschluss des höchsten deutschen Arbeitsgerichts, der inhaltlich der Linie eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Mai 2019 zur Arbeitszeiterfassung folgt, ließ bislang Detailfragen offen. Seit kurzem sind nun die in Fachkreisen und bei Betroffenen mit Spannung erwarteten Entscheidungsgründe bekannt. Arbeitsrechtler Prof. Dr. Peter Wedde, emeritierter Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), hat diese analysiert.

„Das Bundesarbeitsgericht verlangt von Arbeitgebern keine Rückkehr zur Stechuhr, sondern eine nachvollziehbare, ehrliche und moderne Form der Erfassung der individuellen Arbeitszeiten ausnahmslos aller Arbeitnehmer/-innen“, erläutert Wedde. „Dafür müssen in allen Betrieben oder Dienststellen objektive, verlässliche und zugängliche Systeme zur Zeitmessung eingeführt werden. Diese Systeme müssen auch bei speziellen Ausgestaltungen wie der so genannten Vertrauensarbeitszeit oder bei Tätigkeiten auf Basis vereinbarter Zielvorgaben zum Einsatz kommen. Das Gericht geht vom Regelfall einer automatisierten Erfassung aus. Nur in kleinen Betrieben soll eine manuelle Erfassung möglich bleiben, beispielsweise in Form einer Excel-Tabelle.“

Aus Sicht der Arbeitgeber bedeutet die Einführung der notwendigen Messsysteme und -prozesse einen erhöhten Aufwand. Diese Belastung wird nach Weddes Ansicht durch einen positiven Aspekt aufgewogen. „Die Messung der tatsächlichen Arbeitszeiten wird dazu beitragen, dass gesetzliche Höchstarbeitszeiten und zwingende Ruhezeiten besser eingehalten werden als bisher. Das dient dem Gesundheitsschutz und reduziert auf Dauer die Zahl von Krankheitstagen.“ Verstöße gegen gesetzliche Arbeitszeitregeln können für Arbeitgeber allerdings künftig teuer werden: „Wird bei Messungen festgestellt, dass Beschäftigte über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinaus tätig waren, können diese je nach konkreter Vertragssituation von ihrem Arbeitgeber einen Zeitausgleich oder Nachzahlungen verlangen.“

Die notwendige Erfassung der Arbeitszeit hält Wedde in der Praxis für durchführbar. „In vielen Betrieben gibt es bereits Arbeitszeiterfassungssysteme, welche die vom Bundesarbeitsgericht formulierten Anforderungen erfüllen. Wo sie fehlen, kann für die Messungen in der Regel auf Zeitinformationen zurückgegriffen werden, die in unterschiedlichen für die Arbeit verwendeten Softwareanwendungen verarbeitet werden. Diese Daten lassen sich mit speziellen Programmen so aufbereiten, dass Beginn und Ende der Arbeit sowie Pausen dokumentiert werden können.“

Vermieden werden muss nach Weddes Auffassung, dass dabei eine Art „Totalkontrolle“ der Betroffenen erfolgt: „Es geht nur um die genaue Erfassung von Beginn und Ende der Arbeitszeit, nicht aber um eine minutiöse Dokumentation jeder Arbeitshandlung. Eine umfassende und dauerhafte Erfassung einer Tätigkeit würde Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten verletzen und wäre unzulässig.“
Insoweit sieht Wedde, der auch Experte für Beschäftigtendatenschutzrecht ist, den Gesetzgeber in der Pflicht. „Es müssen umgehend gesetzliche Rahmenbedingungen zu Art und Umfang von Arbeitszeitmessungen geschaffen werden, an denen sich Arbeitgeber sowie Beschäftigte und deren Interessenvertretungen orientieren können. Ohne klare gesetzliche Vorschriften droht ein Wildwuchs an Ausgestaltungen, der den angestrebten Arbeitszeitschutz nicht herbeiführen wird.“

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts geht auf die Klage eines Betriebsrats zurück, der die Einführung eines elektronischen Verfahrens einseitig durchsetzen wollte. Deshalb weist Wedde auf einen Wermutstropfen für Betriebsräte im Beschluss hin: „Nach Feststellung des Gerichts kann ein Betriebsrat die Einführung eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems nicht gegen den Willen eines Arbeitgebers erzwingen, weil es hierfür kein Mitbestimmungsrecht gibt. Ist hingegen die Einführung eines solchen Systems für einen Betrieb geplant, kann der zuständige Betriebsrat dessen konkrete Ausgestaltung mitbestimmen.“

Zur Person:
Prof. Dr. Peter Wedde war bis zum Sommersemester 2021 Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt UAS. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören das individuelle und kollektive Arbeitsrecht sowie Daten- und Beschäftigtendatenschutz. Er ist Herausgeber von juristischen Fachkommentaren zum gesamten Individualarbeitsrecht, zum Betriebsverfassungs- und zum Datenschutzrecht sowie Autor zahlreicher Buch- und Zeitschriftenbeiträge und Onlinepublikationen. Als Referent vertritt er seine Schwerpunktthemen regelmäßig auf Fachkonferenzen und in Praxisforen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 2: Informatik und Ingenieurwissenschaften, Prof. Dr. Peter Wedde, Telefon: +49 171 3802499, E-Mail: wedde@fb2.fra-uas.de

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Krankmachende Bakterien in Hackfleisch, abgepackten Salaten und Fertigteigen

Harald Händel Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Bundesamt stellt aktuelle Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung vor

STEC-Bakterien können akute Darmentzündungen hervorrufen. Bei Untersuchungen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden diese Bakterien in Rinderhackfleisch, in Salaten aus Fertigpackungen sowie in Fertigteigen und Backmischungen gefunden. Ein Risiko, besonders für empfindliche Verbrauchergruppen! Diese und weitere Ergebnisse hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zusammen mit Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) auf seiner Pressekonferenz „Lebensmittelsicherheit in Deutschland“ in Berlin vorgestellt.

1. Krankmachende Keime in Rinderhackfleisch
Bei amtlichen Untersuchungen von Rinderhackfleisch wurden potentiell krankmachende Keime gefunden. 6,7 % der Proben enthielten STEC-Bakterien, 21,5 % Listerien (Listeria monocytogenes). Empfindlichen Verbrauchergruppen wie Kleinkinder, ältere und immungeschwächte Menschen sowie Schwangere sollten Hackfleisch daher nur ausreichend durcherhitzt verzehren.

Pressemitteilung „Krankmachende Keime in Rinderhackfleisch“:
https://www.bvl.bund.de/jpk22_keime_hackfleisch

2. Abgepackte Salate häufig mit Krankheitskeimen belastet
Für das amtliche Zoonosen-Monitoring wurden 2021 über 400 Proben von Feldsalat, Rucola und Pflücksalat in Fertigpackungen untersucht. In fast jeder zweiten Probe (46,7 %) wurden sogenannte präsumtive Bacillus cereus nachgewiesen, welche bei hohen Keimzahlen zu Erbrechen und Durchfall führen können. In geringerem Umfang wurden ebenfalls STEC-Bakterien (Shiga-Toxin-bildende E. coli) und Listerien (Listeria monocytogenes) gefunden. Da Salate roh verzehrt und die Keime damit nicht durch Erhitzen abgetötet werden, sollten empfindliche Verbrauchergruppen vorsichtshalber auf den Verzehr von Salat aus Fertigpackungen verzichten.

Pressemitteilung „Abgepackte Salate häufig mit Krankheitskeimen belastet“:
https://www.bvl.bund.de/jpk22_keime_salate

3. Acrylamid in Gemüsechips und geschwärzten Oliven
Bei Acrylamid kann eine krebserregende und erbgutschädigende Wirkung nicht ausgeschlossen werden. Es entsteht beim Backen, Braten und Frittieren von Lebensmitteln. Bei amtlichen Untersuchungen wiesen Gemüsechips und geschwärzte Oliven höhere Mengen an Acrylamid auf. Zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher sind weitere Maßnahmen zur Minimierung des Acrylamidgehalts notwendig.

Pressemitteilung „Acrylamid in Gemüsechips und geschwärzten Oliven“:
https://www.bvl.bund.de/jpk22_acrylamid

4. Lebensmittelbetrug bei Sushi
Sushi enthält neben Reis und Gemüse häufig auch Fisch und Meeresfrüchte. Neben den „Klassikern“ wie Lachs oder Thunfisch werden auch teurere Arten angeboten. Lebensmittelfälscher tauschen diese jedoch unerlaubt gegen preiswerte Arten aus und steigern somit illegal ihren Gewinn. Bei amtlichen Untersuchungen von Fisch und Meeresfrüchten wurden bei 8,1 % aller Proben eine andere als die angegebene Tierart nachgewiesen.

Pressemitteilung „Lebensmittelbetrug bei Sushi“:
https://www.bvl.bund.de/jpk22_betrug_sushi

5. Vorsicht beim Naschen! Roher Teig kann krank machen
STEC-Bakterien gehören zu den größten Verursachern bakterieller Durchfallerkrankungen in Deutschland. In einer aktuellen Untersuchung von Fertigteigen und Backmischungen wurde in jeder zehnten Probe STEC nachgewiesen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten daher Teige und Backwaren nur nach vollständiger Erhitzung essen.

Pressemitteilung „Vorsicht beim Naschen! Roher Teig kann krank machen“:
https://www.bvl.bund.de/jpk22_stec_fertigteig

6. Keine krebserregenden Stoffe (PAK) im Spielzeug
Zahlreiche polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind krebserregende Substanzen, die in Gegenständen aus Gummi oder Kunststoffen enthalten sein können. Im jüngsten Monitoring wurden Spielzeuge und Körperkontaktmaterialien auf den Gehalt an acht als krebserregend eingestuften PAK untersucht. Ergebnis: Bei fast allen Proben (99,7 %) wurde der Grenzwert eingehalten.

Pressemitteilung „Keine krebserregenden Stoffe (PAK) im Spielzeug“:
https://www.bvl.bund.de/jpk22_pak_spielzeug

Hintergrund
Für die Sicherheit von Lebensmitteln sind die Lebensmittelunternehmen verantwortlich. Die Behörden der Bundesländer kontrollieren dies im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung. Die dabei gewonnenen Daten werden an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) übermittelt. Das BVL wertet die Ergebnisse aus und veröffentlicht sie in den jährlichen Berichten zur Lebensmittelsicherheit.

Die hier vorgestellten Ergebnisse stammen aus den folgenden drei Berichten:
• Bericht zum Zoonosen-Monitoring 2021: https://www.bvl.bund.de/ZoonosenMonitoring
• Bericht zum Bundesweiten Überwachungsplan 2021: https://www.bvl.bund.de/buep
• Bericht zum Monitoring 2021: https://www.bvl.bund.de/monitoring
Weiterführende Informationen
• Präsentation „Lebensmittelsicherheit in Deutschland“: https://www.bvl.bund.de/lebensmittelsicherheit2022_praesentation

Anhang
Pressemitteilung

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Binnengewässer in der Biodiversitätspolitik mit Landflächen und Meeren gleichstellen

Nadja Neumann Kommunikation und Wissenstransfer
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Heute beginnt in Montreal der zweite Teil der Weltnaturschutzkonferenz (CBD COP 15). Dem Massenaussterben soll u.a. damit entgegengewirkt werden, dass 30 Prozent der Landfläche und der Meere bis spätestens 2030 unter Schutz gestellt werden. Aber fehlt da nicht etwas? Genau, die Binnengewässer! Sie werden bisher meist den Landflächen zugeordnet, ihre Relevanz dabei nicht ausreichend berücksichtigt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zur Süßwasser-Biodiversität forschen, geben eine Einordnung zu diesem oft übersehenen Thema:

Weltweit nimmt die Biodiversität in einem noch nie dagewesenen Tempo ab. Besonders gefährdet sind die die genetische Vielfalt, Populationen, Arten, Gemeinschaften und Ökosysteme im Süßwasser. Studien und Zahlen belegen dies eindrücklich. In Binnengewässern schrumpfen die Lebensräume besonders dramatisch, etwa weil in den Tiefen vieler Seen zunehmend Sauerstoffmangel herrscht, die Temperaturen des Oberflächenwassers steigen, oder weil Fließgewässer verbaut werden und periodisch austrocknen. Der Klimawandel mit zunehmenden Wetterextremen wie Dürren und Überflutungen verschärft die Situation zusätzlich.

Binnengewässer gleichwertig wie Land und Meer behandeln:
„Nach wie vor wird in der internationalen Biodiversitätspolitik die große Relevanz der Binnengewässer übersehen“, kritisiert IGB-Forscherin Prof. Dr. Sonja Jähnig und fährt fort: „Quellen, Bäche, Flüsse, Seen, Kleingewässer, Feuchtgebiete und das Grundwasser sind unabdingbare Voraussetzung und Lebensgrundlagen für die Natur und damit auch für uns Menschen. Deshalb sollten die Binnengewässer und ihre Biodiversität neben terrestrischen und marinen Ökosystemen als gleich bedeutsamer, dritter ökologischer Bereich in politischen und gesellschaftlichen Rahmenwerken und Strategien etabliert werden.“

Bislang werden Flüsse, Seen und Feuchtgebiete in unterschiedlichen politischen Rahmen entweder dem Land zugerechnet – weil sie im terrestrischen Bereich eingebettet sind – oder den Meeren und Ozeanen – weil sie aquatisch sind. „Süßwasser-Ökosysteme dürfen nicht länger nur ein Nebenschauplatz sein, denn sie können ihre vielfältigen Funktionen als Lebensraum und Schlüsselressource für Mensch und Natur nur erfüllen, wenn sie konsequent geschützt, nachhaltig bewirtschaftet und ökologisch wieder verbessert werden“, fasst Jähnig zusammen.

Dies gelte jetzt ausdrücklich auch für den neuen Globalen Biodiversitätsrahmen bis 2030, der in den kommenden Tagen verhandelt wird. Dessen Ziele müssten so angepasst werden, dass bei der Wiederherstellung der Ökosysteme und bei der Ausweitung von Schutzgebieten spezifische Ziele für Binnengewässer festgehalten werden. Dies empfiehlt Sonja Jähnig auch gemeinsam mit 20 weiteren international renommierten Süßwasserexpert*innen in einem gestern veröffentlichten Science Brief des Netzwerks GEOBON und FWBON.

Kein Klimaschutz ohne Biodiversitätsschutz:
Auch bei Maßnahmen gegen den Klimawandel werden Binnengewässer zu oft vernachlässigt. Ihre Biodiversität ist von Klimaveränderungen besonders stark betroffen, beispielsweise weil sich Seen weltweit schneller erwärmen als die Atmosphäre und die Ozeane – oder sich das Abflussregime ganzer Flusssysteme verändert. Wird der Klimaschutz nicht mit anderen Naturschutzzielen in Einklang gebracht, kann die biologische Vielfalt zusätzlich in Gefahr geraten, wie IGB-Experte Dr. Martin Pusch erläutert: „Die Biodiversitätskrise in unseren Binnengewässern ist eng mit der Klimakrise verbunden, denn saisonale Dürrephasen mit niedrigen Durchflussmengen, gestiegene Schadstoffkonzentrationen und höheren Wassertemperaturen bedrohen das Leben unter der Wasseroberfläche in besonderem Maße“, sagt er.

„Gerade der als Anpassung an den Klimawandel vorangetriebene Ausbau der Wasserkraft birgt große Risiken für die aquatische biologische Vielfalt: Millionen Dämme und andere Querbauwerke begünstigen die Massenentwicklung von Algen in Flüssen und verhindern, dass Fische in Hitzeperioden kühle Refugien aufsuchen können. Dabei tragen Wasserkraftwerke weniger zur Mitigation des Klimawandels bei als erwartet, denn Stauseen emittieren vor allem in den Tropen und Subtropen selbst hohe Mengen von Treibhausgasen.“ Pusch empfiehlt deshalb: „Die Erhaltung der aquatischen Biodiversität muss Vorrang haben. Wir brauchen dringend mehr freifließende Flüsse und großräumige Renaturierungen statt zusätzliche ineffiziente Wasserkraftprojekte mit ihren hohen ökologischen und sozialen Kosten.“

Auch die kleinsten Lebewesen schützen:
Wenn schon große Seen und Flüsse aus dem Blick geraten, wie mag es dann wohl um die kleinsten Lebewesen stehen, die sie beherbergen? Millionen Arten winziger Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien kommen in allen Gewässertypen vor – in kleinen Pfützen, großen Binnenseen, selbst in Eis und Schnee. Obwohl man die meisten von ihnen mit bloßem Auge nicht erkennt, machen sie in allen Ökosystemen den größten Teil der biologischen Vielfalt aus.

„Diese Mikroorganismen bilden die Basis eines jeden Nahrungsnetzes und tragen ganz wesentlich zu den Funktionen eines Ökosystems bei – nehmen wir z.B. die Pilze, die organisches Material remineralisieren und so Nährstoffe und andere Verbindungen im Produktionskreislauf halten. Gerade in größeren Gewässern sind sie ein wichtiger Faktor der sogenannten Kohlenstoffpumpe, da sie das Absinken von organischem Material bis in die Gewässertiefe und somit auch das Klima nachhaltig beeinflussen. Darüber hinaus helfen sie beim Abbau von Schadstoffen“, erläutert IGB-Mikrobiologe Prof. Dr. Hans-Peter Grossart.

Obwohl Mikroben für das Funktionieren von Ökosystemen und unsere Gesundheit von so entscheidender Bedeutung sind, sei nur wenig darüber bekannt, ob wir infolge des globalen Wandels Schlüsselarten verlieren werden und wie sich das auf das Funktionieren und damit die Gesundheit unserer natürlichen Umwelt auswirken könnte. „Wir gehen davon aus, dass die derzeitigen Umweltveränderungen zum Verlust von Schlüsselarten und damit von Ökosystemfunktionen führen können“, betont der IGB-Forscher und fügt hinzu: „Es ist deshalb dringend nötig, auch Pilz-Schlüsselarten in die Liste der zu schützenden Organismen aufzunehmen.“ Leicht dürfte das allerdings nicht werden, denn Pilze stellen in Gewässern noch eine der am wenigsten erforschten Organismengruppen dar.

Natürliche Systeme – gibt es die noch?
„Eine wirklich unberührte Natur existiert eigentlich fast nirgends mehr auf der Welt“, so lautet die Antwort von Dr. Tina Heger, die am IGB in der Arbeitsgruppe für Ökologische Neuartigkeit forscht. „In Deutschland haben wir keine Urwälder, in Europa kaum Flüsse, die unreguliert fließen und der durch den Menschen verursachte Klimawandel betrifft und verändert alle ökologischen Systeme.“

In einem aktuellen Interview plädiert die Biologin deshalb dafür, natürliche und vom Menschen beeinflusste Natur nicht als Gegensätze zu begreifen. Stattdessen könne es alle denkbaren Zustände zwischen diesen beiden Polen geben. „Ein Ökosystem, in das der Mensch eingreift, kann genauso biologisch vielfältig sein wie ein natürliches System, es kann mitunter sogar resilienter sein – das zeigen erfolgreiche Renaturierungen. Wir brauchen Begriffe, die helfen, solche Übergänge zwischen natürlichen und menschengemachten Zuständen in der Natur zu beschreiben“, sagt sie. Das sei am Ende auch eine ethische und philosophische Frage – und würde umso mehr die Verantwortung des Menschen für die uns umgebende Natur unterstreichen.

Weitere Informationen:
https://www.igb-berlin.de/news/binnengewaesser-der-biodiversitaetspolitik-mit-la…

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Experteninterview: „Cyberangriffe haben sich als Geschäftsmodell etabliert“

Thomas Kirschmeier Pressestelle
FOM Hochschule
Unternehmen, Privatpersonen und kritische Infrastrukturen geraten immer wieder ins Visier von Hackern. „Angreifer gehen dabei immer professioneller vor“, sagt Prof. Dr.-Ing. Torsten Finke, der an der Entwicklung der neuen Cyber-Security-Studiengänge an der FOM Hochschule mitgewirkt hat. Mit dem FOM Experten für Wirtschaftsinformatik haben wir über die Methoden von Hackern, Schutzmaßnahmen und künftige Herausforderungen im Bereich der Cybersicherheit gesprochen.

Herr Prof. Finke, wie ist es um die Cybersicherheit in Deutschland bestellt?
Cybersicherheit ist keine nationale Frage und macht vor Landesgrenzen nicht Halt. Insofern ist die Lage in Deutschland mit der Situation in anderen Staaten vergleichbar. Die Tatsache, dass in Medien regelmäßig über Angriffe gegen die IT-Sicherheit berichtet wird, zeigt, dass wir es mit einem relevanten Problem zu tun haben. Tatsächlich können die Risiken und Folgen für einzelne Unternehmen erheblich sein. Nicht umsonst hat sich in der Versicherungswirtschaft das Produkt der Cyberversicherung etabliert. Nach Hackerangriffen auf Krankenhäuser ist auch eine Gefahr für Leib und Leben real. Um die Wahrscheinlichkeit eines Cyberangriffs beurteilen zu können, muss man jedoch die Motive und Methoden der potenziellen Angreifer kennen.

Wie gehen Hacker denn typischerweise bei Angriffen vor?
Zunächst muss man zwischen der Art der Angriffe unterscheiden: Während sich physische Angriffe gegen die IT-Infrastruktur richten, geht es beim Social Engineering darum, durch die geschickte Manipulation von Menschen an vertrauliche Informationen zu gelangen. Zudem gibt es klassische Hackerangriffe, die über Netzwerke, Datenträger oder Geräte erfolgen. Grundsätzlich gilt, dass Hacker immer professioneller vorgehen und sich ihre Methoden dynamisch weiterentwickeln. Inzwischen haben sich Cyberangriffe als Geschäftsmodell etabliert. Dies gilt primär für das Prinzip der Ransomware, das faktisch auf einem Erpressungsmodell basiert. Daneben verfügen auch terroristische Gruppen und staatliche Einrichtungen über umfangreiche Möglichkeiten, Cyberangriffe auszuführen. Tendenziell wächst in allen Richtungen das Ausmaß des potenziellen Schadens.

Wie können sich Unternehmen möglichst effektiv vor einem Hackerangriff schützen?
Der beste Schutz für Unternehmen besteht in aktuellem Fachwissen. Eine gute Aus- und Weiterbildung der eigenen Mitarbeitenden im Bereich Cybersicherheit kann da sehr hilfreich sein. Darüber hinaus ist Wachsamkeit wichtig: In einem Unternehmen existieren oft zahlreiche Angriffsziele, die identifiziert und geschützt werden müssen. Es ist daher sinnvoll, das eigene Unternehmen kontinuierlich aus der Perspektive potenzieller Angreifer zu beobachten. Grundsätzlich ist es auch ratsam, die eigenen Systeme aktuell zu halten und Mitarbeitende regelmäßig zu schulen. Es ist jedoch keine gute Idee, Mitarbeitende zu häufigen Wechseln von Passwörtern zu zwingen und diese dann so zu gestalten, dass man sie sich nicht merken kann. Die Passwörter stehen dann auf Zettelchen unter der Tastatur.

Welche Tipps haben Sie für Mitarbeitende sowie Verbraucherinnen und Verbraucher, um beruflich wie privat möglichst sicher unterwegs zu sein?
Vor allem sollte man ein paar wichtige Regeln beherzigen, zum Beispiel niemals Passwörter, PIN-Nummern oder ähnlich vertrauliche Daten weitergeben. Denn eine seriöse Person wird niemals danach fragen. Auch wenn eine E-Mail oder eine Webseite ein großartiges Angebot verspricht, ist stets Vorsicht geboten. Zudem ist zu viel Komfort der Feind der Sicherheit. Es ist zwar komfortabel, auf dem eigenen Computer mit möglichst vielen Rechten ausgestattet zu sein. Wird man aber Opfer eines Hackerangriffs, dann hat auch der Angreifer diese Rechte. Daher sollte man niemals als Administrator oder Hauptbenutzer im Web surfen oder E-Mails verschicken.

Was sind die größten Herausforderungen im Bereich Cybersicherheit in den kommenden Jahren?
Es wird wichtig sein, Abhängigkeiten von Produkten und Anbietern zu verringern. Aktuell finden die wesentlichen Entwicklungen in der IT nicht in Europa statt, was technologische und organisatorische Abhängigkeiten schafft. Wünschenswert wären klare und koordinierte europäische Digitalinitiativen. Zudem muss die Transparenz erhöht werden. Das mag auf den ersten Blick irritierend klingen, da sicher niemand gern seine Sicherheitsmaßnahmen offenlegt. Ein System ist allerdings erst dann sicher, wenn es auch bei der Offenlegung seines Aufbaus sicher ist. Außerdem muss auch unser Rechtssystem mit der Entwicklung der Digitalisierung standhalten. Viele Angriffe erfolgen stark arbeitsteilig und transnational. Damit sind sie rechtlich schwer zu verfolgen. Bleiben Angriffe aber ohne Rechtsfolgen, dann könnte dies von den Angreifern als Einladung verstanden werden.

Schon gewusst?
FOM Hochschule bietet Studiengänge zu Cybersicherheit an
Der Bedarf nach Expertinnen und Experten für Cyber Security steigt. Die FOM Hochschule reagiert darauf mit drei neuen Studiengängen, die ab dem Sommersemester 2023 im Digitalen Live-Studium angeboten werden. Interessierte können ab März ausbildungs- oder berufsbegleitend die Bachelor-Studiengänge „Cyber Security“ und „Cyber Security Management“ sowie den berufsbegleitenden Master-Studiengang „Cyber Security Management“ absolvieren. Das Studium findet in virtueller Präsenz statt. Dabei werden Live-Vorlesungen aus den multifunktionalen FOM Studios gesendet, die den Studierenden im Nachhinein auch als Aufzeichnung zur Verfügung stehen.

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Wie toxisch sind Emissionen aus Flugzeugtriebwerken und Schiffsmotoren: Messkampagne an der Universität Rostock

Dr. Kirstin Werner Presse- und Kommunikationsstelle
Universität Rostock
Um die Risiken von Luftschadstoffen in Zukunft besser abzuschätzen, startet in dieser Woche an der Universität Rostock eine internationale Messkampagne. Bei den Untersuchungen der Gesundheitsgefährdung durch Feinstaubemissionen und Luftverschmutzung aus dem Verkehrssektor werden insbesondere die von ultrafeinen Partikeln aus Verkehrsemissionen ausgehenden Gefahren für die Gesundheit erforscht. Ziel der mehrmonatigen Messung mit internationalen Partnerinstitutionen ist es, Leitlinien für die Entwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität und der Gesundheit zu erstellen. Das Vorhaben wird von der EU mit über vier Millionen Euro gefördert.

In dem Vorhaben werden die von verschiedensten Verkehrsmitteln (Benzin-PKW, Diesel-PKW, Schiff, Flugzeug, Abrieb von Bremsen und Eisenbahnschienen etc.) direkt emittierten Verkehrsemissionen (sowohl Abgas- als auch Nicht-Abgasemissionen) und die ultrafeinen Partikel, die aus den Emissionen in der Atmosphäre durch photochemische Reaktionen im Sonnenlicht gebildet werden (so genannte sekundäre Partikel, PhotoSMOG), untersucht. Die nun an der Universität Rostock begonnene Messkampagne hat das Ziel, die Gesundheitsgefährdung durch Emissionen von Flugzeugturbinen und Schiffsmotoren im Detail zu bestimmen.

Die gemeinsamen Versuche des internationalen Projekt-Konsortiums mit dem Namen ULTRHAS (ULtrafine particles from TRansportation – Health Assessment of Sources) werden an möglichst realen Emissionsquellen durchgeführt. Im Verbundvorhaben arbeiten Forschende des Norwegischen Instituts für öffentliche Gesundheit (NIPH), der Universität Ostfinnland (UEF) und des Finnischen Instituts für Gesundheit und Wohlfahrt (THL), der Universität Fribourg (Schweiz), des Helmholtz Zentrum München, der Universität der Bundeswehr München sowie der Lehrstühle für Analytische Chemie und für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren der Universität Rostock zusammen. Neben den ULTRHAS-Partnern stoßen nun auch Forschende aus dem Weizmann Institut in Israel, der Universität Basel und dem Forschungszentrum Jülich zu den bisher einzigartigen Messungen in Rostock hinzu.

Auswirkungen frisch emittierter und gealterter Abgase auf die Lunge
Für die Rostocker Messkampagne kommen sowohl eine kerosinbetriebene Brennkammer eines Jet-Treibwerkes vom Institut für Aeronautical Engineering der Universität der Bundeswehr München als auch ein Schiffsmotorprüfstand des Lehrstuhls für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren der Universität Rostock zum Einsatz, in dessen Technikhalle die Rostocker Versuche auch durchgeführt werden. In einem speziellen Alterungsreaktor des finnischen Partners werden die Aerosole mit UV-Licht und Ozon atmosphärisch gealtert, um zu untersuchen, wie sich die Toxizität in der Umwelt mit der Zeit entwickelt. Dafür sind aus München ein mobiles biologisches Sicherheitslabor für toxikologische Untersuchungen sowie Messtechnik für die Aerosolchemie und -physik vor Ort. Zusätzliche, speziell entwickelte Messgeräte, wie beispielsweise ein neuartiges Einzelteilchenmassenspektrometer und hochauflösende Lasermassenspektrometer, erlauben ein vertieftes Verständnis der Zusammensetzung der Emissionen.

Die gleichzeitige Untersuchung der physikalisch-chemischen Eigenschaften und der atmosphärischen Alterungsprozesse der Emissionen sowie die Erforschung ihrer biologischen und toxikologischen Effekte auf Lungenzellkulturen ermöglichen es, die Eigenschaften der Emissionen mit ihren gesundheitsgefährdenden Effekten in Beziehung zu setzen. In einzigartigen Expositionssystemen werden die Lungenzellkulturen dafür direkt an der Luft-Flüssigkeits-Grenzfläche beobachtet, wodurch die Situation in der Lunge nachgestellt wird. Die Auswirkungen der frisch emittierten und gealterten Emissionen auf die Lungenmodelle werden mit Hilfe fortschrittlicher bioanalytischer Verfahren und Methoden der Bioinformatik untersucht. So können Vorhersagen darüber getroffen werden, wie physikalische und chemische Emissionsmerkmale der unterschiedlichen Verkehrsemissionen die biologischen Wirkungen beeinflussen und gesundheitliche Auswirkungen hervorrufen. Das Gesamtziel des Projekts besteht darin, die Risikobewertung von Luftschadstoffen aus dem Verkehr zu verbessern, die relative Toxizität der Emissionen unterschiedlicher Verkehrsarten zu bestimmen und politische Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden über gezieltere Maßnahmen zur Eindämmung derjenigen Emissionskomponenten und -quellen zu beraten, die am stärksten zu nachteiligen Auswirkungen beitragen.

Erste Versuche, die das Konsortium bei dem finnischen Partner UEF durchgeführt hat, zeigten, dass die atmosphärische Alterung durch das Sonnenlicht die Toxizität selbst von Emissionen aus Automobilen, die mit neuester Abgasreinigungstechnologie (EURO 6) ausgestattet sind, deutlich erhöht. Dieses überraschende Ergebnis stellt die Sinnhaftigkeit bisheriger Grenzwertregelungen in Frage. Die Partner des Forschungsvorhabens ULTRHAS wollen nun beantworten, ob ähnliche Effekte auch für die als kritisch bekannten Schiffs- und Flugzeugemissionen beobachtet werden können.
Das Projekt wird von der Europäischen Union im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizont 2020 mit der Finanzhilfevereinbarung Nr. 955390 finanziert.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Kontakt:
Prof. Dr. Ralf Zimmermann
Universität Rostock
Institut für Chemie
Tel.: +49 381498 6460

E-Mail: ralf.zimmermann@uni-rostock.de
Prof. Dr. Bert Buchholz
Universität Rostock
Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren
Tel.: +49 381 498-9150
E-Mail: bert.buchholz@uni-rostock.de

Weitere Informationen:
http://Weitere Links:
http://Cordis https://cordis.europa.eu/project/id/955390
http://ULTRHAS website https://www.fhi.no/en/studies/ultrhas/

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Desinfektionsmittel in hessischen Böden

Lisa Dittrich Presse, Kommunikation und Marketing
Justus-Liebig-Universität Gießen
Forscherteam weist Wirkstoffe in 97 Prozent der Proben nach

In Pandemiezeiten waren und sind sie unentbehrlich und allgegenwärtig: Desinfektionsmittel. Doch wie wirkt sich der massenhafte Gebrauch auf unsere Umwelt aus? Dieser Frage ist nun ein gemeinsames Forscherteam der Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen und des Hessischen Landesamtes für Natur-schutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) auf den Grund gegangen: In einer breit angeleg-ten Studie untersuchten sie das Vorkommen wichtiger Wirkstoffe von Desinfektionsmit-teln und Tensiden, den Quartären Alkylammoniumverbindungen (kurz QAAV), in hessi-schen Böden. Das Ergebnis: In 97 % der 65 untersuchten Bodenproben konnten QAAV nachgewiesen werden. Dabei zeigte sich, dass sowohl Acker-, als auch Grünland-, Wald- und Weinbaustandorte mit dem Fremdstoff belastet waren. Die Gehalte der Des-infektionsmittel überschritten teilweise Werte von 1 mg kg-1 – und liegen damit zwei bis drei Größenordnungen oberhalb von Gehalten, wie sie für Arzneimittel und Antibiotika in Böden nachgewiesen wurden.

Problematisch an QAAV und ihrem Vorkommen in der Umwelt ist, dass sie Antibiotika-resistenzen verursachen können. Eine Verbreitung dieser Desinfektionsmittelgruppe in Böden ist deshalb kritisch zu sehen und könnte – wie der missbräuchliche Einsatz von Antibiotika – das Problem der Antibiotikaresistenzen zusätzlich verschärfen. Aktuelle Vorhersagen gehen davon aus, dass bereits im Jahr 2050 jährlich 10 Millionen Men-schen weltweit durch antibiotikaresistente Keime sterben werden.
Da die Stoffgruppe der QAAV analytisch nur schwer zugänglich ist, steht die Forschung zu deren Verbreitung und Effekten in Böden noch ganz am Anfang. In einer an der JLU betreuten Doktorarbeit konnte gezeigt werden, dass vor allem Böden, die regelmäßig durch Hochwasser der Flüsse Rhein und Main überschwemmt werden, stark mit QAAV kontaminiert sind. Überraschend war hierbei, dass QAAV selbst in Waldböden nachge-wiesen werden konnten, obwohl ein unmittelbarer Eintrag durch Überschwemmungen oder beispielsweise über Gülle-, Klärschlamm- oder Pestizidausbringung wie auf land-wirtschaftlichen Flächen in Wäldern allgemein nicht gegeben ist. Die Untersuchungs-standorte liegen unter anderem in den Landkreisen Marburg-Biedenkopf, Gießen, der Wetterau, dem Vogelsberg, Kassel und dem Raum Frankfurt. Die Mehrheit der Boden-proben wurde durch das HLNUG zur Verfügung gestellt und ist Teil des umfangreichen Probenarchivs der hessischen Bodendauerbeobachtung. Finanziert wurde das Projekt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Ob und in welcher Weise die teils sehr hohen QAAV-Gehalte in hessischen Böden zu Resistenzen in Mikroorganismen und Pathogenen beitragen, ist noch nicht bekannt. Alle Ergebnisse sind im Fachmagazin „Science of the Total Environment“ publiziert und kön-nen unter https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.159228 eingesehen werden (dort auch eine Karte von Hessen mit alle beprobten Standorten und gemessenen Gehalten).

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Kontakt JLU Gießen:
Dr. Ines Mulder
Institut für Bodenkunde und Bodenerhaltung
E-Mail: Mulder.ines@umwelt.uni-giessen.de

Kontakt HLNUG:
Dr. Christian Heller
Dezernat G3, Boden und Altlasten
Vorsorgender Bodenschutz
E-Mail: christian.heller@hlnug.hessen.de

Originalpublikation:
Kai Jansen, Christian Mohr, Katrin Lügger, Christian Heller, Jan Siemens, Ines Mulder:
Widespread occurrence of quaternary alkylammonium disinfectants in soils of Hesse, Germany, Science of The Total Environment, Volume 857, Part 1, 2023
https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.159228

Weitere Informationen:
https://www.hlnug.de/themen/boden/erhebung/boden-dauerbeobachtung
https://www.hlnug.de/themen/boden

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Alzheimer: Therapie muss frühzeitig beginnen

Dr. Mareike Kardinal Pressestelle
Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH)
Eiweißablagerungen im Gehirn sind Ursache und Ansatzpunkt für Therapien – in späteren Stadien scheint sich jedoch die Krankheitsentwicklung von ihnen abzukoppeln, so Tübinger Forschende

Hauptursache für die Entstehung der Alzheimerkrankheit scheint die Ablagerung eines bestimmen Eiweißes, des Beta-Amyloid-Proteins, im Gehirn zu sein – so der aktuelle Stand der Alzheimerforschung. Die Bildung dieser sogenannten Plaques beginnt mindestens zwanzig Jahre vor den ersten Krankheitssymptomen. Bislang fand man bei Erkrankten jedoch nur einen schwachen Zusammenhang zwischen der Menge der Ablagerungen und den klinischen Symptomen. Grund dafür könnte sein, dass sich die Krankheit in fortschreitenden Stadien unabhängig von den Plaques weiterentwickelt. Das legt eine aktuelle Studie von Forschenden um Professor Dr. Mathias Jucker vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, der Universität Tübingen und dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) nahe. Eine Therapie müsse daher so frühzeitig wie möglich begonnen werden, so Jucker. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der renommierten Zeitschrift „Nature Communications“ erschienen.


„Es gibt überzeugende Beweise dafür, dass die Beta-Amyloid-Plaques die wichtigste Ursache der Alzheimererkrankung sind“, sagt Neurobiologe und Studienleiter Jucker. „Es existiert jedoch nur eine schwache Korrelation zwischen ihnen und den klinischen Symptomen.“ So sei die Verzögerung von zwanzig Jahren zwischen dem Entstehen der ersten Plaques und dem Auftreten der Krankheitssymptome sehr lang. Auch führe die Reduzierung schädigender Eiweißablagerungen im Gehirn von Probanden im Rahmen von klinischen Studien zu einer nur kleinen Verbesserung von deren Hirnleistungen. „All diese Befunde haben nahegelegt, dass die Alzheimer-Krankheitskaskade in späteren Stadien von den Proteinablagerungen unabhängig werden könnte.“

Das Tübinger Forschungsteam liefert nun erstmals experimentelle Belege für die Entkopplung der Ablagerungen von der nachgeschalteten Neurodegeneration. In ihrer Studie untersuchte es Mäuse, die als Alzheimermodell dienen. Bei ihnen lagern sich – wie bei Alzheimererkrankten – mit fortschreitendem Lebensalter Beta-Amyloid-Eiweiße im Gehirn ab.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler reduzierten nun bei den Mäusen in unterschiedlichen Altersstadien gezielt die Plaques. Dann maßen sie ein weiteres Protein im Hirnwasser der Mäuse, das sogenannte Neurofilament-Leichtketten-Protein (NfL). Das NfL-Protein ist im Hirnwasser von Alzheimererkrankten erhöht; es gilt als Anzeiger für den Abbau von Nervenzellen.

Das Ergebnis: „Wenn wir die Beta-Amyloid-Ablagerung in frühen Stadien reduzierten, stieg die Menge an NfL-Protein im Hirnwasser nicht mehr an. Wir konnten den Abbau der Nervenzellen stoppen“, so Christine Rother, Erstautorin der Studie. Ein anderes Bild ergab sich im höheren Lebensalter: „Wenn wir die Bildung der Beta-Amyloid-Plaques in späteren Stadien reduzierten, stieg der Pegel des NfL-Proteins im Hirnwasser unverändert an. Es starben also weiterhin Nervenzellen. Die Neurodegeneration hatte sich von den Ablagerungen entkoppelt“, ergänzt Ruth Uhlmann, Co-Erstautorin der Arbeit.

„Es scheint bei Alzheimer also zwei Phasen der Krankheitsentwicklung zu geben“, schlussfolgert Jucker. In der ersten Phase trieben die Beta-Amyloid-Plaques die Krankheit voran. Zu diesem Zeitpunkt seien Therapien, die den Ablagerungen entgegenwirken, höchst effektiv. In der zweiten Phase schreite hingegen die Neurodegeneration unabhängig von den Plaques fort. Gegen die Beta-Amyloid-Plaques gerichtete Therapien verfehlen nun weitgehend ihre Wirkung.

Doch wo liegt der Wendepunkt zwischen beiden Phasen? Um Antwort zu bekommen, analysierte das Forschungsteam die zeitliche Abfolge der Bildung der Beta-Amyloid-Plaques und dem Anstieg des NfL-Proteins im Hirnwasser von präsymptomatischen Probanden und Mäusen. Das Team stellte fest, dass beide Werte anfangs ähnlich anstiegen. „Zu einem bestimmten Zeitpunkt schoss die Menge des NfL-Proteins exponentiell in die Höhe“, berichtet Jucker. „Die Menge der Beta-Amyloid-Plaques stieg jedoch nicht in vergleichbarem Maße an.“

Diese Entkoppelung des Anstiegs des NfL-Proteins von der Bildung der Beta-Amyloid–Plaques sei zu einem Zeitpunkt geschehen, als sich rund die Hälfte der späteren Höchstmenge an Plaques gebildet hatte. „Das ist bei Patientinnen und Patienten etwa zehn Jahre nach den ersten Ablagerungen und zehn Jahre vor Auftreten der ersten Symptome der Fall“, so Jucker. „Der Zeitraum, in dem die gegen Beta-Amyloid-Plaques gerichtete Therapien am wirksamsten sind, scheint damit früher zu liegen als der, der in den bisherigen klinischen Studien angestrebt wurde. Künftige Alzheimertherapien, die gegen Beta-Amyloid-Plaques gerichtet sind, sollten daher unbedingt frühzeitiger ansetzen.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Mathias Jucker
Hertie-Institut für klinische Hirnforschung
Universität Tübingen
Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)

Telefon +49 7071 29-86863
mathias.jucker@uni-tuebingen.de

Originalpublikation:
Rother et al. (2022): Experimental evidence for temporal uncoupling of brain Aβ deposition and neurodegenerative sequelae. Nature Communications, 13, 7333 (2022)
https://doi.org/10.1038/s41467-022-34538-5

Weitere Informationen:
http://www.hih-tuebingen.de Hertie-Institut für klinische Hirnforschung
https://uni-tuebingen.de Eberhard Karls Universität Tübingen
https://www.dzne.de Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)

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Künstliche Intelligenz: Servicezentrum für sensible und kritische Infrastrukturen

Uwe Krengel Pressestelle
Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE
Die gestiegenen Ansprüche der Forschung im Bereich der Künstlichen Intelligenz, immer leistungsfähiger werdende Hardware und die steigende Verfügbarkeit von Daten und Algorithmen haben zu enormen Fortschritten im Rahmen der KI geführt. Um diesen Prozess für kritische Infrastrukturen, insbesondere in den Bereichen Energie und Medizin, weiter zu fokussieren und künftig als kompetenter Ansprechpartner zu fungieren, erforschen fünf Einrichtungen, wie ein KI-Servicezentrum aufgebaut werden kann. Das Verbundprojekt „KI-Servicezentrum für sensible und kritische Infrastrukturen“ unter Leitung der Universität Göttingen wird vom Bundesforschungsministerium für 3 Jahre mit 17 Millionen Euro gefördert.

Die Projektpartner sind die Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen (GWDG), die Universität Hannover, das aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH in Göttingen und das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik in Kassel. Das Ziel ist der Aufbau eines Servicezentrums für Künstliche Intelligenz, welches verschiedene nutzerzentrierte Serviceleistungen anbieten und unterstützende Forschung betreiben wird.

Die Forschungsschwerpunkte liegen auf den Fachgebieten Medizin und Energie, weil diese als kritische Infrastrukturen spezielle Anforderungen für einen sicheren Umgang mit sensiblen Daten haben. In dem Verbundprojekt sind zudem Pilotprojekte geplant, die zum Beispiel mit kleinen und mittleren Unternehmen sowie Start-ups durchgeführt werden, um die entwickelten Services zu erproben und zu validieren.

Das Verbundprojekt wird von Prof. Dr. Julian Kunkel vom Institut für Informatik der Universität Göttingen koordiniert. Er ist zugleich Stellvertretender Leiter der GWDG für den Bereich High-Performance Computing. „Ich freue mich sehr, dass wir mit KISSKI einen Beitrag leisten werden, die Herausforderungen in der KI zu bewältigen“, sagt er. „Ich bin davon überzeugt, dass das offene Serviceangebot des Projekts als Sprungbrett zu weiteren erfolgreichen Projekten für uns und unsere Partner führen wird.“

Das Fraunhofer IEE erarbeitet ein vielschichtiges Serviceangebot von der Nutzung moderner Recheninfrastruktur bis hin zur Entwicklung und Bereitstellung passender Modelle und Daten für den Einsatz in der Energiewirtschaft, was modern als „KI-as-a-Service“ für die Energiebranche bezeichnet werden könnte.

„Für uns steht die Nutzung von Methoden der KI im Bereich der erneuerbaren Energien und der zukünftigen Energiesysteme im Mittelpunkt“, sagt Dr. Jan Dobschinski, stellvertretender Leiter Energiewirtschaftliche Prozessintegration, zur Rolle des Fraunhofer IEE im Verbundprojekt. „Die Schwerpunkte im Bereich Energie liegen primär auf datengetriebenen Anwendungen zum Monitoring und der Optimierung des Betriebs von Energienetzen und daran angeschlossen Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen. Ergänzend dazu werden Verfahren zur intelligenten Teilhabe an Energiemärkten und Mechanismen zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen für den Betrieb des Stromnetzes auf Basis von KI-Methoden betrachtet. Mit Fokus auf diesen Anwendungen stehen skalierbare zeitkritische KI-Modelle, ein effizientes und sicheres Datenmanagement sowie Entwicklungen von KI-Services für die thematisch breit aufgestellte Energiewirtschaft im Fokus.“

Die Arbeiten im Verbundprojekt KISSKI verstetigen das seit 2020 am Institut aufgebaute Kompetenzzentrum Kognitive Energiesysteme (K-ES), welches sich mit kognitiven Methoden für die Energiesystemtechnik, die Energiewirtschaft sowie die Energienetze beschäftigt. „In den nächsten zehn Jahren soll sich daraus ein internationaler Schwerpunkt für Künstliche Intelligenz in Forschung und Anwendung entwickeln“, betont André Baier, Co-Leiter des Kompetenzzentrums.

Das Fraunhofer IEE bietet seit mehr als 20 Jahren KI-basierte Produkte und Dienstleistungen für Unternehmen der Energiewirtschaft an. Dr. Axel Braun, Leiter des Geschäftsfeldes Energiemeteorologische Informationssysteme, sieht im Vorhaben KISSKI ein enormes Potenzial, um gemeinsam mit Anwendern aus der Energiewirtschaft innovative KI-Produkte in die Energiewirtschaft zu bringen: „Die in KISSKI aufzubauenden Beratungs- und Entwicklungsangebote stellen einen optimalen Nährboden dar, um KI-Forschung und Anwendung in der Energiewirtschaft gezielt zu verzahnen. Das Interesse an KI-Services in der Energiewirtschaft ist bereits jetzt enorm“.

Hintergrund
Das Fraunhofer IEE in Kassel forscht in den beiden Forschungsschwerpunkten Energieinformatik sowie Energiemeteorologie und Geoinformationssysteme seit mehr als 20 Jahren zur Anwendung von KI-Verfahren in der Energiewirtschaft. Hervorzuheben sind hierbei Systeme zur Prognose der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, des Stromverbrauchs sowie der resultierenden Leistungsflüsse im Stromnetz, die mit den deutschen Stromübertragungsnetzbetreibern gemeinsam entwickelt wurden. Zudem leitet das Fraunhofer IEE seit 2020 das Kompetenzzentrum Kognitive Energiesysteme (K-ES), welches sich mit kognitiven Prozessen für die Energiesystemtechnik, die Energiewirtschaft sowie die Energienetze beschäftigt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Jan Dobschinski, Abteilungsleiter Energiemeteorologie und Geoinformationssysteme, stellvertretender Bereichsleiter Energiewirtschaftliche Prozessintegration
E-Mail: jan.dobschinski@iee.fraunhofer.de

Weitere Informationen:
https://www.iee.fraunhofer.de/de/presse-infothek/Presse-Medien/2022/ki_serviceze…

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Klimaarchive unter dem Vergrößerungsglas

Jana Nitsch Pressestelle
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen
MARUM-Studie in Nature: Neue Analysemethode zeigt abrupte Zunahme der Saisonalität während des letzten globalen Klimawandels

Wie verändert sich das Wetter als Folge der globalen Erwärmung? Klimaarchive liefern wertvolle Einblicke in vergangene Klimaveränderungen, also in die Prozesse, die unseren Planeten von einem Klimazustand in den nächsten beförderten. Für Menschen und Ökosysteme ist die Variabilität in Zeiträumen von Wochen bis Jahren – das Wetter – aber oftmals entscheidend. Mittels einer am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen neu entwickelten und erprobten Analysemethode wurden nun diese beiden Aspekte zusammengeführt und die Auswirkungen der letzten globalen Erwärmung auf saisonale Temperaturschwankungen beschrieben. Das Fachjournal Nature hat die Ergebnisse jetzt veröffentlicht.

In marinen Sedimenten sammeln sich fossile Überreste von Algen an, mittels derer vergangene Zustände des Ozeans rekonstruiert werden können. Von großer Bedeutung sind dabei molekulare Fossilien, so genannte Lipid-Biomarker: Zellbausteine von Algen, die einst den Ozean bevölkerten. Sterben diese Algen, sinken sie zum Ozeanboden und bewahren in ihren Lipiden Informationen über die durchlebten Bedingungen. Die Analyse solcher Klimaarchive hat seit Jahrzehnten fundamentale Informationen zum Verständnis vergangener Klimaveränderungen geliefert.

Werkzeug für verborgene Details
In ausgewählten Lokationen, zum Beispiel dem Cariacobecken vor der Küste Venezuelas, entstehen ganz besondere, laminierte Archive. „Das Besondere am Cariacobecken ist, dass die Ablagerungen seit tausenden Jahren schön ordentlich nach Jahreszeiten sortiert sind, jeweils eine dünne Lage für den Sommer und eine für den Winter. Es liegt dort also ein Archiv vor, mit ganz grundlegenden Informationen über vergangene, kurzfristige Klimaschwankungen in den Tropen, das aber bisher nicht gelesen werden konnte“, sagt Erstautor Dr. Lars Wörmer vom MARUM. Er und seine Kolleg:innen vergleichen das mit dem Kleingedruckten, für dessen Lektüre spezielle Lesehilfen notwendig sind. Solche eine Lesehilfe ist ein Laser, der gekoppelt mit einem Massenspektrometer die Verteilung von Lipid-Biomarkern in jeder dieser Millimeter breiten Lagen ermöglicht.
Prof. Kai-Uwe Hinrichs, in dessen Arbeitsgruppe die Methode entwickelt wurde, bezeichnet sie als „Werkzeug, um bisher verborgene Details in Klimaarchiven zu entschlüsseln“. In einem vom Europäischen Forschungsrat ERC geförderten Projekt haben Hinrichs und seine Kolleg:innen ein molekulares, bildgebendes Verfahren entwickelt, um Klima- und Umweltprozesse der jüngeren Erdgeschichte zeitlich hoch aufgelöst – das heißt nahezu in Monatsschritten – abzubilden. Mit anderen Analysemethoden werden verlässlich Intervalle von hunderten oder tausenden Jahren abgebildet – bei einer Erdgeschichte von über vier Milliarden Jahren gilt das bereits als sehr detailreich.

Globale Veränderungen wirken sich auf lokale Temperaturen aus
Im nun untersuchten Zeitintervall liegt die letzte erdgeschichtliche Periode mit drastischer – und nicht menschengemachter – Erwärmung. „Das ist die Parallele zu heute“, betont Lars Wörmer. „Die Erwärmung vor 11.700 Jahren hat die Menschheit ins Holozän gebracht, unserem aktuellen Zeitalter. Jede weitere Erwärmung bringt uns vom Holozän ins so genannte Anthropozän, das von einer durch den Menschen verursachten Klimaerwärmung und Umweltveränderung geprägt ist.“ Das Team um Kai-Uwe Hinrichs und Lars Wörmer konnte nun zeigen, dass sich während dieses Intervalls der Unterschied zwischen Sommer- und Wintertemperaturen im tropischen Ozean verdoppelt hat. Somit ist belegt, wie sich globale Klimaveränderungen auf lokale, saisonale Temperaturschwankungen auswirken.

Bereits im September ist eine MARUM-Studie in Nature Geosciences erschienen, die ebenfalls auf der neu etablierten Methode basiert. Hier wurden Daten erstellt, die die Meeresoberflächentemperatur mit einer Auflösung von einem bis vier Jahren zeigen. Dafür hat Erstautor Dr. Igor Obreht mit seinen Kolleg:innen einen Sedimentkern aus dem östlichen Mittelmeer untersucht, in dem die Temperatur aus dem letzten Interglazial (vor etwa 129.000 bis 116.000 Jahren) aufgezeichnet ist. Die Studie von Obreht und seinen Kolleg:innen nimmt also eine Zeit in den Fokus, die als letzte wärmer war als die heutige war.

Szenarien für eine solch wärmere Welt werden am MARUM innerhalb des hier angesiedelten Exzellenzclusters „Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ entwickelt. Das im Rahmen des oben genannten ERC-Projekts etablierte GeoBiomolecular Imaging Lab gehört inzwischen zur Infrastruktur für die Erforschung der Kernthemen im Exzellenzcluster.

Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im gesamten Erdsystem. Die Dynamik des Ozeans und des Meeresbodens prägen durch Wechselwirkungen von geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen maßgeblich das gesamte Erdsystem. Dadurch werden das Klima sowie der globale Kohlenstoffkreislauf beeinflusst und es entstehen einzigartige biologische Systeme. Das MARUM steht für grundlagenorientierte und ergebnisoffene Forschung in Verantwortung vor der Gesellschaft, zum Wohl der Meeresumwelt und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Es veröffentlicht seine qualitätsgeprüften, wissenschaftlichen Daten und macht diese frei zugänglich. Das MARUM informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse der Meeresumwelt, und stellt im Dialog mit der Gesellschaft Handlungswissen bereit. Kooperationen des MARUM mit Unternehmen und Industriepartnern erfolgen unter Wahrung seines Ziels zum Schutz der Meeresumwelt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Lars Wörmer
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Organische Geochemie
Telefon: 0421 218-65710
E-Mail: lwoermer@marum.de

Originalpublikation:
Lars Wörmer, Jenny Wendt, Brenna Boehman, Gerald Haug, Kai-Uwe Hinrichs: Deglacial increase of seasonal temperature variability in the tropical ocean. Nature 2022. DOI: 10.1038/s41586-022-05350-4

Weitere Informationen:
https://www.marum.de/Entdecken/Lipid-Biomarker.html

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Alters- und Lungenmediziner: Alle über 60-Jährigen und Risikogruppen sollten sich jetzt gegen Grippe impfen lassen

Torben Brinkema Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG)
Jetzt ist die beste Zeit für ältere Menschen, um sich gegen Grippe impfen zu lassen! Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) bestärken deshalb noch einmal die Empfehlung der Ständigen Impfkommission STIKO: Jeder Mensch über 60 Jahre sollte sich unbedingt neben einer vierten Corona-Impfung gegen das Influenza-Virus schützen. 90 Prozent der Grippe bedingten Todesfälle entfallen auf diese Altersgruppe.

„Bei Ungeimpften beobachten wir insbesondere im ersten Monat nach der Influenza-Infektion häufiger Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Als Spätfolge kann nach mehr als zehn Jahren ein Morbus Parkinson auftreten“, warnt Dr. Andreas Leischker, Vertreter der DGG-Arbeitsgruppe Impfen. „Bei einer Influenza-Infektion kann sich im Verlauf der Erkrankung zusätzlich eine durch Pneumokokken-Bakterien verursachte Pneumonie, also Lungenentzündung, entwickeln, die zu besonders schweren Verläufen führt. Dieses Risiko, welches insbesondere ältere Patientinnen und Patienten betrifft, gilt es zu verhindern“, ergänzt Professorin Hortense Slevogt, Immunologin und Vorstandsmitglied der DGP. Sie ruft dazu auf, dass sich alle Risikogruppen vorsorglich impfen lassen sollten.

Die Influenzaimpfung schütze nicht nur vor einer akuten Grippeerkrankung, sondern könne auch das Risiko für Herzinfarkte signifikant senken und die Gesamtsterblichkeit um 40 Prozent reduzieren, sagen die beiden Experten. Bei Patientinnen und Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) tritt zudem deutlich seltener eine Demenz auf, wenn sie jährlich gegen Influenza geimpft werden. Derzeit lassen sich in Deutschland aber nur rund 47 Prozent aller Menschen gegen Influenza impfen. Dabei besteht weiter das erhöhte Risiko einer Ansteckung: Laut Robert Koch-Institut (RKI) steigt die Zahl der Arztbesuche wegen Atemwegserkrankungen weiter an. In 69 Prozent der zuletzt vom RKI untersuchten Stichproben wurden respiratorische Viren identifiziert. Darunter überwiegend Influenzaviren, aber ebenso Respiratorische Synzytial-Viren (RSV), Rhinoviren, Parainfluenzaviren, humane saisonale Coronaviren, SARS-CoV-2-Viren und humane Metapneumoviren.

Ausreichender Schutz: Hochdosierter Impfstoff enthält viermal mehr Wirkstoff
„Neben der vierten Corona-Impfung sollten älteren Menschen für den wirksameren Schutz unbedingt den hochdosierten Influenzaimpfstoff verabreicht bekommen – er enthält viermal so viel Wirkstoff wie der konventionelle Influenzaimpfstoff, der eher für jüngere Menschen mit umfassender Immunabwehr ausreichend ist“, sagt Andreas Leischker, Lehrbeauftragter der Philipps-Universität Marburg. Er folgt damit auch dem Rat der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut. Die Kommission empfiehlt die Grippeimpfung grundsätzlich zudem für chronisch Kranke, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, Menschen mit einem erhöhten beruflichen Risiko wie bei medizinischem Personal und Menschen, die alte Angehörige oder Bekannte pflegen.

Grippewelle vorbeugen: So bald wie möglich impfen lassen
Vor der Corona-Pandemie begann die jährliche Grippewelle meist im Januar und dauerte drei bis vier Monate. „Durch die Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen ist die Grippewelle zwei Jahre lang praktisch ausgefallen. Die Menschen hatten dadurch längere Zeit keinen Kontakt zu Influenza-Viren, eine Herdenimmunität besteht nicht mehr. Die Verbreitung verläuft in diesem Jahr früher, schneller und heftiger als in den Vorjahren“, sagt Hortense Slevogt, Oberärztin an der Medizinischen Hochschule Hannover. Seit Anfang Oktober haben sich die wöchentlichen Neuansteckungen mit Influenza mehr als verdoppelt. Das RKI hat deshalb rückwirkend den Start der Grippewelle für die vorletzte Oktoberwoche datiert. „Wir empfehlen daher dringend allen Über-60-Jährigen, sich so bald wie möglich impfen zu lassen. Dies schützt nicht nur vor der stark grassierenden Influenza, sondern beugt auch bakteriellen Lungenentzündungen vor, von denen sich gerade ältere Menschen in der Regel nur sehr langsam erholen können. Es ist genügend Impfstoff da“, sagt Hortense Slevogt.

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FLEXITILITY: Wasserinfrastruktur klimaresilient gestalten

Helke Wendt-Schwarzburg Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
inter 3 Institut für Ressourcenmanagement
Trockenheit, Hitze, Starkregen: Die Auswirkungen des Klimawandels erfordern den Umbau der Wasser- und Abwasserinfrastruktur hin zu klimaresilienten Systemen. Neben der kostenintensiven Anpassung der gebauten Infrastruktur stellt die Flexibilisierung des Infrastruktur- und Ressourceneinsatzes eine mögliche Strategie dar. Um erfolgversprechende Maßnahmen wie die Wasserwiederverwendung und Zwischenspeicher für Trinkwasser zu erproben, ist im Oktober die Umsetzungsphase des BMBF-Forschungsprojekts „FLEXITILITY“ gestartet. Die Pilotversuche in Brandenburg werden unter Leitung von inter 3 gemeinsam mit Praxis- und Wissenschaftspartnern durchgeführt.

Nach der erfolgreich abgeschlossenen F+E-Phase von FLEXITILITY werden nun im Versorgungsgebiet des Herzberger Wasser- und Abwasser-Zweckverbands (HWAZ) in Südbrandenburg Möglichkeiten der Wasserwiederverwendung zur landwirtschaftlichen Bewässerung und der dezentralen Trinkwasser-Zwischenspeicherung ausprobiert.

„Zum Ende des Projekts in 2024 wollen wir Kommunen und Versorgungsbetrieben konkrete Empfehlungen an die Hand geben, wie sie auf diese Weise ihre Infrastrukturen flexibilisieren können,“ beschreibt Dr. Shahrooz Mohajeri, Projektleiter bei inter 3, die Aufgabe. Übergeordnetes Ziel ist es, einen Beitrag zur klimaresilienten Gestaltung der Daseinsvorsorge zu leisten.

Betriebskonzepte für Wasserwiederverwendung und Trinkwasser-Zwischenspeicher
Für die Erprobung der Wasserwiederverwendung wird das gereinigte Wasser der Kläranlage Uebigau entsprechend EU-Verordnung 2020/741 desinfiziert und zur Bewässerung von Tierfutter- und Energiepflanzen verwendet. Eine landwirtschaftliche Fläche von insgesamt 12 Hektar wird teils voll, teils defizitär und teils gar nicht bewässert. Zur Einschätzung von Risiken für Menschen, Tiere und Umwelt werden alle relevanten Parameter im Bewässerungswasser, im Boden, auf den Pflanzen, im Grundwasser sowie auf dem bewässerten Grünland gemessen und analysiert. Dazu wird in enger Zusammenarbeit mit den relevanten Interessengruppen ein Risikomanagementplan aufgestellt.

Mit dem Ziel, Lastspitzen im Trinkwassernetz abzufedern, werden ausgewählte Kunden mit Zwischenspeichern für Trinkwasser ausgestattet. Der im Tagesgang schwankende Trinkwasserbedarf in den angeschlossenen Gebäuden wird aus den Speichern gedeckt, diese jedoch nur mit einem geringen, dafür kontinuierlichen Volumenstrom befüllt. In Testreihen werden betriebliche Anforderungen, Kosten und Nutzen ermittelt. Die hygienische und die technische Sicherheit des Speicherbetriebs werden durch ein intensives begleitendes Monitoring gewährleistet. Zudem wird die Wirksamkeit der Speicher im Kontext von Extremwetter-Folgen für den Betrieb des gesamten Trinkwassernetzes hochskaliert und modelliert.

Weiterhin startet ein in der F+E-Phase entwickeltes Modell zur Bewertung kommunaler Klimaresilienz in die praktische Anwendung.

Das Forschungsprojekt „FLEXITILITY“: praxisnah und regional verankert
Das Projekt startete 2017 mit einer Definitionsphase in der Region Anhalt und Südbrandenburg, in der Flexibilisierungsansätze und deren Potenzial auf Produzenten- und Kundenseite identifiziert wurden. In der anschließenden F+E-Phase wurden erfolgversprechende Lösungen in verschiedenen Reallaboren und Modellierungen praktisch untersucht. Neben technischen Optionen wurde vor allem auch erforscht, wie ein flexiblerer Verbrauch auf Kundenseite vonstattengehen könnte.

Das Forschungsprojekt „FLEXITILITY: Flexible Utility – Mit sozio-technischer Flexibilisierung zu mehr Klimaresilienz und Effizienz in der städtischen Infrastruktur“ wird bis September 2024 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Leitinitiative Zukunftsstadt gefördert. Weitere Partner im Forschungsverbund der Umsetzungsphase sind neben inter 3 die Brandenburgisch-Technische Universität Cottbus-Senftenberg, das DVGW-Technologiezentrum Wasser (TZW), das Umweltbundesamt, die Stadt Herzberg (Elster), der Herzberger Wasser- und Abwasserzweckverband (HWAZ) sowie die Agrargenossenschaft Gräfendorf eG.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Shahrooz Mohajeri
inter 3 Institut für Ressourcenmanagement
+49(0)30 34 34 74 40
mohajeri@inter3.de

Weitere Informationen:
http://www.inter3.de/forschungsfelder/projekte/details/flexible-utilities-umsetz… Projektbeschreibung auf der Webseite von inter 3
http://www.flexitility.de Webseite des Projekts

Anhang
inter 3-PM_FLEXITILIY_Start der Umsetzungsphase

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Grundwasserspeicher vielversprechend für Wärme- und Kälteversorgung

Monika Landgraf Strategische Entwicklung und Kommunikation – Gesamtkommunikation
Karlsruher Institut für Technologie
Thermische Aquiferspeicher können wesentlich zum klimafreundlichen Heizen und Kühlen von Gebäuden beitragen: Erwärmtes Wasser wird unter der Erde gespeichert und bei Bedarf heraufgepumpt. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun ermittelt, dass Deutschland ein beträchtliches Potenzial für Niedertemperatur-Aquiferspeicher aufweist und dieses Potenzial aufgrund des Klimawandels in Zukunft voraussichtlich wachsen wird. Zu der Studie gehört die bis jetzt detaillierteste Karte der Aquiferspeichermöglichkeiten in Deutschland. Über ihre Ergebnisse berichten die Forschenden in der Zeitschrift Geothermal Energy. (DOI: 10.1186/s40517-022-00234-2)

Thermische Aquiferspeicher können wesentlich zum klimafreundlichen Heizen und Kühlen von Gebäuden beitragen: Erwärmtes Wasser wird unter der Erde gespeichert und bei Bedarf heraufgepumpt. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun ermittelt, dass Deutschland ein beträchtliches Potenzial für Niedertemperatur-Aquiferspeicher aufweist und dieses Potenzial aufgrund des Klimawandels in Zukunft voraussichtlich wachsen wird. Zu der Studie gehört die bis jetzt detaillierteste Karte der Aquiferspeichermöglichkeiten in Deutschland. Über ihre Ergebnisse berichten die Forschenden in der Zeitschrift Geothermal Energy. (DOI: 10.1186/s40517-022-00234-2)

Mehr als 30 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland entfallen derzeit auf das Heizen und Kühlen von Gebäuden. Die Dekarbonisierung dieses Sektors kann daher einiges an Treibhausgasemissionen einsparen und wesentlich zum Klimaschutz beitragen. Zur saisonalen Speicherung und flexiblen Nutzung von Wärme und Kälte eignen sich Aquiferspeicher, also wasserführende Schichten im Untergrund. Wasser besitzt eine hohe Fähigkeit, thermische Energie zu speichern, und das umgebende Gestein wirkt isolierend. Aquiferspeicher werden durch Bohrungen erschlossen, um beispielsweise Wärme aus Solarthermieanlagen oder Abwärme aus Industrieanlagen unter der Erde zu speichern und bei Bedarf heraufzupumpen. Sie lassen sich ideal mit Wärmenetzen und Wärmepumpen kombinieren. Als besonders effizient haben sich oberflächennahe Niedertemperatur-Aquiferspeicher (engl. Low-Temperature Aquifer Thermal Energy Storage – LT-ATES) erwiesen: Da die Temperatur des Wassers nicht viel höher ist als die der Umgebung, geht während der Speicherung wenig Wärme verloren.

Mehr als die Hälfte der Fläche in Deutschland ist sehr gut oder gut geeignet
Welche Regionen in Deutschland sich für Niedertemperatur-Aquiferspeicher eignen haben Forschende am Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) und in der Nachwuchsgruppe Nachhaltige Geoenergie des KIT untersucht. „Zu den Kriterien für einen effizienten LT-ATES-Betrieb gehören geeignete hydrogeologische Gegebenheiten wie die Produktivität der Grundwasserressourcen und die Grundwasserströmungsgeschwindigkeit“, erklärt Ruben Stemmle, Mitglied der Forschungsgruppe Ingenieurgeologie am AGW und Erstautor der Studie. „Wichtig ist auch ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Heiz- und Kühlenergiebedarf. Dieses lässt sich annäherungsweise über das Verhältnis von Heiz- und Kühlgradtagen ermitteln.“


Die Forschenden haben die hydrogeologischen und klimatischen Kriterien in einer räumlichen Analyse kombiniert. Dabei zeigte sich, dass 54 Prozent der Fläche in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten bis 2050 sehr gut oder gut für LT-ATES geeignet sind. Die Potenziale konzentrieren sich im Wesentlichen auf das Norddeutsche Becken, den Oberrheingraben und das Süddeutsche Molassebecken. Visualisiert sind sie detailliert auf einer Karte, welche die Forschenden mit einem Geoinformationssystem (GIS) anhand einer multikriteriellen Entscheidungsanalyse erstellt haben.

Klimawandel wird Potenzial für Aquiferspeicher vergrößern
Wie die Studie weiter ergeben hat, werden die für LT-ATES sehr gut oder gut geeigneten Flächen für den Zeitraum 2071 bis 2100 voraussichtlich um 13 Prozent wachsen. Dies ist vor allem durch einen relativ starken Zuwachs bei den sehr gut geeigneten Flächen bedingt und zurückzuführen auf einen steigenden Kühlbedarf, also auf den Klimawandel. In Wasserschutzgebieten sind Aquiferspeicher nur eingeschränkt und in Einzelfällen zulässig. Dadurch fallen elf Prozent der technisch sehr gut oder gut geeigneten Flächen weg. „Alles in allem zeigt unsere Studie jedoch, dass Deutschland ein großes Potenzial für die saisonale Wärme- und Kältespeicherung in Aquiferen besitzt“, sagt Stemmle. (or)

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Martin Heidelberger, Pressereferent, Tel.: +49 721 608-41169, E-Mail: martin.heidelberger@kit.edu

Originalpublikation:
Ruben Stemmle, Vanessa Hammer, Philipp Blum and Kathrin Menberg: Potential of low temperature aquifer thermal energy storage (LT ATES) in Germany. Geothermal Energy, 2022. DOI: 10.1186/s40517-022-00234-2

https://geothermal-energy-journal.springeropen.com/articles/10.1186/s40517-022-0…

Weitere Informationen:
http://Details zum KIT-Zentrum Energie: https://www.energie.kit.edu/

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Eine Wirtschaft ohne Umweltverschmutzungen – Neues Partnerprojekt der TUM und des Imperial College London

Ulrich Meyer Corporate Communications Center
Technische Universität München
Die Technische Universität München (TUM) und das Imperial College London (Imperial) und wollen gemeinsam an einer neuen Wirtschaftsweise ohne Umweltverschmutzung arbeiten. Das Imperial – TUM Zero Pollution Network wird dafür Wissenschaftler:innen, Industrie, Regierungen und andere Partner an einen Tisch bringen. Ziel ist es, Umweltverschmutzung bereits an der Quelle einzudämmen. So wird beispielsweise der Lebenszyklus von Technologien und Produkten berücksichtigt: von der Beschaffung der Rohstoffe über ihre Weiterverarbeitung in der Industrie und ihre Nutzung in der Gesellschaft bis hin zur Entsorgung und Wiederverwendung.

Im Rahmen des Projekts werden Lehrende und Studierende von zwei der besten Universitäten der Welt kollaborative Forschungs- und Bildungsprogrammen entwickeln und gemeinsam in den Laboren der jeweils anderen Partneruniversitäten arbeiten. Die Forschungsschwerpunkte liegen zunächst auf Elektrochemie und Energiespeichertechnologien, nachhaltiger Fertigung und auf der nachhaltigen Mobilität der Zukunft, wobei in den nächsten zwei Jahren weitere Themen entwickelt werden. Das Imperial College und die TUM werden auch zusammenarbeiten, um studentische Gründer:innen bei der Entwicklung ihrer Unternehmen zu unterstützen.

Gemeinsame Forschung an riesigen Herausforderungen
Der Präsident des Imperial College, Hugh Brady sagte: „Unsere Welt ist durch die globale Umweltverschmutzung ernsthaft in Gefahr. Sie zerstört unser Klima und unsere Umwelt und beeinträchtigt jedes Jahr die Gesundheit von Millionen von Menschen. Wir müssen dringend neue Technologien und Lösungen finden und grundlegende Veränderungen der Art und Weise anregen, wie Gesellschaft und Industrie produzieren und konsumieren. Dieses neue Netzwerk wird einige der führenden Köpfe in Wissenschaft, Industrie, Regierung und Gesellschaft zusammenbringen, um innovative Ideen und Technologien zu entwickeln. Die Technische Universität München ist eine der besten Universitäten der Welt und einer der engsten Kooperationspartner des Imperial, und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit ihr bei dieser großen Herausforderung.“

Präsident der TUM, Thomas F. Hofmann, betonte: „Das Ausmaß und der Zeitrahmen des Klimawandels fordern uns heraus. Wir können mehr tun, und wir werden mehr tun, indem wir unsere TUM Sustainable Futures Strategy 2030 in die Praxis umsetzen und in engen internationalen Partnerschaften auf umweltfreundlichere Lösungen hinarbeiten. Unsere Flaggschiff-Partnerschaft mit dem Imperial College London wird einen großen Beitrag dazu leisten, die gewaltigen globalen Herausforderungen der Klimakrise zu bewältigen. Studierende und Wissenschaftler:innen des Imperial und der TUM sind aufgerufen, gemeinsam nachhaltige Ansätze für eine Kreislaufwirtschaft und Lösungen ohne Umweltverschmutzung zu entwickeln, um sicherzustellen, dass die Welt auch in Zukunft lebenswert bleibt. Und ich bin überzeugt, dass wir zusammen viel bewirken können.”

Die Vize-Kanzlerin für Research and Enterprise des Imperial College, Prof. Mary Ryan, sagte: „Der Umfang der Herausforderung ist enorm. Die vom Menschen verursachte Umweltverschmutzung ist überall sichtbar, von der Luftverschmutzung in unseren Städten bis hin zu Plastik in den tiefsten Bereichen unserer Ozeane. Wir müssen jetzt damit beginnen, uns mit der Umweltverschmutzung in all ihren Formen zu befassen, einschließlich Kohlendioxid. Wir brauchen einen transdisziplinären Ansatz. Wissenschaftler:innen, Ingenieur:innen, Mediziner:innen und Wirtschaftswissenschaftler:innen müssen zusammenarbeiten, um innovative Technologien und Strategien für einen schnellen Übergang zu sauberen Technologien zu entwickeln.“

Lange Partnerschaft zwischen Imperial und TUM
TUM und Imperial arbeiten schon seit Jahrzehnten eng zusammen. Im Jahr 2018 haben wurde sogar eine strategische Flagship-Partnerschaft in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation geschlossen. In den letzten fünf Jahren haben Wissenschaftler:innen der beiden Universitäten gemeinsam 654 Forschungspublikationen verfasst, was einer Steigerung von 90 % entspricht. Die beiden Universitäten betreiben 63 Verbundprojekte und 14 PhD-Projekte. Die Zusammenarbeit umfasst die Forschung in den Bereichen Windturbinen, Solarenergie und industriellen Prozessen für saubere Energie.

Das Imperial College London gehört zu den zehn besten Universitäten der Welt und genießt einen erstklassigen Ruf. Die 22.000 Studierenden und 8.000 Mitarbeiter:innen widmen sich der Bewältigung der größten Herausforderungen in Wissenschaft, Medizin, Technik und Wirtschaft. Im Research Excellence Framework (REF) 2021 wurde bestätigt, dass das Imperial College einen größeren Anteil an weltweit führender Forschung vorweisen kann als jede andere britische Universität. Außerdem wurde es im „The Times and The Sunday Times Good University Guide“ zur Universität des Jahres 2022 und im „Good University Guide“ zur Universität des Jahres 2022 in Bezug auf die Zufriedenheit der Studierenden gekürt sowie mit dem Queen’s Anniversary Prize für seine Corona-Initiative ausgezeichnet. https://www.imperial.ac.uk/

Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 600 Professorinnen und Professoren, 50.000 Studierenden sowie 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit dem Campus TUM Asia in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings wird sie regelmäßig als beste Universität Deutschlands bewertet.

Bilder:
http://go.tum.de/039753 (Der neue Präsident des Imperial College London, Prof. Hugh Brady (li.), und TUM-Präsident Prof. Thomas F. Hofmann beim Start des Imperial – TUM Zero Pollution Network am Campus Garching.)

https://mediatum.ub.tum.de/image/1692357.jpg (Die Delegation des Imperial College London besichtigt die MakerSpace-Hightech-Werkstätten am Campus Garching. v.l.: TUM-Vizepräsidentin Prof. Juliane Winkelmann, Imperial-Vizekanzlerin Prof. Mary Ryan, Imperial-Präsident Prof. Hugh Brady, TUM-Präsident Prof. Thomas F. Hofmann, Imperial-Vizepräsidentin Prof. Maggie Dallman, TUM-Vizepräsident Prof. Helmut Schönenberger)

Weitere Informationen:
Flagship-Partnerschaft von TUM und Imperial: https://www.international.tum.de/global/icl/
Imperial College London: https://www.imperial.ac.uk/
Strategische Partnerschaften & Allianzen der TUM: https://www.international.tum.de/global/globales-profil/strategische-partner-all…
TUM Nachhaltigkeitsstrategie: https://www.tum.de/ueber-die-tum/ziele-und-werte/nachhaltigkeit

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TU Berlin: Grauwasserrecycling für den Wohnungsbau nutzen

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

Täglich werden pro Person 30 bis 40 Liter Wasser, also des wichtigsten Lebensmittels, für die WC-Spülung verschwendet. Durch dezentrale Sammlung und Aufbereitung leicht verschmutzten Grauwassers und Wärmerückgewinnung profitierten die Umwelt und auch die Mieter*innen durch niedrigere Betriebskosten. Mit diesem Thema beschäftigt sich die Veranstaltung und Exkursionen „Den Klimawandel abmildern – aber wie? Die Potenziale des Grauwasserrecyclings im Wohnungsbau nutzen“

Mit der Veranstaltung sollen die Berliner Akteur*innen aus Baupraxis, Planung, Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Verbänden und Initiativen über die Potenziale des Grauwasserrecyclings und Umsetzungsstrategien für den Wohnungsbau ins Gespräch gebracht werden. Wie ist der Stand der Technik? Was ist der ökologische und ökonomische Nutzen? Welche Umsetzungshemmnisse bestehen und wie können sie überwunden werden? Wie kann Grauwassernutzung zum Standard im Wohnungsbau werden? Diese Fragen sind zentrale Themen der Veranstaltung, die von der Kooperations- und Beratungsstelle für Umweltfragen Wissenschaftsladen kubus der TU Berlin und dem Fachgebiet Natural Building Lab der TU Berlin, der Architektenkammer Berlin und fbr – Bundesverband für Betriebs- und Regenwasser e.V. durchgeführt und von Fridays for Future der TU Berlin unterstützt wird.

Die Klimaschutzziele des Landes Berlin, Marina Ozic-Basic, Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, Referat Klimaschutz und Klimaanpassung

Warum wir jetzt gemeinsam über Grauwasserrecycling reden müssen. Gisela Prystav, TU Berlin, Kooperations- und Beratungsstelle für Umweltfragen (ZEWK / kubus)

Grauwasserrecycling im Wohnungsbau – Ressourcen-, Energieeffizienz, Kosten und Betriebserfahrungen, Erwin Nolde, Fa. innovative Wasserkonzepte / fbr – Bundesverband für Betriebs- und Regenwasser e.V.

Zukunft – Ökologisch – Bauen, Prof. Eike Roswag-Klinge, TU Berlin, Leiter des Fachgebiets Natural Building Lab
11.40–13:00 Uhr: Fishbowl-Diskussion mit Impulsen

Die Anforderungen von Architekt*innen, der Wohnungswirtschaft, die Sicht von Mieter*innen, Umwelt- und Klimaaktiven, Politik und anderen Akteur*innen

Weitere Informationen unter: https://events.tu-berlin.de/de/events/018419f3-ac2d-7e92-af8d-7b44b6758492

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Gisela Prystav
TU Berlin
Kooperations- und Beratungsstelle für Umweltfragen (kubus), der Wissenschaftsladen der TU Berlin
Tel.: 030/314-24617 (Rufweiterleitung) / -21580 (Sekr.)
E-Mail: gisela.prystav@tu-berlin.de

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Erschöpft durch Online-Besprechungen? Studie erforscht das Phänomen „Videokonferenz-Müdigkeit“

Daniela Stang Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm
Im Zuge der Corona-Pandemie haben es viele von uns kennengelernt: Online-Meetings oder Web-Konferenzen, um sich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. In einer Studie haben Psychologinnen und Psychologen der Universität Ulm das neue Phänomen „Videokonferenz-Müdigkeit“ untersucht. Die Erkenntnis: Vor allem bei Personen mit Tendenzen zu emotionaler Instabilität und negativen Emotionen könnte eine Vielzahl an Videokonferenzen das Risiko für Burnout- und Depressionssymptome erhöhen.

Psychologinnen und Psychologen der Universität Ulm haben das neue Phänomen „Videokonferenz-Müdigkeit“ untersucht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gingen dabei der Frage nach, wie Videokonferenz-Müdigkeit – abhängig von den Persönlichkeitsmerkmalen – mit Symptomen von Burnout und Depression zusammenhängt. Die Erkenntnis: Vor allem bei Personen mit Tendenzen zu emotionaler Instabilität und negativen Emotionen könnte eine Vielzahl an Videokonferenzen das Risiko für Burnout- und Depressionssymptome erhöhen. Erschienen ist die Studie im „Journal of Affective Disorders Reports“.

Stundenlange Online-Meetings am Küchentisch oder Web-Konferenzen im Arbeitszimmer. Im Zuge der Corona-Pandemie, den damit einhergehenden „Lockdowns“ und dem Muss zur sozialen Distanz hat die elektronische Kommunikation via Bildschirm stark zugenommen. Videokonferenzen mit Programmen wie Zoom oder Microsoft Teams sind seitdem ein beliebtes Werkzeug, um im Homeoffice Arbeits-Meetings durchzuführen und sich mit Kolleginnen und Kollegen zu besprechen. Doch das stundenlange Sitzen vor dem Bildschirm, technische Probleme oder die ständige Konfrontation mit dem eigenen Bild können die Teilnehmenden ermüden. Zudem fehlt vielen dabei echte soziale Interaktion. Betroffene berichteten vom Phänomen „Videokonferenz-Müdigkeit“.

