André Hildebrand, Dagmar Steiert und Christiane Prögel-Goy*
* André Hildebrand ist Geschäftsführer des DWA-Landesverbandes Baden-Württemberg, Dipl.-Ing. Dagmar Steiert ist verantwortlich für den Bereich Umweltbildung und Service beim DWA-Landesverband und Projektleiterin für den Fachbereich RÜB, Christiane Prögel-Goy ist freie Fachjournalistin.
Die Abwasserreinigung in Baden-Württemberg verzeichnet seit Jahrzehnten eine kontinuierliche Leistungsverbesserung, die im bundesweiten Vergleich Maßstäbe setzt. Im Sinne eines nachhaltigen Gewässerschutzes hält es der DWA-Landesverband Baden-Württemberg für umso dringlicher, eine im landesüblichen Mischwassersystem bislang offen gebliebene Lücke zu schließen: Die Rede ist von der Optimierung des Betriebs von Regenüberlaufbecken (RÜB). Entsprechende Defizite sollen durch den Aufbau eines Fachbereichs RÜB mit angegliedertem Netzwerk in Abstimmung mit dem Umweltministerium behoben werden.
In der Abwasserreinigung Baden-Württembergs ist die Arbeit der letzten vier Jahrzehnte geprägt vom kontinuierlichen Bestreben um Verbesserung der Reinigungsleistung und Prozessoptimierung auf Kläranlagen, dem Bau der Regenwasserbehandlungsanlagen und der systematischen Kanalsanierung. Bezüglich der Kläranlagen wird dies immer wieder eindrucksvoll dokumentiert durch die Ergebnisse des alljährlichen Leistungsvergleichs der kommunalen Kläranlagen im Land, die auch bundesweit Maßstäbe setzen. Vor allem auch durch die Initiative zur Entnahme von anthropogenen Spurenstoffen aus dem Abwasser nimmt Baden-Württemberg auf Bundesebene und über die nationalen Grenzen hinaus eine Vorreiterrolle im Gewässerschutz ein.
Regenüberlaufbecken – Schwachstelle im Mischsystem
Gänzlich ungetrübt ist diese Erfolgsgeschichte der Abwasserreinigung in Baden-Württemberg dennoch nicht. Noch nicht. Bei allem Bemühen um weitsichtigen und nachhaltigen Gewässerschutz im Land ist bis heute eine Lücke offen geblieben: Eine nicht unerhebliche Schwachstelle im Abwassersystem Baden-Württembergs, in dem das Mischsystem mit rund 70 Prozent dominiert, stellen die Regenüberläufe dar. Sie dienen der hydraulischen Entlastung von Kanalnetz und Kläranlage. Die Regenüberlaufbecken (RÜB) sollen den ersten Spülstoß mit besonders starker Verschmutzung bei Regenbeginn aufnehmen und kontrolliert zur Kläranlage weiterleiten, Sie sind damit gewissermaßen Zwischenspeicher für größere niederschlagsbedingte Abwassermengen. Ab einem gewissen Füllstand muss eine Entlastung des Beckens in das Gewässer erfolgen, wobei der Beckeninhalt zwar stark verdünnt, aber ungeklärt in die Umwelt gelangt. Angesichts der guten – und im jährlichen Leistungsvergleich gut dokumentierten – Reinigungsergebnisse der Kläranlagen rücken die Schmutzfrachten, die mit dem Überlauf der RÜB bei Niederschlag in die Gewässer eingeleitet werden, in einen zunehmend kritischen Fokus und signalisieren einen erheblichen Handlungsbedarf.
