Samstag, Oktober 12, 2024
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Automatisierter Primärschlammabzug mit Schlammspiegelmessung

Bei einer konventionellen Kläranlage stellen die Vorklärbecken ein Bindeglied zwischen Biologie und Schlammbehandlung dar. Die Vorklärbecken werden dabei meist nach zwei unterschiedlichen Verfahrensweisen betrieben.
Beim reduzierten Betrieb, mit wenigen Vorklärbecken, wird versucht die Aufenthaltszeit des Abwassers in der Vorklärung zu verkürzen, um mehr leicht abbaubare Kohlenstoffverbindungen für die vorgeschaltete Denitrifikation zu erhalten.
Insbesondere bei Kläranlagen mit einer anaeroben Faulung und Verstromung des Klärgases wird zunehmend versucht, durch eine maximale Anzahl von Vorklärbecken, den Rückhalt von Kohlenstoffverbindungen zu erhöhen. Diese stehen dann für die Klärgasgewinnung zur Verfügung.
In beiden Fällen ist es interessant, wie sich die Schlammspiegel in den Vorklärbecken einstellen. Nachfolgend wird erläutert wie der Primärschlammabzug bei maximalen Vorklärbeckenbetrieb, ohne statischen Voreindicker oder mechanische Eindickverfahren, dennoch an die unterschiedlichen hydraulischen und saisonalen Einflüsse angepasst werden kann.

Wenn eine Kläranlage mehr als ein Vorklärbecken hat, stellt sich das Problem der hydraulischen Verteilung ein, so dass bei einem Abzug nach einem Zeitprogramm entweder in einem Becken der Schlamm zu lange liegen bleibt oder der Schlamm zu dünn abgezogen wird.
Ein weiteres Problem tritt ein wenn sich die zufließende Menge z.B. aufgrund von langen Trockenwetterperioden ändert. Bis die Veränderung realisiert wird ist es meist schon zu spät.

In Grafik 1 ist dargestellt wie der Schlammspiegel im Schlammtrichter des Vorklärbeckens durch den Räumerbetrieb und der unterschiedlichen Zulauffracht steigt. Durch die Ablassvorgänge wird der Schlammspiegel wieder gesenkt. Jedoch schwankt der Schlammspiegel im Tagesverlauf sehr stark. Bei einem starken Absinken wird zunehmend dünnerer Primärschlamm abgezogen.

Grafik1: Schlammspiegel Vorklärbecken bei Primärschlammabzug nach Zeitschaltuhr
Bild VKBGrafik2.jpg

Durch die Messung der Schlammspiegel in allen Trichtern der Vorklärbecken und einem automatischen Abzug, der sich nach dem höchsten Messwert richtet, stellt sich in allen Becken ein Schlammspiegel auf gleichem Niveau ein. Anhand von Vorklärbeckenzeichnungen kann dann nachvollzogen werden, ob die Trichter voll sind oder ob sie noch Schlamm zur Speicherung aufnehmen können.

Grafik 2 zeigt nur noch geringe Schwankungen in den Schlammspiegeln der Vorklärbecken. Es sind praktisch keine starken Anstiege durch den Räumerbetrieb oder größere Senkungen durch Ablassvorgänge zu erkennen.

Grafik 2: Schlammspiegel Vorklärbecken mit autom. Abzug nach Schlammspiegelmessungen
Bild VKBGrafik3.jpg

Mit einer TR-Messung in der Primärschlammabzugsleitung kann zusätzlich die abgezogene TR-Fracht berechnet werden. Damit kann die abgezogene Fracht an Primärschlamm an die tatsächlich anfallende Menge angepasst werden. In Grenzen ist es auch möglich, durch Ausnutzung des Speichervolumens der Trichter, eine Vergleichmässigung der abgezogenen Fracht zu bewirken.
Durch diese Anpassung kann auch der durchschnittliche TR-Gehalt im Primärschlamm gesteigert werden. Dies bedeutet, bei gleichbleibender Fracht, eine Verminderung der abgezogenen Menge. Damit reduziert sich die Menge, die von den Vorklärbecken bis zur Entwässerung gepumpt werden muss. Im gleichen Maße reduziert sich auch der Wärmebedarf, der für die Erwärmung des Primärschlammes auf die Temperatur des Faulbehälterinhaltes notwendig ist.
Die Kosten für die Messtechnik amortisieren sich schon nach geringer Zeit, durch den geringeren Energiebedarf für die Schlammförderung von den Vorklärbecken bis zur Entwässerung.
Insbesondere, wenn für die Erwärmung des Primärschlammes direkt Wärmeenergie aus Klärgas benötigt wird, ist das vorteilhaft, da dann mehr Klärgas für die Verstromung übrig ist.

