StartFachwissenRecht und GesetzeBeiträge zum Umweltgesetzbuch

Beiträge zum Umweltgesetzbuch

12.06.2009 Vor der UN-Naturschutzkonferenz: Öko-Institut fordert Nachbesserung beim geplanten Umweltgesetzbuch 
18.01.2009 Umweltgesetzbuch: Bundesregierung vor Offenbarungseid 
28.12.2008 Website zum UGB 
26.07.2008  Umweltgesetzbuch für Deutschland 
19.07.2008  Umweltgesetzbuch – Anforderungen aus Sicht des Landes Schleswig-Holstein 
13.07.2008 Entwurf für Umweltgesetzbuch geht in Anhörung 
13.07.2008 BMU-Anhörung zum Umweltgesetzbuch: Experten schlagen Alarm 
13.07.2008 70. Umweltministerkonferenz in Mainz 
13.07.2008  Naturschutzverbände nehmen Stellung zum Umweltgesetzbuch: Unzureichende Standards missachten Schutz von Arten und Lebensräumen 
09.06.2008  Entwurf für Umweltgesetzbuch in der Anhörung 
16.05.2008  Klare Signale auch im Umweltrecht 
16.04.2008  Wasserwirtschaft im neuen Umweltgesetzbuch (UGB) 
16.04.2008 Wasserwirtschaft im neuen Umweltgesetzbuch 
04.04.2008 Umweltrecht vereinfachen, nicht überfrachten 
04.04.2008 Das neue Umweltgesetzbuch – einen Überblick 
16.04.2008 Umweltgesetzbuch: Deutsche Umwelthilfe kritisiert Attacken der Minister Seehofer und Glos auf den Naturschutz 
28.11.2007  Referentenentwurf des Umweltgesetzbuchs: zu wenig Innovation, keine Impulse für den Klimaschutz, kontraproduktiv für Biodiversität und Flächenverbrauch 
07.08.2007  Dialog über das Umweltgesetzbuch erwünscht 

 


Vor der UN-Naturschutzkonferenz: Öko-Institut fordert Nachbesserung beim geplanten Umweltgesetzbuch

Vor Beginn der Bonner UN-Naturschutzkonferenz weist das Öko-Institut auf die Bedeutung des Umweltrechts für die Artenvielfalt hin. „Die Gründe für den Artenschwund sind auch darin zu sehen, dass es im Umweltrecht an Erfolg versprechenden, verbindlich vorgeschriebenen Strategien und Maßnahmen mangelt“, kritisiert Umweltrechts-Experte Falk Schulze vom Öko-Institut.
Deshalb fordert der Wissenschaftler: Gerade im geplanten, neuen Umweltgesetzbuch – dem umfassendsten umweltrechtlichen Gesetzgebungsverfahren der letzten Jahre in Deutschland – müssen Regelungen geschaffen werden, um dem immer schneller und massiver voranschreitenden Verlust an biologischer Vielfalt zu begegnen.
Der bisherige Referentenentwurf zum Umweltgesetzbuch beschreibt die Sicherung der biologischen Vielfalt als „vorrangiges Ziel“. „Dies allein genügt jedoch nicht“, sagt der Jurist Falk Schulze. Die Regelungsinstrumente des Naturschutzes und – sehr wichtig – auch der anderen Umweltbereiche wie insbesondere Anlagen- und Wasserrecht müssen die Sicherung der Biodiversität einbeziehen und so ausgestaltet werden, dass die Durchsetzung dieses Ziels gewährleistet ist. Eine wichtige Rolle spielen hierbei Instrumente wie die Eingriffsregelung, die Landschaftsplanung und die gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft.
„Vom Umweltgesetzbuch müssen klare Signale für die überragende Bedeutung der biologischen Vielfalt ausgehen und daraus sollten dann angemessene Standards folgen“, fordert der Öko-Instituts-Experte.       
Weitere Informationen zu dem Projekt „Umweltgesetzbuch“ des Öko-Instituts: www.umweltgesetzbuch.org

Ansprechpartner
Falk Schulze
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Öko-Institut e.V. Büro Darmstadt
Institutsbereich Umweltrecht & Governance
Telefon 06151/81 91-15
E-Mail Kontakt
Interviewvermittlung
Pressesprecherin Christiane Rathmann
Telefon 0761/452 95-22, Mobil 0160-5 33 33 55

http://www.oeko.de/pressepool/pressemitteilungen/dok/781.php

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Umweltgesetzbuch: Bundesregierung vor Offenbarungseid

Zentrales umweltpolitisches Reformprojekt der laufenden Legislaturperiode vor dem Aus – Öko-Institut, Deutsche Umwelthilfe und Unabhängiges Institut für Umweltfragen kritisieren „innere Widersprüche und Klientelpolitik statt Konzentration auf Klarheit und Zukunftsfähigkeit“ – „lose-lose“ Situation droht
Mit dem bevorstehenden Aus für das in ungezählten politischen Gremien und Juristenrunden seit Jahren vorbereitete einheitliche Umweltgesetzbuch droht die Bundesregierung an ihren inneren Widersprüchen und der Klientelpolitik zu scheitern. Das erklärten in einer gemeinsamen Mitteilung das Öko-Institut, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU), nachdem die Verabschiedung der UGB-Vorlage heute zum wiederholten Mal von der Tagesordnung der Kabinettssitzung genommen wurde. In jedem Fall ist damit ein echtes parlamentarisches Verfahren und ein angemessener Diskurs zum Entwurf nicht mehr möglich, selbst wenn die Koalition in einigen Wochen in einer Notoperation noch einen an den Bedürfnissen der Industrie orientierten Entwurf ins Verfahren einbringen sollte.
Seit der Anhörung der Verbände im Juni 2008 war hinter den Kulissen der Koalition geschachert worden. Es wurden Forderungen nach so weitgehenden Zugeständnissen erhoben, dass deren Umsetzung die Grundausrichtung des Entwurfs erheblich verändern würde. Was als transparentes Verfahren begann, endet enttäuschend wie jedes der jüngsten Reformwerke und die Föderalismusreform: ohne externe oder parlamentarische Reflexion des Ergebnisses. Experten der drei Institute und Organisationen hatten die Diskussionen über eine Vereinheitlichung des deutschen Umweltrechts seit Antritt der Großen Koalition kontinuierlich fachlich begleitet.
Die Rechtsexperten der Institute und der Umweltorganisation bedauern insbesondere, dass Teile des Regelwerks immer wieder aus dem Landwirtschafts- und dem Wirtschaftsministerium in Frage gestellt worden seien, zuletzt auch von der Bundestagsfraktion der Union und vor allem der CSU. „Wir haben von Anfang kritisiert, dass die Bundesregierung keine umweltpolitischen Ansprüche an das Gesetzbuch formuliert hat, sondern vor allem rechtspolitische. Statt das UGB als Chance für ein echtes Reformwerk zu nutzen, führte die selbst auferlegte Restriktion, auch Standardänderungen zugunsten der Umwelt auszuschließen, in die Sackgasse. Denn auf Druck der Industrie sowie von Lobbyisten aus Bayern – teilweise unter Berufung auf angeblich entstehende Unsicherheiten, ob Gerichte hierin eine Erhöhung sehen könnten – enthielt Version um Version des Entwurfs weniger rechts-konsolidierende oder innovative Elemente, sondern zitierte lediglich das geltende Recht. Damit ist nun sogar der rechtspolitische Nutzen der Reform fraglich. Ganz zu schweigen davon, dass dabei die großen Zukunftsfragen wie der Klimawandel, der Verlust an Biodiversität oder der nach wie vor viel zu hohe Flächenverbrauch unter die Räder gerieten“. Hingegen waren keine der von Umweltseite im Verlauf des bisherigen Verfahrens eingebrachten Forderungen berücksichtigt worden.
Regine Barth, die Leiterin Umweltrecht beim Öko-Institut, erinnerte daran, dass die Bundesregierung an dem Reformwerk trotz starker Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat und trotz einer selten einmütigen Unterstützung des Vorhabens in der Wissenschaft und aus den Umweltverbänden zu scheitern drohe. „Angesichts der historischen Herausforderungen beim Klimaschutz und dem Erhalt der Biodiversität war es das Gebot der Stunde, Deutschland fit zu machen für die Zukunft und seine umweltpolitische Vorreiterrolle in der EU zu sichern.“ Stattdessen habe die Regierung alle Versuche, das „umweltpolitische Anforderungsniveau“ anzuheben aufgegeben und damit die ursprüngliche Intention ad absurdum geführt. Barth: „Ein Reformwerk, das auf jegliche Reform verzichtet und faktisch nur bestehende Gesetze hintereinander reiht, macht sich letztlich überflüssig“.
Enttäuscht zeigten sich DUH, UfU und Öko-Institut vor allem, weil die Fachabteilungen im Bundesumweltministerium in Abstimmung mit den Umweltministerien der Länder zunächst ein zwar umweltpolitisch angesichts der Vorgaben der Koalition enttäuschendes, aber noch vertretbares Paket zur fachlichen Diskussion vorgelegt hatten. Leider habe die Bundesregierung es nicht geschafft, diesen Aufschlag zu nutzen und damit eine Grundlage für mögliche Weiterentwicklungen und Ergänzungen in den nächsten Jahren zu schaffen. Ganz offensichtlich verkenne die Bundesregierung, dass dieses Scheitern die Idee des UGB über ein Jahrzehnt oder länger zurückwirft.
„Nach zwei Jahrzehnten der Diskussion ist die Zeit überreif für ein einheitliches Umweltgesetzbuch, das sich nicht begnügt mit einer Zusammenfassung des Bestehenden, sondern entschieden die großen Zukunftsherausforderungen annimmt“, sagte Cornelia Nicklas, Leiterin Recht der DUH. Deutschland müsse sich auch in seinem Umweltrechtssystem auf die großen Zukunftsherausforderungen einstellen. Die Genehmigungspraxis für klimarelevante Kraftwerke, die Eingriffsregelung im Naturschutzrecht oder die Einführung einer Grundpflicht zur Minimierung des Flächenverbrauchs seien nur einige Beispiele, wo dringender Handlungsbedarf bestehe. „Die Große Koalition wird im Wahljahr zu einer Belastung für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands“, sagte Nicklas angesichts der drohenden Aufgabe des UGB-Projekts in der laufenden Legislaturperiode.
Auf vielen Gebieten würden mögliche Fortschritte im deutschen Rechtssystem erneut auf unbestimmte Zeit verschoben, beklagte Michael Zschiesche, der Leiter Fachgebiet Umweltrecht & Partizipation des UfU. So „sollte mit dem UGB endlich eine wirksame Bürgerbeteiligung im Umweltrecht für alle Vorhaben eingeführt werden, die für Nachbarn oder die Umwelt relevante Folgen haben können und daher eine vorherige Konsultation erfordern. Dazu gehören mehr Transparenz und mehr Erläuterung und Dialog mit den Bürgern und den Umweltgruppen. Stattdessen plant die Regierung jetzt für weitere Verfahren die Öffentlichkeitsbeteiligung abzuschaffen und auch die europarechtswidrige Umgehung der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn verschiedene Anlagen im räumlichen Zusammenhang betrachtet werden müssen, wird beibehalten.“
Nachdem der nahezu fertig gestellte Entwurf des Umweltgesetzbuches in diesem Jahr nicht mehr in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wird, dürfte eine fristgerechte Verabschiedung vor der Bundestagswahl kaum mehr möglich sein. Die Verabschiedung fände zudem ohne jegliche externe fachliche Reflexion des im Geschacher substanziell geänderten Entwurfs statt. Ein solches Vorgehen hat sich schon bei der Föderalismusreform als schwere Hypothek erwiesen. Die längst überfällige Kodifizierung des deutschen Umweltrechts wird faktisch erneut um ein Jahrzehnt oder länger zurückgeworfen.
Öko-Institut, Deutsche Umwelthilfe und Unabhängiges Institut für Umweltfragen erinnern daran, dass das im Rahmen der Föderalismusreform verabredete Moratorium für Abweichungsrechte der Länder beim Wasser- und Naturschutzrecht am 31. Dezember 2009 ende. Dafür sei das bisherige Rahmenrecht nicht gerüstet. Ohne Umweltgesetzbuch drohten langwierige Rechtsstreitigkeiten über die Auslegung der Verfassung zu den abweichungsfesten Kernen, unnötige Kosten und eine Vervielfachung möglicher Unsicherheiten bei der Umsetzung des europäischen Rechts. Es droht der worst case, die „lose – lose“ Situation: Übereilte Verabschiedung eines in wesentlichen Elementen den Anforderungen nicht gerecht werdenden Umweltgesetzbuchs oder verfassungsrechtliches Chaos beim Wasserrecht und Naturschutz, beides Materien, die in nahezu allen Planungs- und Genehmigungsverfahren zentrale Rollen einnehmen.

