„Du bist, was Du isst“: Sozialer Status beeinflusst den Zugang zu hochwertiger Nahrung bei Bonobos
Barbara Abrell
Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
Bei wildlebenden Bonobo-Männchen bestimmt der soziale Rang, ob sie von Nahrung, die höher in der komplexen Nahrungskette des Waldes steht, ausgeschlossen werden. Zu dieser Erkenntnis gelangt ein Team von Primatenforschern und Anthropologen am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie aus Leipzig mithilfe von Isotopenanalysen von Haarproben freilebender Bonobos. (PNAS, 30. Mai 2011)
Beobachtende Feldstudien zum Fressverhalten wildlebender Primaten geben Auskunft zur Art und Menge der aufgenommenen Nahrung. Trotz der Erkenntnisse aus der direkten Beobachtung der Tiere bleibt jedoch stets unklar, welche Nährstoffe aufgeschlossen und in den Stoffwechsel eingebunden werden. Daher besteht großes Interesse an biochemischen Markersubstanzen, die etwas über die tatsächliche Aufnahme von Nährstoffen in den Körper aussagen.
Die Isotopen-Biochemie ist eine in der modernen Anthropologie verwendete Methode, um zwischen tierischen und pflanzlichen Proteinquellen zu unterscheiden und die Position in der jeweiligen Nahrungskette zu bestimmen. Nach dem Grundsatz „Du bist, was du isst“ werden die chemischen Elemente der Nahrung in den Körper eingebaut. Durch die massenspektrometrische Messung der stabilen Isotope der Elemente Kohlenstoff und Stickstoff im Körpergewebe – z. B. in Muskeln, Haaren und Knochen – lassen sich die dominanten Nahrungsquellen rekonstruieren. Diese Methode wird am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie vor allem in der archäologischen Forschung bei prähistorischem Skelettmaterial angewendet, wie zum Beispiel beim Neandertaler.
Seit Jahren erforscht ein internationales Team unter der Leitung von Gottfried Hohmann im kongolesischen Salonga Nationalpark jetzt die Nahrungsgewohnheiten von Bonobos. „Diese friedlichen Menschenaffen, die für lange Zeit als reine Vegetarier galten, ernähren sich wie andere Menschenaffen auch überwiegend von Früchten und Blättern, verzehren daneben aber auch Insekten und machen Jagd auf Waldantilopen und andere Affen“, berichtet Gottfried Hohmann. In einer interdisziplinären Studie am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie wurde die Ernährung der seltenen Regenwaldbewohner nun mit modernsten biochemischen Methoden untersucht, die auch bei fossilen Vormenschen Aufschluss über deren Ernährung geben. Dazu entnahmen die Forscher Haare aus den in den Bäumen gelegenen Schlafnestern der Bonobos, die anschließend von Vicky Oelze im Isotopenlabor des Instituts biochemisch untersucht wurden. „Haare haben den Vorteil, dass sie schnell wachsen, zirka. einen Zentimeter pro Monat, und so auch Informationen über relativ kurzfristige Veränderungen in der Nahrungsaufnahme speichern“, erklärt Vicky Oelze.
Die Ergebnisse der Messung im Massenspektrometer überraschten die Forscher. Die Isotopensignatur der Tiere spricht für eine rein pflanzliche Kost, der Proteinbedarf wird von Früchten und Blättern abgedeckt. Zudem lassen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Bonobos nachweisen. Bemerkenswert ist, dass der gelegentliche Konsum von Fleisch keinen Nährstoff-Vorteil zu bieten scheint, der sich als Signal in den Proteinen des Körpergewebes nachweisen ließe. Deutliche Unterschiede in der Proteinversorgung fanden sich dagegen bei den Proben der männlichen Gruppenmitglieder. Ranghohe Männchen nehmen Protein aus höheren Stufen der Nahrungskette auf als rangniedere, die offenbar durch die Gruppe von gewissen Nahrungsquellen ausgeschlossen werden. Diese Nahrungsquellen könnten besondere Früchte, oder eben auch tierische Proteinquellen beinhalten. Soziale Dominanz bietet demnach nicht nur bei der Fortpflanzung, sondern auch beim Zugang um hochwertige Nährstoffe Vorteile. Unklar ist bislang, ob die Unterschiede in der Proteinaufnahme die allgemeinen Dominanzverhältnisse innerhalb der Gruppe widerspiegeln oder auf individuellen Nahrungsgewohnheiten der Männer basieren.
Geben die Befunde der Studie neue Einblicke in die Ernährung freilebender Menschaffen, so werfen sie gleichzeitig spannende Fragen auf. Besonders drängend erscheint jene, die nach der evolutionären Funktion von Jagd und Fleischverzehr sucht. Möglicherweise weist die Jagd eine wichtige soziale Komponente auf, in der das Teilen der Beute mit Verwandten und Freunden eine Schlüsselrolle spielt. Gleichzeitig kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Verzehr von tierischer Nahrung Zugang zu wichtigen Mineralien wie Eisen, Calcium und Zink bietet, die den erfolgreich jagenden Weibchen in der Schwangerschaft und Stillzeit einen selektiven Vorteil verschaffen.
Originalveröffentlichung:
Vicky M. Oelze, Benjamin T. Fuller, Michael P. Richards, Barbara Fruth, Martin Surbeck, Jean-Jacques Hublin, Gottfried Hohmann
Exploring the contribution and significance of animal protein in the diet of bonobos by stable isotope ratio analysis of hair
PNAS, 30. Mai 2011
Kontakt:
Vicky M. Oelze
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
Abteilung für Humanevolution/Abteilung für Primatologie
Tel.: viktoria_oelze@eva.mpg.de
E-Mail: ++49 (0) 341 3550 353
Dr. Gottfried Hohmann
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
Abteilung für Primatologie
Tel.: ++49 (0) 341 3550 208
E-Mail: hohmann@eva.mpg.de
Weitere Informationen:
http://www.mpg.de – Weitere Pressemitteilung auf der Webseite der Max-Planck-Gesellschaft
http://www.eva.mpg.de – Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Intelligentes Wasser: ein erster Schritt in Richtung Smart Citys
Marie de Chalup
Wissenschaftliche Abteilung, Französische Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland
Die Wassernetze werden intelligent und für die Energieversorger weltweit genauso interessant wie die „Smart Grids“. Viele große französische Unternehmen wie Suez, Veolia, Schneider Electric und Orange haben bereits starkes Interesse für diesen Bereich bekundet.
Verschiedene Partnerschaftsverträge wurden schon unterzeichnet. Das amerikanische Marktforschungsinstitut Pike Research geht davon aus, dass bis 2018 weltweit 800 Millionen intelligente Wasser-Zähler (Smart Meter) installiert werden und IBM rechnet bis 2015 mit einem Wachstum des Marktes für intelligentes Wasser auf 20 Milliarden Dollar.
Kürzlich haben Suez-Environnement und General Electric beschlossen, ihre Kompetenzen zusammenzulegen. Der auf 2 Jahre angelegte, verlängerbare Vertrag sieht eine Zusammenarbeit in F&E vor und zielt auf die Entwicklung innovativer Lösungen für Wassernetze und Wasseraufbereitungsanlagen ab, insbesondere im Hinblick auf die wachsenden Städte weltweit. Die Untersuchungen werden sich zunächst auf Frankreich und China konzentrieren.
Seit März 2011 arbeiten Veolia Water und Orange zusammen. Sie haben das Joint Venture „m2o city“ gegründet. Es handelt sich hierbei um die Erfassung aller Daten einer Stadt (Verbrauch und Umweltdaten) über einen Smart Meter. Diese Technik wurde von Veolia bereits als Wasser-Zähler entwickelt. Sie funktioniert über ein hocheffizientes Funknetz.
Von 7 Millionen Tarifkunden in Frankreich insgesamt hat Veolia bereits 1 Millionen Kunden mit Fernzähleinrichtungen ausgestattet, wobei nur 25% davon intelligente Zähler sind. Diese Smart Meter können nicht nur Lecks im Wassernetz erkennen, sondern auch kontinuierlich den Wasserverbrauch messen. „Das ist ein erster Schritt in Richtung intelligente Städte („Smart Citys“)“, so Marc Reneaume, stellvertretender Generaldirektor von Veolia Water.
Mit dem größten Wassernetz Europas bedarf Paris einer besonderen Überwachung. Zu diesem Zweck hat Veolia ein System bereitgestellt, dass mit Druckflussmessern und Drucksensoren ausgestattet ist, die Chlortemperatur misst, Schwebstoffe ermittelt, etc. Zur Analyse der Ergebnisse greift Veolia auf zwei hochentwickelte Softwarelösungen zurück: Mosare und Vision. Ziel ist es herauszufinden, welche Zonen des Netzes vorrangig repariert werden müssen und ob eine Reparatur ausreicht oder das Teilstück ausgewechselt werden muss. Veolia beschäftigt sich ebenfalls mit meteorologischen Phänomenen, um die Kapazitäten der Wasseraufbereitungsanlagen zu optimieren. „Die jüngsten Dürrekatastrophen in Frankreich haben uns gezeigt, wie wichtig ein effizientes Wassermanagement ist“, erklärt Marc Reneaume.
Vor kurzem wurde auch eine internationale Initiative gegründet – SWAN. Schneider Electric, IBM, Talis und 15 weitere Unternehmen trafen sich am 17. Mai 2011 in Paris, um das Projekt gemeinsam zu starten. Das Swan-Projekt (Smart WAter Networks) zielt darauf ab, die Effizienz der Netzwerke zu verbessern. Gegenwärtig werden die Wasserverluste im Verteilungsnetz der Industrieländer auf 20% geschätzt. Schneider Electric arbeitet bereits in den USA an diesem Problem und kann bereits Lösungen anbieten, bei denen 30% der Energiekosten bei der Wasseraufbereitung eingespart werden.
„Das Management von Wassernetzen wird, genau wie die erzeugte Datenmenge, immer komplexer. Aus diesem Grund müssen wir als Wasserunternehmen gemeinsam an intelligenten Lösungen arbeiten“, sagte der Vorsitzende des Forums Guy Horowitz (auch Vizepräsident für Marketing der Firma Tadaku- Water Infrastructure Monitoring).
Künftig müssen intelligente Energie- und Wassernetze parallel entwickelt werden.
Kontakt:
Weitere Informationen über das internationale Netzwerk Swan finden Sie unter:
http://www.swan-forum.com/
Tel: (UK): +44-(0)-20-81-44-81-46
E-Mail: info@swan-forum.com
Quellen:
– Partnerschaft Suez/GE, „Eau : Suez Environnement et GE Energy s’associent pour l’avenir“
Enviro 2B – 26/05/2011 –
http://www.enviro2b.com/2011/05/26/eau-suez-environnement-et-ge-energy-sassocien…;
– Partnerschaft Veolia/Orange, „Orange et Veolia surfent sur la vague de la „smartwater““, La Tribune.fr -28/03/2011 –
http://www.latribune.fr/green-business/l-actualite/20110328trib000611295/orange-… und Pressemitteilung von Orange – 28/03/2011 –
http://www.veolia.com/fr/medias/communiques/veolia-eau-orange-m2o-city.htm
– Smart Water in Frankreich, „Les réseaux d’eau deviennent intelligents“, Le Figaro – 25/05/2011 – http://www.lefigaro.fr/conso/2011/05/25/05007-20110525ARTFIG00662-les-reseaux-d-...
– Schneider Electric veranstaltet das erste Treffen von internationalen Wasserexperten, Pressemitteilung von Schneider Electric – 17/05/2011 (Englisch) –
http://www2.schneider-electric.com/documents/press-releases/en/shared/2011/05/CP…
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Hunde in Bewegung
Dr. Ute Schönfelder
Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Zoologen der Universität Jena legen Ergebnisse der weltgrößten Studie zur Fortbewegung von Hunden vor und ermöglichen erstmals exakte Einblicke in die Bewegungsabläufe
Wie läuft ein Hund? Auf diese zunächst einfach klingende Frage eine fundierte Antwort zu geben, war selbst für Fachleute bisher nahezu unmöglich. „Wir wussten es einfach nicht“, sagt Prof. Dr. Martin S. Fischer von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gewiss: Ein Hund bewegt sich auf vier Beinen, im Schritt, Trab oder Galopp. Doch die exakten Abläufe innerhalb des Bewegungsapparates konnten selbst der Jenaer Zoologe und seine Fachkollegen bislang bestenfalls vermuten. Denn: „Bisherige wissenschaftliche Studien beschränkten sich überwiegend auf die Fortbewegung kranker Tiere oder auf einzelne Aspekte der Fortbewegung“, so Fischer, der den Lehrstuhl für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie innehat. Um dies zu ändern, haben Prof. Fischer und sein Team 2006 eine umfassende Untersuchung zur Bewegung von gesunden Hunden gestartet und jetzt deren Ergebnisse vorgelegt.
Mit enormem technischen Aufwand haben die Forscher die Bewegungsabläufe von 327 Hunden aus 32 Hunderassen vermessen, dokumentiert und verglichen. So wurden die Tiere in verschiedenen Gangarten zunächst von zwei Hochgeschwindigkeitskameras jeweils von vorn und von der Seite gefilmt. „Zusätzlich haben wir die Bewegungen dreidimensional analysiert“, erläutert Dr. Karin Lilje. Dafür hat die Zoologin den Tieren reflektierende Marker auf die Haut geklebt und ihre Bewegungen mit Infrarot-Kameras gefilmt. Diese senden kurze Blitze aus und registrieren deren Reflexionen. Bis zu 1.000 Aufnahmen pro Sekunde gingen anschließend in die Analysen ein. „Da die Reflexionen der Markerpunkte jeweils von mehreren Kameras aufgezeichnet wurden, konnten wir aus den Daten die jeweilige Lage der Marker im Raum berechnen“, so Dr. Lilje weiter. Außerdem wurden die Bewegungen der Hunde mit einer Hochgeschwindigkeits-Röntgenvideoanlage aufgezeichnet. Das Uni-Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie, zu dem auch das Phyletische Museum gehört, verfügt weltweit über eine der modernsten und leistungsfähigsten Anlagen dieser Art. „Durch die Kombination dieser drei Methoden liegen uns nun Daten zur Fortbewegung von Hunden in bisher nicht gekannter Genauigkeit vor“, so Fischer.
Wie lückenhaft und in wesentlichen Aspekten rundweg falsch das Wissen über den Bewegungsapparat der Hunde bis dato war, zeigen zahlreiche Skelettdarstellungen und -präparate von Hunden, wie sie in vielen Lehrbüchern und Museen bis heute zu sehen sind: Diese positionieren Hüft- und Schultergelenk der Tiere auf gleicher Höhe. „Dies setzt aber voraus, dass sich diese beiden Gelenke entsprechen und die Drehpunkte bei der Bewegung sind – ein Irrtum, wie wir jetzt anhand unserer Analysen nachweisen können“, macht Prof. Fischer deutlich. Demnach haben sich im Laufe der Evolution aus den – zunächst aus je zwei Segmenten bestehenden – Beinen Gliedmaßen mit je drei Segmenten entwickelt. „So kommt bei den Vorderbeinen das Schulterblatt als körpernahes Segment hinzu. Während bei den Hinterbeinen der Mittelfuß umgebaut wurde“, so Evolutionsbiologe Fischer. Das hat zur Folge, dass sich nun nicht mehr Oberschenkel und Oberarm bzw. Unterschenkel und Unterarm in ihrer Bewegung entsprechen, sondern Schulterblatt und Oberschenkel, Oberarm und Unterschenkel und Unterarm und Mittelfuß. Der Drehpunkt der Vorderbeine ist das Schulterblatt, das nur über die Muskulatur mit dem Skelett verbunden ist. Das eigentliche Schultergelenk bleibt bei der Fortbewegung der Hunde dagegen nahezu unbeweglich.
„Diese Erkenntnisse werden die akademische Lehre verändern“, ist Prof. Fischer überzeugt. Dafür legen die Zoologen mit ihren Studienergebnissen nun umfangreiches Anschauungsmaterial vor: Anhand der hochaufgelösten Röntgen- und Positionsdaten haben die Forscher die Bewegungsabläufe in Videosequenzen animiert. So lassen sich nicht nur die Skelette von Hunden in Bewegung von allen Seiten betrachten. Auch die dazugehörende Muskulatur und ihr Aktivitätsmuster lassen sich je nach Gangart und Bewegungsphase detailiert studieren. „Im Unterschied zu bisherigen Animationen basieren unsere Videosequenzen auf exakten Messwerten. Damit setzen wir neue Maßstäbe“, ist sich Fischer sicher.
Eine weitere überraschende Erkenntnis liefert die Jenaer Studie zur Hundefortbewegung hinsichtlich der Proportionen der Vorderbeine der untersuchten Hunderassen. Diese erwiesen sich bei allen Rassen als nahezu identisch. „Zwar ist klar, dass etwa der Oberarm eines Schnauzers kürzer ist als der einer Dogge“, so Fischer. Bezogen auf die Gesamtlänge des Vorderbeines betrage dessen Länge aber immer exakt 27 Prozent. Die relative Länge des Schulterblattes variiere dagegen zwischen 24 und 34 Prozent. „Bei kurzbeinigen Hunden ist das Schulterblatt relativ lang, bei Windhunden relativ kurz. Aber der Oberarm bleibt immer gleich lang.“
Dem „Röntgenblick“ verdanken die Zoologen außerdem die Entdeckung, dass sich Schulterblatt und Unterarm bzw. Oberschenkel und Mittelfuß parallel – wie gekoppelt – bewegen. „Steht etwa der Unterarm vertikal, dann tut das auch das Schulterblatt“, erläutert der Jenaer Wissenschaftler. Dieses Prinzip eines „Pantographenbeines“ sei in seinem Bewegungsablauf hochgradig von der Länge des dazwischenliegenden Segmentes abhängig. „Und das ist der Oberarm, der bei allen Hunden exakt gleich lang ist.“ Daraus lasse sich schlussfolgern, dass alle Hunde, egal ob zwei oder 80 Kilogramm schwer, sehr ähnlich laufen.
Ihr umfangreiches Daten- und Bildmaterial haben die Jenaer Zoologen in einer reich illustrierten Publikation zusammengefasst. Der soeben erschienene Band „Hunde in Bewegung“, von dem es auch eine englischsprachige Ausgabe („Dogs in Motion“) gibt, richtet sich nicht nur an ein Fachpublikum. „Wir wollen damit ausdrücklich alle Hundehalter und -liebhaber erreichen“, betont Prof. Fischer. Für das Buch wurden in enger Kooperation mit zwei Illustratoren über 100 Abbildungen neu erstellt und eine eigene Bildsprache gefunden. Dem Band liegt eine DVD mit umfangreichem Videomaterial bei, das Hochgeschwindigkeitsvideos ausgewählter Rassehunde, Röntgenfilme und viele Animationen beinhaltet.
Bibliographische Angaben:
Martin S. Fischer, Karin E. Lilje: „Hunde in Bewegung“, VDH Service GmbH und Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2011, 208 Seiten, Preis: 49,95 Euro, ISBN 978-3-440-13075-9
Kontakt:
Prof. Dr. Martin S. Fischer
Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie mit Phyletischem Museum der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Erbertstraße 1, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949140
E-Mail: martin.fischer@uni-jena.de
Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Um das Altern zu verstehen, ist ein radikal neuer Denkansatz nötig
Ingrid Rieck
Presse und Kommunikation
Universität Rostock
– fächerübergreifend und multinat
Der Mensch lebt heute länger als jemals zuvor. Doch warum lebt er so lange? Und was passiert in einem alternden und immer älter werdenden menschlichen Körper, seinen Organen, seinen Zellen? „Einige Wissenschaftler glauben, die Antwort darauf in bestimmten Methusalemgenen zu finden – Verschwendete Zeit!“, sagte Prof. Dr. Olaf Wolkenhauer, Lehrstuhl für Systembiologie an der Universität Rostock, heute in Berlin auf der 3. Denkwerkstatt Demografie. Denn der menschliche Körper ist mehr: Er ist eine sehr große und dabei sehr organisierte Population von interagierenden Zellen, die koordiniert ihre Funktion als Teil eines Ganzen realisieren. „Will der Mensch auf die Alterung und somit auf die Lebensspanne Einfluss nehmen, müssten unzählige, zum Teil noch unbekannte, molekulare und zellulare Prozesse beeinflusst werden“, so Wolkenhauer. Der Mensch versteht heute erst einen Bruchteil des komplexen Wesens einer differenzierten Zelle und weiß beispielsweise nicht, ob und wie eine Stammzelle, aus der alle differenzierten Zellen entstehen, altert. Mittel und Techniken fehlen, um die funktionelle Organisation des gesamten Systems zu verstehen. „Dazu braucht es einen radikal neuen, fächerübergreifend und multinational verstandenen Denkansatz: einen Systemansatz, der die Dynamiken des Systems alternder, menschlicher Körper fokussiert und nicht nur einzelne Komponenten betrachtet“, umreißt Wolkenhauer die Forschungsziele der nächsten Jahre.
Die Hälfte der Kinder, die heute in Staaten mit hohen Lebenserwartungen geboren werden, werden ihren 100. Geburtstag feiern können. Der Mensch stirbt also später. Altert er daher langsamer oder setzt die Alterung später ein? Neue Ergebnisse weisen darauf hin, dass ebenso wie das Sterben, die altersbedingten Abbauprozesse zeitlich verzögert einsetzen – die Rate der Alterung jedoch gleich geblieben ist. Ob ältere Menschen heute tatsächlich gesünder sind als früher, wird in der Wissenschaft noch immer kontrovers diskutiert. „Es fehlen vor allem zuverlässige Daten zu den Hochaltrigen. Eine Vielzahl von Studien weist jedoch in die Richtung, dass Ältere heute gesünder sind als früher, und beispielsweise die Gesundheit eines 80-Jährigen heute, der eines 70-Jährigen vor 50 Jahren gleicht“, erläuterte Prof. Dr. James W. Vaupel, Direktor am Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock.
Ein erhöhter Lebensstandard sowie medizinisch-technologische Fortschritte haben maßgeblich zu diesen Verbesserungen beigetragen. Sterblichkeitsstudien zu Über-110-Jährigen (Supercentenarians) liefern zudem neue Einsichten: Das Sterberisiko der Supercentenarians liegt konstant bei jährlich 50 Prozent und steigt nicht, wie in jüngeren Lebensaltern, mit jedem Lebensjahr an. „Weitergehende Verzögerungen des Alterns und Sterbens werden zukünftig sicher möglich sein, weil immer mehr Menschen in besserer Gesundheit ein hohes Alter erreichen“, so Vaupel. Möglich kann dies werden, wenn die vorherrschenden Todesursachen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebserkrankungen besser behandelt, relevante Alterserkrankungen, wie kognitive oder sensorische Einschränkungen zuverlässiger therapiert und biologische Faktoren des Alterns weitergehend erforscht werden.
Die Denkwerkstatt Demografie wird vom dem Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels, dem Department „Aging Science and Humanities“ der Universität Rostock, dem Max-Planck-Institut für demografische Forschung und Population Europe organisiert. Die Diskussionsreihe gibt Experten aus Politik und Wissenschaft, aus zivilgesellschaftlichen Institutionen und den Medien einen Rahmen, um gesellschaftsrelevante Themen der Alternsforschung zu diskutieren. So wird die Debatte um Konsequenzen und Herausforderungen des Demografischen Wandels weiter belebt.
Im Juni werden die Veranstalter einen ausgewählten Personenkreis zu einem weiteren Lunchtime-Talk einladen. Dieser wird sich folgendem Thema widmen:
Gehen uns die Akademiker aus? Bildungspolitische Herausforderungen der alternden Gesellschaft.
Nähere Informationen zur Veranstaltungsreihe Denkwerkstatt Demografie finden Sie unter: http://www.rostockerzentrum.de/denkwerkstatt/flyer_denkwerkstatt.pdf.
Kontakt:
Universität Rostock
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Prof. Dr. Olaf Wolkenhauer
Fon: 0381 498 7570
Mail: olaf.wolkenhauer@uni-rostock.de
Max-Planck-Institut für demografische Forschung
Prof. Dr. James W. Vaupel
Fon: 0381 20810
Mail: jwv@demogr.mpg.de.
Universität Rostock
Presse+Kommunikation
Dr. Ulrich Vetter
Fon: +49 (0)381 498 1013
Mail: ulrich.vetter@uni-rostock.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Nitrat als Antitranspirant
Robert Emmerich
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Der Anionenkanal SLAH3 misst den Wasserverbrauch, den Nitratgehalt und die Photosyntheseleistung der Pflanze. Als Reaktion darauf reguliert er den Öffnungszustand der Blattporen. Für seine Aktivierung ist neben den Botenstoffen Abscisinsäure (ABA) und Kalzium (Ca) auch Nitrat nötig.
Der Anionenkanal SLAH3 misst den Wasserverbrauch, den Nitratgehalt und die Photosyntheseleistung der Pflanze. Als Reaktion darauf reguliert er den Öffnungszustand der Blattporen. Für seine Aktivierung ist neben den Botenstoffen Abscisinsäure (ABA) und Kalzium (Ca) auch Nitrat nötig.
Bild: Dietmar Geiger
Steigende Pegel von Nitrat und dem Hormon Abscisinsäure signalisieren einer Pflanze, dass sie Wasser sparen sollte. Wie entfalten die beiden Botenstoffe ihre Wirkung? Die Pflanzenforscher Rainer Hedrich und Dietmar Geiger von der Uni Würzburg haben es geklärt.
Trocknet der Boden aus, müssen Pflanzen ihren Wasserverbrauch einschränken. Dazu produzieren sie in der Wurzel das Hormon Abscisinsäure und schicken es über das Leitungssystem in die Blätter. Dort sorgt das Hormon im Verbund mit Nitrat dafür, dass die Blattporen sich schließen und kein wertvolles Wasser mehr verdunstet.
Über die Blattporen verlieren Pflanzen einen Großteil ihres Wassers. Verzichten können sie auf die Poren aber nicht, denn ohne sie wäre kein Austausch von Kohlendioxid und anderen Gasen mit der Umgebung möglich – und damit auch keine Photosynthese und kein Wachstum. Also müssen Pflanzen die Öffnungsweite der Blattporen bedarfsgerecht regulieren.
Schließzellen regulieren Weite der Blattporen
Ob die Blattporen zu oder auf sind, hängt von den bohnenförmigen Schließzellen ab. Sie sitzen in der Haut der Blätter; jeweils zwei von ihnen liegen sich gegenüber. Sind die Schließzellen prall mit Ionen und Wasser gefüllt, weichen sie auseinander und öffnen die Pore. Erschlaffen sie, wird die Pore immer kleiner, bis das Wasserdampf-Ventil am Ende ganz geschlossen ist.
Bei Trockenheit sind die Schließzellen der Zielort für das Hormon Abscisinsäure: „Wenn es dort ankommt, bindet es an seinen Rezeptor, der wiederum über zwei Enzyme den Anionenkanal SLAC1 reguliert“, sagt Professor Rainer Hedrich. Die Folge: Ionen und Wasser fließen aus den Schließzellen hinaus. Sie lassen gewissermaßen Druck ab, so dass die Poren sich schließen und die Wasserverdunstung aus den Blättern eingeschränkt wird.
Publikation in „Science Signaling“
Neue Erkenntnisse zu diesem Regulationsmechanismus stellen Professor Rainer Hedrich und Dr. Dietmar Geiger vom Lehrstuhl für Molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik der Universität Würzburg in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Science Signaling“ vor. Detailliert beschreiben sie die Natur des Anionenkanals SLAC1 sowie des neu entdeckten Anionenkanals SLAH3. Seine Besonderheit: Zur Aktivierung braucht er sowohl Abscisinsäure als auch Nitrat.
Nitrat als Co-Botenstoff der Abscisinsäure
Nitrat ist vor allem als Bestandteil landwirtschaftlicher Dünger bekannt. Pflanzen ziehen Nitrat aus dem Boden, transportieren es in die Blätter und nutzen es dort als Stickstoffquelle für die Produktion von Proteinen. Dieser Prozess kommt richtig in Schwung, wenn die Photosynthese auf Hochtouren läuft – denn sie liefert das Kohlenstoffgerüst, das der Pflanze als Grundbaustein für Proteine dient. Wenn die Photosynthese gut läuft, können die Blätter auch viel Nitrat verarbeiten.
Von der Wurzel in die Blätter gelangt das Nitrat in Wasser gelöst. Den Nachschub an Nitrat kann die Pflanze auf den Bedarf abstimmen, indem sie den Wasserstrom steigert oder bremst. Dazu öffnet oder schließt sie ihre Ventile – dadurch kann sie die Sogwirkung regulieren, die das über die Blätter verdunstende Wasser bis in die Wurzel hinein ausübt.
Schließzellen messen Nitratgehalt im Blatt
„Damit diese Regulation funktioniert, müssen die Schließzellen dazu in der Lage sein, den Nitratgehalt in ihrer Umgebung zu messen“, sagt Professor Hedrich. Steigt der Nitratgehalt im Blatt stark an, zeigt das der Pflanze an, dass sie zurzeit nicht mehr Nitrat verarbeiten kann, weil die Photosynthese nicht optimal arbeitet. Sie kann also in diesem Moment auf Kohlendioxid verzichten, die Blattporen schließen und so Wasser sparen. Nitrat wirkt in diesem Fall wie ein Antitranspirant.
Als Sensor für diesen Prozess haben die Würzburger Biophysiker den Anionenkanal SLAH3 identifiziert: Übersteigt der Nitratgehalt in den Schließzellen eine bestimmte Schwelle und liegt gleichzeitig eine kritische Menge Abscisinsäure vor, wird der Kanal aktiviert und setzt das Schließen der Blattporen in Gang.
Anionenkanal als multi-sensorischer Regler
Hedrichs Fazit: „Dieser Anionenkanal ist eine multi-sensorische Schnittstelle. Er misst das Verhältnis von Wasserverbrauch, Nitratgehalt und Photosyntheseleistung der Pflanze, integriert die Messwerte und reguliert als Reaktion darauf den Öffnungszustand der Blattporen.“ So ermöglicht er es der Pflanze, bei Trockenheit den Wasserverlust möglichst gering zu halten, ohne gleichzeitig die Photosyntheseleistung allzu stark einzuschränken.
„Stomatal Closure by Fast Abscisic Acid Signaling Is Mediated by the Guard Cell Anion Channel SLAH3 and the Receptor RCAR1“, Dietmar Geiger, Tobias Maierhofer, Khaled A.S. AL-Rasheid, Sönke Scherzer, Patrick Mumm, Anja Liese, Peter Ache, Christian Wellmann, Irene Marten, Erwin Grill, Tina Romeis und Rainer Hedrich, Science Signaling, 17. Mai 2011, Vol. 4, Issue 173, DOI: 10.1126/scisignal.2001346
Kontakt
Prof. Dr. Rainer Hedrich, T (0931) 31-86100, hedrich@botanik.uni-wuerzburg.de
Dr. Dietmar Geiger, T (0931) 31-86105, geiger@botanik.uni-wuerzburg.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Marathonlaufen schädigt die Kniegelenke nicht
Pressesprecher Florian Schneider
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Röntgengesellschaft e.V.