Tabelle 1: Vergleich Schlammmengen und Gaserzeugung mit Ablass nach Zeitschaltuhr und autom. Abzug nach Schlammspiegelmessung

  Primärschlamm:  Primärschlamm + ÜSS  Gaserzeugung 
TR (%)  Menge (m³/d)  Menge (m³/d)  Fracht (t/d)  Menge (Nm³/d) 
Ablass nach Zeitschaltuhr  5,1 473 764 37,9 12.398
Anzahl Daten:  48 365 365 84 365
Bild 2pxmal5px.JPG
Ablass nach Schlammspiegel:  6,0 365 646 39,0 11.950
Anzahl Daten:  329 331 331 331 331
Bild 2pxmal5px.JPG
Änderung(absolut):  + 0,9 – 108 – 119 + 1,1 – 448
Änderung(%):  + 19 – 23 – 16 + 3 – 4

Grafik 3: Vergleich Schlammmengen und Gaserzeugung mit Ablass nach Zeitschaltuhr und autom. Abzug nach Schlammspiegelmessung
Bild VKBGrafik4.jpg
 
Im Vergleichszeitraum 12.11.06 bis 11.11.07 (Abzug nach Zeitschaltuhr) bzw. 12.11.07 bis 09.10.08 (Abzug nach Schlammspiegel) bedeutete dies eine Reduzierung der Primärschlammmenge mit dem Abzug nach Schlammspiegelmessungen von ca. 23%.
Die Mengenreduktion resultiert aus einer Erhöhung des Trockenrückstands im Primärschlamm von ca. 5,1% auf ca. 6%. Die TR-Fracht-Beschickung der Faulbehälter hat sich dabei, genauso wie die Klärgasproduktion, praktisch nicht verändert.

Je nach Anlage kann die Speicherung in den Trichtern der Vorklärung auch geringfügig an nachfolgende Betriebseinheiten angepasst werden. z.B. Verfügbarkeit von Blockheizkraftwerken, Entwässerung oder Trocknung. Die Spielräume sind dabei zwar nicht allzu groß, aber dennoch ist eine Verbesserung der Gesamtwirtschaftlichkeit in Engpasssituationen möglich.
Dabei darf jedoch der gesamte Faulungsprozeß, mit all seinen Randbedingungen, z.B. Verhältnis Überschussschlamm zu Primärschlamm wegen erhöhter Schaumbildung nicht aus den Augen verloren werden. Die betroffenen Maschinen müssen zusätzlich auf die geänderten Mengen und TR-Gehalte ausgelegt sein, oder sollten ausgetauscht werden, wenn sich dies wirtschaftlich rechnet. Insbesondere im Sommer muss darauf geachtet werden, dass die Vorklärung als Absetzbecken fungiert und nicht zur Flotation neigt.

Zusammenfassung:
Mit der Erfassung der Schlammspiegel in den Vorklärbecken, insbesondere kombiniert mit einer TR-Messung, kann der Primärschlammabzug an den Vorklärbecken optimiert werden. Dadurch lässt sich der Abzug den hydraulischen und witterungsabhängigen Gegebenheiten anpassen. Der frachtabhängige Abzug vergleichmässigt die Faulbehälterbeschickung, was eine gleichmässigere Gasproduktion zur Folge hat. Ist kein Voreindicker oder mechanische Voreindickung vorhanden lässt sich die Menge deutlich reduzieren, was sich auf der energetische Seite durch weniger Pumpenergie oder geringerer Heizwärme für die Faulung niederschlägt. Eine kontrollierte Anpassung des Primärschlammabzugs an nachgeschaltete Anlagenteile z.B. BHWK’s ist möglich. Möglicherweise verbessern sich zusätzlich die Entwässerungseigenschaften des ausgefaulten Schlammes, durch höhere TR-Gehalte im System.

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Autor: CS