Gemeinsame Pressemitteilung
Für Rückfragen stehen die aufgeführten Personen zur Verfügung:
Regine Barth, Leiterin Forschungsbereich Umweltrecht & Governance, Öko-Institut e. V. – Büro Darmstadt, Rheinstraße 95, 64295 Darmstadt, Tel.: 06151 8191-30, Fax: 06151 8191-33, E.Mail: r.barth@oeko.de
Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin Recht, Deutsche Umwelthilfe e. V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-18; Fax: 030 2400867-19, E-Mail: nicklas@duh.de
Michael Zschiesche, Geschäftsführer Unabhängiges Institut für Umweltfragen e. V., Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin, Tel.: 030 4284993-31, Fax: 030 428004-85, E-Mail: recht@ufu.de

http://www.oeko.de/aktuelles/dok/859.php 

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Website zum UGB

Das Bundesumweltministerium hat seine Informationen über das in Vorbereitung befindliche Umweltgesetzbuch auf einer eigenen Website zusammengefasst:

www.umweltgesetzbuch.de 

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Umweltgesetzbuch für Deutschland

Großprojekt mit offenem Ausgang

Fachtagung der Akademie Fresenius: Noch dickes Fragezeichen hinter integrierter Vorhabengenehmigung

Kaum ist das Europameisterschafts-Endspiel vorbei, steht Deutschland erneut in einem „Finale“. Doch diesmal heißt der Gegner nicht Spanien: Über Sieg oder Niederlage entscheidet Deutschland allein. Die Schaffung eines Umweltgesetzbuches, welches das in zahlreiche Einzelgesetze zersplitterte deutsche Umweltrecht bündeln soll, tritt in die entscheidende Phase – nach rund dreißigjähriger „Vorrunde“. Die Idee einer zusammenhängenden Umweltrechtskodifikation wurde in den 1970-er Jahren geboren: Seither gab es Arbeitsgruppen, Sachverständigenkommissionen und Entwürfe – eingebettet in ein prozedurales Hü und Hott. Erst die Föderalismusreform von 2006 gab den entscheidenden Impuls, indem der Bund die volle Gesetzgebungskompetenz im Wasser- und Naturschutzrecht erhielt. Das Umweltgesetzbuch besteht eigentlich aus mehreren Büchern mit unterschiedlichen Regelungsbereichen. Welche Bücher am Ende ihren Platz im „Kodex-Regal“ finden, was sie tatsächlich beinhalten und welche Auswirkungen sie auf den Umwelt und die Industrie haben werden, darüber diskutierten zwölf Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auf der 2. Umweltgesetzbuch-Fachtagung der Akademie Fresenius am 25. und 26. Juni in Mainz.

Wie bei jedem Großprojekt gibt es Befürworter und Kritiker, Optimisten und Skeptiker. Das gilt auch für das Umweltgesetzbuch (UGB) – und zwar ungeachtet dessen, dass das Projekt UGB „der Sache nach“ von einem breiten Konsens der Parteien getragen wurde und wird, wie Umweltrechtsexperte Prof. Dr. Michael Kloepfer (Humboldt-Universität zu Berlin) auf der Fresenius-Fachtagung betonte. Es handele sich um das derzeit am besten – und am längsten – vorbereitete Gesetzgebungsvorhaben in Deutschland.

Differenzen im Bundeskabinett

Gleichwohl gibt es nach wie vor Streit um die konkrete inhaltliche Ausgestaltung – und das scheinbar umso intensiver, je näher der Umsetzungstermin rückt. Der Zeitplan sieht eine Verabschiedung des UGB noch Ende dieses Jahres bis Frühjahr 2009 vor. Zuvor sind noch Bundesrat und Bundestag am Zug: Ob das UGB 2009 in Kraft treten kann, scheint ungewiss, zumal die nächsten Wahlkämpfe nicht mehr fern sind. Von geschlossenen Reihen im Bundeskabinett kann nicht die Rede sein: Seit Monaten treten sich die Ressortchefs Sigmar Gabriel (Umwelt), Michael Glos (Wirtschaft) und Horst Seehofer (Landwirtschaft) in Sachen UGB auf die Füße. Die Stimmen mehren sich (darunter Bundesumweltminister Gabriel selbst), die ein Scheitern des UGB-Projekts voraussagen, sollte es während dieser Legislaturperiode nicht mehr zu einer Einigung kommen.

„Kodifikationsrenditen“: Chancen und Potenziale des UGB

Vor diesem Hintergrund wirkte Kloepfers Vortrag auf der Fresenius-Fachtagung geradezu wie ein Appell, das „über dreißigjährige Ringen um ein deutsches Umweltgesetzbuch“ zu einem guten Ende zu führen. Schließlich gehe es um wertvolle „Kodifikationsrenditen“: Das UGB sei eine gute Antwort auf die Übernormierung des gegenwärtigen Umweltrechts, das durch zu viele Einzelgesetze mit zum Teil redundanten Regelungen gekennzeichnet sei. Harmonisierung, Verschlankung, Deregulierung und Entbürokratisierung: So lauten die Positiv-Schlagworte, die mit dem UGB verknüpft werden. Neben der Chance einer strukturellen und inhaltlichen Modernisierung unterstrich Kloepfer die internationale Bedeutung des deutschen Gesetzesvorhabens: Eine gelungene Umweltrechtskodifikation könne dazu beitragen, dass Deutschland innerhalb der EU seine früher mitführende Stellung im Umweltrecht wiedergewinne. „Und wer gute Normen exportiert, wird auch andere Güter exportieren“, ist sich Kloepfer sicher.

