Die Prozesse zur Klärung von Abwässern werden kontinuierlich optimiert, eine Aufgabe für den verantwortlichen Klärwerksleiter und seine Mannschaft. Neue Meß- und Regelungstechniken und eine kontinuierlich gewachsene Prozesserfahrung haben zur Klärprozessverbesserung beigetragen.
Die Ausgangssituation:
Ein System zur online-Bewertung von geflockten Partikelsystemen (Flocken) stand in der hier vorgestellten Technologie und Messschärfe bislang nicht zur Verfügung. Eine Überwachung und Steuerung zur Optimierung von Entwässerungsprozessen war daher nicht bzw. nur schwer realisierbar. Andererseits kann aber die Entwässerbarkeit eines geflockten Systems qualitativ nur anhand des Flockenbildes bewertet werden. Zur Beurteilung der Flockengüte sind hauptsächlich interessant:
• | Die Flockengrößenverteilung und deren zeitliche Änderung |
• | Die Scherstabilität der Flocken |
Die Flockengüte (Flockenausprägung) wirkt auf:
• | Die Effektivität (Menge und Qualität) von Flockungshilfsmitteln (Einfluss auf die Flockenbildung) |
• | Die Entwässerbarkeit der konditionierten Schlämme (Erhöhung der Trockensubstanz TS und der Entwässerungsgeschwindigkeit) |
• | Die Trennqualität der nachgeschalteten Entwässerungsstufe (zur Minimierung der Restschwebstoffe im Trennwasser) |
Ergebnis: Mit Kenntnis der Flockengüte im Prozess ist eine höhere
Entwässerungsleistung bei reduziertem Polymereinsatz sicher möglich.
Der Entwässerungsprozess
In der Abwasserbehandlung sind polymer-initiierte Eindick- und Entwässerungsprozesse seit langer Zeit ein zentraler Bestandteil der Verfahrensführung. In jüngerer Zeit werden Flockungsprozesse auch zunehmend in anderen Bereichen genutzt, um aus einem Medium bestimmte Inhaltsstoffe abtrennen zu können, so zum Beispiel in der Papierindustrie. Geschichtlich bedingt lag das bisherige Augenmerk primär auf den Separationsmaschinen selbst. Im Regelfall wenig Beachtung fand jedoch die Erzeugung der optimalen Flocke für den Separationsprozess. Mit dem neuen Augenmerk auf eine Optimierung der Trennstufe als letzten Prozessschritt hat sich das nun gravierend geändert. Damit rückt die Flockenbildung als ein zentraler Prozessbestandteil in das Blickfeld. Eine optimale und reproduzierbare Flockenstruktur ist aber ohne messtechnische Erfassung nur sehr schwer realisierbar.
Der Flockungssensor
Der photooptische Flockungssensor ist ein online-Messgerät, das zur Größen- und Strukturcharakterisierung von dispergierten und nichtdispergierten Feststoffsystemen dient. Der Sensor arbeitet in situ, er kann sowohl direkt in eine bestehende Förderleitung bzw. Förderung eingebaut als auch im Bypass betrieben werden. Der Flockungssensor arbeitet als Reflexionsmessgerät, wobei die Messfläche durch ein Auflichtverfahren beleuchtet wird. Das zu untersuchende Gut wird durch ein Sichtfenster aufgenommen und analysiert. Eine CCD-Zeilenkamera misst aufrecht und quer zur Strömungsrichtung das Partikelsystem.
Der Messbereich erstreckt sich von 50 μm bis 2,9 cm. Die Auswertung ist eindimensional
und sehnenlängenorientiert, daher robust und wenig störanfällig. Die Berechnung von spezifischen Merkmalen basiert auf Sehnenlängenanzahldichte und -summenverteilungen. Diese werden durch das Messsystem sehr schnell in hoher Zahl berechnet, so dass außerordentlich zeitnah statistisch abgesicherte Partikel- bzw. Strukturmerkmale vorliegen.
Das Bild zeigt die Ausgabe eines Messergebnisses, abgeleitet aus der optischen Begutachtung der Flocken. Aus den Rohdaten des Sensors werden in einer nachgeschalteten Recheneinheit die relevanten Prozessgrößen berechnet und optisch dargestellt. Normierte Werte können an Steuerungs- und Regelungssysteme übergeben werden. Für den Leser ist es sicher hilfreich ein Beispiel zu betrachten.