„Die neuartige Erscheinung der Videokonferenz-Müdigkeit ist noch unzureichend charakterisiert. Sie kann sich in unterschiedlichen Ausprägungen äußern, die emotionale, soziale, motivationale und visuelle Aspekte haben können“, so Professor Christian Montag, Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie an der Universität Ulm und Erstautor der Studie. Zusammen mit Professor Rene Riedl von der Fachhochschule Oberösterreich in Steyr und der Universität Linz (beide Österreich) haben Professor Montag und seine Kollegin Dr. Cornelia Sindermann Online-Fragebögen von über 300 Befragten ausgewertet. Speziell das Persönlichkeitsmerkmal „Neurotizismus“ wurde dabei als potenziell begünstigender Faktor für Videokonferenz-Müdigkeit berücksichtigt. „Weiterhin konnten wir Hinweise darauf finden, dass der Zusammenhang zwischen neurotischeren Personen und Burnout- als auch zu Depressions-Tendenzen zum Teil über die Videokonferenz-Müdigkeit erklärt werden könnte“, erläutert Psychologie-Professor Christian Montag.

In der Auswertung kommen die Psychologinnen und Psychologen zu dem Schluss, dass kürzere Videokonferenzen sowie längere Pausen dazwischen ein Schlüssel sein könnten, um das Phänomen einer Videokonferenz-Müdigkeit zu vermeiden. Dies ergaben statistische Analysen von Informationen über die persönlich erlebte Videokonferenz-Müdigkeit sowie zur Länge der Meetings und der Pausen.
Die Forschenden konnten außerdem zeigen, dass jüngere Menschen und Frauen eher durch Videokonferenzen ermüdet werden. Damit bestätigen die Ergebnisse frühere Arbeiten. In Zukunft sind jedoch weitere Studien erforderlich, um das Phänomen der Videokonferenz-Müdigkeit weiterzuerforschen.

Wer mehr über sein eigenes Verhalten und seine Tendenz zur Videokonferenz-Müdigkeit erfahren will, kann weiterhin auf einer Selbsttestplattform https://videokonferenz-muede.jimdosite.com/ anonym an der Studie der Abteilung Molekulare Psychologie der Uni Ulm teilnehmen. Die Angaben im Fragebogen unterstützen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei ihrer Forschung.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Christian Montag, Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie, Tel: 0731/50-32759, christian.montag@uni-ulm.de

Originalpublikation:
Montag, C., Rozgonjuk, D., Riedl, R., & Sindermann, C. (2022). On the associations between videoconference fatigue, burnout and depression including personality associations. Journal of affective disorders reports, 100409
https://doi.org/10.1016/j.jadr.2022.100409

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TU Berlin: Entwicklung einer innovativen und kostensparenden Abwasser-Klärtechnik für die MENA-Region

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin
Sauberes Wasser mit weniger Energie
Innovative und kostensparende Abwasser-Klärtechnik als Beitrag zur internationalen Energieproblematik

Klimawandel, Wasserknappheit und steigende Energiepreise sind weltweit eine große Herausforderung. Insbesondere bei der Reinigung von Wasser und Abwasser ist der Energiebedarf im Wassersektor sehr hoch. Ein neues Verbundvorhaben, „ANAJO“, entwickelt eine besonders energieeffiziente Klärtechnik, die auf einer Abwasservorbehandlung ohne Sauerstoff basiert. Diese soll zunächst in der MENA-Region (Mittlerer Osten/Nordafrika) in Jordanien implementiert und etabliert werden. Das Projekt wird vom Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft der TU Berlin koordiniert und gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie umgesetzt. Es wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMVU) im Rahmen des Förderprogramms „Exportinitiative Umweltschutz“ gefördert.

Der Energiebedarf für Wasser und Abwasser in Jordanien entspricht etwa 16 Prozent des gesamten Energiebedarfs aller Sektoren. Rund 33 der jordanischen Kläranlagen werden mit dem sogenannten Belebtschlamm-Verfahren betrieben, ein Verfahren zur biologischen Reinigung, das zu 50 bis 70 Prozent für den besonders hohen Energieverbrauch verantwortlich ist. Durch die Integration einer anaeroben Behandlungseinheit in die bestehenden Abwasserkläranlagen, also einer Technologie, mit der Abbauprozesse ohne Vorhandensein von Sauerstoff ablaufen, kann das Potenzial zur Energieeinsparung bis zu 50 Prozent betragen. Hier setzt das Projekt ANAJO „Kläranlagen in der MENA-Region: Anaerobvorbehandlung zur Steigerung der Energieeffizienz und Leistungsfähigkeit“ an. Konkret könnte die innovative, klimafreundliche Anaerob-Technologie eine Energieeinsparung von rund 1,5 bis 2,0 Millionen Kilowattstunden jährlich erreichen. Mit der Integration der Anaerob-Technik wird auch die Schlammentsorgung potenziell ökonomischer, ökologischer und nachhaltiger, Betriebskosten werden reduziert.

Die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen im Blick
Insgesamt zielt das Projekt „ANAJO“ darauf, den Energiebedarf der kommunalen Abwasserkläranlagen in Jordanien zu reduzieren und Potenziale aufzeigen, wie aus mit einem vorgeschalteten anaeroben Behandlungsverfahren aus Abwasser und Klärschlamm Energie gewonnen werden kann. Darüber hinaus wird aus der anaeroben Behandlungsstufe Biogas gewonnen, aus dem wiederum Energie erzeugt werden kann. Das gesamte Projekt bezieht sich auf drei der 17 Nachhaltigkeitsziele, der Sustainable Development Goals (SGD) 6.3 und 7.a sowie 6.a der Agenda 2030 der Vereinten Nationen.

Installation einer Pilotanlage und Tests in Kläranlagen in Jordanien
Das Projekt hat folgende Ziele:

• Senkung des Energieverbrauchs verbunden mit einer Senkung der Betriebskosten kommunaler Kläranlagen
• Energieerzeugung durch Nutzung des entstehenden Biogases
• Reduzierung der Gesamtmenge des Überschussschlamms
• Verringerung der Treibhausgasemissionen

Zur Demonstration des Potenzials einer anaeroben Vorbehandlung in die bestehenden Systeme mit hohem Sauerstoff- und Energieverbrauch in Jordanien installiert die TU Berlin gemeinsam mit ihren Projekt- und Kooperationspartnern eine anaerob-aerobe Pilotanlage und testet diese in zwei verschiedenen Kläranlagen.

Internationale Verbundpartner aus Wissenschaft und Industrie
Verbundpartner sind die Ingenieurgesellschaft p2m berlin GmbH, die TIA Technologien zur Industrie-Abwasser-Behandlung GmbH sowie in Kooperation in Jordanien das Ministerium für Wasser und Bewässerung des Haschemitischen Königreichs Jordanien, die jordanische Wasserbehörde sowie die Universität von Jordanien in Amman und die Balqa‘ Applied University in As-Salt.

Das Förderprogramm „Exportinitiative Umweltschutz“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz finden Sie hier:
www.exportinitiative-umweltschutz.de

Weitere Informationen erteilen Ihnen gern:
Prof. Dr. Matthias Barjenbruch
TU Berlin
Fakultät VI Planen Bauen Umwelt
Institut für Bauingenieurwesen, Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft
Tel.: +49 / (0) 30 / 314 72246
E-Mail: matthias.barjenbruch@tu-berlin.de

Iyad Al-Zreiqat M.Sc.
TU Berlin
Fakultät VI Planen Bauen Umwelt
Institut für Bauingenieurwesen, Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft
Tel. +49 30 314 72251
E-Mail: i.al-zreiqat@tu-berlin.de

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Natürliche CO2-Reduktion schneller umsetzbar und weniger risikoreich als Hightech-Ansätze

Katja Hinske Kommunikation
Helmholtz-Klima-Initiative
Kohlendioxid lässt sich auf natürliche oder technische Wege aus der Atmosphäre entziehen. Natürliche Senken wie Moore können wiederhergestellt werden, und es existieren bereits innovative Technologien, um Kohlenstoff aus der Luft zu holen. Forscher:innen des Clusters „Netto-Null-2050“ der Helmholtz-Klima-Initiative haben die vielversprechendsten Ansätze in Deutschland identifiziert. Sie zeigen, dass natürliche Senken kurzfristig erweitert werden können, während Hightech-Ansätze Treibhausgase erst mittelfristig reduzieren könnten und potentielle Risiken bergen.

Um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen und die globale Erwärmung auf 1,5 bis 2 Grad Celsius zu begrenzen, wird es voraussichtlich nicht reichen, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Darüber hinaus wird es wahrscheinlich notwendig, der Atmosphäre bereits emittiertes Kohlendioxid wieder zu entnehmen. Eine solche CO2-Abscheidung ließe sich auf natürlichem Wege durch die Erweiterung natürlicher Senken (ENS) wie beispielsweise die Wiederaufforstung von Wäldern erreichen. Auch neue Technologien, die chemische Prozesse zur Kohlenstoffabscheidung nutzen, ließen sich nutzen. Das Potenzial und die Durchführbarkeit dieser so genannten Kohlendioxid-Entnahmemaßnahmen (CDR) sind jedoch von vielen Variablen abhängig. Dazu gehören unter anderem die Verfügbarkeit von Infrastrukturen und Ressourcen wie Land und Energie.

Erweiterung natürlicher Kohlenstoffspeicher schneller umsetzbar als Hightech-Ansätze
Forscher:innen der Helmholtz-Klima-Initiative haben nun erstmals untersucht, wie viel CO2 mittels der verschiedenen Verfahren in Deutschland bis zum Jahr 2050 aus der Atmosphäre entnommen werden könnte.

Auf der Grundlage einer Literaturrecherche, von Expert:innenwissen und einer Analyse der Bedingungen im Land wie zum Beispiel der Verfügbarkeit von Infrastrukturen, Ressourcen und technologischer Reife haben die Forscher:innen 13 CDR-Optionen mit Einsatzpotenzial ermittelt und beschrieben. „Es ist wichtig, die unterschiedlichen Reifegrade und Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Optionen zu kennen“, erklärt Malgorzata Borchers vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), die die Studie zusammen mit ihrer UFZ-Kollegin Daniela Thrän geleitet hat. „Während einige ENS-Optionen bereits heute eingesetzt werden und gegebenenfalls ausgeweitet werden könnten, würde es bei der Mehrheit der High-Tech-Optionen Jahre oder sogar mehr als ein Jahrzehnt dauern, bis sie in großem Maßstab eingesetzt werden könnten. Sie sind außerdem oft abhängig von der Möglichkeit der Kohlenstoffspeicherung, die in Deutschland derzeit durch Gesetze eingeschränkt ist und durch eine Änderung der geltenden Vorschriften erschlossen werden könnte. Gleichwohl ist es wichtig, diese Technologien weiterzuentwickeln, damit sie bei Bedarf im späteren Teil des Jahrhunderts eingesetzt werden können.“

Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung hat das höchste Entnahmepotenzial
Die vorgeschlagenen Konzepte weisen ein sehr unterschiedliches jährliches CO2-Entnahmepotenzial auf, das von 62.000 Tonnen bei der Wiederherstellung von Seegraswiesen in der Ostsee bis zu 29,9 Millionen Tonnen über die Verbrennung von Biomasse zur Kraft-Wärme-Kopplung mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) reicht. Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (Bioenergy with Carbon Capture and Storage, kurz BECCS) besitzt das höchste spezifische Entnahmepotenzial. Für BECCS wird Biomasse aus Pflanzen – die der Luft durch Photosynthese CO2 entziehen – zur Energieerzeugung, das heißt zum Beispiel für Wärme, Strom oder Kraftstoffe genutzt. Bei der Umwandlung von Biomasse in Energie wird CO2 freigesetzt, welches aber nicht in die Atmosphäre gelangt, sondern direkt eingefangen und anschließend gespeichert wird. Dieses Einfangen wird als Abscheidung bezeichnet. Besonders interessant im Hinblick auf die Menge des entzogenen CO2 ist das Konzept der sogenannten Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Dabei werden ehemalige Kohlekraftwerke zur Verbrennung von Holzpellets für die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme genutzt. Jedes Kraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 500 MW könnte durch Anwendung von BECCS knapp 3 Megatonnen CO2 pro Jahr neutralisieren. Borchers gibt jedoch zu bedenken: „Die Verwendung von holzartiger Biomasse in Kraftwerken in größerem Maßstab wird die Gesamtnachfrage nach Biomasse voraussichtlich erheblich steigern. Wir werden Biomasse aus dem Ausland importieren müssen, was sich negativ auf die Waldökosysteme im Ausland auswirken und zusätzliche CO2-Emissionen ver-ursachen könnte“.

Auch Direktabscheidung von Kohlenstoff aus der Luft hat hohes Potenzial
Die Direktabscheidung von Kohlenstoff aus der Luft (Direct Air Carbon Capture, kurz DACC), bei der große DACC-Absorber-Anlagen installiert werden, ist der Studie zufolge ein weiteres CDR-Konzept mit hohem Entnahmepotenzial. Jede Anlage könnte bis zu einer Million Tonnen CO2 pro Jahr abscheiden, sofern eine wirksame CO2-Speicherung erreicht werden kann. Thrän wendet jedoch ein: „In Anbetracht der Größenordnung einer solchen Anlage und des damit verbundenen Energiebedarfs ist zweifelhaft, ob diese Technologie in Deutschland überhaupt umsetzbar wäre. Der Energiebedarf einer solchen
Anlage entspräche dem jährlichen Energiebedarf von 720.000 deutschen Haushalten“.

Verwitterung von Gesteinen bei natürlichen Verfahren vorne
Andere BECC- und DACC-Optionen weisen geringere CO2-Abscheidungspotenziale auf. Bei den Optionen zur Erweiterung natürlicher Senken wie der Wiedervernässung von Mooren, der Aufforstung von Ackerflächen oder der verstärkten Gesteinsverwitterung schwankt das Potenzial zwischen 1,5 und 9,5 Tonnen CO2, die jährlich pro Hektar Land, auf dem sie angewendet würden, abgeschieden werden könnten. Von diesen natürlichen Verfahren bietet die Förderung der natürlichen Verwitterung von Gesteinen das höchste Entnahmepotenzial pro Fläche. Karbonat- und Silikatminerale könnten in pulverisierter Form auf Böden ausgebracht werden, etwa auf landwirtschaftlichen Nutzflächen, um CO2 zu binden. Durch die Ausbringung von Basalt auf Ackerland könnten in Deutschland bis zu 5,82 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr gebunden werden. Thrän gibt jedoch zu bedenken, „dass diese CDR-Option von der Gewinnung bis zum Zerkleinern und Mahlen des Silikatgesteins mit einem erheblichen Energieaufwand verbunden ist. Zudem sollten auch die Umweltauswirkungen weiter untersucht werden, da es noch an aussagekräftigen Ergebnissen mangelt.“

Wie viel CO2 aus der Atmosphäre entnommen werden muss, ist unklar
„Die Schätzwerte für den notwendigen Kohlendioxidabbau in Deutschland reichen von 3 bis 18 Gigatonnen CO2 von heute bis zum Jahr 2100, je nachdem, was wir als unsere historische Verantwortung, Leistungsfähigkeit und Beitrag zur globalen Gerechtigkeit zugrunde legen“, erklärt Borchers. „Und natürlich ist die Menge an CO2, die wir entfernen müssen, stark von den Maßnahmen abhängig, die wir in den kommenden Jahren zur Reduzierung und Vermeidung von Emissionen ergreifen.“

Über die Helmholtz-Klima-Initiative
Die Helmholtz-Klima-Initiative erforscht systemische Lösungen für eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit: den Klimawandel. Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler aus 15 Helmholtz-Zentren entwickeln gemeinsam Strategien zur Eindämmung von Emissionen und zur Anpassung an unver-meidliche Klimafolgen – mit dem Fokus auf Deutschland. Die Helmholtz-Klima-Initiative stellt vielen gesellschaftlichen Bereichen wissenschaftlich basiertes Wissen zur Verfügung und tritt mit Verantwortlichen aus Politik, Wirtschaft und Medien sowie der interessierten Öffentlichkeit in den Dialog.

Auf der Website der Helmholtz-Klima-Initiative mehr über die verschiedenen Ansätze zur Kohlendioxid-Entnahme erfahren.

Kontakte
Meike Lohkamp | Helmholtz-Klima-Initiative | Wissenschaftskommunikation | meike.lohkamp@helmholtz-klima.de | +49 151 5674 9826

Prof. Dr. Daniela Thrän | Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ |
Leiterin des Departments Bioenergie | daniela.thraen@ufz.de

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Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Daniela Thrän | Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ |
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Kostengünstige Alternative zum PCR-Test

Britta Widmann Kommunikation
Fraunhofer-Gesellschaft
Schnelligkeit oder Genauigkeit? Was Corona-Tests angeht, musste man sich bisher zwischen diesen beiden Varianten entscheiden. Damit könnte künftig Schluss sein: Der Pathogen Analyzer verbindet die Vorteile von PCR-Test und Antigen-Schnelltest – er liefert bereits nach 20 bis 40 Minuten ein verlässliches Ergebnis. Darüber hinaus kann er gleichzeitig bis zu elf andere Krankheitserreger nachweisen. Ein Demonstrator des Systems ist vom 14. bis 17. November 2022 auf der Messe MEDICA in Düsseldorf zu sehen (Halle 3, Stand E74/F74).

Der Hals kratzt, Schlappheitsgefühl macht sich breit. Hat man sich mit Corona infiziert? Über Antigen-Schnelltests kann man dies zuhause oder im Bürgertestzentrum schnell überprüfen – die Genauigkeit dieser Tests lässt jedoch zu wünschen übrig. Tests auf Proteinbasis, bei denen virale Antigene auf dem Chip erkannt werden, sind schlichtweg nicht so genau wie Tests auf Nukleinsäurebasis. Sprich: Viele Infektionen bleiben unerkannt, auch kann es zu fehlerhaften Positiv-Ergebnissen kommen. Für einen sicheren Nachweis ist ein PCR-Test unerlässlich, allerdings ist dieser sowohl deutlich teurer als auch langwieriger: Es kann bis zu zwei Tage dauern, ehe das Ergebnis vorliegt.

Schnelle und verlässliche Ergebnisse
Ein Verbund aus Forscherinnen und Forschern des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT, des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB sowie des Fraunhofer Center for Manufacturing Innovation in Boston (USA) möchte das nun ändern. »Mit unserem Pathogen Analyzer verbinden wir die Vorteile von Antigen- und PCR-Test: Da wir wie beim PCR-Test das Erbgut der Viren direkt nachweisen, ist der Test äußerst genau. Um das Erbgut zu vervielfältigen, nutzen wir allerdings ein anderes Verfahren, daher liegt das Ergebnis bereits nach von 20 bis 40 Minuten vor«, sagt Daniel Reibert, Wissenschaftler am Fraunhofer IPT. Dazu haben die Forschenden auf dem Testchip, der ähnlich groß ist wie ein Antigen-Schnelltest, zahlreiche kleine Hydrogel-Tropfen aufgedruckt, Experten sprechen von Signalpunkten. Auf diesen Chips wird die Probe – die wie bei bisherigen Tests über einen Nasen-Rachen-Abstrich gewonnen und in eine Pufferlösung übertragen wird – aufgebracht. Anschließend wird der Testchip in einem kompakten und mobilen Analyseinstrument auf 62 Grad Celsius aufgeheizt. Die Pufferlösung und die hohe Temperatur legen das Erbgut des Virus frei und vervielfältigen die Nukleinsäuren, um sie innerhalb der Signalpunkte quantitativ nachweisen zu können. Diese Reaktion findet bei einer konstanten Temperatur statt – das in der PCR biochemisch nötige Aufheizen und Abkühlen der Probenflüssigkeit entfällt. Um den Test personalisiert auszuwerten, können Patientinnen und Patienten eine Smartphone App mit dem Analyzer verbinden. Über ein Lichtsignal im Analyzer wird die Menge an Krankheitserreger-Erbgut detektiert und als Endergebnis direkt an die Betroffenen übermittelt.

Zwölf Virenarten mit einem Streich nachweisen
Eine weitere Neuheit: »Jeder Signalpunkt enthält Fängermoleküle, die unter Bestrahlung mit Licht Fluoreszenzstrahlung anderer Wellenlänge abgeben, wenn sie das passende Pathogen gefangen haben. Daher ist jeder Signalpunkt wie ein eigener kleiner Test«, erläutert Reibert. Ein solcher Multiplexing-Ansatz erhöht zum einen die Verlässlichkeit, zum anderen ermöglicht er es, bis zu zwölf verschiedene Virenarten gleichzeitig mit einer Probennahme und einem Chip nachzuweisen. »Da wir das System als Baukastensystem entwickelt haben, lässt es sich schnell an neue Pathogene anpassen«, erläutert Reibert.

Eine der Herausforderungen lag darin, die späteren Herstellungsprozesse des Tests mitzuentwickeln und sie preisgünstig zu gestalten – schließlich soll der Test in Serie hergestellt nicht mehr als einen Euro kosten. Für den Chip selbst setzen die Forschenden daher auf das Rolle zu Rolle-Verfahren. Der Druck der einzelnen Probenpunkte kann entweder über 3D-Druck oder das etablierte Siebdruckverfahren erfolgen.

Test auch für zuhause
Auf der Messe MEDICA vom 14. bis 17. November 2022 in Düsseldorf stellen die Forschenden sowohl einen Demonstrator des Chips für drei Pathogene als auch einen Analyzer-Demonstrator vor (Halle 3, Stand E74/F74). Langfristig soll der Test auch ohne Analyzer auskommen und komplett über das Smartphone funktionieren: Lichtquelle und Kamera sind im Handy bereits vorhanden, das Heizelement kann im Testchip selbst integriert werden. Dann, so die Hoffnung der Forscherinnen und Forscher, könnte der Test nicht nur in zentralen Orten wie Stadien oder Arztpraxen, sondern auch zuhause schnelle, kostengünstige und verlässliche Ergebnisse liefern – und das direkt für eine Vielzahl an Krankheitserregern.

Weitere Informationen:
https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2022/november-2022/koste…

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WM-Studie 2022: Scholz-Besuch in Katar für viele Deutsche „völlig überflüssig“

Florian Klebs Hochschulkommunikation
Universität Hohenheim
Repräsentative Umfrage der Uni Hohenheim untersucht WM-Erwartungen, Vermarktung, Medienverhalten & politische Aspekte / Teil 4 von 4: Die WM als politisches Ereignis

Für ein Drittel der Deutschen ist ein Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz sogar beim Finale „völlig überflüssig“. Dies dachten bei den Weltmeisterschaften 2014 in Brasilien nur 7 Prozent und 2018 in Russland 15 Prozent. So lautet ein Ergebnis der aktuellen Fußball-WM-Studie von Marketing-Experte Prof. Dr. Markus Voeth von der Universität Hohenheim in Stuttgart. Die Studie basiert auf einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage unter 1.000 Personen in Deutschland zu den Themen sportliche Erwartungen, Sponsoring und Sport-Vermarktung, Medienwirksamkeit sowie Politik. Bei der aktuellen Umfrage handelt es sich um die zehnte WM-Studie seit 2001. Die Universität Hohenheim veröffentlicht die Ergebnisse in vier Teilen. Vollständige Studie unter: https://mub.uni-hohenheim.de/wm2022

Der Vergleich zu den Weltmeisterschaften 2014 und 2018 zeigt: Die Deutschen sehen dieses Jahr auch einen Besuch des deutschen Bundeskanzlers von WM-Spielen der Nationalmannschaft deutlich kritischer als in den Jahren zuvor. Mehr als zwei Drittel der Befragten halten diese Besuche für überflüssig (Viertelfinale 68,2 Prozent, Achtelfinale 75,2 Prozent, Vorrunde 80,2 Prozent).

Wenn überhaupt, dann kommt für die Deutschen eine Reise von Olaf Scholz nach Katar erst im Finale der WM in Frage. Und auch dann sind noch rund 34 Prozent der Meinung, dass dies „völlig überflüssig“ sei.

Rund die Hälfte der Deutschen fordert von Sponsoren und Politiker:innen WM-Boykott
Die Deutschen sehen die WM 2022 in Katar insgesamt deutlich kritischer als die WM 2018 in Russland: Etwas mehr als 58 Prozent von ihnen glauben aktuell, dass sportliche Großveranstaltungen vom Gastgeberland instrumentalisiert werden, um von politischen Missständen abzulenken. 2018 gingen davon nur knapp 45 Prozent aus.

Prof. Dr. Voeth vom Lehrstuhl für Marketing & Business Development der Universität Hohenheim erläutert: „Wir konnten in unserer Studie ein gespaltenes Stimmungsbild beobachten. Denn aufgrund der politischen Missstände in Katar ist jeweils rund die Hälfte der Deutschen der Meinung, dass die Sponsoren auf Werbung für die Fußball-WM verzichten sollten und dass auch deutsche Politiker:innen den Spiele der deutschen Nationalmannschaft fernbleiben sollten.“

„Mehr als ein Drittel der Befragten kann sich sogar einen sportlichen Boykott der Nationalelf vorstellen“, berichtet Co-Studienleiter Yannick Urbitsch. „Ebenfalls knapp ein Drittel der Befragten wird wegen der politischen Missstände die WM nicht verfolgen.“

Image der FIFA seit 2014 dramatisch verschlechtert
Auch die Fédération Internationale de Football Association (FIFA) kämpft laut WM-Studie weiterhin mit einem großen Imageproblem. „Wir beobachten schon seit Jahren einen kontinuierlichen Rückgang beim Ansehen der FIFA“, so Prof. Dr. Voeth. „Aber seit der WM 2014 hat sich ihr Image in den Augen der deutschen Bevölkerung dramatisch verschlechtert.“

„Es hat seit der WM 2018 in Russland bei 40 Prozent der Deutschen abgenommen. Wenn wir aber den Zeitraum seit der WM 2014 in Brasilien betrachten, ist dies bei fast 60 Prozent der Deutschen der Fall“, fährt der Marketing-Experte fort.

„Dies spiegelt sich auch in der Einstellung wider, wie eine mögliche Weiterentwicklung des FIFA-Fußballgeschäftes aussehen könnte“, sagt Yannick Urbitsch. So lehnen mehr als zwei Drittel der Deutschen die Idee ab, Weltmeisterschaften häufiger auszutragen, also beispielsweise alle zwei Jahre. Auf eine ähnliche hohe Ablehnung stößt bei einer Mehrheit der Deutschen der Vorschlag, die WM in weniger fußballaffinen Ländern stattfinden zu lassen, um neue Märkte für den Fußballsport zu erschließen.

Noch deutlicher wird die Ablehnung bei der Frage, ob es auch in Zukunft Weltmeisterschaften im hiesigen Winter geben sollte. Nur 10 Prozent der Befragten halten dies für eine gute Idee, und nur 11,9 Prozent glauben daran, dass die WM in Katar zum „Winter-Märchen“ wird.

HINTERGRUND: WM-Studie 2022
Die WM-Studie 2022 ist eine bevölkerungsrepräsentative Online-Umfrage in Bezug auf Alter, Geschlecht und Bundeslandzugehörigkeit unter 1.000 Teilnehmer:innen. Durchgeführt wurde sie zwischen dem 13. Oktober und 27. Oktober 2022 vom Lehrstuhl für Marketing und Business Development der Universität Hohenheim.

Der Lehrstuhl von Prof. Dr. Markus Voeth begleitet die FIFA Fußballweltmeisterschaften seit 2001 mit regelmäßigen repräsentativen Bevölkerungsbefragungen. Schwerpunkte der Befragungen sind Themen wie Begeisterung, Pläne und Fanverhalten der Bevölkerung, ergänzt durch wechselnde Sonderschwerpunkte wie beispielsweise politische Themen rund um die sportlichen Großereignisse. Einzel- und Langzeitstudien sollen einerseits Stimmungsindikator, andererseits auch konstruktiver Beitrag für eine erfolgreiche Organisation sein.
Text: Stuhlemmer

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Markus Voeth, Universität Hohenheim, Fachgebiet Betriebswirtschaftslehre, insb. Marketing & Business Development, +49 (0)711 459 22925, voeth@uni-hohenheim.de

M.Sc. Yannick Urbitsch, Universität Hohenheim, Fachgebiet Betriebswirtschaftslehre, insb. Marketing & Business Development, +49 (0)711 459 23414, yannick.urbitsch@uni-hohenheim.de

Weitere Informationen:
https://mub.uni-hohenheim.de/wm2022 Vollständige Studie
https://www.uni-hohenheim.de/presse Pressemitteilungen der Universität Hohenheim

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TU Berlin: Grauwasserrecycling für den Wohnungsbau nutzen

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin
Einladung zur Veranstaltung „Den Klimawandel abmildern – aber wie?“ am 22. November 2022

Täglich werden pro Person 30 bis 40 Liter Wasser, also des wichtigsten Lebensmittels, für die WC-Spülung verschwendet. Durch dezentrale Sammlung und Aufbereitung leicht verschmutzten Grauwassers und Wärmerückgewinnung profitierten die Umwelt und auch die Mieter*innen durch niedrigere Betriebskosten. Mit diesem Thema beschäftigt sich die Veranstaltung und Exkursionen „Den Klimawandel abmildern – aber wie? Die Potenziale des Grauwasserrecyclings im Wohnungsbau nutzen“

Zeit: Dienstag, 22.11.2022, 10.00–16.30 Uhr
Ort: Architekturforum TU Berlin, 10623 Berlin, Straße des 17. Juni 152

Anmeldung unter: https://events.tu-berlin.de/de/events/018419f3-ac2d-7e92-af8d-7b44b6758492/apply oder per E-Mail an: kubus@zewk.tu-berlin.de

Mit der Veranstaltung sollen die Berliner Akteur*innen aus Baupraxis, Planung, Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Verbänden und Initiativen über die Potenziale des Grauwasserrecyclings und Umsetzungsstrategien für den Wohnungsbau ins Gespräch gebracht werden. Wie ist der Stand der Technik? Was ist der ökologische und ökonomische Nutzen? Welche Umsetzungshemmnisse bestehen und wie können sie überwunden werden? Wie kann Grauwassernutzung zum Standard im Wohnungsbau werden? Diese Fragen sind zentrale Themen der Veranstaltung, die von der Kooperations- und Beratungsstelle für Umweltfragen Wissenschaftsladen kubus der TU Berlin und dem Fachgebiet Natural Building Lab der TU Berlin, der Architektenkammer Berlin und fbr – Bundesverband für Betriebs- und Regenwasser e.V. durchgeführt und von Fridays for Future der TU Berlin unterstützt wird.

Programm
10.00–11.30 Uhr: Fachvorträge

Bauwende jetzt! Theresa Keilhacker, Präsidentin der Architektenkammer Berlin

Grußwort der Staatssekretärin Dr. Silke Karcher (Videobotschaft)

Die Klimaschutzziele des Landes Berlin, Marina Ozic-Basic, Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, Referat Klimaschutz und Klimaanpassung

Warum wir jetzt gemeinsam über Grauwasserrecycling reden müssen. Gisela Prystav, TU Berlin, Kooperations- und Beratungsstelle für Umweltfragen (ZEWK / kubus)

Grauwasserrecycling im Wohnungsbau – Ressourcen-, Energieeffizienz, Kosten und Betriebserfahrungen, Erwin Nolde, Fa. innovative Wasserkonzepte / fbr – Bundesverband für Betriebs- und Regenwasser e.V.

Zukunft – Ökologisch – Bauen, Prof. Eike Roswag-Klinge, TU Berlin, Leiter des Fachgebiets Natural Building Lab
11.40–13:00 Uhr: Fishbowl-Diskussion mit Impulsen

Die Anforderungen von Architekt*innen, der Wohnungswirtschaft, die Sicht von Mieter*innen, Umwelt- und Klimaaktiven, Politik und anderen Akteur*innen

Moderation: Frank Becker, ZEWK/kubus
13.00–14.00 Uhr: Imbiss, Poster und Exponate
14.00–16.30 Uhr: Besichtigungen (parallel, gemeinsame Anfahrt mit ÖPNV um 14.15 Uhr)
• 15.00 Uhr: Grauwasserrecyclinganlage eines Wohnhauses mit 400 Studierenden-appartements der Berlinovo, Berlin-Pankow
• 15.00 Uhr: Block 6 Dessauer/Bernburger Str., erneuerte Grauwasseranlage für i125 Wohneinheiten mit Roof Water Farm Gewächshaus
• 14.15 Uhr: Reallabor und Climate-Hood-Projekt an der TU Berlin in Planung –Vertikalbegrünung der Wasserbauhalle, Verdunstungsmodule, Regenwassernutzung

Während der Veranstaltung werden Bildaufnahmen gemacht. Sollten Sie damit nicht einverstanden sein, geben Sie uns bitte einen deutlichen Hinweis.

Weitere Informationen unter: https://events.tu-berlin.de/de/events/018419f3-ac2d-7e92-af8d-7b44b6758492

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Gisela Prystav
TU Berlin
Kooperations- und Beratungsstelle für Umweltfragen (kubus), der Wissenschaftsladen der TU Berlin
Tel.: 030/314-24617 (Rufweiterleitung) / -21580 (Sekr.)
E-Mail: gisela.prystav@tu-berlin.de

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„Die Lockdowns sind vorbei, die psychischen Belastungen bei jungen Menschen gehen weiter“

Giulia Roggenkamp Pressestelle
Stiftung Kindergesundheit
SOS-Kinderdorf und Stiftung Kindergesundheit zum Tag der Kinderrechte

München, 18. November 2022. Die UN-Kinderrechtskonvention vom 20. November 1989 sichert jedem Kind universelle Rechte zu – unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion oder sozialem Status. Doch wie steht es um diese Rechte in Deutschland angesichts andauernder Krisen? „In der Bundesrepublik werden die Kinderrechte jeden Tag missachtet. Gerade seit Corona wird das Recht junger Menschen auf Gesundheit massiv eingeschränkt, insbesondere im Bereich der psychischen Gesundheit“, erklärt Prof. Dr. Sabina Schutter, Vorstandsvorsitzende von SOS-Kinderdorf e.V. anlässlich des Tages der Kinderrechte.

Konkret bemängelt Schutter die zu langen Wartezeiten auf Therapieplätze: „Die psychischen Belastungen haben bei jungen Menschen stark zugenommen. Ein Jahr auf Hilfe warten zu müssen hat für Kinder und Jugendliche viel gravierendere Konsequenzen als für Erwachsene“. Auch das Selbstbestimmungsrecht von Minderjährigen werde im Bereich mentaler Gesundheit nicht umgesetzt, für eine Psychotherapie brauchen Kinder und Jugendliche aktuell die Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten. Das führe gerade für junge Menschen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe zu massiven Problemen. Dies bestätigt auch die 19-jährige Vanessa, die selbst in einem SOS-Kinderdorf lebt: „Das Selbstbestimmungsrecht ist speziell für Kinder in stationärer Erziehung entscheidend. Wenn die leiblichen Eltern einer Therapie nicht zustimmen, bedeutet das eine zusätzliche Belastung für junge Menschen.“

Auch die Stiftung Kindergesundheit stellt in ihrem aktuellen Kindergesundheitsbericht fest, dass das in Artikel 24 der UN-Kinderrechtskonvention verbriefte Recht auf Gesundheit in Deutschland täglich verletzt werde. Die pädiatrische und kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Kliniken und Praxen ist nur unzureichend gewährleistet, der Fachkräftemangel sowohl im ärztlichen als auch im pflegerischen Bereich verschärfe die Situation: „Die Versorgungsengpässe von jungen Menschen mit psychischen Problemen haben sich seit Corona noch einmal deutlich zugespitzt, weil es einfach mehr Kinder und Jugendliche gibt, die Hilfe brauchen“, sagt Priv.-Doz. Dr. med. Katharina Bühren, Vorstandsmitglied der Stiftung Kindergesundheit und ärztliche Direktorin am kbo-Heckscher-Klinikum für Kinder- und Jugendpsychiatrie in München und ergänzt: „Wir brauchen eine Vernetzung der Hilfesysteme: Jugendhilfe, Schulsozialarbeit, Schulpsychologie und die medizinischen Hilfsangebote. Wir müssen uns alle zusammenschließen und alles daransetzen, dass junge Menschen mit psychischen Problemen nicht zu chronisch Kranken werden.“

Weitere Empfehlungen von SOS-Kinderdorf und der Stiftung Kindergesundheit zur Stärkung des Rechts auf Gesundheit von Kindern und Jugendlichen:

• Förderung dauerhafter psychosozialer, psychotherapeutischer und psychiatrischer Angebote mit niedrigschwelliger schulischer Anbindung sowie erweiterter Jugendhilfemaßnahmen in besonders belasteten Wohnquartieren.
• Ausbau evidenzbasierter Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe sowie in der Therapie psychischer Störungen des Kindes- und Jugendalters, um eine weitere Verbesserung des Behandlungserfolges bei psychischen Erkrankungen zu erreichen.
• Lehre aus der Pandemie: Offenhalten von Bildungseinrichtungen/Kindertagesstätten unter Berücksichtigung geeigneter Schutzmaßnahmen. Schließungen dürfen nur dann in Betracht gezogen werden, wenn alle anderen Maßnahmen der Kontaktbeschränkung nicht erfolgreich waren.
• Einführung eines Schulfachs Gesundheit zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz von Kindern und Jugendlichen. Dieses sollte auch die Förderung von Resilienz zum Ziel haben und das Erlernen von Strategien im Umgang mit Stress vermitteln. Hierdurch kann für alle Schüler*innen eine präventive Maßnahme zur Verringerung psychischer Erkrankungen geschaffen werden.
• Selbstbestimmungsrecht ab 14 Jahren – Kinder und Jugendliche sollten ab 14 Jahren selber entscheiden dürfen, ob sie einer psychotherapeutischen Behandlung bedürfen, auch ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten

Der SOS-Kinderdorf e.V.: SOS-Kinderdorf bietet Kindern in Not ein Zuhause und hilft dabei, die soziale Situation benachteiligter junger Menschen und Familien zu verbessern. In SOS-Kinderdörfern wachsen Kinder, deren leibliche Eltern sich aus verschiedenen Gründen nicht um sie kümmern können, in einem familiären Umfeld auf. Sie erhalten Schutz und Geborgenheit und damit das Rüstzeug für ein gelingendes Leben. Der SOS-Kinderdorfverein begleitet Mütter, Väter oder Familien und ihre Kinder von Anfang an in Mütter- und Familienzentren. Er bietet Frühförderung in seinen Kinder- und Begegnungseinrichtungen. Jugendlichen steht er zur Seite mit offenen Angeboten, bietet ihnen aber auch ein Zuhause in Jugendwohngemeinschaften sowie Perspektiven in berufsbildenden Einrichtungen. Ebenso gehören zum SOS-Kinderdorf e.V. die Dorfgemeinschaften für Menschen mit geistigen und seelischen Beeinträchtigungen. In Deutschland helfen in 38 Einrichtungen insgesamt rund 4.750 Mitarbeitende. Der Verein erreicht und unterstützt mit seinen über 840 Angeboten rund 85.500 Menschen in erschwerten Lebenslagen in Deutschland. Darüber hinaus finanziert der deutsche SOS-Kinderdorfverein 102 Programme in 21 Fokusländern und ist in 110 Ländern mit Patenschaften aktiv. Mehr Informationen unter www.sos-kinderdorf.de SOS-Kinderdorf auf Twitter: @soskinderdorfde

Die Stiftung Kindergesundheit: Als gemeinnützige Organisation mit direkter Anbindung zur Ludwig-Maximilians-Universität München und der dortigen Kinderklinik und Kinderpoliklinik agiert die Stiftung Kindergesundheit an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie vernetzt wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischer Anwendung innerhalb ihrer Programme und Projekte. Mit ihren evidenzbasierten Programmen gestaltet sie zielgruppengerechte Prävention – von der Schwangerschaft über den Kindergarten, von der Grundschule bis hin zum Jugendlichen. Ziel ist es, Erkenntnisse aus der Wissenschaft für die Praxis nutzbar zu machen. Gegründet wurde die Stiftung 1997 von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Berthold Koletzko, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Tätigkeit am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er ist bis heute ihr Vorstandsvorsitzender. Seit Juli 2022 gehört auch Priv.-Doz. Dr. med. Katharina Bühren zum Vorstandsteam. Mehr Informationen unter www.kindergesundheit.de, auf Twitter: @stiftung_kinder.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Anna Philippi (M.A.)
Leitung Wissenschaft I Wissenschaftskommunikation

Tel.: +49/151 614 808 92
E-Mail: info@kindergesundheit.de
Internet: www.kindergesundheit.de

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Forschungsprojekt WärmeGut: Datenkampagne für die Geothermie in Deutschland gestartet

Greta Clasen Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG)
Im Forschungsprojekt WärmeGut erarbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein bundesweit einheitliches Informationssystem, um das Potenzial oberflächennaher Geothermie im regionalen Maßstab für die Wärmeversorgung in Deutschland bestmöglich erkennbar und nutzbar zu machen. Dazu wird unter Leitung des Leibniz-Instituts für Angewandte Geophysik (LIAG) das etablierte und über das Internet frei zugängliche Geothermische Informationssystem GeotIS in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern des Verbundvorhabens weiterentwickelt. Das BMWK fördert das Projekt im 7. Energieforschungsprogramm – es ist Teil dessen Erdwärmekampagne zur verstärkten Nutzung von Geothermie für die Wärmewende.

Für die konkrete Umsetzung der Energiewende sind Effizienzmaßnahmen und der massive Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien erforderlich. Der Wärmesektor wurde bislang in der Energiewende zu wenig beachtet, obwohl Wärme der größte Bedarfssektor in Deutschland ist. Seit 2019 weisen daher die Forschenden des LIAG auf die Wärmewende mit Geothermie hin. Erdwärme steht ganzjährig verlässlich zur Verfügung. Ihr Potenzial wurde bisher jedoch nur unzureichend erschlossen.

Potenziale erkennbar und nutzbar machen
Mit der Erdwärmekampagne „Geothermie für die Wärmwende“ setzt das BMWK das Ziel, das große Potenzial der Geothermie für eine klimaschonende Wärmeversorgung in Deutschland zu erschließen. In dem Eckpunktepapier des Bundesministeriums werden acht Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels genannt, unter anderem eine Datenkampagne zur Verbesserung der Datenlage insbesondere zu der Oberflächennahen Geothermie. Das Forschungsprojekt WärmeGut des LIAG greift mit seinem Antrag „Flankierung des Erdwärmepumpen-Rollouts für die Wärmewende durch eine bundesweite, einheitliche Bereitstellung von Geoinformationen zur oberflächennahen Geothermie in Deutschland“ genau dieses Ziel einer Datenkampagne auf. Projektpartner im bewilligten Verbundvorhaben sind die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover, die Universität Göttingen und die geoEnergie Konzept gmbH aus Freiberg.

„Um das Potenzial oberflächennaher Geothermie für die Wärmeversorgung in Deutschland anschaulich darzustellen, müssen komplexe Daten des geologischen Untergrunds analysiert, interdisziplinär aufbereitet und für alle Bedarfsgruppen leicht zugänglich zur Verfügung gestellt werden“, erklärt Prof. Dr. Inga Moeck, Leiterin des Projektes WärmeGut und des Forschungsbereichs Geothermie und Informationssysteme am LIAG. „Wichtig ist dabei die Zusammenarbeit von ganz verschiedenen Disziplinen, wie die der Geowissenschaften mit den Wirtschaftswissenschaften, aber auch die mit den Fachbehörden.“ Moeck ist auch Professorin für Angewandte Geothermik und Geohydraulik an der Universität Göttingen.

Die Staatlichen Geologischen Dienste der Länder (SGDs) besitzen für den Aufgabenbereich der oberflächennahen Geothermie höchste Kompetenz, weisen jedoch unterschiedliche Ressourcenausstattung und Datenbereitstellungssysteme auf. Gemeinsam mit den SGDs werden in einem Konsultationsprozess Konzepte zur überregionalen Datenbereitstellung und IT-Systemkomponenten entwickelt sowie Datenlücken durch umfangreiche Datenaufbereitung und Digitalisierung geschlossen, um bundesweit einheitliche Ampelkarten und 3-D-Temperaturmodelle zur oberflächennahen Geothermie in GeotIS bereitzustellen. So werden auf regionaler Skala besonders geeignete, aber auch für die Erdwärmenutzung ungeeignete Standorte leichter identifiziert.

Erweiterung des Geothermischen Informationsportals GeotIS
Bereits seit 2006 werden im etablierten geothermischen Informationssystem GeotIS des LIAG Daten aus dem Bereich der tiefen Geothermie – ab etwa 1.500 Meter Tiefe – geowissenschaftlich aufbereitet, digitalisiert und in dem interaktiven 3-D-Informationsportal über das Internet frei zugänglich gemacht. Dabei entwickelt das Forschungsinstitut sein Portal stetig weiter. Die Daten werden von der Industrie, aber auch in der Forschung, unter anderem für die Reservoirsimulation, täglich genutzt. Nun wird das Portal um neue Untergrunddaten für die gesamte Geothermie erweitert. Es werden aber auch Oberflächendaten zum Wärmebedarf implementiert, so dass erstmalig eine sozioökonomische mit einer geophysikalisch-geologischen Analyse zur Ermittlung des geothermischen Potenzials verknüpft werden kann. Dazu sind die Lehrstühle für Angewandte Geothermik und für Mittelstandsforschung der Universität Göttingen, die Fachfirma geoEnergie Konzept sowie die BGR eingebunden.

Hintergrundinformationen

Über GeotIS
Das Geothermische Informationssystem vom LIAG ist deutschlandweit einzigartig. Mehr als 30 000 Bohrungen bilden die Datengrundlage für GeotIS, welches damit ein wertvolles Potenzial für weitere Forschung und Publikationen bietet. Die Plattform umfasst überwiegend Ergebnisse aus LIAG-Forschungsprojekten, Daten aus Erdöl-Erdgas-Bohrungen, aber auch Geothermie-, Thermal- und Mineralwasserbohrungen sowie Bergbaubohrungen. Die Recherche-Oberfläche ermöglicht die dynamische Generierung von interaktiven Karten, in denen Fachinformationen mit topographischen und statistischen Daten kombiniert werden. Einen detaillierten Einblick in den Untergrund bieten zudem dynamisch generierte Vertikal- und Horizontalschnitte bis in eine Tiefe von 5000 Metern. GeotIS beinhaltet zudem das Auskunftssystem „Geothermische Standorte“ über tiefe geothermische Anlagen in Deutschland, die sich in Betrieb oder im Bau befinden. https://www.geotis.de

Über das LIAG
Das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) mit Sitz in Hannover ist eine eigenständige, außeruniversitäre Forschungseinrichtung. Mit Methoden der Angewandten Geophysik werden zukunftsgerichtete Fragestellungen von gesellschaftlicher Bedeutung untersucht. Der Schwerpunkt der Forschungsarbeiten liegt in der Erkundung des nutzbaren Untergrundes sowie in der Entwicklung von Mess- und Auswerteverfahren. Das Institut blickt auf über 70 Jahre Erfahrung in der Geophysik-Forschung zurück. Durch die langjährige Spezialisierung in der oberflächennahen Anwendung der Geophysik, der Geräte- sowie Dateninfrastruktur sowie der damit einhergehenden Möglichkeit, innerhalb eines Instituts verschiedenste geophysikalische Methoden themenübergreifend zu kombinieren, ist das LIAG deutschlandweit einzigartig. Mit der Geothermie beschäftigt sich das LIAG als Forschungsinstitut mit Geophysik-Expertise bereits seit 1953. https://www.leibniz-liag.de

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Inga Moeck
Leiterin Geothermik & Informationssysteme LIAG
Telefon: 0511 643 3468
Inga.Moeck@leibniz-liag.de

Anhang
WärmeGut-Projektlogo

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Studie: Wie Städte mit grünem Strom eigenes Gas erzeugen können

Richard Harnisch Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH, gemeinnützig
► Einen Teil des Gasbedarfs, der sich durch Einsparungen auch langfristig nicht vermeiden lässt, können Städte durch selbst hergestellten grünen Wasserstoff und synthetisches Methan ersetzen.

► Ökologische Vorteile: Eine urbane Gasproduktion kann Abfallströme wie Klärwasser und industrielle Abgase verwerten und Treibhausgase reduzieren. Die Abwärme des Herstellungsprozesses kann effizient in der Wärmeversorgung genutzt werden.

► In zwei Studien zeigt das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), dass sich die Herstellungsverfahren Elektrolyse, Plasmalyse und Methanisierung für Städte nicht nur ökologisch, sondern teilweise bereits heute auch finanziell lohnen können.

Berlin, 16. November 2022 – Das Prinzip ‚Upcycling‘ eignet sich nicht nur für ausrangierte Kleidung, Geräte oder Möbel, sondern auch für die Gasversorgung, wie Forschende vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) vorschlagen: Städte könnten Abfallprodukte aus der Industrie und aus Kläranlagen weiternutzen, um daraus mithilfe von erneuerbarem Strom nachhaltiges Gas zu gewinnen. Zwar können Städte so nur einen kleinen Teil ihres Gasbedarfes selbst decken, doch hätte die urbane Gasproduktion deutliche ökologische sowie wirtschaftliche Vorteile und könnte Gasimporte ergänzen. Das zeigen die Forschenden am Beispiel Berlins in einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekt.

Bisher beruht etwa ein Viertel der in Deutschland verbrauchten Primärenergie auf Erdgas. „Um in Berlin und auch in ganz Deutschland so schnell wie möglich klimaneutral zu werden und mehr Versorgungssicherheit zu erreichen, müssen wir den Absprung vom Erdgas schaffen“, erklärt Elisa Dunkelberg, Energieexpertin am IÖW. „Dafür ist es wichtig, den Gasverbrauch für Wärme, Stromproduktion und Industrie so weit wie möglich zu senken. Und dort, wo Gas nicht ersetzbar ist, sollten in Zukunft vor allem grüner Wasserstoff und synthetisches Methan genutzt werden.“

Wie solches Gas in Berlin hergestellt werden könnte und welche Verfahren im Vergleich zu Erdgas besonders viel CO2 sparen, untersuchte das Forschungsprojekt UMAS, das von der Berliner Erdgasspeicher GmbH geleitet wurde. Fazit: Eine Gasproduktion in Städten mit erneuerbarem Strom würde sich für die Umwelt lohnen – weil Abfallprodukte verwendet werden können, weil die Transportwege sowie Verluste gering sind und weil die entstehende Abwärme besonders gut genutzt werden kann. Da Gas besser als Strom gespeichert werden kann, dient das Verfahren zudem als „Power-to-Gas“-Speicher für die städtische Energiewende. Dies ist nötig, um sogenannte Dunkelflauten, in denen weder Solarstrom noch Windenergie erzeugt wird, sowie die schwankende Nachfrage auszugleichen. Die Studie zeigt, dass sich für die urbane Wasserstoffherstellung bereits wettbewerbsfähige Lösungen abzeichnen. Um Methan vor Ort zu produzieren, braucht es noch weitere Forschung und Entwicklung, so die Wissenschaftler*innen.

Der grünste Wasserstoff könnte aus Kläranlagen kommen
Für besonders preiswert und klimafreundlich halten die Forschenden die sogenannte Schmutzwasser-Plasmalyse in Kläranlagen. Dieses neuartige Verfahren, das von der Firma Graforce entwickelt wurde, nutzt erneuerbaren Strom, um von dem Ammonium, das im Klärwasser enthalten ist, Wasserstoff abzuspalten. „Das Verfahren ist eine tolle Chance, um die klimaschädlichen Lachgas-Emissionen von Kläranlagen zu senken und gleichzeitig günstigen Wasserstoff zu produzieren“, erklärt Elisa Dunkelberg. Die Potenziale sind zwar beschränkt, aber Kläranlagen gibt es in jeder Stadt.

Darüber hinaus könnte sich auch Abwasser aus bestimmten Industriezweigen für das Verfahren eignen, etwa aus dem Papierrecycling, aus der Rauchgasreinigung und aus Biogasanlagen. Wenn all diese Potenziale genutzt werden, kann die Schmutzwasser-Plasmalyse schätzungsweise bis zu fünf Prozent des erwarteten Wasserstoffbedarfs in Berlin decken. „Die Plasmalyse ist außerdem effizienter und benötigt weniger Strom als eine Elektrolyse, bei der Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Die Kosten sind daher um etwa die Hälfte geringer und können auch mit importiertem Wasserstoff konkurrieren“, so Energieökonom Janis Bergmann vom IÖW.

Doch auch das Elektrolyse-Verfahren schneidet aus ökologischer Sicht besser ab als Erdgas, vor allem, wenn man die entstehende Abwärme nutzt und etwa in das städtische Fernwärmenetz einspeist. Die Herstellungskosten im urbanen Raum liegen jedoch in der Regel höher als an windreichen Orten etwa an der Nord- und Ostsee. Um die klimapolitischen Ziele zu erreichen, ist aber voraussichtlich auch die Herstellung von Wasserstoff an weniger ertragreichen Orten notwendig. „Städte sollten ihre lokalen Potenziale sowohl für die Schmutzwasser-Plasmalyse als auch für die Elektrolyse erschließen“, empfiehlt daher Dunkelberg.

Abgase aus der Industrie nutzen, um Methan herzustellen
Wasserstoff kann bereits heute ins Gasnetz eingespeist werden – derzeit bis zu einem Anteil von zehn Prozent, perspektivisch sogar zwanzig. In Zukunft könnte der lokal produzierte Wasserstoff jedoch auch in speziell dafür gebauten Pipelines und Kraftwerken landen – oder auch für die Produktion von Methan verwendet werden. Zwar ist es energetisch effizienter, den Wasserstoff direkt zu nutzen, doch eine Herstellung von Methan in Städten hat ebenfalls Vorteile: Methan ist ein Energieträger, der sich gut speichern lässt und uneingeschränkt in der vorhandenen Infrastruktur genutzt werden kann.

Auch hier greift das Prinzip „Upcycling“: Für die Herstellung von Methan braucht man neben Wasserstoff und Strom vor allem Kohlenstoffdioxid – ein Abfallprodukt, das in Biogasanlagen entsteht und zum Beispiel auch in den Abgasen von Zementfabriken und Müllverbrennungsanlagen enthalten ist. „Das CO2, das bisher einfach entweicht, könnte man auffangen, methanisieren und so ein weiteres Mal energetisch nutzen“, erklärt Dunkelberg. „Natürlich wird der Kohlenstoff dann beim Verbrennen des Methans wieder freigesetzt – es handelt sich also nicht um eine Kohlenstoffsenke. Aber unsere Berechnungen zeigen, dass klimaneutrales Methan erzeugt werden kann, sofern erneuerbarer Strom für die Produktion genutzt wird.“

Bis zu welchem Grad Berlin und andere Städte ihren Bedarf an Methan und Wasserstoff selbstständig decken könnten und welche Investitionen dafür nötig sind, müsste weiter erforscht werden. In jedem Fall sollten sich städtische Energie(wende)konzepte mit einer urbanen Gasproduktion auseinandersetzen, fordern die Forschenden.

Über das Projekt UMAS
Das Projekt „UMAS: Untertägige Methanisierung im Aquiferspeicher“, untersuchte, ob der ehemalige Erdgasspeicher in Berlin-Charlottenburg ein Power-to-Gas-Energiespeicher werden könnte. Die Untersuchung des Untergrunds ergab jedoch, dass der Standort für eine untertägige Methanisierung nicht optimal und somit nicht wirtschaftlich wäre. Grundsätzlich bewerteten die Forschenden dieses Verfahren sowie weitere Verfahren zur Herstellung von Methan und Wasserstoff allerdings als ökologisch sinnvoll.
Am Projekt beteiligt waren unter Leitung der Berliner Erdgasspeicher GmbH das Reiner Lemoine Institut, das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), die Technische Universität Clausthal sowie die Firmen MicroPro und DBI – Gas- und Umwelttechnik. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) förderte das Projekt im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms.

Mehr zu dem Projekt: https://reiner-lemoine-institut.de/umas/

Pressekontakt:
Richard Harnisch
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Tel.: +49 30/884594-16
kommunikation@ioew.de

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Elisa Dunkelberg
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Tel.: +49 30/884594-36
elisa.dunkelberg@ioew.de

Originalpublikation:
Elisa Dunkelberg, Jannes Katner (2022): Ökologische Bewertung der inländischen Erzeugung synthetischer Gase. https://www.ioew.de/publikation/oekologische_bewertung_der_inlaendischen_erzeugu…

Janis Bergmann, Nesrine Ouanes, Elisa Dunkelberg (2022): Ökonomische Analyse der inländischen Erzeugung synthetischer Gase. https://www.ioew.de/publikation/oekonomische_analyse_der_inlaendischen_erzeugung…

Weitere Informationen:
https://www.ioew.de/projekt/umas_untertaegige_methanisierung_im_aquiferspeicher

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Wieviel Innovationspotential hat die digitale Gesundheits­versorgung?

Lukas Portmann Universitätskommunikation
Universität Luzern
Die Studie «Swiss Health Monitor 2022» des Instituts für Marketing und Analytics (IMA) der Universität Luzern zeigt: Ein Grossteil der Befragten würde sich für eine digitale Begleitung in der Nachsorge interessieren.

Die in Zusammenarbeit mit B. Braun Medical entstandene repräsentative Studie wurde schweizweit erhoben und geht nebst dem Verhalten auch auf die Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung ein. Ein weiterer Fokus liegt auf möglichen Innovationspotentialen digitaler Angebote für verschiedene Aspekte der Gesundheitsversorgung. Gemäss der Studie sind 73 Prozent der Schweizer Bevölkerung mit der Schweizer Gesundheitsversorgung zufrieden. 81 Prozent der Befragten schätzen den eigenen Gesundheitszustand als gut bis sehr gut ein. Generell zieht eine Mehrheit den physischen Kontakt mit dem Gesundheitspersonal einer digitalen Versorgung vor. Gleichzeitig besteht in drei Bereichen ein signifikantes Potenzial für digitale Interaktion: Prävention, Erstkontakt mit Gesundheitsdienstleistern und Nachsorge.

Digitale Angebote – Verbreitung und Vorbehalte
Im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention ist der Einsatz von Technologie weit verbreitet: Rund die Hälfte der präventiv aktiven Personen nutzt im Alltag regelmässig Hilfsmittel wie Fitness Tracker (z.B. Smart Watches). Bei anderen Berührungspunkten mit der Gesundheitsvorsorge zeigt sich eine geringere Nutzung von Technologien. Beim Auftreten erster Krankheitssymptome sucht eine Mehrheit sachkundigen Rat bei Hausarztpraxen und Apotheken. Diese sind nach wie vor die präferierten Anlaufstellen für Diagnosen und geniessen ein hohes Vertrauen. Auch schulmedizinischen und chirurgischen Behandlungen gegenüber ist die Bevölkerung generell sehr positiv eingestellt. Allerdings zeigte sich noch ein weiteres Bild: Obwohl drei Viertel der Patientinnen und Patienten während einer Therapie professionell begleitet werden, haben rund 55 Prozent der Befragten bereits einmal eine Behandlung abgebrochen oder gar nicht erst angetreten.

Grosses Potenzial in der Nachsorge
Ein grosses wirtschaftliches Potenzial für digitale Dienstleistungen eröffnet die Nachsorge. Die potenzielle Nachfrage für eine Nachbehandlung zu Hause statt in einer Gesundheitseinrichtung wird aktuell von Gesundheitsdienstleistern wenig adressiert. 40 Prozent der im Swiss Health Monitor 2022 befragten Personen geben jedoch an, dass sie sich zusätzlich für eine digitale begleitete Nachsorge interessieren. Beim Bezug von Medikamenten greifen Patientinnen und Patienten primär auf traditionelle Vertriebskanäle wie Hausarztpraxen und Apotheken zurück, was sich im geringen Anteil an Online-Käufen von Medikamenten spiegelt. Überraschend klar fiel die Einstellung der Bevölkerung zum Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) aus: Eine ausschliesslich auf KI basierende Diagnose wünschen sich nur 2 Prozent. Jedoch würden über 90 Prozent der Befragten der Diagnose eines Mediziners oder einer Medizinerin noch mehr Vertrauen schenken, wenn diese durch KI unterstützt würde.

Bezug des Studienberichts
Der «Swiss Health Monitor» umfasst 47 Seiten und bietet vertiefte Einblicke in den aktuellen und künftigen Stand der Schweizer Gesundheitsversorgung. Er enthält detaillierte Betrachtungen der «Customer Health Care Journey» sowie eine Untersuchung zum Engagement der Bevölkerung im Bereich der Gesundheitsversorgung, indem er beispielsweise die Bereitschaft zum Teilen persönlicher Gesundheitsdaten auslotet. Ausserdem finden sich in der Studie an ausgewählten Stellen Subgruppenanalysen, die weiterführende Erkenntnisse ermöglichen, etwa durch die Unterteilung in Altersgruppen oder Patientencharakteristika.

Der vollständige Bericht kann auf der Webseite Swiss Consumer Studies der Universität Luzern bestellt werden. Ausgewählte Insights der Studie sind im PDF-Format frei verfügbar.

Studienhintergrund
Die Datengrundlage des «Swiss Health Monitors» bildet eine repräsentative und schweizweit durchgeführte Online-Umfrage mit 1’028 Personen. Die Erhebung fand zwischen dem 15. Juni und 2. Juli 2022 in Zusammenarbeit mit LINK statt. Der Bericht ist Teil der «Swiss Consumer Studies» des Instituts für Marketing und Analytics (IMA) der Universität Luzern, das in regelmässigen Abständen Studien zu aktuellen Themen des digitalen Konsumentenverhaltens und des digitalen Marketings veröffentlicht.

Auskunft
Dr. Bernhard Lingens, Leiter Area Innovation, Institut für Marketing und Analytics, Universität Luzern, bernhard.lingens@unilu.ch
Yves Ottiger, Chief Marketing Officer, B. Braun Medical AG, Sempach, communications.ch@bbraun.com

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Themenpaket zur Fußball-Weltmeisterschaft

Sabine Maas Presse und Kommunikation
Deutsche Sporthochschule Köln
Hintergrundinfos, Expert*innenservice, Interviews mit Wissenschaftler*innen, Forschungsthemen, Podcast, Spielprognosen …

Anlässlich der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ (20. November bis 18. Dezember 2022) hat die Deutsche Sporthochschule Köln ein umfangreiches WM-Themenpaket zusammengestellt, welches die sportwissenschaftliche Expertise zahlreicher Institute und Expert*innen widerspiegelt. Im Vordergrund stehen dabei Hintergrundinfos, sachliche Einordnungen und Forschungsbezüge.

Wissenschaftler*innen der Deutschen Sporthochschule Köln sind auch bei sportlichen Großereignissen gefragte Gesprächspartner*innen. In Schrift-, Audio und Videoform haben wir unter www.dshs-koeln.de/wm-themenpaket Interviews und verschiedene Serviceangebote vorbereitet, die Wissen rund um den Fußball vermitteln und zu Nachfragen anregen sollen. Expert*innen aus Sportpolitik, Sportpsychologie, Soziologie, Fußballpraxis, Journalismus und Sportinformatik kommen zu Wort.

Univ.-Prof. Dr. Jürgen Mittag vom Institut für Europäische Sportentwicklung und Freizeitforschung skizziert, wie politisch der Sport ist, was Katar mit der WM-Ausrichtung bezweckt und welche Formen von Protest sinnvoll sind. Das gesamte Gespräch hören Sie in unserem Wissenschaftspodcast „Eine Runde mit…“.

Dr. Babett Lobinger und Hanna de Haan vom Psychologischen Institut ordnen ein, welche Bedeutung die psychologische Betreuung im Leistungssport hat. Sie erklären, warum „Schwäche zeigen“ noch ein Tabuthema im Profifußball ist, wie sich mentale Stärke trainieren lässt und wie wichtig Führungsspieler sind.

Dr. Birgit Braumüller (Institut für Soziologie und Genderforschung) war an der ersten EU-weiten Studie beteiligt, die LGBTIQ-Personen zur Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung oder Geschlechteridentität im Sport befragt hat. Sie spricht über sexuelle Vielfalt im Sport und insbesondere im Fußball.

Martin Jedrusiak-Jung, Institut für Vermittlungskompetenz in den Sportarten, beleuchtet als Experte für Nachwuchsfußball, ob Deutschland „nur“ ein Ausbildungsland ist und ordnet ein, warum der deutschen Fußballnationalmannschaft ein Stürmer fehlt.

Univ.-Prof. Dr. Daniel Memmert beschäftigt sich als studierter Mathematiker und Professor für Sportinformatik mit Spielanalyse, Prognosemodellen und Daten rund um den Fußball. Er nimmt im Interview das Sportliche in den Blick, räumt mit Elfmeter-Mythen auf und skizziert, welche Rolle der Zufall im Fußball spielt.

Dr. Christoph Bertling erläutert als Medien- und Kommunikationsexperte, wie sich der Sportjournalismus gewandelt hat, wo die Gefahr von so genannten Filterblasen liegt und was eigentlich Corporate Sports Journalism bedeutet.

Forschungsprojekte und -erkenntnisse der Deutschen Sporthochschule Köln, die im Zusammenhang mit der WM relevant und interessant sind, haben wir mit Beschreibungen und Links zu Artikeln und Studien übersichtlich zusammengefasst, unter anderem zu sportbedingten Gehirnerschütterungen, zur Rolle von Schiedsrichter*innen und Video Assistant Referees (VAR), zu Positionsdaten und Big Data, zu Taktik und Kreativität im Fußball und nicht zuletzt zur Anti-Doping-Forschung.

Dank unserer Expert*innenliste zu mehr als 100 Teilaspekten rund um den Fußball finden Medienvertreterinnen und -vertreter schnell die richtigen Ansprechpersonen für unterschiedliche Fragestellungen. Tagesaktuell wird es zudem eine Spielprognose geben.

Das WM-Themenpaket der Deutschen Sporthochschule Köln erreichen Sie online unter www.dshs-koeln.de/wm-themenpaket.

Weitere Informationen:
http://www.dshs-koeln.de/wm-themenpaket

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Das Digitalzeitalter verstehen

Pia Barth Public Relations und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Eine neue Stiftungsprofessur „Digitale Transformation und Arbeit“ bereichert die sozialwissenschaftliche Forschung an der Goethe-Universität in der Tradition einer kritischen Gesellschaftstheorie: Gestern wurde dazu der Vertrag von den beiden Stiftern ProLife Stiftung und Frankfurter University of Labour sowie der Goethe-Universität unterzeichnet.

Digitalität ist längst zu einem selbstverständlichen Bestandteil unseres Alltags geworden und hat Wirtschaft und Arbeit bereits fundamental verändert – über unternehmerischen Erfolg bestimmt etwa, ob Daten maximal akkumuliert und Algorithmen kompetent verwaltet werden, ob höchste Aufmerksamkeit bei potenziellen Kunden erzielt und quasi in Echtzeit geliefert wird. Wie vollzieht sich dieser Wandel und welche sozialen Folgen gehen mit dem Wechsel vom Industriezeitalter zum Digitalzeitalter einher – für die Gesellschaft und speziell für die Wirtschaft und Arbeitswelt? Wie verändern die neuen Technologien soziale Praktiken und Arbeitsabläufe, die politische Öffentlichkeit und Formen der betrieblichen Beteiligung und Mitbestimmung? Die neue Stiftungsprofessur wird am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität diesen Fragen auf den Grund gehen.

Finanziert wird die Professur durch einen Stiftungsfonds der ProLife Stiftung und der University of Labour, eine Einrichtung der IG-Metall und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Gestern wurde der Vertrag im Beisein des Dekans des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften, Prof. Dr. Christopher Daase, von Jürgen Eckert, Vorstandsvorsitzender der ProLife Stiftung, Prof. Dr. Martin Allespach, Präsident der University of Labour, und Rainer Gröbel, Kanzler der University of Labour, sowie Prof. Dr. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität, unterzeichnet.

„Mit der Professur wollen wir das Verständnis für die sozialen Folgen der Digitalisierung fördern“, erklärte Eckert das Ziel des neuen Stiftungsfonds. „Was technisch an Veränderungen auf die Arbeitswelt zukommt, können wir überall beobachten – uns fehlt aber das Narrativ dafür, was das eigentlich für den Menschen in seiner Arbeits- und Lebenswelt bedeutet“. Gröbel führte weiter aus: „Es geht uns nicht um eine Ablehnung der digitalen Transformation, sondern es geht uns um die Frage, wie wir Wissen und Kompetenzen im Umgang mit den Transformationsprozessen an Studierende und Beschäftigte in den Unternehmen vermitteln.“ Die Stifter betonen, dass sie mit der Wahl der Goethe-Universität bewusst an die Tradition der kritischen Gesellschaftstheorie anknüpfen und die Stärke der Hochschule in Sozialphilosophie und Sozialforschung ausbauen wollen.

„Wir freuen uns sehr über das Vertrauen in die Goethe-Universität, wesentliche Beiträge für die Lösung drängender globaler Herausforderungen in Forschung und Lehre zu leisten“, sagte Universitätspräsident Schleiff. „Die Stiftung gibt uns darüber hinaus die Möglichkeit, unseren Profilbereich ,Orders & Transmissions‘ zu stärken, in dem sich Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Fachbereichen und Zentren unserer Goethe-Universität vor allem auch dieser Frage widmen: Was bedeutet der fundamentale digitale Wandel und seine Folgen für die Zukunft von Mensch, Natur und Umwelt?“

„Für den Fachbereich Gesellschaftswissenschaften“, so der Dekan des Fachbereichs, Prof. Dr. Christopher Daase, „bietet die neue Professur die Möglichkeit, sein Profil in der kritischen Sozialforschung zu schärfen und seine politische und gesellschaftliche Relevanz unter Beweis zu stellen.“

Die ProLife Stiftung und die University of Labour sind der Goethe-Universität sowie dem Institut für Sozialforschung, dem Sigmund Freud- und dem Frobenius-Institut durch Projektförderungen bereits verbunden. Durch die Stiftungsprofessur wird sich die Zusammenarbeit von Goethe-Universität und University of Labour intensivieren.

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Keine Anzeichen für einen Rückgang der weltweiten CO2-Emissionen

LMU Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München
Neuer Bericht des Global Carbon Projects zeigt: Die fossilen CO2-Emissionen werden bis Ende 2022 weltweit bei 36,6 Milliarden Tonnen CO2 liegen.

Im Jahr 2022 erreichen die fossilen CO2-Emissionen weltweit 36,6 Milliarden Tonnen CO2 und werden somit leicht höher liegen als vor der Corona-Pandemie. Zusammen mit Landnutzungsemissionen von 3,9 Milliarden Tonnen belaufen sich die Gesamtemissionen auf 40,6 Milliarden Tonnen und damit leicht unter den bislang höchsten Werten von 2019 (40,9 Milliarden Tonnen). Dies zeigt der aktuelle Bericht des Global Carbon Projects.

Die weiterhin hohen Emissionen stehen im Widerspruch zu dem Rückgang, der nötig wäre, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Um die globale Erwärmung mit einer 50%-Wahrscheinlichkeit auf 1,5°C zu begrenzen, dürfen insgesamt nur noch 380 Milliarden Tonnen CO2 emittiert werden. Wenn man von den Emissionswerten des Jahres 2022 ausgeht, wird diese Menge nun schon in neun Jahren erreicht sein.

Klimapolitik und technologischer Wandel greifen noch nicht genug
Der Bericht zeigt, dass sich das langfristige Wachstum der fossilen Emissionen abgeschwächt hat. 24 Länder mit wachsenden Volkswirtschaften haben ihre fossilen CO2-Emissionen sogar gesenkt. Doch dies reicht nicht, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Um bis zum Jahr 2050 null CO2-Emissionen zu erreichen, müssten die gesamten anthropogenen CO2-Emissionen um durchschnittlich 1,4 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr gesenkt werden, vergleichbar mit dem beobachteten Rückgang der Emissionen im Jahr 2020 infolge der COVID-19-Pandemie, was das Ausmaß der erforderlichen Maßnahmen verdeutlicht.

Die prognostizierte Zunahme der fossilen CO2-Emissionen im Jahr 2022 ist vor allem auf den höheren Ölverbrauch durch den wieder gestiegenen Flugverkehr zurückzuführen. Dabei sind regionale Unterschiede deutlich spürbar. So werden die Emissionen im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 in China um etwa 0,9% und in der Europäischen Union um 0,8% sinken. In anderen Regionen werden sie hingegen zunehmen: in den Vereinigten Staaten um 1,5%, in Indien um 6% und in der übrigen Welt um 1,7%.

Dies spiegelt die derzeitigen geopolitischen Krisen und die Pandemielage wider: Der Rückgang der Emissionen in China ist auf die Auswirkungen coronabedingter Lockdowns zurückzuführen. In der EU hingegen ist der Rückgang vor allem durch die Einschnitte in der Gasversorgung zu erklären – die Emissionen liegen 2022 etwa 10% niedriger als im Vorjahr. Teils wird dies aber durch einen Anstieg der Emissionen aus Kohle (um 6,7%) und Öl (um 0,9%) wettgemacht.

Der Bericht zum Global Carbon Budget 2022 wird veröffentlicht, während sich die Staats- und Regierungschefs der Welt auf der COP27 in Ägypten treffen, um über die Klimakrise zu diskutieren. „Wir sehen einige positive Entwicklungen, aber bei Weitem nicht die tiefgreifenden Maßnahmen, die jetzt eingeleitet sein müssten, um die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu halten. Die fossilen Emissionen steigen, statt zu sinken. Die Landnutzungsemissionen liegen weiterhin hoch – im Widerspruch zu dem auf der letztjährigen Klimakonferenz gefassten Beschluss, bis 2030 die globale Entwaldung zu stoppen. Unsere Ambitionen müssen verschärft, ihre Umsetzung viel nachdrücklicher vollzogen werden, wenn die Ziele des Pariser Abkommens Realität werden sollen“, sagt Julia Pongratz, Professorin für Physische Geographie und Landnutzungssysteme an der LMU und Teil des Kernteams des Berichts.

Tropische Entwaldung sorgt für hohe Emissionen
Einen großen Einfluss auf die globale Kohlenstoffbilanz hat neben fossilen Emissionen auch die Landnutzung durch den Menschen. So werden die Emissionen aus der Landnutzung in diesem Jahr bei geschätzt 3,9 Milliarden Tonnen CO2 liegen. „Den größten Anteil hat die Entwaldung mit Emissionen von etwa 6,7 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr im letzten Jahrzehnt – hier gibt es großes Potenzial für Emissionsreduktionen. Die Hälfte dieser Emissionen, 3,5 Milliarden Tonnen CO2, wird durch nachwachsende Wälder und Aufforstungen kompensiert. Diese Senken gilt es aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen“, sagt LMU-Mitarbeiter Clemens Schwingshackl, der ebenfalls zum Bericht beitrug.

Die Landnutzungsemissionen entstehen vor allem in den tropischen Regionen – Indonesien, Brasilien und die Demokratische Republik Kongo waren im letzten Jahrzehnt für zusammen 58% der weltweiten Landnutzungsemissionen verantwortlich.

Der Bericht zum Global Carbon Budget erfasst auch den Verbleib der anthropogenen CO2-Emissionen in den natürlichen Senken. Für 2022 schätzen die Wissenschaftler*innen die CO2-Aufnahme des Ozeans auf 10,5 Milliarden Tonnen, die auf dem Land auf 12,4 Milliarden Tonnen. Die verbleibende knappe Hälfte der Gesamtemissionen lässt die atmosphärische CO2-Konzentration weiter steigen, auf 51% über ihrem vorindustriellen Niveau.

Der Bericht zum Global Carbon Budget wird gemeinsam von mehr als 100 Wissenschaftler*innen aufgrund von Daten globaler Messnetzwerke, Satellitendaten, statistischen Erhebungen und Modellrechnungen erstellt. Aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind Wissenschaftler*innen des Alfred-Wegener-Instituts (Bremerhaven), der Ludwig-Maximilians-Universität (München), des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (Hamburg), des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie (Jena), des Karlsruhe Institut für Technologie, des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung (Kiel), des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (Warnemünde), des International Institute for Applied Systems Analysis (Laxenburg), der ETH Zürich und der Universität Bern beteiligt. Das Global Carbon Budget 2022 ist die 17. Ausgabe des jährlich erscheinenden Berichts, der durch unabhängige Expert*innen begutachtet wird.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Julia Pongratz
Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme
Tel: +49 (0) 89 / 2180 – 6652
E-Mail: julia.pongratz@lmu.de

Originalpublikation:
Friedlingstein et al. (2022) Global Carbon Budget 2022. Earth System Science Data, DOI: https://doi.org/10.5194/essd-14-4811-2022

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Konzertreihe: Corona-Spürhunde sind alltagstauglich

Sonja von Brethorst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Studie „Back to Culture“ veröffentlicht.

Die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) untersuchte in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), dem Robert Koch-Institut, Hannover Concerts, ProEvent Hannover und der AWiAS Aviation Services GmbH, ob ausgebildete Corona-Spürhunde im Alltag eingesetzt werden könnten, um mit SARS-CoV-2 infizierte Personen aufzuspüren. Für die Studie veranstaltete das Projektteam Ende 2021 vier Konzerte, bei denen die Corona-Spürhunde am Einlass an Tupfern mit Schweißproben aller Besucherinnen und Besucher rochen, um Corona-Infektionen zu entdecken. Ihre Ergebnisse veröffentlichte das Forschungsteam heute in der Fachzeitschrift BMJ Global Health. Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur unterstützte die Studie mit rund einer Million Euro. „Ich freue mich über den Erfolg der Machbarkeitsstudie ‚Back to Culture‘“, so Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur Falko Mohrs. „Sie zeigt, dass der Einsatz der Hunde eine Option sein kann und ist ein weiterer Beleg für die Kreativität und Innovationskraft Niedersachsens.“

Die Trefferquote der Hunde lag bei fast 100 Prozent. Acht Hunde waren im Vorfeld darauf trainiert worden, SARS-CoV-2-positive-Proben am Geruch zu erkennen. Um zu bewerten, wie gut die Leistung der Corona-Spürhunde, Menschen auf SARS-CoV-2 zu screenen, in einer alltäglichen Situation funktioniert, organisierte das Projektteam vier Konzerte mit Fury in the Slaughterhouse, Bosse, Alle Farben und Sido. Insgesamt kamen 2.802 Teilnehmende zu den vier Veranstaltungen. Sie alle gaben Schweißproben ab, die den Tieren in einer Anordnung, bei der die Besucherinnen und Besucher keinen direkten Kontakt zu den Hunden hatten, präsentiert wurden. Zusätzlich hatten sich vor dem jeweiligen Konzert alle Teilnehmenden mit einem SARS-CoV-2-spezifischen Antigen-Schnelltest und einer RT-qPCR testen lassen. Zudem machten sie Angaben zu Alter, Geschlecht, Impfstatus und ihrer Krankheitsgeschichte.

Die SARS-CoV-2-Spürhunde erreichten eine diagnostische Spezifität von 99,93 Prozent (Erkennung negativer Proben) bzw. eine Sensitivität von 81,58 Prozent (Erkennung positiver Proben). Die Gesamtrate übereinstimmender Ergebnisse betrug 99,68 Prozent. Die Mehrheit der Teilnehmenden war mit unterschiedlichen Impfstoffen und Impfschemata geimpft worden, mehrere Besucherinnen und Besucher litten an chronischen Krankheiten und wurden chronisch medikamentös behandelt. Dies hatte keinen Einfluss auf die Entscheidungen und die Arbeit der Hunde.

Professor Dr. Holger Volk, Leiter der Klinik für Kleintiere der TiHo sagte: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass SARS-CoV-2-Spürhunde in einem realen Szenario eine hohe diagnostische Genauigkeit erreichen können. Impfstatus, frühere SARS-CoV-2-Infektion, chronische Erkrankung und Medikation der Teilnehmenden hatten keinen Einfluss auf die Leistung der Hunde, eine akute Infektion zu erkennen. Außerdem zeigt die Studie, wie es organisatorisch gut möglich ist, Corona-Spürhunde im Alltag einzusetzen.“

Das Projekt „Back to Culture“
Schon im Juli 2020 hatte ein Forschungsteam der Klinik für Kleintiere in einer Pilotstudie gezeigt, dass Hunde mit ihrem ausgeprägten Geruchssinn in der Lage sind, Speichelproben SARS-CoV-2-infizierter und gesunder Menschen unter Laborbedingungen mit rund 94-prozentiger Sicherheit zu unterscheiden. Eine Folgestudie ergab, dass auch Schweiß und Urin geeignetes Probenmaterial sind. Ziel des gemeinsamen Projekts „Back to Culture“ war es, zu prüfen, wie und ob Großveranstaltungen durch den Einsatz von Corona-Spürhunden sicherer werden können. Die Studienergebnisse liefern zudem eine Aussage darüber, ob Corona-Spürhunde auch in anderen Alltagssituationen eingesetzt werden könnten.

Die Corona-Spürhunde
Im Alltag kommen Spürhunde täglich in vielen Bereichen zum Einsatz, wie zum Beispiel im Bereich der Sprengstoffsuche. Für eine gemeinsame Studie wurden darum im vergangenen Jahr Sprengstoffspürhunde der Bundeswehr und Spürhunde der AWiAS Aviation Services GmbH trainiert und getestet. Das Training der Hunde erfolgte mit Proben SARS-CoV-2-positiver Menschen, die zuvor chemisch inaktiviert wurden, um für Mensch und Tier während des Trainings die Gefahr einer Infektion auszuschließen. Für das Projekt „Back to Culture“ wurden Sprengstoffspürhunde der AWiAS Aviation Services GmbH trainiert. Die Konzertbesucherinnen und Konzertbesucher kamen bei den Konzerten nicht mit den Hunden in Kontakt. Nachdem sie sich mit einem Wattepad über die Armbeuge gestrichen haben, gaben sie das Pad ab.

Die Originalpublikation
ten Hagen NA, Twele F, Meller S, et al. Canine real-time detection of SARS-CoV-2 infections in the context of a mass screening event. BMJ Global Health 2022;0:e010276. https://doi.org/10.1136/bmjgh-2022-010276

Übersichtsartikel zum selben Thema
Jendrny, P., Twele, F., Meller, S. et al. Canine olfactory detection and its relevance to medical detection. BMC Infect Dis (2021) https://doi.org/10.1186/s12879-021-06523-8

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Professor Dr. Holger Volk
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Klinik für Kleintiere
Tel.: +49 511 953-6202
holger.volk@tiho-hannover.de

Originalpublikation:
https://doi.org/10.1136/bmjgh-2022-010276

Weitere Informationen:
http://www.tiho-hannover.de/pressemitteilungen

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Kinder lernen wissenschaftliches Denken früher als gedacht | Neue Studie zeigt Einfluss von Eltern

Timo Fuchs Pressestelle
Universität Vechta
Wissenschaftliche Informationen verstehen und bewerten zu können, ist eine entscheidende Fähigkeit auch für das gesellschaftliche Leben, etwa bei der Bewältigung von Klimawandel oder Corona-Pandemie.Während man lange davon ausging, dass junge Kinder nicht in der Lage seien, wissenschaftlich zu denken, weist nun eine neue Studie nach, dass bereits 6-Jährige grundlegende Fähigkeiten darin zeigen. Wie sehr sie diese entwickeln, hängt wesentlich von der Förderung durch Eltern ab.