Ministerialrat Dipl.-Ing. Hans Neifer, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, erachtet aus der ganzheitlichen Betrachtung des Entwässerungssystems heraus die Betriebsoptimierung der RÜB als wichtigen Baustein des Gewässerschutzes im Land:
„Mit rund drei Milliarden Euro ist im Lauf der Zeit eine erhebliche Investitionssumme in die Regenwasserbehandlung im Land geflossen. Damit dieser finanzielle Einsatz zum Schutz der Gewässer auch wirklich sinnvoll angelegt ist, müssen wir uns der offensichtlichen Schwachstelle im baden-württembergischen Entwässerungsnetz – dem ordnungsgemäßen Betrieb der RÜB – widmen. Gerade an kleineren Gewässern sind diese nicht selten der entscheidende Belastungspfad für den Eintrag von Schmutzfrachten in die Umwelt. Und allein mit rechtlichen Vorgaben werden wir beim Thema RÜB nicht zum Ziel kommen, dazu ist es mit Blick auf die erforderliche Sanierung und technische Aufrüstung der Anlagen sowie die nötige Erhebung, Dokumentation und Auswertung von Betriebsdaten zu komplex. Ein konzertiertes Vorgehen, das die Beteiligten auf allen Ebenen einbezieht, hat sich bereits bei anderen umweltrelevanten Themen der Abwasserwirtschaft – zum Beispiel bei geanetz oder dem Kompetenzzentrum für Spurenstoffe (KomS) – bewährt und erscheint auch im Fall der RÜB angemessen. Unsere Kläranlagen können innerhalb des im Land vorherrschenden Mischsystems, das ganzheitlich zu betrachten ist, nur dann ihre Schutzwirkung für die Umwelt voll entfalten, wenn mit der flächendeckenden Optimierung der RÜB die Lücke im Gewässerschutz geschlossen wird. So ist die neue Plattform zu Wis- senstransfer und Erfahrungsaustausch nicht zuletzt den Anstrengungen der kommunalen Kläranlagen im Land geschuldet, deren kontinuierliche Leistungssteigerungen sich regelmäßig in den Kennzahlen des jährlichen Leistungsvergleichs widerspiegeln. Nur mit einer erfolgreichen, die übrigen Pionierleistungen im Abwasserbereich ergänzenden Initiative im Fachbereich RÜB kann Baden-Württemberg letztendlich seiner Vorreiterrolle im Hinblick auf den Gewässerschutz vollumfänglich und nachhaltig gerecht werden.“
Sanierungsbedürftige Anlagen im Schatten des Betriebsalltags
Ein Blick hinter die Kulissen bringt die Hintergründe ans Licht: Während die Kläranlagen im Land mit großem Engagement betrieben werden, fristen die RÜB im Betriebsalltag der Abwasserbehandlung vielerorts bis heute ein Schattendasein. Geschuldet ist dies den Wissensdefiziten zu Betriebsverhalten und Wirkung der RÜB. Hinzu kommt konkreter Sanierungsbedarf im Bestand. Die technische Ausstattung ist teilweise veraltet oder unvollständig. Es mangelt an der erforderlichen Datenerhebung und -auswertung ebenso wie an den nötigen Kontrollen seitens der Behörden. Angaben von Prof. Dr.-Ing. Karlheinz Krauth, Stuttgart, zufolge (Lehrer- und Obmanntagung im März 2014 in Stuttgart-Büsnau) wurden 80 Prozent aller RÜB vor der Veröffentlichung der DWA-Regelwerke DWA-A 166 und DWA-M 176 zur Planung von RÜB gebaut; allein aus dieser Sicht sei davon auszugehen, dass viele Becken den heutigen Anforderungen nicht standhalten. Die Diskussion um den Zustand der RÜB wird im Land schon seit rund zehn Jahren geführt. Bereits 2007 wurden die Arbeitsmaterialien zur fortschrittlichen Regenwasserbehandlung veröffentlicht – die Defizite indes bisher noch nicht genügend aufgearbeitet.