92. Deutscher Röntgenkongress widmet sich der Schnittstelle von Radiologie und Sportmedizin
Hamburg im Juni 2011. Ein gesunder Marathonläufer schädigt seine Kniegelenke nicht, sagt Privatdozent Dr. Wolfang Krampla vom Wiener Donauspital. Der Radiologe hat die Kniegelenke aktiver Marathonläufer mittels Magnetresonanztomografie (MRT) untersucht, einem Verfahren, das besonders gut zur Diagnose der Gelenke geeignet ist. Zwischen der ersten Aufnahme und der letzten Kontrolluntersuchung nach rund zehn Jahren lagen bis zu 40.000 Kilometer Lauftätigkeit. Dabei zeigten die Kniegelenke der Probanden keinerlei neu aufgetretenen Abnutzungserscheinungen.
Entgegen weit verbreiter Meinung habe die Marathondisziplin keinen schädigenden Einfluss auf die Menisken, Knorpel und Knochen, so der österreichische Radiologe – und das trotz der kaum vorstellbaren Belastung von 6.200 Tonnen, die die Kniegelenke eines 75 Kilogramm schweren Läufers während eines Marathonlaufs abfedern müssen. Zum Vergleich: die Stahlkonstruktion des Eiffelturms wiegt 7.300 Tonnen. Der Körper passt sich der vermehrten Belastung an, erklärt Dr. Krampla. Nicht nur das Muskelgewebe wächst unter Belastungen, auch die Knochendichte nimmt unter Anstrengung zu. Dennoch sollten gerade Hobbysportler ihren Sport nicht überreiben, warnt Dr. Krampla, dessen Forschungsschwerpunkt Überlastungsschäden bei Sportlern sind. Als Faustregel gilt, dass Hobbyläufer mit einem Trainingspensum von maximal 80km/Woche ihre Knochen, Gelenke, Muskulatur und Kondition steigern. Ab ca. 100 km/Woche nehmen Überlastungsschäden dramatisch zu, da die Regenerationsphasen nicht mehr eingehalten werden können.
Noch bis Samstag findet in Hamburg der 92. Deutsche Röntgenkongress statt, der zugleich der sechste gemeinsame Kongress der Deutschen und der Österreichischen Fachgesellschaft ist. Ein Schwerpunktthema des mit 7.500 Teilnehmern größten Kongresses der medizinischen Radiologie ist in diesem Jahr die Sportmedizin.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Studie vergleicht Renten-Ansprüche unterschiedlicher Jahrgänge
Rainer Jung
Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Hans-Böckler-Stiftung
Jüngere Beschäftigte sammeln immer weniger Renten-Punkte
Jüngere Beschäftigte sammeln durch späteren Berufseinstieg und Phasen von Arbeitslosigkeit im Durchschnitt zusehends weniger Renten-Entgeltpunkte. Zudem haben diese Punkte für viele Versicherte durch die Renten-Reformen der vergangenen Jahre auch noch an Wert verloren. Das Niveau der gesetzlichen Alterssicherung wird daher weiter sinken. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie.*
Die Rentenversicherung ist auf langjährige Beitragszahlungen angelegt. Nur sie führen zu Ansprüchen, die dem Maßstab des Gesetzgebers für die Rentenberechnung nahe kommen: dem fiktiven Eckrentner, der in 45 Arbeitsjahren 45 Entgeltpunkte anhäuft. „Schon in der Vergangenheit war dieses Niveau vor allem eine theoretische Größe, inzwischen ist es für die meisten Versicherten utopisch geworden“, sagt Falko Trischler vom Internationalen Institut für Empirische Sozialökonomie (Inifes), der gemeinsam mit Prof. Dr. Ernst Kistler das Forschungsprojekt „Gute Erwerbsbiographien“ bearbeitet. In den Rentenanwartschaften spiegeln sich die Arbeitsmarktprobleme wider: Viele Erwerbstätige haben nur noch mit Unterbrechungen einen versicherungspflichtigen Job.
Trischler und Kistler berechneten, wie sich die Renten-Entgeltpunkte der Jahrgänge 1940 bis 1974 entwickelten – die maßgebliche Größe für die Ermittlung der individuellen Rente. Für fast alle Gruppen stellen die Wissenschaftler einen Rückgang fest. So hatten zwischen 1940 bis 1944 geborene westdeutsche Männer im Alter von 43 Jahren im Schnitt 23 Punkte gesammelt. 20 Jahre jüngere Männer kamen in diesem Alter bloß auf 18. Bei ostdeutschen Männern sanken die Anwartschaften noch stärker. Nur unter westdeutschen Frauen blieb ein Rückgang aus, weil ihre Erwerbsbeteiligung stieg. Dabei zeigte sich in allen Gruppen: Die Ungleichheit der Rentenauszahlungen wird zunehmen. Die Forscher identifizieren drei wesentliche Problembereiche:
Berufseinstieg. Auch die Verlängerung der Ausbildung spielt eine Rolle: Von den 1940 bis 1944 Geborenen war rund ein Drittel bereits vor dem 18. Geburtstag versicherungspflichtig beschäftigt. Bei den Jahrgängen 1970 bis 1974 galt das nur für jeden Zehnten. In der Vergangenheit konnte die längere Ausbildung meist durch höhere Sozialbeiträge kompensiert werden. Trischler und Kistler bezweifeln, ob das weiter gelingt. Denn beim Vergleich der Erwerbsverläufe von Beschäftigten unterschiedlicher Altersgruppen sei „auch für die mittleren Erwerbsjahre zu beobachten, dass die jüngeren Kohorten dann keineswegs mehr, sondern durchschnittlich weniger Rentenansprüche erwerben und diese darüber hinaus immer ungleicher auf die Versicherten verteilt sind.“
Arbeitslosigkeit. Die Probleme am Arbeitsmarkt schlagen sich seit den 1980er-Jahren bei den Entgeltpunkten nieder. Zeiten ohne Job summieren sich, jüngere Jahrgänge trifft das härter: Wer zwischen 1940 und 1944 geboren wurde, blickte mit 43 Jahren im Durchschnitt auf 2 Monate in Arbeitslosigkeit zurück, so die Studie. Die von 1960 bis 1964 Geborenen waren bis zu diesem Alter bereits durchschnittlich 19 Monate ohne Job.
Altersübergang. Der Schluss des Arbeitslebens hat „durch die Rentenreformen der vergangenen Jahre eine besondere Bedeutung bekommen“, sagt Falko Trischler. Seit Einführung der Abschläge – einen Ausgleich für vorzeitigen Rentenbeginn – werden oft die Ansprüche derer reduziert, die schon bis dahin weniger Punkte hatten. 17 Prozent der Versicherten sind in den Jahren vor der Rente überwiegend arbeitslos. Nicht einmal einem Drittel der über 25 Jahre versicherungspflichtigen Beschäftigten gelingt ein glatter Übergang in den Ruhestand.
Die Veränderungen in Erwerbsbiographien und rechtlichen Ansprüchen haben sich in den vergangenen Jahren bereits signifikant auf die Altersbezüge jüngerer Ruheständler ausgewirkt, zeigen die Inifes-Forscher. So liegt seit der Jahrtausendwende der monatliche Rentenzahlbetrag, den Neu-Rentner erhalten, im Mittel deutlich unter der allgemeinen Durchschnittsrente aller im Ruhestand befindlichen Personen. Im Jahr 2009 kamen Neu-Rentner auf 686 Euro monatliches Altersgeld. Das waren gut 80 Euro weniger als beim Rentenbestand (siehe Infografik).
*Falko Trischler, Ernst Kistler: Wandel im Erwerbsverlauf und Rentenanspruch. Forschungsprojekt „Gute Erwerbsbiographien“, Mai 2011. Download: http://www.boeckler.de/pdf_fof/S-2009-236-3-5.pdf
Infografik zum Download im Böckler Impuls 8/2011: http://www.boeckler.de/32014_113940.html#link
Kontakt in der Hans-Böckler-Stiftung
Dr. Claudia Bogedan
Leiterin Abteilung Forschungsförderung
Tel.: 0211-7778-108
E-Mail: Claudia-Bogedan@boeckler.de
Rainer Jung
Leiter Pressestelle
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Wie gefährlich ist die Kohlendioxid-Speicherung im Meeresboden?
Dr. Andreas Villwock
Pressestelle
Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel
Unter der Leitung des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) startet jetzt das von der Europäischen Union (EU) geförderte Projekt ECO2. 27 Partnerinstitute aus neun Nationen untersuchen in den kommenden vier Jahren die Umweltauswirkungen der Lagerung von Kohlendioxid (CO2) im Meeresboden. Dazu werden die bereits in der Nordsee und Barentssee existierenden CO2-Speicher und natürliche Quellen am Meeresboden erforscht, um die Sicherheit der Speicher und die Auswirkungen von CO2-Austritten auf die marine Lebewelt zu bewerten.
Die Abscheidung von Kohlendioxid (CO2) an Kraftwerken und Industrieanlagen und die CO2-Speicherung im Untergrund (CCS, Carbon Dioxide Capture and Storage) gilt aus Sicht der Europäischen Union (EU) als wichtige Technologie zur Vermeidung von klimaschädlichen CO2- Emissionen. Um zu ermitteln, wie sicher Kohlendioxid-Speicher im Meeresboden sind, wie sie sich überwachen lassen und welche Folgen Lecks für das Leben im Meer hätten, stellt die EU im Rahmen des ECO2 Projekts 10,5 Millionen Euro zur Verfügung. Die Leitung des internationalen Projekts hat Prof. Dr. Klaus Wallmann, Geowissenschaftler am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR), übernommen. Von Kiel aus wird nicht nur die Arbeit der Wissenschaftler, sondern auch die Kooperation mit Vertretern von Umweltorganisationen, der EU-Administration und der Wirtschaft gesteuert.
„Die EU unterstützt CO2-Demonstrationsprojekte mit mehreren Milliarden Euro, um die CCS-Technologie zur Marktreife zu bringen. Bei einem Großteil der geförderten Projekte soll das anfallende CO2 im Meeresboden eingelagert werden“, erklärt Wallmann. „Wir halten es für äußert wichtig, die Chancen und Risiken, die sich durch die Speicherung im Meeresboden ergeben, genau zu analysieren.“
Die rund 100 Geologen, Biologen, Chemiker, Rechts- Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler aus neun europäischen Ländern werden die CO2-Speicherung im Meeresboden in einem multi-disziplinären Ansatz umfassend untersuchen. Nach vier Jahren werden sie eine Risikoanalyse und Leitlinien für den sicheren Betrieb und die Überwachung vorlegen. Dafür untersuchen die Wissenschaftler die beiden bereits existierenden norwegischen Offshore-Speicher Sleipner und Snøhvit sowie das B3-Feld in der polnischen Ostsee, das möglicherweise für die CO2-Speicherung genutzt werden soll. „Wir werden überprüfen, ob und wie viel Gas an diesen Stellen austritt, wie es durch die Schichten des Meeresbodens und durchs Wasser transportiert wird und welche Reaktionen dabei ablaufen“, kündigt Wallmann an. Vergleichsdaten zu den industriell betriebenen Speichern liefern natürliche Kohlendioxid-Quellen in Italien (Panarea), Japan (Okinawa-Trog), Deutschland (Salzdom Juist) und Norwegen (Jan Mayen). Aus den verschiedenen Geräten, die für die Messungen verwendet werden, wollen Wissenschaftler und Techniker später diejenigen auswählen, mit denen sich Speicher am besten überwachen lassen. So kommen beispielweise hydroakustische Geräte und chemische Sensoren zum Einsatz.
„Um zu ermitteln, wie gefährlich die CO2-Speicherung im Meeresboden für marine Ökosysteme ist, müssen wir herausfinden, ob es zu Leckagen kommen kann und wie Organismen am Meeresboden und in der Wassersäule auf erhöhte CO2-Werte reagieren“, so Wallmann. „Darum werden wir die Lebewelten rund um die natürlichen Quellen und die CO2-Speicher detailliert untersuchen.“ Studien zeigen bereits, dass vor allem die oberen Wasserschichten in den kommenden Jahrzehnten verstärkt CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Dadurch sinkt der pH-Wert des Wassers. Es wird saurer und damit gefährlich für Lebewesen, die ihre Schalen und Skelette aus Kalk aufbauen. Wallmann: „Diese Mengen können durch die CO2-Speicherung im Meeresboden verringert werden. Sollten jedoch Lecks entstehen, könnten diese dann vor allem das Leben am Boden gefährden. Im ECO2-Projekt wollen wir herausbekommen, ob die Belastung der Ökosysteme im Meer durch die CCS-Technik und die CO2-Einlagerung im Meeresboden verringert oder erhöht wird.“
Neben geologischen und biologischen Fragestellungen setzen sich die Wissenschaftler auch mit der öffentlichen Wahrnehmung von CCS auseinander. Eine eigene Arbeitsgruppe studiert die Reaktion der Bevölkerung auf Speicher-Projekte. „Für eine weitere, breite gesellschaftliche Verankerung unserer Arbeit sorgt die Zusammenarbeit mit Umweltorganisationen, EU-Administration und den Betreibern der CO2-Speicher“, erklärt Wallmann. „Die ersten Expeditionen werden wir bereits im Frühjahr und Sommer 2011 in der Nordsee und der Barentssee durchführen. Sie werden aufschlussreiche Ergebnisse zur Sicherheit dieser Speicher liefern.“
Weitere Informationen:
http://www.eco2-project.eu Website des Projekts ECO2
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Machen Geld und Zeitdruck bestechlich? Studie zum Einfluss situativer Umstände auf korruptes Handeln
Christian Wißler
Forschungsmarketing
Universität Bayreuth
Weshalb lassen sich Mitarbeiter von Unternehmen oder staatlichen Behörden zur Korruption verleiten? Kommen Fälle von Bestechlichkeit umso häufiger vor, je höher die angebotenen Bestechungsgelder sind? Oder ist korruptes Handeln an der Tagesordnung, weil Mitarbeiter in sehr kurzer Zeit Erfolge erzielen müssen? Dr. Tanja Rabl, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität Bayreuth, kommt in ihren Forschungsarbeiten zum gegenteiligen Ergebnis. Situationsbedingte Faktoren wie Zeitdruck oder die Höhe der Bestechungsleistung zeigen keinen signifikanten Einfluss auf die Häufigkeit korrupten Handelns. Darüber berichtet sie in einem neuen Beitrag für die Zeitschrift „Journal of Business Ethics“.
Realitätsnahe Simulationen im Planspiel
Auf der Grundlage eines Modells korrupten Handelns, das die in der Forschung diskutierten Erklärungsansätze weiterentwickelt, hat Rabl eine empirische Untersuchung mithilfe eines Planspiels durchgeführt. Dieses Planspiel simuliert realitätsnah die alltägliche Geschäftspraxis in Unternehmen, lässt sich aber ebenso auf öffentliche Verwaltungen oder Non-profit-Organisationen anwenden.
Rund 200 junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vorwiegend Studierende aus Fächern mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Bezug, nahmen an dem Planspiel teil. Dabei sahen sie sich unter verschiedenen Bedingungen mit der Versuchung konfrontiert, andere Unternehmensmitarbeiter zu bestechen oder aber sich selbst bestechen zu lassen – sei es mit Geld oder anderen Vergünstigungen. In einigen anderen Studien hatte sich gezeigt, dass diese Probandengruppe oftmals ähnlich entscheidet und agiert wie tatsächliche Entscheidungsträger in Unternehmen.
Situationsbedingte Faktoren: Bestechungsgelder – Zeitdruck – Leitbilder
Das zynische Vorurteil, es hänge allein von der Höhe des Preises ab, ob ein Mensch käuflich sei oder nicht, ließ sich nicht bestätigen. Zwar führt ein höheres Bestechungsangebot dazu, dass korruptes Handeln positiv bewertet wird. Es kann den Unternehmensmitarbeiter, der zur Korruption verleitet werden soll, in der Annahme bestärken, das berufliche und familiäre Umfeld würde in diesem Fall korruptes Handeln tolerieren. Doch auch wenn die Versuchung zur Korruption auf diese Weise steigt, bedeutet dies noch nicht, dass ein Impuls zum korrupten Handeln auch tatsächlich ausgelöst wird.
Dies gilt ähnlich für das Handeln unter hohem Zeitdruck. Wer im Unternehmen nur wenig Zeit hat, um wichtige erfolgskritische Entscheidungen zu treffen, ist möglicherweise geneigt, auf korruptes Handeln auszuweichen. Dabei gewinnen Normen und Einstellungen von Bezugspersonen stärkeren Einfluss auf das eigene Denken. Wenn diese Bezugspersonen korruptes Handeln billigen, wächst die Versuchung, andere zu bestechen oder sich selbst bestechen zu lassen. Gleichwohl wird nicht allein aus Zeitdruck heraus die Schwelle zur Korruption überschritten.
Unternehmensleitbilder, die nicht sehr konkret auf die Abwehr von Korruption ausgerichtet sind, können – dies ist ein weiteres Ergebnis der Studie – ebenfalls dazu beitragen, dass korrupte Handlungsweisen reizvoll erscheinen. Denn solange eine Organisation sich darauf beschränkt, von ihren Mitarbeitern nur ganz allgemein Integrität einzufordern, ist die abschreckende Wirkung schwach. Erst wenn das Leitbild mit Nachdruck darauf hinweist, dass Bestechung keineswegs toleriert wird, steigt bei den Mitarbeitern das Risikobewusstsein; Sanktionen werden als umso wahrscheinlicher eingeschätzt. Das erwartete Risiko kann dann abschreckend wirken. Doch auch das Unternehmensleitbild beeinflusst, für sich genommen, die Häufigkeit korrupten Handelns nicht signifikant.
Konsequenzen für eine wirksame Korruptionsbekämpfung
„Das Auftreten von Korruption in Unternehmen hängt somit nicht allein von den situativen Umständen ab,“ erläutert Rabl. „Eine wichtige Rolle kommt vor allem personbezogenen Faktoren zu. Ob jemand in Situationen, in denen eine hohe Versuchung zu Korruption besteht, tatsächlich korrupt handelt, wird im Wesentlichen bestimmt von drei Faktoren: Wie ist die Einstellung der Person zu Korruption? Wie schätzt die Person die in ihrem Umfeld verbreitete Einstellung zu Korruption ein? Und wie bewertet sie das Risiko, korruptes Handeln erfolgreich auszuführen?“
Unternehmen können daher Korruption in den eigenen Reihen am wirksamsten bekämpfen, indem sie genau an diesen Faktoren ansetzen. „Eine Unternehmenskultur, die Korruption strikt ablehnt und erfolgreich auf die Einstellungen der Mitarbeiter einwirkt, erweist sich durchaus als robust, wenn Umstände eintreten, in denen die Versuchung zu korruptem Handeln steigt,“ erklärt Rabl. Die Bayreuther Wirtschaftswissenschaftlerin ist Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Personalwesen und Führungslehre und hat sich bereits in ihrer Dissertation mit Ursachen und Wirkungen von Korruption in Unternehmen auseinandergesetzt. 2009 ist sie dafür mit dem Fürther Ludwig-Erhard-Preis ausgezeichnet worden.
Veröffentlichung:
Tanja Rabl, The Impact of Situational Influences on Corruption in Organizations,
in: Journal of Business Ethics, Volume 100, Number 1, pp. 85-101.
DOI-Bookmark: 10.1007/s10551-011-0768-2
Kontakt für weitere Informationen:
Dr. Tanja Rabl
Universität Bayreuth
95440 Bayreuth
Tel.: +49 (0) 921 55 2953
E-Mail: tanja.rabl@uni-bayreuth.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Wie uns Stress gesund erhält
Dr. Ute Schönfelder
Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Deutsche Forschungsgemeinschaft bewilligt neues Graduiertenkolleg an der Universität Jena
Stress macht auf Dauer krank – darüber herrscht heute weitgehend Einigkeit. Ein ständig erhöhter Adrenalinspiegel treibt den Blutdruck in die Höhe, macht rast- und ruhelos und führt langfristig zu Erschöpfung und Krankheit. In kleineren Dosen jedoch können Stressreize durchaus gesundheitsfördernde Wirkung haben: „Allein die Dosis macht das Gift“, wusste bereits im 16. Jahrhundert der Arzt und Philosoph Paracelsus. „In Maßen können sonst potenziell gefährliche Stressreize dazu führen, dass körpereigene Schutzmechanismen ausgelöst werden“, erläutert Prof. Dr. Reinhard Wetzker vom Universitätsklinikum Jena und verweist auf das Beispiel freier Sauerstoffradikale. Diese hochreaktiven Verbindungen tragen maßgeblich zur Entstehung zahlreicher degenerativer Erkrankungen bei, wie Diabetes oder Alzheimer. „In geringen Dosen jedoch aktivieren sie die Abwehrmechanismen des Organismus“, so der Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Molekularbiologie weiter. Zu diesen neuen Erkenntnissen haben Jenaer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wesentlich beigetragen.
Wie unterschiedlich Zellen und Organismen auf Stressreize in Abhängigkeit von deren Stärke, Häufigkeit und Qualität reagieren, das können Jenaer Nachwuchswissenschaftler künftig intensiv erforschen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat der Friedrich-Schiller-Universität soeben ein neues Graduiertenkolleg bewilligt, das ab 2012 mit rund drei Millionen Euro gefördert wird. Die Laufzeit des Kollegs mit dem Titel „Molekulare Signaturen adaptiver Stressreaktionen“ beträgt viereinhalb Jahre. An dem interdisziplinären Forschungsverbund sind sechs Teilprojekte aus dem Universitätsklinikum, fünf Projekte aus der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät sowie drei Projekte des Jenaer Leibniz-Instituts für Altersforschung (Fritz-Lipmann-Institut) beteiligt, die dem wissenschaftlichen Nachwuchs beste Bedingungen bieten werden.
„Obwohl die dosis-abhängige Anpassung lebender Zellen an verschiedenste Stressreize seit langem bekannt ist, sind die zugrundeliegenden molekularen Prozesse noch weitgehend unverstanden“, macht Prof. Wetzker deutlich, der Sprecher des neuen Graduiertenkollegs ist. Genau hier wollen die Jenaer Forscher ansetzen. „Wir planen die spezifischen Signalreaktionen zu untersuchen, die das ambivalente Reaktionsverhalten von Zellen und Organismen auf Stressreize bestimmen“, sagt Prof. Wetzker. Von den Ergebnissen dieser experimentellen Untersuchungen erwarten die Forscher ein besseres Verständnis der molekularen Reaktionsmuster von biologischen Systemen auf Stresseffekte. Zudem sollen die Untersuchungen neue Ansätze zur Nutzung des menschlichen Potenzials zur Abwehr und Regeneration in der Medizin erschließen.
„Wir wollen den Doktorandinnen und Doktoranden Einblicke in das enge Wechselspiel fundamentaler biologischer Phänomene vermitteln, wie Leben und Tod, Krankheit und Genesung und die zugrundeliegenden komplexen molekularen Prozesse deutlich machen“, kündigt Wetzker an. Dazu bietet das neue Kolleg ein breit gefächertes Programm von Vorlesungen, Seminaren, Workshops, internationalen Symposien und Gastaufenthalte bei renommierten Partnern an. So ist etwa geplant, die bestehende enge Kooperation mit chinesischen Forschern mittelfristig zu einer „International Research Training Group“ auszubauen. Darüber hinaus kooperiert das neue Graduiertenkolleg mit dem Jenaer Zentrum für Systembiologie des Alterns (JenAge) und dem Center for Sepsis Control and Care (CSCC). Durch die enge Anbindung an diese Forschungsverbünde werden die Jenaer Schwerpunkte „Altern und altersassoziierte Erkrankungen“ sowie „Sepsis und Sepsisfolgen“ nachhaltig gestärkt, ist Sprecher Wetzker sicher.
Kontakt:
Prof. Dr. Reinhard Wetzker
Institut für Molekulare Zellbiologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Hans-Knöll-Straße 2, 07745 Jena
Tel.: 03641 / 9395600
E-Mail: reinhard.wetzker@uni-jena.de
Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Testbetrieb für Smart Grid: Netz reguliert sich selbst
Dr. Norbert Aschenbrenner
Corporate Communications, Corporate Technology
Siemens AG
Siemens und das Allgäuer Überlandwerk (AÜW) in Kempten testen das intelligente Stromnetz (Smart Grid) der Zukunft. Im Mittelpunkt stehen die optimierte Energieverteilung und der Betrieb eines effizienten Netzes mit einem selbstorganisierenden Energieautomatisierungssystem. Um ein Smart Grid in der Praxis zu testen, haben Siemens und das AÜW mit den Partnern RWTH Aachen und Hochschule Kempten ein Gemeinschaftsprojekt mit einer Laufzeit von zwei Jahren vereinbart. Das Vorhaben namens Irene (Integration regenerativer Energien und Elektromobilität) wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.
Das AÜW wird viele Photovoltaikanlagen, Windturbinen und Biogasanlagen nordöstlich von Kempten ins Verteilnetz einbinden und eine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge aufbauen. Elektrofahrzeuge dienen als Stromspeicher und tragen so zum Lastausgleich bei, weil sie bei Bedarf Strom abgeben und so das Netz stabilisieren können. Siemens implementiert in diesem Smart-Grid-Pilotprojekt eine von der zentralen Forschung Corporate Technology entwickelte Software. Die Lösung erhöht den Anteil an „grünem Strom“ im Netz, indem sie die Einspeisung regenerativer Energien vereinfacht.
Bisher überwog die zentrale Stromversorgung aus Großkraftwerken, mit einer relativ einfachen Netzstruktur. Die zunehmende Einbindung von dezentralen, kleinen Kraftwerken wie Photovoltaikanlagen oder Biogasanlagen führt zu einer komplexeren Struktur für die Lastregelung und für die Netzstabilität. Hier sollen künftig selbstorganisierende Energieautomatisierungssysteme zum Einsatz kommen, um auch ein stark verzweigtes Stromverteilnetz ökonomisch sinnvoll betreiben zu können.
Das Softwaresystem von Siemens plant den Ausgleich zwischen Stromangebot und -bedarf. Wichtige Komponenten sind spezielle Embedded-Systeme, die allen im Netz eingebundenen Erzeugern und Verbrauchern beigestellt werden und die Regelung vereinfachen. Die Software muss mit der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und einer riesigen Vielfalt an Geräten kommunizieren: Generatoren, Umrichter oder Steuerungen, die oftmals mit unterschiedlichen Protokollen arbeiten.
Die Smart-Grid-Lösung integriert alle Akteure auf dem Strommarkt durch das Zusammenspiel von Erzeugung, Speicherung, Netzmanagement und Verbrauch. Stromangebot und -bedarf werden über marktähnliche Regelmechanismen ausgeglichen. So kann das Stromnetz Verbrauchs- und Angebotsspitzen von selbst sinnvoll aussteuern. Die Energieversorger können Strom effizient vermarkten, die Netzbetreiber können die Lastverteilung nivellieren und der Stromkunde hat Kostenvorteile, weil sein Verhalten transparent wird und er günstigere Tarife nutzen kann.
Foto: http://www.siemens.com/press/de/pressebilder/?press=/de/pressebilder/innovationn…
Weitere Informationen:
http://www.siemens.de/innovationnews
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Die Spree soll noch sauberer werden
Dr.-Ing. Bodo Weigert
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
KompetenzZentrum Wasser Berlin gGmbH (KWB)
Berliner Forscher entwickeln neue energie- und kosteneffiziente Verfahrenstechnik.
Wohin sich in Berlin die Weichen für eine weiterführende Abwasserreinigung stellen, erfahren Sie am 25. Mai im Klärwerk Ruhleben. Die Berliner Klärwerke werden bislang mit mehr als 95 Prozent aller im Abwasser enthaltenen Stoffe fertig. Bekanntlich sind die letzten fünf Prozent jedoch die schwierigsten, weshalb Hightech und energieeffizient kombinierte Verfahren in absehbarer Zeit die Wasserqualität der Spree auf Bestform bringen sollen.
Und dass sich wasser- und umweltpolitische Ziele nur gemeinsam erreichen lassen, liegt in der Natur der Sache. Das Kompetenzzentrum Wasser Berlin hat sich dieser Herausforderung angenommen und untersucht derzeit gemeinsam mit den Berliner Wasserbetrieben mehrere neue vielversprechende Verfahrenskombinationen im technischen Betrieb. Dabei steht die weitere Verringerung der Gewässerqualitätsparameter Phosphor und bakterielle Belastung im Fokus. Diese Forschung wird durch das Berliner Umweltentlastungsprogramm, den Berliner Wasserbetrieben und dem in Berlin engagierten Umweltdienstleister Veolia finanziert.
Dass das alles bei uns nicht graue Theorie ist, möchten wir Ihnen gern und ausführlich zum Informationstag im Klärwerk Ruhleben zeigen. Interessiert? Dann gucken Sie mit uns in die Ruhlebener Pilotanlagen und sprechen Sie mit Dr. Georg Grunwald, Technischer Vorstand der Berliner Wasserbetriebe und Experten unseres Hauses.
Weitere Informationen:
http://www.kompetenz-wasser.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Zahnarztbewertungsportale: verlässlich oder kommerziell?
Corinna Schaefer M.A.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin
Bundeszahnärztekammer und Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin publizieren Kriterienkatalog zu Anforderungen an Online-Portale.
Online-Bewertungen von Medizinern nehmen an Bedeutung zu. Deshalb haben Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Qualitätskriterien für Online-Portale definiert.
In den vergangenen Jahren haben sich zahlreiche Arztbewertungsportale etabliert, die sich quantitativ und qualitativ stark unterscheiden. Mit wenigen Ausnahmen sind diese Portale kaum in der Lage, Patienten Hilfestellung bei der Suche nach einer guten Praxis oder Klinik zu geben. „Häufig stehen kommerzielle Interessen der Betreiber oder eher subjektive Faktoren als harte Fakten bei der Bewertung im Vordergrund“, erklärt der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Dietmar Oesterreich. „Vor der Frage, wo finde ich einen guten Arzt, steht heute oft die Frage: wie finde ich ein verlässliches Portal? Wichtiger ist es deshalb, allgemein gültige Qualitätsstandards für die Online-Bewertung zu entwickeln. Das Einhalten dieser Standards soll für den Patienten die Verlässlichkeit der angebotenen Information gewährleisten“, so Oesterreich weiter. Patienten benötigen zur Mitwirkung im Gesundheitssystem zuverlässige und verständliche Informationen. Nur gut informierte Patienten können ihr Recht auf freie Arztwahl gezielt nutzen.
