Dipl.-Ing. (TU) Ugur Cakir
Ökologische und Ökonomische Klärschlammtrocknung nach dem CAKIR-Verfahren
Das Ziel der Klärschlammtrocknung ist neben Gewichts- und Volumenreduktion ein handhabbares und heizwertreiches Produkt zu erhalten.
Folgende herkömmliche Trocknungsverfahren gibt es für die Klärschlammtrocknung.
Kontakttrocknung (z.B., Scheibentrockner, Dünnsichttrockner etc.)
Konventionstrocknung (z.B., Bandtrockner, Trommeltrockner etc.)
Strahlungstrocknung (z.B., solare Trocknung)
Ausgenommen der solaren Trocknung wird bei allen Trocknungsverfahren thermische Energie, die aus der Verbrennung biogener und fossiler Brennstoffe sowie elektrischer Energie gewonnen wird, für die Klärschlammtrocknung eingesetzt.
Es wurde ein neues ökologisch-ökonomisches Verfahren für die Klärschlammtrocknung entwickelt (CAKIR-Verfahren), das seit 2007 in der Kläranlage Weissach als Pilotanlage mit großem Erfolg eingesetzt wird. Eine zweite mechanisch weiter verbesserte Versuchsanlage nach dem CAKIR-Verfahren wird in kurzen Zeit in Wutöschingen / Hochrhein in Betreib genommen.
Das Grundprinzip des CAKIR-Verfahrens basiert sich darauf, dass der ca. 20 – 35 % Trockenrückstand (TR) Gehalt erhaltene mechanisch-entwässerte Schlamm durch den Einsatz der Kompressions- und der Abwärme bis auf zu 85 % TR-Gehalt getrocknet wird.
Das Ablaufschema des CAKIR-Verfahrens ist in der Abbildung dargestellt.
Bild 1: Ablaufschema des CAKIR-Verfahrens
Nach dem Belebungsverfahren benötigt jede Kläranlage Sauerstoff zur Versorgung der Mikroorganismen im Belebungsbecken.
Um den Sauerstoff in das Belebungsbecken einzublasen, werden die in einem Gebläseraum untergebrachten Gebläse eingesetzt. Die Gebläse saugen die Außenluft an und fördern sie über eine Rohrleitung ins Belebungsbecken. Dabei wird die Luft in der Rohrleitung komprimiert, wobei die Lufttemperatur 108°C -140° C erreicht (Wärmequelle-1: Kompressionswärme). Eine weitere Wärmequelle stellt die beträchtliche Abwärme der Gebläse dar, durch die die Luft im Gebläseraum sehr warm wird (Wärmequelle-II: Abwärme).
Bild 2: Kreuzstromwärmetauscher
Ab hier beginnt der Einsatz des patentiertes CAKIR-Verfahrens für die ökologische und ökonomische Klärschlammtrocknung.
Dem Luftstrom A (vom Gebläse zum Belebungsbecken) wird mit Hilfe eines Luftstroms B Wärme entzogen. Dieser nutzbare trockene Warmluftstrom B wird mit Hilfe eines regelbaren Ventilators erzeugt, der die vorgewärmte Raumluft über einen Kreuzstromwärmetauscher und einer Rohrleitung zum Trommeltrockner führt. In den Trommeltrockner wird entwässerter Klärschlamm (hier ca. 21 % TR-Gehalt) aus der Schlammpresse mittels einer Förderschnecke eingebracht. Nach dem Befüllen mit Klärschlamm dreht sich der Trommeltrockner in Mischrichtung nach einem speziellen Steuerungsprogramm im Intervallbetrieb, wobei kontinuierlich Warmluft in den Trommeltrockner eingeblasen wird. Die trockene Warmluft entzieht dem Schlamm rasch Wasser, das in Form Wasserdampf entweicht. Durch geeignete Intervalle für Rotation und Pause des Trommeltrockners wird eine körnige Struktur des Schlammes erreicht, wodurch ein Zusammenbacken (Leimphase) verhindert wird. Mit Hilfe eines Ventilators wird die nun staub- und wasserdampfhaltige Luft über einen Filter und einen Entfeuchter am Ende des Trommeltrockners abgesaugt. Diese abgesaugte Luft wird in den Container geführt, um das im Container vorgetrocknete Material weiterzutrocknen. Anschließend wird sie wieder in die Schlamm-Förderschnecke geführt. Während der Befüll- und Trocknungsphase wird über die Messdosen das Gewicht von Trommel und Schlamm gemessen, um den Trocknungsgrad überwachen zu können. Ist der gewünschte Trocknungsgrad erreicht, werden automatisch der Aufstellwinkel und die Drehrichtung des Trommeltrockners geändert, damit der getrocknete Schlamm in den Container gefördert werden kann. Anschließend kann der Trommeltrockner erneut mit Schlamm beschickt werden.
