StartNützlichesAllgemeine Meldungen und BerichteRessourceneffizienz urbaner Abwassersysteme

Ressourceneffizienz urbaner Abwassersysteme

Dissertation von Franziska Meinzinger

Im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung wird es immer wichtiger, Möglichkeiten zu finden, die vorhandenen natürlichen Ressourcen zu schonen und Potenziale zur Kreislaufwirtschaft aufzuzeigen und umzusetzen. Auch in der Abwasserwirtschaft ist die Steigerung der Ressourceneffizienz zu einem aktuellen Thema geworden. Insbesondere die Rückgewinnung von Nährstoffen, die Steigerung der Energieeffizienz und die Schonung natürlicher Wasserressourcen können einen Beitrag zu ressourceneffizienteren Abwassersystemen leisten. Hierfür ist es notwendig, eine systembezogene Betrachtungsweise einzunehmen, um mögliche alternative Systeme umfassend bewerten zu können. Vor diesem Hintergrund hat Franziska Meinzinger in ihrer Dissertation die Ressourceneffizienz verschiedener städtischer Abwassersysteme unter Anwendung von kombinierten Kosten-, Energieund Stoffstromanalysen (ceMFA) systemanalytisch untersucht. Neben einer Diskussion relevanter Kriterien und Bewertungsmethoden bildet die vergleichende Analyse verschiedener Systeme den Schwerpunkt dieser Studie. Für zwei Fallbeispiele – Hamburg in Deutschland und die Stadt Arba Minch im Süden Äthiopiens – werden eine Reihe von möglichen Systementwicklungen inklusive Teilstrombehandlungen (zum Beispiel Separation von Urin oder Schwarzwasser) definiert. Als Referenzsystem dient jeweils das gegenwärtig vorhandene Wasser- und Abwassersystem. Für die Analyse werden Modellgleichungen in dem Simulationsprogramm Simbox aufgestellt und damit die Massen- und Nährstoffströme, Energiebilanzen sowie Kostenfunktionen der unterschiedlichen Systeme integriert. Anhand von Sensitivitätsanalysen und Parametervariationen wird der Einfluss verschiedener Annahmen und Berechnungsparameter untersucht. Aus den im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Simulationen lassen sich folgende generelle Schlussfolgerungen ziehen:
● Keines der Systeme zeigt einen Gesamtnutzen in Bezug auf alle untersuchten Kriterien, das heißt Nährstoffe, Energie, Wasser und Kosten. Die Ergebnisse der Systemanalyse können jedoch mithilfe einer fallbezogenen Gewichtung als Basis für eine Entscheidungsunterstützung dienen.
● Die untersuchten Systeme besitzen unterschiedliches Potenzial zur Nährstoffrückgewinnung aus Abwasser( teil) strömen. Für das Fallbeispiel Hamburg könnten bis zu 29 % des Mineraldüngereinsatzes reduziert werden, für Arba Minch beträgt die maximale Reduzierung 16 %.
● Faktoren wie der Transport von Teilströmen oder aufwendige Rückgewinnungsverfahren können teilweise zu einer Erhöhung des Energiebedarfs führen. Auf der anderen Seite können jedoch auch energetische Einsparungen durch die Einführung von Teilstrombehandlung erzielt werden, wie zum Beispiel durch Urinseparation (minus 12 % im Fall Hamburg) oder die Nutzung von Biogas aus anaeroben Behandlungsanlagen (bis zu 38 % im Fall Arba Minch). Die Energieeffizienz hängt von verschiedenen determinierenden Parametern ab, wie zum Beispiel der Menge an co-vergärten organischen Abfällen, deren Einfluss im Modell simuliert werden kann.
● Die Nutzung natürlicher Wasserressourcen kann durch teilstromorientierte Abwassersysteme reduziert werden, zum Beispiel durch reduzierte Spülwassermengen oder Grauwasserrecycling.
● Die Integration der Kostenschätzungen in die Stoffstrom- und Energieanalysen ermöglicht eine Abschätzung der Kostenwirksamkeit der Systemanpassungen. Dabei zeigt sich, dass die Randbedingungen wie Neubau oder Implementierung im Bestand einen erheblichen Einfluss auf den Kostenvergleich besitzen. Zum Teil erhöhen sich unter den im Modell gewählten Annahmen die Kosten der Systeme im Vergleich zur gegenwärtigen Situation, eine differenzierte Analyse zeigt jedoch die Abhängigkeit der Kosten von bestimmten Parametern sowie die Möglichkeit der Generierung eines finanziellen Nutzens. Die vergleichende Bewertung der unterschiedlichen Systeme wird komplementiert durch eine Diskussion verschiedener Treiber, Voraussetzungen und Möglichkeiten zur Implementierung ressourceneffizienter Systeme, bezogen auf die jeweilige Fallstudie. Auch mögliche Hindernisse bei der Umsetzung werden aufgezeigt und diskutiert. Die Studie zeigt, dass die Methodik der kombinierten Stoffstrom- und Energieanalysen gezielte Einblicke in die Ressourceneffizienz verschiedener Abwassersysteme geben kann und einen umfassenden Beitrag zur Systemanalyse und Entscheidungsfindung leisten kann.

Die Dissertation wurde mit dem Karl H. Ditze-Preis 2011 der TU Hamburg- Harburg ausgezeichnet. Resource efficiency of urban sanitation systems: a comparative assessment using material and energy flow analysis

Dissertation von Franziska Meinzinger  

Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Ralf Otterpohl
(TU Hamburg-Harburg) und Prof. Dr.-Ing. Jörg Londong (Bauhaus
Universität Weimar), erschienen als Band 75 der Hamburger Berichte zur
Siedlungswasserwirtschaft
ISBN 978-3-942768-00-9,
elektronischeVersion:
http://doku.b.tu-harburg.de/volltexte/2011/1079/pdf/Diss_Meinzinger_ResourceEfficiency.pdf