Bundeszahnärztekammer und ÄZQ haben die Broschüre „Gute Praxis, Zahnarztbewertungsportale. Qualitätsanforderungen für Zahnarztbewertungsportale“ herausgegeben. Die Druckschrift richtet sich an Anbieter und Nutzer von Bewertungsportalen. Patienten können an Hand der formulierten Kriterien die Qualität eines Angebotes prüfen. Entwicklern und Betreibern von Online-Portalen hilft der Katalog, ihr Angebot zu optimieren. „Damit wurde ein wichtiger Beitrag für die Qualitätssicherung im Interesse der Patienten geleistet. Verlässliche Angebote im Netz können mit dieser Checkliste leichter identifiziert werden“, so Prof. Günter Ollenschläger, Leiter des ÄZQ.
Weitere Informationen:
http://www.bzaek.de – Kriterienkatalog „Gute Praxis, Zahnarztbewertungsportale“
http://www.arztbewertungsportale.de – Qualitätsanforderungen für Arzt- und Zahnarztbewertungsportale
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Die enorme Kraft winziger Gasblasen dienstbar gemacht
Stephan Laudien
Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Chemiker der Universität Jena reinigen phenolhaltige Abwässer mit Hilfe der Kavitation
„Chemie ist das, was knallt und stinkt …“, so heißt es im Volksmund. In der Tat fallen in der chemischen Industrie giftige Abwässer an, deren Entsorgung weltweit ein Problem ist. Denn die etablierten Verfahren zur Reinigung der Abwässer sind kompliziert und teuer.
Doch es geht auch anders: Chemiker der Universität Jena um Prof. Dr. Bernd Ondruschka haben jetzt gemeinsam mit Fachkollegen aus Nanjing in China ein Verfahren entwickelt, bei dem sie sich eines Phänomens bedienen, das Bootsbauern regelmäßig Kopfzerbrechen bereitet. Die von Dr. Zhilin Wu geleitete Arbeitsgruppe macht sich die Kavitation zunutze, die Entstehung winziger Gasblasen in Flüssigkeiten. Diese Gasbläschen entstehen zum Beispiel an rotierenden Körpern in Flüssigkeiten. Sie sind ungeheuer energiereich und bergen deshalb ein großes Zerstörungspotenzial in sich. Speziell an Schiffsschrauben kann Kavitation starke Schäden hervorrufen.
Die Gasbläschen implodieren in Bruchteilen von Mikrosekunden wieder und setzen dabei Temperaturen bis zu 5.000 Kelvin frei, das entspricht der Oberflächentemperatur der Sonne. Außerdem wirken enorme Drücke um die 500 bar, was sonst erst in einer Wassertiefe von 5.000 Metern erreicht wird. Im Moment des Kollapses wird das umgebende Wasser homolytisch gespalten und es werden Hydroxylradikale gebildet, die organische Verbindungen oxidieren und abbauen können. Des Weiteren werden durch die extremen Bedingungen Pyrolysereaktionen ausgelöst.
„Diese Energie im Moment des Kollabierens der Gasbläschen nutzen wir aus“, sagt Dr. Wu. Den Jenaer Forschern ist es gelungen, eine phenolhaltige Lösung mit Hilfe der Kavitation zu reinigen. Phenol ist eine umweltbedenkliche Substanz, die bei vielen chemischen Prozessen als Nebenprodukt anfällt. Bei den Versuchen der Arbeitsgruppe Kavitations-Chemie wurde die Reaktionslösung außerdem mit Ozon versetzt. „Durch die Kavitation sind wir in der Lage, das eingeleitete Ozon viel besser zu nutzen. Und das hohe Oxidationspotenzial beschleunigt die Abbaureaktionen deutlich“, sagt Dr. Wu.
Die Kavitation lasse sich auf verschiedenen Wegen in Gang setzen, erklärt Marcus Franke von der Arbeitsgruppe Kavitations-Chemie. Eine Möglichkeit sind Rohrsysteme mit Lochplatten als künstliche Verengungen. An diesen Platten herrschen unterschiedliche Druckverhältnisse, wodurch Kavitation erzeugt wird. Eine andere Quelle für Kavitation stellt der Ultraschall dar. Dadurch können ebenfalls sehr hohe Abbauraten mit guten Energieeffizienzen generiert werden, jedoch ist die Vergrößerung solcher Ultraschallanlagen sehr kompliziert und stellt die Wissenschaftler vor große Herausforderungen.
Prof. Dr. Bernd Ondruschka, der die Arbeitsgruppe Kavitations-Chemie 1997 gegründet hat, verweist auf die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten des Verfahrens. In Nanjing haben die Chemiker mit Hilfe des neuen Verfahrens eine Methode entwickelt, um Gewässer von Mikroalgen zu befreien. Auf einfachem Weg lassen sich so beispielsweise Stadtseen reinigen, ohne Chemikalien zusetzen zu müssen.
Ihre Ergebnisse haben die Jenaer Chemiker gemeinsam mit den Fachkollegen aus China gerade im „Journal of Hazardous Materials“ veröffentlicht.
Original-Publikation:
Z. Wu et. al.: „Enhanced effect of suction-cavitation on the ozonation of phenol, J. Hazard. Mater. (2011), doi: 10.1016/j.jhazmat.2011.03.054
Kontakt:
Prof. Dr. Bernd Ondruschka
Institut für Technische Chemie und Umweltchemie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Lessingstraße 12, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 948400
E-Mail: bernd.ondruschka@uni-jena.de
Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Wertvolle Kinder – teure Alte!? Demografischer Wandel + Inklusion in der Kommune der Zukunft
Sybille Wenke-Thiem
Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Urbanistik
Terminhinweis/Einladung
Difu-Seminar, 19. – 20. September 2011 in Ulm
Der demografische Wandel und die durch die Ratifizierung der UN-Behinderten-Rechtskonvention neu entfachte Debatte über Inklusion, die Teilhabe aller Generationen in der Gesellschaft, erfordert ein längerfristiges Denken in die Zukunft und die Bereitschaft zu sozialen Innovationen in den Kommunen.
Zwei Ebenen stehen dabei im Vordergrund: Was bedeuten diese Entwicklungen einerseits für die Individuen junger und älterer Generationen und andererseits, vor welchen Herausforderungen stehen die Kommunen als örtliche Träger der Daseinsvorsorge wie auch die öffentliche Zivilgesellschaft?
Entwicklungen und (mögliche) Fragen, die in diesem Kontext zu diskutieren sind:
– Immer weniger Kinder, immer mehr ältere Menschen – Welche Bedeutung hat das für die Stadt der Zukunft (Empirische Befunde/ Lastenverteilung)?
– Immer höherer Erwartungsdruck auf diese wenigen Kinder, immer mehr Problemkinder unter diesen wenigen Kindern.
Stark veränderte Anforderungen an die Leistungserbringung nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit in Familie, Nachbarschaft und lokaler Zivilgesellschaft. Änderung von Familienstrukturen und -verhalten. Welche Auswirkungen hat dies auf die Sozialisation in verschiedenen Lebensbereichen (qualitative Befunde/Generationengutachten)?
– Welche Handlungsoptionen gibt es für Städte, welche neuen bzw. veränderten Dienste und Leistungen sind notwendig? Vor welchen Herausforderungen und Fragen stehen Stadtplanung, Infrastrukturentwicklung und Wirtschaftsförderung (räumliche Anforderungen)?
– Welche Strukturen braucht die Kommune von morgen, um allen Kindern Teilhabe und ein möglichst gesundes Aufwachsen zu garantieren? Welchen Einfluss haben soziale Lebensbedingungen auf die Gesundheitsentwicklung (13. Kinder- und Jugendbericht) und welchen Einfluss hat Gesundheit auf soziale Beeinträchtigung? Inklusion als größte Reformdiskussion in der Kinder- und Jugendhilfe seit der Einführung des SGB VIII, die entscheidende Veränderungen des Leistungskatalogs der öffentlichen Jugendhilfe mit sich bringen würde. Wie viel Medizin muss (dabei) sein? Wie sieht das interdisziplinäre Jugendamt von morgen aus? Was bedeutet das für die Gestaltung von Bildungslandschaften (integrierte Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung)?
– Sind unsere sozialen Leistungssysteme angesichts einer sich verändernden Nachfragesituation noch sinnvoll bzw. bedarfsgerecht? Die Heimlandschaft wandelt sich radikal, die Ablehnung von Heimangeboten unter Älteren steigt, ambulante Angebote werden zunehmend bevorzugt. Neue zivilgesellschaftliche Leistungsformen finden erste Ansätze. Die Kommunen müssen darauf reagieren, bestehende Strukturen kritisch hinterfragen und generationenübergreifende Ansätze diskutieren.
– Veränderte Generationenbeziehungen als Chance für die Kommune der Zukunft. Welche Kompensationsmöglichkeiten gibt es, welche Chancen liegen ggf. darin? Welche Transferleistungen können in „beiden Richtungen“ erbracht werden? Wie und mit welchen Methoden kann der Transfer von Humanvermögen durch die Weitergabe von Wissen zwischen den Generationen gut organisiert und geleistet werden? Welche Auswirkungen hat dies auf städtische Infrastrukturen und Stadträume?
Im Seminar sollen Generationenbeziehungen nicht vordergründig auf der Ebene der ökonomischen Transfers beleuchtet und diskutiert, sondern es soll gemeinsam überlegt werden, welche Probleme, aber auch welche Potenziale und Chancen der demografische Wandel und die Inklusion mit sich bringen und worauf Kommunen von morgen vorbereitet sein sollten, um eine echte Teilhabe aller Generationen zu gewährleisten.
Teilnehmerkreis:
Dezernenten, Führungs- und Fachpersonal aus den zuständigen kommunalen Bereichen wie Stadtentwicklung, Stadtplanung, Jugend, Soziales, Gesundheit, Bildung, Wirtschaft, Wohnen, Kämmerei, für Ratsmitglieder und für Ehrenamtliche in Jugend- und Altenarbeit und in Generationenprojekten
Veranstalter:
Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH (Difu), Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm, Arbeitsgruppe Fachtagungen Jugendhilfe im Deutschen Institut für Urbanistik (AGFJ)
Veranstaltungsort:
Universitätsklinikum Ulm, Forschungsgebäude
Meyerhofstraße 27, Festpunkt N 27, Oberer Eselsberg
89081 Ulm (Baden-Württemberg)
Programm-Flyer/Details/Konditionen:
http://www.difu.de/sites/difu.de/files/archiv/veranstaltungen/11_kinder_alte.pro…
Ansprechpartnerin/Fragen zur Veranstaltung:
Katrin Adam
Tel.: 030/39001-136
Fax.: 030/39001-146
E-Mail: adam@difu.de
Kurzinfo: Deutsches Institut für Urbanistik
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ist als größtes Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum die Forschungs-, Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften. Ob Stadt- und Regionalentwicklung, kommunale Wirtschaft, Städtebau, soziale Themen, Umwelt, Verkehr, Kultur, Recht, Verwaltungsthemen oder Kommunalfinanzen: Das 1973 gegründete unabhängige Berliner Institut – mit einem weiteren Standort in Köln (Bereich Umwelt) – bearbeitet ein umfangreiches Themenspektrum und beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Ebene praxisnah mit allen Aufgaben, die Kommunen heute und in Zukunft zu bewältigen haben. Der Verein für Kommunalwissenschaften e.V. ist alleiniger Gesellschafter des in der Form einer gemeinnützigen GmbH geführten Forschungsinstituts.
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Deutsches Institut für Urbanistik (Difu)
Sybille Wenke-Thiem
Ltg. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Zimmerstr. 13-15, 10969 Berlin
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Telefon: 030/39001-209
Telefax: 030/39001-130
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E-Mail: wenke-thiem@difu.de
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http://www.difu.de
http://www.kommunalweb.de
http://www.idw-online.de/de/pressreleases225
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Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH
Sitz Berlin, AG Charlottenburg, HRB 114959 B
Geschäftsführer: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Klaus J. Beckmann
Weitere Informationen:
http://www.difu.de/veranstaltungen
http://www.difu.de/veranstaltungen/2011-09-19/wertvolle-kinder-teure-alte-demogr…
http://www.difu.de/sites/difu.de/files/archiv/veranstaltungen/11_kinder_alte.pro…
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Ratgeber „Frauengesundheit“ veröffentlicht
Julia Kovar
Stabsstelle Kommunikation
Baden-Württemberg Stiftung
Baden-Württemberg Stiftung und Institut für Frauengesundheit geben Informationsbroschüre heraus
Eierstockkrebs, Herzinfarkt bei Frauen, die Wechseljahre oder Mythen und Fakten über die Pille – die neue Broschüre behandelt das ganze Spektrum rund um das Thema Frauengesundheit. Anschaulich und für Laien verständlich informiert sie über Krankheiten und ihre Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten. Darüber hinaus enthält die Broschüre eine Übersicht an Informations- und Beratungsangeboten zur Frauengesundheit im Land, die sich auch an Ärzte und Fachleute richtet.
Stuttgart, 24. Mai 2011. Die Gesundheit ist ein zentrales Thema in unserer Gesellschaft. Deshalb investiert die Baden-Württemberg Stiftung in zahlreiche Präventionsprojekte und in lebenswissenschaftliche Forschung. Ein wichtiges Projekt ist das Institut für Frauengesundheit (IFG) Baden-Württemberg, das im Jahr 2006 mit finanzieller Unterstützung der Baden-Württemberg Stiftung an der Universitäts-Frauenklinik Tübingen gegründet wurde. Es hat zur Aufgabe, frauengesundheitliche Informationen zu vermitteln, Expertenwissen zu bündeln und Forschung voranzutreiben. Denn Frauen unterscheiden sich nicht nur anatomisch von Männern, sondern auch im Hormonhaushalt, was viele bislang wenig erforschte Konsequenzen für die Gesundheit der Frau hat. Neben Schwangerschaft und Geburt verlaufen Erkrankungen wie Herzinfarkte bei Frauen anders und auch Medikamente unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Wirkung und Stärke.
Die Broschüre „Frauengesundheit“ spiegelt in der Themenvielfalt des Informations- und Beratungskatalogs den ganzheitlichen, interdisziplinären Ansatz des Instituts für Frauengesundheit wider. Anschaulich und verständlich erklären die Autoren häufige Krankheiten der Frau, geben Empfehlungen zur Prävention und Früherkennung, stellen Behandlungsmethoden vor und erläutern den Einsatz von Arzneimitteln. Dabei bleiben auch Themen wie Harninkontinenz nicht außen vor, über die in unserer Gesellschaft ungern gesprochen wird. Außerdem zeigt die Broschüre auf, welche Angebote des Instituts für Frauengesundheit, seiner Kooperationspartner und weiterer Institutionen für weitergehende Fragen und zur Vernetzung zur Verfügung stehen. „Die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger Baden-Württembergs ist unserer Stiftung ein zentrales Anliegen. Wir freuen uns daher, dieses wichtige Projekt auf den Weg gebracht zu haben und empfehlen jeder Frau diese informative, neue Broschüre“, erklärt Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung.
Die Broschüre kann bei der Baden-Württemberg Stiftung sowie dem Institut für Frauengesundheit kostenlos bestellt werden und wird in den kommenden Tagen an die Frauenarztpraxen im Land versandt.
Bestellungen unter:
info@bwstiftung.de
Fon +49.711.248 476-0
oder
http://www.institut-frauengesundheit.org
Stiftungskurzprofil:
Die Baden-Württemberg Stiftung setzt sich für ein lebendiges und lebenswertes Baden-Württemberg ein. Sie ebnet den Weg für Spitzenforschung, vielfältige Bildungsmaßnahmen und den verantwortungsbewussten Umgang mit unseren Mitmenschen. Die Baden-Württemberg Stiftung ist eine der großen operativen Stiftungen in Deutschland. Sie ist die einzige, die ausschließlich und überparteilich in die Zukunft Baden-Württembergs investiert – und damit in die Zukunft seiner Bürgerinnen und Bürger.
Weitere Informationen:
http://www.bwstiftung.de/publikationen Pdf Download
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Phosphor-Recycling macht Fortschritte
Monika Landgraf
Presse, Kommunikation und Marketing
Karlsruher Institut für Technologie
Phosphor gehört zu den lebenswichtigen Elementen, ist endlich und nicht austauschbar. Die weltweit wirtschaftlich erschließbaren Reserven reichen noch circa 100 Jahre. Wissenschaftler am KIT haben nun ein Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphor aus Abwasser weiterentwickelt, das die Stadt Neuburg in Bayern in einem Pilotprojekt im Klärwerk einsetzt. Am Donnerstag, 12. Mai, geht die Anlage in Betrieb.
In Händen des Kompetenzzentrums für Materialfeuchte (CMM) am KIT liegt die technisch-wissenschaftliche Koordination des Projekts, das im Frühjahr vergangenen Jahres startete. Nun geht es in seine dritte und entscheidende Phase. Die Labor- und Halbtechnikversuche waren erfolgreich: „Sie lassen für den Pilotzeitraum auf der Kläranlage ebenfalls einen erfolgreichen Betrieb erwarten“, sagt der Leiter des CMM, Dr. Rainer Schuhmann.
Ziel des Projektes ist es, Phosphor teilweise aus Abwasser auszusondern und als wieder verwertbares Produkt einen Rohphosphat-Ersatzstoff zu generieren. Dazu haben die Forscher um Schuhmann das P-RoC-Verfahren (Phosphorus Recovery from waste and process water by Crystallisation) weiterentwickelt. Damit lässt sich in der Abwasserphase gelöstes Phosphat mittels Kristallisation an Calcium-Silicat-Hydrat-Phasen (CSH) als phosphathaltiges Produkt zurückgewinnen. Dieses einfache und effektive Prinzip, so erklärt Schuhmann, „liefert ein pflanzenverfügbares Produkt, das zum Beispiel ohne weitere Aufbereitung als Düngemittel einsetzbar ist.“ Kooperationspartner im Projekt sind auch die Firma Cirkel GmbH & Co. KG aus Rheine und die HeidelbergCement AG.
Läuft alles nach Plan, wird die Pilotphase in Neuburg in etwa in einem halben Jahr abgeschlossen sein. Danach erfolgt eine Evaluierung, die insbesondere auch Aufschluss geben soll über die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit des P-RoC-Verfahrens. „Dann wird man wissen, ob 20, 30 oder noch mehr Prozent der jährlich anfallenden circa 30 Tonnen Phosphor aus dem Neuburger Abwasser zurückgewonnen werden können“, sagt Rainer Schuhmann. Eines sei jedoch schon jetzt sicher: „Die Qualität des recycelten Phosphors ist hervorragend, weil er vollständig pflanzenverfügbar ist und mehrere Pflanzennährstoffe zur Verfügung stellt.“
Beurteilen wollen die Projektbeteiligten dann auch, ob sich mit der Phosphor-Rückgewinnung für Kommunen wie Neuburg eine lohnenswerte neue Einnahmequelle auftut. Immerhin stieg der Preis für die Tonne Phosphaterz an den Rohstoffbörsen von April 2007 bis August 2008 von 40 auf 430 US-Dollar pro Tonne. Aktuell liegt er bei 120 US-Dollar pro Tonne.
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist eine Körper-schaft des öffentlichen Rechts nach den Gesetzen des Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Uni-versität als auch die Mission eines nationalen Forschungszent-rums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Das KIT verfolgt seine Aufgaben im Wissensdreieck Forschung – Lehre – Inno-vation.
Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: www.kit.edu
Das Foto steht in druckfähiger Qualität auf www.kit.edu zum Download bereit und kann angefordert werden unter: presse@kit.edu oder +49 721 608-47414.
Weiterer Kontakt:
Klaus Rümmele
Presse, Kommunikation und
Marketing (PKM)
Tel.: +49 721 608-48153
E-Mail: klaus.ruemmele@kit.edu
Anhang:
http://idw-online.de/de/attachment8968
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Kochlöffel und Geschirr aus Melaminharz sind für die Mikrowelle und zum Kochen nicht geeignet
Dr. Suzan Fiack
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
Bei hoher Temperatur werden Melamin und Formaldehyd freigesetzt
Teller, Schüsseln, Besteck und andere Küchenutensilien aus Melaminharz können beim Erhitzen Melamin und Formaldehyd abgeben. Bei Temperaturen, wie sie auch beim Kochen erreicht werden, können gesundheitlich bedenkliche Mengen der Stoffe in Lebensmittel übergehen. Untersuchungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und der Überwachungsbehörden der Bundesländer zeigen, dass die Grenzwerte, die für den Übergang von Melamin und Formaldehyd in Lebensmittel gelten, dabei deutlich überschritten werden. Mit Blick auf die Freisetzung von Formaldehyd ist zudem ein gesundheitliches Risiko durch Einatmen des Stoffes möglich. „Verbraucherinnen und Verbraucher sollten Geschirr und Küchenutensilien aus Melaminharz daher nicht zum Braten, Kochen und zum Erhitzen von Lebensmitteln in der Mikrowelle verwenden“, rät Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des BfR. Werden diese Gebrauchsgegenstände bei Temperaturen unterhalb von 70 °C verwendet, bestehen jedoch keine gesundheitlichen Bedenken.
Melaminharze sind Kunststoffe, die aus den Grundstoffen Melamin und Formaldehyd hergestellt werden. Die Werkstoffe sind hart und bruchsicher, haben eine glatte Oberfläche und werden aufgrund dieser Materialeigenschaften unter anderem zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen wie Kochlöffel und Geschirr verwendet. Untersuchungsergebnisse des Bundesinstituts für Risikobewertung und der Landesbehörden haben ergeben, dass bei der Verwendung von Produkten aus Melaminharzen beim Kochen und in Mikrowellengeräten erhöhte Mengen an Melamin und Formaldehyd freigesetzt werden und in Lebensmittel übergehen können.
Temperaturen, wie sie beim Kochen und beim Braten oder beim Erhitzen von Lebensmitteln in Mikrowellengeräten erreicht werden, können insbesondere bei Kontakt mit säurehaltigen Lebensmitteln, dazu zählen z. B. viele Zubereitungen aus Obst und Gemüse, zu einer Zersetzung des Materials führen. Diese Prozesse sind auch optisch erkennbar, da die Oberflächen von Gegenständen aus Melaminharzen an Glanz verlieren. Sind die Oberflächen beschädigt, wird der Zersetzungsprozess beschleunigt. Bei dieser Zersetzung werden Melamin und Formaldehyd frei.
Derzeit gilt entsprechend den Vorschriften der EU-Verordnung zu Kunststoffen für den Lebensmittelkontakt für den Übergang von Melamin auf Lebensmittel ein spezifischer Migrationsgrenzwert von 30 mg/kg. In einer Neubewertung von Melamin hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2010 die täglich duldbare Aufnahmemenge für diesen Stoff herabgesetzt. Eine Anpassung des spezifischen Migrationsgrenzwertes für Melamin ist bisher noch nicht erfolgt. Für den Übergang von Formaldehyd auf Lebensmittel gilt ein Migrationsgrenzwert von 15 mg/kg.
Bei Temperaturen bis zu 70 °C, das entspricht den Bedingungen beim Einfüllen heißer Getränke in Tassen oder Becher, werden diese Werte eingehalten. Der Übergang von Melamin und Formaldehyd kann unter diesen Verwendungsbedingungen als unbedenklich eingestuft werden. Kommt es jedoch bei höheren Temperaturen zu einem längeren Kontakt von Melaminharz-Produkten mit heißen Lebensmitteln, werden die Migrationsgrenzwerte teilweise deutlich überschritten. Formaldehyd ist zudem ein sehr flüchtiger Stoff, so dass auch ein gesundheitliches Risiko durch Einatmen möglich ist.
Aus diesen Gründen empfiehlt das BfR Verbraucherinnen und Verbrauchern, beim Braten, Kochen und beim Erhitzen von Lebensmitteln in der Mikrowelle auf Geschirr und Küchenutensilien aus Melaminharzen zu verzichten.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.
Weitere Informationen:
http://www.bfr.bund.de/cm/343/fragen_und_antworten_zu_geschirr_und_kuechenutensi…
FAQ des BfR
http://www.bfr.bund.de/cm/343/freisetzung_von_melamin_und_formaldehyd_aus_geschi… Stellungnahme des BfR
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Rezessionen sind Gift für den Arbeitsschutz
Mark Fallak
Öffentlichkeitsarbeit
Institut zur Zukunft der Arbeit
Aus Angst um ihren Job neigen Arbeitnehmer in wirtschaftlich schlechten Zeiten dazu, Arbeitsunfälle zu verschweigen. In der Folge investieren Unternehmen zu wenig in den Arbeitsschutz. Darauf weist eine Studie hin, die heute beim Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn erschienen ist. Die Autoren fordern einen besseren Kündigungsschutz für Unfallopfer.
Nach Angaben der Europäischen Kommission versuchen Arbeitsunfälle allein in den Staaten der EU-15 jährlich rund 140 Millionen Fehltage. Daraus ergibt sich ein wirtschaftlicher Schaden von 55 Milliarden Euro. Auffällig ist, dass die Unfallzahlen in konjunkturellen Schwächephasen deutlich zurückgehen. Die Ursachen analysierte jetzt ein Forscherteam aus den Niederlanden und der Schweiz anhand von detaillierten Daten der österreichischen sozialen Unfallversicherung.
Dass die Unfallzahlen in Krisenzeiten schlicht deshalb sinken, weil die Arbeitsauslastung geringer ist, können die Autoren als Erklärung ausschließen. Denn die Zahl der in jedem Fall meldepflichtigen tödlichen Arbeitsunfälle ist keinen nennenswerten Schwankungen unterworfen. Die Ökonomen vermuten daher, dass weniger schwere Unfälle bei schlechter Konjunktur seltener gemeldet werden, weil die Betroffenen um ihren Arbeitsplatz fürchten. Tatsächlich zeigt die Analyse, dass sich das persönliche Entlassungsrisiko durch die Meldung eines Arbeitsunfalls um 20 Prozent erhöht.
Aufgrund der vermeintlich sinkenden Unfallhäufigkeit investieren die Unternehmen laut Studie zu wenig in Arbeitsschutzmaßnahmen, wodurch auf lange Sicht das Unfallrisiko steigt. „Der Gesetzgeber könnte hier sinnvoll gegensteuern, indem er Betroffene von Arbeitsunfällen unter besonderen Kündigungsschutz stellt“, sagt Jan van Ours von der Universität Tilburg.
Die englischsprachige Studie ist über die IZA-Homepage abrufbar:
Jan Boone, Jan C. van Ours, Jean-Philippe Wuellrich, Josef Zweimüller:
Recessions Are Bad for Workplace Safety
IZA Discussion Paper No. 5688
http://ftp.iza.org/dp5688.pdf
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Umweltimage von Großstädten und Energieversorgern in Deutschland
Dr. Katharina Ceyp-Jeorgakopulos
Presse und Kommunikation
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
• Studie von HAW und fischerAppelt, advisors zeigt Positionierungspotenziale für Metropolen und Energieversorger auf
• Öffentlicher Nahverkehr, Informationsangebote und erneuerbare Energien für das Image von Großstädten wichtig
• Mehr Umweltaktivitäten von Energieversorgern und Metropolen erwünscht
• Verbraucher ordnen Energieversorgern falsches Preisniveau zu
Ob ihre Stadt ökologisch gut aufgestellt ist, machen viele Bürger vor allem an den Maßnahmen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) fest. Ebenso wichtig für das Umweltimage sind die Förderung erneuerbarer Energien sowie die städtischen Informationsangebote. Das sind zwei zentrale Ergebnisse einer gemeinsamen Studie des Competence Centers für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, HAW Hamburg, und der strategischen Kommunikationsberatung fischerAppelt, advisors vom November 2010. Befragt wurden rund 1.000 Personen in Berlin, Hamburg, Köln, München und Frankfurt/Main zum Nachhaltigkeitsimage ihrer Stadt sowie zu den Energieversorgern vor Ort.
Die meisten Umfrageteilnehmer bewerteten den öffentlichen Personennahverkehr in ihrer Stadt positiv. Besonders zufrieden sind die Münchner und Hamburger: 78 Prozent stufen das ÖPNV-Angebot in der bayerischen Landeshauptstadt als „sehr gut“ oder „gut“ ein. In Hamburg sind es 75 Prozent, in Berlin 70 und in Frankfurt 68 Prozent. Köln liegt in dieser Kategorie mit 51 Prozent abgeschlagen auf dem letzten Rang.
„Die deutschen Bürger wünschen sich ein hohes Umwelt-Engagement von ihren Städten“, sagt Prof. Dr. Werner Beba, Leiter des CC4E an der HAW Hamburg. „Für die Politik entsteht daraus ein wichtiger Handlungsauftrag.“
Großer Handlungsbedarf bei erneuerbaren Energien
Ähnlich stark wie der ÖPNV beeinflusst das Thema erneuerbare Energien das Nachhaltigkeitsimage von Großstädten. Doch während es zum ÖPNV überwiegend positive Rückmeldungen gibt, sieht die Mehrheit der Befragten (64 Prozent) bei der Förderung erneuerbarer Energien städteübergreifend besonderen Handlungsbedarf.
Ob eine Stadt bei ihren Bürgern einen guten Ruf in Sachen Nachhaltigkeit hat, hängt auch davon ab, wie intensiv sie ihre Bürger informiert. Die Umfrage zeigt, dass hier noch viel Potenzial besteht – 70 Prozent der Bürger in deutschen Großstädten wünschen sich, stärker zu Umweltthemen informiert zu werden. „Vor dem Hintergrund unserer Befragungen vom November vergangenen Jahres zeigt sich, dass Leuchttürme wie derzeit die ‚Umwelthauptstadt Europas‘ in Hamburg genau der richtige Weg sind, um dem Bedürfnis der Bürger nach mehr Informationen zum städtischen Umweltschutz zu begegnen“, sagt Prof. Werner Beba.
Preise der Energieversorger werden oft falsch eingeschätzt
Im Rahmen der Studie wurden die Teilnehmer außerdem zum Ruf der wichtigsten Energieversorger vor Ort sowie zu ihrer Einstellung zu diesen Anbietern befragt. Demnach ist ein günstiger Preis für 91 Prozent der Verbraucher „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Die Befragten sollten zudem verschiedene Anbieter bestimmten Preiskategorien zuordnen. Dabei lagen sie oft daneben: Demnach werden Anbieter als teuer wahrgenommen, die tatsächlich zu den günstigsten am Markt gehören und umgekehrt.
„Wichtig“ beziehungsweise „sehr wichtig“ ist vielen Verbrauchern außerdem ein guter Service ihres Energieversorgers (84 Prozent). Auf die Glaubwürdigkeit kommt es 79 Prozent besonders an. Der Verzicht auf Atomenergie war zum Zeitpunkt der Umfrage für 58 Prozent „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Eine untergeordnete Rolle spielt dagegen die Förderung regionaler Aktivitäten durch den Energieversorger (34 Prozent).
