Vom 9. bis 13. Mai 2022 führte die BfG gemeinsam mit dem tschechischen Staatsbetrieb Povodí Ohře an der Elbe Messungen mit einem Fluoreszenz-Farbstoff (Tracer) durch. Diese fanden am Elbe-Nebenfluss Bílina in der Tschechischen Republik statt. Das Experiment ist Teil der Erweiterung des an der BfG entwickelten Alarmmodells Elbe (ALAMO).
Flüsse machen an keinen Ländergrenzen halt. Besonders deutlich wird dies beispielsweise bei Hochwasserereignissen sowie Havarien oder anderen Unglücken mit Schadstoffen. Die Folgen eines solchen Unfalls sind oftmals noch über viele Kilometer zu spüren. Zum Schutz der Bevölkerung existieren daher an den großen europäischen Strömen Schadstoff-Frühwarnsysteme – so auch an der Elbe.
Tracerversuch an der Bílina
Das von der BfG entwickelte Alarmmodell Elbe (ALAMO) wurde im Oktober 2004 der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE) übergeben und ist seither in Betrieb. Das Modell ermöglicht im Falle einer unfallbedingten Gewässerbelastung, den Zeitpunkt des Eintreffens, die Dauer sowie die Maximalkonzentration einer Schadstoffwolke in der Elbe unterhalb des Unfallortes abzuschätzen. Die Prognose erlaubt den betroffenen Unterliegern, im Alarmfall rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung von Folgeschäden in die Wege zu leiten.
Um das Modell weiter zu verbessern, fand in der Woche vom 9. bis 13. Mai 2022 die erste von drei Tracermessungen an der Bílina, einem Nebenfluss der Elbe, statt. Die Messung führten Mitarbeitende des Referats für Hydrometrie und Gewässerkundliche Begutachtung gemeinsam mit Kolleg/-innen der IKSE und des tschechischen Staatsbetriebs Povodí Ohře durch.
Ein Fluss mit neuer Farbe
Ziel war es, die zeitliche und räumliche Verteilung der Stoffkonzentration im untersuchten Flussabschnitt zu messen. Eingesetzt wurde der für die Umwelt unbedenkliche Farbstoff Sulforhodamin G (auch als Amidorhodamin G bezeichnet), der das Wasser der Bílina kurzzeitig orange-rot färbte und unter Lichteinfall grünlich fluoresziert.
„Der Tracer erlaubt es uns, stellvertretend für eine Vielzahl von Schadstoffen, die Ausbreitung zu erfassen“, erklärt die BfG-Mitarbeiterin Dr. Svenja Sommer, die die Messkampagne in Tschechien geleitet hat. „Die Arbeiten an der Bílina helfen uns dabei besser zu verstehen, wie sich Stoffe in der fließenden Welle verteilen. Die Beschreibung dieser physikalischen Prozesse in den Modellen ist komplex. Ohne diese Art Experimente wäre es nicht möglich, die Ausbreitung in der Bílina ausreichend genau zu modellieren“, so die Physikerin weiter.
Der Farbstoff wurde oberhalb eines Wehrs in der Nähe der Stadt Horní Jiřetín eingebracht. Stromabwärts installierten die BfG-Mitarbeitenden auf einer Fließstrecke von rund 50 km insgesamt neun Messstationen zur Erfassung der Fluoreszenz. Für die Strecke benötigte der Tracer ca. zwei Tage. Die Messungen fanden bei Mittelwasser statt, das bedeutet für das Gewässer durchschnittlichen Abflussbedingungen. Weitere Messkampagnen sind bei Niedrig- und Hochwasserbedingungen vorgesehen.
Verwertung der Ergebnisse
„Die Daten sind für uns besonders wertvoll, da es die ersten Experimente dieser Art an der Bílina sind“, erklärt Dr. Tim Scheufen, Hydrologe an der BfG. „Die gemessenen Daten werden im nächsten Schritt für die Erstellung und anschließende Kalibrierung eines Modells der Bílina genutzt“, so Tim Scheufen weiter. Die resultierenden Erkenntnisse zur Fließdynamik und Charakteristika der Verteilung werden anschließend in die Weiterentwicklung des Alarmmodell Elbe einfließen und können zukünftig im Schadensfall die Prognose der Schadstoffausbreitung im Elbe-Einzugsgebiet signifikant verbessern.
Die Arbeiten der BfG an der Bílina fanden im Auftrag der IKSE statt. Weiterhin unterstützt die BfG das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) durch Vertretung in der Arbeitsgruppe Unfallbedingte Gewässerbelastung (H) der IKSE sowie durch die Wartung und Pflege des Alarmmodells Elbe.