Abbildung von typ.Flockenhaufen aus der täglichen Klärwerkspraxis:
FlocSens Abbildung Optik FlocSens Abbildung Optik
(Zeilen-CCD, aneinandergesetzte Abtastungen)
Die linke Grafik zeigt die hohe Anzahl von Kleinstflocken und Schwebstoffen
(Peak bei sehr kleinen Flockenlängen), die rechte eine gut erkennbar „grobe“
Pelettierung der Flocken, Voraussetzung für leicht entwässerbaren
Klärschlamm. Die Abbildung spiegelt sich in den Meßkurven (rot und blau)
wider. Links ein hoher Anteil (Peak) von Kleinstflocken, rechts fehlt dieser Anteil
vollständig. Die Kleinstflockenanzahl kann (als ein Beispiel von mehreren
wählbaren Ausgabeparametern) als Meßgröße zur Steuerung eines Polymermixers
genutzt werden.
Die Software der Bildauswertung ist modular und skalierbar aufgebaut, so
dass die Auswertungsroutinen an verschiedenste Stoffsysteme angepasst
werden können. Die errechneten Werte sind prozessspezifisch und können für
den speziellen Anwendungsfall kalibriert werden.
Neben einer Messwerterfassung, z.B. zur Qualitätskontrolle der Flockung, ist
eine Prozessregelung durch den Flockungssensor möglich. Durch den Sensor
werden verschiedene spezifische Flockenmerkmale wie Flockengröße und
Strukturmerkmale getrennt erfasst. Eine Regelung von einzelnen Aktoren eines
struktur- bzw. formgebenden Systems kann somit realisiert werden. Anhand von Installationen konnte nachgewiesen werden, dass der Flockungssensor die Güte der Konditionierung hinsichtlich der Entwässerungsfähigkeit des behandelten Schlamms ermitteln kann. Die Korrelation der Sensorberechnung- en zu den tatsächlich erreichten Entwässerungskennwerten liegt bei > 0,95, eine hohe Vorhersagekraft. Das Messsystem ist sowohl für die stationäre Anwendung im Prozess wie auch als Laborapplikation verfügbar.
Der mechanische Aufbau (Prozessanwendung)
Im stationären Einbau arbeitet der Sensor
in situ, er kann sowohl direkt in eine
bestehende Förderleitung bzw. Förderung
eingebaut als auch im Bypass betrieben
werden. Für diesen Einsatzfall sind
Betriebsdrücke bis max. 65 bar zulässig. In
der Laboranwendung können z.B. die
Flockengrößenverteilungen oder die
Scherstabilität in Abhängigkeit von den
eingesetzten Flockungshilfsmitteln analysiert
werden. Somit kann ein
reproduzierbares Polymerscreening
durchgeführt werden. Die Ergebnisse sind
sehr gut auf den großtechnischen Einsatz übertragbar.
Laboranwendung (Beispiel)
Als Beispiel für eine typische Laboranwendung wird das Flockungsverhalten von zwei unterschiedlichen Polymertypen A und B in einem Klärschlamm durch Flockengröße und Flockenstabilität charakterisiert. Hierzu analysiert der Flockensensor den Inhalt eines gerührten Becherglases. Zu Anfang wird der noch unbehandelte Klärschlamm gerührt. Dann erfolgt die erste Zugabe einer bestimmten Polymermenge (Zeit-Markierung 1 im Diagramm, oben). Die Partikelgrößenverteilungen ändern sich nach der Zugabe. In Diagramm mit Polymer A sinkt die Anzahl kleiner Strukturen (rote Graphen) sofort signifikant ab.
Im Diagramm mit Polymer B fällt die Anzahl der kleinen Strukturen erst nach weiterer Polymerzugabe (Markierungen 2-4) deutlich ab. Reziprok steigen die Fraktionsgrößen der großen Strukturen (blau) an. Unter weiterem Rühren werden noch weitere (Markierungen 5-7) Polymerdosierungen vorgenommen. Am horizontalen Verlauf der Graphen kann die Stabiliät der erzeugten Flocken abgeschätzt werden. Zum Zeitpunkt der Markierungen 8 und 9 wird die Drehzahl des Rührers definiert gesteigert und somit die eingebrachten Scherkräfte erhöht. Das Verhalten der Flocken unter den erhöhten Scherkraftbedingungen lässt Rückschlüsse auf die Langzeitstabilität der gebildeten Flocken zu. Das Ergebnis des Polymervergleiches ist, dass Polymer A aufgrund der schnell entstehenden großen Flocken gut für eine primäre Filtration geeignet ist. Polymer B ist aufgrund seiner relativ kleinen und stabilen Flocken für eine Entwässerung im Zentrifugalfeld geeignet.
Weitere Anwendungen sind überall dort denkbar, wo geflockt wird.
Beispielhaft sei hier aufgeführt, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit:
– Papierindustrie,
– Fruchtsaftherstellung,
– Abwasserbehandlungen,
– Schlammaufbereitungen (bspw.Bohrschlämme) und
– Eindickungen.
Lassen Sie sich beraten, für Ihre Anwendung.
Quelle:
aquen aqua-engineering GmbH
Lange Straße 53
D-38685 Langelsheim