Die Studie zeigt, dass sich Verbraucher mit wachsendem Umweltinteresse auch stärker mit dem Thema Energieversorgung auseinandersetzen. „Nachhaltigkeit und Glaubwürdigkeit werden als Imagetreiber immer bedeutsamer“, sagt Fabian Brandt, Managing Director bei fischerAppelt, advisors. „Davon können vor allem Anbieter profitieren, die Umweltkompetenz beweisen und das Vertrauen der Verbraucher erlangen. Nach den Ereignissen in Japan dürfte sich dieser Anspruch noch verstärkt haben.“
Zur Studie:
Die Studie trägt den Titel „Nachhaltigkeit, Energie und Klimaschutz: Positionierungspotenziale für Metropolen und Energieversorger“. Sie wurde von der strategischen Kommunikationsberatung fischerAppelt, advisors und dem Competence Center für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der HAW Hamburg erarbeitet. Die Befragung fand im November 2010 statt und wurde durch umfassende Recherchen zu den Klimaschutz- und Kommunikationsaktivitäten der Städte sowie zu den Tarifen und Kommunikationsaktivitäten der untersuchten Energieversorger ergänzt.
Über CC4E:
Das Competence Center für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) beinhaltet und fördert die vielfältigen Aktivitäten und Kompetenzen der HAW Hamburg im Bereich 4E – durch Ausbau von Lehre und Studium, innovative anwendungsnahe Forschung und Entwicklung sowie durch umfangreiche Transferpartnerschaften mit Unternehmen und Institutionen. Die Entwicklung nachhaltiger Lösungen für die Energieprobleme der Gesellschaft ist das Ziel.
Weitere Informationen:
http://www.haw-hamburg.de/cc4e.html
http://www.fischerappelt.de/referenzen/agenturen/fischerappelt-advisors.html
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Einseitige Taubheit in Kombination mit Tinnitus – Innenohrimplantate verbessern Hörqualität
Medizin – Kommunikation
Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Etwa 13 000 Bundesbürger zwischen 50 und 60 Jahren leiden unter einseitiger Taubheit. In mehr als 80 Prozent der Fälle sind starke Ohrgeräusche, der sogenannte Tinnitus, die Folge. Bei anhaltenden Beschwerden ist die Lebensqualität der Patienten häufig durch Schlaflosigkeit und Depressionen mit nachfolgender Arbeitsunfähigkeit stark beeinträchtigt. HNO-Ärzte behandeln Betroffene seit einiger Zeit erfolgreich mit Hörschnecken-Prothesen, sogenannten Cochlearimplantaten (CI). Auf der 82. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie erörtern Experten Vor-und Nachteile dieser Therapie.
Wie Wissenschaftler der HNO-Universitätsklinik Freiburg nachweisen konnten, profitieren einseitig taube Patienten ohne und mit Tinnitus vom Einsatz eines Cochlearimplantats. In einer Operation platziert der Arzt das Implantat in die Hörschnecke des Innenohrs. Dort ersetzt es die natürliche Reizübertragung der Sinneszellen auf den Hörnerv. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Hörschnecken-Prothese bei Patienten mit einseitiger Ertaubung alternativen Methoden deutlich überlegen ist“, fasst Dr. med. Susan Arndt, Oberärztin an der Universitätsklinik für HNO, Universitätsklinikum Freiburg die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zusammen. Sowohl das Richtungshören als auch das Sprachverstehen verbesserte sich bei den Patienten erheblich. Selbst bei zusätzlicher Geräuschkulisse und wenn die Sprache von Seiten des tauben Ohres kam, konnten Patienten mit Implantat deutlich mehr verstehen als zuvor mit einem konventionellen Hörgerät. Das CI mindert zudem Ohrgeräusche: Bei 98 Prozent der Patienten verschwand der Tinnitus teilweise oder sogar vollständig, wenn das Implantat eingeschaltet ist.
Allerdings eignet sich die Methode nicht für alle Patienten mit einseitiger Taubheit. Unter welchen Bedingungen eine Versorgung mit einem CI erfolgreich ist und wann sich die Therapie mit herkömmlichen Hörgeräten weiterhin anbietet, erörtert Dr. Arndt auf einer Pressekonferenz anlässlich der 82. Jahresversammlung der DGHNO KHC in Freiburg. Die Expertin informiert darüber hinaus über die rechtliche Grundlage zur Finanzierung einer Therapie mit Cochlearimplantaten.
Literatur:
Arndt S, Aschendorff A, Laszig R et al.
Comparison of Pseudobinaural Hearing to Real Binaural Hearing Rehabilitation After Cochlear Implantation in Patients With Unilateral Deafness and Tinnitus.
Otol Neurotol. 2011; 32(1):39-47.
Arndt S, Laszig R, Aschendorff A, et al.
Einseitige Taubheit und Cochlearimplant-Versorgung
Audiologische Diagnostik und Ergebnisse
HNO. 2011; 59:437-446.
Arndt S, Laszig R, Aschendorff A et al.
The University of Freiburg Asymmetric Hearing Loss Study
Audiol Neurotol. 2011; 16 (suppl 1) 1-24
Terminhinweise:
82. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. (DGHNO KHC)
Termin: 1. bis 5. Juni 2011
Ort: Konzerthaus Freiburg / Cinemaxx Freiburg
Kongress-Pressekonferenz
Termin: Dienstag, 31. Mai 2011, 11.00 bis 12.00 Uhr
Ort: Novotel am Konzerthaus, Raum Colmar, Konrad Adenauer Platz 2, 79098 Freiburg
Patiententag
Thema: Was tun bei Nasenatmungs- und Nasennebenhöhlenproblemen?
Termin: 4. Juni 2011, 15.00 bis 17.00 Uhr
Ort: Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, HNO-Hörsaal, Kilianstraße 5, 79106 Freiburg
Weitere Informationen:
http://Weitere Informationen zur 82. Jahresversammlung der DGHNO KHC finden Interessierte unter www.hno.org
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Energie Campus Nürnberg geht an den Start
Fraunhofer IISB
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Gesellschaft
Mit der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung und der Übergabe der ersten Förderbescheide durch Ministerpräsident Horst Seehofer, Staatsminister Martin Zeil und Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch fiel am 10. Mai. 2011 der offizielle Startschuss für den Energie Campus Nürnberg, kurz EnCN.
„Vor über einem Jahr haben wir den Niedergang der Quelle in Nürnberg betrauert. Heute entsteht in der Frankenmetropole mit Mitteln des Freistaates ein Forschungscampus für Spitzentechnologien rund um das Thema Energieeffizienz und Klimaneutralität“, freut sich Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly. „Bis zum heutigen Tag musste eine Menge ‚Kleingedrucktes‘ behandelt werden und ich bin unserem Wirtschaftsreferenten ausgesprochen dankbar dafür, dass er unermüdlich an diesem Projekt gearbeitet hat.“ Berufsmäßiger Stadtrat Dr. Roland Fleck hatte an der Spitze der Nürnberger Wirtschaftsförderung gemeinsam mit Professoren der beteiligten Wissenschaftseinrichtungen das Konzept bereits vor drei Jahren entwickelt und für die Finanzierung und Realisierung des EnCN gekämpft. Dr. Fleck sieht den Energie Campus Nürnberg als weiteren wichtigen Baustein in der Nürnberger Wirtschafts- und Strukturpolitik. „Mit dem Energie Campus Nürnberg setzen wir auf den gezielten Ausbau unserer technologischen und wirtschaftlichen Kernkompetenzen in einem klar definierten Zukunftsthema“, so Fleck als Leiter des EnCN-Lenkungsausschusses.
Im Energie Campus Nürnberg arbeiten die Forschungseinrichtungen Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg, die Fraunhofer-Gesellschaft mit ihren Instituten für Integrierte Schaltungen IIS und für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB sowie das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung e.V. (ZAE Bayern) in einer deutschlandweit einmaligen Kooperation zusammen. Mitinitiatoren des EnCN sind die Stadt Nürnberg, die IHK Nürnberg für Mittelfranken und die Handwerkskammer für Mittelfranken in Nürnberg. Im Juni 2011 sollen die ersten vier Forschungsbereiche des Energie Campus Nürnberg ihre Tätigkeit aufnehmen. Weitere sechs Forschungsschwerpunkte werden sukzessive in den kommenden Monaten aufgebaut. Im Forschungsbereich EnCN-Net werden zentrale Systemkomponenten für die Stromnetze der Zukunft beforscht. Dazu zählen hocheffiziente Leistungselektronik sowie zuverlässige Informations- und Kommunikationstechnik und Energieflusssteuerung. Der Forschungsbereich EnCN-Simulation befasst sich mit der Modellierung, Analyse, Simulation und Optimierung von Energieketten und Energienetzen. Im Fokus des Forschungsbereiches EnCN-Process stehen energieeffiziente Maschinen- und Antriebskonzepte. Die EnCNSolarfabrik der Zukunft beschäftigt sich mit druckbarer organischer und anorganischer Photovoltaik der nächsten Generation.
Prof. Dr. Karl-Dieter Grüske, Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, hebt hervor, dass mit dem Energie Campus Nürnberg einer der acht Forschungsschwerpunkte der FAU organisatorisch und demnächst auch räumlich eine deutlich sichtbare Gestalt am Standort Nürnberg annimmt. „Im Energie Campus Nürnberg verbinden sich ein wichtiges Kompetenzfeld der Metropolregion und die wissenschaftliche Stärke der FAU und ihrer Partner auf geradezu idealtypische Weise.“ Weiter führt er aus: „Wir freuen uns, dass wir von der FAU, die wir den Energie Campus Nürnberg initiiert haben, heute gemeinsam mit unseren Partnern den offiziellen Startschuss feiern können. Als führende technisch-wissenschaftliche Einrichtung in der Metropolregion Nürnberg verfügt unsere Universität über Kompetenz in der Energieforschung mit mehr als 40 Professoren. So sollen unter Federführung der FAU und mit Professor Arlt als EnCN-Sprecher rund 50 Prozent der Projekte des Energie Campus bearbeitet werden. Die FAU etabliert sich mit Nürnberg als Technologie-Standort weiter für die Zukunft.“
Ins Visier haben die Forscher die gesamte Energieversorgungskette genommen, erklärt Prof. Dr. Michael Braun, Präsident der Ohm-Hochschule: „Unser Forschungskonzept ist so in Deutschland einmalig. Wir verbinden die Gesamtbetrachtung der Energiekette – von der Energieerzeugung über den Transport bis zur Nutzung – mit technisch-wissenschaftlichen Einzelaspekten und einer profunden gesellschaftlichen Begleitforschung, um simultan abzuprüfen, dass das, was unsere Ingenieure entwickeln, auch gesellschaftlich tragfähig ist. Als Hochschule für angewandte Wissenschaften verfügen wir über ein umfangreiches Netzwerk von Unternehmenspartnern im Forschungs- und Entwicklungsbereich. Die Stärke der Ohm-Hochschule liegt im Transfer der Ergebnisse der Grundlagenforschung in Produkte und Dienstleistungen für die Industrie. Erst marktfähige technische Innovationen schaffen neue Arbeitsplätze.“
Prof. Dr. Heinz Gerhäuser, Leiter des Fraunhofer IIS, hebt die Wichtigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen verschiedensten ingenieurwissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Disziplinen hervor. „Für die Energieversorgung von morgen lassen sich deren einzelne Aspekte nicht mehr isoliert betrachten. Mit Forschungsarbeiten im Projekt Net wollen wir zusammen mit unseren Kollegen von Fraunhofer IISB, der FAU und der Ohm-Hochschule die Nutzungsmöglichkeiten dezentral erzeugter Energien entscheidend verbessern. Die Optimierung des Gesamtsystems ist die große Herausforderung, der wir uns stellen wollen zum Nutzen der Bevölkerung und Wirtschaft in Bayern.“
„Das Stromnetz ist ein sehr gutes Beispiel für die Komplexität unserer Energieversorgung: Verteilnetz, Erzeuger, Verbraucher und Speicher elektrischer Energie wechselwirken verstärkt und in alle Richtungen miteinander. Dies erfordert eine intelligente Steuerung und Regelung sowie verlustminimierte Energiewandlung verbunden mit entsprechenden Dienstleistungen“, ergänzt Prof. Dr. Lothar Frey, Leiter des Fraunhofer IISB. „Der Energie Campus Nürnberg bietet dabei die ideale Plattform für die Erarbeitung von weltweit anerkannten Lösungen sowie für die weitere Stärkung der Präsenz der Fraunhofer-Gesellschaft in der Region mit einem der größten Standorte bundesweit.“
Prof. Dr. Christoph J. Brabec, Leiter der Abteilung Thermosensorik und Photovoltaik des ZAE Bayerns, freut sich über den Start des Energie Campus Nürnberg. „Energieforschung muss nachhaltig, interdisziplinär und international sichtbar sein. Die Tätigkeiten am Energie Campus werden einen wesentlichen Beitrag liefern, um den Weg in eine erneuerbare Energieversorgung ressourcenschonend und versorgungssicher zu beschreiten. Besonders am Herzen liegt uns, die Technologien zur Erzeugung von Sonnenstrom wie etwa Photovoltaik oder Solarthermie günstiger und grundlastfähig zu machen.“
Der Energie Campus Nürnberg ist das größte Teilprojekt innerhalb des Strukturprogramms des Freistaates Bayern für die Städte Nürnberg und Fürth, das zur Kompensation der Folgen der Quelle-Insolvenz aufgelegt wurde. Der Freistaat Bayern unterstützt den Auf- und Ausbau der Forschungsplattform in den ersten fünf Jahren mit 50 Mio. €. Mit diesen Mitteln werden Forschungsprojekte durchgeführt und neue Forscher nach Nürnberg geholt. Insgesamt liegen bereits für die ersten fünf Jahre Forschungsmittel für über 100 Personen vor. „Damit wird ein wichtiger Struktureffekt für Nürnberg erzielt“, erklärt Wirtschaftsreferent Dr. Fleck. „Mit dem Energie Campus Nürnberg schaffen wir ein international anerkanntes Forschungszentrum für Energiefragen, das unseren Unternehmen Innovationen und unseren Bürgern Arbeitsplätze bringt.“
Die beteiligten Forschungspartner und die Vertreter der Stadt Nürnberg sowie der Kammern danken der Bayerischen Staatsregierung für die Bereitstellung der Fördermittel, um das Leuchtturmprojekt Energie Campus Nürnberg realisieren zu können.
Ansprechpartner
Prof. Dr. Wolfgang Arlt
Sprecher des Energie Campus Nürnberg
Tel.: +49 9131 / 85 27 – 44 0
Fax: +49 9131 / 85 27 – 44 1
E-Mail: wolfgang.arlt@cbi.uni-erlangen.de
Weitere Informationen:
http://www.encn.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Seltene Erde Lanthan belastet Rhein mit Konzentrationen bis zum 46-Fachen des natürlichen Wertes
Dr. Kristin Beck
Corporate Communications & Media Relations
Jacobs University Bremen
Der Rhein ist von Worms flussabwärts über eine Länge von weit über 400 km mit dem Selten-Erd-Element Lanthan belastet. In Mainz liegt der gemessene Wert beim 46-Fachen der natürlichen Konzentration, im Flussabschnitt Bonn-Leverkusen-Neuss beim mehr als dem 25-Fachen. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Geochemiker Michael Bau und Serkan Kulaksiz von der Jacobs University (vergl. Umwelt-Fachzeitschrift Environment International DOI:10.1016/j.envint.2011.02.018). Damit ist der Rhein das erste Gewässer weltweit, in dem eine solche Kontamination beobachtet wurde.
Die Lage der Einleitungsstelle bei Worms deutet darauf hin, dass das Lanthan aus der dortigen Produktion von chemischen Katalysatoren für Erdölraffinerien stammt, bei der die Seltene Erde in das Industrieabwasser gerät. Eine grobe Abschätzung lässt vermuten, dass pro Jahr nahezu 1,5 Tonnen Lanthan verloren gehen und über den Rhein in den Ärmelkanal und letztlich in die Nordsee gelangen. Während die im Rheinwasser auftretenden Lanthanmengen als gesundheitlich unbedenklich gelten, liegen die extrem hohen Konzentrationen von bis zu 49 mg/kg Lanthan, die an der Einleitungsstelle gemessen wurden, oberhalb der Werte, für die bereits ökotoxikologische Effekte beobachtet wurden.
Fragen zu der Studie beantwortet:
Dr. Michael Bau | Professor of Geoscience
Email: m.bau@jacobs-university.de | Tel.: 0421 200-3564
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Fahrradfahren – ein unterschätztes Risiko!
Susanne Herda
DGU-Geschäftsstelle
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V.
Die Zahl der Fahrradunfälle ist viel höher, als es die polizeiliche Statistik aufweist. Fahrradhelm tragen, nach Alkoholgenuss nicht nur Verzicht auf das Auto, sondern auch auf das Fahrrad und Beachtung der Fahrradsicherheitsanforderung raten Unfallchirurgen zum Schutz und zur Vermeidung von Fahrradunfällen teilt Professor Hartmut Siebert, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), mit.
Die amtliche Unfallstatistik zeigt nur die halbe Wahrheit. So das Ergebnis einer aktuellen Studie aus Münster, in der die erschreckend hohe Dunkelziffer verletzter Radfahrer erstmals klar gezeigt wurde. Während im Studienzeitraum lediglich 723 Fahrradunfälle in die amtliche Statistik eingingen, konnten die Unfallforscher insgesamt 2250 Unfälle dokumentieren. Besorgniserregend ist, dass 25 Prozent der Verletzten eine Kopfverletzung erlitten, aber umgekehrt nur sechs Prozent einen Fahrradhelm trugen. Vielfach war Alkoholkonsum die Ursache der schweren und tödlichen Fahrradunfälle.
Die Experten sind sich einig, dass die Verantwortung des Fahrradfahrers für seine eigene Gesundheit zukünftig noch deutlicher im Zentrum konkreter Präventionsmaßnahmen stehen muss. Dies umzusetzen, auch im Kontext der vielfältigen Präventionsstrategien der öffentlichen Hand, ist das erklärte Ziel der neu gegründeten interdisziplinären „Arbeitsgruppe Fahrradfahrer“ des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) und der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie. Dazu der Leiter der Arbeitsgruppe, Unfallchirurg Professor Johannes Sturm: „Wer glaubt, dass zwei Räder sicherer sind als vier Räder, der unterliegt einem lebensgefährlichen Trugschluss. Gerade der Fahrradhelm ist im Bewusstsein der breiten Bevölkerung noch nicht angekommen“.
Zukünftige Präventionsarbeit, so die einhellige Ansicht der Expertengruppe, muss sich auf drei Säulen stützen. Dazu gehört das eigenverantwortliche Tragen eines Fahrradhelms, und zwar in jedem Alter und bei jeder Fahrt. Ein nach den strengen Prüfkriterien zertifizierter Fahrradhelm ist die einzige „Knautschzone“ des Radfahrers. So wird das Risiko einer schweren Schädelhirnverletzung um mindestens 50 Prozent reduziert. Zweitens muss über die trügerische Sicherheit beim Radfahren unter Alkoholkonsum aufgeklärt werden. Richtig ist es, das Auto nach Alkoholkonsum stehen zu lassen. Falsch ist es, dann mit dem Rad zu fahren! Die eigenen Studienergebnisse sprechen eine klare Sprache: das höchste Risiko für tödliche Fahrradunfälle tragen alkoholisierte Radfahrer, ganz gleich ob sie stürzen oder mit einem motorisierten Fahrzeug kollidieren. Als dritte Säule der Prävention gilt eine noch weiter gehende Verbesserung der technischen Sicherheitsstandards. Dabei kommt der Sichtbarkeit von Fahrzeug und Fahrer eine zentrale Bedeutung zu. „Wer ohne Licht fährt, der fährt auch ohne Verstand“ stellt Professor Johannes Sturm unmissverständlich klar und ergänzt: „Ob jung oder alt, wir empfehlen jedem Radfahrer auch beim Stehen und Schieben des Rades für gute Sichtbarkeit zu sorgen, am Besten durch Reflektoren, helle Kleidung und Standlicht“.
Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie setzt sich für die optimale Behandlung von Unfallverletzten ein, und zwar beginnend bei der Vermeidung von Unfällen und Verletzungen, über die optimale Behandlung bis hin zur Wiedereingliederung in Familie, Beruf und Freizeit. Sie unterstützt aktiv die Arbeit des Deutschen Verkehrssicherheitsrates, beispielsweise als aktiver Kooperationspartner der Kampagne „Runter vom Gas!“ des DVR und des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Mehr Informationen unter: www.dgu-online.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Jüngere laufen schneller, Ältere kennen Abkürzungen: BIBB legt Konzepte für ältere Beschäftigte vor
Andreas Pieper
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)
In Zukunft wird der größere Teil der Beschäftigten über 50 Jahre alt sein. Ihre individuelle Arbeitsfähigkeit zu sichern und das verlängerte Arbeitsleben auch in ihrem Sinne zu gestalten, erfordert ein weitreichendes Umdenken aller Beteiligten. Die jetzt erschienene Veröffentlichung „Ältere Beschäftigte: Zu jung, um alt zu sein“ des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) stellt aktuelle Forschungsergebnisse, konkrete Konzepte und Instrumente aus wissenschaftlicher und unternehmerischer Sicht zum Thema ältere Beschäftigte vor.
Die Autorinnen und Autoren fordern in ihren Beiträgen insbesondere betriebliche Gesamtkonzepte, um den Wissenstransfer zwischen Älteren und Jüngeren zu sichern, mahnen eine Verabschiedung von altersselektiver Personalentwicklung an und stellen motivierende Arbeitszeitmodelle vor, die auch einen flexiblen Übergang von der beruflichen in die nachberufliche Phase mit einbeziehen.
Die Berufsbildungsfachleute zeigen Wege auf, um Arbeitsfähigkeit, Qualifikation und Motivation der Beschäftigten, aber auch die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Betriebe und Unternehmen zu erhalten und zu fördern. So belegen Studien, dass ein Teil der Personalverantwortlichen immer noch das Defizitmodell älterer Mitarbeiter/-innen im Kopf hat – eine Pauschalierung, die der Heterogenität der Beschäftigten über 50 nicht entspricht.
Andererseits gibt es Unternehmen, die sich der demografischen Herausforderung stellen und Lösungen erarbeiten, wie sie ihre älteren Beschäftigten gesund, motiviert, qualifiziert und leistungsfähig im Betrieb einbinden können.
Die Autorinnen und Autoren erläutern Maßnahmen und Instrumente für eine alter(n)sgerechte Gestaltung des Arbeitslebens und flexible Arbeitszeiten, kombiniert mit Personalentwicklungsmaßnahmen und Laufbahngestaltungen, die sich am Lebenszyklus orientieren. Generationenübergreifende Wissenstransfers gehören ebenso dazu wie Weiterbildungsangebote, die – zum Vorteil der Beschäftigten, aber auch der Betriebe – nicht nur auf das Berufsleben ausgerichtet sind, sondern auch die Zeit nach der Erwerbstätigkeit in den Blick nehmen.
Umfrageergebnisse unter Beschäftigten und Betrieben zeigen, wie und warum es sinnvoll ist, wenn die Arbeitnehmer/-innen in die Gestaltung des demografischen Wandels in Unternehmen einbezogen werden.
Hintergrund: Vor rund 100 Jahren wurden die Menschen in Deutschland im Durchschnitt etwa 45 Jahre alt. Dagegen liegt die durchschnittliche Lebenserwartung neugeborener Mädchen heute bei über 82, die neugeborener Jungen bei über 77 Jahren. Zugleich sinkt die Geburtenrate. Die Zahl der Erwerbspersonen wird ab 2020 deutlich sinken, der Anteil der Älteren unter ihnen steigt. Liegt der Anteil der Personen, die erwerbstätig sind und sein können, bei den 50- bis 64-Jährigen derzeit bei 31 Prozent, so wird er im Jahr 2020 bereits bei 42 Prozent liegen und bis zum Jahr 2035 weiter auf rund 46 Prozent ansteigen (Quelle: Statistisches Bundesamt; http://www.destatis.de).
Das Buch „Ältere Beschäftigte: Zu jung, um alt zu sein“ ist in der BIBB-Reihe „Berichte zur beruflichen Bildung“ erschienen (ISBN 978-3-7639-1144-8, E-Book 978-3-7639-4824-4). Es kann für 27,90 Euro über die BIBB-Homepage (http://www.bibb.de/veroeffentlichungen) oder beim W. Bertelsmann Verlag (http://www.wbv.de) bestellt werden.
Ansprechpartnerin im BIBB:
Brigitte Seyfried, E-Mail: seyfried@bibb.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Sonderband mit Tagungsbeiträgen erschienen – Bärtierchenforschung im Wandel der Zeit
Andrea Mayer-Grenu
Abteilung Hochschulkommunikation
Universität Stuttgart
Bärtierchen (Tarchigraden) sind in der Lage, schlechte Umweltbedingungen getrocknet oder gefroren unbeschadet zu überdauern. Die erstaunlichen Eigenschaften dieser Winzlinge standen im Mittelpunkt des 11. Weltsymposiums der Bärtierchenforscher, zu dem sich im Sommer 2009 an der Universität Tübingen über 70 Teilnehmer aus 15 Ländern trafen. Initiiert hat das weltweite Treffen der Zoologe Dr. Ralph O. Schill vom Biologischen Institut der Universität Stuttgart. Zu den Tagungsbeiträgen ist jetzt ein Sonderband erschienen, in dem 58 Autoren 20 wissenschaftliche Beiträge aus allen Bereichen der Bärtierchenforschung präsentieren.*)
Der Band zeigt eindrucksvoll die fast revolutionären Veränderungen in der Bärtierchenforschung in den letzten Jahrzehnten, vor allem unter dem Einfluss der molekularenTechniken. Seit der ersten Beschreibung eines Bärtierchen im Jahr 1773 durch den deutschen Pastor Johann August Ephraim Goeze in Quedlinburg wächst die Zahl der Wissenschaftler, die sich für Bärtierchen interessieren, ständig. Während zu Beginn die Bärtierchengemeinde ausschließlich aus taxonomisch arbeitenden Zoologen bestand, die neue Arten beschrieben und deren Lebensgewohnheiten untersucht haben, stehen heute vor allem interdisziplinäre Forschungsansätze im Vordergrund, bei denen mit Genen und Proteinen gearbeitet wird. Deshalb beinhaltet der Sonderband auch einige Publikationen von Biochemikern, Molekularbiologen und Bioinformatikern. Wichtige Impulse, Bärtierchen als neuen Modelorganismus zu verwenden, gab das an der Uni Stuttgart beheimatete Projekt „Funktionelle Analyse dynamischer Prozesse in cryptobiotischen Tardigraden“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde.
*) Water Bears Today, Proceedings of the 11th Symposium of Tardigrada, Tübingen 3-6 August 2009″, Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research. Volume 49 (Suppl. 1),
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jzs.2011.49.issue-s1/issuetoc
Weitere Informationen bei Dr. Ralph O. Schill, Universität Stuttgart, Biologisches Institut/Abt. Zoologie, Tel. 0172/7304726, e-mail: ralph.schill@bio.uni-stuttgart.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Gesunde Eltern haben gesunde Kinder
Monika Wimmer
Pressestelle
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin
Die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten der Eltern überträgt sich schon auf die Gesundheit von Kleinkindern. Das ist das Ergebnis einer jetzt veröffentlichten Studie. „Je älter die Kinder sind, desto stärker hängt ihre Gesundheit von der Gesundheit beider Eltern ab“, sagt C. Katharina Spieß, eine der beiden Autorinnen. C. Katharina Spieß ist Familien- und Bildungsökonomin am Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) im DIW.
Die Wissenschaftlerinnen fanden heraus, dass im ersten Lebensjahr vor allem das Gesundheitsverhalten und die Gesundheit der Mütter das Wohlergehen der Kinder bestimmen. Einen Hinweis darauf geben Größe und Gewicht der Babys: „Töchter von Frauen, die rauchen, sind kleiner und leichter als die Mädchen von Nichtraucherinnen“, sagt C. Katharina Spieß. Die Gesundheit der Jungen hingegen hängt offenbar vom gesundheitlichen Gesamtbefinden der Mütter ab. Je schlechter die Mütter ihren eigenen Gesundheitszustand bewerten, desto eher leiden die Söhne unter Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Asthma, Bronchitis oder Mittelohrentzündungen.
Je älter die Kinder werden, desto stärker kommen auch die Väter ins Spiel. „Eine messbare Rolle für das gesundheitliche Befinden von Kindern spielt die Gesundheit der Väter ab dem dritten Lebensjahr“, sagt C. Katharina Spieß.
Für ihre jetzt online in „Economics and Human Biology“ veröffentlichte Studie werteten die Forscherinnen Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus, die zwischen 2002 und 2008 erhoben wurden. Insgesamt flossen Daten von mehr als 900 Kindern und deren Eltern in die Untersuchung ein.
Link zur Veröffentlichung:
http://dx.doi.org/10.1016/j.ehb.2011.03.002
HINTERGRUND: Stichwort SOEP
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP ist am DIW Berlin angesiedelt und wird als Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland unter dem Dach der Leibniz Gemeinschaft (WGL) von Bund und Ländern gefördert. Für das SOEP werden jedes Jahr mehr als 20 000 Menschen in rund 11 000 Haushalten vom Umfrageinstitut TNS Infratest Sozialforschung befragt. Seit 2003 geben darüber hinaus Mütter in Mutter-Kind-Fragebögen Auskunft über die Entwicklung ihrer Söhne und Töchter.
Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung und Gesundheit. Weil jedes Jahr dieselben Personen befragt werden, können nicht nur langfristige gesellschaftliche Trends sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung von Lebensläufen besonders gut analysiert werden.
Kontakt:
Univ. Prof. Dr. C. Katharina Spiess
Sozio-oekonomisches Panel (SOEP)
Tel.: +49 (30) 89789-254
Mail: kspiess@diw.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Zensus 2011: „Ein erweiterter Fragenkatalog wäre sinnvoll gewesen“
Barbara Abrell
Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
Seit dem 9. Mai schwärmen die Zähler des Statistischen Bundesamtes aus, in Deutschland gibt es seit Langem wieder einen Zensus. Die letzte vollständige Volkszählung fand in Westdeutschland 1987 und in der DDR 1981 statt. Wie wichtig ist eine regelmäßige Zählung? Ein Gespräch mit Michaela Kreyenfeld, Forscherin am Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock.
Die Meinungen darüber, ob ein Zensus nötig ist, gehen in Deutschland auseinander. Brauchen wir die Volkszählung wirklich?
Kreyenfeld: Unbedingt. In der Öffentlichkeit gibt es eine falsche Vorstellung davon, was an Daten verfügbar ist. Viele glauben: Ach, die wissen doch sowieso alles über mich. Tatsächlich weiß das Statistische Bundesamt noch nicht einmal genau, wie viele Menschen in Deutschland leben.