Integrierte Vorhabengenehmigung: Herzstück und Zankapfel

Für die Industrie von besonderer Bedeutung ist die integrierte Vorhabengenehmigung (IVG), das Kernstück des ersten Umweltgesetzbuches und des UGB-Projekts insgesamt. Mit Hilfe der IVG sollen Zulassungsverfahren beschleunigt werden. Zwei konkurrierende IVG-Modelle stehen zur Diskussion, wie Ministerialrat Dr. Siegfried Waskow (Bundesumweltministerium) auf der Fresenius-Fachtagung berichtete. Das vom Bundesumweltministerium favorisierte Modell setze auf „Integration“ und zeichne sich durch erweiterte Grundpflichten und den Anlagenbegriff aus. Die Grundpflichten, die ebenfalls im UGB I definiert sind und deren Einhaltung bei der IVG Genehmigungsvoraussetzung ist, gelten für „Umweltveränderungen“, das heißt für Luft-, Gewässer- und Bodenveränderungen. Zur Anlage gehören auch Gewässerbenutzungen und Indirekteinleitungen, nicht aber ganze Ver- und Entsorgungsketten – Standortgenehmigungen sind damit ausgeschlossen. Integration bedeutet einen einheitlichen Genehmigungstatbestand: Die IVG wird von einer Behörde in einem einheitlichen Verfahren erteilt und entfaltet dadurch eine starke Integrationswirkung.

Die Ressorts Wirtschaft und Landwirtschaft im Bundeskabinett sowie Bayern und viele Vertreter der Industrie setzen bei der IVG dagegen auf „Konzentration“, so Waskow. Hier seien grundpflichtenunabhängige Entscheidungen „eingeschlossen“, das heißt sie werden mit der IVG miterteilt. So wird zum Beispiel die wasserrechtliche Bewilligung lediglich in die luftbezogene Genehmigung „einkonzentriert“, erklärte Waskow. „Dann haben wir keinen einheitlichen Genehmigungstatbestand mehr. Bei nachträglichen Änderungen der Anlage sind wieder unterschiedliche Behörden zuständig. Der Mehrwert der integrierten Vorhabengenehmigung ist damit obsolet, insofern wird das Bundesumweltministerium dieses Modell nicht akzeptieren“, kündigte Waskow an.

Tauziehen um die Umweltstandards

Auch auf Verbandsebene bilden sich je nach Interessenslage klare Positionen heraus, die nach der Veröffentlichung des UGB-Entwurfs und der Anhörung im Juni verstärkt nach außen getragen werden. Nachhaltige Umweltschutzpolitik fordern die einen, Deregulierung und Verfahrenserleichterung die anderen. Viele Umweltverbände befürchten ein Absenken der Umweltstandards, Vertreter der Industrie mutmaßen genau das Gegenteil. Daher werden die Umweltstandards von den Machern im Bundesumweltministerium wie ein rohes Ei behandelt. Sowohl Ressortchef Sigmar Gabriel also auch die Vertreter des Bundesumweltministeriums auf der Fresenius-Fachtagung beteuern, dass die Umweltstandards nicht angetastet werden. Denn eine Veränderung Schutzniveaus – egal in welche Richtung – bietet eine Angriffsfläche, was das Gesamtprojekt in Frage stellen könnte. Umweltrechtsexperte Kloepfer: „Dann würden die jeweiligen Gegner solcher Veränderungen automatisch und überflüssigerweise zu Gegnern der Kodifikation selbst. Die Umweltverbände etwa würden sich einem Niveau senkenden Umweltgesetzbuch ebenso entschlossen entgegenstellen wie die Wirtschaft einem Niveau steigernden.“

Dennoch gibt es kritische Stimmen, die im gegenwärtigen UGB-Entwurf noch zu viel Ermessens- und Interpretationsspielraum sehen. Das liegt zum einen in der teilweise neuen Terminologie des UGB begründet, zum anderen stoßen sich insbesondere Vertreter der Industrie an den Prinzipien, die im § 1 UGB formuliert sind. So kritisierte Rechtsanwalt Dominik Jaensch (Verband der Chemischen Industrie), dass die Normierung politischer Programmsätze wie die Prinzipien dem Gebot der klaren Rechtsetzung widerspreche und zusätzlich zu den anderen Neuerungen zu Unsicherheiten in der Rechtsanwendung führe. Da die Prinzipien an zentraler Stelle stehen, werde die Auslegung des UGB durch diese determiniert, so Jaensch.

Die Praxis wird es zeigen

Ungeachtet aller Erwartungen, Hoffnungen und Bedenken: „Das neue UGB wird erst nach seiner Verabschiedung und vor allem nach seiner Bewährung in der Praxis endgültig beurteilt werden können“, betont Kloepfer. Und das ist beim Fußball nicht anders: Ob Training und Aufstellung zum Erfolg führen, zeigt sich erst während des Spiels.

Die Tagungsunterlagen mit den Skripten aller Vorträge der Fresenius Konferenz können zum Preis von 295,- EUR zzgl. MwSt. bezogen werden.

Weitere Informationen erhalten sie bei:

Akademie Fresenius GmbH
Monika Stratmann

Alter Hellweg 46
44379 Dortmund

Telefon  +49 231 75896-48
Telefax  +49 231 75896-53
E-Mail  info@akademie-fresenius.de
Internet  www.akademie-fresenius.de

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Umweltgesetzbuch – Anforderungen aus Sicht des Landes Schleswig-Holstein

Die Neustrukturierung des deutschen Umweltrechts beschäftigt derzeit nicht bloß Umweltaktivisten und die Ministerialverwaltung, auch die Wirtschaft verfolgt den Prozess zur umfassenden Neuordnung der nur auf den ersten Blick etwas trockenen Materie mit großem Interesse. Umweltminister Dr. Christian von Boetticher hat daher heute (25. Juni) die Anforderungen an das kommende Umweltgesetzbuch (UGB) aus Sicht des Landes Schleswig-Holstein artikuliert. Bei einer Tagung der Industrie- und Handelskammer zu Kiel und der Industrie- und Handelskammer Nord zum Thema, „Umweltgesetzbuch – Chancen und Risiken für die Wirtschaft“, sagte von Boetticher in Hamburg: „Ein Umweltgesetzbuch, das die wesentlichen Bereiche des Umweltrechts umfasst, hat für die Länder erhebliche Bedeutung. Schließlich sind es die Länder, die die Vorschriften eines solchen Gesetzeswerks vollziehen und es so mit Leben füllen.“
Die Zusammenführung der wichtigsten Umweltmaterien in einem UGB werde für eine größere Übersichtlichkeit und wesentliche Vereinfachungen im Umweltrecht sorgen, so der Minister.

Noch in dieser Legislaturperiode sollen grundlegende Teile des UGB verabschiedet werden, darunter das vorhabenbezogene Umweltrecht sowie neue gesetzliche Bundesregelungen des Wasser- und Naturschutzrechts.
Umweltminister von Boetticher sprach sich nachdrücklich für die Schaffung eines einheitlichen Zulassungsrechts für umweltrelevante Vorhaben aus. Hierzu gehörten insbesondere die Einführung einer Vorhabengenehmigung etwa für Industrieanlagen mit einheitlichen Zulassungsvoraussetzungen sowie die Zusammenführung der bislang in verschiedenen Fachgesetzen und Verordnungen geregelten Verfahrensvorschriften zu einem einheitlichen Verfahrensrecht.

Das Ziel der Neuordnung des Umweltrechts laute Vereinfachung und Vereinheitlichung, so von Boetticher, bei Wahrung des bestehenden Schutzniveaus für Mensch und Umwelt. Vor diesem Hintergrund begrüßte der Umweltminister die Bemühungen des Bundes, die vielfältigen wasserrechtlichen Gestattungsformen (Erlaubnis, Bewilligung, Genehmigung, Eignungsfeststellung, Bauartzulassung, Planfeststellung, Plangenehmigung) neu zu ordnen und zu vereinfachen. Es gebe aber auch landesspezifische Regelungen, die wegen der naturräumlichen Besonderheiten oder der in den Ländern gewachsenen Strukturen ihre Berechtigung hätten und daher fort gelten sollten. Die Wasserwirtschaft in einem Land zwischen den Meeren stehe vor anderen Herausforderungen als in einem Land, das durch Gebirgszüge geprägt sei. Hier bedürfe es individueller Lösungen, die nicht bundeseinheitlich geregelt werden könnten. Dies gelte für den Küstenschutz und auch die Gewässerunterhaltung und die Gewässerrandstreifen.

