der DWA-Infostelle: Schweinegrippe und Abwasser
Im Zusammenhang mit einer befürchteten weltweiten Epidemie („Pandemie“) durch das „Schweinegrippe“-Virus H1N1 erreichen die DWA-Infostelle als technische Auskunftsstelle der DWA verstärkt Anfragen. Wir haben uns deshalb an das Informationszentrum der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gewandt und informieren nun initiativ die Fachkreise der Abwassertechnik.
Zuletzt waren Grippeviren im Abwasser im Jahr 2006 ein Thema, als das Vogelgrippe-Virus H5N1 Anlass zur Besorgnis gab. BAuA und DWA sind derzeit keine Erkenntnisse zur Infektionsgefahr mit Schweinegrippe durch Abwasser im Vergleich zur „aviären Influenza“ (von lat.: aves – Vogel und med.: influenza – Grippe) bekannt. Bezüglich der aviären Influenza und der Verbreitung durch bzw. der Persistenz im Wasser/Abwasser gibt es Papiere des Umweltbundesamtes und der WHO:
UBA-Hinweis „Trinkwasser und aviäre Influenza A/H5N1T – Hinweise für Wasserversorger“ (pdf, 3 Seiten, 62 kB)
WHO-Hintergrundpapier zur Vogelgrippe (pdf, 311 kB, 37 Seiten, englisch)
Das Betriebspersonal in Abwasserbehandlungsanlagen ist gegenüber einer ganzen Reihe von Erregern exponiert. Influenzaviren können dabei ebenfalls vorkommen.
In der gegenwärtigen Situation ist wahrscheinlich noch von einem Verdünnungseffekt im Abwasser auszugehen. Das könnte sich ändern, wenn die Anzahl erkrankter Personen im Einzugsgebiet einer Abwasseranlage erheblich zunimmt.
Übertragen wird die Erkrankung durch Tröpfcheninfektion oder kontaminierte Gegenstände, auch über kontaminierte Hände. Daher sind die üblichen Hygienemaßnahmen einzuhalten.
Bezüglich des Arbeitsschutzes in Bezug auf Infektionserreger im Abwasserbereich hat der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) die Technische Regel für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 220 (pdf, 84 KB, 18 Seiten) erlassen.
Dort sind die Schutzmaßnahmen für alle im Abwasserbereich zu berücksichtigenden Übertragungswege dargestellt. In der gegenwärtigen Situation ist aus unserer Sicht die Einhaltung der dort beschriebenen Schutzmaßnahmen ausreichend.
Wie bei „gewöhnlichen“ Influenza-Viren ist eine Infektion z.B. bei der Inhalation oder dem Verschlucken größerer (Abwasser-)Aerosolmengen durchaus möglich.
Für Beschäftigte im Kanalbetrieb kann nach unserem derzeitigem Erkenntnisstand eine erhöhte Gefährdung dann angenommen werden, wenn z.B. in oder nahe an Abwassersystemen von Großkliniken gearbeitet wird, wobei auch hier die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften grundsätzlich hinlänglich sein sollte.
Persistenz des Virus in kommunalem Abwasser
Bei Viren versteht man unter „Persistenz“ die Fähigkeit eines Virus, in einem bestimmten Umfeld zu „überleben“, also aktiv – vereinfacht ausgedrückt: ansteckend – zu bleiben. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ist das „Schweinegrippe“-Virus im Medium Abwasser nicht persistenter als bereits bekannte Influenza-Viren. Von einer erhöhten Infektionsgefahr durch das neue Virus ist daher zunächst nicht auszugehen. Das kann sich im Falle einer Pandemie dadurch ändern, dass sich – vergleichbar mit jeder anderen Influenza-Epidemie – mehr Viren im Abwasser finden. In diesem Zusammenhang könnte also von einer insgesamt größeren Gefährdung gesprochen werden. Es gibt zwar Medienberichte über tödlich verlaufene „Schweinegrippe“-Infektionen, aber es ist unklar, ob die betroffenen Personen besonders empfindlich waren, z.B. durch Vorerkrenkungen oder hohes Alter – in solchen Fällen kann auch eine „normale“ Influenza fatal sein.