Die amtlichen Bevölkerungsdaten sind also momentan mangelhaft?
Kreyenfeld: Ja. Nicht nur Angaben wie Einwohnerzahlen, die direkt an Politik und Verwaltung gehen, sind unzuverlässig. Auch die Wissenschaft hat keine verlässlichen Daten, um Politik zu beraten und ihr Entscheidungsgrundlagen zu geben. Dazu braucht sie regelmäßige, hochwertige Zensen.
Wieso sind die Zahlen nicht gut genug?
Kreyenfeld: Die letzten Volkszählungen sind in Deutschland ein Vierteljahrhundert her. Seitdem hat sich die Qualität der Bevölkerungszahlen immer weiter verschlechtert. Denn der Bevölkerungsbestand wird lediglich „fortgeschrieben“, also fortlaufend korrigiert anhand der Neugeborenen, der Verstorbenen, der Zu- und der Fortzüge. Weil gerade die Zu- und Fortzüge nicht genau erfasst werden können, werden die fortgeschriebenen Daten umso ungenauer je länger der letzte Zensus zurück liegt.
Wie sehr liegt die Bevölkerungsgröße derzeit daneben?
Kreyenfeld: Das kann selbst das Statistische Bundesamt erst nach dem Zensus genau sagen. 2008 hat es geschätzt, dass die amtliche Bevölkerungszahl um etwa 1,3 Millionen zu hoch liegt. Damit wäre der Bestand um etwa ein bis zwei Prozent niedriger als wir gedacht haben. Das ist aber nur der Saldo. Die Abweichungen im Einzelnen, also nach Alter, Region und Staatsangehörigkeit, können deutlich größer ausfallen.
Warum sind Bevölkerungsdaten so wichtig für die Wissenschaft?
Kreyenfeld: In der Wissenschaft sind Bevölkerungsdaten wichtig, da wir viele relevante Kenngrößen berechnen, in die die Größe oder die Struktur der Bevölkerung als Bezugsgröße eingeht. Das reicht von den Bildungsausgaben pro Kind bis hin zu demografischen Ziffern wie der Geburten- oder der Sterberate. Sind die Bevölkerungszahlen falsch, dann sind es auch diese Werte.
Wie groß ist der Fehler?
Kreyenfeld: Darüber lässt sich bis nach dem Zensus nur spekulieren. Es hängt sehr davon ab, in welchen Altersklassen die Fehler der Bevölkerungszahlen am größten sind. Ich habe ein hypothetisches Beispiel für die Demografie ausgerechnet: Wenn sich herausstellte, dass wir die Bevölkerung heute um 1,5 Millionen Einwohner überschätzen, und zwar in allen Altersgruppen gleich stark, dann stiege die Geburtenrate, die im Jahr 2009 bei 1,36 lag, auf etwa 1,39 Kindern pro Frau.
Eine dramatische Veränderung ist das nicht gerade…
Kreyenfeld: Käme es auf natürlichem Weg zu einer solchen Steigerung, würde das durchaus für Aufmerksamkeit sorgen – in Politik wie Medien. Der Zensus wird vor allem zeigen: Einige viel beachtete Werte sind schon lange anders, als wir dachten. Besonders große Veränderungen wird es vermutlich für die Sterblichkeit und Lebenserwartung Hochaltriger geben.
Warum?
Kreyenfeld: In hohem Alter erwarten wir die größten Überschätzungen, weil insbesondere durch Fortzug von Migranten der Bevölkerungsbestand in diesem Alter aufgebläht ist. Am Max-Planck-Institut für demografische Forschung haben wir durch den Vergleich verschiedener Datenquellen berechnet, dass die amtliche Statistik für West-Deutschland schon 2005 vermutlich über 40 Prozent zu viele Männer im Alter über 90 auswies. Der Fehler wächst mit dem zeitlichen Abstand zur letzten Volkszählung.
Das klingt, als seien nicht alle Bevölkerungsteile gleich stark von falschen Daten betroffen.
Kreyenfeld: Besonders stark betroffen wird die ausländische Bevölkerung sein, deren Bevölkerungszahl recht ungenau ist. Es könnte auch sein, dass bestimmte Regionen Überraschungen erleben, zum Beispiel die neuen Bundesländer. Nach der Wende hat es viel Ost-West-Wanderung gegeben hat, die teils nicht richtig erfasst worden ist.
Wieso sind die amtlichen Bevölkerungsdaten so wichtig, wo die Forschung doch selbst mächtige Erhebungen durchführt, etwa das Sozioökonomische Panel (SOEP) oder die allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS)?
Kreyenfeld: Auch die Qualität solcher Erhebungen hängt von der Qualität der amtlichen Bevölkerungszahlen ab, und zwar gleich zweifach: Zum einen benötigt man die regionalen Bevölkerungsgrößen, um überhaupt eine repräsentative Stichprobe von Personen zu ziehen, die befragt werden können. Aus dem Rücklauf der Antworten muss schließlich eine Hochrechnung gemacht werden, um die Ergebnisse an die tatsächliche Bevölkerungsstruktur anzupassen. Und um die zu kennen, sind wiederum gute Zensusdaten nötig.
Ist das denn ein typisch deutsches Problem?
Kreyenfeld: Auch in anderen Ländern werden die Bevölkerungszahlen zwischen den Zensen schlechter, das ist normal. Allerdings machen die meisten alle zehn Jahre eine Zählung, wie es EU und Vereinte Nationen fordern. Deutschland ist durch seine lange Zensuspause international ins Hintertreffen geraten.
Schließt Deutschland denn mit dem aktuellen Zensus international wieder auf?
Kreyenfeld: Die neue Methodik des deutschen Zensus, also eine Mischung aus Registerauswertung und stichprobenartiger Befragung, ist sicherlich am Puls der Zeit. Trotzdem bleibt Deutschland ein Spezialfall. Für den Zensus 2011 werden zwar die Fehler in den Registern bereinigt. Aber die Fehlbestände dürfen nicht langfristig korrigiert werden. Die Register bleiben damit fehlerhaft, sie werden nicht wie in anderen Ländern korrigiert. Das ist in Deutschland gemäß dem Volkszählungsurteil von 1983 verboten. Dies ist eine politisch-rechtliche Entscheidung, die die Wissenschaft allerdings achtet und als gegeben hinnimmt.
Unabhängig davon hat die Zensuskommission, also die unabhängigen Wissenschaftler, die den Zensus 2011 begleiten, öffentlich bedauert, dass der deutsche Zensus zu beschränkt sei.
Kreyenfeld: Mit seinen 46 Fragen geht der Zensus kaum über den Pflichtkatalog der EU hinaus – obwohl das möglich gewesen wäre. Lediglich zwei Fragen wurden zusätzlich aufgenommen: Eine über den Migrationshintergrund der Befragten und eine über die Religionszugehörigkeit. Letztere ist aber freiwillig und darum weniger verlässlich.
Wäre es richtig gewesen, weitere Fragen in den Zensus-Katalog aufzunehmen?
Kreyenfeld: Die Wissenschaft fordert natürlich immer mehr Daten, als letztlich erhoben werden, das ist in gewisser Weise ihre Rolle. Aber nicht nur in der Forschung hält man einen erweiterten Katalog für sinnvoll. So haben die Vereinten Nationen für die aktuelle Zensusrunde zusätzliche Fragen etwa aus dem Bereich der Fertilität empfohlen. Sie wurden nicht aufgenommen, obwohl die Zensuskommission diese Empfehlung bekräftigt hat. So wird in Deutschland weiterhin nicht nach der Zahl der geborenen Kinder je Frau gefragt. Und das, obwohl die Kinderzahl einige politische Relevanz hat.
Ist die Kinderzahl denn nicht aus der Geburtenstatistik der Standesämter bekannt?
Kreyenfeld: Nur mit Einschränkungen. Dort werden zwar die Geburten erfasst, jedoch kaum weitere Merkmale der Kinder oder ihrer Eltern. So kann man auf Basis der Geburtenstatistik etwa nichts darüber sagen, ob Akademikerinnen besonders wenig oder viele Kinder bekommen. Bis vor Kurzem wussten wir noch nicht einmal, wie alt die Mütter bei Geburt ihrer ersten Kinder sind, weil nicht erfasst wurde, ob es sich bei einer Geburt um ein erstes, zweites oder weiteres Kind handelt.
Reichen für solche Geburtendaten nicht der Mikrozensus, die große Haushaltsstichprobe des Statistischen Bundesamtes, oder andere Erhebungen aus?
Kreyenfeld: Im Mikrozensus wird erst seit 2008 nach der Kinderzahl von Frauen gefragt. Die Frage ist allerdings nur alle vier Jahre enthalten, ist freiwillig und stand 2008 zusammenhangslos ganz am Ende des Fragebogens. Leider ist deswegen die Antwortverweigerung mit zwölf Prozent der Befragten so hoch, dass diese Daten nicht völlig verlässlich sind. Da die Kinderzahl im Zensus und Mikrozensus entweder fehlen oder nicht belastbar sind, können sie auch zur Hochrechnung von sozialwissenschaftlichen Befragungen nicht verwendet werden. Die Folge ist, dass auch die Berechnungen zur Kinderzahl in diesen Befragungen auf keiner verlässlichen Basis stehen. Wir stehen also weiterhin ohne handfeste Daten zur Kinderlosigkeit oder zur Fertilität nach Bildungsgruppen da.
In der Öffentlichkeit halten sich Forscher mit Kommentaren zum Zensus eher zurück. Wie steht die wissenschaftliche Gemeinschaft zur aktuellen Zählung?
Kreyenfeld: Das lässt sich pauschal natürlich schwer sagen. Mir scheint aber, dass es generell Freude und Erleichterung darüber gibt, dass nun wieder ein Zensus stattfindet und wir dadurch bessere Bevölkerungsdaten bekommen als in den letzten zwanzig Jahren. In Deutschland nach den Erfahrungen von 1987 einen Zensus durchzuführen, ist sicher nicht ganz einfach. Wenn das Statistische Bundesamt das geschafft hat, hat es eine Menge geleistet.
Herzlichen Dank für das freundliche Gespräch.
Das Interview führte Björn Schwentker.
Weitere Informationen:
http://www.demogr.mpg.de/ – Max-Planck-Institut für demografische Forschung
http://www.mpg.de/284785/Vaupel – So viel Leben: James Vaupel im Porträt
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Giftige Zwerge in der Umwelt?
Dr. Anne Hardy
Marketing und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Nanomaterialien können aquatische Ökosysteme gefährden
FRANKFURT. Die Zukunftserwartungen an die Nanotechnologie sind hoch. Sie bringt Materialien mit neuartigen Eigenschaften hervor, gilt als energiesparend und ressourcenschonend. Auf der anderen Seite stehen die Sorge um gesundheitliche Risiken für den Menschen und eine erhöhte Verbreitung der neuen nanopartikulären Produkte in der Umwelt. Da die meisten Produkte erst kurze Zeit im Umlauf sind, herrscht Unklarheit über die Langzeiteffekte. Um Risiken angemessen beurteilen zu können, müssen bestehende Richtlinien zur Prüfung von Chemikalien ergänzt und angepasst werden, so das Plädoyer der Forschergruppe „Aquatische Ökotoxikologie“ um Prof. Jörg Oehlmann in der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“. Im Rahmen eines von der OECD geförderten Projekts überprüft seine Gruppe, welche Auswirkungen Nanopartikel aus Silber und Titandioxid auf wirbellose Tiere in aquatischen Ökosystemen haben.
Mit steigenden Produktionsmengen gelangen nanoskalige Substanzen zunehmend in Oberflächengewässer: nanoskaliges Titandioxid aus Fassadenfarbe wird mit dem Regen in die Gewässer geschwemmt; Nanosilber aus Sportbekleidung löst sich beim Waschen aus den Textilien, ebenso gelangen Nanomaterialien aus Kosmetika und anderen Körperpflegeprodukten in die Umwelt. Während freie Nanopartikel meist größere Verbände bilden und sich bevorzugt im Sediment eines Gewässers absetzen, können speziell beschichtete Nanomaterialien als freie Partikel durch Strömungen weit im Gewässer verteilt werden. Es besteht die Gefahr, dass im Wasser lebende Organismen Nanopartikel über die Kiemen, die Körperoberfläche und die Nahrung aufnehmen.
Hilfreich für die Einschätzung des Umweltrisikos von Nanomaterialien ist die Untersuchung wirbelloser Tiere. Sie bilden einen wichtigen Teil der Biodiversität von aquatischen Ökosystemen. So genannte Schlüsselarten geben Auskunft über die Struktur und Funktion dieser Systeme. Ein Beispiel sind Daphnien (Wasserflöhe), die zahlreichen Fischarten als Beute dienen. „Wir konnten zeigen, dass einige nanopartikuläre Substanzen bereits in sehr niedrigen Konzentrationen auf Wasserflöhe toxisch wirken“, fasst Carolin Völker die Ergebnisse ihrer Untersuchung zusammen. Die Tiere wurden den Substanzen über einen Zeitraum von 48 Stunden ausgesetzt, die Chemikalien wurden dabei in verschiedenen Konzentrationen dargeboten. Das Ergebnis: Nanoskaliges Titandioxid reicherte sich im Darm an, und auch der für die Nahrungsaufnahme essenzielle Filterapparat der Versuchstiere verklebte. Die Wirkung von Silbernanopartikeln war noch drastischer: Sie führte schon nach 24 Stunden zum Tod.
Ein weiterer Schlüsselorganismus, die Neuseeländische Zwergdeckelschnecke, produziert erheblich weniger Nachkommen, wenn sie vier Wochen lang nanoskaligem Titandioxid oder Silber ausgesetzt ist. Bei Wasserflöhen führte eine dreiwöchige Behandlung mit nanoskaligem Titandioxid zu einem verminderten Wachstum und die Anzahl an Nachkommen fiel ebenfalls geringer aus.
Um herauszufinden, ob nanopartikuläre Substanzen über die Nahrungskette weitergegeben werden, fütterten die Forscher ihre Versuchstiere mit Algen, die zuvor mit Titandioxidpartikeln behandelt worden waren. Im Elektronenmikroskop konnten sie sehen, dass die Partikel an den Algen haften blieben. Nach der Verfütterung reicherten sich Titandioxidpartikel im Darm der Daphnien an. „Die Aufnahme über die Nahrung führte bei den Daphnien zu einer höheren Sterblichkeit, als wenn die Partikel über das Wasser verabreicht wurden“, erläutert Völker.
Und wie ergeht es dem Nachwuchs der durch Nanopartikel beeinträchtigten Organismen? Um das herauszufinden, wurden die im Versuch geborenen Jungtiere erneut auf ihre Fortpflanzungsleistung hin untersucht. Hier zeigte sich, dass nachkommende Generationen erheblich sensibler auf die Behandlung mit Silbernanopartikeln reagierten. „Das verdeutlicht, dass chronische Folgen nanopartikulärer Substanzen nicht in Kurzzeittests erfasst werden können“, folgert Jörg Oehlmann, „Für eine adäquate Risikobewertung von Nanomaterialien müssen daher unbedingt Versuche mit einem verlängerten Expositionszeitraum durchgeführt werden.“
Informationen: Carolin Völker, Institut für Ökologie, Evolution und Diversität, Bio-Campus Siesmayerstraße, Tel: (069) 798- 24900; c.voelker@bio.uni-frankfurt.de
„Forschung Frankfurt“ 1/2011 im Internet unter www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/2011/index.html
Kostenlose Bestellung der Printausgabe per Mail an: ott@pvw.uni-frankfurt.de
Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 von Frankfurter Bürgern gegründet, ist sie heute eine der zehn drittmittelstärksten und größten Universitäten Deutschlands. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Parallel dazu erhält die Universität auch baulich ein neues Gesicht. Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht ein neuer Campus, der ästhetische und funktionale Maßstäbe setzt. Die „Science City“ auf dem Riedberg vereint die naturwissenschaftlichen Fachbereiche in unmittelbarer Nachbarschaft zu zwei Max-Planck-Instituten. Mit über 55 Stiftungs- und Stiftungsgastprofessuren nimmt die Goethe-Universität laut Stifterverband eine Führungsrolle ein.
Herausgeber:
Der Präsident
Abteilung Marketing und Kommunikation, Postfach 11 19 32,
60054 Frankfurt am Main
Redaktion: Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation Telefon (069) 798 – 2 92 28, Telefax (069) 798 – 2 85 30, E-Mail hardy@pvw.uni-frankfurt.de
Internet: www.uni-frankfurt.de
Weitere Informationen:
http://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/dok/2011/08V__lker.pdf
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Bluthochdruck lässt sich regeln!
Joachim Leiblein
Geschäftsstelle
Deutsche Hochdruckliga
Die Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL® – Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention hilft Betroffenen mit breitem Informations- und Serviceangebot
Mehrere Patientenbroschüren der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® – Deutschen Gesellschaft für Hypertonie und Prävention informieren über die Erkrankung „Bluthochdruck“ und geben zahlreiche Tipps, um den Blutdruck wieder in den Griff zu bekommen. Neu sind die Broschüren „Bluthochdruck – das lässt sich regeln!“ und „Antworten auf 10 Fragen zu Bluthochdruck“, in denen verständliche Informationen rund um das Thema Bluthochdruck im ansprechenden Design aufbereitet wurden. Zudem informiert das Magazin für Prävention und Behandlung des Bluthochdrucks und seiner Folgen „Druckpunkt“ vierteljährlich über aktuelle Forschungs- und Gesellschaftshighlights, lässt prominente Leidensgenossen – wie schon Hans-Dietrich Genscher oder Senta Berger – zu Wort kommen und gibt viele nützliche Tipps, die von speziellen Sporteinrichtungen bis hin zu saisonalen Rezeptideen für eine gesunde, blutdruckfreundliche Kost reichen.
Betroffene können aber auch ganz individuellen Rat (telefonisch oder auch schriftlich) bei der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® – Deutschen Gesellschaft für Hypertonie und Prävention einholen: Das Herz-Kreislauf-Telefon ist wochentags von 9-17 Uhr unter 06221/588555 zu erreichen, Experten beantworten dann die Fragen der Betroffenen und können sie in ihrer Situation konkret beraten.
In Deutschland leiden ca. 35 Millionen Menschen unter Bluthochdruck (Hypertonie). Man geht davon aus, dass bei den über 60-Jährigen sogar jeder Zweite einen zu hohen Blutdruck hat. Für diese Menschen hält die Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL® – Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention ein umfassendes Informations- und Serviceangebot bereit. Damit lässt sich das Problem Bluthochdruck regeln, bevor es zu den typischen Folgeerscheinungen, wie z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nieren- und Gefäßschäden kommt.
So lässt sich Blutdruck regeln – und natürlich finden Sie auch alle Informationen online unter: www.hochdruckliga.de !
Kontakt:
Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL® –
Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention
Berliner Str. 46
69120 Heidelberg
Tel. 06221/ 58855-0, Fax 06221/ 58855-25
hochdruckliga@t-online.de
Weitere Informationen:
http://www.hochdruckliga.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Warum wächst das Wattenmeer?
Dr. Torsten Fischer
Pressestelle
Helmholtz-Zentrum Geesthacht – Zentrum für Material- und Küstenforschung
Das Zusammenspiel von Ebbe und Flut sorgt seit Jahrtausenden für das Bestehen der Wattflächen in der Nordsee. Ausschlaggebend ist der Transport von Sedimenten im Meerwasser. Dr. Götz Flöser vom Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht und Prof. Hans Burchard vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde untersuchen, welche Prozesse den Schwebstofftransport steuern und warum das Watt seit Jahrtausenden Bestand hat. Auf einer Messkampagne vom 09. bis 20. Mai vor Spiekeroog nehmen die beiden Küstenforscher und ihr Forscherteam neue Daten auf, um das Bild über die steuernden Prozesse im Wattenmeer zu vervollständigen.
Ein Blick auf die Nordsee im Satellitenbild zeigt: das Wasser im Wattenmeer ist trübe, das Wasser des offenen Meeres ist klar. Getrübt wird das Wattenmeer durch Sedimente, also Bodenpartikel und organische Teilchen wie z.B. abgestorbene Algen. Warum mischt sich das Wattenmeer nicht mit der offenen See? Es gibt Prozesse, die dem Abströmen der Schwebstoffe aus dem Watt ins offene Meer entgegenwirken. Dr. Götz Flöser vom Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht und Prof. Hans Burchard vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde sind sich sicher: das Geheimnis liegt im Unterschied zwischen Ebb- und Flutstrom. Der Flutstrom transportiert mehr Schwebstoffe in das Wattenmeer als der Ebbstrom wieder hinausbringt. Seit 2006 untersuchen die beiden Küstenforscher dieses Phänomen. Die bisherigen Messungen vor der Nordseeinsel Sylt festigen ihre These.
Wattenmeere entstehen in gemäßigten Breiten überall dort, wo das Meer sanft abfallende Flächen im Rhythmus der Gezeiten überflutet. Das flache Wasser des Wattenmeeres unterscheidet sich vom offenen Meer durch einen geringeren Salzgehalt, der durch Regen und Zuflüsse verursacht wird. Außerdem ist das Wattenmeerwasser im Sommer wärmer und im Winter kälter als das Nordseewasser. Das salzärmere Wasser der Wattflächen hat eine geringere Dichte als das Wasser der Nordsee und ist somit leichter. Dr. Götz Flöser und Prof. Hans Burchard haben den Einfluss dieses Dichteunterschiedes auf den Ebb- und Flutstrom und den Schwebstofftransport zwischen Wattenmeer und offener See untersucht.
Mit dem Ebbstrom schiebt sich das leichtere Wasser der Watten über das Wasser der offenen See. Es entsteht eine Schichtung des Wassers. Setzt der Flutstrom ein, geschieht genau das Gegenteil. Mit dem Flutstrom schiebt sich das schwerere Wasser der offenen See über das Wattenmeer. Dann kommt es jedoch nicht zu einer Schichtung, sondern zu einer Durchmischung des Wassers, da das schwerere Wasser nach unten sinkt. Bei Ebbe schichtet sich das Wasser, bei Flut wird es durchmischt. Wegen der Durchmischung und der dadurch wirkenden Kräfte werden Schwebstoffe vom Grund aufgewirbelt und mit dem Flutstrom Richtung Küste transportiert. Dort lagern sie sich ab. Setzt der Ebbstrom ein, strömt wieder nur die obere, leichte Wasserschicht zur offenen See. Die abgelagerten Schwebstoffe bleiben liegen. Computersimulationen bestätigen den Einfluss der Dichteunterschiede auf den Schwebstofftransport. Wird der Dichteunterschied nicht in die Modellen einbezogen, ist keine erhöhte Sedimentablagerung im Watt zu erkennen.
Weitere Messungen sollen das Bild über die Dynamik der Schwebstoffe im Wattenmeer vervollständigen. Ein Team aus 15 Wissenschaftlern vom Institut für Küstenforschung und dem Leibniz-Institut für Ostseeforschung wird vom 09. bis 20. Mai mit dem Forschungsschiff „Ludwig Prandtl“ vor Spiekeroog liegen. Dort werden die Verteilung von Schwebstoffen, der Salzgehalt und die Turbulenzen im Wasser gemessen, um die grundlegenden physikalischen Prozesse des Sedimenthaushaltes im Wattenmeer zu erfassen. Der gesamte Wasserkörper soll so gut wie möglich charakterisiert werden. Die Auswertung der Daten kann außerdem Rückschlüsse auf die Wasserqualität oder Szenarien zu Verschiebungen von Sandbänken und Fahrrinnen zulassen. Für die Küstenbehörden in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind das grundlegende Informationen zur Überwachung des Ökosystems Wattenmeer.
Einladung: Besuch des Forschungsschiffes Ludwig Prandtl
Für eine begrenzte Anzahl von Journalisten besteht die Möglichkeit, das Forscherteam am Mittwoch den 11. Mai auf dem Forschungsschiff „Ludwig Prandtl“ vor Spiekeroog zu besuchen. Dr. Götz Flöser steht ganztägig für Interviews bereit. Ein Bootstransport vom Festland (20 Min.) oder von der Insel Spiekeroog (5 Min.) zum Forschungsschiff wird auf Anfrage von der Schiffscrew organisiert.
Weitere Informationen:
http://www.hzg.de/public_relations/press_releases/011683/index_0011683.html.de?c…
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Geistige Fitness im Beruf erhalten
Jörg Feldmann
Pressestelle
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Gemeinsame Pressemitteilung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung
Dortmund – Geistige Fitness der Beschäftigten gehört zu den wichtigen Fähigkeiten in der komplexen Arbeitswelt von heute. Angesichts immer älterer Belegschaften gewinnt dieser Aspekt zunehmend an Bedeutung. Im Rahmen des von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und der Initiative Neue Qualität der Arbeit initiierten Projekts PFIFF wurde ein Programm zur Förderung intellektueller Fähigkeiten für ältere Beschäftigte entwickelt und umgesetzt. Die Ergebnisse wurden jetzt beim Abschluss-Symposium PFIFF 2 im Leibniz-Institut für Arbeitsforschung (IfADo) in Dortmund vorgestellt. Dabei zeigte sich, dass Maßnahmen zum kognitiven Training die geistige Fitness von Beschäftigten erhalten und verbessern können. Sie wirken nachhaltig, wenn sie von Unternehmen in die betriebliche Gesundheitsförderung integriert werden.
Manche geistigen Fähigkeiten können im Alter nachlassen. Dabei können Faktoren wie einseitige Arbeit, ungünstige Arbeitsbedingungen, aber auch falsche Ernährung und mangelnde Bewegung eine Rolle spielen. Die Ergebnisse des ersten PFIFF-Projektes fasst die Broschüre „Geistig fit im Beruf“ zusammen, die über www.inqa.de bezogen werden kann.
Beim Projekt PFIFF 2 stand die wissenschaftliche Bewertung von Maßnahmen im Vordergrund, die das Training geistiger Basisfähigkeiten auf breiter Ebene fördern. Für das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geförderte Projekt, das von der BAuA fachlich unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Gabriele Freude begleitet wurde, hatten sich verschiedene Projektpartner zusammengeschlossen. Dazu gehörten neben der Adam Opel AG das IfADo mit dem Projektleiter Prof. Dr. Michael Falkenstein, die Ruhr-Universität Bochum (Prof. Dr. Joachim Zülch), die Rehabilitationspsychologie der TU Dortmund (Dr. Maibritt Witte) sowie „Kopf hoch“ (Rita Pfeiffer), das die mentalen Trainings durchführte.
Insgesamt lieferte PFIFF grundlegende Erkenntnisse über Möglichkeiten, mit denen sich die geistigen Fähigkeiten älterer Beschäftigter erhalten und verbessern lassen. Daraus lassen sich Ansätze zur Arbeitsgestaltung ableiten, die dem demografischen Wandel Rechnung tragen und den Einsatz älterer Arbeitnehmer in Produktionsbetrieben fördern. Dabei haben die Ergebnisse nicht nur Relevanz für den gesamten Fahrzeugbau, sondern auch für andere Industriebetriebe, die in Großserien fertigen. Kurzvorträge von Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Verbänden und Wirtschaft zum Thema „Arbeit, Alter und Gesundheit“ unterstrichen die Bedeutung des Erhalts der geistigen Fitness Älterer, um den demografischen Wandel erfolgreich zu bewältigen.
„PFIFF ist ein gutes Beispiel für die Entwicklung innovativer betrieblicher Maßnahmen, mit denen sich die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten erhalten lassen“, bilanziert Dr. Gabriele Freude, BAuA. „Die Kombination der Faktoren betriebliche Praxis, innovatives Maßnahmenkonzept und gesicherte Forschung hat zu einem guten Ergebnis geführt. Die wissenschaftliche Bewertung hat die Wirksamkeit des Interventionskonzept bestätigt.“
Einen Ausblick auf die weiteren Schritte bei der Umsetzung gab Prof. Dr. Falkenstein: „Da nachweislich auch Sport und Bewegung die geistige Fitness verbessern, sollen in Zukunft Trainings für den Geist, für den Körper und zur Stressbewältigung zu einem festen Programm verbunden werden. Vor allem aber mahnt die Studie, nicht immer die gleichen Arbeitsinhalte beizubehalten. Beschäftigte sollten häufiger ihren Arbeitsplatz wechseln und rotieren, innerhalb eines Bereichs und im Betrieb.“
Fachlicher Kontakt
Dr. Gabriele Freude, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), freude.gabriele@baua.bund.de
Prof. Dr. Michael Falkenstein, IfADo – Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund, falkenstein@ifado.de
Forschung für Arbeit und Gesundheit
Sichere und gesunde Arbeitsbedingungen stehen für sozialen Fortschritt. Sie ermöglichen Unternehmen wie auch der gesamten Volkswirtschaft einen Vorsprung im globalen Wettbewerb. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) forscht und entwickelt im Themenfeld Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, fördert den Wissenstransfer in die Praxis, berät die Politik und erfüllt hoheitliche Aufgaben – im Gefahrstoffrecht, bei der Produktsicherheit und mit dem Gesundheitsdatenarchiv. Die BAuA ist eine Ressortforschungseinrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Rund 660 Beschäftigte arbeiten am Hauptsitz in Dortmund und den Standorten Berlin, Dresden sowie in der Außenstelle Chemnitz.
http://www.baua.de
IfADo
Das IfADo – Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund erforscht die Potenziale und Risiken moderner Arbeit auf lebens- und verhaltenswissenschaftlicher Grundlage. Aus den Ergebnissen werden Prinzipien der leistungs- und gesundheitsförderlichen Gestaltung der Arbeitswelt abgeleitet.
http://www.ifado.de
Weitere Informationen:
http://www.pfiffprojekt.de Homepage des PFIFF-Projekts
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Roboter-Robbe therapiert Demenzkranke
Anke Westwood
Öffentlichkeitsarbeit
Jade Hochschule – Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth
Studierende der Jade Hochschule untersuchen die Anwendung assistiver Technologien.
Oldenburg. Frau Kuhn hat nicht mehr gesprochen seit sie im Altenheim wohnt. Sie leidet an Demenz. Als eine Pflegerin ihr PARO in die Arme legt, spricht sie plötzlich: „Hallo, wer bist denn du?“.
PARO ist ein einem Robbenbaby nachempfundener Roboter und das neueste Forschungs- und Lernobjekt von Studierenden des Studiengangs Assistive Technologien der Jade Hochschule. Neben der Programmierung von assistiven Technologien steht für sie jetzt auch deren Anwendung auf dem Stundenplan. Der Frage, wie intelligente Geräte auf Menschen wirken, gehen die Studierenden von nun an mit Unterstützung der therapeutischen Robbe PARO nach.