Zum Naturschutz forderte Christian von Boetticher, dass wesentliche Anforderungen, etwa die Eingriffsregelung, bundeseinheitlich standardisiert bleiben müssten, denn der föderale Wettbewerb unter den Ländern dürfe nicht zu Lasten der Lebensgrundlagen gehen. Auf der anderen Seite müsse das Recht auch hier seine Regelungen auf ein sinnvolles Maß beschränken. Das im letzten Jahr novellierte schleswig-holsteinische Landesnaturschutzgesetz habe beispielsweise klar kooperative und Verfahren beschleunigende Elemente betont, etwa durch die Stärkung vertraglicher Regelungen und die Einführung einer Genehmigungsfiktion für Eingriffsgenehmigungen nach Ablauf von drei Monaten. Gleichzeitig seien wenig effektive Instrumente wie das Vorkaufsrecht abgeschafft worden. „In solchen Bereichen muss und kann jedes Land seinen eigenen Weg finden, es bedarf keiner bundesrechtlichen Regelung“, sagte von Boetticher.

Der Umweltminister kündigte an, die Ausgestaltung der Regelungen im Detail auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren kritisch zu begleiten. Unabhängig davon verbinde er mit den Arbeiten am UGB die Hoffnung, dass das Gesetzbuch eine Plattform für ein neues Umweltrecht „aus einem Guss“ bilde. Das bedeute vor allen Dingen, dass die Arbeiten an einem Umweltgesetzbuch in der nächsten Legislaturperiode weiter gehen müssten und die Rechtsbereiche, die in dieser Legislaturperiode aus verschiedenen Gründen nicht angepackt werden könnten, in der nächsten Legislaturperiode rasch angegangen würden.
Verantwortlich für diesen Pressetext: Christian Seyfert, Christiane Conrad | Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume | Mercatorstr. 3, 24106 Kiel | Telefon 0431 988-7201, -7204 | Telefax 0431 988-7137 | E-Mail: pressestelle@mlur.landsh.de |

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Entwurf für Umweltgesetzbuch geht in Anhörung

Das Bundesumweltministerium hat heute das Verfahren zur Anhörung der Länder und Verbände zum Referentenentwurf des geplanten Umweltgesetzbuchs (UGB) eingeleitet.
Mit dem UGB soll das zersplitterte nationale Umweltrecht zusammengeführt und vereinfacht werden, so sieht es der Koalitionsvertrag der Großen Koalition vor. Das bisher in einzelne Fachgesetzte zersplitterte Umweltrecht soll stärker integrativ, also unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen den Umweltmedien Wasser, Luft und Boden ausgerichtet werden. Dazu Bundesumweltminister Gabriel: „Der wirksame Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist mehr denn je ein zentrales Anliegen aller Bürgerinnen und Bürger. Die wissenschaftlich weit fortgeschrittene Debatte im Umweltrecht gibt uns eine eindeutige Orientierung:- hin zu einem integrativen Verständnis.“
Der Referentenentwurf behält die anspruchsvollen Schutz- und Umweltanforderungen des geltenden Umweltrechts bei. Europarechtliche Umweltvorgaben werden konsequent umgesetzt. Ein zentrales Anliegen des UGB ist die Anwender- und Vollzugsfreundlichkeit. Deshalb wurde der Referentenentwurf in enger Abstimmung mit den für den Vollzug zuständigen Umweltministerien der Länder erarbeitet. In Planspielen und Fachgesprächen sind insbesondere die Genehmigungs- und Verfahrensvorschriften mit Vertretern von Zulassungsbehörden und Unternehmen eingehend auf ihre Praxistauglichkeit überprüft worden.
Der heute versandte Referentenentwurf umfasst fünf Bücher: Buch I mit allgemeinen Vorschriften und dem vorhabenbezogenen Umweltrecht, Buch II: Wasserwirtschaft, Buch III: Naturschutz und Landschaftspflege, Buch IV: Nichtionisierende Strahlung, Buch V: Emissionshandel. Daneben enthält das Regelungspaket eine Verordnung über die vom UGB erfassten Vorhaben (Vorhaben-Verordnung) und eine Verordnung über Umweltbeauftragte (Umweltbeauftragtenverordnung). Hinzu kommt ein Einführungsgesetz mit Folgeanpassungen anderer Gesetze sowie mit Übergangsvorschriften.
Die Anhörung der Verbände wird vom 17. bis 19.06.2008, die der Länder und kommunalen Spitzenverbände vom 24. bis 25.6.2008 jeweils in Berlin stattfinden. Die Stellungnahmen werden vom Bundesumweltministerium ausgewertet und bei der weiteren Abstimmung des Entwurfs innerhalb der Bundesregierung für eine Beschlussfassung des Kabinetts berücksichtigt werden.
 
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BMU-Anhörung zum Umweltgesetzbuch: Experten schlagen Alarm

