Ein wichtiges Finanzierungsinstrument für die Betreiber von Kläranlagen ist die Verrechnung der Abwasserabgabe. Nach den Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 AbwAG ist eine Verrechnung von Investitionskosten für Kläranlagen möglich, wenn die dort geforderten Voraussetzungen, insbesondere die 20-%ige Minderung der Schadstofffracht durch den Betrieb der neu errichteten Anlage oder Anlageteile erwartet werden kann. Die Verrechnung der Abwasserabgabe ist aber nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG ausgeschlossen, wenn die Abgabe nach § 4 Abs. 4 AbwAG erhöht wurde. In einem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall stellte sich die grundsätzliche Rechtsfrage zur Auslegung der Vorschrift der Erhöhung der Abwasserabgabe (§ 4 Abs. 4 AbwAG). Nach dieser Bestimmung erhöht sich die Zahl der Schadeinheiten und damit die Abwasserabgabe, sofern der Überwachungswert gemäß Bescheid nicht eingehalten wird. In dem Rechtsstreit stellte sich die Frage, ob die Verrechnung der Abgabe, hier für den Parameter Nickel, jedenfalls in Höhe des Schwellenwerts gemäß Anlage zu § 3 AbwAG zulässig ist, wenn der Überwachungswert gemäß Einleitungsbescheid identisch ist mit dem Schwellenwert gemäß Anlage zu § 3 AbwAG. Der Betreiber der Kläranlage vertrat die Auffassung, die Abgabe sei jedenfalls in Höhe dieses „Sockelbetrages“ verrechenbar. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab, das Oberverwaltungsgericht gab ihr statt, weil der erhöhte Teil der Abgabe i. S. § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG nicht den so genannten Sockelbetrag erfasse, der sich aus dem mit dem Schwellenwert identischen Überwachungswert ergebe. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 18. Februar 2010 – Az. 7 C 11.09) wies die Klage in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Verwaltungsgericht ab, und zwar aus folgenden Gründen: „Die Beteiligten streiten über die Verrechnung einer für das Jahr 2001 geschuldeten Abwasserabgabe mit Aufwendungen für die Erweiterung einer Abwasserbehandlungsanlage nach § 10 Abs. 3 AbwAG. Der Kläger betreibt u. a. die Kläranlage I. Aus dieser wird behandeltes Schmutzwasser in einen Bach einge leitet. Der diese Einleitung erlaubende Bescheid der Wasserrechtsbehörde setzt u. a. den Überwachungswert für Nickel auf 50 μg/l fest. Die Beklagte setzte für das Veranlagungsjahr 2001 mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 eine Abwasserabgabe in Höhe von insgesamt 288 262,26 € fest. Dabei errechnete sie für Nickel wegen Überschreitung des Überwachungswerts eine Abgabe von insgesamt 17 947,24 €. Ohne diese Überschreitung hätte sie für Nickel nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG keine Abgabe festgesetzt, weil der Überwachungswert von 50 μg/l den in der Anlage zu § 3 AbwAG Nr. 5.4 angegebenen Schwellenwert von ebenfalls 50 μg/l nicht überschreitet. Bei der Berechnung der Abgabe ermittelte sie zunächst die Zahl der Schadeinheiten, die sich ausgehend von dem Schwellenwert ergibt. Die daraus resultierenden 456 Schadeinheiten und der darauf beruhende Teil der Abgabe werden von den Beteiligten als ‚Sockelbetrag’ bezeichnet. Die 456 Schadeinheiten erhöhte die Beklagte gemäß § 4 Abs. 4 Satz 3 AbwAG wegen Überschreitung des festgesetzten Überwachungswerts um 120 % und damit um 547,2 Schadeinheiten. Für Nickel setzte sie deshalb insgesamt 1003,2 Schadeinheiten…
Den ganzen Artikel lesen Sie In der Korrespondenz Abwasser Heft 8-2010 ab Seite 800
Autor:
Rechtsanwalt
Reinhart Piens (Essen)