„Selbst gut geschulte Pflegekräfte finden gelegentlich keine Möglichkeit, zu ihren demenziell veränderten Patienten in Kontakt zu treten und ihre Bedürfnisse zu erfahren“, sagt Dr. Frank Wallhoff, Professor für assistive Technologien an der Jade Hochschule. „Die Roboter-Robbe PARO erreicht die Menschen auf der emotionalen Ebene – und wirkt oftmals als Türöffner.“ Untersuchungen würden zeigen, dass der Einsatz der von Takanori Shibata in Japan entwickelten Robbe ähnlich wünschenswerte Effekte wie eine tiergestützte Arbeit bewirken kann. Denn trotz des Wissens um diese Effekte sind Tierbesuche in vielen Pflegeeinrichtungen nicht möglich. PARO, der u.a. im Seniorenpflegeheim „Haus O’land“ in Bremen bereits seit Oktober 2010 erfolgreich eingesetzt wird, zeichnet sich zudem durch eine hohe Verfügbarkeit, einen flexiblen und spontanen Einsatz und seine Schmerzunempfindlichkeit aus.
Der interaktive Robbenroboter reagiert auf Licht, Stimmen und Berührungen. „Streicheln Sie PARO, wird er freudig rufen und sich bewegen, schlagen Sie ihn, wird er wütend. Ihre Aktionen mit PARO prägen sein Verhalten“, erklärt Wallhoff seinen Studierenden, die die 5400 Euro teure Robbe vorsichtig kraulen.
Unter dem kuscheligen Fell ist jede Menge Technik versteckt. Zwei 32-bit RISC Prozessoren steuern die Berührungs- und Lichtsensoren, Aktuatoren und Mikrophone und sorgen so für eine realistische Interaktion der Roboterrobbe mit dem Anwender.
„Wir haben heute differenzierte Anforderungen an die Technik“, sagt Prof Dr. Frank Wallhoff, „sie soll bedienbar sein, fehlertolerant und die Komplexität der Geräte darf nicht in Form von zu vielen Knöpfen sichtbar werden – Ziel des Studiengangs Assistive Technologien ist es, den Studierenden interdisziplinäre Ansätze zu vermitteln, wie sie diese Anforderungen in Produkte umsetzen können.“ Dabei steht sowohl die technische als auch die anwendungsbezogene Seite der Produkte im Fokus. „Unsere Studierenden bauen nicht nur irgendwelche elektrischen Schaltungen. Sie arbeiten praxis- und anwendungsorientiert. Sie werden Technologieausstatter, die den Alltag ihrer Kunden kennen.“ Kunden seien in diesem Fall einerseits die älteren Leute, aber indirekt auch die Pflegerinnen und Pfleger, die mit der Technik arbeiten und letztlich die Krankenkassen, die die Geräte beschaffen.
„Das Ziel unseres Studiengangs ist es, den Menschen zu unterstützen, deswegen assistive Technologien. Aufgrund des demografischen Wandels werden wir in 50 Jahren solche Technologien brauchen, um die Lücken zu schließen, die wir in der Versorgung haben werden, und um die Pflege weiter aufrecht zu erhalten. Aber neue Technologien sollen immer im Sinne des Menschen sein.“
Dieser Grundsatz gilt auch für die Forschung und das Programmieren. Ein zweiter Roboter, der Menschen vom Erscheinungsbild nachempfundene Humanoide NAO, muss erst noch programmiert werden. „Was prinzipiell denkbar ist, ist auch programmierbar, z.B. eine Spracherkennung, Gesichtserkennung, Geräuschlokalisation, Greiffunktion. NAO könnte dann beispielsweise bei älteren Leuten in der Wohnung nach dem Rechten sehen oder als Teletrainer Bewegungsabläufe von Sportlern oder Patienten optimieren.“ In den höheren Semestern können Studierende hier kreativ werden.
22 Studierende werden zum Wintersemester für den 7-semestrigen Bachelor-Studiengang Assistive Technologien aufgenommen. Die Bewerbung ist noch bis zum 15. Juli möglich.
Kontakt: Prof. Dr. Frank Wallhoff, Tel. 0441/7708 – 3738, frank.wallhoff@jade-hs.de
Weitere Informationen:
http://www.assistive-technologien.de Infos zum Studiengang
http://www.jade-hs.de/apps/studiengang Infos zum Bewerbungsverfahren
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
TU Berlin: Wo lebt es sich gesünder?
Stefanie Terp
Presse- und Informationsreferat
Technische Universität Berlin
TU-Forscherin wertet bundesweit vermeidbare Todesfälle aus
Wenn sich die Menschen aussuchen könnten, wo sie ihr Leben verbringen möchten, würden sie vermutlich einen Ort wählen, an dem es sich gut leben lässt. Vielleicht würden sie aufs Land ziehen, weil es dort ruhiger zugeht. In die Berge oder ans Meer, weil dort die Luft besser sein soll. Sie würden Gegenden meiden, in denen es viel Industrie oder Atomkraftwerke gibt. Denn schließlich wollen alle ein gesundes und langes Leben führen.
Doch wo lebt man hierzulande besonders lange und besonders gesund? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, wie Wissenschaftler der TU Berlin herausgefunden haben. Sie untersuchten Anzahl und Verteilung der sogenannten vermeidbaren Todesfälle in 439 Kreisen Deutschlands. „Wir haben die Todesursachenstatistik der Forschungsdatenzentren der Bundesländer aus den Jahren 2000 bis 2004 ausgewertet“, berichtet Dr. Leonie Sundmacher, die Leiterin der Studie vom Fachgebiet Management im Gesundheitswesen der TU Berlin. Als „vermeidbare“ Todesfälle werden solche bezeichnet, die durch geeignete Prävention und/oder Therapie hätten verhindert werden können. „Uns beschäftigt vor allem die Frage, welchen Einfluss das Gesundheitswesen auf die Anzahl der Sterbefälle hat“, sagt die Forscherin. In weiteren Untersuchungen will sie künftig Aussagen darüber treffen können, ob etwa die Anzahl der Hausärzte in einer Region einen Einfluss auf die Sterblichkeit infolge von kardiovaskulären Krankheiten hat.
Der Studie zufolge gibt es einen deutlichen Unterschied bei der Sterblichkeit an Herz-Kreislauferkrankungen zu Ungunsten der neuen Bundesländer, die – so vermutet die Wissenschaftlerin – auf „unterschiedliche Lebens- und Ernährungsgewohnheiten zu DDR-Zeiten und eine aktuell schlechte sozioökonomische Lage“ zurückzuführen seien. Bei den meisten Krebserkrankungen zeichne sich hingegen eher ein Nord-Süd-Gefälle ab – im Süden wird seltener als im Norden wegen einer Krebserkrankung gestorben. Die meisten tödlichen Verkehrsunfälle von männlichen Fahrern gibt es, so ein weiteres Ergebnis der Untersuchung, in einigen Kreisen Mecklenburg-Vorpommerns mit seinen idyllischen Alleen.
Inwieweit Häufungen einiger vermeidbarer Todesfälle in bestimmten Kreisen mit soziökonomischen Faktoren oder strukturellen Gegebenheiten des Gesundheitssystems, wie etwa der Fachärztedichte, zusammenhängen, wollen die Forscher nun weiter untersuchen. „Insgesamt können wir sagen, dass die Anzahl der Ärzte die Zahl der vermeidbaren Todesfälle leicht reduziert“, formuliert es Leonie Sundmacher vorerst vorsichtig. Letztlich habe der Patient unter diesen Bedingungen mehr Auswahl, einen Facharzt für sein spezifisches Krankheitsbild zu finden. Andrea Puppe
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
2050: 23 Prozent unserer Primärenergie aus heimischer Biomasse möglich
Dr. Torsten Gabriel
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Dies ist das Ergebnis der Energieszenarien der Bundesregierung in Verbindung mit Potenzialzahlen des Bundesumweltministeriums und Berechnungen der FNR
2050: 23 Prozent unserer Primärenergie aus heimischer Biomasse möglich
Dies ist das Ergebnis der Energieszenarien der Bundesregierung in Verbindung mit Potenzialzahlen des Bundesumweltministeriums und Berechnungen der FNR
Bis zum Jahr 2050 soll sich der Primärenergiebedarf in Deutschland gegenüber dem Bezugsjahr 2008 von rund 14.000 auf 7.000 PJ halbieren – so wird es im Energiekonzept der Bundesregierung vom September letzten Jahres und den Energieszenarien der Institute Prognos, EWI und GWS, die dem Energiekonzept zugrunde liegen, skizziert. Knapp 2.200 der insgesamt 7.000 PJ stammen dann möglicherweise aus Biomasse, so die Szenarien weiter. Dass davon wiederum 1.640 PJ oder etwa 23 Prozent des Gesamtprimärenergiebedarfs aus einheimischen Quellen kommen könnte, geht aus verschiedenen Studien (u.a. Leitstudie 2008 des Bundesumweltministeriums, Nationaler Biomasse-Aktionsplan) und aus Berechnungen der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) hervor: Energiepflanzen vom Acker, Energieholz aus dem Wald, Koppelprodukte und biogene Reststoffe würden die benötigte Energie liefern, und zwar unter weitgehender Ausschöpfung der technisch nutzbaren heimischen Biomassepotenziale. Die restlichen knapp 600 PJ Biomasse müssten dementsprechend importiert werden.
Energiepflanzen stellen das größte einheimische Biomassepotenzial dar, 2050 könnten sie hierzulande unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Restriktionen auf bis zu 4 Millionen Hektar (heute: 1,8 Mio. Hektar) wachsen. Unter der Annahme eines Biomasseertrages von 10 Tonnen pro Hektar (bei 100 % Trockenmasse, Wassergehalt 0 %) und eines Brennwertes von 18,5 GJ pro Tonne ließen sich so auf einem Hektar 185 GJ und auf 4 Millionen Hektar 740 PJ erzeugen. Voraussetzung hierfür sind hohe Erträge und effiziente Umwandlungsverfahren. Schließlich sind verschiedene Reststoffe, Koppelprodukte und Energieholz aus dem Wald verwertbar. Insgesamt ergibt sich daraus ein einheimisches Bioenergiepotenzial von rund 1.640 PJ.
Damit dieses Szenario Realität wird, müssen aber noch zwei weitere Annahmen eintreffen: Unser heutiger Selbstversorgungsgrad mit Lebensmitteln bleibt konstant, die Anteile von Nahrungs- und Futtermittelim- und -exporten verändern sich nicht wesentlich. Und die sogenannte Kaskadennutzung hat sich durchgesetzt, d.h. aus nachwachsenden Rohstoffen, die zunächst chemisch-technisch genutzt wurden, gewinnt man am Ende ihres Lebenszyklus Energie.
Die einzelnen Biomasse-Fraktionen:
Energiepflanzen: Mais, Raps, Getreide, Gräser und künftig in steigendem Maße neue Energiepflanzen sowie Agrarholz (schnell wachsende Baumarten) für Biogas, Biokraftstoffe und Festbrennstoffe
Landwirtschaftliche Koppelprodukte und Reststoffe: Stroh und sonstige Erntereste, Gülle und Mist, Landschaftspflegematerial, etc.
Energieholz aus dem Wald: Durchforstungsholz, Schwachholz, Kronenreste etc.
Sonstige biogene Reststoffe: Industrierestholz, Gebrauchtholz, Klärschlamm, organische Abfälle aus Haushalten, Industrie und Gewerbe, Deponie- und Klärgas, etc.
Die Quellen der Zahlen:
Primärenergieverbrauch 2050 und Biomasseanteil insg.: Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung, EWI/GWS/Prognos 2010
Energiepflanzenfläche in Deutschland: „Nationaler Biomasseaktionsplan für Deutschland“ der Bundesregierung
Sonstige Biomassepotenziale in Deutschland: „Leitstudie 2008″, BMU
Hektarerträge, Brennwert: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
Weitere Informationen:
http://www.fnr.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
UDE: Viel Sex und ein langes Leben – neue Erkenntnisse zu Graumullen
Katrin Braun
Pressestelle
Universität Duisburg-Essen
Für Aufsehen sorgten Zoologen der Universität Duisburg-Essen (UDE), als sie entdeckten, dass bei einer bestimmten Nagetier-Art die Lebenserwartung sexuell aktiver Individuen gegenüber „abstinenten“ Artgenossen etwa doppelt so hoch ist. In einer Folge-Studie beweist das Team um Dr. Philip Dammann und Prof. Dr. Hynek Burda nun, dass das Phänomen weiter verbreitet ist, als zunächst gedacht: Eine ganze Tiergattung – afrikanische Graumulle mit dem wissenschaftlichen Namen Fukomys – zeigt dieses denkwürdige Muster. Der Befund könnte die Alterungsforschung voranbringen und wurde jetzt in der Fachzeitschrift PLoS ONE veröffentlicht.
„Auch wenn es überrascht, aber sexuelle Aktivität ist im Tierreich keine ungetrübte Freude. Im Gegenteil: die Risiken und physiologischen Kosten der Fortpflanzung sind bei vielen Arten so hoch, dass eine starke Aktivität meist eher negativ auf die Lebenswartung wirkt“, sagt Philip Dammann. Die einzige wissenschaftlich belegte Ausnahme bildete bislang eine afrikanische Nagetier-Art: Ansell’s Graumull, der an der UDE seit vielen Jahren erforscht wird. Langzeitdaten aus der Zucht hatten ergeben, dass reproduktive Tiere über 20 Jahre alt werden können, ihre sexuell „abstinenten“ Koloniegenossen jedoch höchstens acht bis zehn Jahre – trotz ansonsten identischer Lebensbedingungen.
Ansell’s Graumulle gelten seitdem als potenzielle „Stars“ in der Alterungsforschung. Allerdings werden sie außerhalb Essens nirgendwo gezüchtet. Die Tiere kommen nur in einem kleinen Gebiet in Sambia (südliches Afrika) vor, Fang und Import sind kompliziert und teuer. Um zu überprüfen, ob auf andere Arten mit ähnlichem Alterungsmuster ausgewichen werden kann, analysierte das Team von Philip Dammann und Hynek Burda den Riesengraumull (Fukomys mechowii). „Wir haben diese Art gewählt, weil sie innerhalb des Stammbaumes der Gattung nur ganz entfernt mit dem Ansell’s Graumull verwandt ist“, erklärt Dammann. „Wenn also ein Merkmal bei beiden Arten auftritt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es auch bei allen anderen Graumull-Spezies zu finden ist.“
Die Daten zeigten tatsächlich, dass sich die Alterungsmuster gleichen wie ein Ei dem anderen. Mehr noch: Gezielte Recherchen ergaben, dass auch Fach-Kollegen aus anderen Ländern, die weitere Graumull-Arten erforschen, offenbar ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Sie maßen dem bisher nur noch nicht die nötige Bedeutung bei. „Das vergrößert unseren Handlungsspielraum enorm“, freut sich Dammann. „Fukomys ist eine artenreiche Gattung mit mehr als zehn verschiedenen Spezies. Mehrere davon werden in Afrika, Europa und den USA gezüchtet. Nun haben sich unsere Möglichkeiten schlagartig erweitert, anhand dieser Tiere noch mehr über die Mechanismen des Alterns zu erfahren.“
Die Ergebnisse der Studie sind frei zugänglich unter: http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0018757
Weitere Informationen:
Dr. rer. nat. Philip Dammann, Tel. 0201/723-4663, Philip.Dammann@uk-essen.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Fernwärme für den Golfstrom? – Strömungen des Indischen Ozeans wirken bis nach Europa –
Dr. Andreas Villwock
Pressestelle
Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel
Vielen Europäern ist die Bedeutung des Golfstromsystems für das relativ milde Klima bekannt. Weit weniger geläufig ist die Fernwirkung von Meeresströmungen im Indischen Ozean bis in unsere Breiten. In einem Übersichtartikel, der am 28. April in der renommierten Fachzeitschrift Nature erscheint, hat ein internationales Wissenschaftlerteam unter Beteiligung des Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) den Kenntnisstand über die Bedeutung des Agulhasstroms für das Klima zusammengefasst.
Der Agulhasstrom – wie der Golfstrom – eine der stärksten Strömungen im Weltozean, fließt im Indischen Ozean entlang der südafrikanischen Küste. Südwestlich von Kapstadt vollzieht er eine abrupte Kehrtwende zurück in den Indischen Ozean. Dabei schnüren sich alle drei bis vier Monate mächtige Wirbel von mehreren 100 km Durchmesser, die Agulhasringe, vom Hauptstrom ab. Diese bringen warmes und salzreiches Wasser aus dem Indischen Ozean in den Atlantik und bilden somit ein Schlüsselelement der weltweit verbundenen Meeresströmungen. Ein Teil des Wassers aus dem Indischen Ozean landet auch im Nordatlantik und kann über den Golfstrom auch Auswirkungen auf unser Klima haben.
„Es klingt ein wenig abenteuerlich, dass Strömungen um Südafrika einen Einfluss auf unsere Breiten haben“, gibt der Mitautor der Studie, Privatdozent Dr. Arne Biastoch vom IFM-GEOMAR, zu. Dennoch sei seit langem bekannt, dass dem Agulhasstrom eine wichtige Rolle für den Nachschub salzreichen Wassers in den Atlantik zukommt. Nachdem Biastoch schon mehrere Schlüsselarbeiten zu dem Thema publiziert hat, wurde in der jetzt veröffentlichten Studie das weltweit vorhandene Wissen verschiedener Forschergruppen zusammengetragen. Neben Simulationen mit Ozeanmodellen benutzten die Forscher aktuelle sowie paläoozeanographische Messdaten, um dieses Phänomen und seine Einflüsse auf den Atlantik möglichst genau zu beschreiben. Dabei standen vor allem durch den Klimawandel bedingte Änderungen im Fokus, die zu einem erhöhten Zustrom von Wasser aus dem Agulhasstrom in den Atlantik führen könnten. Warum ist das so? Normalerweise begrenzen die westlichen Winde im südlichen Ozean den Wasseraustausch zwischen dem Indischen Ozean und dem Atlantik. Die zunehmende Erwärmung führt auch zu einer Verlagerung des Westwindbandes nach Süden, wodurch sich der Korridor für einströmendes Wassers südlich von Afrika verbreitert. Modellsimulationen deuten auf eine Verstärkung dieses Trends hin.
Das so zusätzlich in den Atlantik eingebrachte Wasser wird entlang der brasilianischen Küste nordwärts transportiert, bis es schließlich im Bereich der Karibik seinen Weg in das Golfstromsystem findet. Dort eingespeist könnte das warme und sehr salzreiche Wasser aus dem Indischen Ozean dem durch verstärkte Niederschläge und Eisschmelze bedingten Aussüßungstrend im Nordatlantik entgegenwirken. Dieser wird in Zusammenhang mit einer möglichen Abschwächung des Golfstroms in Verbindung gebracht. „Wir vermuten, dass die Zufuhr aus dem Süden eine entscheidende Rolle in den Übergängen zwischen Eis- und Warmzeiten gespielt hat“, so Dr. Biastoch. „Die Fernwirkung des Agulhasstroms zeigen weiterhin sehr anschaulich die Komplexität der Wechselwirkungen in unserem Klimasystem und die weltweiten Verbindungen der Ozeanströmungen“, resümiert Biastoch.
Originalarbeit:
Beal, L.M., De Ruijter, W.P.M., Biastoch, A., Zahn, R., and the members of SCOR/WCRP/IAPSO Working Group 136, 2011: On the role of the Agulhas system in ocean circulation and climate. Nature, 472, 429-436, doi:10.1038/nature09983.
Ansprechpartner:
Dr. Arne Biastoch, Tel. 0431 – 600 4013, abiastoch@ifm-geomar.de
Dr. Andreas Villwock (Öffentlichkeitsarbeit), Tel. 0431 – 600 2802, avillwock@ifm-geomar.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Obst und Gemüse schützen vor Herzschwäche
Christiane Limberg
Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Eine Ernährung mit einem hohen Obst- und Gemüseanteil wirkt generell positiv auf Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen – jetzt konnten Forscher erstmals speziell für die Herzinsuffizienz einen solchen Zusammenhang nachweisen. Mit steigendem Vitamin-C-Plasmaspiegel, der auf eine Ernährung mit viel Obst und Gemüse hinweist, sinkt das Risiko, an Herzinsuffizienz zu erkranken, so die EPIC-Norfolk-Studie, die heute Wissenschaftler der Universitäten Köln und Cambridge[1] auf der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) präsentierten.
Von Mittwoch bis Samstag diskutieren in Mannheim mehr als 7000 Teilnehmer aus rund 25 Ländern aktuelle Entwicklungen aus allen Bereichen der Kardiologie. Die Herzinsuffizienz, eine Erkrankung, die etwa 2,5 bis 3 Millionen Menschen in Deutschland betrifft, ist eines der Schwerpunktthemen der Tagung. „Mit jedem Anstieg der Vitamin-C-Konzentration um 20 Mikromol/Liter im Blutplasma geht eine relative Reduktion des Herzinsuffizienz-Risikos um neun Prozent einher“, so die Studienautoren.
[1] Pfister et al, Plasma vitamin C predicts incident heart failure in men and women in EPIC-Norfolk prospective study, Abstract No. 400, Res Cardiol 100, 2011
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 7500 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa. Weitere Informationen unter www.dgk.org.
Weitere Informationen:
http://www.dgk.org
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Neuigkeiten zur Sauerstoff-Verknappung in europäischen Gewässern
Dr. Manfred Schloesser
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie
HYPOX-Projekttreffen in Luzern
Vom 3. bis 6. Mai versammeln sich die Vertreter von 19 Institutionen aus elf europäischen Staaten zum zweiten Jahrestreffen des EU-Projektes „HYPOX“ in Horw bei Luzern. Projektziel ist die Untersuchung des zunehmenden Sauerstoffmangels in Gewässern, der sich im Zuge der Klimaerwärmung noch verstärken wird.
Hypoxia bezeichnet die Verknappung des gelösten Sauerstoffs in einem Wasserkörper unter einen Schwellenwert, der den Lebensraum für Tiere unbewohnbar macht. Sauerstoffmangel entsteht, wenn der Verbrauch den Nachschub übersteigt. Dieser simple Regel fasst ein komplexes Wechselspiel von Prozessen zusammen, die verschiedenste wissenschaftliche Disziplinen berühren: Die Physik der Wasserströmungen und des Wettergeschehens ebenso wie die Biologie der Organismen und Ihrer Stoffwechselleistungen und die Geologie und Geochemie der Gewässerböden. Sinkt der Sauerstoffgehalt auf ca. 20% der Normalsättigung, verschwinden die höheren Organismen wie Fische und Krebse. Dauert die Sauerstoffknappheit an, sterben schliesslich auch widerstandsfähigere Tiere, wie z.B. Muscheln. Zurück bleibt eine Unterwasserwüste, die nur noch von besonderen Mikroorganismen besiedelt werden kann. Die Vorboten solcher dramatischen Entwicklungen werden leicht übersehen. Setzt ein offensichtliches Massensterben ein, ist der Niedergang des Ökosystems meist schon weit fortgeschritten. Selbst unter verbesserten Sauerstoffbedingungen kann es dann viele Jahre dauern, bis sich der ursprüngliche Zustand wieder eingestellt hat.
Die Entstehung der Sauerstoff-Verknappung zu verstehen und zu überwachen sind die Hauptziele von HYPOX. In Schweizer Seen, Fjords und Lagunen in Schweden, Schottland, und Griechenland, Küstengewässern in Ostsee und Schwarzem Meer und im offenen Nordatlantik untersuchen die Wissenschaftler ein gutes Dutzend verschiedener Ökosysteme. Sie installieren Sauerstoff-Messstationen und führen verschiedenste Untersuchungen und mathematische Modellierungen durch. Damit können sich die Wissenschaftler ein genaues Bild der jetzigen Situation machen, erhalten einen Einblick in die Sauerstoffverfügbarkeit vergangener Zeiten, und können Prognosen für die Zukunft abgeben. Nach ersten Projekttreffen in Bremen und Istanbul treffen sich die HYPOX-Wissenschaftler diesmal in der Schweiz, um sich über Ihre Forschungsergebnisse auszutauschen und die Aufgaben für das dritte und letzte Jahr des Projektes festzulegen. Mit Spannung erwarten die Wissenschaftler aktuelle Erkenntnisse der einzelnen Institute sowie der Eawag (das Wasserinstitut des ETH-Bereiches, welches dieses Jahr sein 75 jähriges Bestehen feiert). Die Wissenschaftler des Teams um Dr. Carsten Schubert der Eawag in Kastanienbaum haben Sauerstoff in bisher unerreichter Präzision gemessen, langjährige Sauerstoff-Messreihen aus Schweizer Seen einer detaillierten Analyse unterzogen und mit modernsten biochemischen und chemischen Methoden einen tiefen Blick in die Sauerstoff-Geschichte verschiedener Schweizer Seen und anderer Systeme in Griechenland und im Schwarzen Meer geworfen.
Weitere Informationen:
http://www.mpi-bremen.de Homepage des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie
http://www.hypox.net Homepage des EU-Projekts HYPOX
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Tomaten schützen nicht vor Raucherschäden
Christiane Limberg
Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Die sekundären Pflanzenstoffe von Tomaten haben sich in Experimenten zwar als potenziell günstig für die innerste Schicht der Blutgefäße (Endothel) erwiesen, doch Gefäßbeeinträchtigungen, die durch das Rauchen entstehen, lassen sich durch Tomatenkonsum nicht ausgleichen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Berliner Charité und der Universität Jena, die heute auf der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) präsentiert wurde. Von Mittwoch bis Samstag (27. bis 30. April) diskutieren in Mannheim mehr als 7000 Teilnehmer aus rund 25 Ländern aktuelle Entwicklungen aus allen Bereichen der Kardiologie.
Die Forscher untersuchten bei insgesamt 20 männlichen Rauchern, von denen eine Gruppe zwei Wochen lang täglich 70 Gramm Tomatenmark zu sich nahm, die Regulation der Armarterie – und zwar sowohl Endothel-abhängige (FMD) als auch die Endothel-unabhängige Gefäßsteuerung (NMD), vor und nach dem Konsum einer Zigarette. Eindeutig war die Nikotin-Auswirkung auf die FMD – schon nach einer Zigarette verringerte sich der FMD signifikant. Die Studiengruppe mit der Tomaten-Diät wies zwar einen deutlich höheren Lykopen-Spiegel auf als die Kontrollgruppe, die sekundären Pflanzenstoffe der Tomate waren also nachweisbar, auf den Zustand der Gefäße hatte dies jedoch keine positive Auswirkung.
Quelle: Jochmann et al, Is smoking-induced endothelian dysfunction reversed by tomato diet? Abstract 449, Clin Res Cardiol 100, 2011
Kontakt:
Pressestelle der DGK
Achenbachstraße 43
40237 Düsseldorf
Tel.: 0211 / 600692 – 51
Fax: 0211 / 600692 – 10
Prof. Dr. Eckart Fleck (Pressesprecher, Berlin)
E-Mail: fleck@dhzb.de
Christiane Limberg (Pressereferentin, Düsseldorf)
E-Mail: limberg@dgk.org
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 7500 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa. Weitere Informationen unter www.dgk.org.
Weitere Informationen:
http://www.dgk.org
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Energie aus der Biotonne: Biogasforschung an der Uni Ulm
Willi Baur
Pressestelle
Universität Ulm
Im Keller der Universität Ulm entsteht aus Küchenabfällen Energie. Hier betreibt Professor Marian Kazda vom Institut für Systematische Botanik und Ökologie eine Biogasanlage mit vier Fermentern. Gefördert von der Baden-Württemberg-Stiftung, untersuchen Kazda und seine Mitarbeiter im Projekt „Nutzung von beimpftem Pflanzenoberflächen zur Effizienzsteigerung der Biogasproduktion“, wie sich Altbrot und weitere Speisereste möglichst wirkungsvoll in Energie umwandeln lassen.
„Die meisten deutschen Biogasanalagen werden mit Mais betrieben. Diese Energiepflanzen müssen extra angebaut werden, Speisereste hingegen gibt es in jeder Kantine. Die Biotonne hat noch viel Potential als Energielieferant“, erklärt Kazda.
In ihrer Biogasanlage analysieren die Wissenschaftler den Gärprozess des Nahrungsbreis und die daraus resultierende Gasbildung. Schließlich hat die energiereiche Masse ihre Tücken: Wird zu viel auf einmal in die Fermenter „gefüttert“, kann die Biogasproduktion zum Erliegen kommen. Im Gegensatz zum Mais befinden sich in dem Nahrungsbrei nämlich nur wenige stabile Oberflächen. Auf diesen Oberflächen wachsen Mikroorganismen, die organische Stoffe abbauen und dabei Biogas produzieren. „Bei unseren Untersuchungen sind wir auf die Idee gekommen, dem Nahrungsbrei gehäckselte Rohrkolbenblätter oder Weizenstroh beizumengen. So können wir den Gärprozess stabilisieren“, weiß Professor Kazda.
Inzwischen produzieren die Forscher im Labor der Uni Ulm in jedem der vier Versuchsfermenter rund einen Liter Biogas pro Stunde. In der Biogasanlage eines Aulendorfer Landwirts haben sie ihre Erkenntnisse bereits umgesetzt und die Gasproduktion merklich gesteigert. „Das Forschungsvorhaben läuft im Juni aus. Bei einem neuen Biogas-Projekt wollen wir Zuckerrüben als Hilfsstoff für die Vergärung von Reststoffen aus der Landschaftspflege untersuchen“, betont Kazda. In Deutschland werden etwa 6000 Biogasanlagen betrieben, rund 750 davon verwerten Reststoffe.
Weitere Informationen: Professor Marian Kazda, Tel.: 0731 50-23300
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Energiepflanzen sind unterschiedlich klimafreundlich
Dr. Michael Welling
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei
Fachtagung in Braunschweig gibt neue Impulse
In Sachen Bioenergie kann Deutschland noch viel von seinen Nachbarn lernen. Das wurde jetzt auf einer europäischen Forschertagung in Braunschweig deutlich, die vom Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) ausgerichtet wurde. Eine besonders klimaverträgliche Nutzung von Energiepflanzen machen uns die britischen, skandinavischen und baltischen Staaten vor.
Welchen Beitrag kann die Landwirtschaft zum Klimaschutz in Europa leisten? Mit dieser Frage befassten sich mehr als 100 Wissenschaftler bei der Jahrestagung des europäischen Forschungprojekts „GHG-Europe – Treibhausgas-Management in europäischen Landnutzungssystemen“. Das Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) in Braunschweig koordiniert das Projekt und richtete die Tagung aus.
Im Rahmen des GHG-Europe-Projekts haben Wissenschaftler erstmals die Treibhausgasbilanzen beim Anbau unterschiedlicher Bioenergiepflanzen aus ganz Europa ermittelt. Bereits mit kurzen Messreihen konnten sie aussagekräftige Ergebnisse ableiten, da sich an vielen verschiedenen Standorten die gleichen Trends zeigten.