Das Umweltrecht soll neu und einheitlich geregelt werden: Industrieverbände nutzen dies für Angriff auf bestehende Umweltstandards – Rechtsexperten von Öko-Institut, Deutscher Umwelthilfe und Unabhängigem Institut für Umweltfragen sehen zukunftsfähige Umweltpolitik gefährdet – Auch Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) besorgt
Berlin, 19. Juni 2008: Industrie und Agrarlobby sehen das derzeit zwischen Bund und Ländern beratene einheitliche Umweltgesetzbuch (UGB) vor allem als Möglichkeit, etablierte Umweltstandards auszuhebeln. Dieses ernüchternde Fazit ziehen das Öko-Institut, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU) nach einer dreitätigen Anhörung zum UGB-Entwurf im Bundesumweltministerium, die heute zu Ende ging. In der kommenden Woche werden die Bundesländer gehört. Besonders besorgt zeigen sich die drei Organisationen, die den Gesetzgebungsprozess des wichtigsten umweltrechtlichen Vorhabens der letzten Jahrzehnte von Beginn an fachlich begleitet haben, weil sich der „Versuch eines umweltpolitischen Rollbacks“ seit Monaten weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzieht.
„Wir haben immer darauf hingewiesen, dass die im Grundsatz überfällige Vereinheitlichung des deutschen Umweltrechts nur erfolgreich sein kann, wenn sie unser Land auf die ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft vorbereitet. Dafür müsste das bestehende Umweltrecht dringend weiterentwickelt werden. Nun erzwingen Industrie, Landwirtschaftslobby und ihre Fürsprecher in der Politik einen harten Abwehrkampf. Das steht im Widerspruch zur weit verbreiteten Rhetorik und PR um Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility und den ernsthaften Bemühungen einiger Unternehmen, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Wenn es aber um die harten Fakten geht, also um die verbindlichen Regeln, nach denen in den nächsten Jahrzehnten in Deutschland darüber entschieden wird, welche Anforderungen Industrie und Landwirtschaft zum Schutz von Umwelt, Klima und Biodiversität einhalten müssen, fallen die Lobbyverbände zurück in alte Muster. Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit werden als Gegensätze zugespitzt, jegliche Innovation wird abgelehnt. Das Exportland Deutschland wird nur dann erfolgreich sein, wenn es ökologisch gegenüber anderen Nationen nicht zurückfällt“, erklärte Regine Barth, die Koordinatorin Umweltrecht & Governance des Öko-Instituts.
Es werden Regelungen verlangt, die die Möglichkeiten des Staates bei der Genehmigung von Industrieanlagen auf mögliche neue Erkenntnisse und ökologische Herausforderungen zu reagieren, weiter einschränken würden. Das Gegenteil wäre notwendig. Die Grundprinzipien des deutschen Genehmigungsrechts sind Jahrzehnte alt. Eine entscheidende Schwäche ist zum Beispiel, dass selbst bei langfristig genutzten umweltbelastenden technischen Anlagen wenige Spielräume für spätere entschädigungsfreie Nachrüstungsanforderungen bestehen. Notwendig wäre eine neue Balance. Auf der einen Seite wiegen sachgerechte Umweltstandards, die sicherstellen müssen, dass die aktuellen umweltpolitischen Ziele der Bundesrepublik erreichbar werden und der Staat seine unabdingbaren mittelfristigen Handlungsspielräume erhält. Auf der anderen Seite wiegen die Anliegen Investitionssicherheit, Bestandsschutz und Entbürokratisierung. Stattdessen wurde vorgeschlagen, bewährte Umweltstandards zurückzudrehen. Zum Beispiel bei der Benutzung von Gewässern. Aktuell haben Behörden die Möglichkeit, deren Benutzung nur für den Zeitraum einer Generation zu erlauben. Geht es nach den Wünschen der Industrie, soll diese gestrichen oder erheblich erschwert werden.
„Bedauerlich ist, dass versucht wird, die vorherige Information und Beteiligung von Nachbarn und Öffentlichkeit in einer Reihe von konfliktträchtigen Vorhabensarten zu streichen. Eine moderne Verwaltung sieht anders aus. Sie setzt auf Transparenz und Interessensausgleich. Viele Konflikte – gerade in kleineren Verfahren – können durch die Beteiligung der Öffentlichkeit frühzeitig gelöst werden und brauchen nicht vor Gericht getragen zu werden. Selbst wenn sich die Ressorts der Bundesregierung verständigen sollten, müssen wir fürchten, dass über den Bundesrat oder die Unionsfraktion später verbliebene Pluspunkte aus dem Entwurf des Bundesumweltministeriums gestrichen werden“, sagt Michael Zschiesche, der Geschäftsführer des UfU.
Mit Horrorszenarien über künftige Zumutungen bei Genehmigungsverfahren hätten die Industrieverbände während der Anhörung massiv versucht, insbesondere den Mittelstand gegen die Vereinheitlichung des deutschen Umweltrechts in Stellung zu bringen, sagte Cornelia Nicklas, die Leiterin Recht der Deutschen Umwelthilfe. „Wir sind erschüttert, dass die Wirtschaft hinter jeder Ecke Investitionshemmnisse, Wettbewerbsnachteile und Rechtsunsicherheit vermuten will. In den Industrieverbänden und beim Deutschen Bauernverband dominiert immer noch die altertümliche Vorstellung eines Fundamentalkonflikts zwischen Ökonomie und Ökologie. Wir erleben einen Frontalangriff auf den Rechtsschutz für Natur und Umwelt.“ Nach Überzeugung von DUH, Öko-Institut und Ufu sprechen die bei der Anhörung auftretenden Verbandsvertreter bei weitem nicht für die gesamte deutsche Wirtschaft oder alle Landwirte. Viele seien weiter und hätten längst verstanden, dass „die deutsche Volkswirtschaft nur dann florieren wird, wenn wir Ökonomie und Ökologie in Einklang miteinander bringen“, sagte Nicklas.
Ein zentraler Streitpunkt innerhalb der Bundesregierung und zwischen Bund und Ländern betrifft die so genannte Eingriffsregelung, also die Frage, ob künftig Belastungen des Naturhaushalts einfach durch Geldzahlungen ausgeglichen werden können, statt wie bisher durch eine entsprechende Entlastung an anderer Stelle. Über diese Änderung, die nach Überzeugung von Öko-Institut, DUH und UfU den Kernpunkt des Naturschutzrechts auf den Kopf stellen würde, gibt es innerhalb der Bundesregierung und zwischen Bund und Ländern Streit. Anlässlich der Vorstellung des Umweltgutachtens des Sachverständigenrats für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU) hatte sich am Mittwoch auch dessen Vorsitzender Hans-Joachim Koch besorgt über eine mögliche Änderung gezeigt. Die so genannte „Naturalkompensation“ sei für einen ernsthaften und nachhaltigen Naturschutz unverzichtbar, sagte Koch.
Stellungnahme
Die Stellungnahme von Öko-Institut, Deutscher Umwelthilfe und Unabhängigem Institut für Umweltfragen zum UGB-Entwurf des Bundesumweltministeriums finden Sie unter: http://www.umweltgesetzbuch.org/fileadmin/redakteur_uploads/Stellungnahme_UGB_Anhoerung_OekoInstitut_DUH_UfU_170608.pdf
Für Rückfragen:
Christiane Rathmann
Öffentlichkeit & Kommunikation, Öko-Institut e.V., Geschäftsstelle Freiburg, Postfach 50 02 40, 79028 Freiburg
Tel. 0761 45295-22, Fax: 0761 4529588, E-Mail: c.rathmann@oeko.de
Regine Barth
Koordinatorin des Forschungsbereichs Umweltrecht & Governance, Öko-Institut e.V., Büro Darmstadt, Rheinstraße 95, 64295 Darmstadt
Tel. 06151 8191-30, Fax: 06151 8191-33, E-Mail: r.barth@oeko.de
Dr. Cornelia Nicklas
Leiterin Recht, Deutsche Umwelthilfe, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel: 030 2400867-18, Fax: 030 2400867-19, Mobil: E-Mail: nicklas@duh.de
Michael Zschiesche
Geschäftsführer, Unabhängiges Institut für Umweltfragen e.V. – UfU, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Tel.: 030 4284993-31, Fax: 030 428004-85, E-Mail: recht@ufu.de

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70. Umweltministerkonferenz in Mainz

Die Umweltminister von Bund und Ländern haben auf ihrer 70. Konferenz eine gemeinsame Position und Leitlinien zur energetischen Nutzung der Biomasse beschlossen. Energie und Klimaschutz waren die wichtigsten Themen der Umweltministerkonferenz (UMK), die vom 4. bis 6. Juni 2008 in Mainz stattfand. Teilgenommen hatten 13 Umweltminister/innen, -senator/inn/en sowie teilweise Bundesumweltminister Sigmar Gabriel.
Als TOP 17 der Tagesordnung hat die Umweltministerkonferenz der Einrichtung eines Ständigen Ausschusses „Hochwasserschutz und Hydrologie“ in der LAWA zugestimmt. Die bestehenden Ad-hoc-Ausschüsse „Hochwasser“ und „EU-weite Abstimmungsprozesse“ werden aufgelöst.
Zur Energetischen Nutzung von Biomasse hat die Umweltministerkonferenz eine gemeinsame Position formuliert: „Biomasse ist ein knappes Gut, das effizient verwendet werden muss.“ Dabei sei das Prinzip der Kaskadennutzung – stoffliche vor energetischer Verwertung – anzuwenden.
Bezüglich des Umweltgesetzbuches (UGB) hat sich die UMK einstimmig für ein zügiges Gesetzgebungsverfahren ausgesprochen und noch einmal die Bedeutung betont: „Das Umweltgesetzbuch ist ein Kernelement der Föderalismusreform.“ Mit einer umfassenden Vorhabengenehmigung könnten eine spürbare Vereinheitlichung und Vereinfachung im Bereich der Zulassungsverfahren erreicht, ein effektiver Umweltschutz und für Wirtschaft und Vollzug Entlastungseffekte und Effizienzgewinne erzielt werden.

Die Umweltministerkonferenz befasste sich auch mit der Vermeidung schiffsbedingter Verschmutzungen des Meeres und von Flüssen. Schiffe seien zwar umweltverträgliche Verkehrsträger, aber verursachten nach wie vor Gewässerbelastungen und Luftschademissionen. Unter anderem sehen es die Umweltminister als notwendig an, dass der Bund darauf hinwirkt, dass der Zugang zu Daten über Schiffsbewegungen mit gefährlichen Gütern und damit die Möglichkeiten zur Ermittlung der Verursacher solcher Gewässer belastender Einleitungen durch die Schifffahrt weiter verbessert werden.
https://www.umweltministerkonferenz.de//uploads/EndgueltigesProtokoll_70_UMK_ce7.pdf

 

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Naturschutzverbände nehmen Stellung zum Umweltgesetzbuch: Unzureichende Standards missachten Schutz von Arten und Lebensräumen

Gemeinsame Pressemitteilung von DNR, BUND und NABU
Berlin: In einer heute der Öffentlichkeit vorgestellten gemeinsamen Stellungnahme der Umweltverbände Deutscher Naturschutzring (DNR), Bundesverband Beruflicher Naturschutz (BBN), Naturschutzbund (NABU) und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) werden eine Reihe von Mängeln im Entwurf des Umweltgesetzbuches (UGB) aufgelistet. Dazu gehören die unzureichende Sicherung gefährdeter Biotope, Versäumnisse beim Artenschutz, eine kaum erkennbare Vereinheitlichung der Naturschutzregeln und zu wenig Transparenz. Zudem fehle es an einer korrekten Umsetzung des Europarechts im Naturschutz. Die Verbände forderten im Vorfeld der kommende Woche stattfindenden Anhörung zum Umweltgesetzbuch eine gründliche Überarbeitung des Entwurfs.
„Wenn dieses Umweltgesetzbuch so kommt wie es jetzt vorliegt, dann werden weder die grundlegenden Standards des Umwelt- und Naturschutzes gewahrt, noch werden wichtige aktuelle Herausforderungen wie der Klimawandel ernst genommen“, sagt DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen. „Bereits die Zielbestimmungen lassen den Schutz unserer Natur und damit unserer Lebensqualität zum bloßen Lückenbüßer verkommen, der künftig nur dann Bedeutung erlangt, wenn er nicht mit anderen Belangen kollidiert. Das ist nicht hinnehmbar“, so Röscheisen.
Die Verbände warnen insbesondere davor, die sogenannte Eingriffsregelung, die Kompensationsmaßnahmen für zerstörte Natur vorsieht, zu schwächen. Olaf Tschimpke, NABU-Präsident: „Es muss bundesweit garantiert bleiben: Wer Natur und damit Lebensqualität für Mensch, Tier und Pflanze zerstört, muss sie auch wieder neu schaffen. Der Entwurf des Umweltgesetzbuches enthält leider umfangreiche Möglichkeiten für einen laschen Umgang mit diesem Grundsatz. Ein finanzieller Ablasshandel ist aber das Letzte, was die Natur braucht.“
Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender: „Das Umweltgesetzbuch muss kommen, da sind wir uns alle einig. Noch ist es für Verbesserungen nicht zu spät. Eingearbeitet werden müssen vor allem die Grundsätze einer umweltfreundlichen Landwirtschaft und bessere Regelungen zum Gewässerschutz. So sind die bisher vorgesehenen Schutzareale an Gewässern viel zu klein. Ein effektiver Gewässerschutz vor Phosphateinträgen erfordert Schutzstreifen von mindestens zwanzig Metern Breite. Innerhalb dieser Areale müssen der Einsatz von Pflanzen- und Tiergiften sowie die Düngung verboten werden.“
Bis zur Abstimmung im Bundeskabinett Mitte Juli müsse der Entwurf des UGB deutlich nachgebessert werden. Für die vom 17. bis 19. Juni 2008 in Berlin stattfindende Verbändeanhörung kündigten die Umweltorganisationen weitere Vorschläge dazu an.
Kurzfassung der gemeinsamen Stellungnahme zum UGB