Hinweis: Diese Studie wird in Kürze auf einem internationalen pädagogischen Fachtag in Norddeutschland zur Entwicklung von Kindern vorgestellt. Der Fachtag dreht sich um wissenschaftliche Erkenntnisse zu einer Schlüssel-Kompetenz für das soziale Leben von Kindern: ihrer Fähigkeit, andere zu verstehen. Weitere Informationen unter dieser Meldung.

Erstmals Studie mit Grundschüler*innen auf diese Weise durchgeführt
Lange Zeit ging man davon aus, dass junge Kinder nicht in der Lage seien, wissenschaftlich zu denken. Das betrifft Fähigkeiten wie Daten zu bewerten, zu beurteilen, ob ein Experiment ein gutes oder ein schlechtes ist, oder ein grundlegendes Verständnis davon zu entwickeln, was Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eigentlich machen. Eine Studie von Christopher Osterhaus, Juniorprofessor für Entwicklungspsychologie im Handlungsfeld Schule an der Universität Vechta, und Susanne Koerber, Professorin für Frühe Bildung der Pädagogischen Hochschule Freiburg, zeigt nun jedoch, dass bereits 6-Jährige erstaunliche Kompetenzen im wissenschaftlichen Denken aufweisen. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse bereits in der renommierten Forschungszeitschrift „Child Development“.

Die beiden Wissenschaftler*innen der Universität Vechta und der Pädagogischen Hochschule Freiburg sind die ersten, die das wissenschaftliche Denken im Kindesalter in dieser Kombination aus besonders langem Zeitraum mit besonders kurz aufeinander folgenden Test-Intervallen und einer besonders hohen Zahl an Test-Aufgaben erfasst haben. Untersucht wurden in der fünfjährigen Längsschnittuntersuchung insgesamt 161 Kindergarten- und Grundschulkinder.

„Wir haben die Kinder zum ersten Mal im Kindergarten interviewt und sie dann bis ans Ende der Grundschulzeit begleitet“, erläutert Osterhaus. „Dabei haben wir jährlich ihre Kompetenzentwicklung gemessen. Auf diese Weise lässt sich sehr genau verfolgen, wann Entwicklungsschritte auftreten und wovon diese abhängen.“

Vorurteil widerlegt: Mädchen nicht schlechter als Jungen
Im Gegensatz zum geläufigen Vorurteil weist die Studie allerdings keine Gender-Unterschiede nach: Mädchen schnitten ebenso gut ab wie Jungen. „Manch eine Studie findet Gender-Unterschiede im wissenschaftlichen Denken“, sagt Osterhaus.

„Dies ist allerdings in der Regel nur der Fall, wenn Aufgaben verwendet werden, die überwiegend aus einem einzelnen naturwissenschaftlichen Inhaltsbereich stammen, wie beispielsweise der Physik. Wir haben in unserer Studie Aufgabenverwendet, die kindgerecht und in Kontexte eingebettet sind, die Jungen und Mädchen gleichermaßen ansprechen.“

Elternhaus entscheidend für Entwicklung
Neben den allgemeinen Fähigkeiten der Kinder (in erster Linie ihrem Sprachverständnis) scheint insbesondere ihr soziales Verständnis eine Rolle dabei zu spielen, wie gut sie wissenschaftlich denken. Aber auch das Elternhaus spielt eine wichtige Rolle. So haben die beiden Wissenschaftler*innen gezeigt, dass Kinder aus Elternhäusern mit einem hohen Bildungsniveau besser in den Testungen abschnitten als Kinder aus Elternhäusern mit einem durchschnittlichen oder niedrigen Bildungsniveau. Die Grundschule wirkte demnach nicht ausgleichend, sondern schien Unterschiede durch soziale Milieus eher zu verfestigen.

Zu Beginn der Grundschulzeit sind grundlegende Fähigkeiten vorhanden, vieles aber entwickelt sich noch. So müssen Lehrkräfte und Eltern die Kinder gezielt fördern, damit sich ihr wissenschaftliches Denken entfalten kann. Kindergarten und Schule müssen also hier ansetzen, um diesen Unterschieden entgegenzuwirken.

„Bis zum Ende der Grundschulzeit scheint es ein enormes Potenzial zur Entwicklung des wissenschaftlichen Denkens zu geben“, erläutert Christopher Osterhaus. „Aber während manch ein Kindergartenkind bereits komplexe Datenmuster korrekt interpretiert, haben andere Kinder selbst am Ende der Grundschulzeit Probleme damit, ein gutes von einem schlechten Experiment zu unterscheiden. Das heißt, die Kinder, die bereits im Kindergarten gut sind, sind diejenigen Kinder, die auch am Ende der Grundschulzeit ihren Klassenkamerad*innen weit voraus sind.“

Hinweis zum pädagogischen Fachtag
Diese Studie wird u.a. auf einem internationalen pädagogischen Fachtag in Norddeutschland zur Entwicklung von Kindern im Kontext von Schulen vorgestellt. Der Fachtag dreht sich um wissenschaftliche Erkenntnisse zu einer Schlüssel-Kompetenz für das soziale Leben von Kindern: ihrer Fähigkeit andere zu verstehen.

Dabei geht es auch um Studienergebnisse etwa zur mentalen Gesundheit von Kindern, zu homophobem Mobbing oder dem Einfluss von Schule auf die Entwicklung der Kompetenz, andere zu verstehen.

Datum: 17. + 18. November 2022
Ort: Universität Vechta, Driverstr. 22, 49377 Vechta

Für weitere Informationen für Ihre Berichterstattung sprechen Sie uns gerne an.

Ausblick zur weiteren Forschung
An der Universität Vechta laufen in Kooperation mit Partneruniversitäten weitere Studien zur Entwicklung und Förderung des wissenschaftlichen Denkens. In einer Zusammenarbeit mit der Universität Pavia führen die Wissenschaftler*innen Prof. Dr. Serena Lecce und Prof. Dr. Christopher Osterhaus eine Studie durch, in der untersucht wird, wie sich das wissenschaftliche Denken im Grundschulalter fördern lässt.

Da die oben genannte Studie von Osterhaus und Koerber einen Hinweis darauf liefert, dass zu wenig im Bereich der Förderung des wissenschaftlichen Denkens im Grundschulalter passiert, sind solche Trainingsstudien von großer Relevanz, da sie Wege aufzeigen können, wie Grundschullehrer*innen die Kompetenzen der Kinder effektiver fördern können. Die Erkenntnisse aus diesen und weiteren Studien sind somit von zentraler Bedeutung für die Lehrer*innenbildung.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Junior-Prof. Christopher Osterhaus, Universität Vechta

Originalpublikation:
Die Original-Studie finden Sie hier: PM LS Scientific reasoning Osterhaus, C., & Koerber, S. (2022). The complex associations between children’s scientific reasoning and advanced theory of mind. Child Development:
https://srcd.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/cdev.13860

Anhang
Flyer Internationaler Pädagogischer Fachtag Vechta 2022 (englisch)

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Energiewende in Südhessen: Vortragsreihe „Energie für die Zukunft“ startet wieder

Simon Colin Hochschulkommunikation
Hochschule Darmstadt
Nach zweijähriger Coronapause findet die Vortragsreihe „Energie für die Zukunft“ wieder vor Ort in der Centralstation Darmstadt statt. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung geben Einblicke in Themen rund um die Energiewende und Klimaneutralität in der Region. Auftakt ist am Montag, 21. 11., um 19 Uhr mit einem Podiumsgespräch zur Nachhaltigen Energiewende in Südhessen.

Einmal monatlich ist ab sofort wieder „Energie für die Zukunft“-Zeit. Immer montags um 19 Uhr laden die Hochschule Darmstadt (h_da), das „ENTEGA NATURpur Institut“ und die Wissenschaftsstadt Darmstadt in Kooperation mit der Centralstation Darmstadt Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung zum „Wissenschaftstag“ ein. Der Eintritt zu den Vorträgen in der Centralstation ist frei.

Zum Auftakt der Vortragsreihe am Montag, 21.11., geht es in einem Podiumsgespräch um die Frage: „Nachhaltige Energiewende Südhessen – Welche Rolle spielen Bürgerinnen und Bürger, Politik und Unternehmen bei der Umsetzung der Energiewende?“. Es diskutieren auf dem Podium und mit dem Publikum: Dr. Marie Luise Wolff, Vorstandsvorsitzende der „ENTEGA AG“ und Präsidentin des BDEW, HEAG-Vorstand Prof. Dr. Michael Ahrend, HEAG mobilo-Geschäftsführer Michael Dirmeier und Lutz Köhler, Erster Kreisbeigeordneter des Landkreises Darmstadt-Dieburg.

Von der „Forschung an Europas einzigartigem Teilchenphysikzentrum CERN“ berichtet am Montag, 12.12., Dr. Kristof Schmieden. Er selbst arbeitete bis 2020 am weltweit größten Forschungszentrum für Teilchenphysik und forscht heute an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Bei „Energie für die Zukunft“ stellt er das CERN vor und gibt Einblicke in aktuelle Fragestellungen der Teilchenphysik, die auch für die Energietechnik relevant sind.

Das „Reallabor DELTA“ stellt am Montag, 23.01.2023, Prof. Dr. Jens Schneider vom Institut für Statik und Konstruktion der TU Darmstadt vor. Das „Darmstädter Energie-Labor für Technologien in der Anwendung“ (DELTA), an dem auch die Hochschule Darmstadt beteiligt ist, versteht sich als „Schaufenster für die urbane Energiewende zur Demonstration interagierender, energieoptimierter Quartiere“.

„Solarstrom für alle – Bürgersolarberatung in Darmstadt und Südhessen“ heißt es zum Abschluss der Vortragreihe am 13.02.2023, ebenfalls ab 19 Uhr. Heike Böhler von „HeinerEnergie Darmstadt“ und Michael Anton von der Klima-Initiative Ober-Ramstadt erläutern ihre Projekte und erklären, wie die Menschen in Darmstadt und Region Solarstrom für sich nutzen können.

„Energie für die Zukunft ist die Vorreiterin der Veranstaltungsreihen zu den Themenfeldern Energiewende und Nachhaltigkeit in Darmstadt und Südhessen“, sagt Moderator Prof. Dr. Ingo Jeromin vom Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik der Hochschule Darmstadt. „Wir freuen uns, dass wir mit unseren Partnern bereits zum sechzehnten Mal den Menschen in Stadt und Region aktuelle Informationen mit auf den Weg geben können.“

Auch Matthias W. Send, Vorsitzender der Geschäftsführung der „ENTEGA NATURpur Institut gGmbH“, sieht die Vorteile der langjährigen Zusammenarbeit: „Die Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft ist ein entscheidender Baustein, um die Gesellschaft weiterzuentwickeln. Das gilt insbesondere für die Energie- und Klimawende.“

Veranstaltungsort
Centralstation Darmstadt
Im Carree
64283 Darmstadt

Beginn jeweils um 19 Uhr, montags, im Rahmen des Wissenschaftstags. Der Eintritt ist frei.

Programmübersicht:
Montag, 21. November 2022
Nachhaltige Energiewende Südhessen – Welche Rolle spielen Bürgerinnen und Bürger, Politik und Unternehmen bei der Umsetzung der Energiewende?
Mit Dr. Marie Luise Wolff, Vorstandsvorsitzende der ENTEGA AG und Präsidentin des BDEW, HEAG-Vorstand Prof. Dr. Michael Ahrend, HEAG mobilo-Geschäftsführer Michael Dirmeier und Lutz Köhler, Erster Kreisbeigeordneter des Landkreises Darmstadt-Dieburg.

Montag, 12. Dezember 2022
Forschung an Europas einzigartigem Teilchenphysikzentrum: CERN. Teilchenphysik – Interkulturelle Zusammenarbeit – Innovationenprojekt
Dr. Kristof Schmieden, Senior Researchers, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Montag, 23. Januar 2023
Das Reallabor DELTA – delta-darmstadt.de
Prof. Dr. Jens Schneider, Institut für Statik und Konstruktion, TU Darmstadt

Montag, 13. Februar 2023
Solarstrom für alle – Bürgersolarberatung in Darmstadt und Südhessen
Heike Böhler (HeinerEnergie Darmstadt) und Michael Anton (Klima-Initiative Ober-Ramstadt)

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BLUE PLANET Berlin Water Dialogues

Moritz Lembke-Özer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kompetenzzentrum Wasser Berlin gGmbH (KWB)
Die BLUE PLANET Berlin Water Dialogues sind die globale und etablierte Netzwerk-Plattform, die internationale InteressenvertreterInnen und Stakeholder aus Forschung, Wirtschaft und Politik im Bereich des innovativen Wassermanagements zusammenbringt. Noch kann man sich für die nächste Online-Konferenz am 22. November 2022 anmelden.

Die BLUE PLANET Berlin Water Dialogues beleuchten am 22. November 2022 mit dem diesjährigen Schwerpunkt Artificial Intelligence: Reshaping the Water Industry ein international hochaktuelles Thema. Das Programm steht: Die in Berlin organisierte, englischsprachige Online-Konferenz bringt Interessenvertreter:innen aus Forschung, Wirtschaft und Politik im Bereich des innovativen Wassermanagements zusammen, um Zukunftsthemen der globalen Wasserwirtschaft zu diskutieren. Gefördert werden die BLUE PLANET Berlin Water Dialogues durch die Exportinitiative Umweltschutz – GreenTech „Made in Germany“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe (SenWEB).

In gut zehn Jahren hat sich die BLUE PLANET Berlin Water Dialogues-Konferenzreihe als das global führende Forum der Wasserwirtschaft etabliert. Seit der erfolgreichen digitalen Premiere 2021 wird die Fachkonferenz virtuell durchgeführt und eröffnet so dem interessierten Publikum weltweit die Möglichkeit der Teilnahme, Diskussion und Vernetzung.

Stefan Tidow, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) wird die Online-Konferenz mit einem Grußwort eröffnen, zudem konnten wieder hochkarätige Expert:innen für Vorträge gewonnen werden. Sella Nevo, Google Flood Forecasting Initiative, Nicolas Zimmer, Technologiestiftung Berlin, Prof. Dr. Andrea Cominola, Einstein Center Digital Future der Technischen Universität Berlin, Dr. Riccardo Taormina, Delft University of Technology und Newsha Ajami, PhD, Berkeley Lab’s Earth & Environmental Sciences, sind als Keynote-Speaker bestätigt. Zahlreiche deutsche und internationale Repräsentant:innen aus Wirtschaft, öffentlichem Sektor, Politik und Wissenschaft zeigen die Chancen auf, die Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) für den globalen Wassersektor bereithalten, diskutieren, wie sich die Wasserindustrie dadurch verändert, beleuchten die Möglichkeiten der Hydroinformatik und blicken auf die wichtigen Themen Cyber Security sowie die Stärkung der Klimaresilienz durch KI.

Die Konferenzteilnehmenden erhalten außerdem spannende Einblicke in innovative Anwendungsbeispiele, Projekte und Technologien aus Deutschland, Spanien, den USA, den Niederlanden und Großbritannien. Vertiefende Break-Out Sessions regen Diskussionen zu den Themen Datenquantität und -qualität sowie zu Möglichkeiten und Herausforderungen bei der Implementierung von KI-Anwendungen in der Wasserwirtschaft an. Die multimediale Online-Eventplattform ermöglicht zudem durch vielfältige Interaktionsmöglichkeiten vor, während und nach der Veranstaltung das internationale Netzwerken.

Die digitale Veranstaltung richtet sich an ein internationales Publikum, findet auf Englisch statt und ist für die Teilnehmenden kostenfrei.
Das Programm können Sie hier einsehen: https://blueplanetberlin.de/agenda-2022/
Die Anmeldung ist hier möglich: https://blueplanetberlin-event.de/events/5c4aecb25b654d56.
Weitere Informationen erhalten Sie unter www.blueplanetberlin.de sowie auf LinkedIn und Twitter.

Über BLUE PLANET Berlin Water Dialogues
Mit den BLUE PLANET Berlin Water Dialogues hat sich in den vergangenen Jahren ein qualifiziertes englischsprachiges Forum zum Wissens-, Ideen-, Konzept- und Erfahrungsaustausch zwischen Politik, Wasserwirtschaft, WissenschaftlerInnen und Nicht-Regierungsorganisationen entwickelt und etabliert. Hier werden gemeinsam globale Herausforderungen diskutiert sowie deutsche und internationale Kompetenzen und Lösungsansätze vorgestellt und beworben. Der Schwerpunkt liegt darauf, Synergien im Bereich Forschung und Entwicklung zwischen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen nachhaltig zu fördern. Damit sollen praxisnahe Innovationen, etwa aus den Bereichen nachhaltige Entwicklung und Künstliche Intelligenz, in der Wasserwirtschaft oder dem Umweltschutz, durch ressourceneffiziente Technologien vorangetrieben werden. BLUE PLANET 2022 wird vom Kompetenzzentrum Wasser Berlin gGmbH und German Water Partnership e.V. zusammen mit den Berliner Beratungsunternehmen T-Base Consulting GmbH und eclareon GmbH organisiert.

Weitere Informationen zum BMUV-Förderprogramm Exportinitiative Umweltschutz unter https://www.exportinitiative-umweltschutz.de/

Presseeinladung
Vertreter:innen der Presse sind herzlich eingeladen an der Online-Konferenz teilzunehmen. Bitte nutzen Sie hierfür die Presse Registrierung: https://blueplanetberlin-event.de/events/30268/partners/press

Zur Pressemeldung vom 20.09.2022: https://blueplanetberlin.de/wp-content/uploads/2022/09/Pressemeldung_BLUE-PLANET…

Anhang
2. Pressemitteilung BLUE PLANET

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Cyberagentur vergibt Millionenaufträge zur Cybersicherheit

Michael Lindner Presse
Agentur für Innovation in der Cybersicherheit GmbH
Kickoff für die erste Forschungsphase zu KRITIS

Am 7. November 2022 wurden im Mitteldeutschen Multimediazentrum in Halle (Saale) die Verträge für Forschung zu „Existenzbedrohenden Risiken aus dem Cyber- und Informationsraum – Hochsicherheit in sicherheitskritischen und verteidigungsrelevanten Szenarien“ mit sechs Forschungsverbünden unterzeichnet. Damit startet die erste Phase des mit 30 Millionen Euro dotierten Forschungsvorhabens der Agentur für Innovation in der Cybersicherheit (Cyberagentur).

Der Forschungsdirektor, Prof. Dr. Christian Hummert und der kaufmännische Direktor, Daniel Mayer, paraphierten am Montag (07.11.2022) für die Cyberagentur die Verträge für die erste Projektphase des bislang größten Forschungsvorhabens. Aus 19 eingegangenen Angeboten wurden sechs Forschungsverbünde von einer Fachjury ausgewählt, die in der sechsmonatigen ersten Phase ihre bisher eingereichten Projektideen zu „Existenzbedrohenden Risiken aus dem Cyber- und Informationsraum – Hochsicherheit in sicherheitskritischen und verteidigungsrelevanten Szenarien“ weiter ausarbeiten werden.
„Wir waren sehr erfreut, dass sich sehr viele für unsere Ausschreibung interessierten“, betonte Prof. Dr. Hummert. „Die Qualität der Bewerbungen war außergewöhnlich gut. Für die Jury waren also hervorragende Bedingungen gegeben, um die sechs Forschungsverbünde aus dem Pool auszuwählen.“ Daniel Mayer ergänzte dazu: „Das Auftragsvolumen von 30 Millionen Euro stellt letztlich hohe Erwartungen an die Forschungsverbünde im Wettbewerb um die besten Ergebnisse.“

Wettbewerbsbeginn mit sechs Forschungsverbünden
Die Forschungsverbünde ATTRIBUT, CALCIO, MANTRA, SaCsy, SEC++ sowie SOVEREIGN haben sich schlussendlich gegenüber ihren Konkurrenten durchgesetzt. Diese setzen sich aus Universitäten, Hochschulen, Instituten und Unternehmen zusammen. Seit dem Ausschreibungsbeginn am 17. Juni 2022 haben diese sich mit der Fragestellung zur Erforschung und Entwicklung neuer Fähigkeiten der operativen Cybersicherheit befasst, um die Resilienz der Behörden und Kritischer Infrastrukturen zu erhöhen. In den kommenden Jahren werden sie untereinander mit verschiedenen Ansätze um innovativste Forschungsidee konkurrieren. Die Anzahl der Teilnehmer wird sich stufenweise im Laufe des Verfahrens reduzieren.

PCP-Verfahren in 5 Phasen
Der Wettbewerb der Cyberagentur umfasst einen Zeitrahmen von fünf Jahren. Als Ausschreibungsverfahren wurde das Pre-Commercial Procurement (PCP) gewählt. Die vorkommerzielle Auftragsvergabe ist ein von der EU-Kommission entwickeltes spezifisches Ausschreibungsverfahren der öffentlichen Hand für Forschungs- und Entwicklungsleistungen. Charakteristisch dabei ist die wettbewerbsbasierte Forschung & Entwicklung in Phasen und die Risiko-Nutzen-Teilung. So findet der aktuelle Wettbewerb in fünf Phasen einschließlich des Auswahlverfahrens statt. Insgesamt stehen dafür 30 Millionen Euro für den Zeitraum von 5 Jahren zur Verfügung. [Mehr Informationen]
Für die Evaluation der Angebote konnte eine Fachjury aus Mitgliedern der Cyberagentur und Vertretern der gesamtgesellschaftlichen Sicherheitsvorsorge gewonnen werden. Der Jury gehören von der Cyberagentur der Forschungsdirektor, Prof. Dr. Christian Hummert, Abteilungsleiter Sichere Systeme, Prof. Dr. Tobias Eggendorfer und der Projektleiter, Dr. Gerald Walther und als externe Mitglieder Dr. Harald Niggemann, Cyber Security Strategist beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sowie Oberstleutnant Christoph Kühn, Dezernatsleiter im Zentrum für Cyber-Sicherheit der Bundeswehr, an. „Mit den externen Jurymitgliedern aus den beiden staatlichen Organisationen als Vertreter der Inneren und Äußeren Sicherheit haben wir, unserem Auftrag entsprechend, für ein transparentes Vergabeverfahren gesorgt“, erläutert Projektleiter Dr. Gerald Walther. „Die Jury wird auch weiterhin über alle Projektphasen den Wettbewerb um die besten Forschungsergebnisse begleiten.“

Kickoff und Workshops zum Projektstart
Nach der feierlichen Unterzeichnung der sechs Verträge stellte das Projektteam der Cyberagentur noch einmal den Projektrahmen für die Phase der Konzeptentwicklung vor. Die Teilnehmenden konnten in dem Event ihre Fragen zu den organisatorischen Abläufen stellen.
In einzelnen Workshops am Dienstag haben die Forschungsverbünde die Möglichkeit, ihre spezifischen Ansätze und Problemstellungen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Cyberagentur zu erörtern.

Kontakt
Michael Lindner
Pressesprecher der Cyberagentur
Tel.: +49 151 44150 645
E-Mail: presse@cyberagentur.de

Hintergrund: Cyberagentur
Die Agentur für Innovation in der Cybersicherheit GmbH (Cyberagentur) wurde im Jahr 2020 als vollständige Inhouse-Gesellschaft des Bundes unter der gemeinsamen Federführung des Bundesministeriums der Verteidigung und des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat durch die Bundesregierung mit dem Ziel gegründet, einen im Bereich der Cybersicherheit anwendungsstrategiebezogenen und ressortübergreifenden Blick auf die Innere und Äußere Sicherheit einzunehmen. Vor diesem Hintergrund bezweckt die Arbeit der Cyberagentur maßgeblich eine institutionalisierte Durchführung von hochinnovativen Vorhaben, die mit einem hohen Risiko bezüglich der Zielerreichung behaftet sind, gleichzeitig aber ein sehr hohes Disruptionspotenzial bei Erfolg innehaben können.
Der Cyberagentur stehen Prof. Dr. Christian Hummert als Forschungsdirektor und Geschäftsführer sowie Daniel Mayer als kaufmännischer Direktor vor.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Gerald Walther, Nicole Selzer

Weitere Informationen:
https://www.cyberagentur.de/strongcyberagentur-vergibt-millionenauftrage-zur-cyb…

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Deutschlands größte epidemiologische Langzeitstudie wird fortgeführt

Rebekka Kötting Pressestelle
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK)
Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat am 4. November 2022 die Fortschreibung der Bund-Länder-Vereinbarung über die Förderung der NAKO Gesundheitsstudie für eine dritte Förderphase von fünf Jahren ab Mai 2023 beschlossen. In den nächsten fünf Jahren wird die NAKO Gesundheitsstudie mit rund 127 Mio. Euro unterstützt.

Die NAKO Gesundheitsstudie ist eine Langzeit-Bevölkerungsstudie, die für einen angestrebten Beobachtungszeitraum von 20 bis 30 Jahren aufgebaut und seit 2013 von Bund, Ländern und der Helmholtz-Gemeinschaft gefördert wird. Sie wird von einem Netzwerk deutscher Forschungseinrichtungen organisiert und durchgeführt. Beteiligt sind Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz sowie Universitäten und weitere Forschungsinstitute. Ziel ist es, belastbare Aussagen über die Ursachen von Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes, Infektionskrankheiten und Herzinfarkt im Zusammenwirken von genetischer Veranlagung, Lebensgewohnheiten und umweltbe-dingten Faktoren zu treffen.

Die Vorsitzende der GWK, Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und For-schung, erklärt dazu: „Seit über zwei Jahren stehen wir vor der großen Herausforderung, die Corona-Pandemie einzudämmen und zugleich den Kampf gegen Volkskrankheiten wie Krebs oder Diabetes darüber nicht zu vernachlässigen. Die Fortführung der Förderung der NAKO Gesundheitsstudie ist daher das richtige Signal in dieser Zeit. Auch kommt Gesundheitsfragen angesichts des demografischen Wandels eine zunehmende Bedeutung zu. Eine gesunde Bevölkerung ist Grundvoraussetzung für ein gutes Miteinander, die Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit und unseres Wohlstands. Die NAKO Gesundheitsstudie schafft eine Datenbasis, deren Verwertung wissenschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt befördert.“

Der stellvertretende GWK-Vorsitzende, Markus Blume, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst des Freistaats Bayern, ergänzt: „Die NAKO Gesundheitsstudie bietet eine einzigartige Datengrundlage für Langzeitbeobachtungen und neue wissenschaftliche Erkenntnis. Die gesellschaftliche Bedeutung der NAKO Gesundheitsstudie zeigt sich besonders deutlich in der aktuellen Pandemie, aber sie geht weit darüber hinaus. Denn die Möglichkeit, die in der NAKO gesammelten und aufbereiteten Daten nicht nur untereinander, sondern mit Daten aus anderen Quellen und Bereichen wie Klimadaten, Wirtschaftsdaten oder soziologische Daten zu verknüpfen, ermöglicht weitere Fortschritte: Auf dieser Grundlage können hier in Deutschland Innovationen für die ganze Welt geschaffen werden, die unsere Gesellschaft resilienter machen.“

Die NAKO Gesundheitsstudie will bessere Möglichkeiten für die Verhinderung, möglichst frühe Erkennung und bestmögliche Behandlung von Krankheiten schaffen. Sie will zur Beantwortung der Frage beitragen, warum ein Mensch krank wird, der andere aber gesund bleibt. Von welchen Faktoren hängt dies ab? Spielt dabei die Umwelt die zentrale Rolle, das soziale Umfeld oder die Situation am Arbeitsplatz? Ist es die Ernährung? Sind es die Gene? Oder ist es eine Mischung all dieser Faktoren? Dazu werden deutschlandweit in insgesamt 18 Studienzentren rund 200.000 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger im Alter von 20 bis 69 Jahren wiederholt umfassend medizinisch untersucht und nach relevanten Lebensgewohnheiten befragt, z.B. nach körperlicher Aktivität, Rauchen, Ernährung, Beruf. In der aktuellen Förderphase hat die NAKO Gesundheitsstudie das angestrebte Ziel von 200.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern erreicht. Deren Gesundheitsdaten, darunter auch Bioproben, werden nun und in den Folgejahren wiederholt gesammelt und unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Aspekte auch Dritten zur Verfügung gestellt. Dieser Datenschatz birgt ein enormes Potenzial für wissenschaftliche und medizinische Durchbrüche sowie für gesellschaftlich bedeutsame Innovationen.

Weitere Informationen zur NAKO können unter folgender Adresse abgerufen werden: https://www.nako.de/.

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Der Labormedizin droht ein eklatanter Fachkräftemangel

Karin Strempel Geschäftsstelle
Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e. V.
Am Europäischen Tag der Labormedizin – 5. November 2022 – warnen der Berufsverband der Deutschen Labormediziner (BDL) und die Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) vor einem eklatanten Fachkräftemangel in ihrem Fachgebiet. Für den Fachkräftemangel gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist stringentes Outsourcing von Laborleistungen an den Kliniken sowie der Wegfall von Lehrstühlen an Universitäten. Hinzu kommt das sukzessive Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge bei den LabormedizinerInnen. Deswegen fordern die Labormedizinier mehr Ausbildungsmöglichkeiten und höhere Investitionen in dieLaborinfrastruktur an den Kliniken

Der Fachkräftemangel betrifft Fachärzte und Fachärztinnen für Labormedizin sowie Medizinische TechnologInnen gleichermaßen. BDL-Vorstandsvorsitzender, Dr. Andreas Bobrowski: „Über die Jahre sind uns die Strukturen für die Weiterbildung von Laborfachärzten im klinischen Bereich weggebrochen. Wir müssen dringend mehr Weiterbildungsangebote an Universitätskliniken und bei Maximalversorgern schaffen.“ Die Entwicklung sei in vergangenen zwei Jahrzehnten insbesondere durch stringentes Outsourcing von Laborleistungen an den Kliniken sowie durch den Wegfall von Lehrstühlen an Universitäten forciert worden. Dabei beruhen etwa 66 Prozent aller ärztlichen Entscheidungen heutzutage direkt oder indirekt auf labordiagnostischer Diagnostik.

„Wir müssen aber im klinischen Umfeld ausbilden. Viele Krankheitsbilder, die zu einer fundierten Ausbildung zum Facharzt für Laboratoriumsmedizin gehören, können den angehenden LabormedizinerInnen nur im universitären Umfeld beziehungsweise bei einem Maximalversorger vermittelt werden“, erklärt DGKL-Vorsitzender Prof. Harald Renz. Als Beispiele nennt Renz Besonderheiten in der Gerinnungsdiagnostik, der mikrobiologischen Analytik, aber auch in der Diagnose von Intoxikationen durch Medikamenteneinnahme oder Drogen. Renz verweist des Weiteren auf die Bedeutung der Labormedizin bei der Diagnose von Volkskrankheiten und seltenen Erkrankungen sowie bei Infektionskrankheiten.

Verstärkt wird die Ausbildungsmisere durch den sukzessiven Wegfall der geburtenstarken Jahrgänge bei den LabormedizinerInnen. Darüber hinaus kritisieren BDL und DGKL die Bedarfsplanung der Labormediziner im ambulanten Sektor, die auf rund 1.000 Facharztstellen begrenzt ist. Bobrowski: „Wir werden aber nur ausreichend viele junge LabormedizinerInnen gewinnen können, wenn wir Perspektiven schaffen.“ Insbesondere die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die Labormedizin zu den systemrelevanten Fächern gehört. Wegen der zunehmenden Teilzeittätigkeit kommt es selbst bei einer leichten Zunahme der Anzahl der LaborärztInnen zu einem Arbeitskräftemangel.

Zur Zukunftssicherung gehören auch mehr Investitionen in bauliche Projekte der Labormedizin. Dr. Michael Heins, Chefarzt für Laboratoriumsmedizin am Klinikum Osnabrück, unterstützt diese Forderung. Heins hat 2016 ein Krankenhauslabor in ein Facharztlabor mit KV-Sitz ausgebaut und sehr viele Laborleistungen, insbesondere Spezialuntersuchungen, ingesourct. „Die Investitionen dafür kann ein Krankenhaus allein nicht stemmen, hierfür braucht es die Unterstützung der öffentlichen Hand.“ In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass durch den Ausbau eines eigenen Labors die Zeit bis zur Befundübermittlung und damit auch die Liegezeit verkürzt und sich zusätzlich die Kostenstruktur des Krankenhauses verbessert hat.

Der Europäische Tag der Labormedizin wird von der Europäischen Vereinigung der Labormediziner an jedem 5. November ausgerufen. In Deutschland gibt es aktuell 41 universitätsmedizinische Standorte, von denen 21 mit einer eigenständigen W3-Professur für Laboratoriumsmedizin besetzt sind. Die Ausbildungsmisere erstreckt sich auch auf die anderen Gesundheitsfachberufe im Labor. Sie kämpfen unter anderem mit Schulschließungen an den Kliniken.

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Covid-19: Impfstatus polarisiert Bevölkerung

Svenja Ronge Dezernat 8 – Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Menschen, die sich stark mit ihrem Covid-Impfstatus identifizieren, diskriminieren die jeweils andere Gruppe stärker. Das zeigt eine Studie des Teams um Luca Henkel, Mitglied des Exzellenzclusters ECONtribute an der Universität Bonn, unter Beteiligung der Universitäten Erfurt und Wien sowie des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin Hamburg. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Nature Human Behaviour erschienen.

Die Forschenden haben analysiert, wie stark sich die Teilnehmenden über ihren Status als Geimpfte oder Ungeimpfte definieren und wie sie der jeweils anderen Gruppe begegnen. Das Ergebnis: Je mehr sich die Teilnehmenden als geimpft oder ungeimpft identifizierten, desto eher distanzierten sie sich von der anderen Gruppe.

Das Team befragte von Dezember 2021 bis Juli 2022 mehr als 3000 Geimpfte und 2000 Ungeimpfte aus Deutschland und Österreich. Diese mussten auf einer Skala von eins bis sieben Punkten bewerten, wie stark sie fünf verschiedenen Aussagen zu ihrem Impfstatus zustimmten. Aus beiden Gruppen gab zum Beispiel rund die Hälfte der Befragten an, dass sie stolz sei, (un-)geimpft zu sein. Im zweiten Schritt bekamen die Teilnehmenden 100 Euro, die sie zwischen sich und einer anderen Person aufteilen sollten. Vorab erfuhren sie, ob ihr Gegenüber geimpft oder ungeimpft ist. Gehörte die Person einer anderen Gruppe an als sie selbst, diskriminierten die Verteilendenden stärker und gaben deutlich weniger ab. So gaben Geimpfte im Schnitt 48 Euro an andere Geimpfte weiter, aber nur 30 Euro an Ungeimpfte.

Ungeimpfte fühlen sich eher sozial ausgegrenzt
Generell nahmen Ungeimpfte die öffentliche Debatte um eine Impfpflicht als unfairer wahr und gaben an, mehr soziale Ausgrenzung erlebt zu haben. Die Studie liefert Evidenz für die in der Literatur beschriebene Theorie, dass sich Konflikte befördern, je stärker sich Personen mit einer sozialen Gruppe identifizieren, da sie ihre eigene Überzeugung als die richtige ansehen und sich moralisch überlegen fühlen. So zeigt die Studie beispielsweise, dass die Bereitschaft, gegen Corona-Maßnahmen zu demonstrieren höher ist, je stärker sich Ungeimpfte mit dem Impfstatus identifizieren.

Impfen als ideologische statt rein gesundheitliche Entscheidung
„Wir zeigen, dass sich gegen Covid-19 zu impfen nicht mehr ausschließlich eine gesundheitliche Entscheidung, sondern auch eine ideologische Werteentscheidung geworden ist“, sagt Henkel. Die Befragten identifizieren sich nicht nur individuell als geimpft oder ungeimpft, sondern sehen sich als Teil einer sozialen Gruppe. Klassische Informationskampagnen seien deshalb wenig wirkungsvoll. „Wir brauchen mehr Austausch statt einseitiger Appelle“, so Henkel. Die Forschenden sehen dabei zum Beispiel Personen des öffentlichen Lebens in der Pflicht, sich für einen stärkeren Dialog einzusetzen.

ECONtribute: Einziger wirtschaftswissenschaftlicher Exzellenzcluster
Die Studie ist unter anderem im Rahmen von ECONtribute entstanden. Es handelt sich dabei um den einzigen wirtschaftswissenschaftlichen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Exzellenzcluster – getragen von den Universitäten in Bonn und Köln. Der Cluster forscht zu Märkten im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Ziel von ECONtribute ist es, Märkte besser zu verstehen und eine grundlegend neue Herangehensweise für die Analyse von Marktversagen zu finden, die den sozialen, technologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der heutigen Zeit, wie zunehmender Ungleichheit und politischer Polarisierung oder globalen Finanzkrisen, gerecht wird.

Weitere Förderer: Universitäten Erfurt und Wien, sowie die Thüringer Staatskanzlei.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Inhaltlicher Kontakt:
Luca Henkel
ECONtribute, Universität Bonn
luca.henkel@uni-bonn.de

Presse und Kommunikation:
Carolin Jackermeier
PR Manager ECONtribute
+49 221 470 7258
carolin.jackermeier@uni-bonn.de

Originalpublikation:
Luca Henkel, Philipp Sprengholz, Lars Korn, Cornelia Betsch, and Robert Böhm: The association between vaccination status identification and societal polarization. Nature Human Behaviour; https://doi.org/10.1038/s41562-022-01469-6

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Grüner Wasserstoff: „Hydrogen Lab Leuna“ am Chemiestandort Leuna eröffnet

Inna Eck Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES
Der Minister des Landes Sachsen-Anhalt Prof. Armin Willingmann und der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft Prof. Reimund Neugebauer übergaben im Rahmen der „Fokusreise Strukturwandel“ offiziell den Bau des Hydrogen Lab Leuna (HLL) an das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES im Mitteldeutschen Revier. Zudem überreichte Prof. Willingmann den Fördermittelbescheid für das Strukturwandel-Projekt „Hydrogen Competence Hub“ – ein zentraler Hub für Aus- und Weiterbildung.

Das Fraunhofer IWES stellt mit dem Hydrogen Lab in Leuna die Weichen für innovative Forschung und Entwicklung zur Erzeugung und zum Einsatz von grünem Wasserstoff in der chemischen Industrie. Wasserstoff ist ein Schlüsselelement für die Rohstoffversorgung der chemischen Industrie und für das Erreichen der Klimaziele ist die Defossilisierung, d.h. die Umstellung auf grünen Wasserstoff entlang der gesamten Prozesskette essenziell. Der Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt, Prof. Willingmann, eröffnet gemeinsam mit dem Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft Prof. Neugebauer nach mehrjähriger Planungs- und Bauphase offiziell das HLL im Chemiepark in Leuna: „Mit dem Hydrogen Lab in Leuna wird der dringend benötigte Markthochlauf von Wasserstoff-Technologien in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus beschleunigt. Die hochinnovative Forschungseinrichtung wird wesentlich dazu beitragen, dass sich Sachsen-Anhalt zu einem neuen Kraftzentrum einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft entwickeln kann. Der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft ist darüber hinaus ein wichtiges Element für die erfolgreiche Gestaltung des Strukturwandels in der Region. Mit der Förderung des Aus- und Weiterbildungsprojekts „Hydrogen Competence Hub“ steuern wir zudem gemeinsam mit der Hochschule Merseburg, der Otto-von-Guericke-Universität und der Hochschule Anhalt aktiv gegen den Mangel an Fach- und Führungskräften“, sagt Minister Prof. Willingmann. Damit werden neben regionalen Unternehmen auch internationale Projektpartner und Industriekunden für Leuna angesprochen.

„Mit dem Aufbau des Chemie- und Wasserstoffstandorts Leuna, der bereits seit mehreren Jahren einen prosperierenden Nukleus für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft bildet, zeigt die Fraunhofer-Gesellschaft nicht nur effiziente Wege für die Energiewende, sondern auch für einen gelingenden Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier auf. Als eines von deutschlandweit drei Fraunhofer Hydrogen-Labs fokussiert sich das Hydrogen Lab Leuna auf die Forschung entlang der Wert-schöpfungskette der Wasserstofferzeugung. Der dort produzierte Grüne Wasserstoff wird vor Ort analysiert, aufbereitet und direkt in die 157 km lange H2-Pipeline eingespeist, von wo aus er zu den Industriestandorten der Region verteilt und in chemischen Prozessen eingesetzt wird. Mit dem neuen »Hydrogen Competence Hub« wird zudem eine wesentliche Herausforderung adressiert, die alle Reviere betrifft: der Mangel an Fach- und Führungskräften. Auch hier leistet die Fraunhofer-Gesellschaft durch Aus- und Weiterbildung einen wichtigen Beitrag zum Strukturwandel“, erläutert Prof. Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft.

Das für die Forschungsarbeiten im HLL notwendige Technikum ist baulich fertiggestellt und wird mit der offiziellen Eröffnung vom Land Sachsen-Anhalt an das Fraunhofer IWES übergeben. Derzeit wird der Innenbereich des Technikums mit den erforderlichen Laboreinrichtungen- und Anlagen ausgestattet, die nicht Teil des HLL-Bauprojektes sind. „Wir freuen uns sehr, dass wir das HLL offiziell übernehmen können und somit Platz für den Aufbau unsere umfangreiche Testinfrastruktur haben. Allerdings ist das Technikum bereits jetzt vollständig ausgelastet, sodass wir schon über Erweiterungen nachdenken müssen. Die wissenschaftliche Arbeit an den ersten Projekten hat ebenfalls bereits begonnen und wir sind im Chemiepark Leuna auf dem Weg in eine zukunftsfähige Wasserstoff-Wirtschaft, die wir aktiv forschungsseitig begleiten werden. In diesem Zusammenhang bedanken wir uns ausdrücklich für den Fördermittelbescheid für das »Hydrogen Competence Hub«, mit welchem wir gemeinsam mit der regionalen Hochschullandschaft unseren Beitrag zum Aufbau und Erhalt der dringend benötigten Fachkräfte leisten. Mit dem Hub streben wir eine erhöhte Durchlässigkeit zwischen beruflicher und wissenschaftlicher Weiterbildung an, um die Bedarfe der Industrie mittels des Erwerbs von Zusatzqualifikationen schnell und modular decken zu können“, ergänzt Dr.-Ing. Sylvia Schattauer, kommissarische Institutsleiterin, Fraunhofer IWES.

Hydrogen Lab Leuna
Im Mitteldeutschen Chemiedreieck stellt die Fraunhofer-Gesellschaft mit dem vom Land Sachsen-Anhalt und der EU geförderten HLL eine neue Generation der Testinfrastruktur für Wasserstofftechnologien bereit. Durch die Verbindung von Methodenkompetenzen und einmaliger Forschungsinfrastruktur entsteht ein nachhaltiges gemeinsames Geschäftsmodell und eine neuartige Kooperationsplattform für Industrie und Forschung. Eingebettet in den Stoffverbund des Chemieparks Leuna bietet das HLL vier Teststände plus Technikum für Elektrolyseure mit einer Leistung von bis 5 Megawatt (MW), die mit deionisiertem Wasser, Dampf, Druckluft, Stickstoff, Wasserstoff und zukünftig auch mit CO2 versorgt werden. Der produzierte grüne Wasserstoff wird vor Ort analysiert, aufbereitet und direkt in die 157 km lange H2-Pipeline eingespeist, von wo aus er zu den Industriestandorten der Region verteilt wird und dort in chemischen Prozessen verwendet werden kann. Das Fraunhofer IWES ist Besitzer und Betreiber der Infrastruktur am HLL.

Der Aufbau des „Hydrogen Lab Leuna“ wurde vom Land Sachsen-Anhalt und von der Europäischen Union mit gut acht Millionen Euro gefördert. Das gesamte Bauvolumen für das Hydrogen Lab Leuna beläuft sich auf über 10 Mio. EUR zuzüglich Projektförderungen für die Testinfrastruktur.

Im nächsten Jahr werden gleich zwei STARK-Projekte ihre Arbeit aufnehmen:
Fördermittelbescheid für Aus- und Weiterbildungsprojekt „Hydrogen Competence Hub“

Gemeinsam mit der Hochschule Merseburg, der Otto-von-Guericke-Universität und der Hochschule Anhalt soll ab Februar 2023 für zwei Jahre an dem Aufbau eines zentralen Hubs für Aus- und Weiterbildung gearbeitet werden. Konkret wird ein regionales Bildungsnetzwerk etabliert, aber auch eigene Weiterbildungsangebote entwickelt. Damit sollen die Kompetenzen der Region im Bereich digitale Wasserstoff-Technologien gestärkt und ein erhöhter Transfer zwischen beruflicher und wissenschaftlicher Weiterbildung geschaffen werden. Durch Zusatzqualifikationen sollen die Bedarfe der Industrie schnell und modular gedeckt werden. Dieses brandaktuelle und notwendige Projekt erhält den Förderbescheid und damit 2,5 Mio. € aus den Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) der Förderrichtlinie zur Stärkung der Transformationsdynamik und Aufbruch in den Revieren und an den Kohlekraftwerksstandorten (STARK).

Das zweite Projekt „House of Transfer“ als zentrale Anlaufstelle für Stakeholder aus den Bereichen Chemie, Bioökonomie, Kunststoff und Wasserstoff hat es sich zum Ziel gesetzt, die bestehenden Aktivitäten in der Region zu verzahnen. Hier werden z.B. Technologiegeber mit industriellen Bedarfen, Projektideen mit Investoren sowie Start-Ups mit erfahrenen Playern zusammengeführt. Es entsteht ein umfassendes Beratungs- und Dienstleistungsangebot. Das „House of Transfer“ hat bereits einen Förderbescheid über 4,6 Mio.€ am 28.09.2022 erhalten und startet im Januar mit der Arbeit.

Fokusreise Strukturwandel
In Folge der zunehmenden Digitalisierung sowie der Umstrukturierungen im Zuge einer nachhaltigen Wertschöpfung und der damit verbundenen ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Transformation, stehen zahlreiche Regionen vor großen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen. Die Fraunhofer-Gesellschaft unterstützt den innovationsgetriebenen Strukturwandel aktiv durch Vernetzung und den strukturierten Aufbau neuer Wertschöpfungsketten. Ziel ist es die vom Strukturwandel betroffenen Regionen durch innovationsfördernde Maßnahmen auf einen dynamischen Wachstumspfad zu heben und damit zur Verringerung regionaler Disparitäten beizutragen. Im Rahmen der »Fokusreise Strukturwandel« vom 1. bis 7. November 2022 demonstrieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der regional verankerten Institute richtungsweisende Lösungsansätze, die geeignet sind, einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit und Innovationskraft in vom Strukturwandel betroffenen Regionen zu leisten. Gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik werden die Themenfelder Versorgungssicherheit, nachhaltige Fertigungsprozesse und Agrarwirtschaft diskutiert sowie künftige Technologiepfade ermittelt.

Folgen Sie der »Fokusreise Strukturwandel« auch in den Sozialen Medien, über den LinkedIn-Kanal von Fraunhofer-Präsident Professor Reimund Neugebauer (https://www.linkedin.com/in/reimund-neugebauer/) sowie unter dem Hashtag #We-KnowChange.

Pressekontakt
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Dr. Johannes Höflinger, Gruppenleiter Hydrogen Lab Görlitz
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Fraunhofer IWES
Das Fraunhofer IWES sichert Investitionen in technologische Weiterentwicklungen durch Validierung ab, verkürzt Innovationszyklen, beschleunigt Zertifizierungsvorgänge und erhöht die Planungsgenauigkeit durch innovative Messmethoden im Bereich der Wind- und Wasserstofftechnologie. Derzeit sind mehr als 300 Wissenschaftler*innen und Angestellte sowie rund 150 Studierende an neun Standorten beschäftigt: Bochum, Bremen, Bremerhaven, Leer, Görlitz, Hamburg, Hannover, Leuna und Oldenburg.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
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BIFOLD: Cybersicherheit auf dem Prüfstand

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin
Maschinelles Lernen in der Sicherheitsforschung birgt subtile Fallstricke

Cybersicherheit ist ein zentrales Thema der digitalen Gesellschaft und spielt sowohl im kommerziellen wie auch privaten Kontext eine wesentliche Rolle. Maschinelles Lernen (ML) hat sich in den letzten Jahren als eines der wichtigsten Werkzeuge zur Analyse sicherheitsrelevanter Probleme herauskristallisiert. Eine Gruppe europäischer Forscher*innen der TU Berlin, der TU Braunschweig, des University College London, des King’s College London, der Royal Holloway University of London und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)/KASTEL Security Research Labs unter der Leitung von BIFOLD-Forschern der TU Berlin konnte jedoch zeigen, dass diese Art der Forschung oft fehleranfällig ist. Ihre Veröffentlichung: „Dos and Don’ts of Machine Learning in Computer Security“ über Fallstricke bei der Anwendung von Maschinellem Lernen in der Sicherheitsforschung wurde auf dem renommierten USENIX Security Symposium 2022 mit einem Distinguished Paper Award ausgezeichnet.


Maschinelles Lernens (ML) hat in einer Vielzahl von Anwendungsbereichen, wie zum Beispiel der Bilderkennung und der Verarbeitung natürlicher Sprache, zu großen Durchbrüchen geführt. Dieser Erfolg wirkt sich auch auf die Cybersicherheit aus: Nicht nur kommerzielle Anbieter werben damit, dass ihre von künstlicher Intelligenz (KI) gesteuerten Produkte effizienter und effektiver als bisherige Lösungen sind. Auch viele Forscher*innen setzen diese Technik ein, da Algorithmen den traditionellen Methoden oft weit überlegen zu sein scheinen. So wird maschinelles Lernen zum Beispiel auch eingesetzt, um neue digitale Angriffstaktiken zu erlernen und die Abwehrmaßnahmen an diese Bedrohungen anzupassen.
„In dem Paper liefern wir eine kritische Analyse des Einsatzes von ML in der Cybersicherheitsforschung“, beschreibt Erstautor Dr. Daniel Arp, Postdoc an der TU Berlin: „Zunächst identifizieren wir häufige Fallstricke bei der Konzeption, Implementierung und Evaluierung von lernbasierten Sicherheitssystemen.“ Ein Beispiel für solche Probleme ist die Verwendung nicht repräsentativer Daten. Also Datensätze, bei denen die Anzahl der Angriffe im Vergleich zu ihrer Häufigkeit in der Realität überrepräsentiert ist. ML-Modelle, die auf solchen Daten trainiert wurden, können sich in der Praxis als unbrauchbar erweisen. Im schlimmsten Fall könnte sich sogar herausstellen, dass sie außerhalb einer experimentellen Umgebung gar nicht funktionieren oder zu Fehlinterpretationen führen.
In einem zweiten Schritt führten die Forscher eine Prävalenzanalyse auf der Grundlage der identifizierten Probleme durch, bei der sie 30 Beiträge von hochrangigen Sicherheitskonferenzen untersuchten, die zwischen 2010 und 2020 veröffentlicht wurden. „Zu unserer Besorgnis mussten wir feststellen, dass diese Fallstricke selbst in sorgfältig durchgeführter Spitzenforschung weit verbreitet sind“, sagt BIFOLD Fellow Prof. Dr. Konrad Rieck von der TU Braunschweig.

Wo moderne Cybersecurity-Ansätze ins Straucheln kommen
Auch wenn diese Ergebnisse bereits ein alarmierendes Signal waren – die möglichen Folgen waren zunächst unklar. In einem dritten Schritt haben die Forscher*innen daher anhand von vier konkreten Fallstudien mit Beispielen aus der Literatur gezeigt, wie und wo diese identifizierten Probleme zu unrealistischen Ergebnissen und Interpretationen von ML-Systemen führen.

Eine der untersuchten Fallstudien beschäftigte sich mit der Erkennung mobiler Schadsoftware, sogenannter Malware. Aufgrund der großen Anzahl neuer gefährlicher Software für mobile Geräte, haben herkömmliche Antiviren-Scanner oft Probleme, mit der Schadsoftware Schritt zu halten und bieten nur eine schlechte Erkennungsleistung. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, haben Forscher*innen lernbasierte Methoden vorgeschlagen und entwickelt, die sich automatisch an neue Malware-Varianten anpassen können.
„Leider wurde die Leistung der lernbasierten Systeme in vielen Fällen überschätzt. Da es keine öffentlich zugänglichen Lern-Datensätze von Unternehmen gibt, nutzen Forscher*innen meist eigene Datensätze und führen dazu verschiedene Quellen zusammen“, erklärt Dr. Daniel Arp. „Diese Zusammenführung der Lern-Datensätze aus verschiedenen Quellen führt jedoch zu einer Verzerrung der Stichprobe: Apps aus den offiziellen App Stores der Smartphonehersteller bergen tendenziell weniger Sicherheitsrisiken als Apps, die aus alternativen Quellen mit geringeren Sicherheitsstandards stammen. Im Ergebnis konnten wir zeigen, dass moderne Cybersecurity-Ansätze dazu neigen, sich bei der Erkennung von Schadsoftware auf Merkmale zu konzentrieren, die auf die Quelle der App zurückzuführen sind, anstatt reale Malware-Merkmale zu identifizieren. Dies ist nur eines von vielen Beispielen des Papers, die zeigen, wie ein kleiner Fehler bei der Zusammenstellung der Lern-Datensätze, schwerwiegende Verzerrungen im Ergebnis herbeiführt und das gesamte Experiment beeinflussen kann.“

Die Probleme bei der Anwendung von ML-Methoden in der Cybersicherheit werden durch die Notwendigkeit, in einem feindlichen Kontext zu arbeiten, noch verschärft. Mit ihrer Veröffentlichung hoffen die Forscher*innen, das Bewusstsein für potenzielle Fehlerquellen im experimentellen Design zu schärfen und diese wenn möglich zu verhindern.

Publikation:
Daniel Arp, Erwin Quiring, Feargus Pendlebury, Alexander Warnecke, Fabio Pierazzi, Christian Wressnegger, Lorenzo Cavallaro, Konrad Rieck: Dos and Don’ts of Machine Learning in Computer Security, https://www.usenix.org/system/files/sec22-arp.pdf

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Dr. Daniel Arp
Tel.: 0049 (0)30 314-78621
d.arp@tu-berlin.de

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Auf der Suche nach den Baumaterialien der Erde

Christine Xuan Müller Stabsstelle Presse und Kommunikation
Freie Universität Berlin
Eine Nature- und eine Science-Studie geben neue Hinweise auf die Zusammensetzung des Erdmaterials / Beteiligt ist der Geowissenschaftler Prof. Dr. Harry Becker von der Freien Universität Berlin

Zwei internationale Forscherteams, haben unabhängig voneinander mit neuen, hoch präzisen Isotopenmessungen nachgewiesen, dass die Erde zumindest teilweise aus Material besteht, welches nicht durch bekannte Meteoritenzusammensetzungen erklärbar ist. Einige Studienautoren, darunter der Geowissenschaftler Prof. Dr. Harry Becker von der Freien Universität Berlin, gehen davon aus, dass einige Bausteine des „blauen Planeten“ in anderen Zonen des frühen solaren Nebels entstanden sind als bislang angenommen. Die beiden Studien wurden in diesem Herbst in den Fachzeitschriften Nature und Science veröffentlicht.

„Die häufigste Gruppe von Meteoriten die auf die Erde fallen, die sogenannten Chondrite, repräsentieren verfestigten Staub aus dem frühen solaren Nebel“, erläutert Harry Becker. Deshalb sei lange Zeit angenommen worden, dass Chondrite das plausibelste Baumaterial der erdähnlichen Planeten darstellen. Nun aber gebe es Hinweise für eine komplexere Zusammensetzung der Baumaterialen der Erde, wie aus der neuen Untersuchung der Häufigkeiten der Isotope des Selten-Erd-Elements Neodym in repräsentativen Gesteinen der Erde im Vergleich zu Daten von Meteoriten hervorgeht. Die Häufigkeiten der Neodym-Isotope Nd-142 und Nd-143 variieren in der Natur hauptsächlich, weil sie durch den Zerfall der radioaktiven Samarium-Isotope Sm-146 beziehungsweise Sm-147 entstehen. Wegen der kurzen Halbwertszeit von Sm-146 hat Nd-142 nur in der Frühzeit der Erde zugenommen, aber sich seither nicht mehr verändert, weil alle Atome von Sm-146 zerfallen sind. Im Gegensatz dazu entsteht neues Nd-143 auch heute noch durch den langsamen Zerfall von Sm-147. Die unterschiedliche Zeitabhängigkeit des Wachstums von Nd-142 und Nd-143 ermöglicht es, die Zeitskalen chemischer Prozesse beim Wachstum der Planeten einzuordnen. Weiterhin kann man mit dieser Methode das durchschnittliche Konzentrationsverhältnis von Samarium zu Neodym in der Erde ableiten und mit den Werten in Chondriten vergleichen, wie die Autoren der Studien erläutern.

Die neuen Resultate der beiden internationalen Forschungsteams zeigten nun übereinstimmend einen kleinen, aber auflösbaren Überschuss von Nd-142 für die Erde im Vergleich zu Chondriten, der nur durch den radioaktiven Zerfall von Sm-146 und ein etwas höheres Konzentrationsverhältnis von Samarium zu Neodym in der Erde im Vergleich zu Chondriten erklärt werden könne. Die Studien der beiden Teams, die in Nature und Science erschienen sind, kommen hier zu den gleichen Ergebnissen. „Beide Studien unterscheiden sich allerdings in der Erklärung der Ursache des chemischen Unterschieds zwischen Erde und Meteoriten“, betont der Geowissenschaftler der Freien Universität Harry Becker und einer der Autoren der Studie in Nature. In der Nature-Studie argumentieren die Autoren, dass die Baumaterialien der Erde teilweise in anderen Zonen des solaren Nebels gebildet wurden als die Chondrite, was auch von einigen astrophysikalischen Modellen postuliert wird. Dabei könne es zu geringfügigen chemischen Variationen in den Häufigkeiten von Samarium und Neodym in aus Gas kondensiertem Staub kommen, da sich der Anteil bestimmter Minerale im Staub je nach Temperatur und Zusammensetzung des Gases ändert, wie Prof. Alan Brandon von der University of Houston und Mitautor der Studie erklärt.

Im Gegensatz dazu argumentieren die Autoren der Studie in Science, dass das höhere Verhältnis von Samarium zu Neodym in der Erde das Resultat des Verlusts eines Teils der Kruste von kleinen Vorläuferkörpern der Erde darstellt: Da die Erde durch die Kollision solcher kleineren Körper wuchs, sei es denkbar, dass dabei frühe Kruste dieser Vorläuferkörper abgesprengt und verloren wurde, was ebenfalls die beobachten chemischen Effekte in der Erde hervorrufen könne. Weitere Studien müssten nun zeigen, welche Interpretation wahrscheinlicher ist oder ob beide Prozesse für die besondere chemische Zusammensetzung der Erde verantwortlich sind, erklärten die Wissenschaftler.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
• Prof. Dr. Harry Becker, Institut für Geologische Wissenschaften, Freie Universität Berlin, E-Mail: hbecker@zedat.fu-berlin.de, Tel. +49 30 83870668
• Prof. Dr. Alan D. Brandon, University of Houston, zurzeit New Mexico State University, E-Mail: abrandon@central.uh.edu

Originalpublikation:
• Johnston, S., Brandon, A., McLeod, C., Rankenburg, K., Becker, H., Copeland, P. (2022): Nd isotope variation between the Earth-Moon system and enstatite chondrites. Nature, https://doi.org/10.1038/s41586-022-05265-0
• Frossard, P., Israel, C., Bouvier, A., Boyet, M. (2022): Earth’s composition was modified by collisional erosion. Science, 377, 1527-1532. DOI: 10.1126/science.abq735

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Hingehört! Der Sound des Anthropozäns

Gunnar Bartsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Durch die Aktivität der Menschen verändern sich auch die Klangwelten der Erde. Darum geht es in einer neuen öffentlichen Vortragsreihe an der Universität Würzburg, die am 8. November startet.

Die Welt verändert sich dramatisch: Das Klima wandelt sich, Arten sterben, Kriege brechen aus, es gibt neue Völkerwanderungen – die Erde scheint sich in einem ständigen Katastrophenzustand zu befinden. Die Kulturwissenschaften begreifen diese Zeit als das Anthropozän – als das Zeitalter, das vom Menschen geprägt wird.

Die drastischen Umweltveränderungen beeinflussen auch die Klangwelten der Erde. Kaum eine Region bleibt von den Geräuschen menschengemachter Maschinen unberührt, Tag für Tag gehen vertraute Klänge verloren, kommen ungewohnte neue Klänge dazu.

Wie klingt das Anthropozän? Darum geht es im Forschungskolloquium „Hingehört! Der Sound des Anthropozäns“, einer Online-Vortragsreihe des Lehrstuhls für Europäische Ethnologie der Universität Würzburg und der Hochschule für Musik Nürnberg.

Relevanz des sorgsamen Zuhörens in Vielfachkrisen
Die Reihe beginnt am Dienstag, 8. November 2022, 18:15 bis 19:45 Uhr. Dr. Lisa Herrmann-Fertig (Musikhochschule Nürnberg und Institut für Musikwissenschaft der Uni Würzburg) spricht zum Auftakt über das Thema „Multispecies Ethnomusicology – zur Relevanz sorgsamen Zuhörens in Vielfachkrisen“.

Fortgesetzt wird die Reihe am 22. November 2022, 12. Dezember 2022, 31. Januar 2023 und 7. Februar 2023, jeweils zur gleichen Uhrzeit. Infos über die Themen und die Einwahl via Zoom gibt es auf dieser Webseite: https://www.phil.uni-wuerzburg.de/eevk/veranstaltungen/hingehoert/

Die Teilnahme ist für alle Interessierten kostenfrei und ohne Anmeldung möglich. Eine Fortsetzung im Sommersemester 2023 ist geplant.

Vom Singen, Brummen und Vibrieren
In der Vortragsreihe werden auch viele grundlegende Themen angesprochen: Wie und was hören wir Menschen überhaupt bewusst? Hören wir hin oder überhören wir unsere Umwelt? Was nehmen wir von den Klängen, dem Singen, Summen, Brummen, Vibrieren des uns umgebenden Lebens wahr? Wie arbeiten Kunstschaffende mit Umweltveränderungen, welchen Eingang findet das Anthropozän in die Musik?

„Gemeinsam mit Vortragenden aus der Ethnomusikologie, der Musikwissenschaft, den Human-Animal und Sound Studies, der Landscape Architecture, Klanganthropologie, Sound Art, Ecomusicology und Biologie möchten wir die Klänge unserer Zeit besser verstehen“, sagt Professorin Michaela Fenske, Leiterin des Würzburger Lehrstuhls für Europäische Ethnologie.

Mitorganisatorin Dr. Lisa Herrmann-Fertig: „Wir hören den Klang verschwindender Gletscher, lauschen den schwindenden Gesängen der Vögel und diskutieren, inwiefern wir als Zuhörende aus dem Noch- oder Nichtmehrhören neues Handeln generieren.“

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Wasser im Spiegel des Klimawandels und der Nachhaltigkeit: 2. Hofer Wasser-Symposium lockt zahlreiche Teilnehmer

Kirsten Hölzel Hochschulkommunikation
Hochschule Hof – University of Applied Sciences
Am 12. und 13. Oktober 2022 lud das Institut für Wasser- und Energiemanagement (iwe) der Hochschule Hof in Kooperation mit dem Kompetenznetzwerk Wasser und Energie e.V. Spezialistinnen und Spezialisten aus dem Bereich der Wasserwirtschaft zum 2. Hofer Wassersymposium.

Rund 80 Teilnehmende aus ganz Deutschland, aber auch zahlreiche Studierende der Hochschule, folgten der Einladung und diskutierten an den beiden Tagen über das Leitthema „Wasser im Spiegel des Klimawandels und der Nachhaltigkeit“ und informierten sich im Rahmen der Fachausstellung.

Am 12. und 13. Oktober 2022 lud das Institut für Wasser- und Energiemanagement (iwe) der Hochschule Hof in Kooperation mit dem Kompetenznetzwerk Wasser und Energie e.V. Spezialistinnen und Spezialisten aus dem Bereich der Wasserwirtschaft zum 2. Hofer Wassersymposium. Die Organisation der Fachtagung lag federführend bei Prof. Dr. Manuela Wimmer, Professorin und Leiterin der Forschungsgruppe Nachhaltigkeit und Projektmanagement in der Wasserwirtschaft und Anja Grabmeier, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe sowie Stiftungsprofessor und Leiter der Forschungsgruppe Wasserinfrastruktur und Digitalisierung, Dr. Günter Müller-Czygan.

Rund 80 Teilnehmende aus ganz Deutschland, aber auch zahlreiche Studierende der Hochschule, folgten der Einladung und diskutierten an den beiden Tagen über das Leitthema „Wasser im Spiegel des Klimawandels und der Nachhaltigkeit“ und informierten sich im Rahmen der Fachausstellung.

Den Auftakt der Veranstaltung bildete am Mittwoch, 12. Oktober eine virtuelle sowie 3-D Besichtigung von Demonstrationsanlagen wie beispielsweise einem Wasserwerk.

Am Donnerstag, 13. Oktober erwartete die Teilnehmenden nach Grußworten von Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Lehmann (Präsident der Hochschule Hof), Eva Döhla (Oberbürgermeisterin der Stadt Hof) und Prof. Müller-Czygan ein interaktives, vernetzendes und gleichzeitig nachhaltiges Tagungs-Konzept. Den Einstieg in den Tag bildeten zwei Impulsvorträge und eine sich anschließende Podiumsdiskussion zu den Themen „Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft – von den Herausforderungen zum Handeln“ (Referent: Benno Strehler vom Bayerischen Landesamt für Umwelt) und „Auswirkungen des Klimawandels am Beispiel des Ahr-Hochwassers – Was wurde daraus gelernt?“ (Referent Markus Becker von Berthold Becker Ingenieure). In seinem Erfahrungsbericht – Markus Becker war selbst im Sommer 2021 vom Hochwasser im Ahrtal betroffen – unterstrich Becker unter anderem, wie wichtig es sei, aus der Flutkatastrophe zu lernen und dass die Wasserwirtschaft beim Umgang mit Wetterextremen zwingend die Erfahrungen und Fehler, die im Ahrtal gemacht wurden, bei der Entwicklung von zukunftsträchtigen Lösungen berücksichtigen müsse.

Anschließend erwartete die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein innovatives Format: „Speed Geeking & Exhibitors“. Hierbei präsentierten fünf Ausstellende, darunter die WILO SE, in wenigen Minuten und in kompakter Form ihr Unternehmen sowie ihre Innovationen und geben einen Einblick in die gelebte Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen. Als Besucher konnte man so nacheinander Einblicke in alle fünf Unternehmen erhalten.

Weiter ging es mit der Methode des so genannten World Cafés, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer rund um das Thema Wasser ins Gespräch bringen sollte. Die Inhalte von vier Kurzvorträgen boten dabei die Grundlage für einen regen Austausch:

Vortrag 1: Erfolgreiche Umsetzung von Digitalisierungsprojekten auch mit der Sowieso-Strategie – Prof. Günter Müller-Czygan
Vortrag 2: Energieautarke weitergehende Abwasserbehandlung und -wiederverwertung beispielsweise mit photonischen Methoden – Prof. Dr.-Ing. Tobias Schnabel
Vortrag 3: Effiziente Betriebsführung in der Trinkwasserversorgung mit den Kosten im Blick – Matthias Götz, Wasserversorgung Steinwaldgruppe und Mario Hübner, WILO SE
Vortrag 4: Digitale Kanalnetzsteuerung zum Umgang mit Wetterextremereignissen – Robert Köllner, Frank Große JenaWasser und Martin Frigger, HST Sytemtechnik GmbH
Vervollständigt wurde das Programm durch Einblicke in anwendungsorientierte Projekte aus Unternehmen und der Forschung. Prof. Müller-Czygan präsentierte den Statusbericht zur Digitalisierung der Wasserwirtschaft und Franziska Zielke vom Kompetenznetzwerk Wasser Energie e.V. berichtete aus dem Projekt Schwammstadt Region über Konzepte zum Wassermanagement.

Ein vielfach diskutiertes Thema im Rahmen des Symposiums war die Frage nach einer schnellen Umsetzung von Lösungen in der Wasserwirtschaft. Einerseits führen behördlich-formale Rahmenbedingungen wie z.B. Ausschreibungsanforderungen oder Genehmigungsverfahren zu einer längeren Projektdauer. Auf der anderen Seite fällt es insbesondere den Kommunen als Anwender schwer, Beispiellösungen auf die eigene Situation zu übertragen. Hier fehlen geeignete Methoden und Hilfestellungen für einen schnellen und wirksamen Lern- und Umsetzungstransfer.

Das iwe der Hochschule Hof arbeitet unter der Leitung von Prof. Müller-Czygan sowohl an robusten und hochwirksamen Digitalisierungslösungen als auch an der Entwicklung von Methoden für den schnellen und wirksamen Lern- und Umsetzungstransfer.

Bereits Im Vorfeld der Veranstaltung hatte die Organisatorin Prof. Wimmer betont: Klimawandel ist Wasserwandel. Mit dem zunehmenden Wasserrückgang auch in Deutschland sind innovative Lösungen gefordert, die eine nachhaltige Entwicklung gewährleisten: gerade hinsichtlich ökologischer Dimensionen aber auch hinsichtlich sozialer und wirtschaftlicher Aspekte. Je rasanter die Klimaveränderungen sind desto höher ist die Herausforderung und auch der Druck auf die Wasserwirtschaft zu reagieren und bestenfalls proaktiv die Transformation voranzutreiben. Dazu sind bereits zahlreiche Produkte und Dienstleistungen insbesondere mit digitalem Hintergrund auf dem Markt, suchen nach breiter Umsetzung und werden zudem weiterentwickelt. Die Transformation wird bevorzugt in Systemlösungen mit mehreren Partnern vonstattengehen. Dabei wird der Erfolg der Projekte von der sozialen Dimension, um im Wording der Nachhaltigkeit zu sprechen, beeinflusst. Im Detail heißt dies, dass diejenigen Projekte, bei denen der Mensch als Gestaltender als auch als User besonders berücksichtigt und integriert wird, die erfolgreicheren und effizienteren sein werden. Zu beachten ist auch, dass Wasser nicht nur zentraler Bestandteil der Wasserwirtschaft ist, sondern im stetig steigenden Spannungsfeld mehrerer Branchen, wie Landwirtschaft, Industrie und der Energiewirtschaft zu bewirtschaften ist – mit einer steigenden Komplexität bei schwindenden Ressourcen. Auch weiterhin an der „sozialen Dimension“ zu feilen und gemeinsam beste Lösungen in Forschung und Anwendung zu generieren mit dem Menschen und Wasser im Mittelpunkt wird auch morgen und übermorgen zentrales Anliegen sein. Vor diesem Hintergrund setzt sich die Forschungsgruppe von Prof. Wimmer intensiv mit Themen der Nachhaltigkeit auseinander und stellt diese unter anderem in den Kontext von Fachkräftegewinnung und -bindung sowie einer ganzheitlich nachhaltigen Unternehmensaufstellung.

Abgerundet wurde das Symposium durch umfassende Informationen über den Zertifikatslehrgang Schwammstadt, die Weiterbildung DRhochN zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften sowie das Netzwerk S3REM, an denen sich die Tagungsgäste bei Interesse beteiligen können.

Nachhaltigkeit im 2. Hofer Wasser-Symposium
Was machte das 2. Hofer Wasser-Symposium nachhaltig? Nicht nur inhaltlich wurde das Thema Nachhaltigkeit verankert, sondern auch bei der Planung und Durchführung der Veranstaltung berücksichtigt (siehe auch: https://www.hof-university.de/forschung/institut-fuer-wasser-und-energiemanageme…).

Um einen Beitrag zu einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen zu leisten, verzichtete das Organisationsteam größtenteils auf die Nutzung von Papier. Dies war möglich durch den Einsatz von digitalen Medien für das Informations- und Teilnehmendenmanagement und digitalen Handouts. Die soziale Dimension wurde aufgegriffen durch die Verwendung genderneutraler Sprache, um alle Geschlechter auf respektvolle Art und Weise anzusprechen und sichtbar zu machen.

Ausblick auf das 3. Hofer Wasser-Symposium
Anhand einer Umfrage können die Teilnehmenden nun Rückmeldung zum 2. Hofer Wasser-Symposium geben und die Chance nutzen Anregungen zu Themen und Schwerpunkten sowie interaktiven Elementen für zukünftige Veranstaltungen zu geben. Das Hofer Wasser-Symposium soll im zweijährigen Rhythmus stattfinden. Darüber hinaus überlegt das iwe, weitere Veranstaltungen rund um das Thema Wasserwirtschaft und Nachhaltigkeit anzubieten.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Günter Müller-Czygan, Prof. Dr. Manuela Wimmer

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Per Anhalter auf dem Weg in die Tiefsee – Erste In-situ-Messungen von Mikroplastikflüssen

Kommunikation und Medien Kommunikation und Medien
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
In-situ-Probenahmen während einer Expedition und anschließende Messungen werfen neues Licht auf das Absinken von Mikroplastik von der Meeresoberfläche in die Tiefsee. Sie zeigen, dass die Partikel – wie frühere Modellierungsansätze nahelegten – Teil des Meeresschnees werden, erklärt ein internationales Forschungsteam unter Leitung des GEOMAR in einer heute erschienenen Veröffentlichung. Die Erkenntnisse ermöglichen ein besseres Verständnis der vertikalen Transportdynamik und der damit verbundenen Risiken für das Nahrungsnetz. Außerdem illustrieren sie, dass menschenverursachtes Mikroplastik den marinen Kohlenstoff im natürlichen Kreislauf überlagert.

150 Millionen Tonnen Plastik verschmutzen heute den Ozean – und weil der Kunststoff nur langsam zerfällt, nimmt die Menge weiter zu. Aktuelle Modellrechnungen zeigen, dass nur etwa ein Prozent des Plastiks an der Meeresoberfläche nachgewiesen werden kann, wo es aufgrund seines Auftriebs schwimmen sollte. Am Meeresboden findet sich etwa 10.000 Mal mehr. Doch wie genau kommt es dorthin? Ein besseres Verständnis der zugrundeliegenden Dynamik trägt dazu bei, den Ozean vor der Plastikverschmutzung und den damit verbundenen Risiken für das Leben im Meer, das Nahrungsnetz und den Stoffkreislauf zu schützen, einschließlich der Kohlenstoffpumpe, die für die Fähigkeit des Ozeans, Kohlendioxid aufzunehmen und den Klimawandel abzuschwächen, von entscheidender Bedeutung ist.

Wissenschaftler:innen aus Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika haben zum ersten Mal Daten über den Plastikexport von der Meeresoberfläche in die Tiefe des Nordatlantikwirbels vorgelegt, die auf In-situ-Messungen beruhen. Damit werfen sie neues Licht auf die vertikalen Mikroplastik-Flüsse. In der Fachzeitschrift Environmental Science and Technology erläutern sie, wie die Partikel in Meeresschnee eingeschlossen werden – organisches Material, das in der Wassersäule nach unten sinkt und als Nahrung für Plankton und größere Tiere dient. Die Beobachtungen bestätigen frühere Ergebnisse von Modellierungsansätzen und tragen dazu bei, die Frage nach dem „fehlenden Plastik“ an der Meeresoberfläche zu beantworten.

„Die Probennahmen, die während einer Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff POSEIDON vor den Azoren im Jahr 2019 durchgeführt wurden, ergänzen die auf Modellsimulationen beruhenden Abschätzungen um wichtige Details“, sagt Dr. Luisa Galgani. Die Marie Curie Global Fellow am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und dem Harbor Branch Oceanographic Institute der Florida Atlantic University (USA) ist Hauptautorin der aktuellen Veröffentlichung. „Winzige Plastikteilchen, die zwischen 0,01 und 0,1 Millimeter groß sind, verschwinden von der Meeresoberfläche, weil sie Teil des Meeresschnees werden. Größere Teile können den gleichen Weg nehmen, sinken aber aufgrund ihrer größeren Masse auch schneller.“

Mit Hilfe spezieller Sedimentfallen und verschiedener optischer und chemischer Analysen fanden Galgani und ihre Kolleg:innen die höchsten Konzentrationen von Plastikpolymeren in Tiefen zwischen 100 und 150 Metern. Eine hochempfindliche Analysemethode, die am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg entwickelt wurde, ermöglichte die Quantifizierung selbst kleinster Mengen von Mikroplastik. In den oberflächennahen Schichten wurden auch hohe Konzentrationen an organischem Material und marinen Gelen entdeckt – dem natürlichen Klebstoff, der zur Bildung größerer Aggregate beiträgt, der auch als Meeresschnee bezeichnet wird. Sie ermöglichen einen effektiven Abwärtstransport. In den sonnendurchschienenen oberen hundert Metern finden auch Plankton und andere Meereslebewesen ihre Nahrung. „Je mehr Plastikpartikel im Meeresschnee enthalten sind, desto größer ist das Risiko für Meerestiere, die sich davon ernähren“, stellt Dr. Galgani fest.

Darüber hinaus wird Mikroplastik durch seine Häufigkeit im Meerwasser zu einem neuen Bestandteil des marinen Kohlenstoffkreislaufs. In den Proben aus dem nordatlantischen Wirbel, einem Plastikmüll-Hotspot, konnten bis zu 3,8 Prozent des abwärts transportierten organischen Kohlenstoffs auf Plastik zurückgeführt werden. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Plastik nicht nur die Umwelt verschmutzt, sondern auch in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf eindringt. Zukünftige Studien müssen berücksichtigen, dass ein vermutlich signifikanter, zunehmender Anteil des organischen Kohlenstoffs im Ozean nicht auf die Aufnahme von Kohlendioxid über die Photosynthese zurückzuführen ist, sondern aus Kunststoffen im menschlichen Abfall stammt“, resümiert Professorin Dr. Anja Engel, Leiterin des Forschungsbereichs Marine Biogeochemie am GEOMAR und Leiterin der Studie.

Originalpublikation:
Galgani, L., Goßmann, I, Scholz-Böttcher, B. Jiang, X., Liu, Z., Scheidemann, L., Schlundt C. and Engel, A. (2022): Hitchhiking into the Deep: How Microplastic Particles are Exported through the Biological Carbon Pump in the North Atlantic Ocean. Environmental Science and Technology, doi: https://doi.org/10.1021/acs.est.2c04712

Weitere Informationen:
http://www.geomar.de/n8644 Meldung mit Bildmaterial zum Download auf der Website des GEOMAR
https://www.icbm.de Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg
https://utmsi.utexas.edu Marine Science Institute, University of Texas at Austin

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Treibhausgasen auf der Spur

Susanne Héjja Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Biogeochemie
ITMS erfasst, wo in Deutschland Treibhausgase freigesetzt und aufgenommen werden.

Die Quellen und Senken von Treibhausgasen in Deutschland sollen zukünftig besser erfasst und überwacht werden. Das ist das Ziel des Integrierten Treibhausgas-Monitoringsystems (ITMS) für Deutschland, das offiziell mit einem dreitägigen Meeting vom 18. bis 20. Oktober 2022 am Max-Planck-Institut für Biogeochemie (MPI-BGC) in Jena gestartet wurde. Das ITMS wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und soll der Bundesregierung und der Öffentlichkeit gesicherte Informationen zu Stand und Entwicklung der Treibhausgasflüsse zur Verfügung stellen.

Neu daran ist, dass die Quellen (Freisetzung) und Senken (Aufnahme) von Treibhausgasen, nun auf Beobachtungen basierend, unabhängig ermittelt werden können: Auf der Grundlage der gemessenen Konzentrationen in der Atmosphäre und mittels aktueller Modellierung der Quellen- und Senkenprozesse sowie des meteorologischen Transports werden neue Berechnungen mit einer hohen Zuverlässigkeit ermöglicht. Gerade vertrauenswürdige Daten sind für eine faktenbasierte Politik zur Eindämmung des Klimawandels, für die Steuerung des Handels mit CO2-Zertifikaten und den Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft (NetZero) von besonderer Relevanz.

Zum Kick-Off Meeting vom 18. bis 20. Oktober 2022 am MPI-BGC trafen sich die beteiligten Forschungspartner mit einem erweiterten Kreis interessierter Forschungsgruppen, um die konkreten Pläne für die erste vierjährige Projektphase abzustimmen.

Dazu erklärt Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger: „Die Bewältigung des Klimawandels ist eine Menschheitsaufgabe, die uns nur mit Forschung und Innovationen gelingen wird. Mit dem Integrierten Treibhausgas-Monitoringsystem für Deutschland können erstmals Treibhausgasquellen und -senken direkt überwacht werden. Dadurch erhalten wir ein genaueres Lagebild für einen besseren Klimaschutz und können Klimaschutzmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen.“

Inverse Modellierung findet Quellen und Senken
Quellen und Senken von Treibhausgasen sowie deren Herkunft an der Oberfläche unserer Erde können mit Hilfe der „inversen Modellierung“ ermittelt werden. Dieses Verfahren nutzt echte Beobachtungsdaten von atmosphärischen Treibhausgaskonzentrationen und unter Zuhilfenahme eines Modells lässt sich auf die räumliche Verteilung sowie die Stärke der Quellen und Senken rückschließen. „Die erste Projektphase wird es ermöglichen, existierende Beobachtungsdaten der atmosphärischen Treibhausgase vom Boden, aus der Luft sowie aus dem Weltraum mit der operationellen Wettervorhersage zusammenzubringen. In weiteren Projektphasen werden Änderungen der Treibhausgasemissionen verschiedener Sektoren, wie z.B. der Energieerzeugung, der Landwirtschaft oder dem Verkehr in Zeiträumen von Monaten bis mehrere Jahre und Jahrzehnte bestimmt werden“, so Dr. Christoph Gerbig vom MPI für Biogeochemie. Die von ihm geleitete Forschungsgruppe wird zusammen mit dem Referat Emissionsverifikation Treibhausgase des Deutschen Wetterdienstes (DWD) die inverse Treibhausgas-Modellierung für Deutschland entwickeln. „Beim DWD werden wir die inverse Modellierung in den operationellen Betrieb überführen und so die Politikberatung zum Treibhausgas-Monitoring verstetigen“, sagt Tobias Fuchs, DWD Vorstand Klima und Umwelt.

Nordstream-Leckagen zeigen die Bedeutung echter Messungen
Wie wichtig reale Messungen sind, zeigen jüngst die Lecks von Nordstream 1 und 2, aus denen große Mengen von Methan (CH4) in die Atmosphäre gelangten. Treibhausgase sind nicht sichtbar, werden aber unter anderem von Messtationen des Integrated Carbon Observation System (ICOS) am Boden und von Satelliten aus erfasst. „Mithilfe des auf unserem Wettervorhersagesystem ICON aufbauenden atmosphärischen Transportmodells ICON-ART konnten wir den Weg der Abluftfahne über Nordeuropa unmittelbar nachverfolgen“, so Tobias Fuchs weiter.