Infokasten: RÜB in Baden-Württemberg / Verpflichtung zur Eigenkontrolle Die ersten RÜB im Land wurden in den 1970er-Jahren errichtet. Heute liegt ihr Bestand bei fast 7.000 Becken. Das gesamte Beckenvolumen beträgt etwa 3,6 Millionen Kubikmeter, und die damit verbundene komplette Investitionssumme beläuft sich auf rund drei Milliarden Euro. ![]() Abb. 1_RÜB_Anlagenschema: Regenüberlaufbecken (RÜB) als Bestandteil des in Baden-Württemberg vorherrschenden Mischsystems spielen bei der Entwässerung eine wichtige Rolle für den Gewässerschutz. © Festo Didactic Die Eigenkontrollverordnung Baden-Württemberg sieht vor, dass die Betreiber von Abwasseranlagen, deren Bestandteil die RÜB sind, den ordnungsgemäßen Anlagenbetrieb durch regelmäßi- ge Überprüfung gewährleisten. Aufgabe der Wasserbehörden ist es zu überwachen, dass die Betreiber die geforderten Eigenkontrollen und damit die der Anlage zugedachte Gewässer- schutzwirkung – als Beitrag zur Erreichung des guten Zustands der Gewässer gemäß EU- Wasserrahmenrichtlinie – erfüllen. Die Eigenkontrolle für Regenwasserbehandlungs- und – entlastungsanlagen umfasst die Sichtkontrolle von Einlauf, Überläufen und Ablauf auf Ablage- rungen und Verstopfungen hin ebenso wie die Funktionskontrolle von technischer Ausrüstung, Messgeräten und Drosseleinrichtungen. Die Kontrollen sollen insbesondere nach Belastung der Anlagen durch Regen, bei RÜB mindestens zweimonatlich, bei sonstigen Anlagen vierteljährlich durchgeführt werden. An der Einleitungsstelle ins Gewässer sind vierteljährlich Sichtkontrollen auf Auffälligkeiten (Ablagerungen, Geruch etc.) durchzuführen. Alternativ dazu können die Anla- gen über Fernwirktechnik an das Prozessleitsystem angebunden und Kontrollen zumindest teil- weise am PC erledigt werden. So lassen sich Daten einfach speichern und analysieren. Die dar- aus erstellten Jahresberichte können den Aufsichtsbehörden zur Verfügung gestellt werden. |
Konzertierte Unterstützung für die Betreiber
Der DWA-Landesverband Baden-Württemberg sieht für die Behebung der Defizite bei den RÜB ganz klar die Betreiber in der Pflicht – weiß aber auch, wie wichtig und wertvoll fachliche Unterstützung für die Kommunen ist und dass es hier letztlich um die Wirksamkeit des Gewässerschutzes im Land geht. Vor diesem Hintergrund werden in einem gemeinsamen Projekt mit dem Umweltministerium Baden-Württemberg derzeit die Weichen gestellt für eine neue Expertenplattform – mit dem Ziel, den Betrieb der RÜB im Land flächendeckend und nachhaltig zu verbessern.
Initiative führt alle beteiligten Akteure zusammen
Konkret sollen über die neue Plattform alle beteiligten Akteure – aus Hochschule und Verwaltung, den Betrieben, der Industrie und planenden Ingenieurbüros – zum nachhaltigen Fachdialog mit Netzwerk-Charakter zusammengeführt werden. Organisationsstrukturen und inhaltliche Grundzüge für die Initiative entwickelt der DWA-Landesverband Baden-Württemberg als Knotenpunkt für alle Beteiligten aus Planung, Bau und Betrieb. Die Projektleitung hat Dipl.-Ing. Dagmar Steiert.
Darüber hinaus wurde ein Projektbeirat aus Vertretern des Umweltministeriums und der Aufsichtsbehörden, des DWA-Landesverbandes und der Nachbarschaften sowie der Hochschulen und Planungsbüros ins Leben gerufen. Er besteht derzeit aus 14 Personen, begleitet das Projekt inhaltlich und fachlich und ist in alle Prozesse aktiv eingebunden.