Bild 3: Schema der Trocknung
Die Vorteile des CAKIR-Verfahrens gegenüber den herkömmlichen Trocknungsverfahren mit einem thermischen Energieeinsatz bestehen darin,
Dass nach dem CAKIR-Verfahren eine Energie, die ansonsten ohne Nutzen in die Umgebung abgegeben würde, genützt wird;
Dass der Klärschlammanfall gegenüber reinen Schlammentwässungsanlagen (z.B. Band- oder Kammerfilterpressen und Zentrifugen) um etwa Faktor 3 verringert
werden kann. In derselben Größenordnung können die Entsorgungskosten des Klärschlammes gesenkt werden;
Dass sowohl die Investitionskosten und als auch die Betriebkosten sehr günstig sind. Deshalb macht sich die Anlage in ein Paar Jahre schon bezahlt;
Dass die Geruchs- und die Staubemissionen aufgrund der niedrigen Temperatur (bis 60°) und keiner Bildung der anaeroben Phase gering sind;
Die Anlage kann für unterschiedliche Klärschlämme und mittlere Kläranlagengrößen eingesetzt werden;
Dass kein Klärwerkspersonal mit Spezialkenntnisse für die Bedienung der Anlage benötigt wird und schließlich
Dass der getrocknete Klärschlamm nach der Trocknung einen Heizwert (13000kJ/kg) hat, der dem Heizwert von über Braunkohle entspricht. Deshalb gilt das Endprodukt als sekundäre Energieträger.
Die Klärschlammtrocknung nach dem CAKIR-Verfahren erwies sich deutlich als ökologisch und ökonomisch gegenüber den herkömmlichen Trocknungsverfahren und leistet einen großen Beitrag für den Schutz der Umwelt.
Bild 4: Funktionsprinzip des CAKIR-Trockners
Kenndaten Kläranlage Weissach:
• | Ausbaugröße | 15.500 EW |
• | Belastung | 12.000 EW |
• | Jahresabwassermenge | rd. 1 Mio. m3 |
• | entwässerter Schlamm | 900 Tonnen/a (23% TR) |
• | mech., biol. und chem. Reinigungsstufe | |
• | Homogenisierung – Schlammstabilisierung (Schlammstapelbecken) | |
• | Bandfilterpresse | |
• | Schlammentwässerung- und trocknung |
Historie:
Ende 2004 | Das neue Trocknungskonzept patentiert | |
Anfang 2005 | Eine Versuchsanlage gebaut | |
Mitte 2006 | Die Trocknungsanlage mit patentierter Energiegewinnung aufgebaut | |
Anfang 2007 | Die erste Versuchsanlage in Betrieb genommen | |
Anfang 2007 | Vom Umweltministerium BW als Forschungsobjekt anerkannt | |
Juni 2008 | Die zweite Versuchsanlage (Inbetriebnahme im April) geplant |
Energiegewinnung:
• | Jede Kläranlage mit Belebschlammverfahren benötigt im Belebungsbecken Sauerstoff. |
• | Diese Kläranlagen besitzen einen Gebläseraum. |
• | Je nach Größe der Kläranlage sind ein oder mehrere Gebläse untergebracht. |
• | Die Gebläse saugen die frische Außenluft an und verdichten, pressen sie durch ein Leitungssystem in das Belebungsbecken. |
• | Bei diesem Verdichten und Reiben der Luft erhitzt sich diese und es entsteht in der Luftleitung eine Temperatur (Heißluft) |
• | In diese Luftleitung wird ein Kreuzstromwärmetauscher (Luft gegen Luft) eingebaut |
• | Dadurch wird nutzbare Heißluft (Trockenluft) gewonnen. |
• | Die nutzbare Heißluft wird mit einem regelbaren Ventilator durch eine isolierte Luftleitung zum Trommelmischer geleitet. |
• | Auch die vorgewärmte Luft aus dem Gebläseraum wird vom Ventilator angesaugt und zum Trommelmischer geleitet. |
Trocknung:
