Neben landwirtschaftlicher Biomasse können auch organische Abfälle aus Kommunen, Gewerbe und Industrie zur Biogaserzeugung dienen
Die internationale Umwelttechnologiemesse IFAT 2010 wird diesem zukunftsträchtigen Verwertungsweg ein umfassendes Forum bieten
Die Erzeugung von Biogas ist in der Abfallentsorgung eine bisher noch kaum genutzte Option. Nach Angaben des Fachverbands Biogas werden zum Jahresende 2009 in Deutschland rund 4.500 Biogasanlagen in Betrieb sein. Etwa 95 Prozent davon nutzen landwirtschaftliche Substrate wie Gülle, Mist und Energiepflanzen. Kommunal eingesammelter Haushaltsbiomüll oder organische Abfälle aus der Lebensmittelproduktion dienen bislang nur in sehr begrenztem Umfang als Energiequellen.
Ein Grund hierfür liegt in der stark schwankenden Zusammensetzung dieser Inputstoffe, die für die Vergärungstechnologien eine besondere Herausforderung darstellt. Außerdem müssen abgelaufene Lebensmittel und sonstige Speiseabfälle vor der Vergärung hygienisiert werden, was zusätzliche Kosten bedeutet.
Nichtsdestotrotz haben sich in Deutschland und weiteren, vor allem europäischen Staaten, ein Reihe von Firmen etabliert, die auch für kommunale und industrielle Bioabfälle Vergärungsverfahren anbieten. Ein bedeutender Teil dieser Unternehmen wird die internationale Umweltleitmesse IFAT im September 2010 nutzen, um Lösungen zu präsentieren. Technik und Dienstleistungen rund um das Thema Biogas bilden seit der Vorgängerveranstaltung im Jahr 2008 einen neuen Schwerpunkt der traditionsreichen Münchner Umwelttechnologiemesse.
Neben die Erzeugung von Strom und Wärme über Blockheizkraftwerke ist in den letzten Jahren die Aufbereitung des Biogases auf Erdgasqualität als weitere energetische Verwertungsoption getreten. Der Charme dabei ist, dass das veredelte Biogas direkt in das Erdgasnetz eingespeist werden und so leitungsgebunden zu jedem Einsatzort und zu jeder Verwendungsart gelangen kann. Laut dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES (Kassel) waren im November 2009 in Europa mehr als 80 Biogasaufbereitungsanlagen in Betrieb. Von diesen speisten nach Informationen der Deutschen Energie Agentur (dena, Berlin) 44 Anlagen das aufbereitete Biogas in öffentliche Gasnetze ein.
Obwohl Schweden die weltweit größte Zahl an Biogasveredelungsanlagen hat, liegt die größte Einspeisekapazität in Deutschland. Ein Grund dafür ist, dass in Schweden – wie auch in einigen anderen europäischen Staaten – das aufbereitete Biogas in vielen Fällen direkt als Kraftstoff genutzt wird, ohne den Zwischenschritt der Einspeisung. Deutschland hingegen verfügt nach Angaben der dena im europäischen Vergleich über die höchste gesetzliche Einspeisevergütung für Bio-Erdgas, dicht gefolgt von Österreich.
Ein Marktanreiz, der auch auf die Anlagen zur Vergasung von Bioabfällen wirkt. Ein aktuelles Beispiel ist die Biogasanlage in Altenstadt/Schongau. Die im Jahr 2001 in Betrieb genommene Anlage vergärt gewerbliche Abfälle, wie überlagerte Lebensmittel, Reststoffe aus Käsereien und Molkereien, Schlachtabfälle sowie Biomüll. Bevor die Abfallstoffe in die Nassfermenter gelangen, durchlaufen sie eine Hygienisierungsstufe, die durch Hitze prozessschädliche Bakterien abtötet. Bisher produzierte die Anlage ein Rohbiogas, das in fünf Blockheizkraftwerken mit einer elektrischen Gesamtleistung von knapp zwei Megawatt vor Ort verstromt wurde. Die parallel entstehende Wärme wurde zu einem Drittel zur Hygienisierung der Inputstoffe und zu einem weiteren Drittel zur Beheizung der Fermenter genutzt. Der Rest wurde mangels Abnehmer über Wärmetauscher an die Umwelt abgegeben. Nicht zuletzt um diese ökonomisch wie ökologisch negativen Energieverluste abzustellen, hat die Erdgas Schwaben GmbH aus Augsburg zusammen mit der Ökopower GmbH (Altenstadt) im Sommer dieses Jahres eine ergänzende Anlage gebaut, die das Biogas auf einen Methangehalt von rund 98 Prozent aufbereitet. Aus stündlich 1.200 Kubikmetern Rohgas sollen 750 Kubikmetern Bio-Methan entstehen, die in das Erdgas-Verteilnetz eingespeist werden. Die Anlage arbeitet seit November 2009 im Probebetrieb; die offizielle Inbetriebnahme ist für Frühsommer 2010 geplant.
Die Biotonne als Energiequelle nutzen will künftig die Berliner Stadtreinigung (BSR). Aus 60.000 Tonnen bei den Hauptstadt-Haushalten eingesammelten, organischen Abfällen sollen über zwei Fermenter mit Trockenvergärung und eine anschließende Gasreinigung etwa 2.200 Tonnen Bio-Erdgas gewonnen und ins Netz eingespeist werden. Geplant ist, das Mengenäquivalent an anderer Stelle zur Betankung von Erdgas betriebenen Abfallsammelfahrzeugen der BSR wieder zu entnehmen. Damit könnten der Umwelt die Emissionen von umgerechnet 2,5 Millionen Litern Diesel erspart bleiben. Das Projekt ist derzeit in der Genehmigungsplanung.
Weitere Informationen unter www.ifat.de