Satellitendaten sind ein bedeutender Baustein
Zu den wichtigsten Fortschritten des ITMS gehört die Verbesserung des Datenflusses von den verschiedenen Beobachtungssystemen, die Messungen am Boden, von Flugzeugen und von Satelliten umfassen. Hierbei werden insbesondere die neuen Satellitendaten wichtige Beiträge leisten. „Hochaufgelöste Satellitenmessungen der atmosphärischen Konzentration erlauben es, die Emissionsstärke von lokalen CO2- und CH4- Quellen vom Weltall aus zu quantifizieren, dies haben wir mit Flugzeugmessungen demonstriert“, erläutert Dr. Heinrich Bovensmann von der Universität Bremen. Für die neuen Satellitensysteme wie z.B. Copernicus CO2M und MERLIN konnte dies anhand von flugzeug-gestützten Messungen demonstriert werden.

Den Ursprung zu kennen, ist die Voraussetzung für erfolgreiche Maßnahmen
Aber auch das Wissen über einzelne Emissionsprozesse wird im ITMS weiterentwickelt und für das Modellsystem verfügbar gemacht:
„Es ist unabdingbar, die Quellen von Treibhausgasemissionen räumlich und zeitlich im Detail besser aufzulösen“, so Dr. Ralf Kiese vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Um Quellen, und Senken biologischen Ursprungs zu berechnen, verwendet sein Team prozessbasierte Simulationsmodelle. In Zusammenspiel mit Schätzungen zu Emissionen aus Verkehr und Industrie wird es zukünftig möglich sein, zwischen Emissionen aus fossilen Quellen, der Land- und Forstwirtschaft sowie natürlichen Quellen wie Feuchtgebieten zu unterscheiden. „Damit können mit ITMS konkrete Maßnahmen zur Senkung lokaler Emissionen bewertet werden.“

Im Rahmen des ITMS fördert das BMBF Forschungsprojekte zu Kernkomponenten in den Bereichen Atmosphärische Modellierung, Beobachtungsdaten sowie Quellen und Senken. Auf diese Kernprojekte werden weitere Beiträge zum ITMS aufbauen. Zu den federführenden Partnern gehören das Max-Planck-Institut für Biogeochemie, der Deutsche Wetterdienst (DWD), das Institut für Umweltphysik der Universität Bremen, das Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sowie das Institut für Physik der Atmosphäre des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Des Weiteren sind auch das Umweltbundesamt sowie das Thünen-Institut für Agrarklimaschutz beteiligt, die beide eine zentrale Rolle in der nationalen Berichterstattung spielen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. habil. Christoph Gerbig (MPI für Biogeochemie) cgerbig@bgc-jena.mpg.de
Dr. Andrea Kaiser-Weiss (Deutscher Wetterdienst) Andrea.Kaiser-Weiss@dwd.de
Dr. Heinrich Bovensmann (Universität Bremen, Institut für Umweltphysik) heinrich.bovensmann@uni-bremen.de
PD Dr. Ralf Kiese (Karlsruhe Institut für Technologie, IMK-IFU) ralf.kiese@kit.edu
Dr. Andreas Fix (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)) Andreas.Fix@dlr.de

Anhang
CO2-Abluftfahne des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde vom Flugzeug aus aufgenommen im Sommer 2021 mit dem neuen bildgebenden Treibhausgassensor MAMAP2D Light

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Nachhaltiger Konsum: Bevölkerung sieht Politik und Wirtschaft in der Pflicht

Ida Seljeskog Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit, DEval
Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) untersucht in regelmäßigen Abständen das entwicklungspolitische Engagement der Bevölkerung in Deutschland. In seinem neuesten Bericht der Reihe „Meinungsmonitor Entwicklungspolitik“ hat es dabei erstmals auch die Einstellung der Bürger*innen zu nachhaltigem Konsum evaluiert. Die Ergebnisse zeigen, dass das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum in der Bevölkerung weitverbreitet ist. Gleichzeitig sieht eine Mehrheit aber nur geringe Chancen, durch das individuelle Konsumverhalten etwas bewirken zu können. Stattdessen fordert ein Großteil der Befragten, Unternehmen und Politik stärker in die Pflicht zu nehmen.

Bewusstsein für nachhaltigen Konsum in der Bevölkerung vorhanden
Nachhaltiger Konsum ist in der Eigenwahrnehmung der Bürger*innen weitverbreitet: 58 Prozent der Befragten geben an, in ihrem Konsumverhalten beispielsweise bei Nahrungsmitteln, Kleidung und Finanzen auf Nachhaltigkeit zu achten. Mehr als zwei Drittel bekunden zudem, nachhaltiger konsumieren zu wollen.

Zweifel an der eigenen Selbstwirksamkeit
Die Bevölkerung ist mehrheitlich davon überzeugt, dass nachhaltiger Konsum dazu beitragen kann, entwicklungspolitische Herausforderungen zu bewältigen. Allerdings ist ein Großteil skeptisch, dass das individuelle Konsumverhalten dabei einen großen Einfluss hat. Ein Grund für Zweifel an der eigenen Selbstwirksamkeit ist, dass nachhaltiger Konsum und seine möglichen Auswirkungen oft als komplex und intransparent wahrgenommenen werden. Hinzu kommt, dass viele Bürger*innen eine gewisse Ohnmacht gegenüber globalen Unternehmen und deren Einfluss auf Produktion und Konsum empfinden.

Die Bevölkerung sieht Verantwortung bei Unternehmen und Politik
In der Studie wird gezeigt, dass die Bevölkerung stattdessen viele Einflussmöglichkeiten bei Wirtschaft und Politik sieht, nachhaltigen Konsum zu fördern. Gleichzeitig wird diesen Akteuren wenig Vertrauen entgegengebracht, dies auch tatsächlich zu tun. Knapp drei Viertel der Befragten fordern, dass Unternehmen mehr in die Pflicht genommen werden – besonders in Bezug auf die Zahlung existenzsichernder Löhne und die Verantwortung für menschenrechtliche Verletzungen entlang der Lieferkette. In diesem Zusammenhang arbeitet das DEval aktuell an einer Evaluierung zur Förderung nachhaltiger Lieferketten im Textilsektor durch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit. Diese soll 2023 veröffentlicht werden.

Datengrundlage
Als Datenquelle dient eine vom Meinungsforschungsinstitut Respondi 2021 für das DEval durchgeführte bevölkerungsrepräsentative Erhebung. Zusätzlich wird auf Fokusgruppendiskussionen zurückgegriffen, die mit Unterstützung eines Dienstleisters durchgeführt wurden. Der vollständige Bericht „Meinungsmonitor Entwicklungspolitik 2022. Entwicklungspolitisches Engagement in Zeiten globaler Krisen und Herausforderungen“ ist auf der Website des DEval abrufbar.

Über das DEval
Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) ist vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mandatiert, Maßnahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit unabhängig und nachvollziehbar zu analysieren und zu bewerten. Mit seinen strategischen und wissenschaftlich fundierten Evaluierungen trägt das Institut dazu bei, die Entscheidungsgrundlage für eine wirksame Gestaltung des Politikfeldes zu verbessern und Ergebnisse der Entwicklungszusammenarbeit transparenter zu machen. Das Institut gehört zu den Ressortforschungseinrichtungen des Bundes und wird von Prof. Dr. Jörg Faust geleitet.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Martin Bruder
Abteilungsleitung Zivilgesellschaft, Menschenrechte
Tel: +49 (0)228 336907-970
E-Mail: martin.bruder@DEval.org

Originalpublikation:
https://www.deval.org/de/publikationen/meinungsmonitor-entwicklungspolitik-2022-…

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Energiesysteme der Zukunft – Rund 20 Millionen für vier Forschungsprojekte

Vanessa Marquardt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Carl-Zeiss-Stiftung
Wie sehen die Energiesysteme der Zukunft aus? Welche technischen Grundlagen benötigen wir und wie kann der anstehende Transformationsprozess so gestaltet werden, dass wir alle gesellschaftlichen Akteure mitnehmen? Antworten auf diese und ähnliche Fragen sollen vier Forschungsprojekte liefern, die die Carl-Zeiss-Stiftung im Rahmen des Programms CZS Durchbrüche fördert. Pro Projekt werden bis zu fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Erneuerbare Energien stellen neue Anforderungen an die Netzinfrastruktur. Zudem steht bei Wind-, Wasserkraft und Solaranlagen Energie nicht immer in gleicher Menge zur Verfügung, sondern unterliegt gewissen Schwankungen. Neben einer effektiven Nutzung der Ressourcen verlangen die Energiesysteme der Zukunft damit auch flexiblere Prozesse.

„Die Energiewende erfordert einen umfassenden Transformationsprozess, den Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam gestalten müssen“, sagt Dr. Felix Streiter, Geschäftsführer der Carl-Zeiss-Stiftung. „Daher ist es wichtig, sowohl die technische Seite des Prozesses zu betrachten als auch alle relevanten Akteure in den Prozess einzubinden. Einen solchen breiten Ansatz verfolgen unsere Förderprojekte.“

Ausgeschrieben wurde das Programm CZS Durchbrüche – Energiesysteme der Zukunft mit dem Ziel, anwendungsorientierte Grundlagenforschung zur Energiewende zu fördern. Vier Projekte wurden nun von einer Expertenkommission ausgewählt. Sie erhalten in den kommenden sechs Jahren jeweils bis zu fünf Millionen Euro.

Die Verteilung elektrischer Energie ist eine der zentralen Herausforderungen bei der Energiewende. Um eine höhere Auslastung der Netzinfrastruktur zu erzielen, wird an der Technischen Universität Ilmenau eine Netzumstellung von Wechsel- auf Gleichstrom erforscht. Der Einsatz von Gleichstrom in Verteilnetzen könnte eine wesentlich höhere Auslastung der Netzinfrastruktur erreichen und so den Ressourceneinsatz für den Netzausbau verringern.

An der Technischen Universität Kaiserslautern wird neben gleichstrombasierten Versorgungsnetzen die Flexibilisierung von sogenannten Batchprozessen erforscht, um dem schwankenden Stromangebot durch erneuerbare Energien zu begegnen. Bei den in Mittelstand und Großunternehmen weit verbreiteten Batchprozessen handelt es sich um geschlossene Prozessketten, die automatisiert nacheinander ablaufen. Dabei werden verschiedene Aggregate (Rührer, Pumpen, elektrische Heizungen, usw.) an- und abgefahren, um die unterschiedlichen Schritte durchzuführen. Im Gegensatz zu kontinuierlichen Prozessen sind sie in Bezug auf eine Flexibilisierung noch weitgehend unerforscht.

Wie mit Hilfe von Augmented und Virtual Reality Entscheidungsträger direkt in den Prozess der Energiewende eingebunden werden, untersucht ein Forschungsteam der Universität Stuttgart. Dafür setzt es digitale Zwillinge ein, die urbane Bestandsquartiere energetisch abbilden sollen. Darauf aufbauend können geplante Veränderungen wie z. B. die Installation von Solaranlagen, energetische Gebäudesanierung oder auch Schallemissionen erlebbar gemacht und ihre Rückwirkungen auf die gesamte Infrastruktur bewertet werden.

Organische Halogenverbindungen wie beispielsweise Teflon oder PVC verfügen über einzigartige Eigenschaften, werden nach dem Gebrauch bislang aber verbrannt. An der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wird erforscht, wie die Halogene im Sinne einer Kreislaufwirtschaft wieder nutzbar gemacht werden können. Elektrochemisch sollen die Halogene als negativ geladene Ionen (Anionen) oder halogenorganische Bausteine freigesetzt und dabei das Kohlenstoffgrundgerüst erhalten werden, das als Rohstoffquelle für andere chemische Prozesse dienen kann. Der Prozess soll dabei so flexibel gestaltet werden, dass Stromüberschüsse genutzt werden können.

Weitere Informationen:
https://www.carl-zeiss-stiftung.de/themen-projekte/uebersicht-projekte/detail/ve…
https://www.carl-zeiss-stiftung.de/themen-projekte/uebersicht-projekte/detail/sm…
https://www.carl-zeiss-stiftung.de/themen-projekte/uebersicht-projekte/detail/sr…
https://www.carl-zeiss-stiftung.de/themen-projekte/uebersicht-projekte/detail/ha…

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Beyond Erdgas: Wie werden wir unabhängig und klimaneutral?

Anja Schuster Kommunikation
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Die HTW Berlin lädt am 5. November zur öffentlichen Debatte
Bei der Veranstaltung im Rahmen der Berlin Science Week 2022 kommen Fachleute und Öffentlichkeit miteinander ins Gespräch – die Teilnahme ist kostenlos.

Wie kann Deutschland seine Energieversorgung erstens unabhängig und zweitens klimaneutral gestalten? Nach einer Antwort auf diese Frage suchen vier Expert*innen im Rahmen der diesjährigen Berlin Science Week. Zur öffentlichen Debatte eingeladen hat die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin). Die Veranstaltung mit dem Titel „Beyond Erdgas: Wie werden wir unabhängig und klimaneutral?“ findet am Samstag, 5. November 2022, statt. Die Teilnahme ist kostenlos und sowohl in Präsenz im Museum für Naturkunde möglich als auch virtuell. Die Plätze vor Ort sind begrenzt, eine vorherige Anmeldung ist nötig.

Diskutieren werden mit Prof. Dr. Barbara Praetorius und Prof. Dr. Volker Quaschning zwei in Energiefragen profilierte HTW-Wissenschaftler*innen. Die Ökonomin Barbara Praetorius war eine der vier Vorsitzenden der von der Bundesregierung einberufenen Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, der sogenannten „Kohlekommission“. Volker Quaschning ist Experte für Regenerative Energien und Mitbegründer der „Scientists for Future“. Die Position der Industrie vertritt Dr. Holger Lösch, seit 2017 Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI). Die Perspektive des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) bringt Katja Karger ein, Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion besteht die Möglichkeit, mit den Expert*innen sowohl vor Ort als auch virtuell ins Gespräch zu kommen. Die Moderation liegt bei der Journalistin Vivian Upmann. Die Veranstaltung ist Teil der Berlin Science Week, zu der sich seit 2016 Vertreter*innen aus Wissenschaft und Gesellschaft in Berlin treffen.

Beyond Erdgas: Wie werden wir unabhängig und klimaneutral?
5. November 2022, 15:30-17:00 Uhr
Berlin Science Week Campus, New Normal Hall, 1. Obergeschoss
c/o Museum für Naturkunde Berlin, Invalidenstraße 43, 10115 Berlin

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Barbara Praetorius
Prof. Dr. Volker Quaschning

Weitere Informationen:
https://events.htw-berlin.de/forschung/symposium/

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Stress beeinträchtigt das episodische Gedächtnis

Sophie Ehrenberg Wissenschaftsorganisation & Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Neurobiologie
Stress beeinträchtigt die Struktur und Funktion des Gehirns, was zu kognitiven Defiziten und einem erhöhten Risiko für psychiatrische Störungen wie Depression, Schizophrenie, Angstzuständen und posttraumatischen Belastungsstörungen führen kann. Dr. Alessio Attardo hat mit seinem Team vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München und vom Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) Magdeburg nun einen Mechanismus entdeckt: wiederholter Stress destabilisiert die Synapsen in der für das episodische Gedächtnis wichtigen Hippocampus-Region CA1, sodass die Neuronen zunächst hyperaktiv sind, anschließend Nervenverbindungen verschwinden und sich somit die Kodierung verändert.

Der erste Kuss, der Schulabschluss, ein Autounfall: Im episodischen Gedächtnis werden sowohl positive als auch negative Erfahrungen unseres Lebens abgespeichert. Es umfasst aber nicht nur die Erinnerungen an unsere persönlichen Lebensstationen, sondern auch an markante Ereignisse des öffentlichen Lebens, die uns geprägt haben, wie zum Beispiel den Fall der Mauer. Mit Hilfe des episodischen Gedächtnisses können wir komplexe Alltagserfahrungen in einen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang stellen.

Durch Stress wird diese Form des Erinnerns jedoch erheblich verändert. Alessio Attardo suchte mit seinem Forscherteam den neuronalen Mechanismus: „In unserer Studie haben wir den Zusammenhang zwischen Veränderungen in den Aktivitätsmustern und der strukturellen Plastizität der Neuronen untersucht. Wir konnten mit unseren Experimenten zeigen: Wiederholter Stress erhöht bei den untersuchten Mäusen zunächst die neuronale Aktivität, doch anschließend geht die räumlich-zeitliche Struktur der Aktivitätsmuster verloren und die Enkodierung der Erinnerung im Hippocampus leidet.“

Für das Experiment trainierten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Mäuse, die Position einer versteckten Plattform in einem kleinen Schwimmbecken zu erlernen. Mit Hilfe von Miniaturmikroskopen und der Zwei-Photonen-Bildgebung konnten sie Veränderungen in den Aktivitätsmustern von Tausenden von Neuronen erkennen, während sich die Mäuse frei bewegten. Die veränderte Aktivität ging mit einer Abnahme von erregenden Synapsen einher, weil vorhandene Synapsen durch den Stresseinfluss destabilisiert wurden und die Neubildung von synaptischen Kontakten drastisch abnahm.

Attardo erläutert: „Interessanterweise wurde der Verlust von Verbindungen in den Neuronen des Hippocampus erst nach mehreren Tagen Hyperaktivität deutlich, und die Desorganisation der Kodierung im Hippocampus zeigte sich erst nach einem erheblichen Kontaktverlust. Akuter Stress hingegen führte eher zu einer Stabilisierung der erregenden Synapsen, die in zeitlicher Nähe zum Stressereignis entstanden.“ Dies deutet darauf hin, dass Stress nicht gleich Stress ist, und dass die nach akutem Stress stabilisierten Synapsen möglicherweise an der Speicherung der negativen Stress-Wirkung beteiligt sind, nicht aber an der eigentlichen Lernaufgabe.

Die zellulären Mechanismen und Netzwerkveränderungen, durch die wiederholter oder lang anhaltender Stress bzw. Akutstress seine schädlichen Auswirkungen entfaltet, sind noch nicht vollständig geklärt. „Unsere Studie wirft ein Licht auf dieses Problem, indem sie zum ersten Mal zeigt, dass der Verlust neuronaler Konnektivität den Übergang zwischen früher neuronaler Hyperaktivität und späterer Beeinträchtigung der Hippocampusfunktion bei wiederholter Stressbelastung vermittelt“, so Attardo. Die Ergebnisse könnten das Potenzial haben, neue Therapien zur Linderung der negativen Auswirkungen von wiederholtem Stress zu ermöglichen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Alessio Attardo, alessio.attardo@lin-magdeburg.de

Originalpublikation:
https://www.nature.com/articles/s41398-022-02107-5

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Als Unterstützung für Unternehmen: TH Lübeck Forscher entwickeln Energiesparkoffer

Johanna Helbing Kommunikation/ Pressestelle
Technische Hochschule Lübeck
Viele kleine und mittlere Unternehmen stehen gerade vor großen Herausforderungen Energiesparpotentiale zu erfassen und Sparmaßnahmen umzusetzen. Damit sie gezielt vorgehen können und die verschiedenen Möglichkeiten ausprobieren können, haben Forscher des Kompetenzzentrums CoSA der TH Lübeck einen Energiesparkoffer entwickelt. Dieser besteht aus diversen Sensoren, die Verbrauche und damit Einsparpotentiale aufdecken.

Ob Friseursalon, Handwerksbetrieb oder Hotel – viele kleine und mittlere Unternehmen suchen derzeit nach Lösungen wie sie effektiv Energie einsparen können. Die TH Lübeck Forscher Prof. Horst Hellbrück und Marco Cimdins des Kompetenzzentrums CoSA entwickelten mit einem Energiesparkoffer eine praktische Lösung für Unternehmen. Erst kürzlich präsentierte Cimdins den Koffer beim Mittelstand-Digital Kongress im Umweltforum in Berlin.

„Wir zeigen mit einfachen Mitteln, wie die Unternehmen mit simplen technischen Anwendungen ihren Energieverbrauch ermitteln können – egal ob es um Stromverbräuche, das Raumklima oder den Zustand eines E-Parkplatzes geht“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter Marco Cimdins. Im Rahmen des Mittelstand-Digital Zentrum Schleswig-Holstein stellte er einen Energieeffizienz-Koffer zusammen, der verschiedene Sensoren bündelt.

Prof. Horst Hellbrück erläutert den Prozess: „Im ersten Schritt geht es darum, den Energieverbrauch transparent zu machen und so Einsparpotenziale zu identifizieren. Grundlage sind Daten, die über Sensoren erfasst werden. Diese Daten können visualisiert werden, sie können dafür sorgen, dass automatische Benachrichtigungen geschickt werden oder sie können in andere Systeme integriert werden.“

Konkrete Beispiele für Sensoren im Energieeffizienz-Koffer sind:
• Raumklimasensor: der Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Licht, Bewegung und auch CO2 misst. Mit diesen Sensoren kann nicht nur für ein optimales Raumklima gesorgt werden, sondern auch die Betriebskosten optimiert werden. Ob Friseur, Museum, Handwerk, Gastronom oder Maschinenbauer, diese Sensoren sind überall einsetzbar.
• Smarte Fenster- und Türsensoren: ermöglichen jederzeit einen Überblick, ob Türen und Fenster geschlossen oder offen sind und bieten so Potenzial, Energie zu sparen.
• KLAX: zum Nachrüsten von digitalen Stromzählern ermöglicht die Überwachung der internen Energieverbräuche in kurzen Intervallen. Diese können nach einzelnen Messstellen aufgeschlüsselt und visualisiert werden.
• Stromzangen: ermöglichen die Energiedatenerfassung und bieten durch die Auswertung Möglichkeiten zur Steigerung der Ressourceneffizienz.
• Smarte Steckdosen: messen nicht nur den Strombedarf, sondern können nach einem Zeitplan an- oder komplett abgeschaltet werden

Der Koffer entstand im Rahmen des Mittelstand-Digital Zentrums Schleswig-Holstein. Bei Interesse am Energieeffizienzkoffer ist eine Kontaktaufnahme mit Marco Cimdins und Prof. Horst Hellbrück möglich.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Marco Cimdins, M.Sc.
Telefon: +49 451 300 5631
E-Mail: marco.cimdins@th-luebeck.de

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Wie sich familiäre Entscheidungen auf die Wirtschaft auswirken – und umgekehrt

Dr. Anke Sauter Public Relations und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Singles, Paare, alleinerziehende Elternteile, Familien mit einem Kind oder mit mehreren – private Haushalte können sehr unterschiedlich aussehen. Eine neue Forschungsgruppe an der Goethe-Universität will herausfinden, wie das individuelle Verhalten von Haushalten einerseits und die gesamtwirtschaftliche Situation und die Familienpolitik andererseits einander beeinflussen.

Wie Einkommen, Konsum und Vermögen in einer Volkswirtschaft verteilt sind, hat viel mit den Entscheidungen zu tun, die in den einzelnen Haushalten getroffen werden. Die Forschungsgruppe „Makroökonomische Implikationen von Intra-Haushalt-Entscheidungen“ will die Verhaltensweisen einzelner Haushaltsmitglieder im Hinblick auf Konsum-, Beschäftigungs- und Investitionsmöglichkeiten stärker in den Blick nehmen und deren Wechselwirkung erforschen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wird die Forschungen für zunächst vier Jahre mit 2,44 Millionen Euro finanzieren. Sprecher der Gruppe ist Prof. Alexander Ludwig, der an der Goethe-Universität die Professur für Public Finance and Macroeconomic Dynamics innehat. Die Forschungsgruppe besteht ausschließlich aus Frankfurter Ökonomen: Georg Dürnecker, Professor für Internationalen Handel, Entwicklung und Wachstum, die Leibniz-Preisträgerin Nicola Fuchs-Schündeln, Professorin für Makroökonomie und Entwicklung, Leo Kaas, Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Makroökonomik und Arbeitsmärkte sowie die Nachwuchswissenschaftlerinnen Chiara Lacava und Dr. Zainab Iftikhar, die ebenfalls auf arbeitsmarkt- und familienökonomische Fragestellungen spezialisiert sind.

„Traditionelle makroökonomische Modelle berücksichtigen die Dynamik in privaten Haushalten nicht. Jeder Haushalt wird durch ein einziges Mitglied repräsentiert. Mit Hilfe komplexer Wirtschaftsmodelle können wir nun Interaktionen zwischen den Haushaltsmitgliedern in makroökonomische Modelle einführen“, erklärt Prof. Ludwig, der Sprecher der Gruppe. Auf diese Weise werde man dazu beitragen, die mikroökonomischen Grundlagen der Makroökonomie noch besser zu verstehen. Das Thema Ungleichheit soll nicht nur zwischen Haushalten untersucht werden, sondern auch innerhalb von Haushalten – z.B. der ungleichen Einkommensverteilung zwischen Mann und Frau.

Die Forschungen sind in acht Projekte gegliedert, die unterschiedliche Themen bearbeiten werden. Eines der Projekte widmet sich der Frage, inwiefern die Möglichkeit, Eizellen einzufrieren und damit die Realisierung des Kinderwunsches zu vertagen, die Arbeitsbiographien von Frauen beeinflussen kann. Manche Firmen bieten bei diesem Jahr eine Kostenübernahme an, um so die Arbeitskraft im Betrieb halten zu können. Doch welche Auswirkungen hat dies auf die Frauen? Und auf die gesamte Volkswirtschaft? Weitere Themen sind etwa die Auswirkungen innerfamiliärer Arbeitsteilung auf die Einkommenssituation von Individuen oder die Wohnentscheidungen von Familien in Abhängigkeit von wohnungspolitischen Maßnahmen.

Die Forschenden erhoffen sich von ihrer Arbeit eine grundlegende Bereicherung der Kenntnisse darüber, wie ökonomische Maßnahmen wirken, die etwa durch Steuer- und Transferzahlungen Arbeitsangebots-, Spar-, Fertilitäts- und Wohnnachfrageentscheidungen beeinflussen. Diese Maßnahmen sollen sowohl hinsichtlich ihrer gesamtwirtschaftlichen Effizienz- als auch ihrer Verteilungswirkungen untersucht werden. Um diese Zusammenhänge zu verdeutlichen, untersuchen sie etwa, inwieweit eine Spezialisierung eines Partners in einer Familie auf dem Arbeitsmarkt, verursacht etwa durch die Geburt eines Kindes oder durch steuerpolitische Maßnahmen wie Ehegattensplittingtarife, zu stärkerer Ungleichheit zwischen Männern und Frauen führt und inwieweit dies die gesamtökonomische Effizienz verringert – z.B. durch eine verringerte Erwerbspartizipation von Frauen – oder etwa erhöht – da eine stärkere Spezialisierung die Arbeitsproduktivität des Main Breadwinners im Haushalt steigert.

Bild zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/126914376

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Alexander Ludwig
Chair of Public Finance and Macroeconomic Dynamics
Department Economic Policy & Quantitative Methods, Faculty of Economics and Business
Goethe-Universität
Telefon +49 (0)69 798-30036
E-Mail mail@alexander-ludwig.com

Weitere Informationen:
http://alexander-ludwig.com

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Intelligente Algorithmen für die Energiewende

Christiane Taddigs-Hirsch Hochschulkommunikation
Hochschule München
Mit einem Münchner Startup entwickeln HM-Professor Christoph Hackl und sein Team intelligente Algorithmen, die dafür sorgen, dass sich der Strom aus Wellenkraftwerken effizient und zuverlässig ins Stromnetz einspeisen lässt.

Früher passionierter Windsurfer, forscht HM-Professor Christoph Hackl heute an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik zur Stromerzeugung aus Wellenkraft. Mit dem Münchner Start up SINN Power GmbH entwickeln Hackl und der wissenschaftliche Mitarbeiter Simon Krüner Steuerungssysteme für die Leistungselektronik für eine nachhaltige Stromgewinnung.

Stromproduktion auf dem Meer
Im Prinzip ist die Stromgewinnung auf See einfach: Das geplante Wellen-Kraftwerk besteht aus mehreren Reihen senkrechter Stangen, die miteinander verbunden und am Meeresgrund verankert sind. An jeder Stange befindet sich ein Schwimmköper, der von den Wellen auf- und ab bewegt wird. Dadurch werden Rollen angetrieben, die zwischen Schwimmkörper und Stange befestigt sind. Jede Rolle ist mit einem Generator verbunden, der die Bewegung in elektrische Energie verwandelt. Beim Auf und Ab der Rollen ändert sich die Drehrichtung. Deshalb produzieren die Generatoren Drehstrom, dessen Frequenz sich, abhängig von der Länge der Meereswellen, ständig verändert.

Ins Netz lässt sich dieser Strom nicht ohne weiteres einspeisen – dafür benötigt man Drehstrom mit einer konstanten Frequenz von 50 Hertz, das entspricht 50 Schwingungen pro Sekunde. Der im Wellenkraftwerk erzeugte Strom muss daher erst einmal umgewandelt werden. „Rein technisch ist das kein Problem: Man benötigt einen Umrichter, der aus dem primären Drehstrom Gleichstrom macht, sowie einen zweiten Umrichter, der zusammen mit einem Netzfilter 50 Hertz-Drehstrom erzeugt.

Herausforderung Effizienz und Zuverlässigkeit
„Die Herausforderung liegt darin, bei dieser Umwandlung eine möglichst hohe Effizienz und Zuverlässigkeit in allen Betriebsbereichen zu erreichen“, erklärt Hackl. Für den Prototypen der neuen Wellenkraftanlage hat er solche Algorithmen entwickelt, die unter anderem den Wirkungsgrad erheblich verbessern. Die Ergebnisse wurden unlängst unter dem Titel „Experimental Identification of the Optimal Current Vectors for a Permanent-Magnet Synchronous Machine in Wave Energy Converters“ veröffentlicht.

Hackls Algorithmen setzen da an, wo normalerweise Energie verloren geht: bei den verschiedenen Umwandlungsschritten – erst von Drehstrom in Gleichstrom und dann von Gleichstrom in netzkompatiblen Drehstrom. Jede dieser Umwandlungen verringert die Energieausbeute. Hackls Software minimiert die Verluste: „Unsere Algorithmen können das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten nicht nur optimal steuern, sondern steigern auch ihre Zuverlässigkeit.“ Wenn beispielsweise in einem Umrichter ein Schalter ausfalle, dann sorge die intelligente Software dafür, dass sich das System nicht abschalte, sondern sich an die veränderten Umstände anpasse und weiterarbeite – wenn auch mit etwas verringerter Leistung. Gleichzeitig werde eine Störungsmeldung an den Betreiber geschickt. „Insgesamt lässt sich so die Effizienz des Gesamtsystems erheblich verbessern“, resümiert Hackl.

Der Härtetest auf der Insel
Den Härtetest am Meer hat die Leistungselektronik mit Bravour bestanden: Für den Prototypen-Test wurden Umrichter, Netzfilter und Steuerungscomputer in eine wasserdichte, schuhschachtelgroße Box gepackt und nach Heraklion geflogen. Dort trotzt die Technik seit mehr als einem Jahr salziger Luft, Stürmen und spritzender Gischt und verwandelt den Strom des wellengetriebenen Generators zuverlässig in Netzstrom. Die Energieausbeute: 93 Prozent.

Technik für nachhaltige Energieerzeugung
Von den effizienten und fehlertoleranten Algorithmen sollen in Zukunft nicht nur die Hersteller von Wellenkraftanlagen profitieren, sondern auch die Betreiber von Wind-, Solar- oder Geothermieanlagen, sagt Hackl: „Die Leistungssoftware eignet sich für die Optimierung des Outputs aller regenerativen Kraftwerke – egal ob Erdwärme, Sonne, Wind oder Wasser. Man braucht am Ende immer Wandler, um Netzstrom daraus zu machen.“ Gesteigerte Effizienz und Zuverlässigkeit trägt zur Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen bei. „Tatsächlich sehe ich in den Algorithmen meinen persönlichen, bescheidenen, aber ganz konkreten Beitrag zur Energiewende. Ich habe selbst Kinder und ich möchte ihnen eine Welt hinterlassen, die lebenswert ist. Das ist meine Motivation.“

Gerne vermitteln wir einen Interviewtermin mit Prof. Dr. Christoph Hackl und Simon Krüner.

Christoph Hackl promovierte 2012 interdisziplinär an der Technischen Universität München in Mechatronik und Systemtheorie. 2018 wurde er zum Professor für “Elektrische Maschinen und Antriebe” an die HM berufen. Mit fünf Kollegen gründete er in 2019 das HM-Forschungsinstitut „Nachhaltige Energiesysteme”. In 2022 gewann er den HM-Oskar für angewandte Forschung. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen mechatronische und regenerative Energiesysteme. Er hat mehr als 150 Konferenz-/Journal-/Buchbeiträge veröffentlicht.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Kontakt: Christiane Taddigs-Hirsch unter 089 1265-1911 oder unter presseinfo@hm.edu

Originalpublikation:
C.M Hackl, J. Kullick and N. Monzen, „Optimale Betriebsführung von nichtlinearen Synchronmaschinen“, in Elektrische Antriebe – Regelung von Antriebssystemen (5. Auflage), Springer-Verlag, 2020.

C.M. Hackl, U. Pecha, K. Schechner, “Modeling and control of permanent-magnet synchronous generators under open-switch converter faults”, IEEE Transactions on Power Electronics, 2018 (doi: 10.1109/TPEL.2018.2855423).

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Wärmere Ozeane erhöhen Niederschlagsmenge

Ulrike Prange Pressestelle
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen
Neue Nature-Studie: Die Erwärmung der oberen Ozeanschichten im westlichen tropischen Pazifik wird künftig zu stärkeren Winden und mehr Regen über Ostasien führen

Der östliche Pazifik ist eine der Schlüsselregionen im Klimasystem Erde. Ändern sich hier die Bedingungen, wirkt sich das direkt auf das Klima anderer Regionen aus. Eine neue Studie kommt zu dem Schluss, dass bereits eine Erwärmung der oberen Ozeanschichten im äquatorialen Pazifik dazu führen könnte, dass der ostasiatische Monsun insgesamt verstärkt wird. Die Studie, an der auch PD Dr. Mahyar Mohtadi vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen beteiligt ist, wird jetzt im Fachmagazin Nature veröffentlicht.

Das Indo-Pazifische Wärmebecken (IPWP) spielt eine entscheidende Rolle für das globale Klima, indem es enorme Mengen an Wasserdampf und latente Wärme an die Atmosphäre abgibt und so das Klima reguliert. In jüngster Zeit haben stetig wärmer werdende Ozeane dazu beigetragen, dass tropische Stürme verstärkt und intensiver werden – sie beziehen ihre Energie direkt von der Oberfläche des Meeres. Wie genau Ozeanerwärmung und Niederschlägen an Land zusammenhängen, ist jedoch noch nicht ausreichend erforscht. Fest steht aber, dass Ozeane die anthropogene Klimaerwärmung nur bis zu einem bestimmten Sättigungsgrad durch Aufnahme ausgleichen können.

Durch die Verwendung von Klimamodellen und geochemischen Untersuchungen an kalkhaltigen Meeresorganismen haben die Forschenden für die aktuelle Studie rekonstruiert, wie der Ozean seine Wärme und Energie verändert. Sie verglichen ihre Ergebnisse mit Rekonstruktionen von Monsunniederschlägen in Ostasien für denselben Zeitraum und fanden heraus, dass die Kopplung von ozeanischem Wärmeinhalt und Monsunschwankungen für die Regulierung des globalen Klimas entscheidend ist.

„Unsere Studie legt nahe, dass Änderungen in der thermischen Struktur des westlichen Pazifiks die Abgabe von Feuchtigkeit, latenter Wärme, und Niederschlag über Ostasien kontrollieren“, sagt Mahyar Mohtadi, Leiter der Forschungsgruppe „Klimavariabilität der Niedrigen Breiten“ am MARUM. „Der Temperaturgradient zwischen verschiedenen Breitengraden steuert nicht nur die Energieaufnahme vom tropischen Pazifik, sondern auch, wie Winde die Feuchtigkeit aus dem Ozean an Land tragen.“

Die von Forschenden aus China, Deutschland und den USA geleitete Studie ergab, dass in den vergangenen 360.000 Jahren die Zunahme des Monsunregens in Ostasien von einem erhöhten Wärmeinhalt des Indo-Pazifischen Wärmebeckens – einer Region, in der die Meeresoberflächentemperaturen das ganze Jahr über etwa 28 Grad Celsius bleiben – gesteuert wurde, wahrscheinlich durch einen verbesserten Transport von Feuchtigkeit und latenter Wärme durch Wasserdampf aus dem Ozean. Laut der Studie folgen die Änderungen des Wärmegehalts der oberen Ozeane den Verschiebungen in der Erdumlaufbahn, die etwa alle 23.000 Jahre auftreten und die Verteilung der einfallenden Sonnenstrahlung in jedem Breitengrad verändern.

Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im gesamten Erdsystem. Die Dynamik des Ozeans und des Meeresbodens prägen durch Wechselwirkungen von geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen maßgeblich das gesamte Erdsystem. Dadurch werden das Klima sowie der globale Kohlenstoffkreislauf beeinflusst und es entstehen einzigartige biologische Systeme. Das MARUM steht für grundlagenorientierte und ergebnisoffene Forschung in Verantwortung vor der Gesellschaft, zum Wohl der Meeresumwelt und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Es veröffentlicht seine qualitätsgeprüften, wissenschaftlichen Daten und macht diese frei zugänglich. Das MARUM informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse der Meeresumwelt, und stellt im Dialog mit der Gesellschaft Handlungswissen bereit. Kooperationen des MARUM mit Unternehmen und Industriepartnern erfolgen unter Wahrung seines Ziels zum Schutz der Meeresumwelt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
PD Dr. Mahyar Mohtadi
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Klimavariabilität der niedrigen Breiten
E-Mail: mmohtadi@marum.de
Telefon: 0421 218 65660

Originalpublikation:
Zhimin Jian, Yue Wang, Haowen Dang, Mahyar Mohtadi, Yair Rosenthal, David W. Lea, Zhongfang Liu, Haiyan Jin, Liming Ye, Wolfgang Kuhnt & Xingxing Wang: Warm pool ocean heat content regulates ocean–continent moisture transport. Nature 2022. DOI: 10.1038/s41586-022-05302-y.

Weitere Informationen:
http://www.marum.de/wir-ueber-uns/Klimavariabilitaet-der-niedrigen-Breiten.html – Forschungsgruppe „Klimavariabilität der Niedrigen Breiten“ am MARUM

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Phosphor-Recycling aus Klärschlamm verbessern

Nadja Neumann Kommunikation und Wissenstransfer
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Phosphor ist ein wichtiger Rohstoff, insbesondere als Dünger für die Landwirtschaft. Aber in Gewässern verschlechtert er die Wasserqualität. Seit den 80er Jahren gehört darum die Phosphatfällung zu den Kernprozessen kommunaler Kläranlagen. Dabei wird Phosphor mit Salzen im Klärschlamm gebunden. Weil der Rohstoff aber auch zunehmend knapp wird, soll er dort zurückgewonnen werden. Das gelingt beispielsweise, wenn er in gebundener Form als Vivianit vorliegt. Forschende vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben untersucht, welche Faktoren die Bildung von Vivianit fördern und damit die Menge an rückgewinnbaren Phosphor erhöhen.

Es gibt viele gute Gründe, Phosphor zu recyceln: Rohphosphate sind zunehmend verunreinigt und die Versorgung hängt von einigen wenigen Ländern ab. Deshalb steht er seit 2014 auf der Liste der „kritischen Rohstoffe“ der Europäischen Union. Und auch die deutsche Bundesregierung hat 2017 eine novellierte Klärschlammverordnung verabschiedet: Bis 2032 sollen demnach größere Anlagenbetreiber dafür sorgen, dass der im Klärschlamm enthaltene Phosphor zurückgewonnen wird.

Bei der Fällung im Klärschlamm kann Vivianit entstehen – eine Eisen-Phosphor-Verbindung, aus der sich Phosphor relativ gut wieder recyceln lässt. „Aber bisher war nicht klar, welche Bedingungen in den Kläranlagen die Vivianitbildung begünstigen. Das interessiert uns auch für die Restaurierung von Seen, wo die Fällung von Phosphor aus dem Wasser ebenfalls Anwendung findet, um die Nährstofflast zu reduzieren und so die Wasserqualität zu verbessern“, erläutert IGB-Forscher Michael Hupfer, der die Studie geleitet hat. Das Team analysierte die Eigenschaften und die Zusammensetzungen von Schlammproben aus 16 Kläranlagen sowie die Prozessparameter der Anlagen, um die Einflussfaktoren der Vivianitbildung zu ermitteln.

Hoher Eisengehalt begünstigt, hoher Schwefelgehalt verringert die Vivianitbildung:
Ein hoher Eisengehalt erwies sich als wichtigster Faktor, um die Vivianitbildung zu begünstigen. Ein hoher Schwefelgehalt wiederum verringerte die Vivianitbildung. „Es gibt schwefelhaltige und schwefelfreie Fällungsmittel. Wir konnten im Vergleich zeigen, dass die Verwendung von schwefelhaltigen Fällungsmitteln den Schwefelgehalt im Schlamm erhöhen und so der Vivianitbildung entgegenwirken kann. Die Wahl des Fällmittels kann also das Phosphor-Recycling wesentlich beeinflussen“, erläutert die IGB-Doktorandin Lena Heinrich, Erstautorin der Studie.

Die Anpassung der Bedingungen kann einiges bewirken: In den 16 Kläranlagen variierte der Anteil von Phosphor, das in Vivianit gebunden war, zwischen rund 10 bis zu 50 Prozent. Diese Spanne zeigt das große Potenzial, die Ausbeute von Vivianit zu erhöhen. „Für uns als Gewässerökologen sind die Erkenntnisse sehr wichtig, weil eisenhaltige Fällmittel auch für die Restaurierung von eutrophierten, also mit Nährstoffen belasteten Seen in Frage kommen. Die Effizienz einer Eisensalz-Zugabe ist viel größer, wenn es im Sediment zur Bildung von stabilem Vivianit kommt, was dann – vielleicht eines Tages – auch für die Rückgewinnung von Phosphor zur Verfügung steht“ ordnet Michael Hupfer die Ergebnisse ein.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Lena Heinrich
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), nun an der Universität Potsdam. E-Mail: lena.heinrich@uni-potsdam.de

Michael Hupfer
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). E-Mail: michael.hupfer@igb-berlin.de

Originalpublikation:
Lena Heinrich, Peter Schmieder, Matthias Barjenbruch, Michael Hupfer: Formation of vivianite in digested sludge and its controlling factors in municipal wastewater treatment. Science of The Total Environment, Volume 854, 2023, 158663, ISSN 0048-9697. https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.158663.

Weitere Informationen:
https://www.igb-berlin.de/news/phosphor-recycling-aus-klaerschlamm-verbessern

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Virenfahndung in der Kanalisation

Jana Schlütter Kommunikation
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft
Mit am Max Delbrück Center entwickelten Algorithmen lassen sich nicht nur neue Varianten des Coronavirus im Abwasser rasch aufspüren. Das Verfahren, das ein Team um Altuna Akalin in „Science of the Total Environment“ vorstellt, kommt auch anderen Krankheitserregern leicht auf die Schliche.

Nicht nur das Coronavirus verändert permanent sein Gesicht, um sich den Angriffen des menschlichen Immunsystems möglichst zu entziehen. Auch andere Erreger nutzen diese Strategie: Durch winzige Veränderungen in ihrem Erbgut, den Mutationen, bringen sie immer wieder neue Varianten hervor, denen die Körperabwehr oft weniger entgegenzusetzen hat als den Erregern, die sie schon durch eine Infektion oder Impfung kennt.

Alle Infizierten hinterlassen ihre Spuren
„Daher ist es so wichtig, neu entstehende Virusvarianten möglichst rasch aufzuspüren“, erklärt Dr. Altuna Akalin, Leiter der „Bioinformatics and Omics Data Science Platform“ am Berliner Institut für Medizinische Systembiologie des Max Delbrück Centers (MDC-BIMSB). Gemeinsam mit vielen weiteren Forschenden des Max Delbrück Centers, den Berliner Wasserbetrieben und dem Laborunternehmen amedes hat der Bioinformatiker Akalin ein Verfahren entwickelt, um diese Varianten im Abwasser nachzuweisen. Denn dort hinterlässt sie jeder Mensch, der sich mit den Viren infiziert hat – unabhängig davon, ob oder welche Symptome er entwickelt und ob er getestet ist oder nicht.

Beteiligt waren an dem Projekt die Arbeitsgruppen „RNA-Biologie und Posttranscriptionale Regulation“ von Professor Markus Landthaler und „Systembiologie von Gen-regulatorischen Elementen“ von Professor Nikolaus Rajewsky sowie die Technologieplattform „Genomik“, die Dr. Janine Altmüller leitet. Landthaler und Rajewsky sind gemeinsam mit Akalin Letztautoren der aktuellen Publikation. Erstmals vorgestellt hatte das Team um Akalin
das computergestützte Werkzeug namens „PiGx SARS-CoV-2“ im Dezember 2021 auf der Preprint-Platform „medRxiv“. Erstautor*innen waren damals wie jetzt Vic-Fabienne Schumann und Dr. Rafael Cuadrat aus Akalins Arbeitsgruppe sowie Dr. Emanuel Wyler aus Landthalers Team.

Schneller als mit Proben von Patient*innen
Die Grundidee der Datenanalyse-Pipeline hat sich seither nicht verändert. „Um sie zu nutzen, muss das Erbgut der Viren im Abwasser zunächst sequenziert, also entschlüsselt werden“, erklärt Akalin. Die gewonnen Daten werden dann gemeinsam mit ein paar zusätzlichen Informationen, zum Beispiel zur verwendeten Sequenziermethode, in die Pipeline eingespeist. Heraus kommen grafische Darstellungen, an denen nicht nur Expert*innen, sondern auch Laien die Infektionsdynamik und die zirkulierenden Virusvarianten zeitgleich an verschiedenen Standorten ablesen können.

„Auch neu auftretende Varianten lassen sich auf diese Weise aufspüren – in den meisten Fällen sogar ein paar Tage früher, als es durch kontinuierliche Tests und die Sequenzierung von Patient*innenproben möglich wäre“, sagt Akalin. „Dank unserer Kooperationen konnten wir zudem zeigen, dass ein solches Abwasser-Frühwarnsystem sowohl in einem wissenschaftlichen Umfeld als auch auf industrieller Ebene erfolgreich ist.“ Routineuntersuchungen führe das Max Delbrück Center aber nicht durch, man stelle das Verfahren lediglich zur Verfügung, ergänzt Akalin.

Die Pipeline funktioniert weltweit
Das jetzt im Fachblatt „Science of the Total Environment“ beschriebene Tool hat sich in den vergangenen Monaten weiterentwickelt. „Die von uns erstellten Algorithmen sind robuster geworden“, sagt Akalin. „Wir haben etwa den Beweis erbracht, unter anderem am Beispiel von New York, dass die Pipeline Daten aus ganz unterschiedlichen Teilen der Welt zuverlässig analysieren kann – auch unabhängig davon, nach welchem Protokoll diese Daten erstellt wurden.“

Mit ihrer Methode haben Akalin und seine Kolleg*innen bereits die Delta- und die Omikron-Variante des Coronavirus entdeckt, bevor diese zu den jeweils dominierenden Varianten in der Bevölkerung wurden. „Unsere Software kann neu auftretende Mutationen sowohl räumlich als auch zeitlich verfolgen“, erklärt Akalin. „Finden sich an bestimmten Orten im Abwasser immer mehr Mutationen, werden diese markiert, um auf die Möglichkeit einer neuen Virusvariante hinzuweisen.“

„Mithilfe zusätzlicher Tools, die in die Pipeline integriert werden, lassen sich sogar die Auswirkungen der gefundenen Mutation vorhersagen“, ergänzt Akalin. Man könne so künftig beispielsweise abschätzen, inwieweit sich die neuen Virusvarianten dem menschlichen Immunsystem entziehen – und ob sie dadurch ansteckender als die alten Varianten sein werden oder schwerere Krankheitsverläufe hervorrufen.

Auch Grippeviren lassen sich aufspüren
„Eines der wichtigsten Merkmale unseres Ansatzes besteht jedoch darin, dass wir ein sehr robustes System mit einem hohen Automatisierungsgrad entwickelt haben, so dass es sich ohne Weiteres bei groß angelegten Abwasserüberwachungen einsetzen lässt“, sagt Akalin. Allerdings wolle sein Team nun noch weiter erforschen, wie das optimale Verfahren aussehe, um die Abwasserproben zu entnehmen. „Wo und wann man eine Probe nimmt, scheint die Daten durchaus zu beeinflussen“, räumt der Wissenschaftler ein.

Ziel aller beteiligten Teams am MDC-BIMSB ist es jedenfalls, den Ansatz nun auf andere Erreger als das Coronavirus auszuweiten und ein Frühwarnsystem zum Beispiel für kommende Grippe- oder Noroviren zu etablieren – also für Erreger, die sich ebenfalls stark auf die menschliche Gesundheit und damit auch auf die wirtschaftliche Produktivität auswirken.

„In den USA gibt es aufstrebende Unternehmen, die solche Dienstleistungen bereits anbieten“, sagt Akalin. Es sei daher absehbar, dass diese Art von Überwachungsstrategie künftig regelmäßig auch in anderen Teilen der Welt und, so hoffe er, auch für andere Krankheitserreger eingesetzt werde. Auch Impfstoffhersteller könnten von der Frühwarnung profitieren und ihre Impfstoffe in Zukunft womöglich leichter als bisher an neu auftretende Varianten anpassen.

Max Delbrück Center
Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (Max Delbrück Center) gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 70 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organ-übergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das Max Delbrück Center fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am Max Delbrück Center arbeiten 1800 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete Max Delbrück Center zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin. www.mdc-berlin.de

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Altuna Akalin
Leiter der Technologieplattform „Bioinformatics and omics data science“
Max Delbrück Center
+49 30 9406-4271
Altuna.Akalin@mdc-berlin.de

Originalpublikation:
Vic-Fabienne Schumann, Rafael Ricardo de Castro Cuadrat, Emanuel Wyler et al. (2022): „COVID-19 infection dynamics revealed by SARS-CoV-2 wastewater sequencing analysis and deconvolution“, Science of the total environment, DOI: 10.1016/j.scitotenv.2022.158931

Weitere Informationen:
https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.158931 – Studie
https://www.mdc-berlin.de/de/news/press/omikron-hat-berlin-im-griff – PM zu Omikrondaten
https://www.mdc-berlin.de/bioinformatics – Bioninformatics and omics data science @ Max Delbrück Center
https://www.mdc-berlin.de/landthaler – Landthaler Lab
https://www.mdc-berlin.de/n-rajewsky – N.Rajewsky Lab

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Studie zur Betriebswassernutzung – Wie Frankfurt am Main künftig Trinkwasser ersetzen könnte

Melanie Neugart Wissenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
Die öffentliche Trinkwasserversorgung gerät insbesondere in Städten durch Bevölkerungswachstum und den Klimawandel immer stärker unter Druck. Lang anhaltende Trockenzeiten und große Hitze bringen auch in Frankfurt am Main das komplexe Wasserversorgungssystem in Phasen des Spitzenbedarfs an seine Grenzen. Im Auftrag des Wasserbeschaffungsunternehmens Hessenwasser hat das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung untersucht, in welchem Umfang Trinkwasser in der Metropole durch Betriebswasser aus alternativen Ressourcen ersetzt werden könnte. In zwei Szenarien zeigen Forscher*innen die Potenziale häuslicher Betriebswassernutzung bis zum Jahr 2050.

Wie könnten die vorhandenen Ressourcen in Frankfurt am Main so genutzt werden, dass der absehbar zusätzliche Wasserbedarf – durch Bevölkerungswachstum und klimatische Veränderungen – künftig gedeckt wird? Welcher Anteil der Trinkwassermenge könnte beispielsweise im Bereich der Haushalte durch Betriebswasser, auch als Brauchwasser bezeichnet, ersetzt werden? Welche Maßnahmen wären dafür nötig? Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung hat das unter anderem am Beispiel eines Bestands- und eines Neubaugebiets in Frankfurt untersucht. Die Studie „Abschätzung theoretischer Trinkwasser-substitutionspotenziale in Frankfurt am Main“ basiert auf umfangreichen Erhebungen und vorhandenen Gutachten und umfasst zwei Szenarien mit einem zeitlichen Horizont bis 2050.

Häuslicher Trinkwassertagesbedarf pro Kopf: Rechnerisch 39 Liter ersetzbar
Ausgehend vom durchschnittlichen Trinkwasserbedarf der Haushalte einschließlich Kleingewerbe von täglich 118 Litern pro Einwohner*in haben ISOE-Wasserexpert*innen untersucht: Wie viel davon könnte durch Wasser ersetzt werden, das zwar keine Trinkwasserqualität aufweist, für eine Verwendung im Haushalt aber dennoch unbedenklich ist? Gemeint ist Betriebs- bzw. Brauchwasser, das sich aus Regen- oder Flusswasser gewinnen lässt. Dazu zählt auch gereinigtes Grauwasser oder Grundwasser, das etwa beim Bau von Hochhäusern abgepumpt werden muss und für bestimmte Bedarfe im Haushalt, insbesondere für Toilettenspülung, Raumreinigung und Gartenbewässerung genutzt werden kann. „Rein rechnerisch lassen sich mit alternativen Wasserressourcen in Frankfurt am Main 33 Prozent des Trinkwassers im häuslichen Bereich ersetzen“, sagt ISOE-Wasserexperte und Erstautor der Studie Engelbert Schramm. „Das sind 39 Liter des durchschnittlichen häuslichen Tagesverbrauchs einer Person in der Stadt.“ In welchem Umfang sich diese grundsätzlich mögliche Substitutionsmenge bis zum Jahr 2050 erreichen lässt, zeigen die beiden Szenarien „Trend“ und „Besondere Anstrengung“.

Szenario „Besondere Anstrengung“ – Betriebswasser kann Mehrbedarf ersetzen
Im Szenario „Besondere Anstrengung“ ließen sich durch eine konsequente Betriebswassernutzung bis 2050 etwa 13 Prozent an Trinkwasser im häuslichen Bereich ersetzen. Das entspricht einem Einsparvolumen von 5,5 Millionen Kubikmeter im Jahr. Mit einer erweiterten Betriebswassernutzung auch in anderen Bereichen ließe sich das Substitutionspotenzial in diesem Szenario sogar auf 6,6 Millionen Kubikmeter erhöhen. „Theoretisch ist es möglich, den bis 2050 prognostizierten Mehrbedarf an Trinkwasser mit allen derzeit möglichen Maßnahmen durch Betriebswasser zu ersetzen“, sagt Schramm. Dafür müsse die Stadt auf einen Ressourcenmix aus Mainwasser, Grundwasser, Grau- und Regenwasser zurückgreifen und den Umbau der vorhandenen Infrastrukturen angehen. „Dieses Szenario setzt vonseiten der Kommune eine politische Entscheidung für eine öffentliche Betriebswasserversorgung durch lokale Betriebswassernetze insbesondere auch im Wohnungsbestand und deren Mitgestaltung voraus“, betont Schramm. Für die Haushalte seien durch die Betriebswassernutzung keine Komforteinbußen verbunden. Mit Blick auf die untersuchten Quartiere zeige sich, dass die Kosten von der gewählten Betriebswasservariante abhingen und sich in etwa im Rahmen der Kosten des bestehenden Wasser- und Abwassersystems bewegten. 

Szenario „Trend“ – Ersetzbare Trinkwassermenge gering
In einem zweiten Szenario hat das ISOE untersucht, was passiert, wenn bis 2050 nur solche Betriebswassernutzungen umgesetzt werden, die ohne größere Anstrengungen realisierbar sind. „Die ersetzbare Trinkwassermenge bleibt im Szenario, das sich am gegenwärtigen Trend orientiert, mit 0,5 Millionen Kubikmeter Wasser sehr gering und bringt deshalb keinen Entlastungseffekt“, sagt Schramm. Eine naheliegende Schlussfolgerung aus der Untersuchung sei vielleicht wenig überraschend, meint Mitautor Martin Zimmermann, der am ISOE den Forschungsschwerpunkt Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen leitet. „Die Stadt Frankfurt muss mittel- und langfristig neue Wege bei der Trinkwasserversorgung gehen, auch um den Druck auf die Wasservorkommen im Umland möglichst gering zu halten. Deshalb muss die Stadt jetzt dringend prüfen, welche Angebote sie zum Ersetzen von Trinkwasser machen kann.“ 

Nachhaltige Transformation der Wasserversorgung
Die ISOE-Studie im Auftrag von Hessenwasser bietet der Stadt Frankfurt eine Grundlage, um kommunalpolitische Entscheidungen über die künftige Strategie bei der Wasserversorgung vorzubereiten. „Ein nachhaltiges Wasserversorgungssystem setzt die Betriebswassernutzung als akzeptierten Standard voraus“, sagt Zimmermann. Dafür sei eine Kombination aus Technik, Ordnungs-, Preis- und Anreizpolitik notwendig. „Die Nutzung von Betriebswasser ist juristisch, technisch und ökonomisch realisierbar und sozioökonomisch denkbar, insofern sich Bewohner*innen für den Ersatz von Trinkwasser durch alternative Wasserressourcen offen zeigen“, so Zimmermann. „Die Studie zeigt, dass die wichtigsten Voraussetzungen für die Transformation der Wasserversorgung in Richtung Nachhaltigkeit und hin zu einer Betriebswasserkultur in Frankfurt am Main gegeben sind.“ 

Zur Studie 
Die Studie „Abschätzung theoretischer Trinkwassersubstitutionspotenziale in Frankfurt am Main“ ist im Auftrag der Wasserbeschaffungsgesellschaft Hessenwasser entstanden und steht als Download zur Verfügung:

https://isoe-publikationen.de/fileadmin/redaktion/ISOE-Reihen/st/st-26-isoe-2022…

Über das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, Frankfurt am Main
Das ISOE gehört zu den führenden unabhängigen Instituten der Nachhaltigkeitsforschung. Es entwickelt wissenschaftliche Grundlagen und zukunftsweisende Konzepte für sozial-ökologische Transformationen. Hierfür forscht das ISOE transdisziplinär zu globalen Problemen wie Wasserknappheit, Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Landdegradation und findet tragfähige Lösungen, die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Bedingungen berücksichtigen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Martin Zimmermann
ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
Leiter Forschungsschwerpunkt Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen
Hamburger Allee 45
60486 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 707 6919-44
zimmermann@isoe.de
www.isoe.de

Originalpublikation:
Schramm, Engelbert/Martina Winker/Michaela Rohrbach/Martin Zimmermann/Christian Remy (2022): Abschätzung theoretischer Trinkwassersubstitutionspotenziale in Frankfurt am Main. Optionen der Betriebswassernutzung und deren ökonomische und ökologische Auswirkungen im Betrachtungshorizont bis 2050. Unter Mitarbeit von Christoph Meyer. ISOE-Studientexte, 26. Frankfurt am Main: ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung

Weitere Informationen:
http://www.isoe.de

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Dornröschen im Eiswürfel: Wie Bärtierchen Eiseskälte überdauern

Andrea Mayer-Grenu Abteilung Hochschulkommunikation
Universität Stuttgart
Bärtierchen können sich hervorragend an raue Umweltbedingungen anpassen. Bereits 2019 bewies Ralph Schill, Professor am Institut für Biomaterialien und biomolekulare Systeme der Universität Stuttgart, dass anhydrobiotische (getrocknete) Bärtierchen viele Jahre ohne Wasseraufnahme unbeschadet überdauern können. Ob Tiere in gefrorenem Zustand schneller oder langsamer Altern oder das Altern gar zum Stillstand kommt, war bislang unklar. Das Rätsel ist nun gelöst: Gefrorene Bärtierchen altern nicht.

Bärtierchen, auch Wasserbären genannt, gehören zur Familie der Fadenwürmer. Ihre Gangart erinnert an die eines Bären, womit die Gemeinsamkeiten bereits erschöpft wären. Die nur knapp einen Millimeter großen Bärtierchen haben es geschafft, sich im Laufe der Evolution perfekt an schnell wechselnde Umweltbedingungen anzupassen und können bei extremer Hitze austrocknen und bei Kälte gefrieren. ,,Sie fallen in einen Dornröschenschlaf ohne zu sterben“, erklärt Schill.

Dornröschen-Hypothese
Für einen Zellorganismus bedeutet es unterschiedlichen Stress, je nachdem ob er nun gefriert oder austrocknet. Doch Bärtierchen über-stehen Hitze und Kälte gleichermaßen unbeschadet. Sie zeigen dabei keine offensichtlichen Lebenszeichen mehr. Daraus ergibt sich die Frage, was mit der inneren Uhr der Tiere passiert und ob sie in diesem Ruhezustand altern.

Für getrocknete Bärtierchen, die viele Jahre in ihrem Lebensraum auf den nächsten Regen warten, haben Ralph Schill und sein Team die Frage nach dem Altern schon vor einigen Jahren beantwortet. In einem Märchen der Gebrüder Grimm fällt die Prinzessin in einen tiefen Schlaf. Als ein Prinz sie nach 100 Jahren küsst, erwacht sie und sieht noch immer so jung und schön aus wie zuvor. Bei den Bärtierchen im getrockneten Zustand ist es genauso und daher wird dies auch als „Dornröschen“-Hypothese („Sleeping Beauty“-Model) bezeichnet. „Während inaktiver Perioden bleibt die innere Uhr stehen und läuft erst wieder weiter, sobald der Organismus reaktiviert wird“, sagt Schill. „So können Bärtierchen, die ohne Ruheperioden normalerweise nur wenige Monate leben, viele Jahre und Jahrzehnte alt werden.

Bislang war noch unklar, ob dies auch für gefrorene Tiere gilt. Altern sie schneller oder langsamer als die getrockneten Tiere oder kommt das Altern auch zum Stillstand?

Alterungsprozess stoppt auch in gefrorenem Zustand
Um dies zu erforschen, haben Schill und sein Team in mehreren Experimenten insgesamt über 500 Bärtierchen bei -30 °C eingefroren, wieder aufgetaut, gezählt, gefüttert und wieder eingefroren. Dies geschah so lang bis alle Tiere gestorben sind. Zur selben Zeit wurden Kontrollgruppen bei gleichbleibender Raumtemperatur gehalten. Die Zeit in gefrorenem Zustand ausgenommen, zeigte der Vergleich mit den Kontrollgruppen eine nahezu identische Lebensdauer. „Bärtierchen halten also auch im Eis wie Dornröschen ihre innere Uhr an“, schlussfolgert Schill.

Ihre Erkenntnisse und Vorgehensweise veröffentlichten Schill und seine Kolleg*innen im Journal of Zoology unter dem Titel „Reduced ageing in the frozen state in the tardigrade Milnesium inceptum (Eutardigrada: Apochela)“.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Ralph Schill, Universität Stuttgart, Institut für Biomaterialien und biomolekulare Systeme, Tel. +49 (0) 172 730 4726, E-Mail ralph.schill@bio.uni-stuttgart.de

Originalpublikation:
Reduced ageing in the frozen state in the tardigrade Milnesium inceptum (Eutardigrada: Apochela, Sieger, J., Brümmer, F., Ahn, H., Lee, G., Kim, S., Schill, R.O., Journal of Zoology (ZSL), September 2022

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Künstliches Enzym spaltet Wasser

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Auf dem Weg zur sonnenlichtgetriebenen Produktion von Wasserstoff ist ein Fortschritt gelungen. Ein Team aus der Chemie präsentiert einen enzymähnlichen molekularen Katalysator für die Wasseroxidation.

Die Menschheit steht vor einer zentralen Herausforderung: Sie muss den Übergang zu einer nachhaltigen und kohlendioxidneutralen Energiewirtschaft bewältigen.

Wasserstoff gilt als vielversprechende Alternative zu fossilen Brennstoffen. Er lässt sich unter Einsatz von elektrischem Strom aus Wasser herstellen. Stammt der Strom aus regenerativen Quellen, spricht man von grünem Wasserstoff. Noch nachhaltiger wäre es aber, könnte man Wasserstoff direkt mit der Energie des Sonnenlichts produzieren.

In der Natur läuft die lichtgetriebene Wasserspaltung bei der Photosynthese der Pflanzen ab. Diese verwenden dafür einen komplexen molekularen Apparat, das sogenannte Photosystem II. Dessen aktives Zentrum nachzuahmen ist eine vielversprechende Strategie, um eine nachhaltige Produktion von Wasserstoff zu realisieren. Daran arbeitet ein Team von Professor Frank Würthner am Institut für Organische Chemie und dem Zentrum für Nanosystemchemie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).

Wasserspaltung ist keine banale Reaktion
Wasser besteht aus einem Sauerstoff- und zwei Wasserstoffatomen. Der erste Schritt der Wasserspaltung ist eine Herausforderung: Um den Wasserstoff freizusetzen, muss aus zwei Wassermolekülen der Sauerstoff entfernt werden. Dafür ist es zunächst nötig, den beiden Wassermolekülen vier Elektronen und vier Protonen zu entziehen.

Diese oxidative Reaktion ist nicht banal. Pflanzen nutzen dafür ein komplexes Gebilde als Katalysator, bestehend aus einem Cluster mit vier Mangan-Atomen, über die sich die Elektronen verteilen können.

Würthners Team hatte in einem ersten Durchbruch eine ähnliche Lösung entwickelt, eine Art „künstliches Enzym“, das den ersten Schritt der Wasserspaltung erledigen kann. Dieser Wasseroxidations-Katalysator, bestehend aus drei miteinander agierenden Ruthenium-Zentren innerhalb eines makrozyklischen Konstrukts, katalysiert erfolgreich den thermodynamisch anspruchsvollen Prozess der Wasserspaltung. Publiziert wurde das 2016 und 2017 in den Journalen Nature Chemistry und Energy & Environmental Science.

Zum Erfolg mit einer künstlichen Tasche
Nun ist es den Chemikerinnen und Chemikern der JMU gelungen, die anspruchsvolle Reaktion mit einem einzigen Ruthenium-Zentrum effizient ablaufen zu lassen. Dabei wurden sogar ähnlich hohe katalytische Aktivitäten wie im natürlichen Vorbild erreicht, dem Photosyntheseapparat der Pflanzen.

„Möglich wurde dieser Erfolg, weil unser Doktorand Niklas Noll eine künstliche Tasche um den Ruthenium-Katalysator geschaffen hat. Darin werden die Wassermoleküle für den gewünschten protonengekoppelten Elektronentransfer vor dem Ruthenium-Zentrum in einer genau definierten Anordnung arrangiert, ähnlich wie es in Enzymen geschieht“, sagt Frank Würthner.

Publikation in Nature Catalysis
Die JMU-Gruppe präsentiert die Details ihres neuartigen Konzepts nun im Fachjournal Nature Catalysis. Das Team aus Niklas Noll, Ana-Maria Krause, Florian Beuerle und Frank Würthner ist davon überzeugt, dass sich dieses Prinzip auch zur Verbesserung anderer katalytischer Prozesse eignet.

Das langfristige Ziel der Würzburger Gruppe ist es, den Wasseroxidations-Katalysator in ein künstliches Bauteil einzubauen, das mit Hilfe von Sonnenlicht Wasser in seine beiden Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Das wird noch seine Zeit dauern, denn dafür muss der Katalysator mit weiteren Komponenten zu einem funktionierenden Gesamtsystem gekoppelt werden – mit lichtsammelnden Farbstoffen und mit sogenannten Reduktionskatalysatoren.

Förderer
Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) hat die beschriebenen Arbeiten im Rahmen eines ERC Advanced Grant für Frank Würthner gefördert (grant agreement No. 787937). Weitere Fördermittel stammen vom Bayerischen Wissenschaftsministerium im Rahmen des Forschungsnetzwerks „Solar Technologies go Hybrid“.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Frank Würthner, wuerthner@uni-wuerzburg.de

Originalpublikation:
Enzyme-like water preorganization in a synthetic molecular cleft for homogeneous water oxidation catalysis. Nature Catalysis, 3. Oktober 2022, DOI: 10.1038/s41929-022-00843-x

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Landkarte der molekularen Kontakte: Wie das Coronavirus SARS-CoV-2 mit menschlichen Körperzellen kommuniziert

Verena Coscia Kommunikation
Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Wie genau sehen die molekularen Interaktionen zwischen dem menschlichen Wirt und dem COVID-19 Virus aus? Auf welchen genetischen Unterschieden beruhen die verschiedenen Krankheitsverläufe? Und wie unterscheiden sich die noch neu entstehenden Virusvarianten in ihren Wirt-Virus-Interaktionen? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hat ein internationales Forscherteam eine systematische Kontaktkarte erstellt.

Die Kontaktkarte, die im Fachmagazin Nature Biotechnology veröffentlicht wurde, umfasst mehr als 200 Protein-Protein-Kontakte, sogenannte Proteininteraktionen. Das internationale Konsortium aus Wissenschaftler:innen unter der Leitung von Pascal Falter-Braun, Direktor am Helmholtz Munich Institute of Network Biology (INET) und Professor für Mikroben-Wirts Interaktionen an der Fakultät für Biologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München, bestand aus Teams in Kanada, den USA, Frankreich, Spanien und Belgien.

Im Gegensatz zu früheren groß angelegten Studien über Protein-Protein-Komplexe, konnten jetzt die direkten Proteinkontakte zwischen Virus und Wirt genau identifiziert werden. „Um die mechanistischen Verbindungen zwischen Virus und Wirt wirklich zu verstehen, müssen wir wissen, wie die einzelnen Teile zusammenpassen“, sagt Frederick Roth, Professor am Donnelly Centre der Universität Toronto und am Sinai Health (Toronto, Kanada).

Bei einer genaueren Betrachtung dieser neu entdeckten direkten Eiweiß-Verbindungen (oder „Contaktome“) fand das Team Pfade von Verbindungen zwischen viralen Proteinen und infektionsrelevanten menschlichen Genen. So konnten sie beispielsweise Verbindungen zwischen bestimmten SARS-CoV-2-Proteinen und menschlichen Proteinen aufspüren, die von den Bereichen der Gene kodiert werden, die in anderen Studien mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine schwere COVID-19-Erkrankung in Verbindung gebracht wurden. Sie fanden auch Verbindungen zwischen den viralen Proteinen und menschlichen Genen, die unter anderem an Stoffwechselstörungen wie Adipositas und Diabetes beteiligt sind.

„Wir wissen bereits, dass genetische Unterschiede beim Menschen eine wesentliche Rolle bei Verlauf und Schwere einer COVID-19-Erkrankung haben“, sagt Pascal Falter-Braun, und ergänzt weiter: „Dank der Identifizierung der molekularen Kontaktpunkte ist es nun möglich, die zugrundeliegenden Mechanismen detaillierter zu untersuchen.“
Erste Erkenntnisse zeigen, dass wichtige Entzündungssignalwege direkt durch das Virus aktiviert werden. Diese Kontakte könnten dazu beitragen, die überschießende Entzündungsreaktion zu erklären, die bei schweren Fällen von COVID-19 eine große Rolle spielt.

Die Protein-Protein-Kontakte haben aber nicht nur Auswirkungen auf die menschlichen Zellen und das menschliche Immunsystem. Bestimmte Verbindungen beeinflussen auch weitreichend SARS-CoV-2, etwa die Vermehrung des Virus.

Laut Falter-Braun kann man sich die Interaktion von Virus und menschlicher Zelle wie den Besuch des Virus in einem Restaurant vorstellen: Der Gast – das Virus – hat zunächst nur Kontakt mit dem Kellner. Aber dann geht der Kellner in die Küche, gibt die Bestellung an den Koch weiter, und das Virus bekommt wieder eine Antwort, in diesem Fall das Essen, das wiederum auf das Virus wirkt. Je nachdem, welche Proteine in der menschlichen Zelle – heißt: Kellner, Koch, Küchenhilfen, und andere – auf welche Proteine des Virus treffen, kann die Infektion und Immunreaktion ganz unterschiedlich ausfallen.

„Wegen dieser gegenseitigen Beeinflussung der Protein-Protein-Verbindungen gibt es in unserer systematischen Kontaktkarte eine Reihe potenzieller neuer Zielstrukturen für Medikamente“, sagt Falter-Braun. Eine erste Substanz konnten die Wissenschaftler bereits in ihrer Wirkung bestätigen: Das menschliche Protein USP25 wird rekrutiert, um bestimmte virale Prozesse zu fördern und seine Hemmung wiederum reduziert die Vermehrung des Virus deutlich.

„Viele der Technologien und Kooperationen in dieser Studie wurden eigentlich für andere Zwecke entwickelt und dann schnell auf die COVID-19-Pandemie umgestellt. Das unterstreicht den Wert von Investitionen in die Grundlagenforschung“, sagt Dr. Dae-Kyum Kim, einer der Hauptautoren, der diese Arbeit am Sinai Health (Toronto) begann und sie als Assistenzprofessor am Roswell Park Comprehensive Cancer Center fortsetzte. Dazu mussten die Wissenschaftler:innen zunächst einigen Aufwand betreiben und neueste Technologie einsetzen, denn das Erstellen der Kontaktkarte war für das internationale Team phasenweise wie das Lösen eines riesigen Puzzles: Die Wissenschaftler:innen haben systematisch die Reaktionen von rund 30 viralen Proteinen – darunter das bekannte Spike-Protein – mit jeweils etwa 17.500 menschlichen Proteinen in sogenannten Assays untersucht und dargestellt. Das ergibt rund 450.000 Kombinationen, die sie untersucht haben. Von Hand hätten sie das niemals in der kurzen Zeit geschafft. „Wir haben beim Präparieren der einzelnen Platten mit jeweils mehreren Assays auf Robotik zurückgegriffen, so dass jeweils eine Proteinart mit einer anderen automatisch gepaart wurde. Und die erste Auswertung, ob Interaktionen vorliegen oder nicht, haben wir von einem Computerprogramm mit künstlicher Intelligenz durchführen lassen“, so Falter-Braun.

Ein solches Mammut-Projekt erforderte eine Teamleistung: „Von molekularbiologischen Methoden über die computergestützte Analyse von Netzwerken und Proteinbereichen bis hin zu Fachkenntnissen in Virologie und angeborener Immunität haben wir interdisziplinär zusammengearbeitet“, sagt Falter-Braun. „Unser Fachwissen in der Virus-Wirt-Interaktomik in Verbindung mit der Biologie von RNA-Viren ermöglichte es, die Abhängigkeit des Virus von direkten Wirtspartnern zu bewerten“, ergänzt Caroline Demeret vom Institut Pasteur.

Der Aufwand, so glauben die Forscher:innen, hat sich gelohnt: Die Kontaktkarte soll der wissenschaftlichen Gemeinschaft als Plattform dienen, um einzelne Interaktionen eingehender zu untersuchen und ihre Auswirkungen auf molekulare Mechanismen und den klinischen Verlauf zu verstehen und so Ansatzpunkte für neue therapeutische Möglichkeiten aufzudecken.

Über die leitenden Wissenschaftler:innen:
Prof. Dr. Pascal Falter-Braun, Director, Institute of Network Biology (INET), Helmholtz Munich and Chair of Microbe-Host Interactions, Faculty of Biology Ludwig-Maximilians-University (LMU) Munich, Germany
Prof. Dr. Frederick P. Roth, Donnelly Centre for Cellular and Biomolecular Research, University of Toronto and the Lunenfeld-Tanenbaum Research Institute, Sinai Health in Toronto, Kanada.
Dr. Michael A. Calderwood, Dana-Farber Cancer Institute and Scientific Director of the Center for Cancer Systems Biology (CCSB), Boston, USA
Prof. Dr. Marc Vidal, Professor of Genetics, Harvard Medical School and Dana-Farber Cancer Institute and Director of the Center for Cancer Systems Biology (CCSB), Boston, USA
Dr. Caroline Demeret, leader of the Interactomics Group in the Molecular Genetics of RNA Viruses Unit at the Institut Pasteur, Paris, France

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Pascal Falter-Braun, Director, Institute of Network Biology (INET), Helmholtz Munich and Chair of Microbe-Host Interactions, Faculty of Biology Ludwig-Maximilians-University (LMU) Munich, Germany
E-Mail: pascal.falter-braun@helmholtz-muenchen.de

Originalpublikation:
Kim et al. (2022): A proteome-scale map of the SARS-CoV-2 human contactome. Nature Biotechnology. DOI: 10.1038/s41587-022-01475-z

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Flexible Solarzellen mit Rekordwirkungsgrad von 22,2%

Norbert Raabe Kommunikation
Empa – Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt
Ein Jahr nach ihrem letzten Wirkungsgradrekord haben Empa-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler einen neuen Höchstwert von 22,2% für flexible CIGS-Solarzellen auf Plastikfolien erreicht. Solarzellen dieses Typs eignen sich besonders für Anwendungen auf Gebäuden, Fahrzeugen, Satelliten, Luftschiffen und mobilen Geräten.

Die Empa-Forschenden haben den Wirkungsgrad von flexiblen CIGS-Solarzellen erneut verbessert. Unabhängig zertifizierte Messungen ergaben einen Wert von 22,2% bei der Umwandlung von Licht in Strom, was eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Rekordwert von 21,4% bedeutet. Zum Vergleich: Der maximale Wirkungsgrad einer starren Solarzelle aus kristallinem Silizium liegt bei 26,7%. Das Team um Romain Carron, Gruppenleiter im Empa-Labor für Dünnschichten und Photovoltaik unter der Leitung von Ayodhya N. Tiwari, präsentierte seine neusten Resultate an der «8. World Conference on Photovoltaic Energy Conversion» (WCPEC-8) am 26. September 2022 in Mailand.

Die flexiblen Solarzellen werden auf einer Polymerfolie verarbeitet mit Cu(In,Ga)Se2 als lichtabsorbierende Halbleiterschicht, die durch ein Niedrigtemperatur-Co-Verdampfungsverfahren abgeschieden wird. Der Empa-Wissenschaftler Shiro Nishiwaki veränderte die Zusammensetzung der Schicht, um die Leistung und die Ausgangsspannung der Zellen zu verbessern. «Zwei unterschiedliche Ansätze zur Legierung des Kristalls führten zu einer ähnlichen Verbesserungen in der Leistung des Bauelements», sagt Romain Carron. Daher lassen sich die Ergebnisse auf unterschiedliche Weise, aber mit gleichwertigen Ergebnissen auf einen industriellen Massstab übertragen. Der Wirkungsgrad der Solarzelle von 22,2% wurde unabhängig am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg bestätigt.

Seit 23 Jahren regelmässig neue Rekorde
Ayodhya Tiwari forscht mit seinem Team seit mehr als 23 Jahren an flexiblen Dünnschichtsolarzellen. Mit ihrem profunden Wissen über die Technologie und die grundlegenden physikalischen Prozesse haben sie im Laufe der Jahre mehrere Effizienzrekorde aufgestellt. Ihre «Rekordserie» begann im Jahr 1999 mit einer Effizienz von 12,8%, ging dann weiter auf 14,1% (2005), 17,6% (2010), 18,7% (2011) und 20,4 %(2013) und erreichte schliesslich 20,8% im Jahr 2019 und 21,4% im Jahr 2021. Angesichts der bereits sehr hohen Wirkungsgrade erfordert jede noch so kleine Steigerung eine sorgfältige Untersuchung der Faktoren, die die Energieumwandlung einschränken, und innovative Ansätze zu deren Bewältigung. Die aktuelle Steigerung des Wirkungsgrads geht auf die Legierung der lichtabsorbierenden Halbleiterschicht zurück, um deren elektronische Eigenschaften verbessert hat.

Flexible und leichte Solarmodule mit dieser Technologie eignen sich besonders für Anwendungen auf Dächern und Fassaden von Gebäuden, auf Gewächshäusern, Fahrzeugen und Luftschiffen sowie für tragbare Elektronik. Die Empa arbeitet mit der Schweizer Firma Flisom an der Rolle-zu-Rolle-Herstellung von leichten, flexiblen Solarmodulen für derartige Anwendungen. Die Forschung wurde vom Bundesamt für Energie (BFE) unterstützt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Romain Carron
Empa-Abteilung Thin Films and Photovoltaics
Tel. +41 58 765 47 91
romain.carron@empa.ch

Prof. Dr. Ayodhya N. Tiwari
Empa-Abteilung Thin Films and Photovoltaics
Tel. +41 58 765 41 30
ayodhya.tiwari@empa.ch

Weitere Informationen:
https://plus.empa.ch/images/2022-10-10-Gebogene%20Solarzelle/ Bilder in hoher Auflösung zum Download
https://www.wcpec-8.com/ 8th World Conference on Photovoltaic Energy Conversion
https://www.empa.ch/web/s604/cigs-record-2019 CIGS-Solarzellen mit verbesserter Effizienz: Neuer Rekord für Dünnschicht-Solarzellen; Medienmitteilung Juli 2019

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Wie digital wollen wir leben?

Jörg Heeren Medien und News
Universität Bielefeld
Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) lädt zu Jahreskonferenz ein

Künstliche Intelligenz, Algorithmen und digitale Daten prägen unsere Gegenwart und beeinflussen auch ganz praktisch unseren Alltag. Wir gehen mit punkte- und datensammelnden Apps einkaufen, lassen Saugroboter für uns arbeiten und scrollen zum Einschlafen durch den auf uns zugeschnittenen Instagram-Feed. Was macht diese kluge Technik mit uns? Wie wirkt sich die Digitalisierung auf unser Leben aus? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der öffentlichen ZiF-Jahreskonferenz 2022 „Smarte neue Welt: Wie digital wollen wir leben?“ am 21. Oktober am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld.

Themen sind unter anderem Chancen und Grenzen Künstlicher Intelligenz, die Gesellschaft der Roboter, Sinn und Unsinn smarter Produkte, Soziale Medien sowie digitale Ethik.

Um möglichst viele Facetten dieser Themenbereiche aufzuzeigen, geben Expert*innen aus Mathematik, Informatik, Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Einblicke in ihre Forschungsfelder. Können wir wirklich damit rechnen, uns eines Tages von Roboterbutlern bedienen zu lassen? Und was bedeuten diese Entwicklungen für unser Wohlbefinden, für unsere Wirtschaft und unser Rechtssystem?

Um einige ‚kluge‘ Maschinen auch praktisch erleben zu können, stellen Initiativen und Forschungseinrichtungen als Teil der Konferenz ihre Projekte in einer kleinen Ausstellung vor – vom smarten Spiegel bis zur Virtual-Reality-Brille.

Am Abend findet eine Live-Coding-Performance von vier Digitalkünstler*innen statt. Beim Live-Coding dient Computercode als Element von Improvisation, Experiment und Kollaboration von Menschen mit Maschinen. Algorithmen sind dabei ein wesentlicher Teil von musikalischen, visuellen und textuellen Ausdrucksformen. Der Code ist während der Performances in einer Projektion sichtbar, die Entstehung der Klänge und Formen kann direkt nachvollzogen werden. Im Anschluss an die Performances hat das Publikum die Möglichkeit, selbst das Live-Coding auszuprobieren.