Ansprechpartner:
DNR: Dr. Helmut Röscheisen, DNR-Generalsekretär, Tel. 0160-97209108
BUND: Dr. Gerhard Timm, BUND-Geschäftsführer, Tel. 0170-4042897
NABU: Magnus Herrmann, Tel. 030-284984-1618

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Entwurf für Umweltgesetzbuch in der Anhörung

Das Bundesumweltministerium (BMU) hat am 23. Mai 2008 das Verfahren zur Anhörung der Länder und Verbände zum Referentenentwurf des geplanten Umweltgesetzbuchs (UGB) eingeleitet. Mit dem UGB soll das nationale Umweltrecht zusammengeführt und vereinfacht werden, so sieht es der Koalitionsvertrag der Großen Koalition vor. Das bisher in einzelne Fachgesetze zersplitterte Umweltrecht soll stärker integrativ, also unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen den Umweltmedien Wasser, Luft und Boden ausgerichtet werden.
Der Referentenentwurf behält nach Ansicht des BMU die anspruchsvollen Schutz- und Umweltanforderungen des geltenden Umweltrechts bei. Europarechtliche Umweltvorgaben werden konsequent umgesetzt. Ein zentrales Anliegen des UGB ist die Anwender- und Vollzugsfreundlichkeit. Deshalb wurde der Referentenentwurf in enger Abstimmung mit den für den Vollzug zuständigen Umweltministerien der Länder erarbeitet. In Planspielen und Fachgesprächen sind insbesondere die Genehmigungs- und Verfahrensvorschriften mit Vertretern von Zulassungsbehörden und Unternehmen eingehend auf ihre Praxistauglichkeit überprüft worden.
Der Referentenentwurf umfasst fünf Bücher: Buch I mit allgemeinen Vorschriften und dem vorhabenbezogenen Umweltrecht, Buch II: Wasserwirtschaft, Buch III: Naturschutz und Landschaftspflege, Buch IV: Nichtionisierende Strahlung, Buch V: Emissionshandel. Daneben enthält das Regelungspaket eine Verordnung über die vom UGB erfassten Vorhaben (Vorhaben-Verordnung) und eine Verordnung über Umweltbeauftragte (Umweltbeauftragtenverordnung). Hinzu kommt ein Einführungsgesetz mit Folgeanpassungen anderer Gesetze sowie mit Übergangsvorschriften.
Die Anhörung der Verbände wird vom 17. bis 19. Juni 2008, die der Länder und kommunalen Spitzenverbände vom 24. bis 25. Juni 2008 jeweils in Berlin stattfinden. Die Stellungnahmen werden vom Bundesumweltministerium ausgewertet und bei der weiteren Abstimmung des Entwurfs innerhalb der Bundesregierung für eine Beschlussfassung des Kabinetts berücksichtigt werden. Die Gesetz- und Verordnungsentwürfe können im Internet herunter geladen werden:
www.umweltgesetzbuch.de

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Klare Signale auch im Umweltrecht

Vor der UN-Naturschutzkonferenz: Öko-Institut fordert Nachbesserung beim geplanten Umweltgesetzbuch

Vor Beginn der Bonner UN-Naturschutzkonferenz weist das Öko-Institut auf die Bedeutung des Umweltrechts für die Artenvielfalt hin. „Die Gründe für den Artenschwund sind auch darin zu sehen, dass es im Umweltrecht an Erfolg versprechenden, verbindlich vorgeschriebenen Strategien und Maßnahmen mangelt“, kritisiert Umweltrechts-Experte Falk Schulze vom Öko-Institut.

Deshalb fordert der Wissenschaftler: Gerade im geplanten, neuen Umweltgesetzbuch – dem umfassendsten umweltrechtlichen Gesetzgebungsverfahren der letzten Jahre in Deutschland – müssen Regelungen geschaffen werden, um dem immer schneller und massiver voranschreitenden Verlust an biologischer Vielfalt zu begegnen. Mehr unter

http://www.oeko.de/pressepool/pressemitteilungen/dok/781.php 

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Wasserwirtschaft im neuen Umweltgesetzbuch (UGB)

Am 18. Februar 2008 diskutierten in der Landesvertretung des Landes Rheinland- Pfalz Mitglieder des Deutschen Bundestages und der DWA die Schaffung eines bundeseinheitlichen Wasserrechts im Zusammenhang mit dem UGB. Dabei stellte Helge Wendenburg, Abteilungsleiter für Wasser- und Abfallwirtschaft im Bundesumweltministerium, die Kernpunkt des geplanten Umweltgesetzbuchs vor. Er betonte, dass der Wille, ein Umweltgesetzbuch zu schaffen, nicht nur in der Koalitionsvereinbarung der Regierungsparteien verankert sei, sondern auch in der erforderlichen Änderung des Grundgesetzes eine breite Unterstützung der verfassungsgebenden Organe gefunden habe.

Den ganzen Artikel kann man in der KA Korrespondenz Abwasser Abfall Heft 4/08 ab Seite 324 nachlesen.

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Wasserwirtschaft im neuen Umweltgesetzbuch

Veranstaltung der DWA in Berlin mit Vertretern des Bundestages und der Wasserwirtschaft
Die DWA hat am 18. Februar 2008 in Berlin mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages die Schaffung eines bundeseinheitlichen Wasserrechts im Rahmen des Umweltgesetzbuches (UGB) diskutiert. Die wasserwirtschaftliche Fachvereinigung begrüßt die Chance, ein zersplittertes Rechtsgebiet unter Wahrung der Interessen der Länder und der Wasserwirtschaft anwenderfreundlicher und leichter verständlich zu gestalten. Die anwesenden Bundestagsabgeordneten Ulrich Petzold (CDU), Dr. Matthias Miersch (SPD), Horst Meierhofer (FDP) und Nicole Maisch (Bündnis 90/Die Grünen) sprachen sich auf der hochkarätig besetzten Veranstaltung für die Verabschiedung eines neuen UGB aus. Die angeregte Diskussion mit mehr als 80 Teilnehmern aus Bundes- und Landesministerien, Kommunen, Wirtschaft sowie Wissenschaft und Wasserwirtschaft ging auf die aktuellen Themen der Neugestaltung ein. Der Präsident der DWA, Otto Schaaf, zeigte sich mit dieser ersten Veranstaltung der DWA im politischen Raum in Berlin sehr
zufrieden.
http://www.dwa.de/news/news-ref.asp?ID=3820

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Umweltrecht vereinfachen, nicht überfrachten

Mehraufwand für Genehmigungen wäre Hemmschuh für Investitionen / Ressortabstimmung zur Reform des Umweltrechtes voranbringen

Berlin, 4. April 2008 – „Die Einführung eines Umweltgesetzbuches sollte eine Vereinfachung des Umweltrechts bewirken. Die Energie- und Wasserwirtschaft unterstützt ausdrücklich das Ziel der Bundesregierung, mit dem Umweltgesetzbuch einen substanziellen Beitrag zu Bürokratieabbau und Investitionsförderung zu leisten.“ Das erklärte Eberhard Meller, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Berlin, zur Ressortabstimmung der Bundesministerien über eine umfassende Reform des deutschen Umweltrechtes.

Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Menschen erfordere ein zugleich modernes wie auch anspruchsvolles Umweltrecht. Beides müsse in Einklang gebracht werden. „Der derzeit diskutierte Entwurf zum Umweltgesetzbuch sieht jedoch verstärkten Aufwand für Genehmigungen vor, die zu einem Hemmschuh für Investitionen werden könnten“ betonte Meller. Es seien aufwändige Verfahren vorgesehen, bei denen die Betreiber von Anlagen eine Vielzahl neuer Pflichten zu beachten hätten. „Vor dem Hintergrund eines entschädigungslosen Widerrufs einer solchen Genehmigung scheint dieser Aufwand weder ökologisch gerechtfertigt, noch ökonomisch vertretbar“, erklärte Meller.

