Fotodokumentation sich auflösender Müllballen auf sächsischen „Zwischenlagern“ dokumentiert Falschaussagen von Umweltminister Wöller (CDU) vor dem Dresdner Landtag – Deutsche Umwelthilfe verlangt Auskunft nach Umweltinformationsgesetz
Berlin, 31. Januar 2008: Die aus der Region Neapel über zweitausend Kilometer zur Entsorgung nach Deutschland verschobenen Siedlungsabfälle werden nun in Sachsen zum Problem. Das geht aus einer Fotodokumentation hervor, mit der die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) Aussagen des sächsischen Umweltministers Roland Wöller (CDU) widerlegt, der am vergangenen Freitag (25. Januar) vor dem Dresdner Landtag behauptet hatte, der süditalienische Problemmüll werde in Sachsen ordnungsgemäß entsorgt.
Die von der DUH veröffentlichten Fotos des Bürgervereins sauberes Delitzscher Land zeigen hingegen eindrücklich, wie die in der mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage (MBA) in Cröbern bei Leipzig zunächst abgetrennte und in Plastikballen verpackte so genannte heizwertreiche Müllfraktion nun im Zwischenlager Spröda gelagert wird. Ein Großteil der Ballen ist offenkundig defekt, so dass der Müll unkontrolliert herausquillt. Die Einlagerungsgenehmigung für das so genannte Kurzzeit-Zwischenlager sollte schon im vergangenen November auslaufen, wurde aber inzwischen bis Ende 2008 verlängert. Die Lagerung defekter Ballen ist laut Einlagerungsauflagen ausdrücklich nicht zulässig. Umweltminister Wöller hatte am 25. Januar bei der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag versichert, defekte Ballen seien aus dem Zwischenlager entfernt worden. Das ist offensichtlich nicht der Fall. Die Fotos stammen vom Sonntag, dem 27. Januar.
„Wie durch ein Brennglas sehen wir in Sachsen, dass Mülltourismus keine Probleme löst, sondern neue schafft“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die sächsische Landesregierung trage Mitverantwortung für Deponie- und Behandlungsüberkapazitäten, die über tausende von Kilometern „wie Müllstaubsauger wirken und dort, wo die Abfälle entstehen, keinerlei Druck in Richtung Müllvermeidung oder wenigstens einer hochwertigen Wiederverwertung erzeugen“. Einige Geschäftsleute würden sich bei diesem Geschäft „auf Kosten der Allgemeinheit eine goldene Nase verdienen und der Umweltminister flüchtet sich erkennbar in Notlügen, um von der Mitverantwortung der Landesregierung abzulenken.“
Das Problem war dadurch verschärft worden, dass im Ort Cröbern zwar 2005 eine gigantische Müllbehandlungsanlage mit einer Kapazität von 300.000 Jahrestonnen in Betrieb ging, die von der Region Leipzig nicht annähernd ausgelastet wird, gleichzeitig aber Kapazitäten zur Verbrennung der extrahierten heizwertreichen Fraktion noch nicht zur Verfügung stehen. Aus Italien sollen bis Februar insgesamt 100.000 Tonnen Müll eintreffen, wovon nach Vorbehandlung in der mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage (MBA) in Cröbern ein Großteil bereits in Spröda und in einem weiteren so genannten Kurzzeit-Zwischenlager bei Bitterfeld lagert.
In einem Schreiben an Umweltminister Wöller verlangt die DUH nun auf der Grundlage des Umweltinformationsgesetzes (UIG) detailliert Auskunft über die selbst eingebrockte Müllmisere. „Wir wollen wissen, wie das Land Sachsen und die beteiligten Unternehmen, sich die Auflösung der unhaltbaren Zustände in dem Zwischenlager Spröda vorstellen“, sagt Maria Elander, die Leiterin Kreislaufwirtschaft der DUH. Es sei keineswegs klar, ob und wie die in Auflösung befindlichen Wind und Wetter ausgesetzten Ballen noch ordnungsgemäß verbrannt oder auch nach Cröbern zurücktransportiert werden können. Vor allem aber wolle die DUH wissen, wo die Abfälle wann verbrannt werden sollen. „Wir fragen die Landesregierung: Gibt es einen Plan und wie sieht der aus?“
Schließlich gehe es auch um die Frage, ob sich Sachsen und die Region Leipzig „auch in Zukunft als Anlaufstelle für Mülltouristen aus Italien oder sonst wo aus Europa sieht. Konkret: Gibt es Anschlussverträge oder befinden sich solche in Vorbereitung?“
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