Das ZiF fördert als Institute for Advanced Study der Universität Bielefeld herausragende, interdisziplinäre und innovative Forschungsprojekte. Es steht Wissenschaftler*innen aller Länder und aller Disziplinen offen. Die renommierte ZiF-Jahreskonferenz widmet sich stets einem Thema von großer gesellschaftlicher Bedeutung, das zugleich eine wissenschaftliche Herausforderung darstellt. Sie richtet sich an die interessierte Öffentlichkeit.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos. Eine Anmeldung ist erforderlich und online auf der ZiF-Webseite möglich. Auf der Seite ist auch das detaillierte Konferenzprogramm zu finden.

Weitere Informationen:
https://www.uni-bielefeld.de/(de)/ZiF/ZiF-Konferenz/2022/10-21-Smarte-neue-Welt…. Webseite der ZiF-Konferenz

Kontakt:
Trixi Valentin, Universität Bielefeld
Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF)
Telefon 0521 106-2769
E-Mail: zif-conference-office@uni-bielefeld.de

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Influenza-Impfung ist das Gebot der Stunde – Vorstand des Dresdner Uniklinikums wirbt für zeitnahe Grippeschutzimpfung

Holger Ostermeyer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Mit dem Eintreffen der ersten Impfdosen gegen die saisonale Grippe startete das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Ende September die diesjährige Impfkampagne für die Belegschaft. An diesem Montagmittag (10. Oktober) lassen sich nun auch die beiden Klinikumsvorstände Prof. Michael Albrecht und Frank Ohi gegen Influenza impfen. Der damit verbundene Appell richtet sich nicht nur an die eigenen Teams, sondern an alle Mitarbeitenden des Gesundheitswesens sowie an die Bevölkerung.

Ohne eine hohe Zahl an immunisierten Personen besteht die Gefahr einer massiven Grippewelle. Folgen wären einerseits ein hoher Personalausfall in den Kliniken, der die Krankenversorgung einschränken könnte, und andererseits viele schwere Krankheitsverläufe mit einer überdurchschnittlichen Zahl an Klinikeinweisungen.

„Ich befürchte, dass die Corona-Infektionswelle Ende des Jahres – spätestens im Januar mit einer Influenza-Welle zusammenfällt, die diesmal viel massiver als sonst sein wird“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums. „Denn wir haben nahezu keinen Immunschutz mehr gegen die Influenza. Das liegt daran, dass mit den notwendigen Corona-Maßnahmen wie das Maskentragen und die Abstandsregeln die Infektionsketten auch gegen die Grippeviren so unterbrochen worden sind, dass die Menschen keine Immunität in größerem Stil aufbauen konnten. Damit ist es für die Influenza-Erreger leichter, schwere Krankheitsverläufe auszulösen. Bei aller Aufmerksamkeit hinsichtlich der aktuellen Coronasituation sollte der Grippeschutz in dieser Saison nicht unterschätzt werden. Die echte Grippe – Influenza – ist keine einfache Erkältung, sondern eine ernstzunehmende Erkrankung“, sagt Prof. Albrecht weiter: „Sie ist häufig mit hohem Fieber verbunden und kann den Körper so stark schwächen, dass Erkrankte nicht selten länger arbeitsunfähig sind. Wenn eine solche Grippewelle durch unsere pflegerischen oder ärztlichen Teams rollt, geraten wir an unsere Grenzen.“ – „Das müssen wir unbedingt verhindern. Deshalb haben wir unsere interne Impfkampagne so frühzeitig gestartet und sind guter Hoffnung, dass sich am Uniklinikum die guten Impfquoten der vergangenen Jahre noch einmal erhöhen“, ergänzt Jana Luntz, Pflegedirektorin am Uniklinikum. „Die Impfangebote – sei es die gegen die Grippe oder bei Bedarf eine Covid-Boosterimpfung – sind uns sehr wichtig. Wir sorgen so für die Gesundheit unseres Personals sowie die Sicherheit der zu betreuenden Patientinnen und Patienten. Wir sehen uns hier als Arbeitgeber in der Pflicht. Dies ist unser Beitrag in der Bekämpfung möglicher Wellen in Herbst und Winter“, sagt der Kaufmännische Vorstand des Uniklinikums, Frank Ohi.

Die Impfung dient dem persönlichen Schutz der Mitarbeitenden, die häufiger als andere Berufsgruppen mit Influenzakranken in Kontakt kommen. Zudem folgt die Immunisierung des medizinischen Personals dem ethischen Gebot, den anvertrauten Patientinnen und Patienten nicht zu schaden. Denn viele davon tragen wegen bestehender Grunderkrankungen ein erhöhtes Risiko, eine schwere, eventuell tödliche Verlaufsform der Influenza zu entwickeln. Auch wenn die Immunisierung keinen hundertprozentigen Schutz gewährleisten kann, sorgt sie für zusätzliche Sicherheit: „Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine Influenza-Erkrankung bei geimpften Personen milder, also mit weniger Komplikationen verläuft als bei Ungeimpften“, sagt Prof. Martin Aringer von der Medizinischen Klinik III, der am Montag die Vorstände im Rahmen des Pressetermins impft. Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping appelliert unter anderem via Facebook: „Schützen Sie sich durch eine Influenza-Schutzimpfung! Influenza ist keine harmlose Erkrankung und es gibt eine sichere und sehr gut verträgliche Impfung.“ – Wie gewohnt kann sich die Bevölkerung in den Hausarztpraxen und den Impfstellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes impfen lassen.

Kontakt für Medienschaffende
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Pressesprecher: Holger Ostermeyer
Tel. 0351 4 58 41 62
E-Mail: pressestelle@uniklinikum-dresden.de
www.uniklinikum-dresden.de

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Unternehmungsgeist von der Schule bis zur Weiterbildung

Sylke Schumann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Am 21. Oktober 2022 findet der 4. Deutsche Entrepreneurship Education Campus für Lehrer*innen, Trainer*innen, Dozenten und Dozentinnen an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin statt.

Berlin, 7. Oktober 2022 – „Innovative Lehre mit Unternehmungsgeist“ ist das Motto des vierten Deutschen Entrepreneurship Education Campus, der am 21. Oktober 2022 von 14.00 bis 17.00 Uhr am Campus Schöneberg der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) stattfindet, Badensche Straße 52, 10825 Berlin.

Lehrer*innen, Trainer*innen, Dozenten und Dozentinnen aus Schulen, von Universitäten und Hochschulen sowie anderen Weiterbildungseinrichtungen können sich Inspirationen holen, miteinander diskutieren und sich vernetzen. Das Themenspektrum reicht von fachdidaktischen Ansätzen zur Vermittlung unternehmerischen Denkens an Sekundarschulen und Gymnasien, über Online-Tools und Startups in Hochschulinkubatoren, bis zur Entrepreneurship Education in Familienunternehmen.

Die Keynote hält Prof. Dr. Ilona Ebbers von der Universität Flensburg. Sie tritt dafür ein, dass Lehre stärker auf Lernende ausgerichtet und entsprechende Rahmenbedingungen von der Schule bis zur Universität selbstgesteuerte Lehr- und Lernprozesse ermöglichen und fördern.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos. Aus organisatorischen Gründen wird um vorherige Anmeldung gebeten.

Medienvertreter*innen sind herzlich eingeladen. Auf Anfrage können Interviews mit Experten und Expertinnen vermittelt werden.

Weitere Informationen, Programm und Anmeldung
https://www.hwr-berlin.de/aktuelles/veranstaltungen/veranstaltung-detail/804-deu…

Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) ist mit über 11 500 Studierenden eine der großen Hochschulen für angewandte Wissenschaften – mit ausgeprägtem Praxisbezug, intensiver und vielfältiger Forschung, hohen Qualitätsstandards sowie einer starken internationalen Ausrichtung. Das Studiengangsportfolio umfasst Wirtschafts-, Verwaltungs-, Rechts- und Sicherheitsmanagement sowie Ingenieurwissenschaften in über 60 Studiengängen auf Bachelor-, Master- und MBA-Ebene. Die HWR Berlin unterhält 195 aktive Partnerschaften mit Universitäten auf allen Kontinenten und ist Mitglied im Hochschulverbund „UAS7 – Alliance for Excellence“. Als eine von Deutschlands führenden Hochschulen bei der internationalen Ausrichtung von BWL-Bachelorstudiengängen und im Dualen Studium belegt die HWR Berlin Spitzenplätze in deutschlandweiten Rankings und nimmt auch im Masterbereich vordere Plätze ein. Die HWR Berlin ist einer der bedeutendsten und erfolgreichen Hochschulanbieter im akademischen Weiterbildungsbereich und Gründungshochschule. Die HWR Berlin unterstützt die Initiative der Hochschulrektorenkonferenz „Weltoffene Hochschulen – Gegen Fremdenfeindlichkeit“.

https://www.hwr-berlin.de

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Sven Ripsas
Tel.: +49 (0)30 30877 1230
E-Mail: sven.ripsas@hwr-berlin.de

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Grüner Wasserstoff: Raschere Fortschritte durch moderne Röntgenquellen

Dr. Antonia Rötger Kommunikation
Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH
Mit der Elektrokatalyse von Wasser lässt sich elektrische Energie aus Sonne oder Wind zur Erzeugung von grünem Wasserstoff nutzen und so speichern. Ein Überblicksbeitrag in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie zeigt, wie moderne Röntgenquellen wie BESSY II die Entwicklung von passenden Elektrokatalysatoren vorantreiben können. Insbesondere lassen sich mit Hilfe von Röntgenabsorptionsspektroskopie die aktiven Zustände von katalytisch aktiven Materialien für die Sauerstoffentwicklungsreaktion bestimmen. Dies ist ein wichtiger Beitrag, um effiziente Katalysatoren aus günstigen und weit verbreiteten Elementen zu entwickeln.

Grüner Wasserstoff ist ein Energieträger mit Zukunft. Er wird durch die elektrolytische Aufspaltung von Wasser mit Energie aus Wind oder Sonne gewonnen und speichert diese Energie in chemischer Form. Damit die Aufspaltung von Wassermolekülen leichter (und mit weniger Energieeinsatz) gelingt, sind die Elektroden mit katalytisch aktiven Materialien beschichtet. Dr. Marcel Risch untersucht mit seinem Team in der Nachwuchsgruppe „Gestaltung des Sauerstoffentwicklungsmechanismus“ die Sauerstoffentwicklung bei der Elektrokatalyse von Wasser. Denn vor allem die Sauerstoffentwicklung muss für eine wirtschaftliche Wasserstoffproduktion noch effizienter ablaufen.

Eine spannende Materialklasse für Elektrokatalysatoren sind Manganoxide, die in vielen verschiedenen strukturellen Varianten vorkommen. „Ein entscheidendes Kriterium für die Eignung als Elektrokatalysator ist die Oxidationszahl des Materials und wie sie sich im Lauf der Reaktion verändert“, erläutert Risch. Bei den Manganoxiden gibt es auch hierbei eine große Vielfalt.

Informationen über die Oxidationszustände bringt die Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS): Röntgenquanten mit passender Energie regen dabei Elektronen auf den innersten Schalen an, die diese Quanten absorbieren. Je nach Oxidationszahl kann man diese Absorption bei unterschiedlichen Anregungsenergien beobachten. Das Team um Risch hat eine Elektrolyse-Zelle konstruiert, die XAS-Messungen während der Elektrolyse ermöglicht.

„Mit der Röntgenabsorptionsspektroskopie können wir nicht nur die Oxdationszahlen ermitteln, sondern auch Korrosionsprozesse oder Phasenveränderungen im Material beobachten“, sagt Risch. Kombiniert mit elektrochemischen Messungen ergibt sich aus den Messdaten damit ein deutlich besseres Verständnis des Materials während der Elektrokatalyse. Die benötigte hohe Intensität der Röntgenstrahlung steht allerdings nur an modernen Synchrotronlichtquellen zur Verfügung. In Berlin betreibt das HZB dafür BESSY II. Weltweit gibt es etwa 50 solcher Lichtquellen für die Forschung.

Risch sieht noch großes Potenzial für die Anwendung von Röntgenabsorptionsspektroskopie, insbesondere was die Zeitskalen der Beobachtung betrifft. Denn typische Messzeiten betragen einige Minuten pro Messung. Elektrokatalytische Reaktionen finden jedoch auf kürzeren Zeitskalen statt. „Wenn wir bei der Elektrokatalyse zuschauen könnten während sie passiert, könnten wir wichtige Details besser verstehen “ , meint Risch. Mit diesem Wissen würden sich preiswerte und umweltfreundliche Katalysatoren rascher entwickeln lassen. Andererseits finden viele „Alterungsprozesse“ binnen Wochen oder Monaten statt. „Wir könnten zum Beispiel in regelmäßigen Abständen die gleiche Probe immer wieder untersuchen, um diese Prozesse zu verstehen“, rät Risch. Damit ließen sich zusätzlich noch langlebigere Elektrokatalysatoren entwickeln.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Marcel Risch, HZB, marcel.risch@helmholtz-berlin.de

Originalpublikation:
Angewandte Chemie 2022:
What X-ray absorption spectroscopy can tell us about the active state of earth-abundant electrocatalysts for the oxygen evolution reaction

Marcel Risch, Dulce M. Morales, Javier Villalobos, Denis Antipin
DOI: 10.1002/ange.202211949

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Mit den Nachhaltigkeitstagen den Wandel (er)leben

Anette Schober-Knitz Referat für Hochschulkommunikation und Marketing
HBC Hochschule Biberach
Die Hochschule Biberach (HBC) wird klimaneutral – und bietet auf dem Weg zu diesem ehrgeizigen Ziel immer wieder die Gelegenheit für Einblicke in das Vorhaben und Möglichkeiten der Beteiligung. So veranstaltet die HBC vom 18. bis 20. Oktober die Nachhaltigkeitstage 2022 und lädt Hochschulmitglieder, aber auch die Biberacher Bevölkerung ein, den Wandel zu (er)leben. Geboten wir ein vielfältiges Programm rund um nachhaltige Transformationsprozesse, Klimaneutralität, Naturschutz und vieles mehr. Dabei sind die Formate bunt gemischt: Besucher*innen haben die Wahl zwischen Ausstellungen, Workshops, Vorlesungen, Diskussionsrunden und einer Filmvorführung im Traumpalast Biberach.

Der Filmabend bildet den Schlusspunkt für den ersten Veranstaltungstag, auch an den folgenden beiden Tagen findet jeweils ab 19 Uhr ein besonders hochkarätig besetztes Format statt. Der Film „Transformance“ porträtiert Pioniere des Wandels und ergründet deren Antrieb. An die Vorführung schließt sich ein Filmgespräch an (Dienstag, 18.10., 19 Uhr, Traumpalast, freier Eintritt). Am zweiten Abend stehen die Bemühungen um die Klimaneutralität bis 2030 der Hochschule, der Stadt sowie des Landkreises im Mittelpunkt. In einem Regionaldialog geht Kanzler Thomas Schwäble zusammen mit Landrat Mario Glaser und Baubürgermeister Christian Kuhlmann der Frage nach, wo die Region steht, welche Herausforderungen sich stellen und wie diese gemeinsam bewältigt werden können. Die Perspektive der jungen Generation bringen Studierende der Hochschule ein, angefragt ist zudem die Energieagentur Biberach (Mittwoch, 19. Oktober, 19 Uhr, Audimax der HBC).

„Der Wachstumszwang. Warum die Wirtschaft ohne Wachstum nicht funktioniert und was dies für die Umwelt bedeutet“: Unter diesem Titel steht der Abschlussvortrag am dritten und letzten Abend der Nachhaltigkeitstage. Dafür konnte die Hochschule den renommierten Ökonom Dr. Mathias Binswanger gewinnen, der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen ist und Autor zahlreicher Bücher. Binswanger zählt zu den einflussreichsten Ökonomen in der Schweiz. In Biberach wird er über den Zusammenhang von Wirtschaftswachstum und Umweltproblemen sprechen, Hintergründe erläutern und aufzeigen, wie ein modernes Wirtschaftssystem nachhaltiger gestaltet werden kann (Donnerstag, 20. Oktober, 19 Uhr, Audimax der HBC).

Mit den Nachhaltigkeitstagen will die Hochschule Biberach aufzeigen, „welche ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen unsere Zeit bestimmen und dass es in unseren Händen liegt, jetzt die richtigen Entscheidungen für eine nachhaltigere Zukunft zu treffen“, sagt die Klimaschutzmanagerin der Hochschule, Lisa Meyering. Wie das gelingen und welchen Beitrag jede*r Einzelne einbringen kann, zeigen die Nachhaltigkeitstage auf. „Unser dreitägiges Programm ist sehr vielseitig und richtet sich an alle Altersgruppen“, ergänzt ihr Kollege Tobias Götz. Jeweils nachmittags (16 bis 14 Uhr) finden interessierte Bürger*innen – Jugendliche wie Erwachsene – Austausch und Beteiligung am Campus Stadt (Gebäude B).

So wird beispielsweise vorgestellt, wie Ressourcen schonend genutzt oder wie Siedlungen nachhaltig entwickelt werden können, warum die Bioökonomie als innovativer Weg in die Nachhaltigkeit gilt und was wir für die Zukunft aus der (Architektur-)Geschichte lernen können. Auch ganz praktische Tipps gibt es bei der Veranstaltung, zum Beispiel zum aktuellen Thema Energie sparen in Privathaushalten. Neben eigenen Programmpunkten hat die HBC auch andere Akteure aus der Region eingeladen, sich vorzustellen. Mit Infoständen und Workshops sind das Haus der Nachhaltigkeit Ulm, die Solidarische Landwirtschaft Bad Waldsee sowie das Projekt Naturvielfalt Westallgäu vertreten.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. jur. Gotthold Balensiefen, Beaufragter für Nachhaltigkeit
balensiefen@hochschule-bc.de

Weitere Informationen:
http://www.hochschule-biberach.de/nachhhaltigkeitsstage22

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Neue Methode für Schnelltests: Hochempfindlicher Nachweis

Dr. Thomas Wittek Ressort Presse – Stabsstelle des Rektorats
Universität Duisburg-Essen
Rot ist der Strich nicht, aber vielleicht leicht rosa – oder doch nur ein eingebildeter Schatten? Corona-Schnelltests können zwar eine Infektion nachweisen, ist die Viruslast aber gering, kommt es oft zu falschen Negativ-Ergebnissen, da der Test nicht empfindlich genug ist. Das wollen Wissenschaftler:innen der Physikalischen Chemie der Universität Duisburg-Essen (UDE) um Prof. Sebastian Schlücker ändern. Dafür erhielt er nun den Internationalen Raman-Innovationspreis.

Je empfindlicher der Test, desto niedriger kann die Konzentration der nachzuweisenden Substanz für ein eindeutiges Ergebnis sein. „Die Empfindlichkeit unserer Methodik ist unter Laborbedingungen zehn Millionen Mal höher als bei üblichen Tests“, erklärt Prof. Schlücker vom Center for Nanointegration (CENIDE) der UDE. Allerdings wissen die Forschenden hier genau, was in der Probe chemisch vorliegt. Nun muss das Verfahren in die Praxis übertragen werden. „Dort sind allerdings störende Komponenten enthalten. Wenn wir trotzdem ‚nur‘ noch eine 100- bis 1000-fache Verbesserung erhalten, ist dies immer noch ein Meilenstein.“ Und: Die Methode kann nicht nur bei Coronaviren eingesetzt werden, sondern überall dort, wo Stoffe vor Ort schnell und in sehr niedriger Konzentration nachgewiesen werden müssen – etwa bei einer Sepsis oder schädlichen Bakterien in Lebensmitteln.

Die Methode basiert auf den bereits bestehenden Schnelltests. „Die üblichen nanometerkleinen Goldpartikel, durch welche die rote Farbe beim Schnelltest entsteht, werden durch unser optimiertes Raman-Molekül-kodiertes Nanogold ersetzt.“ Ansonsten bleiben Herstellung und Funktion gleich. „Unsere Partikel sind etwas aufwendiger in der Herstellung. Diesen Prozess wollen wir automatisieren – dadurch schneller und günstiger werden“, erklärt Schlücker weiter.

Im Gegensatz zu den normalen Teststreifen, bei denen mit dem bloßen Auge die Testlinie erkannt wird, ist bei diesem Verfahren ein Laser-basiertes Messgerät (Reader) notwendig. Dieser ist derzeit noch so groß wie ein Notebook und soll kleiner werden. Dafür ist er 100- bis 1.000-fach schneller und kostet weniger als zehn Prozent im Vergleich zu den bisher verwendeten Raman-Forschungsgeräten. Für diese Entwicklung hat Schlücker den Internationalen Raman-Innovationspreis erhalten. Aber: da das Gerät benötigt wird, kann nicht jeder den Test bei sich zu Hause machen. „So ein Gerät könnte aber in Apotheken, Arztpraxen und Testzentren stehen. Da würde sich die Anschaffung für das Gerät dann rechnen – und benötigt immer noch weniger Zeit als ein PCR-Test. Bis zum flächendeckenden Einsatz könnte es noch zwei bis drei Jahre dauern.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr Sebastian Schlücker, Physikalische Chemie und CENIDE, Tel. 0201/18 3- 6843, sebastian.schluecker@uni-due.de

Weitere Informationen:
https://www.uni-due.de/imperia/md/content/ag-schluecker/git_0322.pdf

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Das Quecksilbergeheimnis in der Tiefsee

Bianca Loschinsky Presse und Kommunikation
Technische Universität Braunschweig
Die Kisten sind schon lange gepackt, Genehmigungen eingeholt und auch der Medizin-Check ist abgeschlossen: Nun ist Dr. Marta Pérez Rodríguez von der Technischen Universität Braunschweig an Bord des Forschungsschiffs „Polarstern“. Der Eisbrecher des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) hat sich am 2. Oktober von Kapstadt aus auf den Weg in den Südatlantik begeben. Dort wird die Umweltwissenschaftlerin als Teil der Island-Impact-Expedition in den Gewässern um Südgeorgien Wasser- und Sedimentproben sammeln. Ziel ist es, zu erfahren, wo sich das Quecksilber in den Tiefen des Meeres ablagert.

Die zweigeteilte Expedition „Island Impact“ untersucht von Oktober bis Dezember biogeochemische Stoffflüsse um Südgeorgien, eine Inselgruppe im Südatlantik östlich der Ostküste Südamerikas. Hier treten einige der höchsten Konzentrationen von Phytoplankton im südlichen Ozean auf. Diese beträchtlichen Algenblüten benötigen für ihre Entwicklung eine Eisenquelle. Hauptaugenmerk der Expedition liegt darauf, die Quellen und Wege des Eintrags von Eisen und anderen Nährstoffen in die Schelfgewässer Südgeorgiens und weiter stromabwärts in den südlichen Antarktischen Zirkumpolarstrom (ACC) zu verstehen.

Quecksilber eingeschlossen in Sedimenten
Hier setzt auch die Forschung der Arbeitsgruppe Umweltgeochemie des Instituts für Geoökologie an, die sich auf das Spurenmetall Quecksilber konzentriert. Quecksilber ist ein hochgiftiger Schadstoff, der die menschliche Gesundheit ernsthaft schädigen kann. Der größte Teil der Quecksilberverschmutzung gelangt durch die Verbrennung von Kohle und anderen fossilen Brennstoffen sowie durch industrielle Aktivitäten in die Atmosphäre. Doch wohin gelangt es dann?

Bereits seit 2016 forschen Professor Harald Biester und Dr. Marta Pérez Rodríguez zum Quecksilberkreislauf und der Primärproduktion in den Ozeanen. In einer Studie, die 2018 in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht wurde und international Anerkennung fand, stellten sie fest, dass die untersuchten antarktischen Kieselsäuresedimente überraschend große Mengen an Quecksilber enthielten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bis zu 25 Prozent der Quecksilberemissionen der letzten 150 Jahre in solchen Sedimenten eingeschlossen sein könnten. „Von der Forschungsreise mit der ‚Polarstern‘ erhoffen wir uns nun weitere Erkenntnisse zum Quecksilberkreislauf, über den Verbleib von Quecksilber in der Wassersäule in produktiven Meeresgebieten und über die Rolle von Algenblüten für die Speicherung von Quecksilber in Meeressedimenten“, sagt Professor Biester.

Proben aus 6.000 Metern Tiefe
Dafür werden die Wissenschaftler*innen unter anderem Wasserproben in bis zu 5.000 Metern Tiefe und Meeressedimente in mehr als 6.000 Metern Tiefe nehmen. „Die Expedition gibt uns die Möglichkeit, vielfältige Proben zu sammeln, die wir sonst nicht erhalten würden“, sagt Dr. Marta Pérez Rodríguez. So setzen die Forschenden spezielle Wasserpumpen zum Sammeln von Schwebstoffen in der Tiefe ein, die nicht zur Standardausrüstung vieler Meeresuntersuchungen gehören. „Die gewonnenen Daten werden wird dann mit elementaren Meerwassereigenschaften wie Dichte, Salzgehalt, Temperatur, Sauerstoffkonzentration und Chlorophyllkonzentration sowie mit Informationen anderer Forschungsgruppen zusammenführen, beispielsweise die Identifizierung von Zooplanktonarten und anderen Spurenmetallkonzentrationen.“

Auf die Expedition hat sich die Wissenschaftlerin monatelang vorbereitet. Neben Schulungen für die Arbeit an Bord mussten Genehmigungen zu Probennahme eingeholt und vor allem das Arbeitsmaterial mehrfach gesäubert werden. „Die Quecksilberkonzentrationen im offenen Ozean sind sehr niedrig, sodass wir unter sehr sauberen Bedingungen arbeiten müssen“, erläutert Dr. Marta Pérez Rodríguez. „Die Reinigung der Flaschen, die wir zum Sammeln von Methylquecksilber verwenden werden, dauert zum Beispiel etwa zwölf Tage und umfasst mehrere Schritte mit Seifen, konzentrierten Säuren und ultrareinem Wasser.“

Gut gerüstet gegen stürmische See
Außerdem stand für alle Teilnehmenden ein medizinischer Check an. Das Leben und Forschen an Bord könnte für die Umweltwissenschaftlerin hin und wieder ungemütlich werden. Auch wenn die „Polarstern“ in Kapstadt voraussichtlich bei eher frühlingshaftem Wetter startet, wird es während der Expedition nicht dabei bleiben. Je weiter sich das Forschungsschiff Richtung Süden bewegt, desto niedriger werden die Temperaturen. Und in der Nähe von Südgeorgien könnten Stürme mit hohen Wellen die Arbeit beeinträchtigen. Gegen Kälte sind die Expeditionsteilnehmer*innen gut gerüstet: Das AWI stellt extra Kleidung mit wasserdichter Hose und Jacke, Fleecejacke, Wollmütze, Handschuhe und Sicherheitsstiefel zur Verfügung.

Dass die Expedition möglicherweise etwas stürmisch wird, schreckt Dr. Marta Pérez Rodríguez nicht. Sie freut sich, dass es nun endlich losgeht: „An einer Expedition an Bord eines Forschungsschiffes wie der Polarstern und an einem Ort wie dem Südatlantik teilzunehmen, ist ein Meilenstein in meiner Karriere und meinem Leben. Für mich persönlich geht als Umweltwissenschaftlerin damit ein Jugendtraum in Erfüllung.“

Expedition „Island Impact“
Die Polarstern-Expedition „Island Impact“ im Südatlantik findet unter der Leitung des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) von Ende September bis Dezember 2022 statt und wird von Dr. Christine Klaas und Professorin Sabine Kasten (beide AWI) koordiniert. Dr. Marta Pérez Rodríguez wird im ersten Teil der Expedition bis Mitte November teilnehmen. Für die Untersuchungen kooperiert das Institut für Geoökologie mit Forschenden des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde, dem National Institute of Aquatic Resources, Section for Oceans and Arctic an Dänemarks Technischer Universität (DTU), dem HADAL – Danish Center for Hadal Research der Süddänischen Universität und dem Institut Méditerranéen d’Océanographie der Aix-Marseille-Universität in Frankreich.

Der Polarstern folgen
Die Expeditionen des AWI-Forschungsschiffs „Polarstern“ kann man live per App verfolgen. Über https://follow-polarstern.awi.de gibt es Positions- und Wetterdaten in Echtzeit sowie mehrmals wöchentlich aktuelle Fotos und Berichte von Bord der „Polarstern“.

Link:
Interview mit Dr. Marta Pérez Rodríguez zur Expedition:
https://magazin.tu-braunschweig.de/m-post/aufbruch-zu-einer-stuermischen-forschu…

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Marta Pérez Rodríguez
Technische Universität Braunschweig
Institut für Geoökologie
Abt. Umweltgeochemie
Langer Kamp 19c
38106 Braunschweig
Tel.: 0531 391-7242
E-Mail: m.perez-rodriguez@tu-braunschweig.de
https://www.tu-braunschweig.de/geooekologie/institut/geochemie

Prof. Dr. Harald Biester
Technische Universität Braunschweig
Institut für Geoökologie
Abt. Umweltgeochemie
Langer Kamp 19c
38106 Braunschweig
Tel.: 0531 391-7240
E-Mail: h.biester@tu-braunschweig.de
https://www.tu-braunschweig.de/geooekologie/institut/geochemie

Originalpublikation:
Sara Zaferani, Marta Pérez-Rodríguez, Harald Biester: Diatom ooze – A large marine mercury sink. Science, Vol. 361, NO. 640424 Aug 2018: 797-800,
DOI: https://doi.org/10.1126/science.aat2735

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Konferenzhinweis: Künstliche Intelligenz und ihre Auswirkungen auf Gesellschaften

Jens Rehländer Kommunikation
VolkswagenStiftung
Auf der Herrenhäuser Konferenz „AI and the Future of Societies“ werden Expert:innen aktuelle und zukünftige Entwicklungen in Forschung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz sowie deren Auswirkungen auf Gesellschaften diskutieren. Medienvertreter:innen sind herzlich eingeladen, vom 12. bis 14. Oktober an der Konferenz in Hannover teilzunehmen.

Der breite Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) wird moderne Gesellschaften weltweit grundlegend verändern. Die Lebensbereiche, die KI durchdringt, nehmen zu – sowohl in Arbeitswelten, als auch im privaten Bereich. Und damit bekommt die Frage, wo sie sinnvoll und gewinnbringend implementiert werden und wo sie eventuell sogar ein Risiko darstellen kann, größere Bedeutung. Welche Auswirkungen kann die digitale Revolution also haben?

Auf der Herrenhäuser Konferenz „AI and the Future of Societies“ (https://www.volkswagenstiftung.de/veranstaltungen/veranstaltungskalender/herrenh…) diskutieren Expert:innen aus interdisziplinärer Perspektive unter anderem die Auswirkungen von KI auf die Ausgestaltung sozialer Ungleichheiten, ihren Einfluss auf politische und wirtschaftliche Systeme und Arbeitsbeziehungen sowie die Konsequenzen für die Zukunft der Mobilität. Die Forschenden suchen nach Antworten auf die Frage, wie Menschen KI-Anwendungen zu ihrem Vorteil nutzen und wie alle Teile der Gesellschaft am Nutzen von KI partizipieren können.

Die Konferenz teilt sich in verschiedene Sessions auf (Konferenzsprache ist Englisch):

Mittwoch, 12. Oktober 2022:
• Keynote: AI and the drive towards a cybernetic society
• Session 1: AI and social inequality
• Session 2: Challenges of automated decision-making

Donnerstag, 13. Oktober 2022:
• Session 3: AI and the future of work
• Session 4: AI in medicine and eldercare
• Session 5: AI and youth
• Session 6: AI, communication, and democracy

Freitag, 14. Oktober 2022:
• Session 7: AI and sustainability
• Session 8: AI and the future of societies 2035+

Das vollständige Programm mit allen Redner:innen, Vortragsthemen und Uhrzeiten finden Sie im Anhang. Als Medienvertreter:in sind Sie herzlich eingeladen, an der Konferenz oder Teilen davon teilzunehmen. Gerne organisieren wir Interviewtermine für Ihre Berichterstattung. Wir bitte um formlose Anmeldung zur Konferenz an presse@volkswagenstiftung.de.

INFORMATIONEN ZUR VOLKSWAGENSTIFTUNG
Die VolkswagenStiftung ist eine eigenständige, gemeinnützige Stiftung privaten Rechts mit Sitz in Hannover. Mit einem Fördervolumen von insgesamt etwa 150 Mio. Euro pro Jahr ist sie die größte private deutsche wissenschaftsfördernde Stiftung und eine der größten Stiftungen hierzulande überhaupt. Ihre Mittel vergibt sie ausschließlich an wissenschaftliche Einrichtungen. In den mehr als 60 Jahren ihres Bestehens hat die VolkswagenStiftung rund 33.000 Projekte mit insgesamt mehr als 5,5 Mrd. Euro gefördert. Auch gemessen daran zählt sie zu den größten gemeinnützigen Stiftungen privaten Rechts in Deutschland.

Weitere Informationen über die VolkswagenStiftung finden Sie unter https://www.volkswagenstiftung.de/stiftung/wir-ueber-uns.

NEWSLETTER DER VOLKSWAGENSTIFTUNG ERHALTEN
Der Newsletter der VolkswagenStiftung informiert regelmäßig (etwa einmal pro Monat) über aktuelle Förderangebote, Stichtage, Veranstaltungen und Nachrichten rund um die Stiftung und um geförderte Projekte. Haben Sie Interesse an unserem Newsletter? Dann folgen Sie diesem Link: https://www.volkswagenstiftung.de/newsletter-anmeldung

Weitere Informationen:
https://www.volkswagenstiftung.de/veranstaltungen/veranstaltungskalender/herrenh… Link zur Veranstaltungsseite.
https://www.volkswagenstiftung.de/stiftung/wir-ueber-uns Weitere Informationen über die VolkswagenStiftung.
https://www.volkswagenstiftung.de/aktuelles-presse/presse/konferenzhinweis-k%C3%… Die Presseinformation im Internet.

Anhang
AI and the Future of Societies – Conference Program

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Die Besonderheit der Farbe Rot

Katharina Hempel Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Ernst Strüngmann Institute (ESI) for Neuroscience
Rot hat eine Signal- und Warnwirkung. Spiegelt sich diese farbliche Besonderheit auch im Gehirn wieder? Forschende des Ernst Strüngmann Institute (ESI) for Neuroscience sind dieser Frage nachgegangen.

Leuchtet die Ampel rot, bleiben wir stehen. Reife Kirschen an einem Baum stechen durch ihre Farbe hervor. Der Farbe Rot wird eine Signal- und Warnwirkung zugeschrieben. Aber spiegelt sich diese auch im Gehirn wieder? Forschende des Ernst Strüngmann Institute (ESI) for Neuroscience sind dieser Frage nun nachgegangen. Sie wollten wissen, ob Rot Hirnwellen in einem bestimmten Bereich stärker auslöst als andere Farben. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie jüngst in der Fachzeitschrift eLife.
Im Zentrum der Untersuchungen von Benjamin J. Stauch, Alina Peter, Isabelle Ehrlich, Zora Nolte und ESI-Direktor Pascal Fries steht der frühe visuelle Kortex, auch bekannt als V1. Es ist das größte visuelle Areal im Gehirn. Und das erste, das Input von der Netzhaut erhält. Dort entstehen Hirnwellen (Oszillationen) auf einer bestimmten Frequenz, dem sogenannten Gamma-Band (30-80 Hz), wenn dieser Bereich von starken und räumlich homogenen Bildern angeregt wird. Aber nicht alle Bilder erzeugen diesen Effekt in gleichem Maße!

Die Wirkung einer Farbe nachweisen
„In jüngster Zeit drehen sich viele Forschungsprojekte um die Frage, welcher spezifische Input Gamma-Wellen antreibt“, erläutert Benjamin J. Stauch, Erstautor der Studie. „Ein Auslöser scheinen farbige Oberflächen zu sein. Besonders, wenn sie rot sind. Die Wissenschaftler*innen haben dies dahingehend interpretiert, dass Rot für das visuelle System evolutionsbedingt etwas Besonderes ist, weil zum Beispiel Früchte oft rot sind.“
Aber wie lässt sich die Wirkung einer Farbe wissenschaftlich nachweisen? Oder gar widerlegen? Denn: Eine Farbe objektiv zu definieren ist schwer, Farben zwischen verschiedenen Studien zu vergleichen ebenfalls. Jeder Computermonitor gibt eine Farbe ein wenig anders wieder, sodass Rot auf dem einem Bildschirm nicht das gleiche ist wie auf einem anderen. Hinzu kommt, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, Farben zu definieren: auf der Grundlage eines einzelnen Monitors oder von Wahrnehmungsbeurteilungen oder basierend darauf, was deren Eintreffen auf der menschlichen Netzhaut bewirkt.

Farben aktivieren Lichtsinneszellen
Denn der Mensch nimmt Farben wahr, wenn in der Netzhaut bestimmte Lichtsinneszellen aktiviert werden, die sogenannten Zapfen. Sie reagieren auf Lichtreize, indem sie diese in elektrische Signale umwandeln, die dann von Nervenzellen zum Gehirn geleitet werden. Um Farben erkennen zu können, brauchen wir mehrere Typen von Zapfen. Jeder Zapfentyp ist besonders empfänglich für einen bestimmten Wellenlängenbereich: Rot (L-Zapfen), Grün (M-Zapfen) oder Blau (S-Zapfen). Das Gehirn vergleicht, wie stark die jeweiligen Zapfen reagieren und ermittelt daraus einen Farbeindruck.
Dies funktioniert bei allen Menschen in ähnlicher Weise. Es bestünde also die Möglichkeit, Farben objektiv zu definieren, indem gemessen wird, wie stark sie die verschiedenen Netzhautzapfen aktivieren. Wissenschaftliche Untersuchungen mit Makaken haben ergeben, dass das frühe visuelle System der Primaten zwei auf diesen Zapfen basierende Farbachsen besitzt: Die L-M-Achse vergleicht Rot mit Grün, die S – (L+M)-Achse vergleicht Gelb mit Violett. „Wir glauben, dass ein Farbkoordinatensystem, dem diese beiden Farbachsen zugrunde liegen, das richtige ist, um Farben zu definieren, wenn Forschende die Stärke von Gamma-Oszillationen erforschen wollen, weil es Farben direkt danach definiert, wie stark und auf welche Weise sie das frühe visuelle System aktivieren“, ist Benjamin J. Stauch überzeugt. Weil frühere Arbeiten zu farbbezogenen Gamma-Oszillationen meist mit kleinen Stichproben von einigen wenigen Primaten oder menschlichen Proband*innen durchgeführt wurden, aber die Spektren der Zapfenaktivierung genetisch bedingt von Individuum zu Individuum variieren können, messen er und sein Team in dem nun veröffentlichten Paper eine größere Stichprobe von Individuen (N = 30).

Gleiche Wirkung von Rot und Grün
Dabei gehen sie der Frage nach, ob Rot wirklich etwas Besonderes ist. Also ob diese Farbe stärkere Gamma-Oszillationen auslöst als ein Grün mit vergleichbarer Farbstärke (d. h. Zapfenkontrast). Und eine Nebenfrage lautet: Lassen sich farbinduzierte Gamma-Oszillationen auch durch Magnetoenzephalographie (MEG) nachweisen, also durch ein Verfahren zur Messung der magnetischen Aktivitäten des Gehirns?
Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Farbe Rot nicht besonders stark ist, was die Intensität der von ihr ausgelösten Gamma-Oszillationen betrifft. Vielmehr lösen Rot und Grün bei gleichem absolutem L-M-Zapfenkontrast gleich starke Gamma-Oszillationen im frühen visuellen Kortex aus. Darüber hinaus können farbinduzierte Gamma-Wellen bei sorgfältiger Behandlung im menschlichen MEG gemessen werden, sodass künftige Forschungen den 3R-Prinzipien für Tierversuche (Reduce/Verringern, Replace/Vermeiden, Refine/Verbessern) folgen könnten, indem sie an Menschen statt an nicht-menschlichen Primaten durchgeführt werden.
Farben, die nur den S-Zapfen (Blau) aktivieren, scheinen im frühen visuellen Kortex im Allgemeinen nur schwache neuronale Reaktionen hervorzurufen. Dies ist in gewisser Weise zu erwarten, da der S-Zapfen auf der Netzhaut von Primaten seltener vorkommt, evolutionär älter und träger ist.

Beitrag zur Entwicklung von Sehprothesen
Die Ergebnisse dieser Studie der ESI-Wissenschaftler*innen, das Verständnis der Art und Weise, wie der frühe menschliche visuelle Kortex Bilder kodiert, könnte eines Tages bei der Entwicklung von Sehprothesen hilfreich sein, die versuchen, den visuellen Kortex zu aktivieren, um bei Menschen mit geschädigter Netzhaut seh-ähnliche Wahrnehmungseffekte hervorzurufen. Dieses Ziel liegt jedoch noch in weiter Ferne. Es muss erst noch viel mehr über die spezifischen Reaktionen des visuellen Kortex auf visuelle Eingaben verstanden werden.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Benjamin Stauch, presse@esi-frankfurt.de

Originalpublikation:
Stauch BJ, Peter A, Ehrlich I, Nolte Z, Fries P (2022). Human visual gamma for color stimuli. eLife 11, e75897. https://doi.org/10.7554/eLife.75897

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Soziale Dilemma spielerisch erklären – Die Entwicklung von Moralvorstellungen fördert selbstloses Handeln

Jana Gregor Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften (MPIMIS)
Die menschliche Entscheidungsfindung und das Zusammenspiel von individueller und Gruppendynamik ist außerordentlich vielschichtig. Leider kann unser Verhalten negative Konsequenzen, wie die Erschöpfung gemeinsamer Ressourcen auf Kosten der Umwelt, haben. Mohammad Salahshour, Forscher am MPI für Mathematik in den Naturwissenschaften, hat untersucht wie strategische Entscheidungen, soziale Normen und Moral Entscheidungen beeinflussen. Sein spieltheoretischer Ansatz zeigt, wie die Komplexität realer strategischer Zusammenhänge zur Entwicklung moralischer Normen führen kann, die Gesellschaften helfen, sich selbst besser zu steuern, indem sie Einzelentscheidungen im Interesse der Gruppe lenken.

Der Entscheidungsprozess ist nicht selten konfliktreich und kann zu sozialen Konfliktsituationen führen, in denen die Interessen des Einzelnen dem Nutzen für die Gruppe oder die Gesellschaft gegenüberstehen. Die Moral bietet einen Ausweg aus dieser Tragik der Allmende, indem sie altruistische Anreize fördert und den Einzelnen dazu motiviert, seinen Egoismus zu zügeln und zu kooperieren, selbst wenn es mit persönlichen Kosten verbunden ist. Die Entstehung von moralischen Werten ist immer noch ein evolutionäres Rätsel. Die Kernfrage ist, warum eine Person sich selbst aufopfern und ihre persönliche Stellung untergraben sollte, um zu kooperieren und der Gruppe zu helfen. Es zeigte sich, dass das individuelle Streben nach Ordnung und Organisation in der Gesellschaft diese Entwicklung vorantreibt. Nachdem also zunächst aus reinem Eigeninteresse eine Form der sozialen Ordnung erstrebt wurde, verlangt das daraus resultierende moralische System eine Form der aufopferungsvollen Zusammenarbeit.

Individuen in Gruppen stehen oft gleichzeitig vor unterschiedlichen strategischen Problemen, die es zu lösen gilt. Der Max-Planck-Forscher Mohammad Salahshour verwendete grundlegende strategische Spiele als eine Art Metapher für eine Vielzahl dieser Problemstellungen, einschließlich sozialer Dilemmas und Koordinations- und Kooperationsprobleme, wie etwa die Aufteilung von Ressourcen. Um zu ermitteln, ob diese einfachen spieltheoretischen Näherungen für die Darstellung komplexer Interaktionen in der realen Welt geeignet sind, entwickelte er ein neuartiges evolutionäres Modell gekoppelter interagierender Spiele. In einem ersten Schritt müssen die Akteure ein Gefangenendilemma lösen, gefolgt von einem zweiten Spiel, das verschiedenen Klassen angehören kann, die strategische Szenarien darstellen, mit denen Individuen in Gruppen konfrontiert werden können. Bei der Untersuchung der sich daraus ergebenden Nash-Gleichgewichte konnte Mohammad Salahshour nachweisen, dass das Resultat der Entscheidungen der Spieler im sozialen Dilemma, das ihnen im ersten Spiel präsentiert wurde, ihre strategischen Entscheidungen im zweiten Spiel beeinflusst und zur Lösung verschiedener strategischer Probleme wie Koordination, Ressourcenteilung und Wahl des Anführers beitragen kann.

Diese erhöhte Komplexität der interagierenden Spiele führt zu einer breiten Palette möglicher Szenarien, da ein kooperierender Spieler nun für seine Unterwerfung im sozialen Dilemma belohnt werden kann. Abhängig von dieser Entschädigung entstehen auf natürliche Weise moralische Normen wie „gutes“ oder „schlechtes“ Verhalten: Im Falle einer geringen Auszahlung aus dem Spiel mit dem nicht-sozialen Dilemma – und somit einer geringen Kopplung der Spiele und einer geringen Komplexität – gibt es keinen intrinsischen Nutzen in der Kooperation, und die Hinterlist bleibt die rationale Wahl. Wird die Kopplung jedoch stark genug, kommt es zu einem symmetriebrechenden Phasenübergang, bei dem die Symmetrie zwischen Kooperation und Verrat gebrochen wird und sich eine Reihe kooperationsfördernder sozialer Normen herausbildet, denen zufolge Kooperation eine wertvolle Eigenschaft ist, die es wert ist, übernommen zu werden.

Salashours Studie zur Entwicklung moralischer Normen zeigte, dass die Moral zwei ganz unterschiedliche Funktionen ausübt. Die bereits erwähnte Förderung von selbstaufopferndem oder altruistischem Verhalten und die Ermutigung zu gegenseitig vorteilhaftem Verhalten. Diese zweite Funktion setzt keine Selbstaufopferung voraus und könnte sich z. B. in gegenseitiger Kooperation oder Konfliktlösung manifestieren, also in Normen, die die soziale Ordnung und Organisation fördern können. Der Mathematiker sagt: „Ein Moralsystem verhält sich wie ein trojanisches Pferd: Sobald es aus dem Eigeninteresse der Individuen heraus zur Förderung von Ordnung und Organisation eingeführt wurde, bewirkt es auch eine selbstaufopfernde Zusammenarbeit und unterdrückt antisoziales Verhalten.“ Besonders faszinierend an seiner Theorie ist, dass allein die Kosten der Normen und nicht ihr tatsächlicher Nutzen für deren Etablierung ausschlaggebend sind. Diese Tatsache kann die überraschende Entwicklung schädlicher sozialer Normen wie destruktive kulturelle Praktiken, Ehrenmorde oder grausame Strafen erklären. Diese Normen sind für den Einzelnen kostspielig und haben oft keinen unmittelbaren sozialen Nutzen, was zu kollektiven Kosten führt; sie können jedoch ebenso wirksam zur Förderung der sozialen Ordnung und zur Stabilisierung von Gesellschaften beitragen, insbesondere wenn es keine staatlichen Organe zur Rechtsdurchsetzung gibt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Mohammad Salahshour
Mail: msalahshour@ab.mpg.de

Originalpublikation:
Salahshour M (2022) Interaction between games give rise to the evolution of moral norms of cooperation. PLoS Comput Biol 18(9): e1010429
https://doi.org/10.1371/journal.pcbi.1010429

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UV-C-Strahlung zur Inaktivierung des Covid-19-Erregers in Aerosolen

Vanessa Offermann Abteilung Hochschulkommunikation
Hochschule Heilbronn
GEMEINSAME MEDIENINFORMATION

GEMEINSAME MEDIENINFORMATION
• Neue Studie liefert klare Ergebnisse: UV-C-Strahlung vernichtet Corona-Partikel in der Luft.
• Resultat zeigt Lösung für den Aufenthalt in Innenräumen.
• Herausgefunden hat das ein interdisziplinäres Forschungsteam der Uniklinik Tübingen und der Hochschule Heilbronn.

UV-C-Strahlung ist wirksam zur Desinfektion von Flüssigkeiten und Oberflächen. Unklar ist jedoch, in welchem Maße sie zur Inaktivierung von SARS-CoV-2-haltigen Aerosolen beitragen kann. Insbesondere die notwendige UV-C-Dosis zur Reduktion der Viruslast konnte bislang nicht ermittelt werden. Ein interdisziplinäres Forschungsteam aus Tübinger Virolog*innen und Ingenieur*innen der Hochschule Heilbronn (HHN) ging dieser Frage nun nach. Die Ergebnisse der Studie sind aktuell in der Fachzeitschrift Indoor Air publiziert. Für die Weiterführung der Aerosolstudie bemüht sich das Forschungsteam um Fördergelder.

SARS-CoV-2 hat sich seit Januar 2020 ausgebreitet und zu einer weltweiten Krise geführt. Neben direktem Kontakt und Tröpfchen sind Aerosole der Hauptübertragungsweg des Virus. Um Dekontaminationen der Atemluft zu ermöglichen, bedarf es daher einem Wirksamkeitsnachweis bereits eingesetzter Methoden. UV-C-Desinfektion wird seit Jahrzehnten zur Inaktivierung verschiedener infektiöser Erreger in kontaminierten Flüssigkeiten genutzt. Ob das Verfahren auch zur Inaktivierung von SARS-CoV-2-haltigen Aerosolen beitragen kann und wie hoch die notwendige UV-C-Dosis sein muss, konnte ein Forschungsteam nun erstmals ermitteln: Das Team um Prof. Dr. Michael Schindler vom Institut für Medizinische Virologie und Epidemiologie der Viruskrankheiten am Uniklinikum Tübingen sowie die Ingenieur*innen der Hochschule Heilbronn, unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Jennifer Niessner.

Über die Studie
Mithilfe eines im Hochsicherheitslabor der Tübinger Virologie eigens konstruierten Aerosol-Prüfstands konnte der Covid-19-Erreger unter kontrollierten Bedingungen vernebelt werden. Das Virus-Aerosol wurde einer genau definierten UV-C-Dosis ausgesetzt und Verfahren entwickelt, um die Viren aus dem Aerosol wieder abzuscheiden sowie ihre Vermehrungsfähigkeit zu testen. Dabei konnte das Forschungsteam nicht nur die sehr gute Effizienz von bereits geringen UV-C-Dosen zur Inaktivierung von Coronaviren nachweisen, sondern auch erstmals wissenschaftlich beweisen, dass UV-C-basierte Luftreiniger Coronaviren zuverlässig unschädlich machen. „Wir waren überrascht, dass UV-C Dosen im unteren Bereich dessen, was wir im Prüfstand anwenden können, ausreichend waren, um über 99,9 Prozent der infektiösen Viruspartikel zu inaktivieren“, erläutert Dr. Natalia Ruetalo, die die Infektionsexperimente in der Tübinger Virologie durchführte. Dies ist hinsichtlich der bevorstehenden Jahres- und Erkältungszeit als auch einer etwaigen weiteren Coronawelle von besonderer Relevanz.

„Mit dem modularen Prüfstand könnten wir nun nicht nur SARS-CoV-2, sondern auch andere über Aerosole übertragene Viren analysieren sowie die Effizienz verschiedenster Inaktivierungsverfahren oder den Einfluss von Umweltfaktoren“, so Prof. Schindler, der gemeinsam mit Prof. Niessner vom Institut für Strömung in additiv gefertigten porösen Strukturen an der Hochschule Heilbronn die Studie leitete. Dem interdisziplinären Team gelang es in nur einem Jahr diesen voll funktionsfähigen modularen Prüfstand zu konstruieren – von der Idee bis hin zum Aufbau und der Integration in die Anwendung. „Wir haben vorausschauend einen modularen Prüfstand konzipiert, der sich flexibel einsetzen und anwenden lässt und nach unserer Erkenntnis weltweit einzigartig ist“, so Prof. Niessner.

Warum es vorerst beim Konjunktiv bleibt, äußern sich die Studienleiter ratlos und ernüchtert, da sie bisher trotz intensiver Anstrengungen weder öffentliche noch industrielle Fördermittel zur Weiterführung ihrer Forschung akquirieren konnten. „Anscheinend wurden in den letzten zwei Jahren so viel Fördergelder in die Coronaforschung gesteckt, dass nun auch vielversprechende und über den Kontext hinausgehende Projekte im Angesicht der vermeintlich beendeten Pandemie eingestellt werden“, sagt Schindler.
Die angespannte Wirtschaftslage und Rezessionsängste tragen ihren Teil bei. Bleibt nur zu hoffen, dass es keine weitere Pandemie braucht, um dem innovativen Aerosol-Prüfstand aus Heilbronn und Tübingen wieder Leben einzuhauchen.

Hochschule Heilbronn – Kompetenz in Technik, Wirtschaft und Informatik
Mit rund 8.000 Studierenden ist die Hochschule Heilbronn (HHN) eine der größten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg. Ihr Kompetenz-Schwerpunkt liegt in den Bereichen Technik, Wirtschaft und Informatik. An ihren vier Standorten in Heilbronn, Heilbronn-Sontheim, Künzelsau und Schwäbisch Hall bietet die HHN mehr als 60 zukunftsorientierte Bachelor- und Masterstudiengänge an, darunter auch berufsbegleitende Angebote. Die HHN bietet daneben noch weitere Studienmodelle an und pflegt enge Kooperationen mit Unternehmen aus der Region. Sie ist dadurch in Lehre, Forschung und Praxis sehr gut vernetzt. Das hauseigene Gründungszentrum unterstützt Studierende sowie Forschende zudem beim Lebensziel Unternehmertum.

Ansprechpartner*innen:
Prof. Dr.-Ing. Jennifer Niessner, Professorin für die Fachgebiete Technische Physik und Strömungslehre, Forschungsprofessur für Fluidmechanik, Institut für Strömung in additiv gefertigten porösen Strukturen,
Telefon: 07131-504-308, E-Mail: jennifer.niessner@hs-heilbronn.de, Internet: http://www.hs-heilbronn.de

Prof. Dr. Michael Schindler, Leiter der Forschungssektion Molekulare Virologie, Institut für Medizinische Virologie und Epidemiologie der Viruskrankheiten, Telefon: 07071 29-87459, E-Mail:michael.schindler@med.uni-tuebingen.de,
Internet: http://www.medizin.uni-tuebingen.de

Forschungskommunikation Hochschule Heilbronn: Vera Winkler, Telefon: 07131-504-1156, E-Mail: vera.winkler@hs-heilbronn.de, Internet: http://www.hs-heilbronn.de

Pressekontakt Hochschule Heilbronn: Vanessa Offermann, Telefon: 07131-504-553,
E-Mail: vanessa.offermann@hs-heilbronn.de Internet: http://www.hs-heilbronn.de

Medienkontakt Universitätsklinikum Tübingen: Stabsstelle Kommunikation und Medien, Hoppe-Seyler-Straße 6, 72076 Tübingen, Telefon: 07071 29-88548,
E-Mail: presse@med.uni-tuebingen.de, Internet: http://www.medizin.uni-tuebingen.de

Originalpublikation:
Titel der Originalpublikation
Natalia Ruetalo, Simon Berger et. al: “Inactivation of aerosolized SARS-CoV-2 by 254 nm UV-C irradiation”. Indoor Air, 21. September 2022.
DOI: https://doi.org/10.1111/ina.13115

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Spurensuche: BfG wirkte an der Aufklärung des Fischsterbens an der Oder mit

Dominik Rösch Referat Öffentlichkeitsarbeit
Bundesanstalt für Gewässerkunde
Heute veröffentlichten das BMUV und das UBA den Statusbericht einer vom BMUV eingerichteten nationalen Expert/-innengruppe zum Fischsterben in der Oder. In die Arbeitsgruppe brachten Fachleute der BfG ihre Erfahrungen und Fähigkeiten mit ein. Die Untersuchungen der Bundesanstalt liefern wichtige Informationen, um die Ursachen der Katastrophe nachvollziehen zu können.

Für die Aufklärung des Fischsterbens an der Oder erhielt die Bundesanstalt für Gewässerkunde zur Untersuchung von Wasser- und Schwebstoffproben seit dem 12. August mehrere Bitten um Amtshilfe des Landeslabors Berlin-Brandenburg (LLBB) und des Landesamtes für Umwelt (LU) Brandenburg. Das BMUV bat die BfG im Rahmen der aktuellen „Verwaltungsvereinbarung im Bereich der Wasserwirtschaft sowie zur grenzüberschreitenden und internationalen Wasserkooperation“ tätig zu werden. In den darauffolgenden Wochen führten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BfG chemische und ökotoxikologische Analysen zur Identifizierung möglicher Schadstoffe durch. Weiter wurden von der BfG taxonomische und molekularbiologische Untersuchungen zur Identifizierung der Algenzusammensetzung vorgenommen.

Parallel dazu konstituierte sich eine deutsche Expertengruppe mit Fachleuten aus den Landesbehörden in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern sowie dem THW, dem WSA Oder-Havel, dem BMUV, dem UBA und der BfG sowie eine polnisch-deutsche Expertengruppe. Gemeinsames Ziel war es, auf Basis der vorliegenden Informationen und der aktuellen Messergebnisse die möglichen Ursachen des Fischsterbens wissenschaftlich – soweit wie möglich – aufzuklären.

Dr. Birgit Esser, Leiterin der BfG: “In den vergangenen sechs Wochen haben meine Kolleginnen und Kollegen unter Hochdruck daran gearbeitet, um unseren Beitrag bei der Suche nach den Ursachen für das dramatische Fischsterben in der Oder zu liefern. Gemeinsam mit unseren Partnern haben wir eine breite und wissenschaftliche Datengrundlage geschaffen, die eine Bewertung der Hypothesen zu den Ursachen ermöglicht.“

Monitoringstationen bewähren sich
Bei Hohenwutzen, einem Ort im Landkreis Märkisch-Oderland, ist die BfG an einer automatisierten Messstation (Fluss-km 661,6) beteiligt. Die Station wird in Kooperation mit dem LfU Brandenburg und den Mitarbeitenden des WSA Oder-Havel betrieben. Mit Hilfe standardmäßig erhobener Tagesmischproben konnten u. a. die Zusammensetzung und der Eintrag der Salze, die zu einem Anstieg der elektrischen Leitfähigkeit des Oder-Wassers führten, identifiziert und im Vergleich mit Langzeitdaten eingeordnet werden.
Diese Informationen sind wichtige Indizien bei der Suche nach der Ursache der Katastrophe. Erhöhte Chloridkonzentrationen treten seit vielen Jahren in der Oder auf. Diese erhöhten Konzentrationen und die daraus resultierende hohe Leitfähigkeit sind nach Auffassung der BfG nicht unmittelbar ursächlich für das Sterben der Fische. Sie leisteten jedoch einen sehr deutlichen Beitrag, insbesondere als Sekundäreffekt in Bezug auf die Lebensbedingungen der Algen.

Giftige Toxine einer Brackwasser-Algenart in der Oder
Ein sprunghafter Anstieg der Sauerstoffkonzentration, des pH-Wertes und der Chlorophyllgehalte, sowie ein Absinken der Nitrat-Konzentration wiesen bereits früh auf eine massive Algenblüte in der Oder hin. Im Verdacht stand die Alge Prymnesium parvum, die eigentlich in salzhaltigen Gewässern beheimatet ist. Die Alge wurde durch molekularbiologische Analysen der BfG eindeutig identifiziert. In Hohenwutzen wurde am 16.08.2022 eine maximale Zellzahl von 141 Millionen Zellen P. parvum pro Liter festgestellt. Laut Literatur ist bereits ab einer Zellzahl von 20 Millionen Zellen pro Liter mit einem Fischsterben zu rechnen.

Es ist bekannt, dass P. parvum giftige Stoffwechselprodukte (Algentoxine) bilden kann. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BfG haben diese Toxine im Rahmen eines sogenannten Non-Target-Screening (NTS) in Gewässerproben der Oder identifiziert. Jedoch konnte die Konzentration der Toxine bislang nicht ermittelt werden, weil es keine allgemein zugänglichen Referenzstandards gibt. Weiter fehlen für diese Toxine abgesicherte Erkenntnisse, ab welchen Konzentrationen Fische und andere Organismen geschädigt oder getötet werden. Wissenschaftlich kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwar kein eindeutiger Nachweis geführt werden, dass die Toxine zum Fischsterben geführt haben. Unter Berücksichtigung der gesammelten Erkenntnisse spricht jedoch viel dafür.

Detektivarbeit mit Spurenanalytik
Die Expert/-innen der BfG analysierten die Tagesmischproben der Messstation bei Hohenwutzen auch auf die darin enthaltenen Schadstoffe. Dazu führten sie u. a. das NTS durch. Diese Methode liefert eine Momentaufnahme von über tausend bekannten und unbekannten Substanzen in einer Probe und damit eine Art umfassenden „Fingerabdruck“. Durch das NTS wurde neben den Algentoxinen im Ereigniszeitraum auch ein erhöhtes Vorkommen anderer Substanzen detektiert, darunter z. B. Nebenprodukte, die bei der Herstellung von Herbiziden entstehen. Inwieweit einzelne dieser Substanzen oder deren Summe direkt oder indirekt zum Fischsterben beigetragen haben, ist derzeit nicht bekannt.

Zusätzliche Untersuchungen
Über die im Statusbericht veröffentlichten Ergebnisse hinaus führte die BfG weitere Analysen durch. So wurden beispielweise Wasser- und Schwebstoffproben auf 86 Metalle und weitere Elemente sowie zahlreiche organische Schadstoffe untersucht. Diese und weitere Ergebnisse wird die BfG zu einem späteren Zeitpunkt in einem separaten Bericht veröffentlichen.

Ausblick
Die BfG will sich auch an der Bearbeitung der aus wissenschaftlicher Sicht offenen Fragen beteiligen, z. B. zum Vorkommen von der Alge P. parvum und zur Wirkung der Algentoxine auf Fische. Der hohe Nutzen der Non-Target-Analytik hat sich gezeigt. Die BfG wird diese Methodik gezielt ausbauen und einsetzen. Dr. Birgit Esser, Leiterin der BfG: „Es ist insgesamt unser Anspruch, anthropogene und natürliche Effekte zu differenzieren und so wirksame Maßnahmen für die Gewässerentwicklung aus ökosystemarer und funktioneller Sicht abzuleiten. Mit diesem Grundverständnis bringt die BfG gerne ihre fachliche Expertise in die von Bund und Ländern initiierten weiteren Aktivitäten rund um die Oder ein.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Thomas Ternes, Tel. 0261/1306-5560, Mail ternes@bafg.de
Dr. Franz Schöll, 0261/1306-5470, Mail schoell@bafg.de

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Klimaschwankungen in Ostafrika waren ein Motor für die Evolution des Menschen

Eva Schissler Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln
Interdisziplinäre Forschung in Südäthiopien zeigt, wie Schlüsselphasen des Klimawandels die menschliche Evolution, Ausbreitung sowie seinen technologischen und kulturellen Fortschritt beeinflusst haben / Veröffentlichung in „Nature Geoscience“

Drei Schlüsselphasen mit unterschiedlichen, dramatischen Klimaschwankungen im östlichen Afrika fielen mit Verschiebungen in der Entwicklung und Ausbreitung der Hominiden (alle menschlichen Vorfahren der Gattung Homo einschließlich des heutigen Menschen) in den letzten 620.000 Jahren zusammen. Das ergab eine Rekonstruktion der damaligen Umweltbedingungen anhand von Seesedimenten aus der unmittelbaren Nähe wichtiger paläoanthropologischer Siedlungsstätten in Südäthiopien. Ein internationales Tiefbohrprojekt unter der Leitung von Wissenschaftler*innen der Unis Köln, Potsdam, Aberystwyth und Addis Ababa nahmen die Rolle des Klimawandels für das jüngste Kapitel der menschlichen Evolution unter die Lupe. Die Ergebnisse der Forschungsstudie, geleitet von Dr. Verena Förster vom Institut für Geographiedidaktik der Universität zu Köln, an der mehr als 22 Forscher*innen aus 19 Einrichtungen in 6 Ländern beteiligt waren, sind unter dem Titel „Pleistocene climate variability in eastern Africa influenced hominin evolution“ in der Fachzeitschrift Nature Geoscience erschienen.

Trotz zahlreicher Fossilfunde von Hominiden in Ostafrika aus mehr als fünfzig Jahren waren die regionalen Umweltbedingungen während der Entwicklung und Ausbreitung des modernen Menschen und seiner Vorfahren bislang noch nicht ausreichend geklärt. Insbesondere für das Pleistozän (Eiszeit) vor 2.580.000 bis 11.700 Jahren gibt es keine kontinuierlichen und präzisen Paläo-Umweltdaten für den afrikanischen Kontinent.

Das Forschungsteam entnahm zwei zusammenhängende, 280 Meter lange Sedimentkerne aus dem Chew Bahir-Becken im Süden Äthiopiens. Chew Bahir liegt sehr abgelegen in einem tiefen tektonischen Graben in unmittelbarer Nähe des Turkana-Gebiets und des Omo-Kibish, einer Region wichtiger paläoanthropologischer und archäologischer Stätten. Die Bohrkerne liefern die vollständigsten Aufzeichnungen über einen so langen Zeitraum, die jemals in diesem Gebiet gewonnen wurden. Darüber hinaus können sie zeigen, wie unterschiedliche Klimaveränderungen den biologischen und kulturellen Wandel der Menschen in der Vergangenheit beeinflusst haben.

Ein interdisziplinäres Team aus den Bereichen der Geowissenschaften, Sedimentologie, Mikropaläontologie, Geologie, Geographie, Geochemie, Archäologie, Chronologie und Klimamodellierung bohrte die beiden Sedimentkerne, aus denen sie anhand von so genannten Proxies (Indikatoren wie Mikrofossilien oder Elementveränderungen) Daten zur Rekonstruktion der Klimageschichte der Region gewannen. Archäolog*innen, Evolutionsbiolog*innen und Evolutionsanthropolog*innen identifizierten daraus Phasen von Klimastress und Phasen mit günstigeren Bedingungen. Anhand dieser Informationen leiteten sie ab, wie diese Faktoren die Lebensräume der frühen modernen Menschen veränderten und seine biologische und kulturelle Entwicklung sowie seine Ausbreitung beeinflussten.

Konkret fanden die Wissenschaftler*innen heraus, dass eine Phase lang anhaltender und relativ stabiler feuchter Bedingungen von etwa 620.000 bis 275.000 Jahren vor heute günstige Lebensbedingungen für die Hominidengruppen des Gebietes bedeuteten. Diese im Allgemeinen stabile und feuchte Phase wurde jedoch durch eine Reihe kurzer, abrupter und extremer Trockenheitsschübe unterbrochen. Das führte wahrscheinlich zu einer Fragmentierung der Lebensräume, Verschiebungen in der Populationsdynamik und sogar zum Aussterben lokaler Gruppen. Infolgedessen mussten sich kleine, reproduktiv und kulturell isolierte Populationen an die dramatisch veränderten Umgebungen anpassen. Das beförderte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Ausdifferenzierung der Hominiden in viele geografisch und anatomisch unterschiedliche Gruppen sowie die Abspaltung unserer modernen menschlichen Vorfahren von archaischen Gruppen.

Darauf folgte zwischen ca. 275.000 und 60.000 Jahren vor heute eine Phase mit erheblichen Klimaschwankungen, die immer wieder zu Veränderungen der Lebensräume in diesem Gebiet führte: von üppiger Vegetation mit tiefen Süßwasserseen zu sehr trockenen Landschaften, in denen ausgedehnte Seen zu kleinen salzhaltigen Pfützen vertrockneten. In dieser Phase gingen die Bevölkerungsgruppen allmählich von der Technologie des Acheuléen (ovale Handäxte aus Stein, die vor allem Homo ergaster und Homo erectus nutzten) zu höher entwickelten Technologien über. In dieser entscheidenden Phase entwickelte sich auch Homo sapiens in Ostafrika. Wichtige soziale, technologische und kulturelle Innovationen in dieser Phase wappneten die Menschen womöglich vor den schärfsten Auswirkungen der wiederkehrenden Umweltveränderungen. „Diese technischen und sozialen Innovationen, darunter differenziertere Werkzeuge und Langstreckentransport, hätten den modernen Menschen enorm anpassungsfähig an den wiederholt stark veränderten Lebensraum gemacht“, sagt Erstautorin Dr. Verena Förster.

In der Phase von etwa 60.000 bis 10.000 Jahren vor heute traten die extremsten Klimaschwankungen auf, darunter die trockenste Phase der gesamten Aufzeichnung. Diese Phase könnte den kontinuierlichen kulturellen Wandel der Bevölkerung beschleunigt haben. Das Forschungsteam geht davon aus, dass das kurzzeitige Überlappen von Feuchtigkeitsschüben in Ostafrika mit feuchten Phasen in Nordostafrika und im Mittelmeerraum günstige Migrationsrouten aus Afrika heraus entlang einer Nord-Süd-Achse entlang des Ostafrikanischen Grabensystems und in die Levante eröffnete, was die globale Ausbreitung des Homo sapiens ermöglicht haben könnte.

„Angesichts der aktuellen Bedrohungen durch den Klimawandel und die Überbeanspruchung natürlicher Ressourcen für den menschlichen Lebensraum ist es wichtiger denn je, die Beziehung zwischen Klima und menschlicher Entwicklung zu verstehen“, schlussfolgert die Wissenschaftlerin.

Die Forschung ist Teil des Hominin Sites and Paleolakes Drilling Project (HSPDP). Um die Auswirkungen unterschiedlicher Zeitskalen und Größenordnungen von Klimaveränderungen auf die Lebensbedingungen der frühen Menschen zu bewerten, wurden im Rahmen dieses Projekts aus fünf Seearchiven der Klimaveränderungen der letzten 3,5 Millionen Jahre Bohrkerne entnommen. Alle fünf Bohrlokationen in Kenia und Äthiopien befinden sich in unmittelbarer Nähe zu wichtigen paläoanthropologischen Fundstellen aus verschiedenen Stufen der menschlichen Evolution. Der Standort in Südäthiopien deckt dabei das jüngste Kapitel ab.

Im Rahmen des HSPDP wurde das Projekt vom International Continental Scientific Drilling Program (ICDP), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Natural Environment Research Council (NERC), der National Science Foundation (NSF) und dem DFG-Sonderforschungsbereich 806 „Our Way to Europe“ gefördert. Der SFB 806 war von 2009 bis 2021 an den Universitäten Köln, Bonn und Aachen angesiedelt und wurde von diesen Institutionen finanziell und strukturell großzügig unterstützt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Verena Förster

Originalpublikation:
Verena Foerster et al., Pleistocene climate variability in eastern Africa influenced hominin evolution, Nature Geoscience, 26.9.2022
https://www.nature.com/articles/s41561-022-01032-y
DOI: 10.1038/s41561-022-01032-y

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„No War. Bildung als Praxis des Friedens“

Grit Gröbel Pressestelle
Fachhochschule Erfurt
Online-Ringvorlesung der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften im Wintersemester 2022/2023

Frieden ist nicht nur als die Abwesenheit von Krieg zu verstehen – das wäre negativer Frieden -, sondern Vorstellungen und Bedingungen eines positiven Friedens zu skizzieren und daran zu arbeiten. Positiver Frieden meint die Reduktion struktureller Gewalt; er ist ein Prozess, der auf den Abbau von Ungerechtigkeit und Ungleichheit zielt und zugleich Toleranz und die Akzeptanz von Vielfalt fördert sowie Gleichheit und die Entfaltung eines guten Lebens Aller will.
Ein positiver Friede bedarf der Friedensbildung und somit der Gestaltung von Bildungsprozessen. Darin liegt auch eine Aufgabe Sozialer Arbeit, insbesondere da diese mit Bildungsprozessen verknüpft ist. Insofern ist der Titel der Reihe programmatisch: Bildung kann zur Herstellung eines positiven Friedens beitragen. Hierzu sollen die Beispiele und Beiträge der Ringvorlesung beitragen:

Themen und Termine:
Die Online-Ringvorlesungen beginnen stets um 17:30 Uhr.

24.10.2022
Begrüßung und Einführung
Prof. Dr. Christine Rehklau (FH Erfurt), Prof. Dr. Claudia Lohrenscheit (HS Coburg)
Regionale Perspektiven auf den Krieg in der Ukraine
Mag. Sebastian Schäffer, Geschäftsführer des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM), Wien

7.11.2022
Organisation of social services during and after political confl ict – the role of grassroots, international and supranational organisations
Dr. Reima Ana Maglajlic, University of Sussex, United Kingdom

14.11.2022
Peacebuilding? Report from Slemani
Prof. Dr. Kristin Sonnenberg, Prof. Dr. Cinur Ghaderi; Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe; Ass. Prof. Dr. Luqman Saleh Karim, Social Work De-partment, University of Sulaimani, Kurdistan Region of Iraq

21.11.2022
Lokale ‚Friedensbildung‘ – Perspektiven sozial- und kulturanthropologischer Friedensforschung
Dr. Philipp Naucke, Institut für Sozialanthropologie und Religionswissenschaft (ISAR), Philipps-Universität Marburg

28.11.2022
Social Work in the Context of War: What We Can Learn from Bosnia and Her-zegovina?
Prof. Dr. Sanela Bašić, University of Sarajevo, Faculty of Political Science, Depart-ment of Social Work

5.12.2022
Menschenrechte als Leitplanken für die Friedensarbeit. Das Beispiel der Su-che nach Verschwundenen in Kolumbien
Stefan Ofteringer, Dipl. Regionalwissenschaftler Lateinamerika, Berater für Men-schenrechte MISEREOR

12.12.2022
Global Citizenship Education als Perspektive für Frieden und Globale Ge-rechtigkeit
Prof. Dr. Hans Karl Peterlini, Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsfor-schung; Universität Klagenfurt

19.12.2022
Bildung – ein Ort epistemischer (und anderer) Gewalt?
Assoz. Prof. Mag. Dr. Claudia Brunner; Zentrum für Friedensforschung und Frie-densbildung; Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung; Universität Klagenfurt

9.1.2023
Kriegsgesellschaftstheorie und ihre Konsequenzen für die Friedensbildung
Prof. i. R. Dr. Volker Kruse, Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie

16.1.2023
Krieg und Soziale Arbeit – Antinomien eines Berufsfeldes
Prof. Dr. Ruth Seifert, Ostbayerische Technische Hochschule (OTH) Regensburg

23.1.2023
Indigenous Peacemaking
Natasha Gourd, Traditional Court, at the Spirit Lake Nation – former Traditional Court Director of the Wodakota; Timothy Connors, Chief Judge; Verna Teller, Chief Jugde of the Pueblo of Isleta Nation

30.1.2023
Friedensarbeit als Element im Studium der Sozialen Arbeit
Assia Bitzan, Universität Tübingen; Prof. Dr. Kristin Sonnenberg, Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe; Maria Mauersberger, Directora Fundación Mujeres en Paz, Colombia
Schlusswort: FG ISA, Prof. Dr. Andrea Schmelz

Alle Vorlesungen finden virtuell statt:

Hintergrund:
Seit dem 24. Februar 2022 erleben wir mit dem Beginn des Überfalls Russlands auf die Ukraine eine bis dahin nicht vorstellbare Steigerung des „Kata-strophischen“ in unserer Zeit. Zum Klimawandel und der noch immer grassierenden Pandemie kommt nun auch noch ein Krieg auf europäischem Boden. Gerade dieser zeigt noch einmal die Fragilität unserer globalisierten Welt und die darin liegenden Interdependenzen; Selbstverständlichkeiten bröckeln weiter und Eindeutigkeiten gehen verloren. Begriffe wie „Zeitenwende“ oder „Epochenbruch“ versuchen das Außergewöhnliche zu beschreiben.
Auch zeigt sich erneut die Vielfalt der Probleme in dieser globalisierten Welt wie in einem Brennglas: Abhängigkeiten von Öl, Gas, Kohle; Lieferketten- und Versorgungsprobleme. Soziale und Globale Ungleichheit wird sich verfestigen und Vulnerable, wie auch im Klimawandel und der Pandemie, sind die „Verliererinnen“.
Es stellen sich angesichts dessen viele Fragen, u.a.:
• Was ist eigentlich Frieden?
• Kann Soziale Arbeit das ignorieren?
• Welche Rolle kann oder soll sie darin spielen?
Hierauf gibt es, wie es in der Ringvorlesung diskutiert wird, eine klare Antwort: Als Menschenrechtsprofession muss Soziale Arbeit Position beziehen und sich zugleich als Akteurin der Friedensbildung verstehen und zudem einen Begriff von Frieden konzipieren. Dabei kann und muss sie vielfältige internationale Erfahrungen im Kontext von „peacebuilding“, in denen sie als Profession schon länger involviert ist, aufarbeiten, reflektieren und weiterdenken.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Fachhochschule Erfurt, Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften
Prof. Dr. phil. Ronald Lutz, E-Mail: lutz@fh-erfurt.de
Susanne Stribrny, E-Mail: stribrny@fh-erfurt.de

Weitere Informationen:
https://www.fh-erfurt.de/veranstaltungen/detailansicht/online-ringvorlesung Zur Veranstaltungswebsite
https://fh-erfurt.webex.com/fh-erfurt/j.php?MTID=mbc878cf72943ea1b669b3fff7134fb…
Direktlink zum Videokonferenzraum

Anhang
ASW_Plakat_Ringvorlesung

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Climate Change Center Berlin Brandenburg: Berliner Kiezstruktur besonders klimafreundlich

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin
Klimafreundlich Städte planen mit Künstlicher Intelligenz
Studie des Climate Change Centers Berlin Brandenburg und der TU Berlin weist nach: Berliner Kiezstruktur besonders klimafreundlich

CO2-Emissionen des motorisierten Individualverkehrs müssen stark gesenkt werden, um Berlins Klimaziele zu erreichen. Ein großes Potenzial zur Einsparung von CO2-Emissionen im Transportsektor liegt in der Veränderung der urbanen Infrastruktur. Das zeigt der neueste Sachstandsbericht des Weltklimarats. Jedoch ist es bisher nicht klar, wie genau die Infrastruktur der Hauptstadt das individuelle Fahrverhalten der Berliner*innen und die damit verbundenen CO2-Emissionen beeinflusst. Wissenschaftler*innen der TU Berlin entwickeln eine KI-gestützte Methode, um den Einfluss der gebauten Umgebung auf den motorisierten Stadtverkehr zu ermitteln und damit Grundlagen für eine klimafreundliche Stadtplanung zu schaffen. Eine Studie mit ersten Ergebnissen ihrer Untersuchungen haben sie soeben in der renommierten Fachzeitschrift „Transportation Research“ veröffentlicht.

Die Studie des neugegründeten Climate Change Centers Berlin Brandenburg (CCC), unterstützt vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC Berlin), zeigt: Vor allem die Ausdehnung der Stadt, aber auch die Entfernung zu lokalen Kiezzentren, können einen großen Einfluss auf die gefahrenen PKW-Wegstrecken und auf die damit einhergehenden CO2-Emissionen haben. So wird deutlich, dass kurze Entfernungen zu Kiezzentren mit kürzeren Autofahrten einhergehen und dass, je weiter man sich vom Stadtzentrum entfernt, Wegstrecken und gekoppelte CO2-Emissionen exponentiell ansteigen. Dies betrifft vor allem Stadtteile im Süd-Osten (Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick) sowie im Süd-Westen (Steglitz-Zehlendorf und Spandau). Außerdem zeigt sich, dass vor allem PKWs aus Stadtteilen mit einkommensschwacher Bevölkerungsstruktur längere PKW-Wegstrecken zurücklegen müssen. Das spreche, so die Wissenschaftler*innen, für Stadtplanungsstrategien, die auf eine Verdichtung der Innenstadt abzielen und gleichzeitig die Peripherien von der Abhängigkeit vom Auto befreien.

3,5 Millionen Autofahrten und hochauflösende Daten zur städtischen Bebauung wurden ausgewertet
Die Autor*innen der Studie haben für ihre Untersuchungen eine für den Kontext der Stadtplanung neu entwickelte KI-Methode verwendet sowie eine Stichprobe von 3,5 Millionen Autofahrten über ein Jahr lang und hochauflösende Daten zur städtischen Bebauung. Die Ergebnisse zeigen, wie KI für klimaschutzrelevante Anwendungen eingesetzt werden kann. Der leitende Autor der Studie, Felix Wagner, Doktorand am MCC, einem An-Institut der TU Berlin, sagt: „Das Potenzial von KI im Bereich der nachhaltigen Stadtplanung liegt darin, dass man stadtübergreifende Dynamiken, wie auch lokale Details in einem Modell berücksichtigen kann.“

Lokale Subzentren sind wichtig für nachhaltige Mobilität in Berlin
Prof. Dr. Felix Creutzig, wissenschaftlicher Koordinator des Climate Change Centers Berlin Brandenburg (CCC) und Koautor der Studie, betont die klimapolitische Bedeutung dieser neuen Methode: „Mit der Auswertung und Anwendung städtischer Big Data-Komponenten können Stadtplaner*innen agil und schnell wünschenswerte Ziele wie die Klimafreundlichkeit einschätzen. Gerade in Zeiten des Personalmangels kann dieser Ansatz effektiv helfen, die Klimaschutzziele bis 2045 zu erreichen.“ Entsprechend treibe das CCC, die Berlin-Brandenburger Klima-Allianz unter Federführung der TU Berlin, mit Unterstützung des MCC Berlin die Entwicklung von klimaschutzrelevanten KI-Anwendungen weiter voran.

Die Ergebnisse zeigen auch, wie wichtig lokale Subzentren für eine nachhaltige Mobilität in Berlin sind. Während die Studie von Felix Wagner einen ersten Ansatz darstellt, soll in weiteren Forschungen der Fokus noch mehr darauf gerichtet werden, den Einfluss zukünftiger Planungsstrategien auf Nachhaltigkeit vorherzusagen. Öffentlich zugängliche Daten auf Portalen wie https://daten.berlin.de/ können helfen, so Felix Creutzig, klimarelevante Stadtplanungsstrategien voranzutreiben. Dies könne die Berliner Senatsverwaltungen und Stadtplaner*innen unterstützen, Entscheidungen zu treffen, die den Klimaschutz stärker berücksichtigen.

http://www.climate-change.center/
http://www.mcc-berlin.net

Veröffentlichung in „Transportation Research“
Wagner, F., Milojevic-Dupont, N., Franken, L., Zekar, A., Thies, B., Koch, N., & Creutzig, F. (2022). Using explainable machine learning to understand how urban form shapes sustainable mobility. In: Transportation Research Part D: Transport and Environment, 111, 103442:
https://doi.org/10.1016/j.trd.2022.103442

Weitere Informationen erteilen Ihnen gern:
Prof. Dr. Felix Creutzig
TU Berlin
Fachgebiet Sustainable Economics of Human Settlements Berlin
E-Mail: creutzig@mcc-berlin.net

Felix Wagner
TU Berlin
Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change
Working group Land Use, Infrastructure and Transport
E-Mail: Wagner@mcc-berlin.net

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Herzinfarkt unter 50? Blutfette beachten und Lipoprotein(a)-Wert bestimmen!