Bioenergie wird aus pflanzlicher Biomasse gewonnen, zum Beispiel aus Holz und Ackerfrüchten, aber auch aus Reststoffen der landwirtschaftlichen Produktion wie Gülle. In Deutschland werden aus landwirtschaftlicher Biomasse hauptsächlich Biokraftstoffe (E10 oder Biodiesel) und Biogas hergestellt. Die „Bioenergie-Platzhirsche“ auf deutschen Äckern sind Raps und Mais, alternative Energiepflanzen wie Chinagras oder Pappeln haben in Deutschland bisher kaum Fuß fassen können. Landläufig gilt Bioenergie als CO2-neutral, doch das ist bei näherem Hinsehen nicht ganz richtig. Bei der Produktion können erhebliche Mengen Treibhausgase entstehen. Daher steht die Frage im Raum: Welche Bioenergiepflanzen sind am effektivsten für den Klimaschutz?
Die auf der Tagung in Braunschweig präsentierten Messdaten bekräftigten, was seit Jahrzehnten von Fachkreisen gemahnt wird: Herkömmliche Bioenergieträger wie Biodiesel, Bioethanol und Biogas aus Mais und Raps sind erheblich energie- und nährstoffhungriger als schnellwüchsige mehrjährige Gräser und Gehölze. Dies liegt unter anderem am hohen Stickstoffbedarf von Mais und Raps; die Herstellung von Stickstoffdüngern ist ein energieaufwändiger Prozess. Auch setzen die Ackerböden nach der Düngung Lachgas frei – ein Gas, fast 300-mal so klimaschädlich wie Kohlendioxid. Damit wird ein Teil des positiven Effekts von herkömmlicher Bioenergie wieder zunichte gemacht. Mehrjährige Gräser und Hölzer hingegen können im Winter geerntet werden, wenn die meisten Nährstoffe in den Pflanzenwurzeln gespeichert sind und im nächsten Jahr wieder für das Wachstum zur Verfügung stehen. Pappelplantagen, so zeigten die Wissenschaftler, emittierten 40 bis 99 Prozent weniger Lachgas als Mais- oder Rapsfelder – bei vergleichbaren Energieerträgen. Darüber hinaus konnte unter Weiden und Pappeln ein deutlicher Humusaufbau über mehrere Jahre festgestellt werden. Diese Kohlenstoff-Festlegung (Sequestrierung) im Boden trägt zusätzlich zum Klimaschutz bei.
Mehrjährige Gräser und Bäume eignen sich für nasse und nährstoffarme Flächen und für eine klimafreundliche Form der Moornutzung, dort wo bisher Maisäcker für Biogas den Klimawandel anheizen.
Schnellwüchsige Pflanzen wie Miscanthus (Chinaschilf), Rohrglanzgras und Weiden werden bereits auf mehreren zehntausenden Hektar Fläche auf den britischen Inseln, in Skandinavien und den baltischen Staaten kommerziell angebaut und in Kraftwerken zur Wärme- und Stromproduktion beigemischt. Dr. Axel Don vom vTI-Institut für Agrarrelevante Klimaforschung, Koordinator des GHG-Europe-Projekts, betont: „Während die aus Sicht des Klimaschutzes effizientesten mehrjährigen Energiepflanzen in Deutschland noch erforscht werden, sind sie in vielen Nachbarländern längst praxisreif und Nummer eins der Bioenergieproduktion. Die deutsche Bioenergieförderung hat die effizientesten Klimaschutzwege bisher vernachlässigt.“
Weitere Informationen zum GHG-Europe-Projekt finden sich im Internet unter:
http://www.ghg-europe.eu (in englisch).
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Den eigenen Hörschaden vorausberechnen
Stefan Boltz
Pressestelle
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung – DGUV
Das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) stellt im Internet eine Software bereit, mit der die Folgen von Freizeit- und Arbeitslärm berechnet werden können.
Seit mehr als 15 Jahren sinkt die Zahl angezeigter Gehörschäden durch Lärmbelastung am Arbeitsplatz. Gleichzeitig klagen Ärzte und Arbeitgeber über einen deutlichen Anstieg lärmschwerhöriger Berufsanfänger. Der Grund: Hohe Lärmpegel in der Freizeit durch Musikhören über MP3-Player und durch Diskobesuche. Dass ein nur zweistündiger Diskobesuch am Wochenende einen bis zu zehnmal höheren Anteil am Entstehen eines späteren Gehörschadens haben kann als eine komplette Arbeitswoche im Lärm, zeigt ein einfacher Lärmbelastungsrechner, den das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) kostenlos im Internet anbietet:
www.dguv.de, Webcode d113946.
Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene können sich hier darstellen lassen, wo die Schwerpunkte ihrer individuellen Lärmbelastung liegen und wann sich aus dieser Belastung möglicherweise ein Hörverlust entwickelt. Zusätzlich veranschaulichen Musik- und Sprachbeispiele, wie sich dieser Hörverlust tatsächlich einmal anhören könnte.
Am Arbeitsplatz ist der Schutz des Gehörs vor schädlicher Lärmeinwirkung klar geregelt: Schon ab einem Lärmpegel von 85 dB(A) müssen Beschäftigte Gehörschutz tragen und an regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen. Zum Vergleich der Freizeitlärm, für den solche Regelungen fehlen: Der MP3-Player schafft es locker auf 90 dB(A) – vor allem, wenn er bei Hintergrundgeräuschen wie in der U-Bahn aufgedreht wird. Ein Livekonzert oder ein Diskobesuch bringt es gar auf über 100 dB(A). Wer da meint, die wenigen Dezibel mehr könnten dem Gehör nicht ernsthaft schaden, muss wissen: Ein Unterschied von 3dB wird vom Menschen zwar kaum wahrgenommen; tatsächlich bedeuten nur 3dB mehr aber bereits eine Verdopplung der Schallenergie.
„Der Grundstein für gravierende Hörschäden im Alter wird in der Jugend gelegt“, sagt Dr. Martin Liedtke, Lärmschutzexperte im IFA. Sein Lärmbelastungsrechner und der Lärmverlust-Demonstrator des University College London seien geeignete Instrumente, um für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren und für einen maßvollen Umgang mit Freizeitlärm zu werben.
Weitere Informationen:
http://www.dguv.de ; Webcode d113946.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Jetzt auch FuE zu dezentralen Biogasanlagen mit Methanaufbereitung förderfähig
Dr. Torsten Gabriel
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Bioenergie-Förderschwerpunkte im Energie- und Klimafonds erweitert
Von Algen bis Züchtung – das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) wirbt nach wie vor FuE-Projekte zum Thema Bioenergie ein. Ab diesem Jahr stehen dafür Mittel – in 2011 9 Millionen Euro – aus dem neu eingerichteten Energie- und Klimafonds (EKF) der Bundesregierung zur Verfügung.
Konkret sind Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu fünf thematischen Schwerpunkten gefragt; neu aufgenommen wurde das Teilthema „Entwicklungsbedarf kleiner, dezentraler Biogasanlagen mit Aufbereitung und Einspeisung ins Erdgasnetz“.
Die Förderung erfolgt auf Basis des „Förderprogramms Nachwachsende Rohstoffe“ des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und wird von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), dem Projektträger des BMELV, abgewickelt.
Folgende Schwerpunkte sind förderfähig:
• Züchtung zur Anpassung von Energiepflanzen an den Klimawandel
• Intelligente Lösungen zur kombinierten Nutzung von Bioenergie und anderen erneuerbaren Energien
• Effizienzsteigerung für dezentrale Bioenergie-Nutzungskonzepte
• Entwicklung von Konversionsrouten zur Bereitstellung von Energieträgern aus nachwachsenden Rohstoffen mittels Algen
• Effizienzsteigerung, Reduzierung von Treibhausgasemissionen und innovative Produktionsverfahren im Bereich Biokraftstoffe
Das Thema kleiner Methan-Einspeisungsanlagen wurde vor folgendem Hintergrund neu in den 3. Förderschwerpunkt „Effizienzsteigerung für dezentrale Bioenergie-Nutzungskonzepte“ aufgenommen: Bislang rentiert sich die Einspeisung ins Erdgasnetz ausschließlich für Biogasanlagen im industriellen Maßstab. Für kleinere landwirtschaftliche Anlagen wurden erste Ansätze für eine wirtschaftliche Biogasaufbereitung und -einspeisung entwickelt, die sich zum Teil in der Praxiserprobung befinden. Im Rahmen des EKF sind verschiedene Maßnahmen förderfähig, von der Studie über die wissenschaftliche Begleitung bestehender Anlagen bis hin zu technischen Konzepten. Auch Vorschläge im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Geschäftsmodelle können eingereicht werden.
Nähre Informationen stehen auf www.fnr.de im Menü Projekte & Förderung – Energie- und Klimafonds bereit
Weitere Informationen:
http://www.fnr.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Private Zuzahlungen schwächen das Vertrauen in das Gesundheitssystem
Kordula Lindner-Jarchow M.A.
Presse- und Informationsstelle
Universität Siegen
In einem an der Universität Harvard durchgeführten Forschungsprojekt kommt Professor Claus Wendt von der Universität Siegen zu dem Ergebnis, dass private Zuzahlungen zu Gesundheitsleistungen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Gesundheitssystem schwächen.
In der Studie, die durch das renommierte „Harkness Programm des Commonwealth Fund“ und die Robert Bosch Stiftung gefördert wurde, vergleichen Professor Dr. Wendt und sein Team die Gesundheitssysteme von Deutschland, Großbritannien, der Niederlande, Australien, Neuseeland, Kanada und der Vereinigten Staaten. Der Siegener Soziologe weist darin nach, dass in Deutschland fast jeder achte Befragte die Erfahrung gemacht hat, aufgrund zu hoher Kosten trotz einer gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht zum Arzt zu gehen. In dem Gesundheitssystem der Vereinigten Staaten, das sich weitgehend auf private Krankenversicherungen stützt, ist sogar jeder Vierte nicht zum Arzt gegangen, obwohl Gesundheitsprobleme vorlagen, während die Bürgerinnen und Bürger in Großbritannien und den Niederlanden kaum von einer solchen Barriere beim Zugang zur ärztlichen Versorgung berichten.
Die Forscher fragten zudem, ob die Bürgerinnen und Bürger in den sieben Ländern Vertrauen haben, dass sie bei einer schwerwiegenden Erkrankung die notwendigen ärztlichen Hilfen erhalten. In Deutschland fehlt jedem Vierten das Vertrauen, bei einer schweren Erkrankung ausreichend medizinisch versorgt zu werden.
Besonders gering ist dieses Vertrauen bei einem niedrigen Einkommen, einem schlechten Gesundheitszustand und bei der Erfahrung, aufgrund zu hoher privater Kosten trotz gesundheitlicher Probleme nicht zum Arzt zu gehen. „Es ist bereits nachgewiesen“, so Professor Wendt, „dass mit privaten Zuzahlungen nicht die gewünschte Steuerung der Nachfrage erreicht werden kann, da Zuzahlungen die nicht-notwendige wie auch die notwendige Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen senkt.“ Fazit des Soziologen: „Die nun vorliegende Studie zeigt, dass private Zuzahlungen darüber hinaus das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Gesundheitssystem nachhaltig schwächen.“
Weitere Informationen:
Professor Dr. Claus Wendt ist seit 2009 Inhaber der Professur für Soziologie der Gesundheit und des Gesundheitssystems an der Universität Siegen. Von 2008 bis 2009 war er John F. Kennedy Memorial Fellow, Center for European Studies, Harvard University sowie Harkness Fellow in Health Policy & Prac-tice (Harkness & Bosch Fellow), Harvard School of Public Health, Harvard University.
Das „Harkness Fellowship Program in Health Care Policy and Practice des Commonwealth Fund“ ermöglicht erfahrenen Fachleuten mit Interesse an gesundheitspolitischen Fragestellungen – Wissenschaftlern, politischen Entscheidungsträgern, Klinikern, Managern und Journalisten – aus Australien, Großbritannien, Kanada, Neuseeland, Norwegen, den Niederlanden, der Schweiz und aus Deutschland einjährige Forschungsaufenthalte in den Vereinigten Staaten. Neben der Robert Bosch Stiftung vergeben der Commonwealth Fund und die B. Braun-Stiftung jeweils ein Stipendium jährlich an deutsche Bewerber.
Kontakt:
Prof. Dr. Claus Wendt
Tel.: 0271 / 740-3215, -3182
email: wendt@soziologie.uni-siegen.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
TU-Projekte auf der Messe „Wasser Berlin“: Schadstoffkontrolle und effiziente Abwassertechnologien
Stefanie Terp
Presse- und Informationsreferat
Technische Universität Berlin
Die TU Berlin beteiligt sich mit vier Fachgebieten und dem Innovationszentrum „Wasser in Ballungsräumen“ an der internationalen Messe „Wasser Berlin“, die vom 2. bis 5. Mai 20011 auf dem Messegelände am Funkturm stattfindet. Die zehn TU-Projekte werden am Gemeinschaftsstand der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg in der Halle 2.3, Stand 214 präsentiert. Bitte weisen Sie in Ihrem Medium auf die TU-Beteiligungen hin.
Projekt: Innovationszentrum „Wasser in Ballungsräumen“ (IZ-WIB)
Das Innovationszentrum „Wasser in Ballungsräumen“ (IZ-WIB)ist ein fakultätsübergreifendes Netzwerk der TU Berlin. 22 Fachgebiete bündeln ihre Aktivitäten in der Wasserforschung. Mehr als 100 laufende Drittmittelprojekte unterstreichen die Stärke der TU Berlin in ihrem Zukunftsfeld Wasser. Die Arbeiten unterteilen sich in vier Kernfelder: Wasser- und Stoffkreisläufe; Innovation; Problemstoffe, Analytik, Verhalten in der Umwelt; Planung, Bewertung, Organisation sowie internationale Zusammenarbeit und Wissenstransfer. Das IZ-WIB ist die ideale Anlaufstelle für alle Wasser relevanten Fragen an die TU Berlin.
Kontakt: Dr.-Ing. Mathias Ernst, TU Berlin, Innovationszentrum „Wasser in Ballungsräumen“, Tel.: 030/314-25493, E-Mail: info@iz-wib.tu-berlin.de
Projekt: Der TU Berlin-Campus in El Gouna
Die TU Berlin richtet in Ägypten einen Satellitencampus als wissenschaftliche Außenstelle ein. Der voraussichtlich ab Herbst 2012 angebotene Masterstudiengang „Water Engineering“ konzentriert sich vornehmlich auf die wasserrelevanten Probleme von ariden und semi-ariden Gebieten. Das viersemestrige Masterstudium ist praxisorientiert und folgt einem nachhaltigen, integrativen Ansatz. Zielgruppe sind Bachelor-Absolventen technisch-naturwissenschaftlicher Studiengänge sowie junge berufstätige Ingenieure. Der Master in „Water Engineering“ wird vollständig akkreditiert sein und den Maßgaben des EU-Bolognaprozesses folgen. Der im Bau befindliche Campus erfüllt höchste Anforderungen eines hocheffektiven Studienstandortes.
Kontakt: Dr.-Ing. Mathias Ernst, TU Berlin, Innovationszentrum „Wasser in Ballungsräumen“, Tel.: 030/314-25493, E-Mail: info@iz-wib.tu-berlin.de
Projekt: Weitergehende Oxidationsverfahren zur Abwasserwiederverwendung in Israel
In der Kläranlage Shafdan, Tel Aviv, wird das gereinigte Abwasser über eine künstliche Grundwasseranreicherung aufbereitet und später zur Bewässerung genutzt. Das bewährte Verfahren stößt hinsichtlich der Entfernung einzelner pharmazeutischer Substanzen jedoch an Grenzen. In einem von Bundesministerium für Bildung und Forschung und Ministry of Science and Technology, Israel, geförderten Projekt werden in Kooperation mit dem israelischen Wasserversorger „Mekorot“ und der Tel Aviv-Universität Untersuchungen zur Nachbehandlung des gereinigten Abwassers durchgeführt. Schwerpunkt ist dabei die Oxidation des Wassers mittels Ozon sowie anderer Oxidationsverfahren zur Entfernung von Spurenstoffen und zur Verbesserung der Infiltration.
Kontakt: Uwe Hübner, TU Berlin, Institut für Technischen Umweltschutz, Tel.: 030/314-28843, E-Mail: uwe.huebner@tu-berlin.de
Projekt Oxeram II
Das Projekt Oxeram II hat zum Ziel, eine kosten- und energieeffiziente weitergehende Abwasseraufbereitung mit zusätzlicher Phosphorentfernung und Desinfektion zu entwickeln. Eine vielversprechende Verfahrenskombination, welche die erforderliche Ablaufqualität sicherstellt, ist die Flockung als Vorbehandlung mit anschließender Ultrafiltration. Die Effektivität der Ultrafiltration ist jedoch stark vom „Fouling“ der Membran abhängig. Daher wird die Entfernung von „Fouling“ verursachenden Substanzen mit Hilfe einer vorgeschalteten Kombination aus Ozonung und Flockung untersucht. Hierbei kommen auch neue Analysemethoden zum Einsatz.
Kontakt: Manuel Godehardt, TU Berlin, Institut für Technischen Umweltschutz, Tel.: 030/314-25368, E-Mail: manuel.godehardt@.tu-berlin.de
Projekt: In-situ-Wasserkontrolle mit Raman-Spektroskopie
Mit dem auf der oberflächenverstärkten Raman-Streuung (SERS) basierenden Sensor können Schadstoffe in Süßwasser sowie Meerwasser in Echtzeit identifiziert und überwacht werden. Der SERS-Sensor, in dem ein speziell entwickelter 671 nm Mikrosystem-Diodenlaser oder ein 785 nm Diodenlaser integriert ist, eignet sich gut für die In-situ-Analyse von Schadstoffen wie beispielsweise polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) im Wasser. Die Raman-Spektroskopie wurde dabei aufgrund ihrer „Fingerabdruck“-Eigenschaft der Spektren gewählt, die hilfreich bei der Identifizierung organischer Substanzen ist. Mit Hilfe der SERS-Technik kann die zur Spurenanalytik notwendige Empfindlichkeit erreicht werden. Der SERS-Sensor wurde bereits erfolgreich an ausgewählten Chemikalien getestet. Es ist geplant, die Anwendung auf weitere umweltrelevante Schadstoffe auszudehnen.
Kontakt: PD Dr. Heinz-Detlef Kronfeldt, Hossam Ahmad, TU Berlin, Institut für Optik und Atomare Physik, Tel.: 030/314-24808, -24021, E-Mail: kf@physik.tu-berlin.de, hossam@physik.tu-berlin.de
Projekt: COMPAS – Untersuchungen von Kleinkläranlagen
In ländlichen Gegenden stellen Kleinkläranlagen zur Behandlung von häuslichem Abwasser eine kostengünstige Lösung für die Abwasserentsorgung dar. Die technischen Lösungen solcher Systeme reichen von Pflanzenkläranlagen über Schilfrohrfilter bis zu Belebungsanlagen. Aber es sind nur wenige Informationen der unterschiedlichen Kleinkläranlagentypen im realen Betrieb verfügbar. Um diese Lücke zu schließen, wurden über eine Dauer von vierzehn Monaten nebeneinander zwölf unterschiedliche Systeme unter realen Betriebsbedingungen hinsichtlich der Leistungsmerkmale Reinigungsleistung, Ablaufwerte, Betriebsaufwand, Schlammbehandlung und Energieverbrauch verglichen und bewertet.
Kontakt: Prof. Dr.-Ing. M. Barjenbruch, TU Berlin, Fachgebiet Siedlungs-wasserwirtschaft, Tel.: 030/314-72246, E-Mail: matthias.barjenbruch@tu-berlin.de
Projekt: Co-Vergärung von Fettabscheiderinhalten auf dem Klärwerk Waßmannsdorf
Kläranlagen mit freier Faulraumkapazität können durch die Mitvergärung kohlenstoffreicher Co-Substrate den Energiegewinn aus der Faulung deutlich steigern. Der entstehende Schlamm wird mit dem Ziel der Stabilisierung und Energiegewinnung mesophil behandelt. Vier Faulbehälter sind zweistraßig in einer Kaskadenfaulung zusammengeschlossen. Von Mitte 2008 bis Ende 2010 wurde in einem gemeinsamen Forschungsprojekt des TU-Fachgebietes Siedlungswasserwirtschaft und der Berliner Wasserbetriebe ein Faulbehälter der 2. Kaskade zusätzlich mit Fettabscheiderinhalten beschickt. In dem Versuchsbetrieb wurden normale Fettabscheiderinhalte sowie konzentrierte Fettabscheiderinhalte als Co-Substrat getestet und die Auswirkungen auf die Steigerung der Gasproduktion, die Rückbelastung der Kläranlage sowie der Verbrauch an Flockungshilfsmitteln bei der Klärschlammeindickung untersucht.
Kontakt: Dipl.-Ing. Alexander Wriege-Bechtold, TU Berlin, Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft, Tel.: 030/314-72209, E-Mail: alexander.wriege-bechtold@tu-berlin.de
Projekt: Reduzierung des Frachteintrags aus Mischwasserentlastungen
In einem von der EU und dem Land Berlin geförderten Forschungsprojekt wurden drei verschiedene Technologien untersucht (Fuzzy Filter®, Mikroflotation, Tuchfiltration mit Polstoffen). Um künftig den Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Berlin gerecht werden zu können, müssen die in Gewässer eingeleiteten Frachten an suspendierten und organischen Stoffen sowie Nährstoffen (Phosphor) reduziert werden. Alle drei Technologien erreichten ausgesprochen gute Eliminierungsraten bezüglich der genannten Parameter und scheinen prinzipiell für eine weitergehende Mischwasserreinigung in urbanen Räumen geeignet zu sein.
Kontakt: Dr.-Ing. Kathrin Gantner, TU Berlin, Fachgebiet Siedlungswas-serwirtschaft, Tel.: 030/314-72249, E-Mail: kathrin.gantner@tu-berlin.de
Projekt: Klimafreundliche Energieproduktion auf anaeroben, naturnahen Kläranlagen im ländlichen Raum (KLEA)
Im Projekt soll eine klimafreundliche Pilotanlage als marktreife standardi-sierte Systemkombination aus anaerober und aerober Technologie entworfen, erbaut und erprobt werden, um auf Kläranlagen im ländlichen Raum sowohl das Abwasser weitestgehend zu reinigen als auch die derzeit entstehenden Klimagase und den erhöhten Energiebedarf zu minimieren. Das gereinigte Abwasser kann als Ressource mit angepassten Nährstoffgehalten genutzt werden. Das produzierte Biogas kann verstromt und ins Netz eingespeist oder lokal verwertet werden. Die dabei entstehende Abwärme soll bei der Anpassung der Temperatur des Abwassers an die Bedingungen der Bakterien verwertet werden.
Kontakt: Dipl.-Ing. Sinan Ünligil, TU Berlin, Fachgebiet Siedlungswasser-wirtschaft, Tel.: 030/314-72210, E-Mail: sinan.uenligil@tu-berlin.de
Projekt: Das Fachgebiet Fluidsystemdynamik der TU Berlin
Das Fachgebiet Fluidsystemdynamik beschäftigt sich mit strömungstechnischen Fragestellungen im Maschinenbau. Neben der Klärung von detaillierten Zusammenhängen meist strömungstechnischer Phänomene besteht zudem ein besonderer Ansatz in der Einbeziehung der Gesamtfluidsysteme und der Wechselwirkungen zwischen den Komponenten. Hier werden über mechatronische und numerische Ansätze entscheidende Optimierungsschritte erwartet. Die Schwerpunkte der Forschung im Bereich der Wasser- und Abwassertechnik konzentrieren sich auf: Untersuchung und Entwurf von Strömungsmaschinen; Optimierung von Fluidsystemen; Wasser- und Abwassersysteme; Diagnosesysteme für Fluidsysteme und Optimierung komplexer Pumpsysteme.
Kontakt: Dipl.-Ing. Frank Neuer, TU Berlin, Fachgebiet Fluidsystemdynamik, Tel.: 030/314-24023, E-Mail: frank.neuer@tu-berlin.de, Internet: www.fsd.tu-berlin.de
Weitere Informationen zur Wasser Messe erteilt Ihnen gern: Angelika Baron, TUBS GmbH TU Berlin ScienceMarketing, Tel.: 030/4472-0244, E-Mail: baron@tubs.de
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Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Europäische Impfwoche beginnt
Susanne Glasmacher
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Robert Koch-Institut
Europäische Impfwoche beginnt
„Impfungen schützen vor Infektionskrankheiten und zählen zu den effektivsten und kostengünstigsten Präventivmaßnahmen der modernen Medizin“ – daran erinnert Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Gesundheit, anlässlich der Europäischen Impfwoche, die am 23. April 2011 beginnt.
Das Bundesgesundheitsministerium hat durch zwei neue Regelungen die Rahmenbedingungen für Impfungen kürzlich weiter erleichtert. So wurde (im Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung) geregelt, dass Impfstoffe erheblich preisgünstiger werden. Gesetzliche und private Krankenversicherungen zahlen seit Januar 2011 keine höheren Impfstoffpreise mehr als der Durchschnittspreis in den vier Nachbarländern mit den nächstfolgenden Bruttonationaleinkommen. Das Nähere muss der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regeln. Zudem können einzelne Krankenkassen ihre Impfstoffe auch ausschreiben. Außerdem werden Impfvereinbarungen der Krankenkassen mit Ärzten über die Durchführung von Impfungen schiedsfähig, so dass solche Verträge nun herbeigeführt und nicht mehr blockiert werden können. Das ermöglicht es auch dem Öffentlichen Gesundheitsdienst, den Impfschutz in Kindergärten, Schulen, an Arbeitsstätten und in Heimen in Kooperation mit den Krankenkassen neu zu organisieren.
Die Impfquoten bei Schulanfängern sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen oder auf hohem Niveau nahezu konstant geblieben, die neuen Daten für das Jahr 2009 werden in Kürze im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht. Allerdings gibt es noch immer Lücken, unter anderem bei der zweiten Masern-Schutzimpfung. Die Zahl der Masernerkrankungen hat zuletzt wieder zugenommen. Sie stieg von 571 Fällen in 2009 auf 780 in 2010 und auch im laufenden Jahr wurden dem RKI bereits über 230 Fälle übermittelt. Dieser Trend unterstreicht die Bedeutung der Impfung, nicht nur für Kleinkinder, sondern (wie von der Impfkommission 2010 empfohlen) auch für Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden. Polioausbrüche in den seit Jahren poliofreien Staaten Tadschikistan (WHO-Region Europa) und Kongo erinnern an das Risiko nicht geimpfter Bevölkerungsgruppen, an Polio zu erkranken. Sie verdeutlichen auch den Stellenwert einer kontinuierlichen Analyse der Poliosituation (Surveillance). Das BMG hat die Aufgaben der nationalen Polio-Surveillance dem RKI übertragen, die Nationale Kommission für die Polioeradikation neu konstituiert und am RKI eine Geschäftsstelle der Kommission angesiedelt. Am 28. März 2011 trat die Kommission zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen.
„Für die Förderung der Impfbereitschaft sind auch verstärkte Kommunikationsaktivitäten notwendig, die an den Zielgruppen ausgerichtet sind und aus Akzeptanzgründen industrieunabhängig sein sollten“, betont Prof. Dr. Reinhard Burger, Präsident des Robert Koch-Instituts. Eine wichtige Zielgruppe ist die Fachöffentlichkeit. Das RKI veranstaltet daher zur Impfwoche einen Expertenworkshop „Fachkräfte in der Impfprävention – Herausforderungen in einem komplexen Kommunikationsumfeld“.
„Ein vollständiger Impfschutz ist der beste Weg, um sich und andere vor einer Vielzahl von Infektionskrankheiten zu schützen. Schutzimpfungen sind ein wichtiger Baustein der gesundheitlichen Vorsorge – und das in jedem Lebensalter“, erklärt Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). „Deshalb sollte nach der Grundimmunisierung im Kindesalter der Impfschutz regelmäßig überprüft und ergänzt werden.“ Ausführliche Informationen zu Impfempfehlungen und Hintergrundwissen für die Bevölkerung bietet die BZgA mit ihrem Internetangebot www.impfen-info.de. Außerdem hat die BZgA ein breites Informationsangebot rund um das Thema Impfen entwickelt, das auch in verschiedenen Sprachen vorliegt und kostenfrei unter www.bzga.de bezogen werden kann.
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Herausgeber:
Robert Koch-Institut
Nordufer 20
D-13353 Berlin
www.rki.de
Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit
Kontakt
Tel.: 030-18754-2239, -2562 und -2286
Fax: 030-18754 2265
E-Mail: presse@rki.de
Weitere Informationen:
http://www.bundesgesundheitsministerium.de > Themen > Impfen www.rki.de/impfen – Impfempfehlungen, Impfquoten, Einwände und Antworten www.impfen-info.de – Internetportal für die Bevölkerung zum Thema Schutzimpfungen www.kindergesundheit-info.de – Portal für Eltern zum Thema Kindergesundheit
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Adler-TV: Hausbau im Horst!
Eva Goris
Kommunikation
Deutsche Wildtier Stiftung
Blicken Sie jetzt mit der Deutschen Wildtier Stiftung per Live-Kamera in den Schreiadlerhorst
Mit einem quitschgelben Spielzeug-Löwen aus Stoff wurde der Schreiadler-Horst „besetzt“. „Das ist notwendig, damit sich dort keine anderen Greifvögel einnisten, bevor der extrem bedrohte Adler aus Afrika angereist ist“, sagt Margit Meergans, Schreiadler-Expertin der Deutschen Wildtier Stiftung. Vor wenigen Tagen musste der Stoff-Löwe „ausziehen“. Denn die Schreiadler waren im Anflug und nach zweimonatiger anstrengender Reise aus dem Winterquartier im südlichen Afrika wohlbehalten ins Naturreservat Teici in Lettland zurückgekehrt. Und schon ertönen die Balzrufe! Der Horst in 15 Meter Höhe wird mit Laub und frischen Zweigen für den Nachwuchs umgebaut und ausgepolsterten. Schauen Sie den Adler-Eltern in spe beim Bau der Küken-Kinderstube zu: Per Live-Kamera ist ein Blick in das Zuhause der Schreiadler jederzeit möglich (www.DeutscheWildtierStiftung.de).
Man kann die schokoladenbraunen Schreiadler in ihrem neuen Heim rund um die Uhr beobachten. „Es ist eine einmalige Gelegenheit, das Leben der seltenen Vögel per Web-Kamera zu verfolgen“, sagt Margit Meergans. „In Deutschland sieht man den kleinen Adler kaum noch, denn mit nur knapp hundert Brutpaaren ist der Schreiadler hier vom Aussterben bedroht.“ Wie viele andere Arten leidet auch der Schreiadler besonders unter dem Verlust seines Lebensraumes. „Lebensräume zu sichern und zu verbessern sind die wichtigsten Ziele des Schreiadler-Schutzprogramms der Deutschen Wildtier Stiftung“, so Margit Meergans. Informationen über das Schutzprogramm sind ebenfalls auf der Website der Deutschen Wildtier Stiftung erhältlich.