Dennoch ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand (Mitte August 2009) davon auszugehen, dass die im Abwasserbereich üblichen (und ohnehin vorgeschriebenen!) Hygienemaßnahmen ausreichend sind, um einer Infektion vorzubeugen.
Somit kann die drohende „Schweinegrippe“-Pandemie zum Anlass genommen werden, das Betriebspersonal für die Einhaltung der bekannten Schutzmaßnahmen zu sensibilisieren und einer möglichen Verunsicherung oder Beunruhigung entgegenzuwirken.
Die Betreiber selbst können den Anlass nutzen, um nochmals sicherzustellen, dass sie
-
ihre Verpflichtungen in Bezug auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz kennen und
-
ihren Verpflichtungen nachkommen, um
-
ihren Beschäftigten alle notwendigen Vorkehrungen des Arbeitsschutzes zur Verfügung zu stellen und
-
funktionierende Prozesse existieren, um mögliche Missstände schnell zu beseitigen.
Wir gehen zwar davon aus, dass die einschlägigen Maßnahmen allen Betroffenen bekannt sind, weisen aber auf die wichtigsten Maßnahmen zur persönlichen Hygiene hier nochmals hin (Quelle: TRBA 220).
Folgende grundsätzliche Forderungen (siehe auch TRBA 500 „Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen“) sind in abwassertechnischen Anlagen einzuhalten:
-
Nach Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen und vor dem Verlassen der Betriebsräume und -bereiche müssen die Hände gewaschen und ggf. vorher desinfiziert werden. Einmalhandtücher, Hautreinigungs-, Hautschutz- und Hautpflegemittel sowie Desinfektionsmittel sind entsprechend dem Hautschutzplan, der vom Arbeitgeber nach Beratung durch den Betriebsarzt zu erstellen ist, anzuwenden.
-
An Arbeitsplätzen darf nicht gegessen, getrunken und geraucht werden.
-
Lebensmittel dürfen nur in speziell für diesen Zweck vorgesehenen Schränken oder Kühlschränken aufbewahrt werden. Diese Schränke sind regelmäßig zu reinigen.
-
Pausen- und Bereitschaftsräume dürfen nicht mit stark verschmutzter Arbeitskleidung betreten werden.
-
Zur Körperreinigung nach Arbeitsende sollen Duschen benutzt werden.
-
Schutzkleidung, die der Arbeitskleidung in diesem Bereich entspricht, und persönliche Schutzausrüstungen sind nach Bedarf zu wechseln und durch den Arbeitgeber zu reinigen. Ein wöchentlicher Wechsel der Schutzkleidung sollte aber mindestens eingehalten werden. Die Reinigung der Wäsche ist sowohl im Unternehmen als auch durch Dritte möglich. Das Reinigungspersonal muss auf die Infektionsgefahr hingewiesen werden. Die betriebseigene Waschmaschine darf nur für diesen Zweck benutzt werden. Dem Wäschereipersonal ist mitzuteilen, dass die zu reinigende Kleidung wie infektionsverdächtige Wäsche zu behandeln ist. Sie darf nur in ausreichend widerstandsfähigen, dichten und verschlossenen Behältnissen, wie z. B. in für diesen Zweck bestimmten Textil- oder Polyethylensäcken, gekennzeichnet in die Wäscherei gegeben werden.
-
Straßenkleidung ist getrennt von Arbeitskleidung und persönlichen Schutzausrüstungen aufzubewahren.
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die „Schweinegrippe“ zwar in einigen Fällen, aber längst nicht immer dramatisch verläuft. Grundsätzlich sind die Anzeichen und der Verlauf einer Infektion die einer „normalen“ Grippe – und damit nicht zu unterschätzen. Wer den Verdacht hat, sich mit dem Influenza-Virus infiziert zu haben, sollte – im Interesse seiner Kolleginnen und Kollegen, aber auch im Interesse der eigenen Gesundheit – lieber nicht zur Arbeit gehen, sondern einen Arzt aufsuchen.
Da nicht auszuschließen ist, dass Mitarbeiter sich anstecken …
den ganzen Bericht incl. Linksammlung und Downloads lesen Sie im Oktoberheft der Korrespondenz Abwasser
Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA, www.dwa.de ):
Infoblatt „Schweinegrippe und Abwasser“ (dieses Dokument als pdf, 100 kB)