Michael Wichert Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Herzstiftung e.V./Deutsche Stiftung für Herzforschung
Neben den Blutfetten LDL-Cholesterin und Triglyceride ist auch Lipoprotein(a) ein neuartiger Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall. Ein Aktionsbündnis aus Patientenorganisationen sowie Herz- und Gefäßgesellschaften sensibilisiert für die Wichtigkeit von erhöhtem Lp(a) in der Infarktprävention. Aufklärungsaktion zum Weltherztag am 29. September.

Für die Betroffenen ist es ein Schock: Herzinfarkt – und das mit nicht mal 40 Jahren! Im Zuge der routinemäßigen Blutuntersuchung stellt sich bei jüngeren Infarktpatient*innen oftmals heraus, dass der Wert eines bestimmten Blutfetts: Lipoprotein(a), kurz Lp(a), stark erhöht ist. Lp(a) ist ein Cholesterin-Partikel, das dem LDL-Cholesterin (LDL-C/LDL=Low Density Lipoprotein), einem wichtigen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ähnelt. Auch stellt sich meist heraus, dass auch bei Familienangehörigen der Betroffenen bereits im jüngeren Lebensalter Herzinfarkte aufgetreten sind. „Das macht Lp(a) neben LDL-C zu einem weiteren lipidbasierten Marker für kardiovaskuläre Komplikationen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Das gilt besonders bei jüngeren Frauen und Männern und wenn keine klassischen Risikofaktoren vorliegen“, betont Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Ärztinnen und Ärzte müssen in der medizinischen Versorgung von Patient*innen mit Fettstoffwechselstörungen auch das Lp(a) als relativ neuen Risikofaktor auf dem Schirm haben. Aber auch die Bevölkerung muss über Lp(a) und Fettstoffwechselstörungen insgesamt gut informiert sein, um Risiken für Herz und Gefäße rechtzeitig vorzubeugen“, fordert der Herzstiftungs-Vorsitzende gemeinsam mit einem Aktionsbündnis der Deutschen Gesellschaften für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK), für Angiologie (DGA), für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR), zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) sowie der LipidHilfe-Lpa.
Unter dem Motto „Herzinfarkt unter 50? Blutfette beachten, Lp(a)-Wert bestimmen!“ sensibilisiert das Aktionsbündnis Ärzt*innen und die Bevölkerung für die Gefahr von Herzinfarkt und Schlaganfall durch Fettstoffwechselstörungen wie hohe Cholesterin-, Triglycerid- und Lp(a)-Werte und informiert anlässlich des Weltherztags unter www.herzstiftung.de/weltherztag und www.herzstiftung.de/podcast-lipoprotein

Was macht Lp(a) zum bösartigen Blutfett für die Gefäße?
Lp(a) gehört zu den Transportproteinen für Cholesterin, so wie LDL, dem es strukturell ähnelt. An Lp(a) ist zusätzlich ein weiteres Eiweiß, das Apolipoprotein A, kurz Apo(a), gebunden. Dieses Apo(a), kann im Gefäßsystem chronische Entzündungen verursachen und in der Gefäßwand abgelagert werden und so die Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) beschleunigen. Auch hat dieses an Lp(a) gebundene und als „Kringle“ bezeichnete Apo(a) eine prothrombotische Wirkung, indem es zur Bildung von Blutgerinnseln beiträgt. Diese drei bösartigen Eigenschaften von Lp(a) erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen wie Herzinfarkt und Schlaganfall sowie Herzklappenverengungen, darunter die Aortenklappenstenose (5).

Lp(a) meist genetisch bestimmt: Gesamtrisiko rückt in Fokus der Therapie
Die Lp(a)-Konzentration im Blut ist ganz überwiegend (> 90 %) genetisch bestimmt und bleibt somit im Leben weitgehend gleich. Eine Senkung des Lp(a)-Spiegels durch einen gesunden Lebensstil (Sport, Ernährung) und mit Medikamenten ist daher (noch) nicht möglich. Klinische Studien für eine medikamentöse Therapie des Lp(a) laufen derzeit. „Vor diesem Hintergrund ist für Personen mit erhöhtem Lp(a)-Wert umso wichtiger, ihr individuelles kardiovaskuläres Gesamtrisiko zu senken. Vorhandene Risikofaktoren können beispielsweise Rauchen, Bluthochdruck, erhöhtes LDL-Cholesterin und Diabetes mellitus sein. Liegt erhöhtes Lp(a) zusätzlich zu diesen Risikokrankheiten vor, ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen stark erhöht“, warnt Prof. Dr. Bernhard Schwaab, Präsident der DGPR. „Bei erhöhter Lp(a)-Konzentration im Blut sollten Ärzt*innen deshalb Betroffene dazu animieren, generell ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken, indem sie nicht rauchen, sich regelmäßig ausdauernd bewegen, gesund ernähren und Übergewicht vermeiden. Auch sollten sie ihren Blutdruck, Blutzucker und Blutfette wie LDL-C und Triglyceride regelmäßig kontrollieren“, so Schwaab. Dieses Vorgehen gilt ganz besonders auch für Personen mit erhöhtem Lp(a) und Durchblutungsstörungen als Folge der Arteriosklerose wie koronare Herzkrankheit (KHK) oder periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). Nach den Empfehlungen einer Expert*innengruppe der European Atherosclerosis Society (EAS) in einem Konsensus-Statement liegt ein erhöhtes Risiko bei Werten zwischen 30-50 mg/dl oder 75-125 nmol/l vor (1). Nach Expertenangaben weisen bis zu 20 % der Allgemeinbevölkerung erhöhte Lp(a)-Spiegel auf (3).

Jeder soll einmal im Leben seinen Lp(a)-Wert bestimmen lassen
Jede/r Erwachsene sollte einmalig seinen/ihren Lp(a)-Wert mit einem Bluttest bestimmen lassen. Dadurch sollen vor allem Personen mit sehr hohen Lp(a)-Spiegeln (>180 mg/dl bzw. >430 nmol/l) identifiziert werden mit einem vergleichbar hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (4). Die Kosten für den Bluttest tragen in der Regel die Krankenkassen, wenn ein begründeter Verdacht oder ein erbliches Risiko vorliegt. Den einmaligen Bluttest propagieren übereinstimmend die Herzstiftung und ihre Partner im Aktionsbündnis und folgen damit einer Empfehlung der EAS. „Alle Erwachsenen und Familienangehörige von Personen mit Gefäßverkalkungen im mittleren und jüngeren Lebensalter, die beispielsweise an einer koronaren Herzkrankheit leiden oder einen Herzinfarkt erlitten, sollten ihren Lp(a)-Wert im Blut bestimmen lassen“, raten DGPR-Präsident Prof. Schwaab und der Herzstiftungs-Vorsitzende Prof. Voigtländer. „Aufgrund der erblichen Komponente sollten auch die Kinder von Personen mit erhöhtem Lp(a)-Wert einem Blut-Check unterzogen werden“, fügt Dr. Christoph Altmann, Mitinitiator des Aktionsbündnisses und Ehrenvorsitzender des Landesverbands Sachsen der DGPR (LVS/PR) hinzu. Desweiteren ist eine Lp(a)-Bestimmung sinnvoll insbesondere bei folgenden Personen (2):
– bei Patienten mit einer Arteriosklerose vor dem 60. Lebensjahr (Männer)
– bei Patienten mit einer Familiären Hypercholesterinämie (FH)
– bei Patienten, bei denen eine Arteriosklerose oder eine KHK voranschreitet, obwohl der LDL-C-Zielwert medikamentös erreicht ist

Lipoprotein-Apherese (Blutwäsche): Therapieoption für wen?
Die Blutwäsche in Form der Lipoprotein-Apherese kann für eine bestimmte Patientengruppe mit rasch fortschreitenden arteriosklerotischen Erkrankungen (KHK, pVAK) und hohen Lp(a)-Konzentrationen erwogen werden. Die Apherese ist ein der Dialyse ähnliches Verfahren außerhalb des Körpers. Lp(a) und LDL-C werden innerhalb von 1,5 bis 3 Stunden aus dem Blut herausgefiltert. Je nach Lp(a)-Konzentration muss die Apherese wöchentlich oder alle zwei Wochen durchgeführt werden, weil sich rasch die Lp(a)-Werte wieder erhöhen. Für betroffene Patient*innen, die wegen stark erhöhter Lp(a)-Werte einen oder mehrere Infarkte erlitten haben, ist die Apherese derzeit eine Option, den Lp(a)-Wert im Blut immer wieder zu senken und so einen weiteren Infarkt zu vermeiden.

(wi)

Quellen:
(1) Kronenberg F. et al., Lipoprotein(a) in atherosclerotic cardiovascular disease and aortic stenosis: a European Atherosclerosis Society consensus statement, European Heart Journal, ehac361, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac361
(2) DGFF (Lipid-Liga) (Hg.), Lipoprotein(a) – ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Frankfurt a. M. 2022.
(3) Buchmann N. et al., Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 270-6; DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0153
(4) Wienbergen H. et al, Dtsch Arztebl 2021; 118(15): [16]; DOI: 10.3238/PersKardio.2021.04.16.05
(5) Video-Clip „Hohes Lipoprotein(a) – Was tun?“ mit Prof. Dr. Ulrich Laufs
(Leipzig): www.youtube.com/watch?v=5NNo64NMjbY&t=

Service-Tipps:
Unter dem Motto „Herzinfarkt unter 50? Blutfette beachten, Lp(a)-Wert bestimmen!“ bietet das Aktionsbündnis anlässlich des Weltherztags umfangreiche Informationen zum Thema Fettstoffwechselstörungen (hohes Cholesterin) und Lp(a) unter www.herzstiftung.de/weltherztag

Lp(a) im Herzstiftungs-Podcast: Der Podcast „Herzinfarkt-Risiko: Das sollten Sie über Lipoprotein (a) wissen“ mit dem Kardiologen und Lipid-Spezialisten Prof. Dr. Ulrich Laufs (Universitätsklinikum Leipzig) ist abrufbar unter www.herzstiftung.de/podcast-lipoprotein

Ratgeber zum Thema Hohes Cholesterin/Lp(a): Was tun?
Informationen über Ursachen und Folgen hoher Cholesterin-/Lp(a)-Werte sowie zu den aktuellen Therapieempfehlungen finden Betroffene unter www.herzstiftung.de/cholesterin bzw. in der Sprechstunde unter www.herzstiftung.de/lipoprotein-senken

Der kostenfreie Ratgeber „Hohes Cholesterin: Was tun?“ ist unter www.herzstiftung.de/bestellung oder per Tel. unter 069 955128-400 anzufordern.

Den Ratgeber „Lipoprotein(a) – ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ bietet die DGFF (Lipid-Liga) kostenfrei (PDF) unter www.lipid-liga.de/buecher/lipidprotein-a

Video-Clips zu Lp(a)
Patientinnen-Portrait „Herzinfarkt unter 50? Blutfette beachten! Lipoprotein(a) bestimmen!“: Eine Lp(a)-Patientin berichtet eindrücklich über ihren Herzinfarkt mit 30 Jahren, auch Lipid-Experten kommen zu Wort: www.youtube.com/watch?v=gd0926Oo5ng

Experten-Film für Ärzt*innen „Herzinfarkt unter 50? Blutfette beachten! Lipoprotein(a) bestimmen!“ mit Herz- und Gefäßspezialistin Dr. Gesine Dörr (DGA): www.youtube.com/watch?v=e2eCX_QpKNc

Experten-Statements aus dem Aktionsbündnis
Vorstand, Deutsche Gesellschaft für Angiologie (DGA):

„Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) haben ein sehr hohes Risiko für arterielle Gefäßerkrankungen. Erhöhtes LDL-Cholesterin und ein erhöhtes Lipoprotein (a) sind unabhängige, genetisch determinierte Risikofaktoren für das Auftreten von Stenosen im Gefäßsystem. Das frühzeitige Erkennen und die Behandlung dieser Risikofaktoren ist ein essenzieller Bestandteil der Primär- und Sekundärprävention. Die Deutsche Gesellschaft für Angiologie unterstützt daher dieses Aktionsbündnis, um Patienten mit hohem Risiko frühzeitig zu erkennen und eine nachhaltige Behandlung von Fettstoffwechselstörungen zu gewährleisten.“

Dr. med. Anja Vogt, stellv. Vorsitzende, Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga):

„Seine LDL-Cholesterin-, Lp(a)- und Triglyzeridwerte sollte jeder kennen und früh aktiv werden, wenn sie erhöht sind. Denn dann fördern sie Atherosklerose und man riskiert Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen der Beine. Diese schweren Erkrankungen kommen eben oft nicht aus heiterem Himmel. Und da viele Fettstoffwechselstörungen vererbt sind, muss man auch an Verwandte denken. Den Menschen das nahezubringen, ist die Triebfeder der DGFF (Lipid-Liga), beim Aktionsbündnis dabei zu sein.“

Dr. med. Manju Guha, Sprecherin der AG14, Arbeitsgemeinschaft „Präventive und rehabilitative Kardiologie“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung (DGK):

„Herzinfarkte bei Jüngeren sind häufiger als vermutet. Am Bremer Herzzentrum wurde 2015 gezeigt, dass jeder 15. Infarktpatient jünger als 45 Jahre ist. Der Infarkt ist oft schwer, mehr als bei Älteren überleben das erste Jahr nicht, belastend für junge Betroffene ohne klassisches Risikoprofil. Angeborene Störungen, wie ein hoher Lipoprotein(a)-Spiegel (Lp(a)), steigern das Risiko für einen Herzinfarkt. Lp(a) ist ein eigenständiger Risikofaktor und sollte bei jedem einmal im Leben bestimmt werden.“

Weitere Infos zum Thema
Überschüssige Fette im Blut
Grundsätzlich ist Cholesterin kein schädlicher Stoff, sondern sogar lebenswichtig als Baustein für Zellwände sowie als Ausgangsstoff für die Bildung von Gallensäuren und verschiedenen Hormonen. Problematisch wird es, wenn zu viel von der fettähnlichen Substanz im Blut anfällt.

LDL: Das Low Density Lipoprotein (LDL) arbeitet im Körper als Transportvehikel. Es bringt das Blutfett Cholesterin von der Leber (wo Cholesterin zu etwa drei Vierteln hergestellt wird, der Rest wird mit der Nahrung aufgenommen) zu den Organen. Sie nutzen Cholesterin als Baustein, um etwa Hormone oder Vitamin D zu produzieren. Zirkuliert zu viel LDL-Cholesterin im Blut, lagert es sich in den Wänden der Gefäße ab. Dadurch entsteht eine Gefäßverkalkung. Gemeinsam mit anderen Risikofaktoren steigern diese Verkalkungen das Risiko für Durchblutungsstörungen von Organen und schwerwiegende Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Ziel einer Behandlung ist daher in erster Linie, dieses Risiko zu senken und Herzinfarkte und Schlaganfälle zu verhindern. Sind die Werte nur leicht erhöht, reicht häufig bereits eine Umstellung der Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten, um das Risiko deutlich zu senken. Bei stark erhöhten Werten oder wenn Lebensstilmaßnahmen nicht ausreichen, sollte eine medikamentöse Therapie erfolgen. Informationen über aktuelle Therapiemöglichkeiten und -empfehlungen finden Betroffene unter www.herzstiftung.de/cholesterin

Lipoprotein(a): Mit der Nahrung aufgenommene Fette können nicht einfach frei im Blut schwimmen. Sie werden von Lipoproteinen in Empfang genommen und transportiert. Das Lipoprotein(a) ist dem LDL-Cholesterin sehr ähnlich; liegen zu hohe Konzentrationen im Blut vor, führt es zu Gefäß- und Herzklappenerkrankungen. Die Höhe an Lp(a) im Körper ist vererbt. Der Lebensstil hat nur einen minimalen Einfluss. Lp(a) sollte bei jedem Menschen einmal im Leben bestimmt werden, insbesondere bei Familienangehörigen von Personen mit Gefäßverkalkungen in jüngerem Lebensalter. Bei hohem Lp(a) ist eine sorgfältige Senkung aller Risikofaktoren und des LDL-Cholesterins notwendig (Infos: www.herzstiftung.de/podcast-lipoprotein).

HDL: Das High Density Lipoprotein ist ein weiterer für Cholesterin zuständiger Transporter. HDL transportiert Cholesterin zwischen verschiedenen Transportern und der Leber. Nicht jedes HDL hat eine positive Funktion. Daher kann ein hoher HDL-Wert ein hohes LDL nicht wettmachen.

Triglyceride (Neutralfette): Natürlich vorkommende Fette, die mit der Nahrung aufgenommen werden, etwa mit Butter, Fleisch oder Milchprodukten. Was der Körper nicht unmittelbar verwertet, speichert er im Fettgewebe. Erhöhte Triglycerid-Werte begünstigen die Arteriosklerose. Hohe Triglyceride können durch Kalorienreduktion (insbesondere Verzicht auf Alkohol) und Sport günstig beeinflusst werden.

Quelle: Deutsche Herzstiftung (Hg.), Hohes Cholesterin: Was tun?, Frankfurt a. M. 2021

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Pressestelle: Michael Wichert (Ltg.) /Pierre König
Tel. 069 955128-114/-140
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Weitere Informationen:
http://www.herzstiftung.de/weltherztag – Infos zur Herz-Kreislauf-Gesundheit
http://www.herzstiftung.de/podcast-lipoprotein – Podcast zu Lp(a)
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Anhang
PM_DHS_Aktionsbündnis-Weltherztag-Herzinfarkt-unter-50_2022-09-29_Final

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Mehrjährige Blühstreifen in Kombination mit Hecken unterstützen Wildbienen in Agrarlandschaften am besten

Bastian Strauch Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
• Blühzeitpunkte von Blühstreifen und Hecken ergänzen sich gegenseitig und fördern Bienendiversität
• Vivien von Königslöw: „Ergebnisse legen nahe, bevorzugt mehrjährige Blühstreifen statt einjährige Blühstreifen zu pflanzen, denn diese blühen im zweiten Standjahr viel früher als im Jahr der Aussaat und fördern über die Jahre verschiedene Bienengemeinschaften.“

Landwirt*innen sollten ein Netzwerk aus mehrjährigen Blühstreifen in Kombination mit Hecken schaffen, um Wildbienen ein kontinuierliches Blütenangebot zu bieten. Zu dieser Empfehlung kommen die Ökolog*innen Dr. Vivien von Königslöw, Dr. Felix Fornoff und Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein vom Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg nach ihren Untersuchungen in Apfelplantagen in Süddeutschland. Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichten sie im Journal of Applied Ecology.

Weniger Wildbienen wegen Blütenmangel
„In intensiven Agrarlandschaften sind Wildbienen vielfach selten geworden, da meist nur wenige Blüten als Nektar- und Pollenquellen zur Verfügung stehen“, erklärt von Königslöw. „Eine Kombination aus Blühstreifen und Hecken am Rand der Produktionsflächen könnte diesen Mangel an Blüten ausgleichen, denn ihre Blühzeitpunkte ergänzen sich gegenseitig.“

Bienendiversität durch Netzwerk von mehrjährigen Blühstreifen mit blütenreichen Hecken fördern
Das Forschungsteam verglich von 2018 bis 2020 die zeitliche Entwicklung der Blühressourcen und der Wildbienengemeinschaften in mehrjährigen Blühstreifen und Hecken am Rand von 18 konventionellen Apfelplantagen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, bevorzugt mehrjährige Blühstreifen statt einjährige Blühstreifen zu pflanzen, denn diese blühen im zweiten Standjahr viel früher als im Jahr der Aussaat und fördern über die Jahre verschiedene Bienengemeinschaften. Am besten ergänzt man das Blütenangebot mit arten- und blütenreichen Hecken“, so von Königslöw.

In ihrer Studie beobachteten die Freiburger Ökolog*innen, dass die Wildbienen die Hecken hauptsächlich im zeitigen Frühjahr und teilweise auch noch bis in den Juni hinein besuchten. Die Blühstreifen suchten sie im ersten Standjahr hingegen erst von Juni bis August auf, doch ab dem zweiten Jahr bereits schon ab April. Insgesamt betrachtet war die Bienenanzahl und Artenvielfalt in den Blühstreifen höher als in den Hecken.

Faktenbox:
● Alexandra-Maria Klein leitet seit 2013 die Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie an der Universität Freiburg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen bei: Bienen und ihrer Bestäubung von Nutzpflanzen sowie Biodiversitätsförderung in der Agrarlandschaft.
● Klein ist Mitglied der DFG Senatskommissionen für Grundsatzfragen der Genforschung und Grundsatzfragen der Biodiversität und ist in mehreren Beiräten der Landesregierung in Baden-Württemberg tätig.
● Originalpublikation:
von Königslöw, V., Fornoff, F., Klein, A.M. (2022): Temporal complementarity of hedges and flower strips promotes wild bee communities in apple orchards. Journal of Applied Ecology. DOI: 10.1111/1365-2664.14277

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Vivien von Königslöw
Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0163 6151841
E-Mail: vivien.von.koenigsloew@nature.uni-freiburg.de

Weitere Informationen:
https://kommunikation.uni-freiburg.de/pm/2022/mehrjaehrige-bluehstreifen-in-komb…

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Brennstoff aus Treibhausgas

Dr. Karin J. Schmitz Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.
Vereinzelte Goldatome als Katalysator für die selektive Methanisierung von Kohlendioxid

Ein Schritt in Richtung CO2-Neutralität und damit zur Abmilderung des Treibhauseffekts sowie der Energiekrise könnte die Umwandlung von CO2 in Kohlenwasserstoff-basierte Brennstoffe wie Methan sein – angetrieben durch Sonnenlicht. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellt ein chinesisches Forschungsteam einen geeigneten, sehr effektiven Photokatalysator auf Basis vereinzelter Goldatome vor.

Die photokatalytische Umwandlung von CO2 läuft über eine Reihe von Prozessen, bei denen Elektronen übertragen werden. Dabei können verschiedenen Produkten entstehen, u.a. Kohlenmonoxid (CO), Methanol (CH3OH), Methan (CH4) sowie weitere Kohlenwasserstoffe. Acht Elektronen müssen für den Weg von CO2 zu CH4 transferiert werden – mehr als für andere C1-Produkte. Methan als Endprodukt ist zwar thermodynamisch bevorzugt, aber die Konkurrenzreaktion zu CO etwa benötigt nur zwei Elektronen und läuft viel schneller ab, ist also kinetisch bevorzugt. Eine effektive und selektive Methanisierung ist daher besonders herausfordernd.

Das Team um Hefeng Cheng von der Shandong University in Jinan hat jetzt einen praktikablen Ansatz entwickelt, um CO2 mittels Sonnenenergie effizient in Methan zu verwandeln. Schlüssel zum Erfolg ist ein neuartiger Katalysator mit einzelnen Goldatomen. Da Goldatome bei konventionellen Präparationsmethoden aggregieren, entwickelte das Team eine neue Strategie über einen Komplex-Austausch zur Herstellung des Katalysators.

Einzelatom-Katalysatoren verhalten sich aufgrund ihrer besonderen elektronischen Strukturen anders als herkömmliche Metall-Nanopartikel. Auf einem geeigneten Trägermaterial fixiert sind zudem quasi alle einzelnen Atome als katalytisch aktive Zentren zugänglich. Bei diesem neuen Katalysator sind einzelne Goldatome auf einer ultradünnen Zink-Indium-Sulfid-Nanoschicht verankert und mit nur je zwei Schwefelatomen koordiniert. Unter Sonnenlicht zeigte sich der Katalysator sehr aktiv bei einer Methan-Selektivität von 77 %.

Ein Photosensibilisator (ein Ruthenium-Komplex) absorbiert Licht, wird angeregt und nimmt ein Elektron auf, das von einem Elektronen-Donor (Triethanolamin) zur Verfügung gestellt wird, und gibt es an den Katalysator weiter. Die einzelnen Goldatome auf der Oberfläche des Trägermaterials agieren als „Elektronenpumpen“: Sie fangen die Elektronen wesentlich effektiver ein als z.B. Gold-Nanopartikel und übertragen sie dann auf CO2-Moleküle und Intermediate.

Detaillierte Charakterisierungen und Computerberechnungen ergaben, dass der Katalysator die CO2-Moleküle zudem deutlich stärker als Gold-Nanopartikel aktiviert, die angeregte *CO-Zwischenstufe stärker adsorbiert, die Energiebarriere für die Bindung von Wasserstoffionen senkt und die angeregte *CH3-Zwischenstufe stabilisiert. So kann sich bevorzugt CH4 bilden, während die Freisetzung von CO minimiert wird.

Angewandte Chemie: Presseinfo 19/2022
Autor/-in: Hefeng Cheng, Shandong University (China), https://faculty.sdu.edu.cn/chenghefeng/

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Die „Angewandte Chemie“ ist eine Publikation der GDCh.

Originalpublikation:
https://doi.org/10.1002/ange.202209446

Weitere Informationen:
http://presse.angewandte.de

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Mit Metallen gegen Pilzinfektionen

Nathalie Matter Media Relations, Universität Bern
Universität Bern
Eine internationale Kollaboration unter der Leitung von Forschenden der Universität Bern und der University of Queensland in Australien hat gezeigt, dass chemische Verbindungen mit speziellen Metallen hocheffektiv gegen gefährliche Pilzinfektionen sind. Mit diesen Ergebnissen könnten innovative Medikamente entwickelt werden, die gegen resistente Bakterien und Pilze wirksam sind.

Jährlich erkranken über eine Milliarde Menschen an einer Pilzinfektion. Obwohl diese für die meisten Leute harmlos sind, sterben mehr als 1.5 Millionen Patienten und Patientinnen pro Jahr an den Folgen einer solchen Infektion. Während immer mehr Pilzstränge nachgewiesen werden, die gegen eine oder mehrere der verfügbaren Medikamente resistent sind, ist die Entwicklung von neuen Medikamenten in den letzten Jahren fast zum Stillstand gekommen. So laufen heute nur rund ein Dutzend klinische Studien mit neuen Wirkstoffen gegen Pilzinfektionen. «Im Vergleich zu den über tausend Krebsmedikamenten, die zurzeit an Menschen getestet werden, ist dies eine verschwindend kleine Menge», sagt Dr. Angelo Frei vom Departement für Chemie, Biochemie und Pharmazie der Universität Bern, Erstautor der Studie. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift JACS Au publiziert.

Mit Crowd-Sourcing die Antibiotikaforschung ankurbeln
Um die Entwicklung von Pilz- und Bakterienwirkstoffen zu fördern, haben Forschende an der University of Queensland in Australian die Community for Open Antimicrobial Drug Discovery, kurz CO-ADD, gegründet. Das ambitionierte Ziel der Initiative: neue antimikrobielle Wirkstoffe finden, indem Chemikern und Chemikerinnen weltweit angeboten wird, jegliche chemische Verbindungen kostenfrei gegen Bakterien und Pilze zu testen. Wie Frei erklärt, lag der Fokus von CO-ADD anfangs auf «organischen» Molekülen, welche mehrheitlich aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff bestehen und keine Metalle enthalten.

Frei, der mit seiner Forschungsgruppe an der Universität Bern versucht, neue Antibiotika auf der Basis von Metallen zu entwickeln, fand jedoch heraus, dass mehr als 1’000 der über 300’000 von CO-ADD getesteten Verbindungen Metalle enthalten. «Bei den meisten Leuten löst das Wort Metall in Verbindung mit Menschen Unbehagen aus. Die Meinung, dass Metalle für uns grundsätzlich schädlich sind, ist weit verbreitet. Allerdings stimmt dies nur bedingt. Ausschlaggebend ist, welches Metall in welcher Form angewendet wird», sagt Frei, der bei der CO-ADD Datenbank der Verantwortliche für alle Metall-Verbindungen ist.

Geringe Toxizität nachgewiesen
In der neuen Studie konzentrierten sich die Forschenden nun auf die Metallverbindungen, die eine Aktivität gegen Pilzinfektionen zeigten. So wurden 21 hochaktive Metallverbindungen gegen verschiede resistente Pilzstränge getestet. Diese enthalten die Metalle Kobalt, Nickel, Rhodium, Palladium, Silber Europium, Iridium, Platin, Molybdän und Gold. «Viele der Metallverbindungen zeigten gute Aktivität gegen alle Stränge und wirkten bis zu 30’000 mal aktiver gegen Pilze als gegen menschliche Zellen», erklärt Frei. Die aktivsten Verbindungen wurden dann in einem Modellorganismus, den Larven der Wachsmotte, getestet. Dabei konnten die Forschenden beobachten, dass nur eine der elf getesteten Metallverbindungen Anzeichen von Toxizität zeigte, während die anderen von den Larven gut toleriert wurden. Im nächsten Schritt wurden einige Metallverbindungen in einem Infektionsmodell getestet, wobei eine Verbindung effektiv die Pilzinfektion in Larven reduzieren konnte.

Grosses Potenzial für breite Anwendung
Metallverbindungen sind in der Medizin nicht neu: Das platinhaltige Cisplatin ist beispielsweise eines der meistverwendeten Medikamente gegen Krebs. Trotzdem ist es noch ein weiter Weg, bis neue antimikrobielle metallhaltige Medikamente zugelassen werden könnten. «Unsere Hoffnung ist, dass unsere Arbeit den Ruf von Metallen in der medizinischen Anwendung verbessert und andere Forschungsgruppen motiviert, dieses grosse, aber noch relativ unerforschte Feld weiter zu erkunden», so sagt Frei. «Wenn wir das volle Potenzial des Periodensystems ausschöpfen, können wir möglicherweise verhindern, dass wir bald ohne effektive Antibiotika und Wirkstoffe gegen Pilze dastehen.»

Die Studie wurde unter anderen vom Schweizer Nationalfonds als auch vom Wellcome Trust und der University of Queensland unterstützt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Angelo Frei
Departement für Chemie, Biochemie und Pharmazie (DCBP)
Universität Bern
Freiestrasse 3
3012 Bern
Telefon: +41 31 632 88 65
E-Mail: angelo.frei@unibe.ch

Originalpublikation:
Angelo Frei,* Alysha G. Elliott, Alex Kan, Hue Dinh, Stefan Bräse, Alice E. Bruce, Mitchell R. Bruce, Feng Chen, Dhirgam Humaidy, Nicole Jung, A. Paden King, Peter G. Lye, Hanna K. Maliszewska, Ahmed M. Mansour, Dimitris Matiadis, María Paz Muñoz, Tsung-Yu Pai, Shyam Pokhrel, Peter J. Sadler, Marina Sagnou, Michelle Taylor, Justin J. Wilson, Dean Woods, Jo-hannes Zuegg, Wieland Meyer, Amy K. Cain, Matthew A. Cooper, and Mark A. T. Blaskovich*:
Metal Complexes as Antifungals? From a Crowd-Sourced Compound Library to the First In Vivo Experiments JACS Au, 3 May 2022.
DOI: 10.1021/jacsau.2c00308

Weitere Informationen:
https://www.unibe.ch/aktuell/medien/media_relations/medienmitteilungen/2022/medi…

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Medienmitteilung UniBE

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Ammoniak als Wasserstoff-Vektor: Neue integrierte Reaktortechnologie für die Energiewende

Annika Bingmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm
Ammoniak aus grünem Wasserstoff ist ein Energieträger mit hohem wirtschaftlichem Potenzial, der als chemischer Grundstoff, als Schiffstreibstoff oder für die stationäre Stromerzeugung eingesetzt werden kann. Zukünftig wird er in großem Umfang aus Regionen mit hohen Solar- und Windressourcen importiert werden. Im BMBF-geförderten Projekt »PICASO« arbeiten das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, die Universität Ulm und das Fukushima Renewable Energy Research Institute (FREA-AIST) an einem neuartigen Power-to-Ammonia- (PtA) Prozess für die nachhaltige Ammoniaksynthese. Das Verfahren könnte die CO2-Emissionen im Vergleich zum konventionellen Prozess um 95 Prozent senken.

Ammoniak als Wasserstoff-Vektor hat das Potenzial, einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende zu leisten: »Ammoniak kann auch in sonnen- und windreichen, aber abgelegenen Regionen aus grünem Wasserstoff und Stickstoff hergestellt werden – zum Beispiel in der nordafrikanischen Wüste. Für den Transport nach Europa, in der Regel per Schiff, wird der Energieträger verflüssigt. Wir entwickeln dafür eine integrierte Reaktortechnologie mit dynamischen Betriebsstrategien, die den Betrieb mit fluktuierenden erneuerbaren Energiequellen erlaubt«, erläutert Prof. Dr. Christopher Hebling, Bereichsleiter Wasserstofftechnologien am Fraunhofer ISE.

Im Gegensatz zum konventionellen Haber-Bosch-Verfahren erlaubt der PtA-Prozess dank der hohen Reinheit des elektrolysebasierten »grünen« Wasserstoffs den Einsatz von aktiveren Synthesekatalysatoren. Diese können bei niedrigerer Temperatur arbeiten, was die thermodynamisch mögliche Ammoniakausbeute steigert und somit den Betrieb bei niedrigeren Drücken und ohne Rückführung unverbrauchter Edukte ermöglicht. Für das Projekt hat der japanische Partner FREA-AIST einen neuartigen Ruthenium-Katalysator entwickelt, der die Synthese bei deutlich milderen Prozessbedingungen mit Temperaturen unter 400 °C sowie Drücken unter 80 bar ermöglicht. Dieser kann bereits im halbindustriellen Maßstab (TRL > 7) hergestellt werden.

Um die Ausbeute noch weiter zu steigern, untersuchen das Fraunhofer ISE und die Universität Ulm die integrierte Abtrennung von Ammoniak: Die Reaktion und die Abtrennung von Ammoniak laufen in-situ in einem integrierten Reaktor ab. So kann der Betriebsdruck minimiert und die Rückführung von nicht umgesetztem Einsatzgas vermieden werden. »Da die Kompressoren und Wärmetauscher mit einem Anteil von 90 Prozent an den Investitionskosten die größten Kostentreiber bei der konventionellen Ammoniak-Synthese sind, bieten diese Verbesserungen ein enormes Potenzial für die Wirtschaftlichkeit flexibler Ammoniak- Produktionsanlagen, die auch in entlegenen Regionen einsetzbar sind«, so Dr.-Ing. Ouda Salem, Gruppenleiter Power to Liquids am Fraunhofer ISE. Somit ist keine aufwändige Infrastruktur mehr notwendig und die Ammoniakproduktion kann in wesentlich kleineren Maßstäben erfolgen. Damit bietet sich die Möglichkeit, das neuartige PtA-Verfahren für die Nutzung regenerativer Energiequellen auch in abgelegenen Regionen maßzuschneidern. Prof. Dr.-Ing. Robert Güttel, Leiter des Instituts für Chemieingenieurwesen an der Universität Ulm, ergänzt: »Außerdem können wir Wasserstoff und Stickstoff wesentlich besser ausnutzen, wenn keine Rückführung erforderlich ist, so dass wir die stoffliche und energetische Effizienz des gesamten PtA-Prozesses deutlich steigern können.«

Im Projekt soll bereits die Übertragung des neuen PtA-Konzepts vom Labor- in den Technikumsmaßstab realisiert werden. Während an der Universität Ulm der Labormaßstab im Fokus steht, werden am Fraunhofer ISE umfangreiche experimentelle Studien im Technikum durchgeführt. Robert Güttel: »Verknüpft werden die experimentellen Erkenntnisse in beiden Skalen durch detaillierte mathematische Modellierung und Simulation. Damit können wir sogar bereits belastbare Vorhersagen zum Pilotmaßstab treffen und die Implementierung des integrierten Reaktorkonzepts beschleunigen.«
Neben der technischen Demonstration wollen die Partner auch nachweisen, dass der neuartige, flexible PtA-Prozess wirtschaftlich mit dem konventionellen Verfahren wettbewerbsfähig ist.

Disruptives Verfahren mit hohem Einsparpotenzial
»Im Erfolgsfall wird der PICASO-Ansatz eine disruptive Technologie sein, die einen konventionellen fossilen Prozess ersetzt und damit den CO2-Ausstoss um bis zu 95 Prozent reduziert«, so Ouda Salem. Eine simulative Analyse des PICASO-Prozesses hat zudem ein Energieeinsparungspotenzial von 50 Prozent gegenüber dem konventionellen Haber-Bosch-Prozess ergeben. Ein konkretes Ziel für ein Folgeprojekt ist die Hochskalierung des integrierten Reaktors auf Demonstrationsniveau und dessen Erprobung in einer Pilotanlage am Standort der assoziierter Partner FREA-AIST in Fukushima. Darüber hinaus entwickeln die Forschenden spezifische dynamische Untersuchungen und Betriebsstrategien, um Schnittstellenanforderungen zwischen den Elektrolyseuren und der Syntheseanlage zu identifizieren. Mit dem erfolgreichen Abschluss dieser Projektphasen liegen die grundlegenden Engineering-Daten für eine industrielle Referenzanlage vor. Die PICASO-Partner werden diese Phasen mit FuE-Dienstleistungen und eigenen Patenten zu Katalysator- und Reaktorentwicklungen begleiten, um die komplette Technologie an die chemische und verfahrenstechnische Industrie zu lizenzieren.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt PICASO (Process Intensification & Advanced Catalysis for Ammonia Sustainable Optimized process) startete am 1. August 2022.

Text: Fraunhofer ISE/Uni Ulm

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Universität Ulm: Prof. Dr.-Ing. Robert Güttel: Tel. 0731 50-25700, robert.guettel@uni-ulm.de

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Forschung für Energiewende und Kreislaufwirtschaft

Gabriele Ebel M.A. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit / Public Relations
Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme Magdeburg
Internationales Symposium zu Elektroden für Elektrolyse und Brennstoffzellen in Magdeburg ausgerichtet

Forscherinnen und Forscher aus den Bereichen Materialwissenschaften, Elektrochemie und Verfahrenstechnik haben sich vom 5. bis 7. September 2022 in Magdeburg zum zweiten Mal nach 2019 zum internationalen Symposium zu „Insights into Gas Diffusion Electrodes“ ge-troffen. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme Magdeburg und der TU Clausthal im Rahmen der DFG-Forschungsgruppe 2397 „Multiskalen-Analyse komplexer Dreiphasensysteme“.

Gasdiffusionselektroden sind komplex aufgebaute Funktionsmaterialien, die in verschiedenen tech-nisch bedeutsamen elektrochemischen Prozessen wie Elektrolyseverfahren und Brennstoffzellen verwendet werden. Gerade im Hinblick auf die Herausforderungen der Energiewende, aber auch zur Elektrifizierung von chemischen Prozessen, beispielsweise durch direkte Nutzung von CO2 als Roh-stoff, ist die Weiterentwicklung dieser Materialien von großer Bedeutung.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert seit 2016 eine Forschungsgruppe zur „Mul-tiskalen-Analyse komplexer Dreiphasensysteme“. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler möchten durch Experimente und Simulationen neue Einblicke in die komplexen Abläufe innerhalb von Gasdiffusionselektroden gewinnen. Schwerpunkt der Arbeiten in der zweiten Projektphase ist die elektrochemische Umwandlung von CO2 zu CO als wichtiges Wertprodukt für die chemische In-dustrie. Am Projekt sind Ingo Manke vom Helmholtz-Zentrum Berlin, Ulrich Nieken von der Universi-tät Stuttgart, Christina Roth von der Universität Bayreuth, Wolfgang Schuhmann von der Ruhr-Universität Bochum und Tanja Vidaković-Koch vom Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer tech-nischer Systeme in Magdeburg beteiligt. Koordiniert wird die Gruppe von Thomas Turek (TU Claust-hal, Sprecher) und Ulrike Krewer (Karlsruher Institut für Technologie, stellvertretende Sprecherin).

100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 11 Nationen sowie Vertreter und Sprecher aus verschiedenen Industrieunternehmen, unter anderem DE NORA, Elogen, Avantium, SGL Carbon und Johnson Matthey, trafen sich vom 5. bis 7. September 2022 in Magdeburg und diskutierten die neuesten Entwicklungen im Bereich der Gasdiffusionselektroden in Fachvorträgen und Posterbei-trägen. Im Rahmen des Symposiums im Veranstaltungszentrum Johanniskirche wurden drei Poster-preise für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler vergeben.

Das Symposium wurde federführend von Tanja Vidaković-Koch (Magdeburg) und Thomas Turek (TU Clausthal) organisiert. Die Veranstaltung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), der International Society of Electrochemistry (ISE) und der Covestro AG gefördert.

Weitere Informationen:
https://www.mpi-magdeburg.mpg.de/2022-09-21-pm-gde-symposium
https://www.mpi-magdeburg.mpg.de/gde2022

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Passagierflugzeuge: Sicher und effizient

Andrea Mayer-Grenu Abteilung Hochschulkommunikation
Universität Stuttgart
DFG-Forschungsgruppe 2895 misst im kryogenen Windkanal erstmals detailliert den Druck auf Flügel und Leitwerk.

Im Kampf gegen den Klimawandel arbeitet die Flugbranche intensiv an der Senkung ihres fossilen Energieverbrauchs. Neben alternativen Treibstoffkonzepten suchen die Hersteller nach Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung. Dafür müssen Flugzeuge künftig unabhängig von der Antriebsart bereits in der Entwurfsphase besser auf zu erwartende Lasten im Reiseflug oder auch in Extremsituationen ausgerichtet werden. Genau dies ist das Ziel der DFG-Forschungsgruppe 2895 an der Universität Stuttgart: Die Forschenden wollen die physikalischen Phänomene bei der Flugzeugumströmung besser verstehen und konnten jetzt beeindruckende Messergebnisse vorlegen.

Die Gruppe mit dem Namen „Erforschung instationärer Phänomene und Wechselwirkungen beim High-Speed Stall“ (Sprecher Dr. Thorsten Lutz, Institut für Aerodynamik und Gasdynamik, IAG) umfasst in sieben Teilprojekten Wissenschaftler*innen an vier deutschen Universitäten sowie am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und wird von der Forschungsgemeinschaft DFG gefördert. Die Federführung liegt in Händen des IAG der Universität Stuttgart, das zudem zwei der wissenschaftlichen Teilprojekte bearbeitet. Dabei nutzen die Wissenschaftler*innen Windkanaldaten aus aufwändigen Experimenten im Europäischen Transsonischen Windkanal (ETW) in Köln, um in Verbindung mit modernsten numerischen Simulationsmethoden Einblicke in die physikalischen Prozesse im Flügelnachlauf zu bekommen.

Nur solche bei großer Kälte und bei Überdruck betriebenen sogenannten kryogenen Windkanäle sind in der Lage, Flugbedingungen aus dem realen Betrieb an Modellen nachzubilden. Hierzu wird ein aus Spezialstahl hergestelltes und mit Messtechnik vollgepacktes Flugzeugmodell in eine auf bis zu -160°C heruntergekühlte Umgebung eingebracht. Ein starker Kompressor erzeugt eine Anströmung bis 800 km/h und bildet die Bedingungen im Reiseflug knapp unterhalb der Schallgeschwindigkeit nach. Der Betrieb der Anlage ist teuer und jede Sekunde zählt. Um die Zeit im Kanal optimal zu nutzen, wird daher jeder Aspekt einer solchen mehrtägigen Messkampagne vorab monatelang akribisch geplant und optimiert. Die ersten Messreihen fanden Ende 2020 und 2021 statt.

Messungen mit Hochgeschwindigkeitskameras
In den aktuellen Messreihen gelang es Wissenschaftler*innen des DLR nun erstmals, den Druck auf dem gesamten Flügel und auf dem Leitwerk zu messen. Hierfür beschichteten sie die Oberflächen mit einem druckempfindlichen Lack und nutzten Hochgeschwindigkeitskameras, die bis zu 2.000 Fotos pro Sekunde aufnehmen. Eigens geschriebene Bildverarbeitungsalgorithmen erlauben es, die Bilder in Druckinformationen umzurechnen. „Solche fein aufgelösten Informationen sind für die Aerodynamiker Gold wert“, betont Koordinator Dr. Thorsten Lutz. „Damit lassen sich kleinste Schwankungen der Druckverhältnisse am Flügel erfassen und wir verstehen, ab welchen Flugzuständen diese zu einer Größe anwachsen, die im Flugzeug Vibrationen und unerwünschte Lasten erzeugt.“

Die Umströmung ist jedoch nicht nur an der Oberfläche von Bedeutung, sondern zum Beispiel auch am Flügelnachlauf, also in dem turbulenten Bereich hinter dem Flügel. Treffen die dort vorkommenden chaotisch schwankenden Luftteilchen auf das hinten liegende Leitwerk, führt dies zu unerwünschten Vibrationen, die sich negativ auf die Lebensdauer der Teile auswirken können. Die Bewegung der Luft ist aber mit bloßen Auge nicht erkennbar. Konstrukteure legen das Flugzeug und seine Steuerung daher so aus, dass diese Wechselwirkung möglichst vermieden wird.

Was passiert, wenn dies in einer Extremsituation doch auftritt, machten die Forschenden mittels Lasertechnik sicht- und messbar. Bei der sogenannten der PIV (Particle Image Velocimetry) Methode werden kleinste Eiskristalle in die Strömung gegeben, die von einem Laser beleuchtet und mit einer extrem schnellen Kamera fotografiert werden. Dies offenbart die Bewegung der Luftteilchen durch das turbulente Strömungsgebiet und gibt den Forschern Aufschlüsse über die dadurch verursachten Kräfte auf das Flugzeug. „Damit können wir in einer Detailtiefe in die Umströmung eines Verkehrsflugzeugs blicken, von der wir bisher nur träumen konnten”, konstatiert Lutz. „Durch die Analyse dieser Daten verstehen wir viel besser, was passiert, wenn das Flugzeug zum Beispiel von einer starken Böe erfasst wird.”

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Thorsten Lutz, Universität Stuttgart, Institut für Aerodynamik und Gasdynamik, Tel.: +49 711 685 63406, E-Mail lutz@iag.uni-stuttgart.de

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Kein erhöhtes Schlaganfallrisiko durch die Impfung gegen SARS-CoV-2

Dr. Bettina Albers Pressestelle der DGN
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
Neue Studien zeigen: Es gibt kein erhöhtes Schlaganfallrisiko nach Impfung gegen SARS-CoV-2 [1, 2]. Beide Erhebungen hatten sehr große Kohorten ausgewertet und kamen zu dem gleichen Ergebnis. Des Weiteren gibt es erste Daten, die sogar auf einen Schutz der Impfung vor Schlaganfällen während einer COVID-19-Erkrankung hindeuten: Bei Infektion mit SARS-CoV-2 hatten geimpfte Menschen nicht einmal ein halb so hohes Risiko wie ungeimpfte, einen Schlaganfall zu erleiden [4].

Ende März letzten Jahres wurde eine schwere, wenn auch seltene Nebenwirkung nach COVID-19-Impfung mit Vektor-basierten Vakzinen beobachtet: Impfassoziiert traten vor allem bei jüngeren Frauen Sinus- und Hirnvenenthrombosen auf, es kam zu Todesfällen. Bei Impfung mit mRNA-Vakzinen wurde diese unerwünschte Nebenwirkung nicht beobachtet, zumindest nicht in einer Häufigkeit, die einen Zusammenhang vermuten ließ. Der Vektor-basierte Impfstoff ChAdOx1 (AstraZeneca) wurde daraufhin nicht mehr jungen Frauen verabreicht, außerdem wurden Geimpfte für das Leitsymptom Kopfschmerzen nach Impfung sensibilisiert und Ärztinnen und Ärzte auf das Phänomen der Bildung von anti-PF4-Antikörpern hingewiesen. Der Nachweis dieser Antikörper kann Betroffene identifizieren, bevor klinische Symptome von Sinus- und Hirnvenenthrombosen auftreten, und erlaubt somit eine frühzeitige Therapie und Prävention dieser seltenen Komplikation.
Es wurde aber auch ein leicht erhöhtes Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle (sogenannte Hirnblutungen) nach Impfung mit einem mRNA-Vakzin beschrieben. Eine im Oktober 2021 in „Nature Medicine“ publizierte Auswertung [3] zeigte diesbezüglich ein erhöhtes Risiko an den Tagen 1-7 und den Tagen 15-21 nach Impfung mit BNT162b2 (IRR: 1,27 und 1.38). Seitdem haftet allen Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 das Stigma an, sie könnten Schlaganfälle auslösen, eine Sorge, die verständlicherweise zu Ängsten führt und zur Impfskepsis beiträgt. Doch zwei aktuelle Studien zeigen nun, dass die Impfung gegen SARS-CoV-2 nicht mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko einhergeht.

In einem in „Neurology“ publizierten, systematischen Review [1] wurden zwei randomisierte Studien, drei Kohortenstudien und elf Register-basierte Studien ausgewertet. Insgesamt wurden 17.481 Fälle ischämischer Schlaganfälle erfasst – bei einer Gesamtzahl von 782.989.363 Impfungen. Die Schlaganfallrate betrug insgesamt 4,7 Fälle pro 100.000 Impfungen. Nur bei 3,1% der Schlaganfälle in Folge einer SARS-CoV-2-Impfung lag eine thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) zugrunde. Wie die Autorinnen und Autoren schlussfolgern, ist damit die Schlaganfallrate nach Impfung mit der in der Allgemeinbevölkerung vergleichbar – und die TTP, die zu Sinus- und Hirnvenenthrombosen führte, zumindest nach den Vorkehrungen, die getroffen wurden, eine sehr seltene Komplikation. Des Weiteren betonen sie, dass die Schlaganfallrate bei SARS-CoV-2-infizierten Menschen hingegen deutlich höher liegt.

Bei der zweiten Studie handelt es sich um eine aktuelle Auswertung des „French National Health Data System“ (Système National des Données de Santé [SNDS]) [2]. Untersucht wurde, wie häufig nach erster und zweiter Gabe von Vakzinen gegen SARS-CoV-2 bei Menschen im Alter von 18 bis 75 Jahren kardiovaskuläre Ereignisse (Myokardinfarkte, Lungenembolien oder Schlaganfälle) auftraten. Insgesamt waren 73.325 Ereignisse dokumentiert worden, bei 37 Millionen geimpften Personen. Im Ergebnis zeigte die Studie, dass es keine Assoziation zwischen mRNA-Impfstoffen und dem Auftreten dieser schweren kardiovaskulären Komplikationen gab. Die erste Dosis des Vektor-basierten Impfstoffs ChAdOx1 war in Woche 2 nach der Impfung mit einer erhöhten Rate an Myokardinfarkten und Lungenembolien vergesellschaftet (RI: 1,29 und 1,41), auch beim Impfstoff von Janssen-Cilag konnte eine Assoziation mit dem Auftreten von Myokardinfarkten in Woche 2 nach Vakzinierung nicht ausgeschlossen werden. In Bezug auf die Schlaganfallrate ergab die Auswertung aber für keinen der Impfstoffe ein höheres Risiko.

DGN-Generalsekretär Professor Dr. Peter Berlit schlussfolgert: „Die vorliegenden Daten zeigen zumindest für die mRNA-Impfstoffe keinerlei Sicherheitssignale in Bezug auf ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Die Tatsache, dass beide Erhebungen sehr große Kohorten auswertet haben und beide zum gleichen Ergebnis kommen, gibt uns zusätzliche Sicherheit: mRNA-Vakzine gegen SARS-CoV-2 erhöhen nicht das Schlaganfallrisiko, die Sorge davor sollte also Menschen nicht davon abhalten, sich impfen zu lassen.“

Ganz im Gegenteil: Der Experte betont, dass die SARS-CoV-2-Infektion mit einer höheren Schlaganfallrate einhergeht und die Impfung somit vor Schlaganfällen schütze. Das zeigte jüngst eine koreanische Studie [4]: Von 592.719 SARS-CoV-2-positiven Patientinnen und Patienten im Studienzeitraum (von Juli 2020 und Dezember 2021) wurden 231.037 in die Studie eingeschlossen. 62.727 waren ungeimpft, 168.310 vollständig geimpft (zwei Dosen eines mRNA- oder Vektorimpfstoffs), sie hatten sich aber trotzdem mit Corona infiziert. Die geimpften Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer waren älter und wiesen mehr Komorbiditäten auf. Dennoch waren schwere oder gar kritische COVID-19-Verläufe in dieser Gruppe seltener ebenso wie die Rate an Folgeerkrankungen. Das adjustierte Risiko betrug für den ischämischen Schlaganfall 0,40 bei den geimpften Teilnehmern, was bedeutet, dass die Impfung das Schlaganfallrisiko im Vergleich zur Gruppe der ungeimpftem Studienteilnehmer mehr als halbierte.

Literatur
[1] Stefanou MI, Palaiodimou L, Aguiar de Sousa D, Theodorou A, Bakola E, Katsaros DE, Halvatsiotis P, Tzavellas E, Naska A, Coutinho JM, Sandset EC, Giamarellos-Bourboulis EJ, Tsivgoulis G. Acute Arterial Ischemic Stroke Following COVID-19 Vaccination: A Systematic Review and Meta-analysis. Neurology. 2022 Aug 24:10.1212/WNL.0000000000200996. doi: 10.1212/WNL.0000000000200996. Epub ahead of print. PMID: 36002319.

[2] Botton J, Jabagi MJ, Bertrand M, Baricault B, Drouin J, Le Vu S, Weill A, Farrington P, Zureik M, Dray-Spira R. Risk for Myocardial Infarction, Stroke, and Pulmonary Embolism Following COVID-19 Vaccines in Adults Younger Than 75 Years in France. Ann Intern Med. 2022 Aug 23. doi: 10.7326/M22-0988. Epub ahead of print. PMID: 35994748.

[3] Patone, M., Handunnetthi, L., Saatci, D. et al. Neurological complications after first dose of COVID-19 vaccines and SARS-CoV-2 infection. Nat Med 27, 2144–2153 (2021). https://doi.org/10.1038/s41591-021-01556-7

[4] Kim YE, Huh K, Park YJ et al. Association Between Vaccination and Acute Myocardial Infarction and Ischemic Stroke After COVID-19 Infection. JAMA. 2022 Jul 22. https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2794753

Pressekontakt
Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
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Pressesprecher: Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen
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Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
sieht sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren fast 11.000 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern und zu verbessern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org

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Stellvertretender Präsident: Prof. Dr. Lars Timmermann
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Neues Zentrum für Mikrobenforschung in Marburg

Dr. Virginia Geisel Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie
Das „Zukunftszentrum Mikrokosmos Erde“ adressiert aktuelle Fragen der Umwelt- und Klimamikrobiologie

Das Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie und die Philipps-Universität in Marburg eröffneten am Freitag, den 16. September 2022 das neu geschaffene „Zukunftszentrum Mikrokosmos Erde“ auf dem Campus Lahnberge. Zahlreiche Ehrengäste, darunter die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst Angela Dorn, gratulierten zum Start. Das Projekt hat eine geplante Laufzeit von zunächst sieben Jahren und wird vom Land Hessen mit 6,8 Mio. Euro gefördert.

Mikroorganismen und das globale Klima sind miteinander untrennbar verbunden. Damit ist das genaue Verständnis der Netzwerke mikrobieller Stoffkreisläufe – vom Kleinsten bis in die globalen Maßstäbe – ein wichtiger Schlüssel zur Lösung vieler drängender Fragen unserer Zeit.

Das neue Forschungszentrum (Microcosm Earth Center, MEC) entsteht mit Unterstützung des Landes Hessen, des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst (HMWK) und der Max-Planck-Gesellschaft. Als gemeinsames Projekt des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie (MPI-TM) und der Philipps-Universität Marburg (UMR) widmet es sich dem ebenso hochaktuellen wie breit gefächerten Themengebiet Umwelt- und Klimamikrobiologie.

Zur Eröffnung am 16. September im Hörsaal des Max-Planck-Instituts begrüßten Prof. Dr. Tobias Erb, Direktor am MPI und Mit-Initiator des Projektes, sowie der Präsident der UMR, Prof. Dr. Thomas Nauss, ca. 50 geladene Ehrengäste aus Politik, Hochschule, Kuratorium, Industrie und Wissenschaft. Anschließend sprachen Ministerin Angela Dorn sowie Dr. Michael Kopatz, Stadtrat der Universitätsstadt Marburg.

„Das Forschungsfeld der Mikrobiologie entwickelt sich rasant und ist eine Schlüsselwissenschaft des 21. Jahrhunderts für Umwelt, Klima und Gesundheit. Mit dem Zukunftszentrum Mikrokosmos Erde entwickeln wir neue Themen und Talente zwischen der Max-Planck-Gesellschaft und der Philipps-Universität Marburg, die wir zur wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Standortentwicklung, aber auch zur Vorbereitung der nächsten Exzellenzinitiative brauchen“, so Wissenschaftsministerin Angela Dorn. „Ein entscheidender Schlüssel dazu ist die frühzeitige Gewinnung internationaler Forschender – vor allem von Frauen. Ich freue mich, dass wir als Land Hessen tatkräftig zum Aufbau des Zukunftszentrums beitragen konnten; es ist aus dem Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) hervorgegangen – ehemals von unserem Forschungsförderprogramm LOEWE gefördert, zudem unterstützen wir das Zentrum mit 6,8 Millionen Euro. Ich wünsche den Forschenden viel Erfolg bei ihrer zukunftsweisenden Arbeit!“

Prof. Dr. Paul Schulze-Lefert vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln erläuterte in seinem Vortrag, wie Pflanzen durch ihre Mikrobiome geschützt werden. Danach gewährten die ersten Mitglieder des Zentrums spannende Einblicke in Ihre Forschung.
Das Zukunftszentrum wird insgesamt drei Forschungsgruppen umfassen. Dr. Judith Klatt analysiert am MEC mikrobielle Prozesse in einem breiten Spektrum an Umgebungen wie kontaminierten Böden, hydrothermalen Quellen oder Seen. Dabei ergänzt sie Online-Messungen direkt in der Umwelt durch klassische biochemische Forschungen. Dr. Julia Kurth leitet ebenfalls eine Forschungsgruppe am MEC: Sie erkundet unter anderem, wie unlängst entdeckte methanbildende Mikroben zur weltweiten Bilanz dieses wichtigen Treibhausgases beitragen.

Ergänzt werden die Forschungsgruppen durch sechs „Fellows“, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern aus bestehenden Gruppen an der UMR und dem MPI-TM. Sie erhalten für einen Zeitraum von sechs Monaten eine Finanzierung für die Weiterentwicklung ihrer Projekte.

Dabei kommt der Interdisziplinarität ein besonderer Stellenwert zu, wie Universitäts-Präsident Thomas Nauss betont: „Seit Jahren kooperieren am Campus Lahnberge die Philipps-Universität und das MPI sehr erfolgreich miteinander, wovon vor allem das Zentrum SYNMIKRO zeugt. Im Zukunftszentrum erhalten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler die Möglichkeit, innovative Forschung zu betreiben. Damit stärkt es die Interdisziplinarität der Marburger Biowissenschaften und intensiviert die Zusammenarbeit der beteiligten Partner.“

Für die Durchführung der Arbeiten steht den Forschenden die Infrastruktur beider Institutionen zur Verfügung, die u.a. Proteomics, Metabolomics, Hochleistungsmikroskopie, DNA-Synthese & -Sequenzierung, Robotik, Strukturbiologie, Cryo-EM sowie Gewächshäuser umfasst.

Prof. Dr. Tobias Erb, Direktor am Max-Planck- Institut und Sprecher des Zentrums, sagt: „Das genaue Verständnis und der gezielte Einsatz von Mikroorganismen wird eine Schlüsselrolle in einer nachhaltigen Agrar-, Umwelt-, Klima- und Gesundheitspolitik spielen. Wir freuen uns, herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begrüßen zu dürfen. Sie forschen über die Grenzen der traditionellen Disziplinen hinweg und eröffnen damit neue Wege im Bereich der Umwelt- und Klimamikrobiologie.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Tobias Erb
toerb@mpi-marburg.mpg.de

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Wie sicher ist der Verbands- und Vereinssport?

Sabine Maas Presse und Kommunikation
Deutsche Sporthochschule Köln
Mit über 4.300 befragten Vereinsmitgliedern und rund 300 beteiligten Sportverbänden stellt die SicherImSport-Studie die bislang größte Studie zu Gewalterfahrungen im organisierten Sport in Deutschland dar. Erste Ergebnisse des Projektes SicherImSport wurden bereits im Herbst 2021 veröffentlicht. Nun legt der Forschungsverbund der Deutschen Sporthochschule Köln, des Universitätsklinikums Ulm und der Bergischen Universität Wuppertal bei einer Fachtagung im Deutschen Sport & Olympia Museum in Köln den Abschlussbericht vor.

Die Studie zeigt, dass Gewalterfahrungen im Sport keine Einzelfälle sind. Psychische Gewalt, in Form von Erniedrigungen, Bedrohungen oder Beschimpfungen, wurde am häufigsten von den befragten Vereinsmitgliedern angegeben – 63% der Befragten berichten, dies bereits im Kontext des Vereinssports mindestens einmal erlebt zu haben, meistens häufiger. Zudem gab ein Viertel der Befragten an, sexualisierte Belästigungen oder Grenzverletzungen ohne Körperkontakt im Vereinssport erlebt zu haben. Ein Fünftel der befragten Vereinsmitglieder berichtete gar von sexualisierter Gewalt mit Körperkontakt (z.B. in Form von unerwünschten sexuellen Berührungen oder sexuellen Übergriffen). Jedoch: Auch wenn Vereinsmitglieder angeben, solche negativen und missbräuchlichen Erfahrungen im Kontext des Vereins gemacht zu haben, geben neun von zehn betroffenen Personen an, allgemein gute bis sehr gute Erfahrungen mit dem Vereinssport zu haben. Die generelle Beurteilung des Vereinssports fällt somit auch beim Vorliegen von Belästigungs- oder Gewalterfahrungen überwiegend positiv aus.

Zudem zeigt die Studie, dass die betroffenen Vereinsmitglieder auch außerhalb des Sports in ähnlichem Ausmaß Gewalt erleben; sexualisierte Grenzverletzungen, Belästigung und Gewalt mit und ohne Körperkontakt werden sogar außerhalb des Sportkontextes häufiger als innerhalb des Sportkontextes von den Vereinsmitgliedern erlebt. Die Studie belegt somit, dass interpersonelle und sexualisierte Gewalt gesamtgesellschaftliche Probleme darstellen, die auch den Sport betreffen.

„Kein Verein kann sich darauf berufen, dass es sich um Einzelfälle handelt“
PD Dr. Marc Allroggen vom Universitätsklinikum Ulm zieht das Fazit: „Mit dem Vorliegen der Befunde wird sich kein Verein darauf berufen können, dass es sich um Einzelfälle handelt und nur wenige Vereine betroffen sind.“ Zudem zeigen die Daten, dass es sich nicht überwiegend um „vergangene Fälle“ handelt. Im Gegenteil: Jüngere Personen (bis 30 Jahre alt) berichten in der Befragung deutlich häufiger von Gewalterfahrungen im Sportverein als ältere Mitglieder (über 30 Jahre alt). Zudem sind Vereinsmitglieder mit einem höheren sportlichen Leistungsniveau (z.B. Teilnahme an nationalen und internationalen Wettkämpfen) und solche mit längeren Trainingszeiten eher stärker als Vereinsmitglieder im Freizeitsport von Gewalt betroffen. Auch Mädchen und Frauen sowie Vereinsmitglieder mit nicht-heterosexueller Orientierung berichten häufiger von solchen negativen Erfahrungen.

Risikoanalysen und Schutzkonzepte sind für alle Sportvereine erforderlich
„Alle Vereine sind somit gut beraten, zielgruppenspezifische Risikoanalysen durchzuführen und eigene Schutzkonzepte zu entwickeln“, so heißt es im Fazit der Studie. Dass die Stadt- und Kreissportbünde sowie Landesfachverbände bereits verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht haben, um die Sportvereine vor Ort beim Schutz vor Gewalt zu unterstützen, belegen die Ergebnisse der Studie SicherImSport ebenfalls. Dabei haben besonders die Landessportbünde eine wichtige Orientierungs- und Beratungsfunktion für die Mitgliedsverbände in den untersuchten Bundesländern und benötigen zugleich noch mehr Ressourcen, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. Rund 60% der befragten Verbände auf der mittleren und regionalen Organisationsebene des Sportsystems in Deutschland wünschen sich mehr Unterstützung bei der Beratung zum Umgang mit Verdachtsfällen oder konkreten Vorfällen von Gewalt und suchen hier insbesondere bei den Landessportbünden Unterstützung. Rund die Hälfte der befragten Stadt- und Kreissportbünde sowie Landesfachverbände geben zudem an, dass sie mehr Unterstützung bei der Durchführung von Risikoanalysen und der Entwicklung von Schutzkonzepten benötigen.

Gut sichtbare Anlaufstellen für Betroffene im Sport wichtig
Die Studie SicherImSport zeigt außerdem, dass Betroffene von Gewalt im Sport nur selten über ihre Erfahrungen berichten, und nur selten Unterstützung bei den Sportvereinen oder -verbänden suchen. Vor diesem Hintergrund ist es besonders bedenklich, dass nach den Ergebnissen der Studie nur die Hälfte der befragten Sportverbände über nach außen sichtbare Kontaktmöglichkeiten für Betroffene (z.B. auf ihren Websites) verfügt. Prof. Dr. Bettina Rulofs von der Deutschen Sporthochschule resümiert: „Anlaufstellen für Betroffene im Sport sind wichtig. Der organisierte Vereins- und Verbandsport sollte dringend nach geeigneten Wegen suchen, wie er proaktiv und gut sichtbar, auf diejenigen zugehen kann, die Rat und Unterstützung bei Gewalterfahrungen benötigen.“

Das Forschungsprojekt SicherImSport wird mit Mitteln des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen gefördert. Zehn weitere Landessportbünde beteiligten sich an der Finanzierung der einzelnen Teilprojekte. Die Projektleitungen liegen bei Prof. Dr. Bettina Rulofs an der Deutschen Sporthochschule Köln (zuvor: Bergische Universität Wuppertal) sowie bei PD Dr. Marc Allroggen am Universitätsklinikum Ulm.

Den Bericht zum Projekt gibt es hier: https://www.dshs-koeln.de/aktuelles/meldungen-pressemitteilungen/detail/meldung/…

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Bettina Rulofs: https://www.dshs-koeln.de/visitenkarte/person/univ-prof-dr-bettina-rulofs/
PD Dr. Marc Allroggen: https://www.uniklinik-ulm.de/kinder-und-jugendpsychiatriepsychotherapie/team/dr-…

Originalpublikation:
https://www.dshs-koeln.de/fileadmin/redaktion/Aktuelles/Meldungen_und_Pressemitt…

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Warum versiegt das kostbare Nass?

Stephan Laudien Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Hydrologin von der Friedrich-Schiller-Universität Jena erforscht im internationalen Forschungsverbund DRYvER das Phänomen trockenfallender Flusssysteme.

Wasser ist Leben, diese simple Weisheit wird schon im Kindergarten vermittelt. Was aber geschieht, wenn das Wasser versiegt? Im Hitzesommer 2022 schafften es sinkende Pegel, eingestellte Fähren und ein zunehmend gestörter Warentransport über Schifffahrtswege immer häufiger in die Nachrichten. Eine Situation, die kaum noch Ausnahme, sondern eher Regel geworden ist, wie Dr. Annika Künne von der Friedrich-Schiller-Universität Jena konstatiert. Die Hydrologin arbeitet im internationalen Forschungsprojekt DRYvER mit, bei dem 25 Partner aus elf Ländern kooperieren. DRYvER wird durch das Horizon 2020-Programm der Europäischen Union gefördert. Neben europäischen Partnern gehören Forschungseinrichtungen in Südamerika, China und den USA dazu. Geleitet wird das Projekt vom Nationalen Forschungsinstitut für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt (INRAE) in Frankreich. Erforscht wird, wie sich die durch den Klimawandel und die menschliche Wassernutzung beförderte Austrocknung von Flusssystemen auf die biologische Vielfalt, die funktionale Integrität und die Ökosystemdienstleistungen auswirkt.

Ziel sind möglichst detaillierte Modelle der Flusssysteme
„Die ober- und unterirdischen Flussnetze erbringen wichtige Ökosystemdienstleistungen, beispielsweise für die Trinkwassergewinnung, den Anbau von Nahrungsmitteln und in Form der Klimaregulierung“, sagt Annika Künne. Hinzu komme, dass diese Ökosysteme eine riesige biologische Vielfalt beherbergen, deren Verlust kaum wiedergutzumachende Schäden verursachen würde. Gleichzeitig sind diese Wassersysteme sehr fragil und durch menschliche Aktivitäten bedroht.

Dr. Künnes Aufgabe in dem Verbundprojekt ist es, Flusssysteme detailgenau zu modellieren. Sechs Pilotgebiete stehen dabei im Fokus. Es sind die Flusssysteme von Guadiaro in Spanien, Krka in Kroatien, Morava in Tschechien, Ain in Frankreich, Fekete in Ungarn und Vantaanjoki in Finnland. Wie Annika Künne erläutert, sind diese Gebiete bis zu 10.000 Quadratkilometer groß. Die Erkenntnisse aus den Pilotprojekten können dann auf andere Flusssysteme übertragen werden. Prinzipiell, so sagt die Hydrologin, werden drei Zustände im Flussbett modelliert: Das Wasser fließt, es gibt Pfützen oder Pools und drittens, der Flusslauf ist trocken. Die Ursachen für trockenfallende Flüsse können jedoch sehr unterschiedlich sein.

Neue App für jedermann liefert der Forschung wertvolle Daten
„Meistens führt das Zusammenspiel verschiedener Faktoren dazu, dass ein Fluss trockenfällt“, sagt Annika Künne. Dazu gehören die Niederschlagsmenge, die Bodenbeschaffenheit und die Vegetation, die Geologie des Untergrundes, die herrschenden Temperaturen und natürlich die Wasserentnahme, etwa für Beregnungsanlagen der Landwirtschaft. In den Untersuchungsgebieten erfassen zudem Biologenteams regelmäßig den Bestand an Fischen, Kleinlebewesen, Mikroben und organischem Material, sozusagen den Stoffwechsel und den Gesundheitszustand des Flusses. Darüber hinaus wurde eine App entwickelt, mit der jedermann wertvolle Daten beisteuern kann. Per „DryRivers“-App werden Bilder und Standortdaten von trockengefallenen Flüssen übermittelt, wichtige Informationen, mit denen die vorhandenen Daten ergänzt werden. Andere Datenquellen sind beispielsweise lokale Umweltämter, die Pegelstände oder Durchflussmengen veröffentlichen.

„Hinter dem Projekt steht letztlich das Ziel, konkret eingreifen zu können, bevor es zu spät ist“, sagt Annika Künne. Die in Jena entwickelten Modelle helfen den Forscherinnen und Forschern, die komplizierten Wege des Wassers immer besser zu verstehen und Lösungsansätze zu finden, die Zahl austrocknender Flüsse zu verringern und sich an zukünftige Veränderungen anzupassen. Zwei Jahre läuft das Projekt noch, dessen Jenaer Part am Institut für Geographie, dem Lehrstuhl für Geoinformatik bei Prof. Dr. Alexander Brenning angesiedelt ist. Klar ist indes bereits jetzt: Die Zahl trockenfallender Flusssysteme hat in den letzten Jahren signifikant zugenommen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Annika Künne
Institut für Geographie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Löbdergraben 32, 07743 Jena
Telefon: 03641 / 948867
E-Mail: annika.kuenne@uni-jena.de

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SARS-CoV-2 kann das Chronische Fatigue-Syndrom auslösen – Charité-Studie liefert Belege für lang gehegte Annahme

Manuela Zingl GB Unternehmenskommunikation
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Es wird seit Beginn der Pandemie vermutet, dass SARS-CoV-2 das Chronische Fatigue-Syndrom ME/CFS verursachen kann. Eine Forschungsgruppe der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) zeigt jetzt in einer gut kontrollierten Studie, dass ein Teil der COVID-19-Erkrankten auch nach mildem Verlauf tatsächlich das Vollbild einer ME/CFS-Erkrankung entwickelt. Zudem beschreiben die Forschenden eine zweite Gruppe von Post-COVID-Betroffenen mit ähnlichen Symptomen. Unterschiedliche Laborwerte weisen auf möglicherweise verschiedene Entstehungsmechanismen der beiden Krankheitsbilder hin (Nature Communications*).

Gemeinsame Pressemitteilung der Charité und des MDC
„Bereits in der ersten Welle der Pandemie entstand der Verdacht, dass COVID-19 ein Trigger für ME/CFS sein könnte“, sagt Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen, kommissarische Direktorin des Instituts für Medizinische Immunologie am Charité Campus Virchow-Klinikum. Sie leitet das Charité Fatigue Centrum, das auf die Diagnostik von ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue-Syndrom) spezialisiert ist – eine komplexe Erkrankung, die unter anderem von bleierner körperlicher Schwäche geprägt ist. Das Zentrum wurde bereits im Sommer 2020 von den ersten Patient:innen nach einer SARS-CoV-2-Infektion aufgesucht. Seither mehren sich die Hinweise auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen COVID-19 und der Erkrankung ME/CFS, die oft zu einem hohen Grad körperlicher Beeinträchtigung führt.

„Diese Annahme wissenschaftlich zu belegen, ist jedoch nicht trivial“, erklärt Prof. Scheibenbogen. „Das liegt auch daran, dass ME/CFS noch wenig erforscht ist und es keine einheitlichen Diagnosekriterien gibt. Durch eine sehr gründliche Diagnostik und einen umfassenden Vergleich mit ME/CFS-Betroffenen, die nach anderen Infektionen erkrankt waren, konnten wir jetzt aber nachweisen, dass ME/CFS durch COVID-19 ausgelöst werden kann.“

Für die Studie untersuchten Expert:innen des Post-COVID-Netzwerks der Charité 42 Personen, die sich mindestens 6 Monate nach ihrer SARS-CoV-2-Infektion an das Charité Fatigue Centrum gewandt hatten, weil sie noch immer stark an Fatigue, also einer krankhaften Erschöpfung, und eingeschränkter Belastungsfähigkeit in ihrem Alltag litten. Die meisten von ihnen konnten lediglich zwei bis vier Stunden am Tag einer leichten Beschäftigung nachgehen, einige waren arbeitsunfähig und konnten sich kaum noch selbst versorgen. Während der akuten SARS-CoV-2-Infektion hatten nur drei der 42 Patient:innen ein Krankenhaus aufgesucht, aber keine Sauerstoffgabe benötigt. 32 von ihnen hatten einen nach der WHO-Klassifizierung milden COVID-19-Verlauf durchlebt, also keine Lungenentzündung entwickelt, in der Regel jedoch ein bis zwei Wochen lang starke Krankheitssymptome wie Fieber, Husten, Muskel- und Gliederschmerzen empfunden. Da die SARS-CoV-2-Infektion in der ersten Welle der Pandemie stattgefunden hatte, war keine der in die Studie eingeschlossenen Personen zuvor geimpft gewesen. An der Charité wurden alle Betroffenen von einem interdisziplinären Team aus den Fachbereichen Neurologie, Immunologie, Rheumatologie, Kardiologie, Endokrinologie und Pneumologie mit langjähriger Erfahrung in der Diagnose von ME/CFS untersucht. Zum Vergleich zogen die Forschenden 19 Personen mit ähnlichem Alters- und Geschlechtsprofil sowie einer vergleichbaren Krankheitsdauer heran, die ME/CFS nach einer anderen Infektion entwickelt hatten.

Für die Diagnosestellung berücksichtigten die Forschenden die sogenannten kanadischen Konsensuskriterien. „Dieser Kriterienkatalog wurde wissenschaftlich entwickelt und hat sich im klinischen Alltag bewährt, um ein Chronisches Fatigue-Syndrom eindeutig zu diagnostizieren“, erklärt Dr. Judith Bellmann-Strobl, Leiterin der multidisziplinären Hochschulambulanz des Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung der Charité und des MDC. Zusammen mit Prof. Scheibenbogen hat sie die Studie geleitet. Den Kriterien zufolge erfüllten knapp die Hälfte der untersuchten Patient:innen nach ihrer SARS-CoV-2-Infektion das Vollbild einer ME/CFS-Erkrankung. Die andere Hälfte hatte vergleichbare Symptome, ihre Beschwerden nach körperlicher Anstrengung, die sogenannte Postexertionelle Malaise, waren jedoch meist nicht so stark ausgeprägt und hielten nur für einige Stunden an. Dagegen trat die Verschlimmerung der Symptome bei den ME/CFS-Patient:innen auch noch am nächsten Tag auf. „Wir können also zwei Gruppen von Post-COVID-Betroffenen mit stark reduzierter Belastbarkeit unterscheiden“, resümiert Dr. Bellmann-Strobl.

Neben der Erfassung der Symptome ermittelten die Forschenden verschiedene Laborwerte und setzten sie in Beziehung zur Handkraft der Erkrankten, die bei den meisten vermindert war. „Bei den Menschen mit der weniger stark ausgeprägten Belastungsintoleranz stellten wir unter anderem fest, dass sie weniger Kraft in den Händen hatten, wenn sie einen erhöhten Spiegel des Immunbotenstoffs Interleukin-8 aufwiesen. Möglicherweise ist die reduzierte Kraft der Muskulatur in diesen Fällen auf eine anhaltende Entzündungsreaktion zurückzuführen“, sagt Prof. Scheibenbogen. „Bei den Betroffenen mit ME/CFS korrelierte die Handkraft dagegen mit dem Hormon NT-proBNP, das von Muskelzellen bei zu schlechter Sauerstoffversorgung ausgeschüttet werden kann. Das könnte darauf hinweisen, dass bei ihnen eine verminderte Durchblutung für die Muskelschwäche verantwortlich ist.“ Nach vorläufigen Beobachtungen der Wissenschaftler:innen könnte die Unterscheidung der beiden Gruppen sich auch im Krankheitsverlauf spiegeln. „Bei vielen Menschen, die ME/CFS-ähnliche Symptome haben, aber nicht das Vollbild der Erkrankung entwickeln, scheinen sich die Beschwerden langfristig zu verbessern“, erklärt Prof. Scheibenbogen.

Die neuen Erkenntnisse könnten zur Entwicklung spezifischer Therapien für das Post-COVID-Syndrom und ME/CFS beitragen. „Unsere Daten liefern aber auch einen weiteren Beleg dafür, dass es sich bei ME/CFS nicht um eine psychosomatische, sondern um eine schwerwiegende körperliche Erkrankung handelt, die man mit objektiven Untersuchungsmethoden erfassen kann“, betont Prof. Scheibenbogen. „Leider können wir ME/CFS aktuell nur symptomatisch behandeln. Deshalb kann ich auch jungen Menschen nur ans Herz legen, sich mithilfe einer Impfung und dem Tragen von FFP2-Masken vor einer SARS-CoV-2-Infektion zu schützen.“

*Kedor C et al. Post COVID-19 Chronic Fatigue Syndrome following the first pandemic wave in Germany and biomarkers associated with symptom severity results from a prospective observational study. Nat Comm 2022 Aug 30. doi: 10.1038/s41467-022-32507-6

Über ME/CFS
ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue-Syndrom) ist eine schwerwiegende Erkrankung, die meistens durch einen Infekt ausgelöst wird und oft chronifiziert. Hauptmerkmal ist die „Postexertionelle Malaise“, eine ausgeprägte Verstärkung der Beschwerden nach geringer körperlicher oder geistiger Belastung, die erst nach mehreren Stunden oder am Folgetag einsetzt und mindestens bis zum nächsten, aber oft auch mehrere Tage oder länger anhält. Sie ist verbunden mit körperlicher Schwäche, häufig Kopf- oder Muskelschmerzen sowie neurokognitiven, autonomen und immunologischen Symptomen. Die Häufigkeit von ME/CFS in der Bevölkerung wurde weltweit bereits vor der Pandemie auf etwa 0,3 Prozent geschätzt. Expert:innen gehen davon aus, dass die Anzahl der Betroffenen durch die COVID-19-Pandemie deutlich steigen wird. Als Auslöser für ME/CFS waren bisher Krankheitserreger wie das Epstein-Barr-Virus, das Dengue-Virus und Enteroviren bekannt. Auch unter den Personen, die sich 2002/2003 mit dem ersten SARS-Coronavirus infizierten, wurden ME/CFS-Fälle beobachtet. Von einer ME/CFS-Erkrankung abzugrenzen ist eine sogenannte postinfektiöse Fatigue, die im Rahmen vieler Infektionskrankheiten wochen- bis monatelang anhalten kann. Den aktuellen Stand des Wissens zu ME/CFS nach COVID-19 hat Prof. Scheibenbogen in einer aktuellen deutschsprachigen Publikation zusammengefasst (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9281337/).

Behandlung von ME/CFS an der Charité
Für die Diagnostik und Behandlung von Menschen mit lang andauernden Beschwerden nach einer SARS-CoV-2-Infektion betreibt die Charité elf Spezialambulanzen an verschiedenen Kliniken und Instituten, die im Post-COVID-Netzwerk zusammenarbeiten und unterschiedliche Patient:innen abhängig von ihrer Hauptsymptomatik betreuen. Dazu gehört auch das Charité Fatigue Centrum, das die Anlaufstelle für Personen ist, die mindestens sechs Monate nach ihrer COVID-19-Erkrankung anhaltend schwere Fatigue, Konzentrationsstörungen und eine Belastungsintoleranz haben und deren Symptome nach Anstrengung zunehmen. Im Rahmen des Projekts CFS_CARE besteht ein interdisziplinäres Versorgungsangebot für Patient:innen mit ME/CFS, das ein speziell entwickeltes Rehaprogramm mit einschließt.

Zur Studie
Basis für die jetzt veröffentlichten Daten war die Studienplattform Pa-COVID-19. Pa-COVID-19 ist die zentrale longitudinale Registerstudie für COVID-19-Patient:innen an der Charité. Sie zielt darauf ab, COVID-19-Betroffene klinisch sowie molekular schnell und umfassend zu untersuchen, um individuelle Risikofaktoren für schwere Verlaufsformen sowie prognostische Biomarker und Therapieansätze zu identifizieren. Das Protokoll zur Studie ist hier (https://link.springer.com/epdf/10.1007/s15010-020-01464-x) veröffentlicht.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen
Kommissarische Direktorin des Instituts für Medizinische Immunologie
Campus Virchow-Klinikum
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Tel: +49 30 450 570 400
E-Mail: carmen.scheibenbogen@charite.de

Originalpublikation:
https://www.nature.com/articles/s41467-022-32507-6

Weitere Informationen:
https://cfc.charite.de/ Charité Fatigue Centrum
https://www.mdc-berlin.de/de/hochschulambulanz-fuer-neuroimmunologie Hochschulambulanz für Neuroimmunologie am ECRC
https://pcn.charite.de/ Post-COVID-Netzwerk der Charité
https://immunologie.charite.de/ Institut für Medizinische Immunologie
https://www.mecfs.de/presse/pressefotos/ Pressefotos der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS

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Auen verbessern die Wasserqualität von Flüssen

Nadja Neumann Kommunikation und Wissenstransfer
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Viele Flüsse sind durch Stickstoffeinträge belastet. Wie groß diese Einträge sind, in welchem Umfang sie abgebaut werden und welchen Anteil die Auengebiete daran haben, hat ein internationales Forschungsprojekt unter Beteiligung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) nun erstmals für das Donau-Einzugsgebiet untersucht. Die Ergebnisse zeigen, wie sinnvoll die großräumige Renaturierung von Flussauen für eine bessere Wasserqualität ist.