Wolfgang Schanz, Vorsitzender des DWA-Landesverbandes, Tiefbauamtsleiter und Erster Betriebsleiter Eigenbetrieb Stadtentwässerung Stuttgart, erläutert die Bedeutung der neuen Plattform im Fachbereich RÜB zur Wissensbündelung und zum Erfahrungsaustausch zwischen allen Akteuren:
„Schon seit den siebziger Jahren sind viele Regenüberlaufbecken (RÜB) in Baden- Württemberg in Beton gegossen – oft liegen sie unterirdisch und damit manchmal im Schatten des Betriebsalltags. Nur wenn die RÜB ordnungsgemäß betrieben werden, können sie im Kanalnetz ihre Funktion für den Gewässerschutz angemessen erfüllen. Ziel muss also sein, die Regenwasserbehandlung so zu optimieren, dass die Becken ihre bestimmungsgemäße Aufgabe wahrnehmen und so möglichst wenig Schmutzfracht mit dem Überlauf ins Oberflächengewässer entlassen wird. Hier sind die Betreiber in der Pflicht. Um ihrer Verantwortung gerecht zu werden, sollten sie sich nicht scheuen, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Zu diesem Zweck hat der DWA-Landesverband Baden- Württemberg gemeinsam mit dem Umweltministerium eine Expertenrunde ins Leben gerufen. Dabei sollen alle Akteure zur Wissensvermittlung und zum Erfahrungsaustausch zusammenwirken: Wasserbehörden, Planer und Betreiber. Über die Nachbarschaftsarbeit, die sich in verschiedenen Feldern der Abwasserwirtschaft seit Langem bewährt, haben wir auch beim Thema RÜB gute Chancen, landesweit aktiv zu werden. Die Nachbarschaften haben den unschätzbaren Vorteil, dass hier Fachleute mit Praxiserfahrung versammelt sind. Das Betriebspersonal muss wissen, in welchem Zustand sich die Anlagen befinden. Bislang fehlende theoretische Erkenntnisse können durch entsprechende Betriebsdatenerfassung und Dokumentation systematisch und flächendeckend ergänzt werden. So ist ein jährlicher Betriebsdatenvergleich angedacht, wie er sich für die kommunalen Kläranlagen in Baden-Württemberg seit über vier Jahrzehnten bewährt.“
Bewusstseinsbildung als Basis für den Projekterfolg
Für den erfolgreichen Aufbau des Fachbereichs RÜB wurden vier Handlungsfelder abgesteckt (siehe Abb. 5). Als Basis für den gesamten Projekterfolg soll zum Auftakt der Initiative Handlungsfeld 1 – die Bewusstseinsbildung in den Reihen der wasserwirtschaftlichen Akteure – im Fokus stehen. Ein zielgruppengerechtes Kommunikationskonzept zielt auf die Sensibilisierung aller Beteiligten für die Thematik RÜB ab.
Sonder-Nachbarschaften: Neuer Baustein für den fachlichen Austausch
Eine wichtige Rolle übernehmen in diesem Zusammenhang die Nachbarschaften, über welche die Betreiber mit ihrem Fachpersonal in der Fläche angesprochen werden. Schon jetzt ist das Thema RÜB in den Fortbildungsplan der Kanal- und Kläranlagen-Nachbarschaften integriert. Während gegenwärtig jedoch die anlagenbezogene Betrachtung der RÜB Gegenstand des Erfahrungsaustausches ist, soll künftig eine systembezogene Betrachtung im Gesamtverbund erfolgen, in der auch die Gewässer und deren Belastungen im Fokus stehen. Aufbauend auf die guten Erfahrungen mit den bestehenden Nachbarschaften ist im Rahmen der neuen Initiative zu diesem Zweck die Gründung von vier Sonder-Nachbarschaften RÜB mit je einem Lehrer und einem Obmann angelaufen. Zielgruppe dieser neuen Sonder-Nachbarschaften sind die mit der Betreuung der RÜB betrauten fachkundigen Mitarbeiter/-innen. Vor diesem Hintergrund lädt der Landesverband zeitnah die Betreiber landesweit zum neuen Erfahrungsaustausch ein. Daten-Management und Betriebsdatenvergleich Um den Betreibern eine Standortbestimmung und einen Kenntnisgewinn für die Betriebsoptimierung zu ermöglichen, soll für die RÜB ein landesweiter Datenvergleich aufgebaut werden. Hierbei werden der DWA-Landesverband und die zuständigen Behörden gemeinsam aktiv, um bereits vorhandene Daten zu nutzen und doppelte Datenerhebungen zu vermeiden. Den neuen Sonder-Nachbarschaften RÜB kommt bei der Umsetzung eine tragende Aufgabe zu. Die für den Datenvergleich nötige kontinuierliche Datenerfassung und -bewertung hat sich in anderen Bereichen wie dem jährlichen Kläranlagen-Leistungsvergleich bestens bewährt.