• | Der entwässerte Klärschlamm mit einer TR bis zu 35% wird nach der Entwässerungsmaschine mit einer Förderschnecke in den Trockenmischer eingebracht. |
• | Die nutzbare Heißluft wird von oben in die Öffnung des Trockenmischers eingeblasen. |
• | Nach dem Befüllen mit ent. Klärschlamm dreht sich der Trockenmischer in Mischrichtung nach einem abgestimmten Steuerungsprogramm. |
• | Dann beginnt eine speziell ermittelte Pausenzeit für die Rotation. |
• | Die Warmluft wird jedoch weiterhin kontinuierlich eingeblasen. |
• | In dieser Pausenzeit bildet die Körnung des Klärschlammes eine trockene Oberfläche. |
• | Dadurch wird das Zusammenbacken verhindert. |
• | Dann wird der entwässerte Klärschlamm in dem erwärmten Trockenmischer kontinuierlich mit der Warmluft oder Trockenluft durchmischt. |
• | Das Wasser entweicht aus dem Klärschlamm in Form von Wasserdampf. |
• | Mit Hilfe eines Ventilators wird der Wasserdampf, mit dem Staub, in einem Kreislauf durch einen Filter und einen Entfeuchter wieder zurück in die Einfüllöffnung geführt. |
• | Während der Entleerphase und Befüllphase wird das Gewicht durch Messdosen gemessen und der Trommelmischer auf einen bestimmten Winkel eingestellt. |
• | Das Entleeren des getrockneten Klärschlamm erfolgt durch Ändern der Drehrichtung. Dabei fördern die in den Mischer eingebauten Spiralbleche den getrockneten Klärschlamm in den breitgestellten Container. |
Bild 5: Trockner
Bild 6: Trocknertrommel innen
Wärmequellen:
• | Patentierte Energiegewinnung • Raumabwärme von den Gebläsekompressoren • Abwärme der komprimierten Druckluft |
• | Abwärme aus Blockheizkraftwerken (BHKW) |
• | Klärgas aus Faulbehälter |
• | Biogas |
• | Sonnenenergie |
Verfahrensmerkmale:
• | die Energie ist in allen Kläranlagen vorhanden |
• | die nicht genutzte Energie in den Kläranlagen kann durch dieses Verfahren verwendet werden |
• | geringe Investitionskosten |
• | optimale Trocknungsleistung unabhängig vom Wetter |
• | geringer Arbeits- und Wartungsaufwand |
• | kein zusätzliches Personal nötig |
• | kein zusätzlicher Flächenbedarf nötig |
• | keine Geruchsbildung bei der Trocknung |
• | homogene Produktqualität |
• | das Trocknungskonzept kann vollautomatisch betrieben werden |
• | keine zusätzlichen Gebäude oder Bauwerke |
• | das Trocknungskonzept hat einen geringen Energieverbrauch |
• | staubfreie Trocknung |
• | keine „Verleimung“ des Klärschlamms in der Trocknungsphase |
• | keine Ex-Anlage |
• | einfache Entleerung durch Förderbleche (Flügel) im Inneren des Trockners |
Brennstoffgranulat – Ersatzbrennstoff:
• | Aus Klärschlamm-Filterkuchen ab 18% TR wird ein biogener Ersatzbrennstoff bis 90% TR. |
• | Korngröße von unter 1 cm Durchmesser. |
• | In dieser Kornform ist das Granulat blasfähig. |
• | Für diesen Brennstoff gibt es einen wachsenden Markt. |
• | Der Heizwert liegt zwischen 13.000 – 14.000 kJ/kg bei 50% – 65% organischer Substanz. |
• | Mit Klärschlamm als Brennstoff können Verbrennungsanlagen, Zementwerke und Kohlenkraftwerke zum Klimaschutz beitragen. |
1 Tonne Trockenschlamm ersetzt
– 0,3 – 0,4 Tonnen Steinkohle,
– 1,0 – 1,3 Tonnen Braunkohle
Emissionen von bis zu einer Tonne CO2 aus fossilen Verbrennungen könnten vermieden werden!!!