Flussauen gehören zu den artenreichsten Ökosystemen der Erde. Weil sie die Schnittstelle zwischen Land und Wasser bilden, sind sie Hotspots von Nährstoffumsätzen und Biodiversität. Entlang vieler Flüsse wurden jedoch zahlreiche Auen von den Gewässern abgeschnitten oder umgenutzt. Zugleich gelangen zu viele Nährstoffe ins Wasser, vor allem Stickstoff. Beides verschlechtert die Wasserqualität und bedroht die Artenvielfalt – sowohl in den Flüssen selbst als auch in den Meeren, in die sie münden.
Dabei haben Flüsse in gewissem Umfang die Fähigkeit, Nährstoffe im Flusswasser selbst sowie in den Flussauen abzubauen. Wie groß der Beitrag von Auen zur Reduzierung von Stickstoff ist, haben Forschende im Rahmen des internationalen Kooperationsprojekts IDES für das Einzugsgebiet der Donau ermittelt. „Das Besondere unserer Untersuchung ist, dass wir erstmalig ein so großes Gebiet betrachtet haben, denn die Donau hat das zweitgrößte Einzugsgebiet Europas“, sagt IGB-Wissenschaftler und Ko-Autor Dr. Andreas Gericke.

Das Donau-Einzugsgebiet hat eine Fläche von mehr als 800000 km2 und erstreckt sich über 19 Länder. Etwa 70 bis 80 Prozent seiner Auen wurden den vergangenen Jahrzehnten vom Fluss abgetrennt oder in Agrarflächen umgewandelt und damit ihrer Ökosystemfunktionen und -leistungen beraubt. Die Forschenden wollten nun wissen, welchen Anteil am Nährstoffrückhalt die verbliebenen aktiven Auen haben. Dazu nutzte das Team das am IGB entwickelte Modell MONERIS, mit dem Nährstoffeinträge aus verschiedenen Quellen – darunter Atmosphäre, Düngereinsatz in der Landwirtschaft und Kläranlagen – bestimmt werden und ihr Verbleib sowie Transport im Flusssystem berechnet werden können. Demnach gelangen jährlich 500000 Tonnen Stickstoff in die Gewässer des Donau-Einzugsgebiets, überwiegend als Nitrat. Die meisten Einträge stammen aus der Agrarwirtschaft (44 Prozent) und aus urbanen Quellen (30 Prozent). Zwei Drittel dieser Einträge erreichen das Schwarze Meer, ein Drittel oder 160000 Tonnen werden in den Gewässern abgebaut.

Um herauszufinden, wie groß der Anteil der Auen am Nitrat-Rückhalt ist, ergänzte das Team die MONERIS-Berechnungen um weitere Modellierungen für die Donau sowie deren Zuflüssen Save, Theiß und Jantra. Dort finden sich 3842 km2 Flussauen und damit knapp die Hälfte aller aktiven Flussauen im Donau-Einzugsgebiet. „Das meiste Nitrat wird im Gewässernetz abgebaut, etwa indem Stickstoff von Plankton aufgenommen oder durch Bakterien umgewandelt wird (Denitrifikation) . Aber auch die Auen können zu einem nicht unerheblichen Teil zum Nährstoffrückhalt beitragen“, berichtet Andreas Gericke. Die Ergebnisse zeigen, dass die aktiven Auen 33200 Tonnen Nitrat jährlich abbauen, was einem Anteil von 6,5 Prozent des Eintrags entspricht. Die Forschenden schätzen auf Basis der Modellergebnisse, dass der Nitratabbau um 14,5 Prozent erhöht werden könnte, wenn die rund 1300 km² potenziell renaturierbaren Altauen und Altarme wieder an die Hauptläufe angeschlossen würden.

„Unsere Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass es sinnvoll ist, Auen zu erhalten und ihre Funktionen wiederherzustellen – nicht nur wegen ihrer Fähigkeit, Nährstoffe abzubauen, sondern auch zum Erhalt der Artenvielfalt neben vielen weiteren Ökosystemleistungen“, betont Martin Tschikof vom Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement an der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU). Er ist der Hauptautor der Studie. Die vereinfachten Annahmen und Daten erlauben zwar nur eingeschränkte Aussagen. Sie sind jedoch eine gute Basis für eine bessere Berücksichtigung der Auen und deren Wiederanbindung für eine gute Wasserqualität in den großen Flussgebieten Europas.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Andreas Gericke
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

Originalpublikation:
Martin Tschikof, Andreas Gericke, Markus Venohr, Gabriele Weigelhofer, Elisabeth Bondar-Kunze, Ute Susanne Kaden, Thomas Hein:The potential of large floodplains to remove nitrate in river basins – The Danube case, Science of The Total Environment, Volume 843, 2022,156879, ISSN 0048-9697,
https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.156879

Weitere Informationen:
https://www.igb-berlin.de/news/auen-verbessern-die-wasserqualitaet-von-fluessen
https://www.interreg-danube.eu/approved-projects/ides

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Biogasanlagen: Klimaschutz durch Verminderung von Gasemissionen

Dipl.-Chem. Iris Kumpmann Abteilung Public Relations
Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT
Um klimaschädliche Methanemissionen in der Landwirtschaft zu reduzieren, plant die Bundesregierung bis 2030 den verstärkten Einsatz von Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen. Hierfür müssen zuvor die passenden Rahmenbedingungen, etwa in Form von gasdichten Gärrestelagern, geschaffen werden. Im Projekt »Gäremission« untersuchen das Fraunhofer UMSICHT und die HAWK Göttingen u. a. den Einfluss unterschiedlicher Anlagen- und Prozessparameter auf die Gasemissionen von Gülle- und Gärrestlagern.

Im vergangenen Jahr hat der Landwirtschaftssektor insgesamt 54,8 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente produziert[1], was etwa 7 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen entspricht. Die größten Emissionsquellen sind die Lachgasemissionen als Folge des Stickstoffeinsatzes bei der Düngung, Methanemissionen aus der Verdauung von Wiederkäuern sowie Emissionen aus dem Güllemanagement. Hinzu kommt der Kraftstoffeinsatz landwirtschaftlicher Maschinen und Fahrzeuge. Durch abnehmende Viehbestände und verbessertes Güllemanagement nimmt die Menge an Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft bereits kontinuierlich ab. Dennoch bleibt es eine große Herausforderung, das Klimaziel der Bundesregierung bis 2030 zu erfüllen, das minus 35 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente für den Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft vorsieht.

Bis zu 25 Mal klimaschädlicher als CO2
Schärfen wir den Blick in Richtung des Klimagases Methan. An tierischen Exkrementen wie Gülle, Jauche, Mist und Hühnertrockenkot fallen hierzulande jedes Jahr 150 bis 190 Mio. Tonnen an[2]. Ein Drittel davon wird energetisch in Biogasanlagen verwertet, der Rest dient als organischer Dünger auf landwirtschaftlichen Flächen (Wirtschaftsdünger). Alleine durch das Lagern und spätere Verteilen von Gülle auf Feldern werden jährlich rund 250 000 Tonnen Methan freigesetzt – eine enorme Menge, wenn man bedenkt, dass Methan bis zu 25 Mal klimaschädlicher als CO2 ist[3].

»Aus Klimaschutzgründen ist es daher sinnvoll, tierische Exkremente erst in Biogasanlagen zu Methan zu vergären und dann den Gärrest als Dünger auszubringen«, erklärt Lukas Rüller aus der Abteilung Verfahrenstechnik am Fraunhofer UMSICHT. Das Gas würde so energetisch nutzbar und gelangt nicht in die Atmosphäre. Die Emissionsvermeidung durch die fachgerechte Lagerung von Gülle habe außerdem positive Auswirkungen auf Luftreinhaltung und Gesundheit.

Forschende wollen Methanemissionen gezielt reduzieren
Forschende des Fraunhofer UMSICHT untersuchen gemeinsam mit der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Göttingen, wie sich zum einen die Anlagen- und Prozessparameter auf den Biogasertrag von Wirtschaftsdünger und zum anderen die Gasemissionen von vorgeschalteten Gülle- und nachgeschalteten Gärrestlagern auswirken. »Das erste Teilziel des Projekts ´Gäremission` ist die Ermittlung der Gasemissionen bei der Lagerung von Wirtschaftsdünger«, so Lukas Rüller. »Im nächsten Schritt werden die relevanten Prozessparameter auf den Biogasertrag bei der Fermentation und die Restgasemission der anschließenden Gärrestelagerung untersucht. Die unterschiedlichen Verfahren der Lagerung und Behandlung werden daraufhin in einer Ökobilanz bewertet.«

Relevant für die Bewertung sind neben der Art des Düngers und der Anzahl der Tiere auch deren Fütterung, die technischen Daten der Lagerbehälter sowie Zulaufmenge und Durchmischung. Bei den Gärrestelagern stehen vor allem die Eingangssubstrate, das Fermentersystem und die Beladung der Biogasanlage im Mittelpunkt. Gleichzeitig berücksichtigen die Forschenden die Verweilzeit im Lager und im Gesamtsystem, die Methanbildung bzw. Anlagenleistung, die Austragsmenge und die Frequenz der Gärreste.

Dazu werden bis 2024 eine Vielzahl von Biogasanlagen mit Gülle- und Gärrestlagern im Raum Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen beprobt. Auf Grundlage von Laboranalysen können die entsprechenden Faktoren dann wissenschaftlich bewertet werden.

»Unsere Arbeit kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, klimaschädliche Emissionen gezielt zu reduzieren und gleichzeitig Optimierungsansätze für den Gesamtprozess der Biogaserzeugung zu liefern. Am Ende des Projekts wollen wir sowohl Anlagenbetreibern als auch politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern eine Handlungsempfehlung bereitstellen, die technische, ökonomische sowie ökologische Randbedingungen berücksichtigt«, blickt Lukas Rüller in die Zukunft.

Förderhinweis
Das Projekt »Gäremission« wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.

Quellen:
1https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtsc…
2https://biogas.fnr.de/rahmenbedingungen/duengeverordnung-duev
3https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/umweltbelastungen-der…

Originalpublikation:
https://www.umsicht.fraunhofer.de/de/presse-medien/pressemitteilungen/2022/gaere…

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Wenn der Klimawandel den Stöpsel zieht: Sinkt das Grundwasser, versickern Bäche und Flüsse und verschmutzen Trinkwasser

Kerstin Theilmann Referat Öffentlichkeitsarbeit
Universität Koblenz-Landau
Zunehmende Trockenheit, weniger Niederschlag, vermehrter Wasserbedarf in der Landwirtschaft – der Klimawandel macht unserem Grundwasser zu schaffen. In Deutschland und weltweit führt er regional zu sinkenden Grundwasserständen. Ist der unterirdische Wasserpegel niedrig, gelangt belastetes Oberflächenwasser aus Bächen und Flüssen vermehrt ins Grundwasser. Die Folge: Unser Trinkwasser und die Grundwasserökosysteme sind gefährdet, das Mengenproblem wird damit auch zu einem Güteproblem. Das beschreiben Forscher aktuell im Fachmagazin „Water Research“. Neue Forschungsansätze und regional abgestimmte Konzepte zur Verbesserung der Grundwasserneubildung sind dringend notwendig, so ihre Empfehlung.

„Wir sehen hier eine direkte Folge des Klimawandels, wodurch unsere wichtigste Wasserressource – das Grundwasser – gefährdet ist“, unterstreicht Hans Jürgen Hahn von der Universität Koblenz-Landau, einer der Autoren der Studie. In vielen Gegenden weltweit sinkt der Grundwasserspiegel zunehmend, da auch die Neubildungsrate von Grundwasser abnimmt. Gleichzeitig steigen die Grundwasserentnahmen durch die landwirtschaftliche Bewässerung und für die Trinkwasserversorgung. Dies hat eine zusätzliche Absenkung der Grundwasserstände zur Folge, und der Landschaftswasserhaushalt ändert sich – die Klimafolgenspirale beginnt, sich immer schneller zu drehen. „Wir stehen dadurch vielerorts an einem Kipppunkt im Landschaftswasserhaushalt“, erklärt Mitautorin Anke Uhl vom Arbeitskreis Quellen und Grundwasser der Deutschen Gesellschaft für Limnologie. Anders als bisher drückt das Grundwasser durch den gesunkenen Grundwasserstand an vielen Stellen nicht mehr nach oben und speist Bäche und Flüsse (exfiltriert), sondern das Wasser der Fließgewässer versickert nun in den Untergrund (infiltriert). Als Folge dieser Druckumkehr können Schadstoffe ins unterirdische Nass eindringen. Denn in den Bächen und Flüssen fließen nicht nur Regen- und Quellwasser, sondern auch die Abläufe von Kläranlagen. „Wir reichern das Grundwasser zunehmend mit Abwasserinhaltstoffen an – mit Resten von Medikamenten, Haushaltschemikalien, künstlichen Süßstoffen und anderen Schadstoffen“, erklärt Christian Griebler von der Universität Wien.

Ein weiterer Aspekt: Durch die Umkehr der Fließrichtung zwischen Oberflächenwasser und Grundwasser trocknen Feuchtgebiete aus. „Da alle aktuellen Studien in großen Teilen der Erde weitere Rückgänge der Grundwasserstände vorhersagen, wird sich das Problem in Zukunft noch weiter verstärken. Dadurch werden wir vor allem in den zunehmend trockenen Sommern damit konfrontiert werden“, unterstreicht Petra Döll von der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Ihre Schlussfolgerungen stützen die Forschenden auf eine weltweite Literaturstudie zu den Folgen des Klimawandels, den Auswirkungen von Grundwasserentnahme auf diese Ressource sowie auf Fachartikel zu neuen Schadstoffen im Grundwasser. „Diese Zusammenhänge sind naheliegend, bislang hatte sie die Wissenschaft aber noch nicht auf dem Radar“, ordnet Markus Weiler von der Universität Freiburg das Gewicht der Studienergebnisse ein.

Regionale Unterschiede
Der Klimawandel findet regional unterschiedlich statt. Dabei variieren die Niederschläge, die Grundwasserneubildung und die Menge der Grundwasserentnahme je nach Gebiet wie auch die Ausprägung der Wechselwirkung zwischen Oberflächenwasser und Grundwasser – die hydrogeologischen Verhältnisse.

So sind in Österreich insbesondere der Osten, Nordosten und Südosten betroffen. Die in Deutschland beeinträchtigten Gebiete sind übers Bundesgebiet verteilt: Unter anderem sind die Regionen Oberrhein, Mittelfranken, Allgäu, östliches Niedersachsen, westliches Nordrhein-Westfalen und Südhessen betroffen sowie große Teile der neuen Bundesländer.

Konzepte auf die Gegebenheiten vor Ort anpassen
„Die Studie zeigt vor allem auch, dass wir neue wissenschaftliche Ansätze und Modelle auf regionaler und lokaler Ebene brauchen, um die Wechselwirkungen zwischen Oberflächenwasser und Grundwasser und vor allem die Kipppunkte im Landschaftswasserhaushalt zu ermitteln“, erklärt Markus Noack von der Hochschule Karlsruhe. Klar wird auch: Das Oberflächenwasser muss weiter vor Verschmutzung geschützt werden. Denn der Zustand der oberirdischen Gewässer hat direkte Konsequenzen für die Qualität des Grundwassers. Zur Minimierung von Schadstoffen im Wasserkreislauf gibt es eine Lösung: „Es ist höchste Zeit, den Wasserverbrauch industriell wie privat zu senken, um weniger Grundwasser fördern zu müssen. Zusätzlich ist es wichtig, den Eintrag langlebiger Schadstoffe in den Wasserkreislauf drastisch zu reduzieren und vierte Reinigungsstufen in Kläranlagen konsequent ausbauen“, so Anke Uhl.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Universität Koblenz-Landau
iES Landau – Institut für Umweltwissenschaften
Arbeitsgruppe Molekulare Ökologie
PD Dr. Hans Jürgen Hahn
Tel.: +49 (0)6341 280-31211
E-Mail: hjhahn@uni-landau.de

Originalpublikation:
Uhl, A., Hahn, H.J., Jager, A., Luftensteiner, T., Siemensmeyer, T., Doll, P., Noack, M., Schwenk, K., Berkhoff, S., Weiler, M., Karwautz, C., Griebler, C (2022). Making waves: Pulling the plug – Climate change effects will turn gaining into losing streams with detrimental effects on groundwater quality, Water Research Volume 220
https://doi.org/10.1016/j.watres.2022.118649

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Materialrecycling – Aus alten Batterien werden neue

Monika Landgraf Strategische Entwicklung und Kommunikation – Gesamtkommunikation
Karlsruher Institut für Technologie
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist maßgeblich an einem neuen Projekt zum Batterierecycling beteiligt: In „LiBinfinity“ erarbeiten Partner aus Forschung und Industrie ein ganzheitliches Konzept zur Wiederverwertung der Materialien von Lithium-Ionen-Batterien. Dazu wird ein mechanisch-hydrometallurgisches Verfahren ohne energieintensive Prozessschritte vom Labor in einen für die Industrie relevanten Maßstab überführt. Das KIT prüft die Rezyklate auf ihre Eignung zum Herstellen neuer Batterien. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert LiBinfinity mit knapp 17 Millionen Euro, davon erhält das KIT rund 1,2 Millionen Euro.

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist maßgeblich an einem neuen Projekt zum Batterierecycling beteiligt: In „LiBinfinity“ erarbeiten Partner aus Forschung und Industrie ein ganzheitliches Konzept zur Wiederverwertung der Materialien von Lithium-Ionen-Batterien. Dazu wird ein mechanisch-hydrometallurgisches Verfahren ohne energieintensive Prozessschritte vom Labor in einen für die Industrie relevanten Maßstab überführt. Das KIT prüft die Rezyklate auf ihre Eignung zum Herstellen neuer Batterien. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert LiBinfinity mit knapp 17 Millionen Euro, davon erhält das KIT rund 1,2 Millionen Euro.

Die Nachhaltigkeit der Elektromobilität hängt wesentlich von den Batterien ab. Diese enthalten wichtige Rohstoffe wie Lithium, Kobalt, Nickel und Mangan. Die in Lithium-Ionen-Batterien verwendeten Materialien lassen sich zu über 90 Prozent stofflich wiederverwerten. Doch das nun gestartete Projekt LiBinfinity geht darüber weit hinaus und zielt auf ein ganzheitliches Recyclingkonzept für Lithium-Ionen-Batterien (LiB). „Vor allem bei der Elektrifizierung von Lkws benötigen die Batterien so viel Material, dass ein Einsatz der Rezyklate für andere Anwendungen nicht ausreichend ist“, sagt Professor Helmut Ehrenberg, Leiter des Instituts für Angewandte Materialien – Energiespeichersysteme (IAM-ESS) des KIT. „Vielmehr bedarf es eines geschlossenen Kreislaufs bei den Batterien selbst. Das bedeutet, die Materialien aus gebrauchten Batterien zur Herstellung neuer Batterien zu verwenden.“

In LiBinfinity erarbeiten Partner aus Forschung und Industrie einen Ansatz, der sich von Logistikkonzepten bis hin zur Reintegration von Rezyklaten in den Lebenszyklus der Batterie erstreckt. Sie entwickeln ein mechanisch-hydrometallurgisches Verfahren, das ganz ohne energieintensive Prozessschritte auskommt und höhere Recyclingquoten ermöglicht: Materialien, die sich nicht mechanisch trennen lassen, werden unter relativ niedrigen Temperaturen mithilfe von Wasser und Chemikalien aufgespalten.

Kathodenmaterialien müssen hohe Anforderungen erfüllen
Das KIT übernimmt in LiBinfinity die Aufgabe, die Rezyklate, das heißt die wiedergewonnenen Stoffe, auf ihre Eignung als Ausgangsstoffe für die Herstellung neuer Batterien zu prüfen. „Diese Validierung ist unerlässlich, da Materialien für Batterien hohe Anforderungen erfüllen müssen“, erklärt Dr. Joachim Binder, Leiter der Forschungsgruppe Synthese und keramische Pulvertechnologie am IAM-ESS. „Vor allem gilt dies für Kathodenmaterialien, die Effizienz, Zuverlässigkeit, Lebensdauer und Kosten der Batterien wesentlich mitbestimmen.“ Am KIT laufen für LiBinfinity folgende Arbeiten: Eingangskontrolle der Rezyklate, Synthese neuwertiger Kathodenmaterialien, Elektrodenfertigung, Herstellung von großformatigen Lithium-Ionen-Batteriezellen in Industriequalität, Zelltestung und Bewertung der Batteriezellen. Basierend auf den Untersuchungen werden die Anforderungen an die Qualität der Rezyklate festgelegt, um diese in den Wertstoffkreislauf zurückführen zu können.

Ein ganzheitliches Recyclingkonzept für Batteriematerialien verbessert nicht nur die Nachhaltigkeit der Elektromobilität unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten, sondern verringert auch Europas Rohstoffabhängigkeiten.

Über LiBinfinity
Für das Projekt LiBinfinity hat sich ein Konsortium um die Licular GmbH zusammengefunden, einem 100-prozentigen Tochterunternehmen der Mercedes-Benz AG. Projektpartner sind neben dem KIT die Mercedes-Benz AG, die Daimler Truck AG, die Primobius GmbH, die SMS group GmbH, die Technische Universität Clausthal und die Technische Universität Berlin. Am Mercedes-Benz-Standort Kuppenheim entsteht eine Recycling-Pilotanlage mit einer Jahreskapazität von 2 500 Tonnen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert LiBinfinity in der Fördermaßnahme zum „Batterie-Ökosystem“ mit knapp 17 Millionen Euro. Davon erhält das KIT rund 1,2 Millionen Euro. Das Vorhaben LiBinfinity trägt soll wesentlich dazu beitragen, die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen und derzeit noch in Abstimmung befindlichen Zielvorgaben im Rahmen der EU-Batterieregulierung zu erfüllen. (or)

Kontakt für diese Presseinformation:
Sandra Wiebe, Pressereferentin, Tel.: +49 721 608-41172, E-Mail: sandra.wiebe@kit.edu

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: https://www.kit.edu/kit/presseinformationen.php

Originalpublikation:
https://www.kit.edu/kit/pi_2022_077_materialrecycling-aus-alten-batterien-werden…

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Cochrane Review: Fraglicher Nutzen teurer High-Tech-Laufschuhe für Verletzungsschutz

Georg Rüschemeyer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Cochrane Deutschland
Macht es einen Unterschied, welche Art von Laufschuhen man trägt, wenn es um Verletzungen und Schmerzen beim Joggen geht? Ein aktueller Cochrane Review findet dafür auf Basis schwacher Evidenz keine Hinweise.

Wer schon mal versucht hat, in Bergstiefeln, Stilettos oder Badelatschen joggen zu gehen, der weiß: In Sportschuhen geht das besser. Doch welche der vielen unterschiedlichen Typen von Laufschuhen ermöglichen nicht nur sportliche Höchstleistungen, sondern schützen vor Lauf-Verletzungen und schmerzhaften Überbelastungen?

Die Autor*innen eines neuen Cochrane Reviews haben nun die wissenschaftliche Evidenz zu dieser Frage ausgewertet. Sie fanden 12 randomisierte oder quasi-randomisierte Studien mit insgesamt mehr als 11.000 Teilnehmenden, die unterschiedliche Typen von Laufschuhen miteinander verglichen.

Leider erlaubt die momentan verfügbare Evidenz kaum eindeutige Schlüsse. Grund dafür ist die nach Einschätzung der Autor*innen fast durchwegs niedrige bis sehr niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz (nach GRADE), bedingt insbesondere durch die fehlende Verblindung der Teilnehmenden gegenüber dem Typ von Laufschuh, der ihnen zugeteilt war. Zudem war die Studiengröße für einige Vergleiche sehr klein.

Dort wo sich verwertbare Hinweis aus der Evidenz ergeben, sprechen diese gegen große Effekte bestimmter Laufschuhe gegenüber anderen Typen. „Wir können uns deshalb über die tatsächlichen Auswirkungen verschiedener Laufschuhtypen auf die Verletzungsraten nicht sicher sein“, so das ernüchternde Fazit der Autor*innen.

Eine ausführlichere Darstellung der Ergebnisse finden Sie auf dem Cochrane-Blog „Wissen Was Wirkt“, siehe Link.

Originalpublikation:
Relph N, Greaves H, Armstrong R, Prior TD, Spencer S, Griffiths IB, Dey P, Langley B. Running shoes for preventing lower limb running injuries in adults. Cochrane Database of Systematic Reviews 2022, Issue 8. Art. No.: CD013368. DOI: 10.1002/14651858.CD013368.pub2

Weitere Informationen:
https://wissenwaswirkt.org/laufschuhe-und-verletzungen
https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD013368.pub2/full/de

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Auf dem Weg zu Zero Waste: 28 Maßnahmen für verpackungsarme Städte

Richard Harnisch Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH, gemeinnützig
Gemeinsame Pressemitteilung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu)

► Was können Kommunen tun, damit weniger Verpackungen in Umlauf kommen?
► Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) stellen Maßnahmen und Beispiele vor
► Städte sollten Verpackungsstrategien entwickeln, die Industrie, Handel und Gastronomie beraten, fördern und fordern sowie Verbraucher*innen unterstützen

Berlin/Heidelberg, 1. September 2022 – Öffentliche Flächen zu reinigen, kostet die Kommunen in Deutschland jährlich etwa 700 Millionen Euro. Ein Großteil des Mülls entsteht durch Verpackungen wie Einwegbecher, Getränkeflaschen oder To-go-Schachteln. Was können Städte und Gemeinden dagegen tun? Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) zeigen im Forschungsprojekt „Innoredux“: Städte haben viele Möglichkeiten, auf Unternehmen, Handel und Verbraucher*innen einzuwirken, damit diese weniger Verpackungen einsetzen und verbrauchen. Mit Förderung durch das Bundesforschungsministerium im Programm „Plastik in der Umwelt“ stellen die Forschenden in einem Leitfaden 28 Maßnahmen und zahlreiche Beispiele vor.

„Städte brauchen Verpackungsstrategien und hierfür müssen sie zunächst einmal klar definieren, welche kommunalen Ziele sie erreichen wollen“, betont Projektleiter Frieder Rubik, Umweltökonom am IÖW. „Die Stadt Kiel ist hierfür ein Beispiel: Sie will sich zu einer Zero-Waste-City entwickeln.“ Die Forschenden empfehlen, eine zentrale Anlaufstelle für die Umsetzung der Verpackungsstrategie zu schaffen, die verwaltungsintern verschiedene Maßnahmen koordiniert und Beratung anbietet. „Vor allem bei Unternehmen entstehen viele Fragen und Unsicherheiten bei der Umsetzung der kommunalen Vorgaben, etwa im Bereich Hygiene“, erläutert Rubik.

Fakten schaffen: Verträge und Satzungen
Einwegbesteck und -geschirr auf dem öffentlichen Marktplatz – Städte wie Jena und Kiel haben das mithilfe ihrer Marktsatzung unterbunden. Auch bei der Vermietung oder Verpachtung öffentlicher Liegenschaften sind ähnliche Vorschriften möglich, etwa Vorgaben für Volksfeste oder beim Catering von Sportveranstaltungen.

„Zusätzlich können Städte die Eigeninitiative der Unternehmen stärken: mit Wettbewerben für innovative Verpackungssysteme oder durch Vernetzungsangebote wie Runde Tische“, ergänzt Forscherin Eva Wiesemann vom IÖW. „Besonders ergiebig können Kooperationen in Industriegebieten sein: Welche Synergien sind möglich, um Reststoffe betriebsübergreifend zu nutzen?“

Mehrweg to go: Pfandsysteme aufbauen
Ein hoher Anteil des Verpackungsmülls in Städten entsteht in der Gastronomie, vor allem durch immer mehr To-go-Produkte. Städte können die Einführung von Mehrwegsystemen anschieben, finanziell fördern oder selbst betreiben. Freiburg im Breisgau etwa investierte 10.000 Euro in ein Pfandsystem für Mehrwegbecher. Der „FreiburgCup“ wurde 2016 bis 2021 von der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung betrieben, bevor der Anbieter „ReCup“ den Service übernahm. Über 130 Betriebe beteiligen sich an diesem System.
Ab 2023 sind Betriebe ab einer gewissen Größe bundesweit verpflichtet, Mehrwegverpackungen für To-go-Angebote bereitzuhalten. Der Kreis Wesel etwa unterstützt Gastronomen deshalb mit Informationsveranstaltungen. Im Frühjahr 2022 wurde zudem eine Messe organisiert, auf der sich regionale Betriebe über verfügbare Mehrwegsysteme informieren konnten.

Verpackungsarm einkaufen
Mit Kampagnen, Aktionstagen und Informationsangeboten erreichen Städte auch Verbraucher*innen. Carola Bick vom ifeu nennt Beispiele: „Einkaufsratgeber stellen Tipps für einen nachhaltigen Konsum zusammen. Kommunen wie Heidelberg verschenken Frühstücksboxen an Erstklässler*innen. Und sogenannte Refill-Stationen, wo man sich kostenlos Leitungswasser abfüllen kann, erleichtern den Verzicht auf Plastikflaschen.“ Ende 2021 gab es solche Stationen deutschlandweit bereits in über 6.000 Cafés, Büros, Rathäusern oder anderen öffentlichen Einrichtungen, unter anderem in Hamburg, Hanau und Berlin.

Damit Städte selbst mit gutem Beispiel vorangehen, geben die Forschenden in ihrem Leitfaden außerdem Tipps für das Beschaffungswesen der Kommunen und deren Eigenbetriebe.

Downloads und Links:
► Verpackungsaufkommen reduzieren Einfluss und Steuerungsmöglichkeiten von Kommunen – eine Handreichung: https://www.ioew.de/publikation/verpackungsaufkommen_reduzieren
► Infografiken und Übersichts-Ökobilanzen zu beispielhaften Produktverpackungen: https://www.plastik-reduzieren.de/deutsch/infografiken/
► Einen Leitfaden für Unternehmen finden Sie auf der Projektwebsite: https://www.plastik-reduzieren.de/deutsch/veröffentlichungen/leitfaden-für-unter…

Über das Projekt Innoredux:
2019 bis 2022 erarbeiteten das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und das Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) gemeinsam mit Handelsunternehmen und der Stadt Heidelberg innovative Verpackungslösungen für den Online- und stationären Handel. Im Zentrum stand die Frage, wie der Handel den Plastikeinsatz und Plastikmüll entlang der Wertschöpfungskette reduzieren kann. Berechnungen zu Ökobilanzen wurden ergänzt durch ein Reallabor, Interviews, Workshops und eine Kundschaftsbefragung. Im stationären Handel konnten der Drogeriemarkt dm, der Biohändler Alnatura und der Unverpacktladen „Annas Unverpacktes“ als Praxispartner gewonnen werden. Im Versandhandel beteiligten sich memo und der Avocadostore. Auch der Unverpackt-Verband, die Stadt Heidelberg und der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) waren am Projekt beteiligt. Als Teil des Förderschwerpunktes „Sozial-ökologische Forschung“ hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung das Projekt im Forschungsschwerpunkt „Plastik in der Umwelt“ gefördert.

http://www.plastik-reduzieren.de

Pressekontakt:
Richard Harnisch
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Tel.: +49 30/884594-16
kommunikation@ioew.de

Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist ein führendes wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der praxisorientierten Nachhaltigkeitsforschung. Rund 70 Mitarbeiter*innen erarbeiten Strategien und Handlungsansätze für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – für eine Ökonomie, die ein gutes Leben ermöglicht und die natürlichen Grundlagen erhält. Das Institut arbeitet gemeinnützig und ohne öffentliche Grundförderung. Das IÖW ist Mitglied im „Ecological Research Network“ (Ecornet), dem Netzwerk der außeruniversitären, gemeinnützigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschungsinstitute in Deutschland.

http://www.ioew.de | http://twitter.com/ioew_de | http://www.ioew.de/service/newsletter

Das Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) forscht und berät weltweit zu wichtigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen für zahlreiche internationale und nationale Fördermittel- und Auftraggeber. Es zählt mit über 40-jähriger Erfahrung zu den bedeutenden ökologisch ausgerichteten, unabhängigen und gemeinnützigen Forschungsinstituten in Deutschland. An den Standorten Heidelberg und Berlin sind rund 80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Natur-, Ingenieurs- und Gesellschaftswissenschaften beschäftigt. Das ifeu sucht Antworten auf drängende gesellschaftliche Fragen und entwickelt diese im Sinne einer transdisziplinären Ausrichtung in engem Dialog mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft: vor Ort, in Deutschland und weltweit.

http://www.ifeu.de

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Frieder Rubik
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Tel.: +49 6221/64916-6
frieder.rubik@ioew.de

Originalpublikation:
Rubik, Frieder; Wiesemann, Eva; Bick, Carola; Schmidt, Alina (2022): Verpackungsaufkommen reduzieren Einfluss und Steuerungsmöglichkeiten von Kommunen – eine Handreichung https://www.ioew.de/publikation/verpackungsaufkommen_reduzieren

Weitere Informationen:
https://www.plastik-reduzieren.de/

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Gute Führung ist erlernbar – Beliebtes Führungskräfteentwicklungsprogramm der HSW geht in die nächste Runde

Lara Wollenhaupt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Hochschule Weserbergland
(Hameln, im September 2022). Ein Team erfolgreich führen, Konflikte lösen und Führen in Veränderungsprozessen sind Themen, die aktueller denn je sind. Ihnen sowie diversen weiteren für den Führungsalltag relevanten Themen widmet sich das seit Jahren nachgefragte Führungskräfteentwicklungsprogramm (FKE) der Hochschule Weserbergland (HSW). In dieser Woche startet eine weitere Seminargruppe.

Seit der Programmeinführung im Jahr 2005 habe über 270 Führungskräfte aus rund 60 Unternehmen das Angebot für sich genutzt „[…] und die Nachfrage reißt zu unserer großen Freude einfach nicht ab“, berichtet Ramona Salzbrunn, Leiterin des Zentrums für Personalentwicklung und Lebenslanges Lernen an der HSW.

Erst im vergangenen Jahr starteten zwei Gruppen mit insgesamt 25 Teilnehmenden in das rund 10-monatige Zertifikatsprogramm und schlossen es kürzlich erfolgreich ab. Parallel dazu begann im April dieses Jahres eine weitere Gruppe mit zwölf Teilnehmenden und bereits diese Woche folgt die nächste mit der gleichen Anzahl an Wissbegierigen.

„Viel mehr Teilnehmende sollten es tatsächlich auch nicht sein, denn in dem Programm legen wir großen Wert darauf, dass sich jeder einzelne von ihnen individuell und seinen Bedarfen entsprechend weiterqualifizieren kann. Darüber hinaus profitiert die jeweilige Gruppe nicht zuletzt von einem intensiven Austausch und Networking untereinander“, so Salzbrunn.

Für Arbeitgeber bietet das berufsbegleitende Angebot die Möglichkeit, ihre Führungskräfte auf hohem Niveau zu qualifizieren und von ihrer Gestaltungskompetenz bei zukünftigen Herausforderungen direkt zu profitieren. In verschiedenen Modulen wird neuen als auch erfahrenen Führungskräften das praxisnahe Handwerkzeug mit an die Hand gegeben, welches sie sowohl für den Führungsalltag selbst als auch zum Vertiefen ihre sozial-kommunikativen Kompetenzen benötigen. Dabei stehen den Teilnehmenden praxiserfahrene Trainer zur Seite.

Das Angebot beinhaltet verschiedenen Bausteinen. Zu diesen zählen acht Modulen zu spezifischen Führungsthemen, drei Einzelcoachings, zwei Transfertage Führung und ein Einzel-Assessment.

Der nächste FKE-Programmstart ist für April 2023 in Planung. Interessierte können unter Telefon 05151/9559 – 20 Kontakt zum ZPL aufnehmen und sich unverbindlich informieren.

Ebenfalls gut zu wissen: Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung fördert aktuell bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen, die bis zum 30. Juni 2023 laufen. Weitere Hinweise und Fördervoraussetzungen stehen auf der Internetseite der NBank.

Weitere Informationen:
http://www.hsw-hameln.de

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Breit abgestützte Schweizer Covid-19 Forschung

Medien Abteilung Kommunikation
Schweizerischer Nationalfonds SNF
Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) unterstützte während der Corona-Pandemie insgesamt 114 Covid-19-Forschungsprojekte, für die er Fördermittel von über 45 Millionen CHF einsetzte. Im Nationalen Forschungsprogramm «Covid-19» (NFP 78) arbeiten rund 200 Forschende in 28 Projekten mit einem finanziellen Umfang von 20 Millionen CHF. Ein weiteres Forschungsprogramm zu Covid-19 steht am Start.

Für den SNF war es ein Novum, aufgrund einer akuten Krisensituation in derart kurzer Zeit Forschungsinfrastrukturen aufzubauen, um dringende Forschungsprojekte schnell aufzugleisen und geeignet zu unterstützen. Mit der Sonderausschreibung Coronaviren im März 2020 und der Lancierung des Nationalen Forschungsprogramms «Covid-19» (NFP 78) im April 2020 hat der SNF innerhalb sehr kurzer Zeit einen Rahmen für die Coronaforschung geschaffen, der die Schweizer Forschenden optimal unterstützt.

Rollende Planung und laufende Resultate
Die Herausforderung, Projekte schneller als üblich zu starten, haben die Forschenden problemlos bewältigt. So kämpften sie eher mit dem extrem dynamischen Forschungsfeld sowie mit logistischen oder personellen Problemen, die teilweise im Zusammenhang mit den Lockdowns standen. Zudem ergaben sich viele Fragestellungen, wie zum Beispiel die Long Covid-Erkrankungen, erst während der Pandemie. «Es war eine Freude zu sehen, wie sich zur Beantwortung dieser Fragen weltweit neue Forschungskooperationen bildeten. Beeindruckt hat uns auch die Kreativität und Agilität der Forschenden in diesem kompetitiven Umfeld, mit denen sie sich immer wieder den neuen Herausforderungen stellen.», resümiert Nicolas Rodondi, Professor am Berner Institut für Hausarztmedizin BIHAM und Mitglied des Nationalen Forschungsrats des SNF.

Breites Spektrum von Grundlagenforschung bis zu klinischen Studien
In der frühen Phase der Pandemie brachten epidemiologische und Monitoring-Projekte wichtige Erkenntnisse für die Swiss National COVID-19 Science Task Force, beispielsweise zur Übertragbarkeit des Virus, zum Mobilitätsverhalten der Bevölkerung während des Lockdowns, oder die wöchentlichen Analysen zur Akzeptanz von Schutzmassnahmen. Dies erlaubte dem Bundesrat, seine Empfehlungen entsprechend anzupassen. Ebenfalls ein früher Meilenstein war die Entwicklung eines günstigen Massentests durch eine Forschungsgruppe der EPFL, was erstmals den Nachweis von Covid-19 spezifischen Antikörpern bei breiten Bevölkerungsgruppen ermöglichte. «Dank dieser Tests konnten wir in Kindergärten Informationen über die Verbreitung des Virus gewinnen», erklärt Isabella Eckerle vom Universitätsspital Genf. Einen durchschlagenden Erfolg feierte das Abwassermonitoring der EAWAG Dübendorf, welches sehr präzise die Konzentration von SARS-CoV-2 Viren in Gewässern misst. Nach der ersten Forschungsphase wurde das Monitoring inzwischen auf über hundert Standorte ausgeweitet.

Wichtige Erkenntnisse aus dem biomedizinischen Bereich sind die besondere Exponierung und die unterschiedlichen Verläufe bei Kindern, die kognitiven und neuropsychologischen Einflüsse auf die psychische Gesundheit bei Erwachsenen sowie das Erkennen von Long Covid-Erkrankungen als immer noch nicht ausreichend verstandenem Gesundheitsproblem. Zahlreiche klinische Studien versuchten, für andere Indikationen eingesetzte Wirkstoffe bei Covid-19 Patientinnen und Patienten zu testen. Hier gab es neben erfolgreichen Ansätzen auch Studienabbrüche zu verzeichnen, da sich verfolgte Strategien als nicht zielbringend erwiesen.

Forschung schafft Lösungen: Entwicklung von Sensoren und Impfstoffen
Konkrete Ergebnisse von Forschungsprojekten sind ein von Forschenden der ETH Zürich entwickelter Sensor, der mit einer neu entwickelten Methode Aerosole mit Sars-CoV-2 aus der Luft filtert sowie ein Biosensor, der die Konzentration von Viren in der Raumluft von Pflegeheimen und Spitälern misst und entsprechende Warnungen auslöst.

Mehrere Forschungsprojekte widmen sich der Entwicklung neuer Corona-Impfstoffe. Impfpionier Steve Pascolo vom Universitätsspital Zürich will zum Beispiel die bewährten mRNA-Ansätze verfeinern und weiterentwickeln. Volker Thiel von der Universität Bern will einen Lebendimpfstoff als Nasenspray zur Verfügung stellen. Ob und welche dieser Ansätze es bis zur Zulassung schaffen, wird sich erst in den klinischen Phasen zeigen. «Ohne Kooperation mit der Industrie ist ein solches Wettrennen nicht zu gewinnen», sagt Volker Thiel, dessen Projekt am Anfang der klinischen Phase I steht. Die Zusammenarbeit mit der Industrie ermöglicht es, Impfstoffkandidaten in klinischen Studien zu testen und die Infrastruktur für die Produktion und Distribution von Impfstoffen bereitzustellen.

Positive Zwischenbilanz
Marcel Salathé, Professor für Epidemiologie an der EPFL, ist Präsident der Leitungsgruppe des NFP 78. Er zieht eine positive Zwischenbilanz der ersten zwei Jahre der Forschungsarbeiten. «Trotz hohem Druck und teilweise schwierigen Arbeitsbedingungen haben die Corona-Forschenden in der Schweiz eindrückliche Resultate vorgelegt», fasst er zusammen. «Da das Virus mit uns bleiben wird, muss die Forschung mit hoher Priorität weitergeführt werden.» Die Forschungsprojekte im NFP 78 laufen noch bis Ende Juni 2023. Im Dezember 2022 startet die Forschung des Nationalen Forschungsprogramms «Covid-19 in der Gesellschaft» (NFP 80). Die Projekte des Programms untersuchen die gesellschaftlichen Dimensionen, Prozesse und Massnahmen im Umgang mit Pandemien.

Nationales Forschungsprogramm «Covid-19» NFP 78
Das vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) durchgeführte NFP 78 hat zum Ziel, neue Erkenntnisse zu Covid-19 und zur weiteren Entwicklung der Pandemie zu gewinnen, Empfehlungen für das klinische Management und das Gesundheitswesen zu erarbeiten sowie die Entwicklung von Impfstoffen, Behandlungen und Diagnostika zu unterstützen.

In vier Modulen werden Aspekte der Biologie, Pathogenität und Immunogenität von SARS-CoV-2, neue Ansätze in der Covid-19-Epidemiologie und Prävention, Grundlagen für Impfstoffe, Medikamente und Diagnostika sowie innovative klinische Ansätze und therapeutische Interventionen zur Behandlung von Covid-19 Erkrankungen erforscht.

Die Forschung im NFP 78 startete im Herbst 2020 und dauert zweieinhalb Jahre. Das NFP ist mit einem Budget von 20 Millionen Schweizer Franken ausgestattet. Aus den 190 eingereichten Gesuchen wählte der SNF im Juli 2020 28 Forschungsprojekte aus, deren Ergebnisse schnellstmöglich veröffentlicht, kommunikativ begleitet und mit Politik und Gesellschaft diskutiert werden sollen.

Der Text dieser Medienmitteilung und weitere Informationen stehen auf der Webseite des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Marcel Salathé
Präsident der Leitungsgruppe NFP 78
EPFL, Campus Biotech / Bâtiment B1.01
Ch. des Mines 91202
Genève
Tel.: +41 21 693 09 91
E-Mail: marcel.salathe@epfl.ch

Mark Bächer
Kommunikationsverantwortlicher NFP 78
Tel. +41 43 266 88 50
E-Mail: mark.baecher@lscom.ch

Weitere Informationen:
https://www.snf.ch/de/ugAcpfy8WjBXV0xK/news/breit-abgestuetzte-schweizer-covid-1…

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Mit dem IntelliGrid-Stecker Strom intelligenter nutzen

Frauke Schäfer Pressestelle
Fachhochschule Kiel
Projekt der Fachhochschule (FH) Kiel will Stromnutzung effizienter machen. Mit dem IntelliGrid-Stecker lassen sich einige Haushaltsgeräte gezielt verwenden, wenn günstiger Strom verfügbar ist. Zurzeit sucht das Projekt-Team Testhaushalte.

Die Speicherung von Elektrizität ist schwierig. Kondensatoren sind oft sehr teuer und ihrer Kapazität begrenzt; Akkumulatoren weisen deutliche Energieverluste auf und haben eine begrenzte Lebensdauer. Deshalb gilt meistens: Die Stromerzeugung in einem Elektrizitätsnetz muss dem aktuellen Verbrauch folgen. Das ist insbesondere für erneuerbare Energie aus Wind und Sonne ein Problem. Schließlich bläst der Wind nicht immer gleich stark und die Sonne scheint nicht an allen Tagen mit derselben Intensität.

Forschende der Fachhochschule (FH) Kiel haben sich deswegen das Ziel gesetzt, verfügbare Energie effizienter nutzbar zu machen. Prof. Dr. Ralf Patz, Dozent am Institut für Kommunikationstechnik und Embedded Systems des Fachbereichs Informatik und Elektrotechnik, hat mit seinem Team einen Stecker entwickelt, mit dem die im Netz verfügbare elektrische Energie dann genutzt werden soll, wenn gerade viel verfügbar ist. Ziel des Projekts ist es zu evaluieren, ob es möglich ist, Geräte in privaten Haushalten, hauptsächlich Geräte wie Geschirrspüler, Waschmaschine und Wäschetrockner, als schaltbare Last zu verwenden, um zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage im Stromnetz beizutragen.

„Verbrauch und Erzeugung von elektrischer Energie unterliegen starken Schwankungen. In privaten Haushalten ist der Verbrauch morgens und abends am größten. Strom aus erneuerbaren Energien wird jedoch nicht – wie von Kohle, Gas oder Atomkraft – konstant erzeugt, sondern ist wetterabhängig. Hier setzt IntelliGrid ein“, erläutert Patz. Der Stecker soll den Stromverbrauch auf Zeiten verschieben, in denen der Strom am günstigsten ist. Das Projekt konzentriert sich in der ersten Erprobungsphase auf die Verbraucher Waschmaschine, Trockner und Geschirrspülmaschine. Sie werden fast täglich benutzt und ihre Nutzung kann leicht verschoben werden.

Und so funktioniert‘s: Die Haushalte stecken den IntelliGrid-Stecker zwischen Steckdose und Geräte. Über das Heim-WLAN kommuniziert der Stecker mit dem IntelliGrid-Server. Die Nutzer*innen verwenden eine Smartphone-Anwendung, um dem Stecker zu sagen, wann etwa die Waschmaschine fertig sein soll. Der Server von IntelliGrid sucht dann nach dem besten Zeitraum, um die Waschmaschine laufen zu lassen und dabei den verfügbaren Strom am besten nutzt.

Zurzeit sucht das IntelliGrid Team interessierte Haushalte, die für drei Monate das System testen möchten und dann im Anschluss einen Fragebogen ausfüllen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Benjamin Mahler
Fachhochschule Kiel, Informatik und Elektrotechnik
benjamin.mahler@fh-kiel.de

Weitere Informationen:
https://IntelliGrid.eu

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Das Arbeitsvolumen in Deutschland ist erneut gestiegen

Sophia Koenen, Jana Bart, Inna Felde und Christine Vigeant Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)
Das Arbeitsvolumen stieg im zweiten Quartal 2022 gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal 2021 um 1 Prozent auf 14,5 Milliarden Stunden. Dies geht aus der am Dienstag veröffentlichten Arbeitszeitrechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Die Zahl der Erwerbstätigen verzeichnete im zweiten Quartal 2022 einen deutlichen Anstieg von 664.000 Personen gegenüber dem Vorjahresquartal 2021 und liegt mit 45,5 Millionen Personen über dem Niveau vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie im ersten Quartal 2020. Pro erwerbstätiger Person betrug die Arbeitszeit im zweiten Quartal 2022 durchschnittlich 319,3 Stunden. Damit zeigt sich ein Rückgang von 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.

„Wegen des Beschäftigungsaufschwungs werden in Deutschland wieder fast so viele Stunden gearbeitet wie vor der Pandemie. Die Omikron-Welle und andere Infektionen sowie der Teilzeit-Boom lassen die geleistete Arbeitszeit pro Kopf aber trotz des Rückgangs der Kurzarbeit sinken.“, berichtet Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. Nach vorläufigen Hochrechnungen ging die Kurzarbeit im zweiten Quartal 2022 gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal um 1,78 Millionen Personen auf nun 390.000 Personen deutlich zurück.

Der Krankenstand lag im zweiten Quartal 2022 mit 5,18 Prozent deutlich über dem des Vorjahresquartals von 4,11 Prozent.

Die Teilzeitquote ist gegenüber dem Vorjahresquartal um 0,3 Prozentpunkte gestiegen und lag bei 38,8 Prozent. Damit hat sie ihren Höchstwert vom zweiten Quartal 2019 wieder erreicht. „Dies liegt auch an einem Beschäftigungszuwachs gerade in Branchen mit einem hohen Teilzeitanteil wie dem Gesundheits- und Sozialwesen oder dem Bereich Erziehung und Unterricht.“, erklärt IAB-Forscherin Susanne Wanger. Allerdings hat die Teilzeitquote damit erst wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Zudem legen die Überstunden nach dem Corona-Einbruch wieder zu. „Ein Quiet Quitting kann man aus den Arbeitszeitdaten aktuell nicht ablesen“, stellt Weber fest.

Im Rahmen der Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen des Statistischen Bundesamtes für den Zeitraum ab 2018 (Sommerrechnung) hat das IAB seine Arbeitszeitrechnung überarbeitet. Dabei wurden Datenquellen aktualisiert und neue Datengrundlagen integriert. Eine ausführliche Darstellung der Revisionspunkte der IAB-Arbeitszeitrechnung ist unter https://doku.iab.de/forschungsbericht/2022/fb1322.pdf online abrufbar.

Eine Tabelle zur Entwicklung der Arbeitszeit steht im Internet unter https://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/tab-az2202.xlsx zur Verfügung. Eine lange Zeitreihe mit den Quartals- und Jahreszahlen ab 1991 ist unter https://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/AZ_Komponenten.xlsx abrufbar.

Weitere Informationen zur Verbreitung von bezahlten und unbezahlten Überstunden sind unter http://doku.iab.de/aktuell/2014/aktueller_bericht_1407.pdf zu finden.

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Gemeinsame Ziele für die Energiewende

Veronika Packebusch Hochschulkommunikation
Hochschule Stralsund
Empfang an der HOST für österreichische Delegation bringt Vertreter*innen von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu vielversprechendem Austausch.
Das ist eine „Ebene der Kooperation“, wie Ulrike Szigeti, Vize-Rektorin der Fachhochschule Salzburg, sagt, aus der gemeinsame Ziele mit Potenzial für die Energiewende erwachsen. Eine solche Ebene haben die Hochschule Stralsund, der Landkreis Vorpommern-Rügen und eine österreichische Delegation am Freitag bei einem Empfang an der Hochschule Stralsund zu den Themen Erneuerbare Energien und Wasserstoff zelebriert.

Gerahmt und gewürdigt von Redebeiträgen der Ministerin für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Bettina Martin, des Landrates Stefan Kerth, und des stellvertretenden Oberbürgermeisters der Hansestadt Stralsund, Heino Tanschus, wurde ein fachlicher und ganz praktischer Austausch zwischen Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft vorangetrieben. Durch Pitches, die in der Kürze Tiefe aufbauen konnten (zur Wasserstofferzeugung und Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur sowie zur Elektro- und Wasserstoffmobilität auf der Straße, Schiene und auf dem Wasser) wurden Anknüpfungspunkte für die Zukunft gefunden.

Ministerin lobt gelebten Wissenstransfer
Die Ministerin Bettina Martin suchte das Gespräch mit Prorektor Prof. Dr. Koch, Landrat Kerth, FH-Salzburg Vize-Rektorin Szigeti, Dr. Norbert Brandtner (NEOS Salzburg) und Dr. Werner Balika (Innovation Salzburg) und fasste in ihrem Grußwort zusammen, dass an der Hochschule Stralsund „exzellente Forschungs- und Wissenschaftsarbeit geleistet würde“, womit sie sich in diesem Fall vor allem auch auf den Bereich des Institutes Regenerative Energie Systeme (IRES) bezog. „Sie helfen uns, uns als Wissenschaftsstandort wettbewerbsfähig zu machen“, lobte die Ministerin und dankte stellvertretend Prorektor Koch und der Hochschule – für den internationalen Austausch, der durch diese Kooperation begünstigt würde. „Was hier an Innovationen und Vernetzung läuft“, sei noch gar nicht so bekannt, „wir sind im Norden ja immer etwas zurückhaltender: Aber hier entsteht Zukunft“, konstatierte die Ministerin und bezeichnete den mehrtägigen Austausch als „gelebten Wissenstransfer“. Der Standort MV lebe die Energiewende und das müsse er auch in Anbetracht des Krieges auf europäischem Boden. „Jetzt sind wir unter zeitlichem Druck, wir brauchen Sie um uns zu entwickeln“, wandte sie sich an die Forschung, Wissenschaft und dahingehend tätigen Wirtschaftsunternehmen. „Um ein Vielfaches beeindruckt es mich, welcher Sachverstand hier heute an der Hochschule Stralsund zusammengekommen ist“, sagte auch der stellvertretende Oberbürgermeister der Hansestadt Stralsund, Heino Tanschus. Gebraucht würden, betonte er wie die Ministerin, Wirtschaft und Wissenschaft.

Zusammenhalt als oberste Prämisse für die Energiewende
Der Landkreis Vorpommern-Rügen hatte diesen Austausch mit diversen Unternehmensbesuchen im Kreisgebiet und der Stadt forciert und war vom 30. August bis 2. September einer der Haupt-Gastgeber desselben. „Wir müssen auf kommunaler Ebene Lust darauf haben, zusammenzuhalten und voranzugehen, dann wird das auch wahrgenommen“, sagte Landrat Stefan Kerth. Der Umstand, dass der Landkreis einen Wasserstoffmanager hat, Brennstoffzellenbusse anschaffen möchte und an vielen kleinen Mosaiksteinchen, aus denen sich Realität und Taten ergeben würden, arbeitet, zeige wie ernsthaft das Thema im Landkreis bearbeitet würde. „Sie können alle sicher sein, dass das beim Landkreis Vorpommern-Rügen keine Eintagsfliege ist“, so Kerth.
Was sich schon in den Grußworten zeigte, spiegelte sich auch auf österreichischer Seite: Wesentlich, um mit Erneuerbaren Energien voranzukommen, wird der Zusammenhalt. „Machen wir es so wie früher, wir stehen – den Rücken zusammen, wir haben dieselben Herausforderungen, lassen Sie uns die Erneuerbaren Energien vorantreiben“, forderte Dr. Norbert Brandtner (NEOS Salzburg) auf.

Fachlicher Input und Arbeitsstände der Wirtschaft
„Wir leben in einer turbulenten Zeit“, sagte der Initiator des Treffens Prof. Dr. Georg Christian Brunauer von der Fachhochschule Salzburg, „es liegt an uns, was wir daraus machen“. Die Erde, betonte er, habe zwar schon einiges mitgemacht, aber seit menschliches Leben auf ihr sei, sei die Temperatur relativ konstant. „Jetzt haben wir einen Punkt erreicht, an dem das Klima mit uns eine Art Achterbahn fährt“, so Dr. Brunauer. „Damit es angenehm mit der Atmosphäre weitergeht“, müsse alles darangesetzt werden, CO2 zu reduzieren.
In den Pitches stellten Vertreter*innen hiesiger und österreichischer Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ihre aktuellen Bestrebungen beziehungsweise Forschungsstände und Ziele vor. Darunter waren beispielsweise von Enertrag SE Projektleiter Stephan Petzoldt, der über großtechnische Wasserstoffproduktion an vier Elektrolyse-Standorten entlang der H2-Pipeline sprach und damit über den Aufbau einer flächendeckenden Wasserstoffinfrastruktur in MV, Stralsunds Klimaschutzbeauftragter Stephan Latzko sprach über den Titel als HyExpert-Wasserstoff-Region, Dr. Michaela Leonhardt, die Leiterin des Teams Wasserstoff von Wien Energie, gab Einblicke in den Bau einer eigenen Erzeugungsanlage und André Flemming von der Steamergy GmbH & Co KG berichtete über das Bestreben, den Dampfmotor weiterzuentwickeln und den neuen Standort auf dem Stralsunder Werftgelände.

Hochschule präsentiert Wasserstofftechnologie zum Anfassen
Im Anschluss präsentierte sich die HOST – zeigte ihre Elektrolysestation, bot Laborbesichtigung und Wasserstoffexperimente an sowie Besuche der Werkstatt des ThaiGer- H2-Racingteams und der Werkstatt des Baltic Racing Teams, gab die Möglichkeit zum Probefahren mit dem ThaiGer-Rennwagen und eröffnete mit einen Info-Stand Einblicke in Tourismus und Management in der Ostseeregion und wie sie in Studiengängen an der HOST verankert sind. Am späteren Nachmittag besuchten die österreichische Delegation aus Vertreter*innen der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sowie Vertreter*innen der hiesigen Wirtschaft, Politik und der Hochschule Stralsund das Stralsunder Werftgelände und brachen danach zu einer Abendausfahrt mit der Weißen Flotte aus dem Stadthafen auf.
Lesen Sie auch: Neue Kooperation für Wasserstoffinfrastruktur: https://www.hochschule-stralsund.de/host/aktuelles/news/detail/n/neue-kooperatio…

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„Stadt? Land? Zukunft!“ – wie im Zwischenraum von Metropolen und Dörfern etwas Neues entsteht

Cosima Oltmann Kommunikation
ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius
Ein neues Magazin der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius stellt Menschen und Projekte vor, die Grenzen zwischen Städten und ländlichen Räumen aufheben. Wie können neue Verbindungen unser aller Zusammenleben verbessern?

Stadt versus Land, Modernität versus Rückständigkeit, Beton versus Idylle – politische Debatten über die Lebensräume von Menschen sind oft von Klischees geprägt. Dabei haben Metropolen und ländliche Räume viel gemeinsam. Und zahlreiche Initiativen und Grenzgänger:innen zwischen den Welten arbeiten daran, die Unterschiede weiter zu verwischen. Die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius veröffentlicht daher ein Magazin, das sich den Räumen zwischen Regionen widmet. Wie gelingt es, Städte und ländliche Räume besser zu verbinden? Wie können Technologien dabei helfen? Was können Politik und Verwaltung tun?

Für das Magazin „Stadt? Land? Zukunft!“ hat das Bucerius Lab, das Zukunftslabor der ZEIT-Stiftung, in Zusammenarbeit mit dem Thünen-Institut für Regionalentwicklung sowie dem Denk- und Designbüro studio amore Studien gewälzt, Menschen getroffen und Ideen gesammelt. Herausgekommen sind spannende Geschichten über den Wandel, wie und wo Menschen leben möchten. In mehreren Porträts werden Akteur:innen vorgestellt, die sich den großen Herausforderungen unserer Zeit stellen und die Räume zwischen Stadt und Land zu regelrechten „Zukunftsorten“ machen. Und auch die verständliche Aufbereitung von wissenschaftlichen Grundlagen, wie man verschiedene Lebensräume einordnen kann, kommt nicht zu kurz.

„Die Texte rund um die Zukunft unseres Zusammenlebens sollen die Leser:innen inspirieren und motivieren, selbst mit anzupacken und etwas zu bewegen“, erklärt Manuel J. Hartung, Vorstandsvorsitzender der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, das Ziel des Magazins. „Damit Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt funktionieren, dürfen Teilhabe und Wohlstand nicht stärker mit Ballungsräumen verbunden sein als mit anderen Orten, an denen Menschen leben.“

„Stadt-Land-Beziehungen sind vielfältiger als das, was wir häufig auf den ersten Blick sehen. Es gibt nicht nur Metropolen und – wahlweise idyllische oder abgehangene – Peripherie“, sagt Eleonore Harmel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Thünen-Institut für Regionalentwicklung und Mitgründerin des studio amore. „Wenn wir beides nicht mehr als getrennte Welten betrachten, finden wir schon heute Menschen und Projekte, Dörfer, Städte und Regionen, die ganz praktisch an ihrer Zukunftsfähigkeit bauen. In unserer wissenschaftlichen Analyse zeigen wir vier Wege, wie sich die Zukunft von Städten, ländlichen Regionen und den Räumen dazwischen entwickeln könnte.“

„In unserem Magazin stellen wir engagierte Menschen mit innovativen Ideen vor – in Städten und in ländlichen Räumen“, sagt Mirjam Büttner, Leiterin des Bucerius Labs der ZEIT-Stiftung. „Und egal in welcher Region, eines konnten wir überall sehen: Es braucht Menschen, die Stadt und Land als Kontinuum denken, und Verwaltungen, die Transformation als ihre Hauptaufgabe verstehen.“

Das neue Magazin der ZEIT-Stiftung wir beim ÜBERLAND Festival vom 2. Bis 4. September 2022 in Görlitz vorgestellt. Es wird in den kommenden Wochen auch bei anderen Veranstaltungen präsentiert und diskutiert. Ein besonderes Highlight: Im Oktober liegt „Stadt? Land? Zukunft!“ zum kostenfreien Lesen in den Fernverkehrszügen der Deutschen Bahn aus und lädt zum Schmökern und sich-Inspirieren-lassen ein.

Das Magazin in einer Online-Version zum Durchblättern finden Sie hier: https://read.zeit-stiftung.com/slz/

Das Magazin zum Download finden Sie hier: https://read.zeit-stiftung.com/slz/docs/Zeit_Stiftung_Zukunftsatlas.pdf

Die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius fördert Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur sowie Bildung und Erziehung. Sie initiiert Debatten zu Themen, die Politik und Gesellschaft betreffen, und eröffnet Foren zur digitalen Entwicklung. In der Tradition ihrer Stifter Ebelin und Gerd Bucerius sieht sie sich als Teil und Förderer einer liberalen, weltoffenen Zivilgesellschaft, die Lösungen finden muss für die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit.

Das Bucerius Lab der ZEIT-Stiftung beschäftigt sich mit Zukunftsthemen: Es konzentriert sich auf den digitalen Wandel, der zu einem zentralen Motor gesellschaftlicher, ökonomischer, politischer und kultureller Veränderungen geworden ist. Fragen rund um die Entwicklung von Stadt und Land im digitalen Zeitalter bilden derzeit einen Arbeitsschwerpunkt des Labs.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die ZEIT-Stiftung, Jessica Staschen, Leitung Kommunikation, Tel. 040 41336871 oder E-Mail: staschen@zeit-stiftung.de.

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Chronische Entzündungen: Welche Rolle spielen ein verbreiteter Rezeptor und die Ernährung?

Manuela Zingl GB Unternehmenskommunikation
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Unter Koordination der Charité – Universitätsmedizin Berlin werden Forschende in den kommenden drei Jahren der Rolle des Arylhydrocarbon-Rezeptors bei chronischen Entzündungen im Zusammenhang mit Ernährung nachgehen. Zu dem interdisziplinären Verbundvorhaben TAhRget (Targeting AhR-dependent Inflammation for Organ Protection) tragen sechs Partnereinrichtungen bei. Die Projektleitung hat das Experimental and Clinical Research Center (ECRC) – ein gemeinsames klinisches Forschungszentrum der Charité und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Arbeiten mit rund drei Millionen Euro.

Viele chronische Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen gehen mit andauernden oder schubweise auftretenden Entzündungen einher, die zu schweren Organschäden führen können. Mit solchen chronischen Entzündungsprozessen wird der Arylhydrocarbon-Rezeptor (AhR), der in einer Vielzahl unserer Körper- und Immunzellen vorkommt und dabei hilft, körperfremde Stoffe aus dem Körper zu schleusen, in Zusammenhang gebracht. Die dahinterstehenden Mechanismen sind allerdings bislang nicht hinreichend erforscht. Nun startet das BMBF-Verbundprojekt TAhRget, das die Rolle des Rezeptors AhR bei der Entstehung von Entzündungen und den Einfluss von Ernährung am Beispiel der chronischen Niereninsuffizienz (CKD) und der Multiplen Sklerose (MS) näher beleuchten soll. Vor dem Hintergrund dieser beiden sehr unterschiedlichen Erkrankungen erhoffen sich die Wissenschaftler:innen ein genaueres Bild über das Bindungs- und Wirkspektrum von AhR. „Wir möchten herausfinden, ob sich AhR als therapeutisches Ziel – im Englischen ‚target‘ – für Behandlungsstrategien eignet, mit denen Entzündungsprozesse in Schach gehalten und Organschäden minimiert oder gänzlich verhindert werden könnten“, sagt Dr. Nicola Wilck von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Internistische Intensivmedizin der Charité, Gruppenleiter am ECRC und Koordinator des TAhRget-Verbundprojekts.

Das interdisziplinäre Forschungsteam des Verbunds aus sechs überregionalen Partnern will in den kommenden drei Jahren mithilfe von Patientenkohorten, Tiermodellen, Zellkulturen, Einzelzellanalysen sowie Mikrobiom- und Ernährungsstudien herausfinden, ob und in welchem Maße der Rezeptor AhR zu Entzündungsprozessen bei CKD und MS beiträgt, die die Organe schädigen. Auch fahnden die Forschenden nach aussagekräftigen Biomarkern, die die Aktivität von AhR anzeigen können. Bekannt ist, dass der Rezeptor körperfremde Stoffe – etwa Nahrungsbestandteile oder Stoffwechselprodukte unserer Darmbakterien – bindet, um sie ausscheidungsfähig zu machen. Studienergebnisse zeigen außerdem, dass sich Ernährungsumstellungen auf Erkrankungen mit chronischen Entzündungen positiv auswirken können.

„Wir vermuten, dass hier AhR-vermittelte Prozesse eine Rolle spielen. Ein Schwerpunkt unserer Untersuchungen wird daher insbesondere auf ernährungs- und mikrobiomvermittelten Prozessen liegen, die den AhR und damit einhergehende entzündliche Prozesse bei CKD und MS steuern“, sagt Dr. Anja Mähler, Leiterin der Clinical Research Unit am ECRC und Teilprojektleiterin von TAhRget mit dem Schwerpunkt Ernährung. Das Ziel ist herauszufinden, welche Nahrungsbestandteile, Stoffwechselprodukte und Ernährungsformen sich negativ und welche sich positiv auf AhR-vermittelte entzündliche Prozesse auswirken, um dies bei der Behandlung von Patient:innen künftig berücksichtigen zu können. „Unser interdisziplinärer Verbund vereint Kliniker:innen aus Nephrologie und Neurologie, Immunologinnen und Immunologen, Mikrobiom- und Metabolomik-Forschende sowie Ernährungswissenschaftler:innen“, sagt Dr. Wilck. „Mit diesem gemeinschaftlichen und fachübergreifenden Forschungsansatz erhoffen wir uns, grundlegend neue und zukunftsweisende Erkenntnisse über die Beteiligung des AhR an chronischen Entzündungen zu gewinnen und damit den Weg zu neuen Behandlungsformen zu bahnen.“

Verbundvorhaben TAhRget
Das TAhRget-Verbundprojekt wird im Rahmen der BMBF-Ausschreibung „Förderung interdisziplinärer Verbünde zur Erforschung von Pathomechanismen“ unterstützt. Die Charité – Universitätsmedizin Berlin koordiniert das interdisziplinäre Vorhaben, zu dem sechs Partnereinrichtungen beitragen. Das Experimental and Clinical Research Center (ECRC), ein gemeinsames klinisches Forschungszentrum der Charité und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft, hat die Projektleitung inne. Weitere Partner sind das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), das Universitätsklinikum Erlangen, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Universität Regensburg. Projektstart ist der 1. September 2022.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Nicola Wilck
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Internistische Intensivmedizin
Charité – Universitätsmedizin Berlin
t: +49 30 450 540 459
E-Mail: nicola.wilck@charite.de

Weitere Informationen:
https://nephrologie-intensivmedizin.charite.de
https://www.mdc-berlin.de/de/wilck

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Klärwerk auf Nano-Ebene – Humboldt-Stipendiat in Technischer Chemie

Alexandra Nießen Ressort Presse – Stabsstelle des Rektorats
Universität Duisburg-Essen
Wasser wird auf unserem Planeten immer knapper. Und das vorhandene ist oft verschmutzt. Dr. Libing Zheng möchte das Reinigen optimieren. Er ist derzeit Stipendiat bei Professor Mathias Ulbricht an der Fakultät für Chemie der Universität Duisburg-Essen (UDE). Finanziert wird sein Aufenthalt durch ein Forschungsstipendium für Postdocs der Alexander von Humboldt-Stiftung.

Wasseraufbereitung ist in vielen Ländern inzwischen Standard. „In der Industrie könnten wir auch Meerwasser verwenden“, so Libing Zheng von der Chinese Academy of Sciences. Wenn es vorher gesäubert wird, sei das kein Problem. Möglich macht das etwa die Membrandestillation (MD). Anders als beim bisherigen Destillieren werden die einzelnen Moleküle über durchlässige Schichten (Membranen) auf Nanoebene voneinander getrennt. „MD eignet sich sehr gut dafür, Abwässer mit hohem Salzgehalt aufzubereiten, also Brackwasser, Meerwasser oder Industrieabwasser“, sagt der Stipendiat. Er wurde über das Thema an der Chinese Academy promoviert.

Ist das Schmutz-Problem mit der MD aus der Welt? „Leider nein. Die Salze, organischen Stoffe und Mikroben, die aus der Flüssigkeit herausgefiltert werden, setzen sich auf den Membranen ab, verschmutzen sie und verringern nach und nach ihre Leistung“, sagt Zheng. Gegen dieses Fouling möchte er mit magnetischen Nanopartikeln angehen. Sie sollen die Membran sauber halten: „Diese Teilchen können die Porengröße der Membran regulieren und die Ablagerung des Schmutzes kontrollieren. Sie fangen unterm magnetischen Wechselfeld an zu vibrieren, werden quasi zu ‚Nanomixern‘ und verzögern so Ablagerungen auf der Membran“, erklärt der 33-Jährige. Wenn die Frequenz des Wechselfeldes hoch ist, würden die Teilchen zudem wärmer. „Sie werden im Wechselfeld zur ‚Nano-Heizung‘ und garantieren in Kombination mit dem Mixer eine hocheffiziente Wasseraufbereitung.“

An der UDE möchte Grundlagenforscher Zheng die magnetischen Partikel bis 2024 nicht nur gegen das Fouling einsetzen. „Wir müssen unbedingt herausfinden, wie der Mechanismus im magnetischen Wechselfeld funktioniert. Damit ergründen wir auch ein wenig die Magie des Magnetismus für die Verbesserung von Membranprozessen.“

Weitere Informationen:
Fakultät für Chemie, Technische Chemie II:
Dr. Libing Zheng, lbzheng@rcees.ac.cn
Prof. Dr. Mathias Ulbricht, Tel. 0201/183 3151, mathias.ulbricht@uni-due.de

Redaktion: Alexandra Nießen, Tel. 0203/37 9-1487, alexandra.niessen@uni-due.de

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Mehr Sauerstoff in früheren Ozeanen

Dr. Susanne Benner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Chemie
Sauerstoffarme Meeresregionen wurden in vergangenen Warmzeiten offenbar kleiner

Eine paläoklimatologische Studie eines internationalen Teams um Forschende des Max-Planck-Institutes für Chemie kommt zu dem Schluss, dass sauerstoffarme Gebiete in den Meeren in langen Warmzeiten der Vergangenheit schrumpften.

Wenn der Sauerstoff knapp wird, hat es das Leben schwer. Das gilt für Bergregionen über 7.000 Meter genauso wie für umgekippte Gewässer. So können in tropischen Küstenregionen Westamerikas und Westafrikas, aber auch im Golf von Bengalen und Arabischen Meer nur spezialisierte Mikroben oder Organismen mit langsamem Stoffwechsel wie Quallen überleben.

In den vergangenen 50 Jahren haben sich die sauerstoffarme Meeresregionen sogar ausgeweitet. Das hat gravierende Folgen auch für die Menschen, die in Küstenregionen vom Fischfang leben. Die Wissenschaft schreibt diese Entwicklung der Erderwärmung zu: Dadurch löse sich zum einen weniger Sauerstoff im Wasser, zum anderen würden die Ozeanschichten schlechter durchmischt und immer größere Teile der Meere umkippen, so die gängige Meinung. Doch wie wird diese Entwicklung weitergehen und was geschah in vergangenen Warmzeiten?

Ein Team um Alexandra Auderset und Alfredo Martínez-García vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz hat in einer aktuellen Studie gezeigt, dass im offenen Ozean die sauerstoffarmen Zonen während der Warmzeiten der Vergangenheit kleiner wurden.

Der frühere Sauerstoffgehalt der Ozeane lässt sich aus Sedimenten ablesen
Die Forschenden leiten diese Erkenntnis aus ihren Analysen von marinen Sedimentarchiven ab. An Bohrkernen lassen sich vergangene Umweltbedingungen ähnlich ermitteln wie an Baumringen. So geben die in den Sedimenten abgelagerten Skelette von Kleinstlebewesen wie Foraminiferen unter anderem Aufschluss über den Sauerstoffgehalt des Meeres in der Vergangenheit. Zu seinen Lebzeiten speichert das Zooplankton in seinem Skelett Stickstoff, dessen Isotopenverhältnis vom Sauerstoffgehalt des Meeres abhängt. Denn unter sauerstoffarmen Bedingungen verstoffwechseln Bakterien bei der Denitrifikation Nitrat, und zwar bevorzugt solches mit dem leichten Isotop 14N, zu molekularem Stickstoff. So verringert sich in sauerstoffarmem Meerwasser die Konzentration von 14N im Vergleich zum schwereren Stickstoffisotop 15N, weil die Bakterien dann mehr Denitrifikation betreiben.

Der tropische Pazifik war während zweier Warmzeiten gut mit Sauerstoff versorgt
Anhand des veränderten Isotopenverhältnisses in den Skeletten etwa der Foraminiferen im Sediment ermittelten die Forschenden, dass die sauerstoffarmen Regionen im östlichen tropischen Nordpazifik während zweier Warmphasen der Erdneuzeit, nämlich vor etwa 16 und 50 Millionen Jahren, schrumpften.

„Mit diesem Ergebnis haben wir nicht gerechnet“, sagt Alexandra Auderset über die Studie, die nun in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde. „Aus dem Zusammenhang zwischen den hohen globalen Temperaturen und verringerter Denitrifikation schlussfolgern wir, dass der tropische Pazifik gut mit Sauerstoff angereichert war.“

Was das für die derzeitige Ausweitung der sauerstoffarmen Meeresregionen bedeutet, können die Forschenden aber noch nicht genau abschätzen: „Ob unser Ergebnis bereits auf die kommenden Jahrzehnte übertragbar ist oder erst auf viel längere Sicht eine Rolle spielt, bleibt unklar“, sagt die Paläoklimaforscherin Auderset.
„Das liegt daran, dass wir noch nicht wissen, ob kurz- oder langfristige Prozesse dafür verantwortlich waren.“

Dass sauerstoffarme Zonen in wärmeren Zeiten schrumpften, könnte am Rückgang der biologischen Produktivität in den tropischen Oberflächengewässer liegen. Die Produktivität könnte zurückgegangen sein, weil Winde im äquatorialen Pazifik aufgrund des wärmeren Klimas schwächer wurden.

Dafür spricht eine weitere Erkenntnis der Autoren: Während der beiden Warmzeiten des Känozoikums – dem Klimaoptimum des mittleren Miozäns vor etwa 16 Millionen Jahren und dem Klimaoptimum des frühen Eozäns vor etwa 50 Millionen Jahren – war der Temperaturunterschied zwischen hohen und niedrigen Breitengraden viel geringer als heute.

Schwächere tropische Winde während der Warmzeiten
Sowohl die globale Erwärmung als auch ein geringer Temperaturunterschied zwischen hohen und niedrigen Breitengraden dürften die tropischen Winde geschwächt haben, wodurch der Auftrieb von nährstoffreichem Tiefseewasser verringert wurde. Dies wiederum hätte zu einer geringeren biologischen Produktivität an der Oberfläche geführt. Weniger Planktonwachstum bedeutet auch, dass beim Abbau der Biomasse auch weniger Sauerstoff verbraucht wird. Diese Kette von Ereignissen kann relativ schnell ablaufen. Ist dieser Mechanismus entscheidend, dann könnte das Ausmaß des Sauerstoffmangels im offenen Ozean in den kommenden Jahrzehnten abnehmen.

Ein Blick in die Zukunft
Die Ursache für den Rückzug der Zonen mit wenig Sauerstoff könnte aber auch im Tausende von Kilometern entfernten Südpolarmeer liegen, wo der Klimawandel, anders als in anderen Meeresregionen, zu einer beschleunigten Durchmischung von Oberflächen- und Tiefenwasser führen könnte. Dadurch könnte mehr Sauerstoff in tiefere Regionen des Ozeans gelangen und sich über die Ozeanzirkulation ausbreiten, was die sauerstoffarmen Zonen schrumpfen ließe. Dieser Mechanismus würde sich allerdings erst langfristig auswirken. Wenn also die stärkere Umwälzung im Südpolarmeer Teile der sauerstoffarmen Zonen der Tropen und Subtropen beleben würde, wäre mit deren Rückzug frühestens in hundert Jahren zu rechnen.

„Vermutlich spielen beide Mechanismen eine Rolle. Jetzt geht es darum, herauszufinden, welcher der dominierende ist“, so Martínez-García und zeichnet so vor, was sein Team künftig untersuchen möchte.

Unabhängig davon, wann der Klimawandel sauerstoffarme Zonen im offenen Ozean zurückdrängen könnte, bleibt die Frage, welche Rückkopplungseffekte dann überwiegen und welche ökologischen und sozioökonomischen Folgen zu erwarten sind. So spricht letztlich alles dafür, die Klimaerwärmung so schnell wie möglich zu begrenzen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Alexandra Auderset
Max-Planck-Institut für Chemie
E-Mail: a.auderset@princeton.edu

Dr. Alfredo Martínez-García
Max-Planck-Institut für Chemie
Telefon: 06131-305 6717
E-Mail: a.martinez-garcia@mpic.de

Originalpublikation:
Enhanced ocean oxygenation during Cenozoic warm periods
Alexandra Auderset, Simone Moretti, Björn Taphorn, Pia-Rebecca Ebner, Emma Kast, Xingchen T. Wang, Ralf Schiebel, Daniel M. Sigman, Gerald H. Haug and Alfredo Martínez-García
Nature, 31 August 2022, doi: 10.1038/s41586-022-05017-0

Weitere Informationen:
https://www.mpic.de/5260697/ocean-oxygenation

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Countdown zum Tiefseebergbau läuft

Sabine Letz Presse und Kommunikation
Institute for Advanced Sustainability Studies e.V.
Die Uhr tickt, aber ist Eile geboten? Im Jahr 2021 hat der Inselstaat Nauru eine als „Zwei-Jahres-Regel“ bekannte Vertragsbestimmung ausgelöst, die die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) verpflichtet, innerhalb von 24 Monaten Vorschriften für den Tiefseebergbau auszuarbeiten und zu verabschieden. Diese Frist läuft im Juli 2023 ab. Der Wissenschaftler Pradeep Singh vom Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) untersucht die rechtlichen Auswirkungen dieser Bestimmung.

Der pazifische Inselstaat Nauru hat der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) am 25. Juni 2021 seine Absicht mitgeteilt, sich mit Wirkung vom 9. Juli 2021 auf Abschnitt 1 Nummer 15 des Durchführungsübereinkommens von 1994 (siehe Auszug unten) zu berufen, da das unter seiner Schirmherrschaft stehende Bergbauunternehmen Nauru Ocean Resources („NORI“) beabsichtigt, die Genehmigung eines Arbeitsplans für die Ausbeutung gemäß dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) zu beantragen. Die ISA ist ein autonomes zwischenstaatliches Gremium, das für die Regulierung von Bergbauaktivitäten in internationalen Gewässern zuständig ist.

Nauru wiederum ist eine kleine Insel im Pazifischen Ozean und liegt nordöstlich von Australien. Sie ist mit ihren 21 Quadratkilometern flächenmäßig der drittkleinste Staat der Erde. Es leben etwa 11.500 Menschen auf Nauru. Das Unternehmen Nori, in Nauru gegründet und registriert, ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des in Kanada ansässigen Unternehmens „The Metals Company“ (zuvor Deep Green).

Zwei-Jahres-Regel ausgelöst
Die Berufung auf die „Zwei-Jahres-Regel“ gibt dem ISA-Rat zwei Jahre Zeit – in diesem Fall bis zum 9. Juli 2023 – um ein Regelwerk für die Ausbeutung von Mineralien auf dem internationalen Meeresboden zu verabschieden, nach dem die Einnahmen aus dem Bergbau und andere Vorteile gerecht unter den Staaten aufgeteilt werden sollen. Sollte der Rat die Vorschriften nicht innerhalb dieser Frist verabschieden und ein Antrag auf Ausbeutung eingereicht werden, müsste der Rat diesen trotzdem „prüfen“ und „vorläufig genehmigen“.

Bislang hat die ISA ein Regelwerk für Abbautätigkeiten in Bezug auf drei verschiedene Arten von Mineralien geschaffen: für polymetallische Knollen im Jahr 2000, für polymetallische Sulfide im Jahr 2010 und für kobaltreiche Ferromangankrusten im Jahr 2012. Bis zum 1. Januar 2022 hat die ISA 31 Explorationsverträge vergeben, aber es wurden noch keine Anträge oder Verträge für den Abbau geprüft oder vergeben. Ein Hauptgrund dafür ist laut Pradeep Singh, dem Autor der Studie, dass „die Entwicklung von Vorschriften zur Erleichterung von Abbauaktivitäten noch nicht abgeschlossen ist“.