„Die Investitionssicherheit, die für die Realisierung von Großprojekten wie die Erschließung von Versorgungsgebieten, den Bau von Hochbehältern für die Wasserversorgung sowie von Kraftwerken oder Wasserkraftanlagen notwendig ist, wäre bei leicht widerruflichen Genehmigungen erheblich gefährdet. Die Genehmigungen sollten daher auch künftig nur gegen Entschädigung widerrufbar sein“, betonte Meller. Auch müsse ein hinreichender Bestandsschutz für bestehende – so genannte „alte Rechte“ gelten.

Weitere Informationen

Patricia Nicolai
Pressesprecherin
Telefon 0 30 / 72 61 47-330
E-Mail presse@bdew.de

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Das neue Umweltgesetzbuch – einen Überblick

Unter diesem Titel informiert der Autor Frank Andreas Schenkel (der Tisch Gladbach) über den aktuellen Stand des geplanten Umweltgesetzbuch. Er berichtet um neue Regelungen zu

– integrierte Vorhabengenehmigung

– neues Wasserrecht

– neue Bestimmungen zum Naturschutz und Landschaftspflege

– Regelungen zur Treibhausgas und Emissionshandel

Die Entwürfe zu diesen Punkten werden im Überblick dargestellt, wobei ein Schwerpunkt auf dem neuen Wasser- und Abwasserrecht liegt.

Den ganzen Artikel findet man in der KA Korrespondenz Abwasser ab Seite 392.

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Umweltgesetzbuch: Deutsche Umwelthilfe kritisiert Attacken der Minister Seehofer und Glos auf den Naturschutz

CSU-Minister Michael Glos und Horst Seehofer wollen Naturschutzstandards aufweichen und nehmen Artenschwund billigend in Kauf – Biodiversität in Deutschland in ernsthafter Gefahr – DUH-Bundesgeschäftsführer Baake: „Kanzlerin Merkel gefährdet als Gastgeberin der UN-Artenschutzkonferenz ihre politische Glaubwürdigkeit“

Berlin, 4. April 2008: Mit großer Sorge um den Natur- und Artenschutz verfolgt die Deutsche Umwelthilfe e.V (DUH) die koalitionsinternen Verhandlungen über ein einheitliches Umweltgesetzbuch (UGB). Landwirtschaftsminister Horst Seehofer und Wirtschaftsminister Michael Glos (beide CSU) torpedieren seit Wochen insbesondere das Naturschutzrecht, das im dritten Buch des momentan neu geschaffenen UGB aufgehen soll. Federführend für die Formulierung eines einheitlichen Umweltrechts in Deutschland  ist Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Dessen Ministerium wird seit Wochen daran gehindert, die Anhörung der Länder und Verbände einzuleiten. In der Folge wird das Bundeskabinett nicht wie geplant bis zur UN-Naturschutzkonferenz im Mai in Bonn den Entwurf für ein neues Naturschutzrecht im UGB verabschieden können. Die blamable Nachricht des Gastgebers Deutschland an die Weltöffentlichkeit wird sein: Der Naturschutz ist in der Regierung dieses Landes hochumstritten!

Dabei wäre beim UGB eine besonders konzentrierte Arbeitsweise notwendig, da es bis zum 31. Dezember 2009 in Kraft treten muss. Die Föderalismusreform von 2006 macht es nötig, bis zu diesem Zeitpunkt unter anderem die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes und das Recht des Artenschutzes festzulegen, von denen die Bundesländer dann nicht mehr abweichen dürfen. Würde diese Frist verstreichen, könnten ab dem 1. Januar 2010 die 16 Bundesländer den Natur- und Artenschutz in eigener Verantwortung regeln.  „Eine derartige Kleinstaaterei im Naturschutzrecht  wäre eine Katastrophe“, sagte Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). „Tiere und Pflanzen halten sich nun mal nicht an Landesgrenzen. Außerdem reichen natürlich zusammenhängende Gebiete wie Flussauen, Gebirgszüge, Moore und Wälder weit über einzelne Bundesländer hinaus. Ein effizienter Artenschutz ist aber nur möglich, wenn die Verantwortlichen in einem Gebiet nach denselben Grundsätzen des Naturschutzes handeln“, erklärte Baake.

Baake forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, die Attacken ihrer Minister Seehofer und Glos auf den Natur- und Artenschutzes zu unterbinden. Das Bundeskabinett habe erst am 7. November 2007 eine „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ verabschiedet. Mit einem „umfassenden Programm für die Erhaltung von Arten und Lebensräumen“ versprach die Regierung bis 2010 den Artenschwund in Deutschland stark zu verringern und Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schützen. Baake: „Jetzt, wo es statt um Visionen um konkrete gesetzliche Schutzvorschriften geht, versagt die Regierung!“

Die Klientelpolitik der Minister Seehofer und Glos gefährde auch eine glaubwürdige  Verhandlungsführerschaft der Bundesregierung bei der UN-Biodiversitätskonferenz im Mai. Ziel der Bundesregierung dort müsse es sein, eine Vertrauensbasis zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern zu schaffen. Die mit Abstand größte Artenvielfalt weisen die Tropen auf. Der größte Artenreichtum liege also in Ländern, die derzeit enorme Anstrengungen unternehmen, um zu den Industrieländern aufzuschließen. Ziel der UN-Konferenz sei es unter anderem, dass in Ländern wie Brasilien, Indonesien, Malaysia aber auch in vielen afrikanischen Staaten Schutzgebiete für den Artenerhalt ausgewiesen werden. Wenn Deutschland sich jedoch nicht einmal auf seinem eigenen nationalen Territorium zu einem nachhaltigem Naturschutz bekenne, werde es umso schwerer, ärmere Länder zu einem substanziellen globalen Abkommen zu bewegen.

Auch vor diesem Hintergrund sei es unverantwortlich, so Baake, dass Landwirtschaftsminister Seehofer und Wirtschaftsminister Glos ein zentrales Instrument des Naturschutzrechtes, die sogenannte Eingriffsregelung, faktisch abschaffen und die Verursacherpflichten massiv beschränken wollen. Nach derzeit geltendem Recht ist der Verursacher eines Eingriffes verpflichtet, „vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen“. Glos und Seehofer wollen durchsetzen, dass Unternehmen, die z.B. mit Baumaßnahmen die Natur schädigen, nicht mehr wie bislang an anderer Stelle Flächen naturnah gestalten müssen; sie wollen die Verpflichtung für sogenannte Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen abschaffen. Was darunter zu verstehen ist, regelt das derzeit geltende Gesetz eindeutig: „Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts wieder hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist.“

Mit ihrer Klientelpolitik für Wirtschaft und Agrarindustrie wollen die CSU-Minister erreichen, dass in Zukunft die Verursacher mit einem rein finanziellen Ausgleich davon kommen können – sich also mit Geld vom Naturschutz freikaufen dürfen. „Das ist eine moderne Form des Ablasshandels“, so Baake, „der zudem dazu führen kann, dass die Länder ein Interesse an besonders gravierenden Eingriffen in den Naturhaushalt entwickeln könnten: je massiver der Eingriff, den die Landesbehörden genehmigen, desto höher die Einnahmen im Landeshaushalt!“

„Wenn man die Ersatzzahlung mit der tatsächlichen Ausgleichsmaßnahme in der Natur gleichsetzt, kann es prinzipiell nie zu einem unzulässigen Eingriff kommen. Schon heute bedeutet die Einschränkung, dass das Gesetz „unvermeidbare Beeinträchtigungen“ unter näher beschriebenen Voraussetzungen zulässt, dass wirtschaftliche Interessen in bestimmten Fällen Vorrang vor natürlichen Lebensräumen haben. Die von den CSU-Ministern jetzt vorgeschlagene Regelung bedeutet im Ergebnis die Abschaffung einer Eingriffsregelung, die in der realen Welt der Natur helfen kann“, erläuterte Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin Recht der DUH. „Auf eine wirkliche Schonung naturnaher Flächen braucht dann niemand mehr zu hoffen. Ob ein Stück ökologisch wertvolles Land in Anspruch genommen wird, wird zu einer Frage der Zahlungsfähigkeit“.

Unverantwortlich sei auch, dass der Landwirtschaftsminister den etablierten Standard der „guten fachlichen Praxis“ im Naturschutzrecht abschaffen wolle. Nach guter fachlicher Praxis sollen Land- und Forstwirte Wiese, Acker und Wald bewirtschaften. Das bedeutet: Sie sollen Grundsätze des Naturschutzes beachten, keinen Kahlschlag verursachen, an Feldrändern Hecken und Sträucher stehen lassen und ökologische Mindestanforderungen für Feldgehölze und Kleingewässer auf landwirtschaftlich genutzten Flächen beachten. Die gute fachliche Praxis sichert also die minimalen Anforderungen für das Überleben von Tieren und Pflanzen in der Kulturlandschaft. Und das ist auch dringend erforderlich. Deutschland weist derzeit  den höchsten Gefährdungsgrad der Natur in den EU-Staaten auf. Laut Bundesamt für Naturschutz sind 36 Prozent aller bewerteten Tierarten in Deutschland in ihrem Bestand gefährdet, über zwei Drittel der heimischen Pflanzenarten sind ebenfalls bestandsgefährdet.