Dr.-Ing. Ulrich Dittmer, Leiter des Arbeitsbereichs Siedlungsentwässerung am Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft und Wasserrecycling der Universität Stuttgart, sieht in der Betriebsoptimierung von RÜB in Baden-Württemberg wertvolles, noch ungenutztes Potenzial für den Gewässerschutz und unter- streicht in diesem Kontext die Rolle des Betriebspersonals:
„Trotz des hohen Niveaus der Abwasserreinigung in Kläranlagen bestehen immer noch Defizite im chemischen und ökologischen Zustand zahlreicher Gewässer. Diese sind gerade bei kleineren empfindlichen Gewässern oftmals auf die Belastung durch RÜB zurückzuführen. In vielen Fällen ließe sich diese Belastung allein durch eine Verbesserung des Betriebs deutlich reduzieren. Großes Potenzial steckt vor allem in RÜB, die man in den letzten Jahrzehnten «auf Vorrat» errichtet hat – für Gewerbe- und Wohngebiete, die nicht bebaut wurden oder nicht im Mischsystem entwässern. So sind viele Anlagen im Bestand überdimensioniert und uneffektiv. Hier schlummern Reserven, die sich durch Betriebsoptimierung aktivieren lassen – Gewinn an Gewässerschutz mit geringem Aufwand! Um dies zu erreichen müssen sich die Kommunen, der anspruchsvollen Aufgabe des erfolgreichen Betriebs der RÜB stellen. Moderne Datentechnik gibt hier wertvolle Hilfestellung. Sie reduziert den Personaleinsatz und liefert unverzichtbare Informationen für die Optimierung von Betrieb und Planung; andererseits macht sie die Arbeit aber auch anspruchsvoller. Das schafft neue Herausforderungen im Umgang mit dem Personal. Hier muss nicht nur qualifizierte Personalschulung ansetzen, vielmehr ist eine grundsätzliche Aufwertung der zuständigen Tätigkeitsbereiche gefordert, entsprechende Wertschätzung und angemessene Vergütung inbegriffen. Der erfolgreiche Betrieb von RÜB beginnt bei der Entwässerungsplanung und Betriebsorganisation – schon hier sollte das Personal eingebunden sein. Was wir brauchen, ist eine engere Abstimmung zwischen Planung und betrieblichen Belangen – mit einem Dialog aller Beteiligten auf Augenhöhe.“
Bildungskonzept verbreitet Fachwissen auf verschiedenen Ebenen
Die grundlegende Qualifizierung aller beteiligten Akteure soll durch ein umfassendes Bildungskonzept zur Vermittlung des notwendigen Fachwissens sichergestellt werden. Beim flächendeckenden Erfahrungsaustausch innerhalb der Nachbarschaftsarbeit ansetzend, soll dieses Konzept das Thema RÜB durch abgestimmte Schulungsangebote und Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen im Netzwerk thematisieren und in die Arbeit integrieren (siehe Abb. 2).
Abb. 2_RÜB_Qualifizierungspyramide: Die im Rahmen der RÜB-Initiative entwickelte Qualifizierungspyramide umfasst ein Bildungskonzept zur Verbreitung des nötigen Fachwissens auf verschiedenen Ebenen.
Forschungen zum Betriebsverhalten von RÜB
Ergänzend zu den Handlungsbereichen Bewusstseinsbildung, Nachbarschaftsarbeit (inklusive Daten-Management) und Qualifizierung werden vom DWA-Landesverband im Rahmen eines vierten Handlungsfeldes verschiedene Untersuchungen und Empfehlungen zum Thema RÜB zur Weiterentwicklung beauftragt. Die damit verbundenen Forschungen werden vorrangig an Hochschulen durchgeführt. Beispielsweise werden in diesem Kontext Kenngrößen zur Bewertung des Betriebsverhaltens von RÜB erarbeitet – mit dem Ziel, eine Basis für den Betriebsdatenvergleich zu entwickeln und Betreibern ein Werkzeug zur Betriebsoptimierung an die Hand zu geben.