Bild 7: Trocknungsschema:
Klärschlammanalysen:
1. allgemeine Daten | |||
entwässerter Klärschlamm | getrockneter Klärschlamm | ||
Untersuchungsparameter | Wert / Einheit ( % ) | Wert / Einheit ( % ) | |
pH – Wert | 6,9 | 6,9 | |
Trockenrückstand ( TR) | 19,9 | 65 | |
Wassergehalt | 80,1 | 35 | |
Glühverlust (org. Substanz) | 64,2 | 63 |
2. Schwermetalle | |||
entwässerter Klärschlamm | getrockneter Klärschlamm | ||
Untersuchungsparameter | Wert / Einheit (mg/kg) |
Wert / Einheit (mg/kg) |
Grenzwert (mg/kg) |
Blei ( Pb ) | 44,4 | 43,2 | 900 |
Cadmium ( Cd ) | 0,212 | 0,191 | 5/10 |
Chrom ( Cr ) | 51 | 50 | 900 |
Kupfer ( Cu ) | 668 | 672 | 800 |
Nickel ( Ni ) | 28 | 28 | 800 |
Quecksilber ( Hg ) | 0,71 | 0,77 | 200 |
Zink ( Zn ) | 898 | 866 | 2000/2500 |
3. Zusatzuntersuchungen | |||
Untersuchungsparameter | entwässerter Klärschlamm | getrockneter Klärschlamm | |
Wert / Einheit (kJ /kg) | Wert / Einheit (kJ /kg) | ||
Brennwert ( HO ) | 1.100 | 13.600 | |
Heizwert ( HO wf ) | 980 | 13.000 |
Betriebskosten
bei einer Ausbaugröße von 15.000 EW
Strombedarf | ||
1 Ventilator (4KW / 24BSt.) | 4KW x 24h x 365d/a | 35.040 KW |
1 Antriebsmotor Mischer (37KW / 1min/St.) | 37KW x 24h/60s x 365 | 5.402 KW |
Stromkosten | 40.442 KW x 0,1€/KWh | 4.044 € |
Zusammenfassung:
• | die nicht genutzte Energie in den KA kann durch dieses Verfahren verwendet werden |
• | kann an andere Wärmequellen angekoppelt werden |
• | SPS-gesteuerte vollautomatische Trocknung |
• | kein zusätzlicher Personalbedarf |
• | keine zusätzliche Flächen, Gebäude und Bauwerke |
• | wenig Energieverbrauch |
• | geringe Investitionskosten |
• | keine Verleimung |
• | staubarme Trocknung |
• | geruchsarme Trocknung (niedrige Trocknungstemperatur bis 50 °C) |
• | Trocknung durchgängig im aeroben Bereich |
• | keine organischen Zersetzungsprodukte – keine Kompostierung |
• | keine Ex- Anlage |
• | direkte Beeinflussung der Korngröße und des Trockenrückstandes (TR) durch kontinuierliche Gewichtsmessung |
• | Endprodukt vielseitig einsetzbar (z.B. Brennstoffgranulat) |
Autor:
Dipl.-Ing. Ugur Cakir
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