Die vielen Unbekannten der Tiefsee
Ein Argument gegen den Tiefseebergbau ist die Existenz bisher unbekannter Arten in der Tiefsee, darunter der kürzlich entdeckte Biremis-Spaghettiwurm und das herrlich seltsame Gummieichhörnchen. Diese Entdeckungen verdeutlichen den Mangel an verfügbaren Daten über die Lebensräume der Tiefsee, die zur Bewertung der grundlegenden Umweltbedingungen in den Zielgebieten herangezogen werden könnten. Unser Wissen über die Lebensräume und Ökosystemfunktionen der Tiefsee (einschließlich ihrer Rolle bei der Klimaregulierung und der Unterstützung des Nahrungsnetzes) und darüber, wie Bergbautätigkeiten sie beeinträchtigen könnten, ist noch lange nicht umfassend.

Obwohl die wissenschaftlichen Erkenntnisse nach wie vor spärlich sind, können die Wissenschaftler bereits vorhersagen, dass die Umweltauswirkungen, die sich aus der Gewinnung von Mineralien aus dem Meeresboden ergeben könnten, erheblich und weitgehend irreversibel wären. Daher hat eine Gruppe von über sechshundert Meereswissenschaftlern und -experten dazu aufgerufen, den Übergang der ISA von der Exploration zur Ausbeutung zu unterbrechen, bis kritische Wissenslücken geschlossen sind.

Vor diesem Hintergrund müssen die ISA-Mitgliedstaaten nun ein „akzeptables“ Maß an Umweltschäden durch den Tiefseebergbau aushandeln und festlegen. Bis vor kurzem haben jedoch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie den Rat daran gehindert, persönlich zusammenzukommen, um die Verhandlungen voranzutreiben. Seit der Pandemie konnte der Rat nur insgesamt vier Wochen lang persönlich über die Verordnungen verhandeln und soll später in diesem Jahr noch einmal für zwei Wochen zusammenkommen.

Gleichzeitig wirft die Aufgabe, einen Schwellenwert für Umweltschäden festzulegen, auch Fragen der rechtlichen Haftung auf, erklärt der Rechtswissenschaftler Pradeep Singh, Fellow am IASS. „Wir können nur hoffen, dass die ISA versuchen wird, durch die Herausgabe von Standards und Leitlinien klarere Vorgaben zu machen, was ein ‚akzeptabler Schaden‘ und was ein ‚nicht akzeptabler Schaden‘ ist. Und welche Kriterien wir bei der Bewertung von Umweltschäden anwenden sollten“, sagt Singh. „Diese Dinge müssen vereinbart werden, damit Akteure, die die von der ISA gesetzten Grenzen überschreiten, für ihre Handlungen haftbar gemacht werden können. Leider ist die Frage der rechtlichen Haftung in den bisherigen Diskussionen weitgehend vernachlässigt worden“, erklärt Singh.

Bergbau muss allen Menschen zugutekommen
Ein Hauptanliegen derjenigen, die die Bergbauvorschriften (zusammenfassend als Bergbaugesetz bezeichnet) ausarbeiten, ist, dass der Tiefseebergbau auf dem internationalen Meeresboden zum Nutzen der gesamten Menschheit erfolgen muss. Da die Verabschiedung der Vorschriften den Weg für die Aufnahme des kommerziellen Bergbaus ebnen würde, müssen die Mitgliedstaaten darauf vertrauen können, dass das von ihnen gebilligte Regime tatsächlich den Interessen aller dient und nicht nur einer Handvoll von Akteuren.

In der Studie kommt Pradeep Singh zu dem Schluss, dass die so genannte Frist keine absolute Frist ist und sich ihr Versäumen aus rechtlicher Sicht als weitgehend folgenlos erweisen könnte. Ein übereiltes Einhalten der Frist, ohne sicherzustellen, dass die Regelung zunächst „zweckmäßig“ ist, könnte weitaus schwerwiegendere Folgen haben, einschließlich der Gefahr, dass die ISA gerichtlich belangt wird und ihren Ruf schädigt. Er fordert die ISA-Mitgliedsstaaten daher dringend auf, sich die nötige Zeit für die Entwicklung eines robusten und vorsorglichen Systems zu nehmen, und rät dazu: „Die ISA sollte sich nicht zu sehr unter Druck gesetzt fühlen, die Verordnungen fertig zu stellen, insbesondere wenn dies bedeutet, dass minderwertige, inkohärente oder unvollständige Anforderungen eingeführt werden, um die gefühlte Frist einzuhalten.“

Gleichzeitig ist die Genehmigung eines Arbeitsplans nicht automatisch oder garantiert, wenn die Frist verpasst und ein Antrag auf Nutzung eingereicht wird. Der ISA-Rat könnte einen solchen Antrag ablehnen, wenn Bedenken hinsichtlich des Schutzes der Meeresumwelt vor den schädlichen Auswirkungen der Bergbautätigkeiten im Rahmen des Plans oder hinsichtlich der Angemessenheit der Umweltinformationen und -maßnahmen wie Folgenabschätzungen oder Überwachung bestehen. „Die Uhr tickt schnell und die Frist rückt näher, aber es gibt keinen Grund zur Eile“, fügt er hinzu.

Hintergrundmaterial zu dieser Pressemitteilung:
Abschnitt 1 Absatz 15 lautet wie folgt in einer aus dem Englischen übersetzen Version:
Die [ISA] arbeitet gemäß Artikel 162 Absatz 2 Buchstabe o) Ziffer ii) des Übereinkommens [RRP] aus, die auf den in den Abschnitten 2, 5, 6, 7 und 8 dieses Anhangs enthaltenen Grundsätzen beruhen, sowie alle zusätzlichen [RRP], die zur Erleichterung der Genehmigung von Arbeitsplänen für Explorations- oder Abbauarbeiten erforderlich sind, und nimmt sie gemäß den folgenden Unterabsätzen an:
(a) Der Rat kann eine solche Ausarbeitung jederzeit vornehmen, wenn er der Auffassung ist, dass alle oder einige dieser [RRP] für die Durchführung von Tätigkeiten im Gebiet erforderlich sind, oder wenn er feststellt, dass eine kommerzielle Nutzung unmittelbar bevorsteht, oder auf Ersuchen eines Staates, dessen Staatsangehöriger beabsichtigt, die Genehmigung eines Arbeitsplans für den Abbau zu beantragen;
(b) Wird ein Ersuchen von einem unter Buchstabe a) genannten Staat gestellt, so schließt der Rat gemäß Artikel 162 Absatz 2 Buchstabe o) des Übereinkommens die Annahme solcher [RRP] innerhalb von zwei Jahren nach dem Ersuchen ab;
(c) Hat der Rat die Ausarbeitung der [RRP] für die Nutzung nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist abgeschlossen und ist ein Antrag auf Genehmigung eines Arbeitsplans für die Nutzung anhängig, so prüft und genehmigt er diesen Arbeitsplan gleichwohl vorläufig auf der Grundlage der Bestimmungen des Übereinkommens und der [RRP], die der Rat gegebenenfalls vorläufig angenommen hat, oder auf der Grundlage der im Übereinkommen enthaltenen Normen und der in dieser Anlage enthaltenen Bedingungen und Grundsätze sowie des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung unter den Vertragspartnern.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Pradeep Singh
E-Mail: pradeep.singh@iass-potsdam.de
Tel.: +49 331 28822 340

Originalpublikation:
Pradeep Singh: The Invocation of the ‘Two-Year Rule’ at the International Seabed Authority: Legal Consequences and Implications, The International Journal of Marine and Coastal Law, 07/2022. DOI: https://doi.org/10.1163/15718085-bja10098

Weitere Informationen:
https://www.iass-potsdam.de/de/news/countdown-zum-tiefseebergbau-laeuft

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Wie verlässlich sind Corona-Schnelltests bei der Omikron-Variante?

Kirstin Linkamp Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Würzburg
Eine groß angelegte klinische Studie mit mehr als 35.000 durchgeführten Paralleltestungen am Universitätsklinikum Würzburg zeigt, dass Antigen-Schnelltests eine Schwäche bei der Erkennung von Omikron-Infektionen haben.

Würzburg. Neben Impfen gehören Abstandhalten, Lüften, Maskentragen und Testen zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen gegen die nächste, für den Herbst erwartete Corona-Welle. Große Hoffnung liegt wieder auf den unkomplizierten, weithin verfügbaren und kostengünstigen Antigen-Schnelltests, die vielen Aktivitäten Tür und Tor öffnen. Dass man sich bei einem negativen Schnelltest aber nicht immer in Sicherheit wiegen darf, zeigt die aktuellste am Universitätsklinikum Würzburg in Kooperation mit der Universität Würzburg und der Universität Greifswald durchgeführte Studie, die jetzt im Journal Clinical Microbiology and Infection veröffentlicht wurde (https://doi.org/10.1016/j.cmi.2022.08.006)

In der bisher weltweit größten veröffentlichten klinischen Studie zu Antigen-Schnelltests hat das Team um Isabell Wagenhäuser und Dr. Manuel Krone die Sensitivität von Antigen-Schnelltests bei verschiedenen Varianten von SARS-CoV-2, darunter die aktuell vorherrschende Omikron-Variante, verglichen. Insgesamt wurden zwischen November 2020 und Januar 2022 bei 26 940 Personen 35 479 Parallel-Proben entnommen.

Ergebnis: Von 426 SARS-CoV-2-positiven PCR-Proben waren im Schnelltest nur 164 positiv. Das entspricht einer Sensitivität von lediglich 38,50 Prozent. Bei der derzeit vorherrschenden Omikron-Variante schlugen sogar nur 33,67 Prozent an. Beim Wildtyp zeigten immerhin 42,86 Prozent der Schnelltests einen positiven Befund.

Sensitivität hängt von Viruslast ab
„Wir konnten erwartungsgemäß beobachten, dass mit abnehmender Viruslast auch die Empfindlichkeit der Schnelltests abnahm“, berichtet Isabell Wagenhäuser. „Doch gerade bei einer hohen Viruslast wurden Omikron-Infektionen durch Antigen-Schnelltests schlechter erkannt.“ Studienleiter Manuel Krone fügt hinzu: „Die Viruslast, bei der Schnelltests mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent anschlagen, war bei Omikron-Infizierten 48-fach erhöht gegenüber dem Wildtyp-Virus. Diese zuvor in Laborstudien beobachtete Verringerung der Sensitivität konnten wir erstmals im klinischen Alltag nachweisen.“

Obwohl all diese Aspekte die Verwendung von Antigen-Schnelltests weiter einschränken, seien sie dem Autorenteam zufolge nach wie vor ein unersetzliches Diagnoseinstrument für ein schnelles, großflächiges SARS-CoV-2-Screening. Manuel Krone: „Schnelltests sind kein adäquater Ersatz für PCR-Untersuchungen bei symptomatischen Personen. Doch sie können potentielle Superspreader herausfiltern und somit dazu beitragen, die nächste Infektionswelle einzudämmen.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Manuel Krone, krone_m@ukw.de

Originalpublikation:
I Wagenhäuser, K Knies, D Hofmann, V Rauschenberger, M Eisenmann, J Reusch, A Gabel, S Flemming, O Andres, N Petri, M Topp, M Papsdorf, M McDonogh, R Verma-Führing, A Scherzad, D Zeller, H Böhm, A Gesierich, A K Seitz, M Kiderlen, M Gawlik, R Taurines, T Wurmb, R-I Ernestus, J Forster, D Weismann, B Weißbrich, L Dölken, J Liese, L Kaderali, O Kurzai, U Vogel, M Krone, Virus variant specific clinical performance of SARS-CoV-2 rapid antigen tests in point-of-care use, November 2020 to January 2022, Clinical Microbiology and Infection, 2022, doi.org/10.1016/j.cmi.2022.08.006.

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Grüner Wasserstoff aus Offshore-Windkraft

Dr. Torsten Fischer Kommunikation und Medien
Helmholtz-Zentrum Hereon
H2Mare ist eines von drei Wasserstoff-Leitprojekten, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt bis zu 740 Millionen Euro gefördert werden. Bei H2Mare wird innerhalb von vier Jahren gemeinsam mit rund 32 Partnern aus Wissenschaft und Industrie die Erzeugung von grünem Wasserstoff und Folgeprodukten mit Offshore-Windkraft untersucht. Mit vier seiner Institute unterstützt das Helmholtz-Zentrum Hereon die Technologieentwicklung für eine nachhaltige und umweltfreundliche Energieproduktion.

Um die Treibhausgasneutralität bis 2045 zu erreichen, muss Deutschland seinen CO2-Fußabdruck drastisch reduzieren. Die Produktion von grünem Wasserstoff, gewonnen aus erneuerbaren Energien, kann dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. Der flexible Energieträger und von ihm abgeleitete Produkte wie Ammoniak, Methanol und synthetische Kraftstoffe – Power-to-X (PtX)-Produkte genannt – können die erzeugte überschüssige Energie speichern. Sie können etwa in der Industrie oder im Mobilitätssektor genutzt werden und somit fossile Brennstoffe ersetzen.

Für die Herstellung von grünem Wasserstoff weisen Offshore-Windparks ein großes Potential auf, denn auf dem Meer stehen große Flächen mit beständigerem Wind zur Verfügung und es gibt weniger Konflikte um die Nutzung als an Land. Um dieses Potential zukünftig zu nutzen, wird in H2Mare die direkte Produktion von Wasserstoff und anderen PtX-Produkten in maritimer Umgebung erforscht. Dies bietet auch die Chance, die Herausforderung der Netzanbindung zu umgehen und die fluktuierende erneuerbare Energie speicherbar und transportfähig zu machen und damit die Stromnetze dauerhaft zu entlasten. Das Hereon ist an zwei Verbundprojekten von H2Mare beteiligt: Das Projekt „PtX-Wind“ entwickelt und testet Möglichkeiten einer Plattform im offenen Meer, auf der aus Offshore-Windenergie direkt Wasserstoff und PtX-Produkte hergestellt werden. Das zweite Verbundprojekt mit Hereon-Beteiligung heißt „TransferWind“ und widmet sich der Umsetzung der entwickelten Technologien und dem Wissensaustausch zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Offshore-Produktion von Wasserstoff und anderen PtX-Produkten gilt als eine der Zukunftstechnologien für die Energiewende und kann zudem die Abhängigkeit von Energieimporten verringern. Doch es gibt noch viele offene Fragen und Herausforderungen. Diese beziehen sich unter anderem auf die Umweltauswirkungen, den Betrieb und die Nachhaltigkeit der Plattform, Kosten und Wirtschaftlichkeit sowie die gesellschaftliche Akzeptanz. Vier verschiedene Hereon-Institute tragen dazu bei, diese Fragen im Laufe des Projekts zu beantworten: das Institut für Membranforschung, das Institut für Umweltchemie des Küstenraumes, das Institut für Küstensysteme – Analyse und Modellierung und das Climate Service Center Germany (GERICS).

Vier Institute – viele Aufgaben
Das Institut für Membranforschung stellt sich der Herausforderung, langzeitstabile Membranen zur Meerwasseraufbereitung für Elektrolyseverfahren herzustellen. Das sogenannte Fouling auf der Membranoberfläche muss minimiert werden. Das bedeutet, die Membranen chemisch so zu modifizieren, dass die Bildung eines Biofilms reduziert wird. „Wir werden für diesen Prozess Membranen mit verbesserten Eigenschaften entwickeln, um das Meerwasser für die verschiedenen Prozesse aufzubereiten“, sagt Dr. Volkan Filiz, Abteilungsleiter am Institut.

Das Institut für Umweltchemie des Küstenraumes bringt vor allem chemisch-analytische Erfahrung zur Untersuchung von Schadstoffen in marinen Umweltproben ein. Das hilft, mögliche Emissionen der Offshore-Plattformen wie (Schwer-)Metalle oder organische Schadstoffe frühzeitig zu benennen und folglich Emissionen weiter zu verringern. „Emissionen können etwa aus Abwasserreinigungsanlagen, Seekühlwassersystemen, Brandschutzsystemen, Öleinleitungen, vermehrtem Schiffsverkehr oder durch die notwendigen Korrosionsschutzmaßnahmen der Bauwerke entstehen“, sagt Dr. Daniel Pröfrock, Abteilungsleiter am Institut.

Das Institut für Küstensysteme – Analyse und Modellierung untersucht die Wetter- und Umweltbedingungen, um auf dieser Grundlage Sicherheitskonzepte zu erarbeiten. „Dafür erstellen wir Daten, die eine Beurteilung der Gefährdung der Plattformen und des Abtransportes der PtX-Produkte ermöglichen. Diese Daten umfassen die Windgeschwindigkeiten und Windrichtungen sowie den Seegang und Strömungsverhältnisse“, sagt Dr. Beate Geyer, Küstenforscherin am Institut.

Das GERICS beschäftigt sich mit der Frage, welchen möglichen Einfluss die Herstellung von Wasserstoff und anderen PtX-Produkten auf dem Meer auf die regionale Bevölkerung und andere Interessensgruppen, wie etwa Fischerei, Naturschutz oder Tourismus hat. Damit verbunden untersuchen die Forschenden auch die Akzeptanz für eine Offshore PtX-Plattform. „Wir setzen auf den Dialog mit den Beteiligten. Das erlaubt, die verschiedenen Positionen offenzulegen und sie gemeinsam mit Projektpartnern zu diskutieren“, sagt Dr. Paul Bowyer, Abteilungsleiter am Institut.

Große Herausforderungen, große Ziele
Die Ziele, die H2Mare verfolgt, sind Voraussetzungen zu schaffen, um klimaneutrale und leicht transportierbare Energieträger offshore zu produzieren, ins Gespräch zu kommen mit den Akteuren vor Ort, Insellösungen zu erarbeiten, damit der Anschluss an das Stromnetz auf See entfallen kann. Außerdem sollen die Erfahrungen, die in die Entwicklung einer serienreifen PtX-Produktionsplattform einfließen, auch Anwendungen in anderen Ländern und Kontexten finden. Daher wird das Projekt nicht nur den Aufbau der deutschen Wasserstoffwirtschaft unterstützen, sondern bietet auch das Potenzial, einen globalen Beitrag zur Reduktion des CO2-Fußabdruckes zu liefern.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Paul Bowyer I Helmholtz-Zentrum Hereon I Climate Service Center Germany I T: +49 (0) 40 226338-427 I paul.bowyer@hereon.de I www.hereon.de

Weitere Informationen:
https://www.wasserstoff-leitprojekte.de/projects/h2mare

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Es ist nie zu spät: Rauchstopp senkt Herz-Kreislauf-Risiko auch nach einem ersten Herzinfarkt noch erheblich.

Georg Rüschemeyer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Cochrane Deutschland
Ein aktueller Cochrane Review zeigt, dass es sich auch nach einem ersten Herzinfarkt noch lohnt, mit dem Rauchen aufzuhören: Das Risiko eines weiteren Infarkts oder Schlaganfalls lässt sich dadurch um rund ein Drittel senken.

Über ein Drittel aller Todesfälle in Deutschland sind auf kardiovaskuläre Erkrankungen (cardiovascular disease, CVD) zurückzuführen, die sich insbesondere in Form von Herzinfarkten und Schlaganfällen manifestieren. Zu den wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren für CVD gehört neben der Ernährung das Rauchen – Schätzungen zufolge ist das Tabakrauchen für rund jeden zehnten Todesfall durch CVD verantwortlich.

Dabei ist es nie zu spät, um mit dem Rauchen aufzuhören: Wie auch das Risiko für Lungenkrebs, so sinkt auch das kardiovaskuläre Risiko nach einem Rauchstopp wieder deutlich ab. Dass sich dies selbst dann noch lohnt, wenn man bereits einen ersten Herzinfarkt erlitten hat, belegt die Evidenz aus dem eben erschienenen Cochrane Review „Rauchentwöhnung zur Sekundärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ auf Basis von 68 Studien mit insgesamt mehr als 80.000 Teilnehmenden.

Die Kernaussagen des Reviews:

CVD-Risiko:
Menschen mit koronarer Herzerkrankung, die mit dem Rauchen aufhören, verringern wahrscheinlich ihr Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden und daran zu sterben um rund ein Drittel. Die Autor*innen schätzten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach GRADE hierfür als moderat (für CVD-Todesfälle) bzw. gering (für nicht tödliche CVD-Ereignisse) ein.

Lebensqualität:
Viele Raucher lieben ihr Laster und fürchten einen Verlust an subjektiver Lebensqualität, wenn sie damit aufhören. In den acht Studien, die den Endpunkt „Lebensqualität“ mindestens 6 Monate lang nachverfolgten, bestätigte sich diese Sorge nicht. Vielmehr fühlten sich die Studienteilnehmenden, die sich zum Rauchstopp entschlossen, langfristig sogar geringfügig besser als jene, die weiter rauchten.

„Unsere Ergebnisse belegen, dass das Risiko sekundärer CVD-Ereignisse bei denjenigen, die mit dem Rauchen aufhören, im Vergleich zu denjenigen, die das Rauchen fortsetzen, sinkt, und dass sich die Lebensqualität als Folge des Rauchstopps verbessert“, schlussfolgern die Autor*innen. „Wir hoffen, dass diese Ergebnisse dazu mehr Menschen zu einem Rauchstopp motivieren und Gesundheitspersonal dazu ermutigen, Patient*innen beim Aufhören aktiver zu unterstützen.“

Originalpublikation:
Wu AD, Lindson N, Hartmann-Boyce J, Wahedi A, Hajizadeh A, Theodoulou A, Thomas ET, Lee C, Aveyard P. Smoking cessation for secondary prevention of cardiovascular disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2022, Issue 8. Art. No.: CD014936. DOI: 10.1002/14651858.CD014936.pub2

Weitere Informationen:
https://www.cochrane.de/news/es-ist-nie-zu-spaet-rauchstopp-senkt-auch-nach-eine…

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Grüne Wasserstofftechnologien industriell nutzbar machen: deutsch-neuseeländisches Projekt zur Wasserelektrolyse

Christian Wißler Pressestelle
Universität Bayreuth
Die Gewinnung von „grünem Wasserstoff“ durch Elektrolyse aus regenerativem Strom ist eine Schlüsseltechnologie der Energiewende. Ein ungelöstes Problem ist bislang der Bedarf an teuren, schwer verfügbaren Edelmetallen. Hier setzt das zum 1. August 2022 gestartete Projekt „HighHy“ an, in dem die Universität Bayreuth mit dem Fraunhofer IFAM und drei Universitäten in Neuseeland zusammenarbeitet. Gemeinsam wollen die Partner ein kostengünstiges und ressourcenschonendes Verfahren zur Wasserelektrolyse entwickeln, das Nickel und Mangan als Katalysatormaterialien verwendet. Das BMBF fördert das Vorhaben für drei Jahre, die Universität Bayreuth erhält insgesamt rund 240.000 Euro.

Im Juni 2021 hatte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Förderaufruf „Forschungskooperation Grüner Wasserstoff mit Neuseeland“ gestartet. Drei Projekte, darunter „HighHy“, wurden vor kurzem zur Förderung ausgewählt. „Deutschland und Neuseeland haben ein starkes Interesse an der Umstellung ihrer Energiesysteme auf nachhaltigere und effizientere Technologien. Ein Schwerpunkt der bilateralen Zusammenarbeit liegt auf der grünen Wasserstofftechnologie, die ein wesentlicher Bestandteil der deutschen Dekarbonisierungsstrategie ist. Die neuseeländischen Universitäten Canterbury, Auckland und Wellington, das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung in Dresden sowie die Universität Bayreuth, die 2020 eine eigene Wasserstoffstrategie auf den Weg gebracht hat, sind forschungsstarke und hochmotivierte Partner, die gemeinsam die grüne Wasserstofftechnologie mit innovativen Lösungen voranbringen wollen“, erklärt die Bayreuther Projekt-Koordinatorin Prof. Dr.-Ing. Christina Roth, Inhaberin des Lehrstuhls für Werkstoffverfahrenstechnik an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften. In die bevorstehenden Forschungsarbeiten sollen auch Studierende, Doktorand*innen und Postdocs beider Länder einbezogen werden. „Ich hoffe sehr, dass es uns gelingt, den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland und Neuseeland für elektrochemische Energietechnologien zu begeistern“, sagt Roth.

Bei der Wasserelektrolyse wird Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Als „grün“ wird der Wasserstoff bezeichnet, wenn die für die Aufspaltung verwendete Elektrizität aus nachhaltigen Quellen wie Sonne und Wind stammt. Ausgangspunkt des Projekts „HighHy“ ist die AEM-Elektrolyse. Hierbei handelt sich um eine noch junge, vielversprechende Technologie auf der Basis von Anionenaustauschmembranen (AEM = Anion Exchange Membran). Sie wird allerdings durch die unzureichende Geschwindigkeit der Sauerstoff-Entwicklungs-Reaktion (OER) behindert. Verläuft diese Reaktion zu langsam, hat dies nachteilige Auswirkungen auf den Prozess der Wasserstofferzeugung insgesamt. Aus diesem Grund hat sich die AEM-Elektrolyse noch nicht als industrielles Verfahren etablieren können. Daher wollen die deutschen und neuseeländischen Forschungspartner im Projekt „HighHy“ hochaktive Katalysatoren entwickeln, die einen raschen und zuverlässigen Ablauf der Sauerstoff-Entwicklungs-Reaktion gewährleisten. Entscheidend ist, dass diese Katalysatoren keine seltenen Edelmetalle wie Iridium enthalten, sondern mit Nickel und Mangan – zwei gut verfügbaren und kostengünstigen Metallen – arbeiten.

Unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Christina Roth wird der Lehrstuhl für Werkstoffverfahrenstechnik grundlegende Forschungsbeiträge zur Entwicklung der Katalysatormaterialien und zu neuen Methoden der Elektrodenherstellung leisten. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IFAM und den neuseeländischen Partnern sollen hocheffiziente Anoden konzipiert, über umweltfreundliche Synthesewege hergestellt und unter realen Arbeitsbedingungen direkt im Betrieb getestet werden. Gemeinsames Ziel ist es, die AEM-Elektrolyse so weiterzuentwickeln, dass sie im Industriemaßstab zur Gewinnung von grünem Wasserstoff eingesetzt werden kann.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr.-Ing. Christina Roth
Lehrstuhl für Werkstoffverfahrenstechnik
Universität Bayreuth
Tel.: +49 (0)921 / 55-7200 und -7201
E-Mail: christina.roth@uni-bayreuth.de

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Land Niedersachsen fördert die vorklinische Entwicklung des optischen Cochlea Implantats

Stefan Weller Stabsstelle Unternehmenskommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsmedizin Göttingen – Georg-August-Universität
Das Land Niedersachsen und die VolkswagenStiftung bewilligen Forschenden der UMG und des Göttinger Exzellenzclusters Multiscale Bioimaging Mittel über 1 Million Euro aus dem „SPRUNG“ (vormals: „Niedersächsisches Vorab“) zur Entwicklung des optischen Cochlea-Implantats für die Wiederherstellung des Hörens beim Menschen.

(mbexc/umg) Die Schwerhörigkeit ist die häufigste Sinnesbehinderung des Menschen: Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden 466 Mio. Menschen (davon 34 Mio. Kinder) weltweit an einer behandlungsbedürftigen Schwerhörigkeit. Ursächlich für die häufigste Form der Schwerhörigkeit sind defekte oder abgestorbene Hörsinneszellen. Bisher ist es nicht möglich, diese Sinneszellen zu reparieren oder wiederherzustellen. Die klinische Versorgung beruht daher auf Hörgeräten bei leicht- bis mittelgradiger Schwerhörigkeit und Cochlea-Implantaten bei hochgradiger Schwerhörigkeit und Taubheit. Elektrische Cochlea-Implantate (eCIs) werden weltweit von mehr als einer Million Menschen genutzt und ermöglichen den Betroffenen ein Sprachverstehen in ruhiger Umgebung. Doch Nutzer*innen haben Schwierigkeiten, Sprache bei Hintergrundgeräuschen zu verstehen, den emotionalen Tonfall von Sprache zu interpretieren oder Melodien in Musik zu genießen. Daher besteht ein großer klinischer Bedarf, das Hören mit CI zu verbessern.

Das Team um Prof. Dr. Tobias Moser, Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und Sprecher des Exzellenzclusters Multiscale Bioimaging (MBExC), erforscht intensiv die Weiterentwicklung des CI. Für deren Pionierarbeiten zur Etablierung des optischen Cochlea Implantats, das das herkömmliche eCI mit moderner Optogenetik kombiniert, erlangten er und sein Team international Aufmerksamkeit und Anerkennung. Die Vision vom „Hören mit Licht“ und die bisherigen Arbeiten zu seiner Umsetzung überzeugte das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur und die VolkswagenStiftung. Der vielversprechende Forschungsansatz erhält eine Förderung über „SPRUNG“ (vormals „Niedersächsisches Vorab“) in Höhe von über 1 Millionen Euro. „Ausdrücklich danken möchte ich dem Land Niedersachsen für die Unterstützung. Ministerpräsident Stephan Weil hat bei seinem Besuch der UMG großes Interesse an diesem translationalen Projekt bekundet und die nun gewährte Landesförderung ist ein sehr wichtiger Schritt bei der Vorbereitung der klinischen Prüfung“, sagt Prof. Moser.

Das optische Cochlea-Implantat (oCI)
Regenerative Ansätze für die Wiederherstellung des Hörens, die den Ersatz von verlorenen Haarsinneszellen oder Hörnervenzellen mittels Pharmakologie, Gen- oder Zell-Therapie anstreben, konnten bislang keine signifikante Hörverbesserung erzielen. „Bevor solche Ansätze die Wiederherstellung des Hörens möglich machen werden, sind die meisten mittel- bis hochgradig Schwerhörigen oder Tauben vermutlich auch in den kommenden ein bis drei Jahrzehnten auf Hörgeräte und CIs als breit anwendbare Versorgungslösungen angewiesen, da sie unabhängig von der genauen Krankheitsursache hilfreich sind“, sagt Prof. Moser.

Das elektrische Cochlea-Implantat (eCI) wird bereits seit 20 Jahren zur Wiederherstellung des Hörens bei ca. einer Million Patient*innen erfolgreich eingesetzt und ist somit die erfolgreichste Neuroprothese. Es umgeht geschädigte Hörsinneszellen, indem es Sprache und Geräusche in elektrische Pulse umwandelt. Je nach Frequenzbereich aktiviert der eintreffende Schall einzelne Elektroden des Implantats. Diese stimulieren wiederum den Hörnerv, was vom Gehirn dann als Geräuscheindruck interpretiert wird. Die breite Stromausbreitung von jeder der 12 bis 24 Elektroden führt jedoch zu einer nicht-selektiven Anregung der Nervenzellen und so zu einer schlechten Wahrnehmung von Tonhöhen. Auf diese Weise kann zwar das Hören an sich wieder hergestellt werden, der Höreindruck bleibt aber noch weit entfernt vom natürlichen Hören.

Ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftler*innen am Göttingen Campus (mit MBExC, SFB889, Institut für Auditorische Neurowissenschaften der UMG, Deutsches Primatenzentrum, Leibniz-Institut für Primatenforschung, Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften) setzt auf die Optogenetik als moderne Schlüsseltechnologie für das „Hören mit Licht“. Da Licht räumlich wesentlich besser begrenzt werden kann als elektrische Reize, verspricht die optische Stimulation des Hörnervs, die Grenzen der derzeitigen elektrischen CIs zu überwinden. Durch die Kombination eines optischen CI mit einer Gentherapie wird eine fundamentale Verbesserung der Frequenzauflösung erreicht. Dabei wird die Gentherapie genutzt, um einen Licht-aktivierbaren Ionenkanal („Lichtschalter“) in Spiralganglionneuronen der Cochlea einzuschleusen und diese lichtempfindlich zu machen. Was im Tiermodell bereits erfolgreich war, gilt es nun für die Anwendung beim Menschen weiter zu entwickeln. Das geplante 64-kanalige optische CI soll es Nutzer*innen ermöglichen, Sprache auch in geräuschreicher Umgebung zu verstehen, Sprachmelodien zu erkennen und auch Melodien zu genießen. Den präklinischen Machbarkeitsnachweis sowohl für Gentherapie der Hörschnecke als auch für das optische CI als neues Medizinprodukt haben Moser und sein Team in jahrelanger Forschung (seit 2007) bereits erbracht und in mehr als zwanzig wissenschaftlichen Publikationen dokumentiert. Bis zum geplanten Start der ersten klinischen Studie im Jahr 2026 besteht jedoch noch ein erheblicher Forschungsbedarf. Ein Teil dieser Arbeit soll durch die bewilligten Fördermittel finanziert werden.

Das Göttinger Exzellenzcluster 2067 Multiscale Bioimaging: Von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen (MBExC) wird seit Januar 2019 im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder gefördert. Mit einem einzigartigen interdisziplinären Forschungsansatz untersucht das MBExC die krankheits-relevanten Funktionseinheiten elektrisch aktiver Herz- und Nervenzellen, von der molekularen bis hin zur Organebene. Hierfür vereint MBExC zahlreiche universitäre und außeruniversitäre Partner am Göttingen Campus. Das übergeordnete Ziel ist: den Zusammenhang von Herz- und Hirnerkrankungen zu verstehen, Grundlagen- und klinische Forschung zu verknüpfen und damit neue Therapie- und Diagnostikansätze mit gesellschaftlicher Tragweite zu entwickeln.

WEITERE INFORMATIONEN
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Institut für Auditorische Neurowissenschaften
Prof. Dr. Tobias Moser
Telefon 0551 / 39-63071, tmoser@gwdg.de

Exzellenzcluster Multiscale Bioimaging (MBExC)
Dr. Heike Conrad (Kontakt – Pressemitteilungen)
Telefon 0551 / 39-61305, heike.conrad@med.uni-goettingen.de

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Institut für Auditorische Neurowissenschaften
Prof. Dr. Tobias Moser
Telefon 0551 / 39-63071
tmoser@gwdg.de

Weitere Informationen:
http://zum Institut für Auditorische Neurowissenschaften: www.auditory-neuroscience.uni-goettingen.de
http://zum Exzellenzcluster Multiscale Bioimaging (MBExC): https://mbexc.de/
http://zum Sonderforschungsbereich 889: http://www.sfb889.uni-goettingen.de
http://zur Volkswagenstiftung: https://www.volkswagenstiftung.de
http://zu „SPRUNG“: https://www.volkswagenstiftung.de/unsere-foerderung/sprung

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Das Auto einfach stehen lassen

Anna Riesenweber Kommunikation
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Die Städte Kerpen und Troisdorf und das Wuppertal Institut suchen Menschen, die im September für zwei Wochen den Schlüssel abgeben
 
Viele Arbeitnehmer*innen pendeln täglich über die Stadtgrenzen hinaus zur Arbeit. Der Pendelverkehr – oft mit dem eigenen Auto – verursacht erhebliche Verkehrs- und Umweltprobleme. Doch wie lässt sich der Autoverkehr reduzieren? Eine Lösung sind Mobilstationen, die komfortable, integrierte Wegeketten im Umweltverbund fördern. Die Kolpingstadt Kerpen und die Stadt Troisdorf machen vor wie es gelingt und wollen zeigen, wie es als Blaupause für weitere Städte dienen kann.

Im Rheinland verknüpfen die Mobilstationen verschiedene Verkehrsmittel an einem Ort und ermöglichen es Fahrgästen, flexibel etwa zwischen Öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) und Leih-Angeboten (Sharing) zu entscheiden.
Die Mobilstationen an den Bahnhöfen Troisdorf und Spich sind die ersten im Stadtgebiet. Weitere acht sind bereits in Planung – unter anderem am Ursulaplatz und am Rathaus. Auch die Bahnhöfe Horrem, Sindorf und Buir in der Kolpingstadt Kerpen sind als Mobilstationen ausgebaut, wie auch sämtliche zentralen Bushaltepunkte des Stadtgebiets. Im Rahmen des Feinkonzepts des Rhein-Erft-Kreises erfolgt zudem ein sukzessiver Aufbau weiterer Mobilstationen in den kommenden Jahren. Im gesamten Rheinland sollen in den nächsten Jahren dann hunderte Mobilstationen entstehen. Auffällige Informationsstellen in Form einer Stele im einheitlichen mobil.nrw-Design sorgen dafür, dass die Stationen leicht wiedererkennbar sind.

Aktion „Gib den Schlüssel ab! Zwei Wochen ohne eigenes Auto”


Um der Bevölkerung diese vielfältigen Möglichkeiten näher zu bringen, nehmen die Städte Kerpen und Troisdorf an einer wissenschaftlichen Studie teil. Das Modellprojekt „Mobilstationen als intermodale Schnittstellen im Umweltverbund in der Stadtregion Köln“ – kurz MOST RegioKöln – soll helfen, die Nutzungsbedingungen von Mobilstationen besser zu erfassen und von den Erfahrungen zu lernen. Auf Basis der Erkenntnisse werden Empfehlungen zur Übertragbarkeit entwickelt, um den Ausbau von Mobilstationen auch in anderen Pendlerregionen in NRW und ganz Deutschland zu unterstützen.
 
„Mit der Studie wollen wir herausfinden, wie wir den Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Verkehr, das Rad und Sharing-Mobilität erleichtern können. Die Ergebnisse sollen den Akteur*innen vor Ort helfen,  diese Verkehrsmittel schlau miteinander zu verknüpfen, damit Fahrgäste möglichst oft die Möglichkeit haben, das Auto stehen zu lassen“, sagt Thorsten Koska, Leiter des Projekts MOST RegioKöln und Co-Leiter des Forschungsbereichs Mobilität und Verkehrspolitik am Wuppertal Institut. 
 
Das Wuppertal Institut sucht in Kooperation mit der Kolpingstadt Kerpen und der Stadt Troisdorf interessierte Bürger*innen, die vom 12. bis zum 25. September symbolisch ihren Autoschlüssel abgeben. Mit einem kostenfreien „Rundum-Sorglos-Umsteige-Paket“ sollen sie als Alternative zum Auto die vielfältigen Angebote der Mobilstationen nutze, wie etwa ÖPNV, Car- und Bikesharing, Fahrradboxen, und davon mit dem Hashtag #DuGibstDenTonAn auf ihren öffentlichen Social-Media-Profilen berichten.
 
Mitmachen können alle Interessierten bis zum 31. August 2022, indem sie eine E-Mail an umsteigen@wupperinst.org schreiben – unter Angabe von Name, Alter, Wohnort, Beruf bzw. Tätigkeit sowie einem Foto und einer kurzen Beschreibung, warum sie mitmachen und wofür sie die Angebote vor allem nutzen möchten. Alternativ reicht auch ein Smartphone-Video, gepostet mit dem Hashtag #DuGibstDenTonAn, das diese Fragen beantwortet. Die eingesendeten Daten werden nur für interne Zwecke genutzt und nicht veröffentlicht. Das Wuppertal Institut wählt nach Ablauf der Bewerbungsfrist bis zu zehn Umsteiger*innen aus, berät diese, wie sie ohne Auto mobil(er) sein können und stattet sie mit ihrem persönlichen kostenlosen Rundum-Sorglos-Umsteige-Paket aus. Am Ende der Aktion ziehen die Umsteiger*innen ihr Fazit und nehmen an einem Auswertungsgespräch mit den Wissenschaftler*innen teil, welches in die Auswertung der Mobilitätsstudie einfließt.
 
Mobilitäts-Schnupper-Event an den Mobilstationen in Kerpen-Horrem und Troisdorf
Vom 22. August bis zum 23. September 2022 sollen alle Kerpener*innen und Troisdorfer*innen mithilfe der Kampagne #DuGibstDenTonAn motiviert werden, „ihre“ Mobilstationen kennenzulernen, die neuen Angebote auszuprobieren und sie in ihre Alltagsmobilität zu integrieren. Die Stadtverwaltungen freuen sich auf die Erfahrungsberichte der Bürger*innen in den Sozialen Medien unter dem Hashtag #DuGibstDenTonAn. Flyer und Plakate vermitteln die Kampagnenbotschaft: Mit den Mobilstationen gibst Du den Ton an – Du entscheidest, wie und wann Du fährst und bist 24/7 maximal flexibel! Zwei Aktionen laden zudem zum Ausprobieren ein:



– Am 16. September können Bürger*innen von 15 bis 19 Uhr an der Mobilstation Bahnhof Horrem (Bahnhofstraße 9, 50169 Kerpen) hautnah die Vorteile einer Mobilstation erleben. Der städtische Mobilitätsmanager Michael Strehling alle Menschen herzlich ein, vorbeizukommen und gemeinsam die neuen Mobilitäts-angebote kennenzulernen und auszuprobieren.

– Am 22. September haben Interessierte von 15 bis 19 Uhr Gelegenheit die Vorteile der Mobilstation am Troisdorfer Bahnhof (Poststraße 64, 53840 Troisdorf) zu erleben. Bürgermeister Alexander Biber lädt zusammen mit dem technische Beigeordneten Walter Schaaf, seinem Co-Dezernenten Thomas Schirrmacher und dem städtischen Mobilitätsmanager Daniel Euler alle Menschen herzlich ein, vorbeizukommen und gemeinsam die neuen Mobilitätsangebote kennenzulernen und auszuprobieren. An einem Glücksrad können Besucher*innen außerdem weitere Schnuppertickets gewinnen, beispielsweise für Bikesharing, Radboxen oder das örtliche Carsharing.
 
Über das Projekt MOST RegioKöln
Das Projektteam besteht aus Forschungs- und Praxispartner*innen, deren Kompetenzen sich ergänzen. Koordiniert wird das Projekt durch das Wuppertal Institut. Weitere Partner*innen sind der NVR – Nahverkehr Rheinland, das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und die Bergische Universität Wuppertal. Im Unterauftrag wirken Jung Stadtkonzepte und tippingpoints – Agentur für nachhaltige Kommunikation am Projekt mit. Gefördert wird das Projekt mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Wirtschaftsministerium NRW. Gefördert wird das Projekt mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Wirtschaftsministerium NRW.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
https://wupperinst.org/c/wi/c/s/cd/657 – Thorsten Koska, Co-Leiter des Forschungsbereichs Mobilität und Verkehrspolitik

Originalpublikation:
https://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/7819 – Pressemitteilung auf der Website des Wuppertal Instituts

Weitere Informationen:
https://most-regio-koeln.de – Website MOST RegioKöln
https://www.mobil.nrw/mobilstationen – Infoportal mobil.nrw
https://wupperinst.org/p/wi/p/s/pd/939 – Projekt MOST RegioKöln
https://bit.ly/3QNvW8u – Download Onepager „Gib den Schlüssel ab!“
https://bit.ly/3JVt5Z0 – Download Infoflyer „Was ist eine Mobilstation?

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Partikel aus alltäglichen Wandfarben können lebende Organismen schädigen – Neuartige Membran zeigt hohe Filterleistung

Christian Wißler Pressestelle
Universität Bayreuth
Für Wand- und Deckenanstriche werden in Haushalten meistens Dispersionsfarben verwendet. Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universität Bayreuth hat jetzt zwei typische Dispersionsfarben auf ihre chemische Zusammensetzung hin analysiert und darin sehr viele feste Partikel entdeckt, die nur wenige Mikro- oder Nanometer groß sind. Untersuchungen an biologischen Testsystemen ergaben, dass diese Partikel lebende Organismen schädigen können. Mit einer neuartigen, an der Universität Bayreuth entwickelten Membran lassen sich diese Partikel aus dem Wasser herausfiltern, bevor sie in die Umwelt gelangen.

Inhaltsstoffe von Dispersionsfarben
Die Bayreuther Studie zu den Inhaltsstoffen der Dispersionsfarben und ihren möglichen Auswirkungen auf lebende Organismen ist in der Zeitschrift „Ecotoxicology and Environmental Safety“ erschienen. Sie basiert auf einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit im Sonderforschungsbereich 1357 „Mikroplastik“ an der Universität Bayreuth. Für die Untersuchungen haben die Wissenschaftler*innen zwei handelsübliche, in Haushalten häufig verwendete Dispersionsfarben ausgewählt. Diese unterscheiden sich vor allem durch ihre Tropfeigenschaften, weil sie einerseits für Wandanstriche und andererseits für Deckenanstriche entwickelt wurden. Die beiden Farben haben einen Feststoffgehalt von 49 bzw. 21 Gewichtsprozent, der organische Anteil liegt bei 57 bzw. sieben Gewichtsprozent. Charakteristische feste Bestandteile im Mikro- oder Nanometerbereich sind Partikel aus Siliziumdioxid, Titandioxid und Kalziumkarbonat sowie Partikel aus verschiedenen Kunststoffen, vor allem Polyacrylat.

„Viele dieser winzigen Partikel gelangen zum Beispiel durch Abrieb der Farbschichten oder Verwitterung in die Umwelt. Unsere Untersuchung zeigt nun: Wenn Pinsel, Rollen, Abstreifgitter und Eimer, die beim Anstreichen von Wänden und Decken verwendet wurden, durch Auswaschen von Farbresten gereinigt werden, können die Partikel aus den Dispersionsfarben in Abwässer und damit auch in die Umwelt gelangen. Die Folgen für die Umwelt müssen gründlich untersucht werden, was angesichts der weltweiten Verbreitung von Dispersionsfarben und ihrer vielfältigen Materialzusammensetzung umso dringender erscheint. Deshalb haben wir uns nicht nur auf die chemische Untersuchung der Farbkomponenten beschränkt, sondern auch ihre Auswirkungen auf lebende Organismen und Zellen untersucht“, sagt Prof. Dr. Andreas Greiner, stellvertretender Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Mikroplastik“.

Auswirkungen auf lebende Organismen
Für ihre biologischen Untersuchungen haben die Bayreuther Wissenschaftler*innen zwei in der Forschung bewährte Testsysteme ausgewählt: Wasserflöhe der Spezies Daphnia magna und eine Linie von Mauszellen. Maßgeblich für die Untersuchung der Wasserflöhe war ein Test nach OECD-Richtlinien für die Prüfung von Chemikalien. Bei diesem Test wird die Mobilität der Organismen betrachtet. Es stellte sich heraus, dass die Beweglichkeit der Tiere deutlich herabgesetzt war, wenn das Wasser einen hohen Anteil an gelösten und ungelösten anorganischen Nano- und Mikroplastikpartikeln enthielt. Bei den Mauszellen ließ sich eine Verringerung der Zellaktivität feststellen, die generell durch Partikel im Nanometerbereich verursacht wurde. Der Stoffwechsel in den Mauszellen wurde insbesondere durch Nanopartikel aus Titandioxid und Kunststoffen erheblich gestört.

„Unsere Forschungsarbeiten zeigen, dass die Inhaltsstoffe von Dispersionsfarben unterschiedlich starke Reaktionen in Organismen und Zellen hervorrufen können. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass die Inhaltsstoffe schädigend für die Umwelt sein könnten. Weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet sind dringend erforderlich, zumal wir noch viel zu wenig darüber wissen, ob Wechselwirkungen zwischen Nanopartikeln aus Kunststoff und anorganischen Nanopartikeln zusätzliche Schädigungen auslösen können“, erklärt Prof. Dr. Christian Laforsch, Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Mikroplastik“. „Es ist ebenso eine noch weitgehend ungeklärte Frage, wie die Inhaltsstoffe von Dispersionsfarben in verschiedenen Umweltkompartimenten – beispielsweise in der Luft, im Boden oder in Flüssen – mit anderen Stoffen wechselwirken. Schon heute ist aber klar, dass Dispersionsfarben nicht achtlos in der Umwelt entsorgt werden sollten“, sagt Prof. Dr. Ruth Freitag, Inhaberin des Lehrstuhls für Bioprozesstechnik an der Universität Bayreuth.

Eine neuartige Membran mit hohen Filterleistungen
Parallel zu den Untersuchungen von Dispersionsfarben und ihren möglichen Auswirkungen haben sich Forscher*innen unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Greiner einem weiteren Vorhaben gewidmet: Sie haben ein neues Verfahren entwickelt, mit dem potenziell umwelt- und gesundheitsschädliche Partikel aus Dispersions-Wandfarben aus dem Abwasser durch Filtration entfernt werden können. Dabei kommt eine im Elektrospinnverfahren hergestellte, aus funktionalisierten Fasern bestehende Membran zum Einsatz, die auf unterschiedliche Weisen mikro- und nanometergroße Partikel zurückhält. Einerseits sind die Poren der Membran so fein, dass Mikropartikel nicht hindurchgelassen werden. Andererseits führen Wechselwirkungen zwischen den Membranfasern und Nanopartikeln dazu, dass diese an der Membranoberfläche hängen bleiben, obwohl sie in die Poren hineinpassen würden. In beiden Fällen ist die Filterwirkung nicht mit einer raschen und großflächigen Verstopfung der Poren verbunden. Daher kann beispielsweise Wasser problemlos die Membran durchdringen und abfließen.

In der Zeitschrift „Macromolecular Materials and Engineering“ beschreiben die Bayreuther Wissenschaftler*innen die erfolgreiche Anwendung der Membran. Getestet wurden dabei auch die beiden Dispersionsfarben, die sich in der Studie als potenziell schädlich für lebende Organismen erwiesen hatten. Wie sich herausstellte, ist die Membran in der Lage, typische Farbkomponenten mit hoher Filterleistung zurückzuhalten – insbesondere Nanopartikel aus Titandioxid und Polyacrylat und Mikropartikel aus Kalziumkarbonat. „Im Alltag gelangen alle diese Farbkomponenten gemeinsam ins Abwasser. Hier mischen sie sich und ändern aufgrund ihrer Wechselwirkungen in manchen Fällen sogar ihre Strukturen und Eigenschaften. Daher haben wir die Filterleistung unserer elektrogesponnenen Membran gezielt an solchen Mischungen getestet. Die hohen Filterwirkungen, die wir dabei erzielt haben, zeigen: Dieses Verfahren hat ein großes Potenzial, wenn es darum geht, Wasser von Partikeln im Mikro- und Nanometerbereich zu reinigen, wie sie in weltweit handelsüblichen Farben enthalten sind“, sagt Greiner.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Andreas Greiner
Makromolekulare Chemie II
Sonderforschungsbereich 1357 „Mikroplastik“
Universität Bayreuth
Telefon: +49 (0)921 / 55-3399
E-Mail: andreas.greiner@uni-bayreuth.de

Originalpublikation:
Ann-Kathrin Müller, Julian Brehm, Matthias Völkl, Valérie Jérôme, Christian Laforsch, Ruth Freitag, Andreas Greiner: Disentangling biological effects of primary nanoplastics from dispersion paints’ additional compounds. Ecotoxicology and Environmental Safety (2022).
DOI: https://doi.org/10.1016/j.ecoenv.2022.113877

Ann-Kathrin Müller, Zhi-Kang Xu, Andreas Greiner: Filtration of Paint-Contaminated Water by Electrospun Membranes. Macromolecular Materials and Engineering (2022).
DOI: https://doi.org/10.1002/mame.202200238

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Schutz vor Corona: Erfahrung ist beim Immunsystem nicht immer ein Vorteil

Frederike Buhse Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Exzellenzcluster Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen
Bei der Corona-Impfung basiert eine gute Impfreaktion auf naiven Immunzellen, bereits existierende Gedächtniszellen sind eher nachteilig, wie ein Forschungsteam des Exzellenzclusters PMI zeigt.

Wer viele Infektionen mit gewöhnlichen Erkältungsviren durchgemacht hat, die ja auch zu den Coronaviren zählen, steht dadurch nicht besser da, was die Bekämpfung von COVID-19 angeht, sowohl nach Infektion mit SARS-CoV-2 als auch nach einer Corona-Impfung. „Wir haben bereits 2020 gezeigt, dass ein früherer Kontakt mit Erkältungsviren keinen Schutz vor COVID-19 bietet. In der Folgestudie konnten wir jetzt zeigen, dass dies auch für die Qualität der Impfreaktion nicht vorteilhaft ist“, erklärt Professorin Petra Bacher vom Institut für Immunologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel. Gemeinsam mit Professor Alexander Scheffold, dem Leiter des Instituts für Immunologie, und weiteren Kolleginnen und Kollegen des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) aus Kiel analysierte die Immunologin Blutproben von gesunden Personen vor und nach der Corona-Impfung. Das Ergebnis der jetzt in Immunity publizierten Studie: „Eine gute Immunantwort kommt aus dem naiven Repertoire an T-Zellen. Bereits vorhandene T-Gedächtniszellen, die SARS-CoV-2 erkennen, haben eher einen negativen Effekt.“ Das könnte erklären, warum bei alten Menschen die Immunreaktion nach Infektion oder Impfung oft schlechter verläuft.

Was macht eine gute Impfantwort aus?
T-Zellen, genau genommen, T-Helferzellen, sind die zentralen Organisatoren von Immunantworten. Jede einzelne erkennt über ihren „T-Zell-Rezeptor“ einen spezifischen Krankheitserreger. Naive T-Zellen, hatten noch keinen Kontakt mit einem Erreger. Bei einer Infektion oder Impfung werden nur die Erreger-spezifischen T-Zellen aktiviert und können sich zu Gedächtniszellen umwandeln. Diese sorgen bei erneutem Kontakt mit dem Erreger für eine schnelle Immunreaktion, das Prinzip der Impfung. Man findet aber im Blut von Menschen, die weder geimpft sind noch infiziert waren auch Gedächtniszellen, die auf SARS-CoV-2 reagieren können, die aber aus Infektionen mit anderen Erregern stammen. Ein Phänomen, das Kreuzreaktivität genannt wird und das bisher als protektiv betrachtet wurde. „Wir haben uns gefragt, ob Gedächtniszellen, die bereits gegen einen ähnlichen Erreger wir SARS-CoV-2 reagiert haben, zum Beispiel ein Schnupfenvirus, tatsächlich die Reaktion auf die Corona-Impfung verbessern. Oder ob es wichtiger ist, viele naive Zellen gegen SARS-CoV-2 zu haben, die sich spezifisch auf den neuen Erreger einstellen können. Das ist in der Regel bei jungen Menschen der Fall, die meist gut mit Infektionen und Impfungen zurechtkommen“, verdeutlicht Bacher, die den Dorothea-Erxleben-Forscherinnenpreis 2021 des Exzellenzclusters PMI erhalten hat und das Preisgeld in dieses Projekt steckte.
Für die aktuelle Studie wurde das Blut von 50 gesunden Personen vor der Corona-Impfung sowie mehrere Wochen nach der ersten und zweiten Impfung analysiert. Eine vorhergehende Corona-Infektion wurde ausgeschlossen. Durch eine spezielle Technik, die sogenannte Antigen-reaktive-T-Zell-Anreicherung, können ganz gezielt die Zellen untersucht werden, die auf den Impfstoff reagieren. Bacher: „Wir sortieren die Zellen heraus, die auf SARS-CoV-2 reagieren, denn nur die entscheiden über die Immunantwort. Über den T-Zell-Rezeptor können wir feststellen, ob die Zellen aus dem naiven Repertoire stammen oder aus dem Gedächtnis-Repertoire.“ Die Ergebnisse dieser Analyse wurden mit der Qualität der Impfantwort in Beziehung gesetzt.

Impferfolg bei über 80-Jährigen nicht so gut
Das Ergebnis der Untersuchung war, so Bacher, „Bereits vorhandene Gedächtnis-T-Zellen tragen nicht zu einer qualitativ hochwertigen Immunantwort bei. Eher im Gegenteil. Eine sehr gute Immunantwort kommt aus dem naiven Repertoire.“ Bei den über 80-jährigen zeigte sich eine insgesamt schwächere Reaktion. Die Impfung führte bei ihnen nur zu einem geringen Anstieg der SARS-CoV-2 spezifischen T-Zellen. „Wir zeigen, dass bei Älteren die wenigen naiven T-Zellen, die im höheren Alter noch übrig sind, nicht mehr so gut aktiviert werden können. Aber auch die stark vorhandenen Gedächtniszellen tragen bei Älteren nicht positiv zur Impfantwort bei.“ Dieser Defekt im Immunsystem von alten Menschen lasse sich zwar mit weiteren Auffrischimpfungen mildern aber nicht ausgleichen. Trotz Impfungen bleiben hochbetagte Menschen eine vulnerable Gruppe. „Wir müssen uns bewusst machen, dass es immer noch eine Gruppe gibt, die gefährdet ist. Das betrifft überwiegend die Älteren, deren Immunsystem nicht mit diesem „neuen“ Erreger zurechtkommt. Aber auch bei jungen Menschen gibt es welche mit schlechter Impfantwort. Das sieht man auch daran, dass trotz Impfung immer noch schwere Verläufe vorkommen“, ergänzt Alexander Scheffold.

Impfschutz – Antikörperwerte sind nicht aussagekräftig
Wie gut und wie lange die Impfung im Einzelfall vor einer Infektion mit Corona schützt, lässt sich nach wie vor durch Blutuntersuchungen nicht zuverlässig feststellen. Die Messung spezifischer Antikörper gegen den Erreger ist nicht wirklich aussagekräftig. Denn es ist nicht bekannt, ab welchem Wert ein ausreichender Immunschutz vorliegt. Bacher: „Im Immunsystem gibt es keine klaren Grenzen. Welcher Faktor entscheidend ist, kann von Mensch zu Mensch verschieden sein. Insgesamt tragen viele Faktoren zum Infektionsschutz bei, neben den Antikörpern eben vor allem die T-Zellen“. Die in der Studie angewandten T-Zelluntersuchungen sind aber für die klinische Anwendung noch viel zu aufwändig. Hier muss noch einiges in Forschung und Entwicklung investiert werden, um diese Organisatoren der Immunantwort auch im klinischen Alltag bestimmen zu können, nicht nur für SARS-CoV-2. Die Notwendigkeit aber hat die Corona-Epidemie klar vor Augen geführt.

Fotos stehen zum Download bereit:
www.precisionmedicine.de/de/pressemitteilungen/pressebilder-2022/08-immune-cell-isolation-blood_CopyrightSaschaKlahnCAU.jpg
Isolation von Immunzellen aus dem Blut.
© Sascha Klahn, Uni Kiel

www.precisionmedicine.de/de/pressemitteilungen/portraitbilder/petra-bacher.jpg
Prof. Dr. Petra Bacher, Mitglied im Exzellenzcluster PMI und Schleswig-Holstein Excellence-Chair Nachwuchsgruppenleiterin am Institut für Immunologie und Institut für klinische Molekularbiologie, CAU und UKSH.
© Jürgen Haacks, Uni Kiel

www.precisionmedicine.de/de/pressemitteilungen/portraitbilder/scheffold-alexander.jpg
Prof. Alexander Scheffold, Vorstandsmitglied im Exzellenzcluster PMI, Direktor des Instituts für Immunologie, CAU und UKSH.
© Jürgen Haacks, Uni Kiel

Der Exzellenzcluster „Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen/Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) wird von 2019 bis 2025 durch die Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder gefördert (ExStra). Er folgt auf den Cluster Entzündungsforschung „Inflammation at Interfaces“, der bereits in zwei Förderperioden der Exzellenzinitiative (2007-2018) erfolgreich war. An dem neuen Verbund sind rund 300 Mitglieder in acht Trägereinrichtungen an vier Standorten beteiligt: Kiel (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Muthesius Kunsthochschule, Institut für Weltwirtschaft und Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik), Lübeck (Universität zu Lübeck, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein), Plön (Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie) und Borstel (Forschungszentrum Borstel – Leibniz Lungenzentrum).

Ziel ist es, die vielfältigen Forschungsansätze zu chronisch entzündlichen Erkrankungen von Barriereorganen in ihrer Interdisziplinarität verstärkt in die Krankenversorgung zu übertragen und die Erfüllung bisher unbefriedigter Bedürfnisse von Erkrankten voranzutreiben. Drei Punkte sind im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Behandlung wichtig und stehen daher im Zentrum der Forschung von PMI: die Früherkennung von chronisch entzündlichen Krankheiten, die Vorhersage von Krankheitsverlauf und Komplikationen und die Vorhersage des individuellen Therapieansprechens.

Exzellenzcluster Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen
Wissenschaftliche Geschäftsstelle, Leitung: Dr. habil. Susanne Holstein
Postanschrift: Christian-Albrechts-Platz 4, D-24118 Kiel
Telefon: (0431) 880-4850, Telefax: (0431) 880-4894
Twitter: PMI @medinflame

Pressekontakt:
Kerstin Nees
Telefon: (0431) 880 4682
E-Mail: kerstin.nees@hamburg.de
https://precisionmedicine.de

Link zur Meldung:
www.precisionmedicine.de/de/detailansicht/news/schutz-vor-corona-erfahrung-ist-beim-immunsystem-nicht-immer-ein-vorteil

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Petra Bacher
Institut für Immunologie und Institut für klinische Molekularbiologie, CAU und UKSH
0431 500-31005
Petra.Bacher@uksh.de

Prof. Alexander Scheffold
Institut für Immunologie, CAU und UKSH
0431 500-31000
Alexander.Scheffold@uksh.de

Originalpublikation:
Carina Saggau, Gabriela Rios Martini, Elisa Rosati, …, Alexander Scheffold, Petra Bacher. The pre-exposure SARS-CoV-2 specific T cell repertoire determines immune response quality to vaccination. Immunity (2022). Doi: https://doi.org/10.1016/j.immuni.2022.08.003

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Befragung zu Klimaanpassung: Hessens Kommunen im Klimawandel

Melanie Neugart Wissenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
Die Folgen des Klimawandels spüren auch Hessens Kommunen immer deutlicher. Mit dem derzeit aktuellen „Integrierten Klimaschutzplan 2025“ zielt das Land deshalb auf umfangreiche Maßnahmen zur Klimaanpassung. Doch bei der Umsetzung stehen Mitarbeitende in Städten und Gemeinden vor großen Herausforderungen. Welche Expertise haben oder benötigen sie, um Maßnahmen zur Klimaanpassung erfolgreich umzusetzen? Für eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme wendet sich das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung noch bis September 2022 mit einer Online-Befragung an kommunale Akteure in Hessen.

Die Herausforderungen für Kommunen sind gewaltig, was die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen betrifft – nicht nur in Hessen. Der Aufgabenkatalog ist weitreichend. Er reicht von kleinräumigen Anpassungsmaßnahmen über umfassende Risikobewertungen bis hin zu fachübergreifenden Querschnittsaufgaben. Je nach Größe und Lage der Kommunen gestalten sich die Herausforderungen und die Wissensbedarfe daher sehr unterschiedlich. Oft fehlen in der kommunalen Alltagspraxis auch Zeit und Kapazitäten, um das breite Informationsangebot zu sichten. Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel werden mithin für viele Städte und Gemeinden zum Kraftakt.

Mit der Frage, wie kommunale Akteure bei der Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen noch besser unterstützt werden können, beschäftigt sich das Forschungsprojekt WissTransKlima. „Wir wollen besser verstehen, wie es in den hessischen Städten und Gemeinden um das Thema Klimaanpassung bestellt ist, um speziell für Kommunen zugeschnittene Informations- und Beratungsangebote zu entwickeln“, sagt Nicola Schuldt-Baumgart, Leiterin des Forschungsprojekts.

WissTransKlima: Forschungsprojekt zur Unterstützung hessischer Kommunen
Das Forschungsteam ruft deshalb jene Mitarbeitende in den hessischen Kommunen zur Teilnahme an einer wissenschaftlichen Befragung auf, die sich mit dem Thema Klima und Klimaanpassung befassen. Die anonyme Umfrage wird online durchgeführt. Noch bis Mitte September können Mitarbeitende aus der kommunalen Verwaltungspraxis an der 10- bis 15-minütigen Umfrage teilnehmen. „Die Ergebnisse der Umfrage werden im kommenden Jahr mit Vertreterinnen und Vertretern einzelner Kommunen in moderierten Workshops diskutiert, um dann gemeinsam Lösungsstrategien und Maßnahmen zu erarbeiten“, erklärt ISOE-Klimaexperte Thomas Friedrich. „Die an der Befragung Teilnehmenden können uns im Rahmen der Befragung ihr Interesse an diesen Workshops sehr gern mitteilen.“

Das Forschungsprojekt „Wissenstransfer in Kommunen – Voraussetzungen und Möglichkeiten für eine gelingende Klimaanpassung (WissTransKlima)“ wird durch das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) gefördert und als Leitlinienprojekt umgesetzt. Das ISOE führt die transdisziplinäre Forschungs- und Praxisarbeit in dem dreijährigen Projekt zusammen mit dem Fachzentrum Klimawandel und Anpassung (FZK) noch bis September 2024 durch.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Thomas Friedrich
Forschungsschwerpunkt Energie und Klimaschutz im Alltag
ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
Hamburger Allee 45
60486 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 707 6919-60
friedrich@isoe.de
www.isoe.de

Weitere Informationen:
https://www.isoe.de/nc/forschung/projekte/project/wisstransklima/

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Umstellung auf Wasserstoff: BAM entwickelt hochpräzise Kalibriergase für Dekarbonisierung des europäischen Gasnetzes

Oliver Perzborn Referat Kommunikation, Marketing
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
Wasserstoff soll möglichst bald fossiles Erdgas im europäischen Gasnetz ersetzen. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) entwickelt für ein EU-weites Projekt hochpräzise Kalibriergase. Sie sind die Grundlage, um später Verbrauchsmengen und Kosten exakt berechnen und die Umstellung beschleunigen zu können.

Um bis 2050 das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, hat die Europäische Union beschlossen, ihr Gasnetz zu dekarbonisieren: Wasserstoff soll zukünftig den fossilen Energieträger Erdgas möglichst ganz ersetzen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Versorgungskrise erhält dieses Ziel eine besondere Dringlichkeit.

Es geht dabei um eine monumentale Aufgabe: Das Gasnetz erstreckt sich in der Europäischen Union über fast eine Viertelmillion Kilometer, davon liegen ca. 38.000 Kilometer in Deutschland. Bevor dieses Netz in den kommenden Jahren schrittweise auf Wasserstoff umgestellt werden kann, müssen eine Reihe von technischen Herausforderungen bewältigt werden: So ist es derzeit noch nicht möglich, den Durchfluss von Wasserstoff-Erdgasmischungen oder auch von reinem Wasserstoff mit der erforderlichen Exaktheit zu messen und so den Verbrauch zu bestimmen. „Die Gasindustrie verwendet bislang mathematische Modelle, die jedoch nicht ausreichend validiert sind“, erklärt Dirk Tuma von der BAM. „Hochpräzise Messungen der Mischungen und der Durchflussmengen sind unverzichtbar, um den Verbrauch exakt abrechnen zu können. Das ist sowohl für die Industrie wie auch für private Endverbraucher*innen von großer Bedeutung. Angesichts der enormen Mengen, um die es geht, bedeuten bereits Unsicherheiten im Promillebereich große Kostenunterschiede.“

Der Chemiker ist Teil eines großen internationalen Forschungsprojekts, das diese messtechnischen Fragen lösen will. Initiiert hat es EURAMET, die Europäische Vereinigung von 37 nationalen Metrologieinstituten. Ziel ist es, die Gasindustrie bei der Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff optimal zu unterstützen und so den Markthochlauf von Wasserstoff zu beschleunigen.

Die BAM wird für das Projekt in ihrem Wasserstoff-Kompetenzzentrum H2Safety@BAM hochpräzise Kalibriergase entwickeln: Mischungen von Erdgaskomponenten und Wasserstoff, die in ihrer Zusammensetzung bis auf 0,01 Prozent exakt sind. „Die besondere Herausforderung besteht darin, aus den Ausgangskomponenten Mischungen herzustellen, die über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren nachweislich stabil sind“, erklärt Dirk Tuma.

Die hochgenauen Referenzgase der BAM sind die Grundlage, um alle weiteren metrologischen Fragen zu klären. Mit ihnen lassen sich Messgeräte kalibrieren und weiterentwickeln, um später in der Praxis Durchflussmengen exakt zu berechnen. Sie sind eine Voraussetzung dafür, um eine Messinfrastruktur in Europa aufzubauen und das vorhandene Gasnetz auf Wasserstoff umzustellen.

Beteiligt an dem Projekt des Programms EMPIR (European Metrology Programme for Innovation and Research) sind 18 namhafte Institutionen aus Forschung und Industrie, u. a. aus Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Norwegen und Großbritannien. Aus Deutschland sind neben der BAM die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die DB Gas- und Umwelttechnik, die Gastransport Nord sowie Open Grid Europe vertreten.

Weitere Informationen:
https://www.decarbgrid.eu/
https://www.bam.de/Navigation/DE/Themen/Energie/Wasserstoff/energietraeger-der-z…

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Fraunhofer auf der ACHEMA 2022: Lösungen für eine erfolgreiche Rohstoff- und Energiewende

Fraunhofer-Gesellschaft Kommunikation
Fraunhofer-Gesellschaft
Auf der Weltleitmesse der Prozessindustrie ACHEMA in Frankfurt am Main präsentiert sich die Fraunhofer-Allianz für den Leitmarkt Chemie mit gebündeltem Know-how als starker Partner für die Branche. Von 22. bis 26. August 2022 stellen die beteiligten Institute aktuelle, gemeinsame Forschungsaktivitäten zu den Schwerpunkten Digitalisierung chemischer Prozesse, Weiterentwicklung der Grünen Chemie, Erleichterung des Scale-Up, zu Sicherheits- und Regulatorikfragen und zur Effizienz chemischer Prozesse sowie zum Aufbau einer Kreislaufwirtschaft aus.

Defossilisierte und zirkuläre Produktionsprozesse – nichts Geringeres hat sich die chemische Industrie in Deutschland zum Ziel gesetzt. Noch liegen große Herausforderungen vor den Verantwortlichen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und Grüner Chemie. Die einzelnen Schritte in Zusammenarbeit mit den Industriepartnern erfolgreich zu meistern ist eine Aufgabe, der sich die Fraunhofer-Allianz Chemie verschrieben hat. Aufbauend auf die jahrzehntelange Zusammenarbeit der beteiligten 15 Fraunhofer-Institute mit der chemischen Industrie und untereinander liegt der Fokus der Fachleute darauf, Ergebnisse der Grundlagenforschung bis zu einer höheren Technologiereife weiterzuentwickeln und ihre Partner bei der großtechnischen Umsetzung zu unterstützen – mit einer hoch modernen Forschungsinfrastruktur vom Labor- bis zum Pilotmaßstab.

»Die besondere Stärke unserer Allianz liegt in ihren komplementären Kompetenzen und der hohen fachlichen Qualifikation ihrer Mitarbeiter. Unser erklärtes Ziel ist es, diese Kompetenzen und interdisziplinären Synergien zu nutzen, um unsere Industriekunden bei der Technologieentwicklung und Skalierung noch besser und zielgenauer zu unterstützen. Auf diese Weise können wir effizient nachhaltige, innovative Produkte und Prozesse entwickeln«, erläutert Geschäftsstellenleiter Dr. Stefan Löbbecke vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT. »Wir bieten unseren Industriekunden eine Art One-Stop-Shop für angewandte Forschung und Entwicklung – und das in einer Vielzahl von möglichen Kooperationsformaten: Ob dringende Trouble-Shooting Projekte, exklusive Prozess- und Produktentwicklungen oder strategische Projekte zur Bewältigung der Herausforderungen, vor denen sie im globalen Wandel aktuell stehen. Wir freuen uns darauf, auf der ACHEMA 2022 einen Einblick in die Bandbreite unserer Lösungen zu geben und mit unseren Kunden in einen intensiven Dialog zu treten.«

Weitere Informationen:
https://www.chemie.fraunhofer.de/de/veranstaltungen/ACHEMA-2022.html

Anhang
Fraunhofer auf der ACHEMA

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LKH₂ – Laserkolloquium Wasserstoff: Grüne Alternative zu fossilen Brennstoffen

Petra Nolis M.A. Marketing & Kommunikation
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT
Das Fraunhofer Institut für Lasertechnik ILT lädt zum dritten Mal zum LKH₂ – Laserkolloquium Wasserstoff nach Aachen ein. Am 13. und 14. September 2022 geht es im Research Center for Digital Photonic Production um neue wichtige Aufgaben für den Laser. Hersteller von Automobilen, Maschinen, Anlagen und Lasern diskutieren erstmals in Präsenz mit Forschern über den Stand der Produktionstechnik: Im Mittelpunkt stehen nun nicht mehr nur das Laserschneiden und -schweißen von Bipolarplatten oder der metallische 3D-Druck, sondern auch die gesamte Prozesskette und deren Überwachung.

»Nie war er so wertvoll wie heute«. Ein altbekannter Werbeslogan der Medizinbranche fällt einem spontan ein beim Blick auf das ständig wachsende Interesse am Hype-Thema Wasserstoff. Unter der Vielzahl an Veranstaltungen zu diesem Thema hat sich das LKH₂ – Laserkolloquium Wasserstoff des Fraunhofer ILT seit seiner virtuellen Premiere vor zwei Jahren als das Expertenforum für den Einsatz der Lasertechnik bei der Produktion von Bipolarplatten etabliert. Nachdem die ersten beiden Kolloquien im Herbst 2020 und 2021 rund 110 Online-Teilnehmer anlockten, rechnet das Fraunhofer ILT nun beim 3. LKH₂ – Laserkolloquium Wasserstoff bei der Präsenz-Premiere mit einer ähnlich hohen Teilnehmerzahl.

Der Prozess steht im Mittelpunkt
Die Aachener setzen auf einen bewährten Dreiklang: An zwei Tagen erwarten die Gäste 16 Vorträge, viele Laborführungen und ein Networking-Meeting. Sie erfahren z. B. wie Audi Bipolarplatten laserschweißt, wie Trumpf laserbasierte Prozesse für die Brennstoffzellen-Produktion weiterentwickelt und wie sich das TBC-Beschichtungsverfahren (thermal barrier coating) bei Anwendern wie dem Maschinenbauer Gräbener bewährt. Erweitert hat sich auch das Themenspektrum: Stand früher nur Produktionstechnik im Mittelpunkt, hat der Veranstalter nun die gesamte Prozesskette bis hin zur Überwachung im Visier. So berichtet Christian Knaak vom Fraunhofer ILT, wie sich mit KI-Prozesskontrolle Spritzer beim Laserschweißprozess frühzeitig erkennen und vermeiden lassen.

Dr. Alexander Olowinsky, Gruppenleitung Mikrofügen am Fraunhofer ILT und Initiator des Kolloquiums, weist auf ein besonderes Highlight hin: Das 300 Quadratmeter große Wasserstoff-Labor, das im Mai 2022 auf dem »International Laser Technology Congress AKL‘22« erstmals seine Pforten öffnete. Olowinsky freut sich besonders darauf, dass nun auch die Fachleute der Wasserstoff-Community die Leistungsfähigkeit des Labors bei einer Präsenzveranstaltung kennenlernen.

Wasserstoff-Labor: Ideale Ergänzung zur LKH2-Plattform
Dem Wissenschaftler ist zwar bewusst, dass es nicht das einzige deutsche Forschungslabor ist, das sich mit Wasserstoff beschäftigt. Olowinsky: »Was die Vielfalt der praktischen Möglichkeiten betrifft, ist unser neues Wasserstoff-Labor jedoch einzigartig.« Live und in Farbe erleben die LKH2-Gäste im September eine große Bandbreite an lasertechnischen Versuchsanlagen für variable Dimensionen und Designs.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Alexander Olowinsky
Gruppenleitung Mikrofügen
Telefon +49 241 8906-491
alexander.olowinsky@ilt.fraunhofer.de

Dr.-Ing. André Häusler
Gruppe Mikrofügen
Telefon +49 241 8906-640
andre.haeusler@ilt.fraunhofer.de

Weitere Informationen:
https://www.ilt.fraunhofer.de/

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Zwischen Sorge und Euphorie: Wie künstliche Intelligenz unser Leben verändert

Theresa Trepesch Pressereferat
Alexander von Humboldt-Stiftung
Neue Ausgabe des Magazins Humboldt Kosmos über Chancen und Herausforderungen künstlicher Intelligenz

Die Begeisterung für die Leistungen künstlicher Intelligenz ist groß – genauso wie die Sorgen vor den Risiken einer Technik, die dem Menschen über den Kopf wachsen könnte. Was KI heute schon kann, was sie noch lernen muss und welche Risiken sie birgt, analysieren KI-Expert*innen aus dem Netzwerk der Alexander von Humboldt-Stiftung.

Nach Meinung von KI-Experte Holger Hoos ist der wissenschaftliche Fortschritt in der KI-Forschung zentral für unsere künftige Lebensqualität: „Wer hier zurückfällt, wird auch als Gesellschaft abgehängt werden“. Der Alexander von Humboldt-Professor für Künstliche Intelligenz meint: „Insgesamt tut Europa zu wenig, um zum Beispiel die von der Europäischen Kommission formulierten Ambitionen zu realisieren.“ Hoos glaubt aber, dass eine mensch-zentrierte KI zum großen Standortvorteil für Deutschland und Europa werden kann. Daher schlägt er die Einrichtung einer großen Forschungseinrichtung, eines „CERN für KI“ vor, um Talente aus aller Welt anzulocken.

Neue Perspektiven in die technologische Entwicklung einbringen, um eine gerechtere Zukunft für alle zu schaffen – dieses Ziel verfolgt die Humboldtianerin Priya Goswami mit ihrer App „Mumkin“, die sich an Opfer von Genitalverstümmelung richtet. Eine KI dient als erste Ansprechpartnerin, „wie eine Art Trainingspartnerin zum Üben für spätere, reale Gespräche“, sagt Goswami.

Künstliche Intelligenz wirkt in der digitalen Welt oft als Meinungsverstärker. Sie schafft Filterblasen, fördert radikale Tendenzen und beeinflusst Wahlen. Diese Schattenseiten der KI erforscht José Renato Laranjeira de Pereira. „KI kann Rassismus, Homophobie und Radikalisierung fördern, unter anderem weil sie althergebrachte Vorurteile verstärkt. Sie kann etwa Menschen mit dunkler Hautfarbe als weniger kreditwürdig bewerten“, erklärt der brasilianische Rechtswissenschaftler. Deswegen arbeitet er an Strategien für mehr Transparenz und Nutzerrechte.

Wie nützlich oder schädlich KI ist, ob sie dem Menschen dient oder die Demokratie schwächt, hängt davon ab, welche KI wir erschaffen. Die Diskussion hierüber ist in vollem Gange und zeigt: Deutschland und Europa könnten Vorreiter einer wertegeleiteten KI werden, die der Gesellschaft dient.

Das gesamte Kosmos-Heft „Mit freundlicher Unterstützung. Wie künstliche Intelligenz unser Leben verändert“ lesen Sie hier: https://www.humboldt-foundation.de/web/Magazin-Humboldt-Kosmos.html.

Künstliche Intelligenz ist ein Schwerpunkt in der Förderung und Kommunikation der Humboldt-Stiftung: 2020 wurden zusätzlich zur Alexander von Humboldt-Professur, Deutschlands höchstdotiertem Forschungspreis, die Alexander von Humboldt-Professuren für Künstliche Intelligenz ins Leben gerufen. Diese können auch die gesellschaftlichen, rechtlichen oder ethischen Aspekte der künstlichen Intelligenz erforschen.

Humboldt-Professor*innen und weitere KI-Expert*innen aus dem Humboldt-Netzwerk diskutieren im Podcast der Humboldt-Stiftung „KI und Wir“ Fragen der KI-Forschung.

Weitere Informationen:
https://www.humboldt-foundation.de/entdecken/magazin-humboldt-kosmos/mit-freundl… Interview mit Humboldt-Professor Holger Hoos
https://www.humboldt-foundation.de/ki-und-wir Podcast „KI und Wir“

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Podcast: Macht Homeoffice krank?

Melanie Hahn Presse & Öffentlichkeitsarbeit
Hochschule Fresenius
Viele Unternehmen wollen auch nach der Pandemie das Angebot des mobilen Arbeitens beibehalten und zahlreiche Arbeitnehmende wollen weiterhin im Homeoffice arbeiten. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes zeigt: Mehr als jeder Vierte der befragten Arbeitnehmer:innen macht häufig unbezahlte Überstunden und von jedem Dritten wird eine besondere Erreichbarkeit erwartet. Welche positiven und negativen Aspekte es gibt, erklärt Dr. Ulrich Hößler, Professor für Wirtschaftspsychologie im Fernstudium der Hochschule Fresenius, in der aktuellen Folge des Wissenschaftspodcasts adhibeo.

Das mobile Arbeiten betrifft mittlerweile einen Großteil der Arbeitnehmer:innen. Was die einen freut, empfinden andere zunehmend als Belastung. Welche Vor- und Nachteile hat das Konzept „Homeoffice“? Welcher Zusammenhang besteht bei der Zunahme psychischer Erkrankungen, die insbesondere in den letzten zehn Jahren beobachtet wurde? Welche Art des Arbeitens ist am effektivsten und wie sollte sinnvolle Büroarbeit vor dem Hintergrund der neuen Arbeitswelt und ihrer Möglichkeiten aussehen? Diese und weitere Fragen beantwortet Prof. Dr. Ulrich Hössler, Professor für Wirtschaftspsychologie im Fernstudium an der Hochschule Fresenius.

Die Zuhörer:innen erfahren, warum Pauschallösungen nicht die Antwort sein können, worauf es ankommt, damit mobiles Arbeiten gelingt und weshalb Unternehmen den Mut haben sollten, ihre Mitarbeitenden „fürs Kaffeetrinken zu bezahlen“.
Die Podcastfolge „Macht Homeoffice krank?“ ist in voller Länge unter folgenden Links erreichbar: https://www.adhibeo.de/macht-homeoffice-krank/ und https://www.hs-fresenius.de/podcast/adhibeo/macht-homeoffice-krank/ und überall dort, wo es Podcasts gibt.

Über die Hochschule Fresenius
Die Hochschule Fresenius mit ihren Standorten in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Id-stein, Köln, München und Wiesbaden sowie dem Studienzentrum in New York gehört mit über 18.000 Studierenden zu den größten und renommiertesten privaten Hochschulen in Deutschland. Sie blickt auf eine mehr als 170-jährige Tradition zurück. 1848 gründete Carl Remigius Fresenius in Wiesbaden das „Chemische Laboratorium Fresenius“, das sich von Beginn an sowohl der Laborpraxis als auch der Ausbil-dung widmete. Seit 1971 ist die Hochschule staatlich anerkannt. Sie verfügt über ein sehr breites, vielfäl-tiges Fächerangebot und bietet in den Fachbereichen Chemie & Biologie, Design, Gesundheit & Soziales, onlineplus sowie Wirtschaft & Medien Bachelor- und Masterprogramme in Vollzeit sowie berufsbegleitende und ausbildungsbegleitende (duale) Studiengänge an. Die Hochschule Fresenius ist vom Wissenschaftsrat institutionell akkreditiert. Bei der Erstakkreditierung 2010 wurden insbesondere ihr „breites und innovati-ves Angebot an Bachelor- und Master-Studiengängen“, „ihre Internationalität“ sowie ihr „überzeugend gestalteter Praxisbezug“ vom Wissenschaftsrat gewürdigt. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website: www.hs-fresenius.de

Weitere Informationen:
http://www.hs-fresenius.de

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Weinbau braucht neue pilzwiderstandsfähige und stresstolerante Rebsorten, um Klimawandel trotzen zu können

Dipl.-Biol. Stefanie Hahn Pressestelle
Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Rebenzüchter und -genetiker aus 23 Ländern tauschten sich auf dem vom Julius Kühn-Institut (JKI