In Heidelberg ist seit Beginn der 1990er-Jahre die kommunale Regenwasserbehandlung systematisch saniert und ausgebaut worden. Dipl.-Ing. Jürgen Weber, Leiter Tiefbauamt und Geschäftsführer des Abwasserzweckverbandes Heidelberg, berichtet über die positiven Erfahrungen der Stadt:
„Unser umfangreiches Abwassernetz hier in Heidelberg weist verhältnismäßig wenige Regenüberlaufbecken und dafür einen hohen Anteil an Stauraumkanälen auf. Schon seit 1992 hat sich die Kommune der Sanierung und dem kontinuierlichen Ausbau der Regenwasserbehandlung gewidmet. Wichtig ist uns dabei die Integration zukunftsweisender Mess- und Regeltechnik gewesen. Als GPS sich durchsetzte, haben wir unser System noch mit Fernwirktechnik aufgerüstet und über Internet auslesbar gemacht. Seither werden alle Anlagenereignisse – Störfälle, Entlastungshäufigkeit etc. – 365 Tage im Jahr automatisch im Betriebstagebuch erfasst. Diese Form der Dokumentation unterstützt unser gut geschultes, auch in der Arbeitssicherheit entsprechend unterwiesenes Personal bei der Betriebsoptimierung. Darüber hinaus bedeutet die lückenlose Dokumentation für uns aber auch Rechtssicherheit. Etwa 50 Mio. Euro wurden in den Bereich Regenwasserbehandlung insgesamt investiert – eine stattliche Summe, aber unterm Strich ist die Rechnung aufgegangen. Vor allem die technischen Möglichkeiten der Überwachung und Fernauslese (Investitionskosten für Fernwirksystem: 6.000 Euro pro Anlage) machen sich mit einer deutlichen Reduzierung von Kosten und Personaleinsatz im Betriebsalltag bezahlt. Ein Beispiel dazu: Früher war für jede unserer zirka 50 Stationen zweimal wöchentlich eine mindestens einstündige Kontrollfahrt nötig (Stundensatz 60 Euro) – heute übernimmt das unsere Fernüberwachung in Kombination mit Webcams (Betriebskosten pro Station 50 Euro pro Monat). Die Heidelberger Bürgerinnen und Bürger profitieren übrigens nicht nur von der Qualität unserer Reinigungsleistung und dem Beitrag zum Gewässerschutz – sie können sich auch noch über Abwassergebühren freuen, die im Bundesvergleich extrem günstig sind!“
Engmaschiger Aktionsplan stellt Thema RÜB in den Fokus
Im Bestreben, das neue Netzwerk um den Fachbereich RÜB so schnell und effektiv wie möglich zu weben, ist ein engmaschiger Aktionsplan aufgestellt worden, der die Akteure in verschiedenen Kontexten zusammenführt. So werden im September / Oktober 2015 erstmals die Sonder- Nachbarschaften tagen. Auf der DWA-Landesverbandstagung am 15./16. Oktober dieses Jahres wird der Betrieb von RÜB als Schwerpunktthema auf der Agenda stehen. Und für Februar 2016 ist als weiterer Schritt zu diesem Thema im Landesverband ein Expertenforum geplant.
Bilder:
Abb. 3_RÜB_Rundbecken: Die Bauform des Rundbeckens begünstigt die Selbstreinigung und erleichtert somit den ordnungsgemäßen RÜB-Betrieb.
Abb. 4_RÜB_Totzone: Wie wichtig die fachgerechte Planung und Ausführung von RÜB ist, zeigt dieses Foto: Eine konstruktionsbedingte Totzone begünstigt die Bildung von ungewollten Ablagerungen. (Foto: NIVUS GmbH)
Abb. 5A_RÜB_Handlungsfelder_lang: Die im Fachbereich RÜB geplanten Aktivitäten sind in vier Handlungsbereiche untergliedert.
Abb. 6_RÜB_Projektbeirat: Der Projektbeirat, bestehend aus Vertretern des Ministeriums und der Aufsichtsbehörden, des DWA-Landesverbandes und seiner Nachbarschaften sowie der Hochschulen und Ingenieurbüros, begleitet die Initiative Fachbereich RÜB inhaltlich und fachlich.
Quelle:
DWA Landesverband Baden-Württemberg
Rennstraße 8
70499 Stuttgart
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