Für Rückfragen:

Rainer Baake
Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030 24 00 867-15, Mobil: 0151 55 01 69 43 baake@duh.de

Dr. Cornelia Nicklas
Leiterin Recht, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030 24 00 867-18, Mobil: 0162 63 44 657, nicklas@duh.de

Ulrike Fokken
Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030 24 00 867-22, Mobil:0151 55 01 70 09, fokken@duh.de

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Referentenentwurf des Umweltgesetzbuchs: zu wenig Innovation, keine Impulse für den Klimaschutz, kontraproduktiv für Biodiversität und Flächenverbrauch

Christiane Rathmann, Öffentlichkeit und Kommunikation
Öko-Institut e. V. – Institut für angewandte Ökologie
28.11.2007

RechtsexpertInnen bewerten Entwurf des Umweltministeriums in einer ersten Einschätzung als insgesamt enttäuschend.

Gemeinsame Pressemitteilung von Öko-Institut, Deutsche Umwelthilfe und Unabhängigem Institut für Umweltfragen

Der gestern vom Bundesumweltministerium veröffentlichte Referentenentwurf für ein Umweltgesetzbuch (UGB) ist inhaltlich enttäuschend und verfehlt das Ziel einer Reform des Umweltrechts, kritisieren einstimmig die RechtsexpertInnen des Öko-Instituts, der Deutschen Umwelthilfe und des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen. Der Entwurf soll als zentrales umweltrechtliches Reformvorhaben des Jahrzehnts eine entscheidende Weichenstellung für die deutsche Umweltpolitik darstellen. Er erschöpft sich aber bedauerlicherweise in einer Zusammenführung bestimmter Teile des zersplitterten Umweltrechts. Diese Konsolidierung ist zwar rechtstechnisch weitgehend gelungen. Das Ziel eines echten Reformwerks, das einen klaren Handlungsrahmen für die dringlichsten umweltpolitischen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnten schafft, verfehlt der Entwurf dagegen gleich in mehrfacher Hinsicht. Vor allem in seinem Buch zum Naturschutz ist er sogar kontraproduktiv.

„Der offiziell vorgelegte Entwurf fällt an vielen Stellen hinter die ursprünglich angekündigten positiven Ansätze zurück. Reden und Handeln der Bundesregierung stehen zudem im Widerspruch“, betont Umweltrechts-Expertin Regine Barth, Koordinatorin des Institutsbereichs Umweltrecht & Governance im Öko-Institut und Leiterin eines Verbundprojekts zum Umweltgesetzbuch. „Während sich Deutschland auf internationaler Bühne zu Klimaschutz und Biodiversität als Vorreiter positioniert, versäumt es die Bundesregierung, die notwendigen Voraussetzungen im eigenen Umweltrecht zu schaffen, die dort formulierten Ziele einhalten zu können.“

Cornelia Nicklas, Leiterin Recht der Deutschen Umwelthilfe kritisiert: „Das Bundesumweltministerium hat in Vorabverhandlungen mit den Ländern Terrain preisgegeben, das nicht mehr gutzumachen sein wird. Die Bedeutung des Naturschutzes für die zentralen Herausforderungen im Umweltbereich wird dabei völlig unterschätzt.“

Naturschutz ist nicht in Mode und wird gerne als Beispiel für angeblich überzogene Umweltpolitik herangezogen. Dabei ist seine unerlässliche Funktion nicht nur lokal, sondern auch für die großen aktuellen Herausforderungen auf globaler Ebene Klimaschutz und Biodiversität unbestritten. Gleichwohl gibt nun auch Bundesumweltminister Gabriel im dritten Buch des UGB zum Naturschutz ohne Not Standards dem weiteren Abbau preis. Der Entwurf verzichtet darauf, sicherzustellen, dass keine Standards gesenkt werden.

Besonders unverständlich ist dies angesichts der Tatsache, dass das Bundesumweltministerium gerade erst die Strategie zum Erhalt der Biodiversität verabschiedet hat. Ein Ziel dieser Strategie lautet zum Beispiel, die Grundsätze der guten fachlichen Praxis bis 2008 um Mindeststandards im Hinblick darauf zu ergänzen, dass von allen Flächen ein Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität geleistet wird. Gleichzeitig wird genau dieses Ziel aber im UGB nicht mehr weiter verfolgt.

Michael Zschiesche, Geschäftsführer des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen e.V. ergänzt: „Auch die überragende Auswirkung, die beispielsweise Vorgaben für die Landwirtschaft auf die Klimaerwärmung haben, wird völlig ausgeblendet. Als gute fachliche Praxis für die Landwirtschaft können hier beispielsweise Vorgaben über den Düngemittelverbrauch gemacht werden. Dieser hat einen erheblichen Einfluss auf die Emission von klimaschädlichen Gasen.“

Auch das Ziel der Bundesregierung, dem sich nun auch die Länder angeschlossen haben, den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 Hektar täglich zu reduzieren, wird ohne Vorgaben im Bereich Naturschutz nicht erreicht werden können. In der Bundesrepublik werden weiterhin jeden Tag 114 Hektar Fläche für Gewerbe, Wohnungsbau und Verkehr verbraucht, was die Umwelt erheblich belastet.

So sinnvoll es ist, ein solides Grundgerüsts des deutschen Umweltrechts zu schaffen: Ohne wirkungsvolle Instrumente im UGB kann die Bundesrepublik die von der Bundesregierung formulierten Ziele und ihre internationalen Verpflichtungen nicht erfüllen. In der nun folgenden Debatte um diesen Entwurf muss es deshalb darum gehen, die wichtigen strategischen Weichenstellungen zum Beispiel im Naturschutz zu verändern, denn einmal verabschiedet, ist eine zeitnahe Korrektur illusorisch. Der Referentenentwurf muss deshalb dringend nachbessert werden.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie im Internet unter http://www.umweltgesetzbuch.org

AnsprechpartnerInnen

Ass. jur. Regine Barth, Koordinatorin Bereich Umweltrecht & Governance, Öko-Institut e.V., Büro Darmstadt, Telefon 06151/8191-30,
E-Mail r.barth@oeko.de

Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin Recht, Deutsche Umwelthilfe e.V., Telefon 030/258986-18, E-Mail nicklas@duh.de

Michael Zschiesche, Unabhängiges Institut für Umweltfragen, Telefon 030/428499332, E-Mail recht@ufu.de

URL dieser Pressemitteilung: http://idw-online.de/pages/de/news237781

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Dialog über das Umweltgesetzbuch erwünscht

Erster Band der Reihe „Forum Umweltgesetzbuch“ erschienen

Die Bundesregierung will noch in dieser Wahlperiode den ersten Teil eines Umweltgesetzbuches (UGB) vorlegen. Das UGB soll das bislang zersplitterte Umweltrecht zusammenführen und vereinfachen. Das Bundesumweltministerium (BMU) und das Umweltbundesamt (UBA) begleiten die Entstehung mit der neuen Veröffentlichungsreihe „Forum Umweltgesetzbuch“. In loser Folge werden hier Autorinnen und Autoren aus der Bundespolitik, den Ländern, der Wirtschaft, den Umweltverbänden sowie aus Wissenschaft, Justiz und Vollzugspraxis ihren Standpunkt zum Umweltgesetzbuch veröffentlichen.

Ein umweltrechtliches Großprojekt wie das UGB kann nur im offenen und öffentlichen Dialog mit Fachleuten und Betroffenen erfolgreich sein. Ziel der Veröffentlichungsreihe soll vor allem sein, in der Diskussion über die Ziele, die Ausgestaltung und die Grenzen eines Umweltgesetzbuchs Denkanstöße und Argumente zu liefern.
Der erste Band liefert einen ersten, guten Einstieg in das Thema „Umweltgesetzbuch“: Er dokumentiert auf 52 Seiten die Tagung „Herausforderung Umweltgesetzbuch“, die BMU und UBA im Februar 2007 veranstalteten. Namhafte Teilnehmer aus Politik, Wissenschaft und Praxis diskutierten dort den Rahmen und die wesentlichen Inhalte des Umweltgesetzbuches.

Mehr Informationen auch unter http://www.umweltgesetzbuch.de.
Dessau-Roßlau, 7.8.2007 Presseinformation Nr. 52/2007
Pressesprecher: Martin Ittershagen
Mitarbeiter/innen: Anke Döpke, Dieter Leutert,
Fotini Mavromati, Theresa Pfeifer
Adresse: Postfach 1406, 06813 Dessau-Roßlau
Telefon: 0340/21 03-2122, -2827, -2250, -2318, -3927
E-Mail: pressestelle@uba.de
Internet: www.umweltbundesamt.de

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