Weitere Informationen:
Eva Goris, Pressesprecherin, Billbrookdeich 216, 22113 Hamburg, Telefon 040 73339-1874, Fax 040 7330278, E.Goris@DeutscheWildtierStiftung.de, www.DeutscheWildtierStiftung.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Schwerverletztenversorgung nach Katastrophe bei Rostock war optimal abgestimmt
Susanne Herda
DGU-Geschäftsstelle
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V.
Das Traumanetzwerk Mecklenburg-Vorpommern zur Versorgung Schwerverletzter bestand seine erste Bewährungsprobe. Es ermöglichte eine optimale Vernetzung zwischen den Rettungsdiensten, Leitstellen und Kliniken. Durch eine abgestimmte Koordination konnten alle Verletzten innerhalb von zwei Stunden bestmöglich versorgt werden, teilt Professor Hartmut Siebert, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), mit.
Perfekte strukturelle und organisatorische Versorgungsstrukturen waren nötig, um die durch die Massenkarambolage bei Rostock teils schwerstverletzten Unfallopfer gleichzeitig unter größtem Zeitdruck kompetent und adäquat zu versorgen. Diese sind gegeben durch das Traumanetzwerk Mecklenburg-Vorpommern, ein Zusammenschluss von 17 unfallchirurgischen Kliniken. Kurz nach Eingang der Unfallmeldung wurde vom Leiter der Unfallchirurgischen Universitätsklinik Rostock, Professor Thomas Mittlmeier, Katastrophenalarm ausgegeben und somit auch die im Traumnetzwerk Mecklenburg-Vorpommern organisierten Kliniken zur Behandlung von Schwerverletzten aktiviert. Die Kliniken sind eingeteilt in drei verschiedenen Versorgungsaufgaben. Bei einer Katastrophe, wie einer Massenkarambolage, ist eine passgenaue Zuordnung der Unfallopfer auf die entsprechenden Kliniken möglich und nötig, um eine adäquate Versorgung abzusichern. Dabei werden Leichtverletzte in sogenannte lokale Traumazentren mit geringerer Versorgungstiefe und Schwerstverletzte in regionale bzw. überregionale Traumazentren mit der Möglichkeit zur Versorgung spezieller Verletzungsmuster, z.B. Polytrauma, verteilt. Die besonderen Umstände an der Unfallstelle, die Schwierigkeit bei diesen Wetterverhältnissen mit luftgebundenen Rettungskräften nicht optimal eingreifen zu können, machten vor allem die Einbindung der lokalen Traumazentren zwingend erforderlich.
„Bei der Versorgung Schwerstverletzter zählt jede Sekunde. Dabei bedeutet eine falsche Klinikszuweisung immer einen unnötigen und möglichst zu vermeidenden Zeitverlust. Durch die bereits am Unfallort gut abgestimmte Kommunikation mit den Rettungsdiensten und die optimale Verteilung der Unfallopfer auf die am Traumanetzwerk Mecklenburg-Vorpommern beteiligten unfallchirurgischen Kliniken konnten wir eine leistungsstarke Versorgung sicherstellen“ so Mittlmeier, der auch Leiter des Traumanetzwerkes Mecklenburg-Vorpommern ist. Die acht Schwerstverletzten wurden auf die regionalen Traumazentren Güstrow und Klinikum Rostock Süd sowie das überregionale Traumazentrum Uniklinik Rostock verteilt. Insgesamt gab es über 130 Verletzte. Derzeit befinden sich noch vier Patienten in Intensivbehandlung.
Das TraumaNetzwerkD DGU ist eine wegweisende strukturelle und organisatorische Innovation der Versorgung Schwerverletzter in der Bundesrepublik Deutschland. Ziel ist die optimale Schwerverletztenversorgung rund um die Uhr unter standardisierten Qualitätsmaßstäben zu gewährleisten. Derzeit befinden sich bundesweit über 50 lokale Traumanetzwerke in Gründung.
Zum Zeitpunkt der Katastrophe trafen sich Unfallchirurgen, Vertreter der Rettungsdienstorganisationen und Notfallmediziner aus ganz Deutschland zum 3. Jahreskongress TraumaNetzwerk der DGU, um über die Verbesserung der Versorgungsqualität von Unfallopfern in Deutschland zu diskutieren. „Das Unglück bei Rostock macht uns sehr betroffen, da wir leider zusammen mit den hervorragend aufgestellten Rettungskräften nicht allen Unfallopfern wegen der in den Fahrzeugen ausgebrochenen Brände rechtzeitig vor Ort noch helfen konnten. Unser tiefes Mitgefühl gilt deshalb den Angehörigen der Verstorbenen, unser Dank aber all den vielen kompetenten Einsatzhelfern vor Ort und den Kollegen in den an der Versorgung beteiligten Kliniken“ so Professor Tim Pohlemann in seiner Funktion als Präsident der DGU bei der Eröffnung des Kongresses am 9. April in Berlin.
Das Unglück mit dieser singulären Dimension zeigt einerseits auf, wie wichtig eine strukturierte Vernetzung der Ersthelfer und der unfallchirurgischen Kliniken gerade in bevölkerungsarmen Flächenstaaten ist. Andererseits werden aber auch die Grenzen einer unfallchirurgischen Versorgung sichtbar. Die genaue Aufarbeitung der Katastrophe soll nun weitere wichtige Hinweise für die zukünftige Gestaltung des Traumanetzwerkes Mecklenburg-Vorpommern bringen.
Mehr Informationen unter:
www.dgu-online.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Ein Liter Sprit, wie weit kommen Rostocker Studenten?
Ingrid Rieck
Presse und Kommunikation
Universität Rostock
Sie fährt leidenschaftlich gerne Auto, aber auch Motorrad. Studentin Maria Tönse (20) ist 1,63 m groß, wiegt 53 Kilogramm. „Ich bin aber kein PS-Junkie“, sagt die zarte Rostockerin, die für das 20-köpfige Team der Rostocker Universität beim 27. Shell-Marathon vom 26. bis 28. Mai auf dem Eurospeedway Lausitz, südlich von Berlin, an den Start gehen wird.
Beim größten Energie-Effizienzwettbewerb in Europa, fließt Benzin nur tröpfchenweise. Es geht darum, wer mit einem Liter Benzin in einem selbstkonstruierten Fahrzeug am weitesten kommt. „Ich gebe alles, damit wir gewinnen“, sagt die 20-Jährige, die bis zum Wettkampf der Studenten drei Kilo abnehmen will. Sprit sparen und dabei beim Konstruieren und Bauen des Fahrzeugs lernen, darum geht es den Studenten und Mitarbeitern der Universität Rostock um Teamleiterin Christin Freese. Sie eint das Ziel, so gut wie möglich abzuschneiden. Die Konkurrenz ist groß: Angemeldet haben sich 223 Teams, davon 25 aus Deutschland.
„Wir bauen das Fahrzeug in Leichtbaukonstruktion komplett alleine“, sagt Christin Freese. Bis zum 1. Mai soll es fertig sein. Dann geht es auf zu Probefahrten auf dem Rostocker Uni-Sportplatz am Waldessaum. Mit hohen Sicherheitsstandards. Davon überzeugen sich Experten von Shell vor dem Wettkampf. „Nicht schwerer als 50 Kilogramm soll das Auto werden“, betont die angehende Wirtschaftsingenieurin. Beim Wettkampf liegt die Fahrerin, die mit einem Fünfpunktgurt gesichert wird, in einer ultraleichten Sitzschale.
Student Peter Jennerjahn aus dem 6. Semester stellt klar: „Wir fahren nicht mit E 10. Der Brennwert von Super ist höher als der von E10″, sagt der angehende Ingenieur und fügt hinzu: „Dadurch wird eine bessere Reichweite möglich“. Alle seine anderen Mitstreiter sind Tüftlerfüchse und kommen aus der Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik. Sie mussten bei der Konstruktion und dem Bau des Fahrzeuges nicht ganz bei null anfangen. Zum dritten Mal beteiligt sich die Uni Rostock an diesem Wettbewerb. Im Premierenjahr erreichte das Team von 160 Teilnehmern einen 94. Platz und kam mit einem Liter Superbenzin über 200 Kilometer weit. Letztes Jahr schieden die Rostocker wegen Maschinenprobleme aus. „Deshalb bauen wir jetzt bis auf den Antrieb ein komplett neues Fahrzeug“, sagt Student Moritz Braun. Ein U-Profil aus Aluminium bildet den Rahmen des Fahrzeuges. Die Außenhaut mit strömungstechnisch optimierter Hülle erinnert an die Silhouette eines Haifisches oder an eine Kreuzung von Moped und Fahrrad. Dass, was da in der Forschungshalle der Uni Rostock in vielen, vielen Stunden entsteht, ist am Ende Hochtechnologie vom Feinsten. „Die Automobilindustrie beäugt die Entwicklungen der Teams mit viel Interesse“, weiß Student Normann Koldrack. In Zeiten schwindender Rohstoffe bestehe die Herausforderung, Kraftstoff zu senken und Material zu sparen. „Wir sind alle um unsere Umwelt besorgt“, sagt Normann Koldrack. „Deshalb knobeln wir in Rostock an guten Lösungen für alternative Antriebssysteme“.
Das imponiert Professor Horst Harndorf, Leiter des Lehrstuhls für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren: „In der Fakultät Maschinenbau und Schiffstechnik verfolgen wir die Aktivitäten unserer Studenten mit großem Interesse und unterstützen sie nach Möglichkeit. Das gilt insbesondere für Forschungen auf dem Gebiet der effizienten Energieumwandlung, dem sich der Shell-Eco-Marathon widmet“, sagt der Professor. Er schätzt das Engagement der Studenten sehr. „Das dient dem guten Ruf der Universität Rostock gerade auch bei jungen Menschen über die Landesgrenzen hinaus“.
Prof. Harndorf sieht aber noch einen weiteren Aspekt: „Die größten Vorteile ergeben sich für die Studenten selbst. Die Erfahrungen, ein Fahrzeug mit allen Details bis zur Funktionsfähigkeit bringen zu müssen, seien von großem Wert. „Neben der Lösung technischer Fragestellungen sind Teilprojekte zu definieren und diese zeitlich und finanziell zu koordinieren. Die Studenten müssen Sponsorengelder einwerben, Netzwerke bilden und pflegen sowie ihre Teamfähigkeit unter Beweis stellen“. Der Professor ist überzeugt, „ dass das außerordentliche Engagement im Shell-Eco-Marathon-Team durch potenzielle Arbeitgeber sehr positiv bewertet wird.“
Auf jeden Fall gehört den Studenten um Teamleiterin Christin Freese die Sympathie der Daimler AG, Niederlassung Rostock. „Wenn es solche Pioniere des Fahrzeugbaus nicht geben würde, die an Lösungen knobeln, wie der Spritverbrauch weiter reduziert werden kann, wären wir nicht da, wo wir heute sind“, sagt Verkaufsleiter Axel Hoffmeyer. Für ihn ist das Projekt eine „interessante Sache, die Unterstützung verdient“. Axel Hoffmeyer sagt: „Wir geben 500 Euro für die Knobler.
Den Kraftstoff zu reduzieren, das ist auch unser Thema“. Teamleiterin Christine Freese freut sich über die spontane Hilfe von der Daimler AG Rostock. „Ganz ohne Sponsoren läuft das Projekt nicht“.
Zu den weiteren Unterstützern der Studenten gehören das Rostocker Fahrradfach-geschäft Little John Bikes (Josef Weißbäcker); der Verein CSER, die Hanse Yachts AG, der Verband der Ingenieure, Professoren und Mitarbeiter der Rostocker Fakultät Maschinenbau und Schiffstechnik.
Kontakt:
Christin Freese
Sprecherin des Rostocker Teams
Kontakt: Telefon: 0173 24 76 934
Mail: christin.freese@uni-rostock.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Beim Wandern: UKM-Hautexperten raten speziell Männern mit Glatze zu ausreichendem Sonnenschutz
Stefan Dreising
Stabsstelle Unternehmenskommunikation
Universitätsklinikum Münster
„Kopfhaut ist typische Stelle für den weißen Hautkrebs“
Münster (ukm/dre). Speziell Männer mit Glatze bzw. hohem Haaransatz sollten bei Wanderungen oder Radtouren auch in dieser Jahreszeit bereits auf ausreichend Sonnenschutz für die Kopfhaut achten. Das raten Prof. Dr. Cord Sunderkötter und Prof. Dr. Meinhard Schiller vom Hauttumorzentrum des Universitätsklinikums Münster (UKM) angesichts der beginnenden Osterferien in Nordrhein-Westfalen. Schiller: „Speziell die Kopfhaut oder auch die Wangen sind typische Stellen für den beginnenden hellen Hautkrebs: Diese Hautflächen sind oft direkt der Sonnenausstrahlung ausgesetzt. Andere häufige Stellen können etwa die Handrücken oder die oberen Ohren-Enden sein.“ Angesichts der dünneren Ozonschicht bestehe jetzt schon eine erhöhte Sonnenintensität, vor der gerade solche Köperregionen geschützt werden müssen, so der Hautexperte.
Sunderkötter nennt folgende Möglichkeiten, um das Erkrankungsrisiko zu senken: „In der Mittageszeit direkte Sonneneinstrahlung vermeiden, auch jetzt schon beim Wandern oder bei der Radtour Sonnenschutzmittel nutzen, und die Haut, z.B. durch Kopfbedeckungen und entsprechende Kleidung, vor der Sonne schützen. Sonnenschutz ist kein Thema, dass uns nur im Sommerurlaub am Strand interessieren sollte.“
Diese Vorstufen des langsam wachsenden, aber bösartigen Tumors der obereren Hautschicht („Plattenepithelkarzinom“) werden im Fachbegriff „Aktinische Keratose“ genannt. Kennzeichen sind milde, leichte Verhornungen auf der Haut, vornehmlich an den Stellen, die besonders der Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Oft werde diese durch die Patienten allerdings als nicht abheilende Schürfwunden wahrgenommen. Obwohl es sich um den häufigsten Hauttumor bei Menschen mit heller Haut weltweit handelt, ist diese Krebsart noch relativ unbekannt. Schiller: „In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es jährlich 250.000 Neuerkrankungen am weißen Hautkrebs. Das sind 16 mal mehr als beim Schwarzen Hautkrebs („Malignes Melanom“).“
Gerade angesichts der nun beginnenden „Outdoor-Saison“ sollte jeder daher schon jetzt auf ausreichend Sonnenschutz achten.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Immer mehr chemische Produkte aus Biomasse
Dr. Anja Mikler
Zukünftige Technologien Consulting
VDI Technologiezentrum GmbH
ZTC-Studie analysiert biobasierte Herstellungsverfahren
Biomasse ist ein Rohstoff der Zukunft. Immer mehr chemische Zwischen- und Endprodukte werden aus Biomasse hergestellt. Biobasierte Herstellungsverfahren mit Raps, Mais oder Stroh ermöglichen neue Produkte in Bereichen wie Kunststoffe, Hydrauliköle oder Farben und Lacke. Inwieweit Biomasse und ihre möglichst vollständige Nutzung in Bioraffinerien traditionelle erdölbasierte Herstellungsweisen ablösen wird, analysiert die aktuelle Studie von Zukünftige Technologien Consulting der VDI Technologiezentrum GmbH.
Die Studie „Biomasse – Rohstoff der Zukunft für die chemische Industrie“ untersucht biobasierte Herstellungsverfahren bei 26 Vorläufersubstanzen, den sogenannten Plattformchemikalien. Bei elf dieser Plattformchemikalien ist eine starke Entwicklungsdynamik zu biobasierter Produktion zu verzeichnen. So werden beispielsweise die Produktionskapazitäten für Bernsteinsäure und der ausschließlich aus Biomasse hergestellten Polymilchsäure (PLA) weltweit ausgebaut. Aus Biomasse hergestellte Produkte sind insbesondere als Ersatz für erdölbasierte Produkte interessant.
Die chemische Industrie verfolgt mit biobasierten Herstellungsverfahren gleich mehrere Ziele: Den Nachhaltigkeitsgedanken ebenso wie die Sicherung und Erweiterung der Rohstoffbasis, die Prozesse effizienter und kostengünstiger zu gestalten sowie innovative Produkte zu erschließen bzw. die Produkteigenschaften zu verbessern. Aus ökonomischer Sicht bietet der Übergang zur biobasierten Chemie-Wirtschaft für Deutschland die Chance, neue Absatzmärkte und Wertschöpfungsketten im In- und Ausland zu erschließen. Darüber hinaus kann die Nutzung von Biomasse auch entscheidend dazu beitragen, die Ziele der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie durch CO2-Neutralität und nachhaltige Ressourcennutzung schneller zu erreichen.
Dabei zeigt die Studie jedoch auch, dass die Produktionsmengen der meisten, neuerdings aus Biomasse hergestellten Produkte noch vergleichsweise gering sind. Damit biobasierte Produktionsverfahren auch im großindustriellen Maßstab kostengünstig und kompetitiv umgesetzt werden können, sind allerdings noch zahlreiche technologische Herausforderungen zu meistern.
Die Übersichtsstudie „Biomasse – Rohstoff der Zukunft für die chemische Industrie“ erscheint als Band 90 in der ZTC-Reihe „Zukünftige Technologien“ und steht kostenfrei als PDF zum Download oder als Druckausgabe zur Verfügung unter: www.zukuenftigetechnologien.de/biomasse/
Kontakt:
Dr. Vera Grimm
Zukünftige Technologien Consulting
der VDI Technologiezentrum GmbH
VDI-Platz 1
D-40468 Düsseldorf
Fon: + 49 (0) 211 62 14 – 189
Fax: + 49 (0) 211 62 14 – 139
E-Mail: grimm@vdi.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Gesunder Appetit auf Nordseealgen
Christian Colmer
Pressestelle
ttz Bremerhaven
Algenhaltige Milchprodukte gleichen Ernährungsdefizite aus
Algen sind wahre Goldgruben unter den Nahrungsmitteln. Sie sind reich an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Ballaststoffen. Im asiatischen Raum stehen algenhaltige Nahrungsmittel längst auf der Speisekarte. Die Nährstofflieferanten aus dem Meer gelten als gesundheitsfördernde Delikatesse. In Deutschland sind Lebensmittelprodukte aus Algen hingegen eine Seltenheit – Algen kommen hier meist in der Pharma- und Kosmetikindustrie zum Einsatz. Das ttz Bremerhaven und die Meierei Langenhorn wollen die vitaminreiche Nahrung im Kühlregal etablieren.
Das ttz Bremerhaven und die Meierei Langenhorn entwickeln im vom Bund geförderten Projekt „Algaefood“ algenhaltige Milchprodukte, die der Vorbeugung und zum Ausgleich von Ernährungsdefiziten dienen sollen. Quark und (Frisch-)Käseprodukte werden mit aufbereiteten Nordseealgen angereichert und so in Funktionelle Lebensmittel umgewandelt, die neben ihrem Nährwert einen zusätzlichen gesundheitlichen Effekt haben. Makroalgen zeichnen sich durch ihren hohen ernährungsphysiologischen Wert aus: Sie enthalten eine hohe Konzentration an Mineralstoffen, Vitaminen, Spurenelemente und Ballaststoffen bei einem geringen Fettgehalt. Die vom ttz Bremerhaven und der Meierei Langenhorn entwickelten Nahrungsmittel sollen die Lebensqualität der Verbraucher steigern und die Geschmacksvielfalt bereichern. Die Popularitätssteigerung algenhaltiger Lebensmittel soll zur allgemeinen Gesundheitsförderung beitragen.
Das Projekt „Algaefood“ verwendet bei seiner Lebensmittelproduktion junge, aus Aquakultur stammende Nordsee-Makroalgen, die von einer Sylter Algenfarm bezogen werden. Die kontrollierte ökologische Kultivierung beeinflusst den Mineralstoffgehalt, den Gehalt sekundärer Pflanzenstoffe sowie die Schwermetall-Konzentration der Algen positiv. Die Algen werden vom ttz Bremerhaven und der Langenhorner Meierei mittels speziell entwickelter Zerkleinerungsverfahren und Trocknungstechnologien wie der Luft-, Gefrier- und Wirbelschichttrocknung aufbereitet und in Quark- und (Frisch-)Käseprodukten weiterverarbeitet. Die von der Meierei Langenhorn entwickelten Rezepturen sind so angelegt, dass die Algen einen positiven Einfluss auf Geschmack, Textur und Aussehen der Milchprodukte haben.
Das ttz Bremerhaven untersuchte mit Hilfe verschiedener Analyseverfahren (HPLC und IC) die Nährstoffgehalte und sekundären Pflanzeninhaltsstoffe der Makroalgen vor und nach ihrer Verarbeitung. So wird gewährleistet, dass die Wertstoffe nach dem Trocknungs- und Zerkleinerungsverfahren im Endprodukt erhalten bleiben. Außerdem untersuchte man, ob kritische Substanzen wie Schwermetalle oder pathogene Keime wie Listeria, E. coli oder Staphylokokken in den Algen enthalten sind.
Bei der Verarbeitung wird die Braunalge Laminaria saccharina eingesetzt. Sie enthält viele Mineralien wie Calcium oder Magnesium, außerdem Spurenelemente wie Eisen und die Vitamine A, B1, B2, B3, B12, C und E. Die Nährstoffe werden mit Hilfe sekundärer Pflanzenstoffe wie Proanthocyanidine im Gastrointestinaltrakt, dem Hauptteil des Verdauungstrakts, aufgenommen. Der Jodgehalt der Laminaria saccharina aus der Sylter Algenfarm ist etwa zehnmal geringer als der ausgewachsener, im Meer gewonnener Algen und eignet sich für Konsumenten mit Jodmangel. Während Jodmangel Störungen der Schilddrüsenfunktion verursacht, wirkt sich auch ein zu hoher Jodkonsum gesundheitsschädigend aus. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Jugendlichen und Erwachsenen im Jodmangelgebiet Deutschland eine tägliche Jodzufuhr von etwa 0,2 Milligramm Jod, die maximale Tagesdosis liegt bei 0,5 Milligramm Jod. In den entwickelten Frischkäserezepturen wurden maximale Mengen von 0,092 Milligramm Jod pro 100 Gramm verwendet. 100 Gramm Magerquark enthalten maximal 0,047 Milligramm Jod.
Das ttz Bremerhaven untersuchte im Rahmen einer Verkostung mit sieben Prüfpersonen den Akzeptanzschwellenwert der Algen sensorisch. Diese maximale Zugabe von Jod durch Algen darf nicht überschritt werden, um das Produkt nicht negativ zu beeinflussen. Die Meierei Langenhorn entwickelte auf der Grundlage der Ergebnisse Rezepturen für algenhaltige Quark- und (Frisch-)Käseprodukte. Getestet wurden Quark mit Algen sowie verschiedenen Gewürzen, Kräuter und Lachs. Anschließend ermittelte das ttz Bremerhaven in seinem Sensoriklabor die Akzeptanz und Kaufbereitschaft der Verbraucher. Der Zielgruppe entsprechend bewerteten 60 Frauen und Männer zwischen 20 und 65 Jahren algenhaltige Quarkprodukte. Die Verkostung wurde als Blindtest durchgeführt, das heißt, es wurden keine Informationen über den Hersteller oder zur Verpackung des Produkts angegeben. Die Tester zeigten sich aufgeschlossen gegenüber der nährstoffreichen Kost: Zwei der algenhaltigen Quarkprodukte, Quark mit indischen Gewürzen sowie Quark mit Bärlauch, könnten nach Rezeptverfeinerungen vermarktet werden.
Das ttz Bremerhaven ist ein Forschungsdienstleister und betreibt anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung. Unter dem Dach des ttz Bremerhaven arbeitet ein internationales Experten-Team in den Bereichen Lebensmittel, Umwelt und Gesundheit.
Kontakt:
Christian Colmer
Leiter Kommunikation und Medien
ttz Bremerhaven
Fischkai 1
D-27572 Bremerhaven (Germany)
Phone: +49 (0)471 48 32 -124
FAX: +49 (0)471 48 32 – 129
ccolmer@ttz-bremerhaven.de
www.ttz-bremerhaven.de
Weitere Informationen:
http://www.ttz-bremerhaven.de
Anhang: Jod in Algen
http://idw-online.de/de/attachment8443
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Fünf gute Gründe, E10 in den Tank zu füllen
Dr. Anne Hardy
Marketing und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Biosprit-Experte Prof. Eckhard Boles wendet sich gegen Fehlinformationen und schädliche Panikmache
FRANKFURT. Als „absurd und irrational“ bezeichnet der Biowissenschaftler Prof. Eckhard Boles von der Goethe Universität die aktuelle emotionsgeladene Debatte um die Einführung von E10. „Es ist nicht der Biokraftstoff E10, der angeklagt und verdammt werden muss, sondern die eklatanten Fehler in der Informationsweitergabe der Automobilindustrie und der Politik, und nicht zuletzt die sensationslüsterne Panikmache in den deutschen Medien.“ Boles erforscht seit vielen Jahren die Gewinnung von Biosprit aus Pflanzenabfällen. Seine Methode hat den Vorteil, dass sie nicht in Konkurrenz zur Produktion hochwertiger Nahrungsmittel wie Zuckerrohr oder Mais tritt.
Boles nennt 5 gute Gründe für die Einführung von Super E10:
1. Bioethanol hat eine positive Klimabilanz.
Das in Deutschland verwendete Bioethanol ist nach EU-Nachhaltigkeitsvorschriften zertifiziert und spart gegenüber Benzin etwa 50 Prozent des klimaschädlichen Gases CO2 ein. Weiterführende Entwicklungen in den nächsten Jahren werden zur Einsparung von über 90 Prozent CO2 führen.
2. Die Gewinnung von Bioethanol ist ökologisch vertretbar.
Die biologische Herstellung von Bioethanol leistet einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz. Da die Pflanzen auf überschüssigen Ackerflächen wachsen, wird die Artenvielfalt dadurch nicht bedroht und kein Regenwald gerodet.
3. Bioethanol macht unabhängig von den Ölmultis im nahen Osten.
Eine lokale und dezentralisierte Produktion von Kraftstoffen gibt angesichts immer wieder aufflackernder politischer Unruhen in den Ölstaaten mehr Planungssicherheit und Preisstabilität.
4. Die Produktion von Bioethanol schafft Arbeitsplätze in Deutschland und nützt hiesigen Bauern.
5. Bioethanol schont die Erdölreserven.
Erdöl ist zu schade, um in Automotoren verbrannt zu werden. Es sollte besser der Produktion wertvoller Produkte wie Kunststoffe oder Medikamente dienen.
Nicht verstehen kann Boles die vielen Fehlinformationen über mögliche Schäden für die Fahrzeuge. Er fährt nicht nur seinen eigenen Wagen seit Jahren mit einem Anteil von über 10 Prozent Bioethanolanteil im Benzin, sondern verweist auch auf die guten Erfahrungen in Brasilien, den USA und Schweden: „In Brasilien wird Bioethanol seit Jahren in deutlich höheren Konzentrationen dem Benzin zugemischt, ohne dass dabei Schäden am Motor oder den Dichtungen aufgetreten wären.“ Auch in den USA gibt es seit Anfang 2011 bereits E15 mit 15 Prozent Bioethanolanteil. Die Autos dort fahren mit denselben Motoren wie die Autos in Deutschland. Probleme sind nicht bekannt.
Noch wünschenswerter als die Einführung von E10 wäre nach Ansicht von Boles die politische Unterstützung für die Einführung von E85. In Schweden wird E85 stark gefördert und von den Verbrauchern gut akzeptiert. Bis 2018 wollen die Schweden von Mineralöl unabhängig sein „Mit nur geringfügiger Umrüstung könnten auch bei uns fast alle Autos mit E85 fahren“, so Boles. Damit hätten alle Autofahrer freie Wahl, entweder normales Benzin oder E85 zu tanken. Da Bioethanol eine geringere Energiedichte hat als Benzin, beträgt der Mehrverbrauch bei E10 etwa zwei Prozent. „Dieser Unterschied muss von den anbietenden Mineralölfirmen preislich ausgeglichen werden“, fordert Boles.
Um die Gewinnung von Biosprit aus Pflanzenabfällen im industriellen Maßstab weiter entwickeln zu können, hat Prof. Boles zusammen mit Dr. Gunter Festel die Firma Butalco gegründet. Sie finanziert sich vor allem aus privaten Mitteln. Hauptinvestor ist der norddeutsche Windenergie-Produzent Volkswind GmbH.
Informationen: Prof. Eckhard Boles, Institut für Molekulare Biowissenschaften, Campus Riedberg, Tel: (069) 798- 29513; Mobil: 0170/6031833; e.boles@bio.uni-frankfurt.de.
Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 von Frankfurter Bürgern gegründet, ist sie heute eine der zehn drittmittelstärksten und größten Universitäten Deutschlands. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Parallel dazu erhält die Universität auch baulich ein neues Gesicht. Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht ein neuer Campus, der ästhetische und funktionale Maßstäbe setzt. Die „Science City“ auf dem Riedberg vereint die naturwissenschaftlichen Fachbereiche in unmittelbarer Nachbarschaft zu zwei Max-Planck-Instituten. Mit über 55 Stiftungs- und Stiftungsgastprofessuren nimmt die Goethe-Universität laut Stifterverband eine Führungsrolle ein.
Herausgeber: Der Präsident
Abteilung Marketing und Kommunikation, Postfach 11 19 32,
60054 Frankfurt am Main
Redaktion: Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation Telefon (069) 798 – 2 92 28, Telefax (069) 798 – 2 85 30, E-Mail hardy@pvw.uni-frankfurt.de
Internet: www.uni-frankfurt.de
Weitere Informationen:
http://www.butalco.com/
http://www.pentalco.de/
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Kohlenmonoxid als heilendes Gift
Gabriele Rutzen
Presse und Kommunikation
Universität zu Köln
Forscher entwickeln Moleküle für den Einsatz in der Medizin
Kohlenmonoxid (CO) kann tödlich sein. Unbemerkt eingeatmet, führt das unsichtbare und geruchlose Gas zu Erstickungen, indem es den Sauerstofftransport im Blut blockiert. Kohlenmonoxid ist deshalb als gefährliches Atemgift gefürchtet. Doch allein die Menge macht das Gift, wie schon der berühmte Arzt Paracelsus feststellte. So hat Kohlenmonoxid auch Einfluss auf viele andere Vorgänge im menschlichen Körper. Und dabei sogar heilende Wirkungen: In winzigen Dosen wirkt es entzündungshemmend, verbessert die Organdurchblutung oder lindert Symptome von Lungenkrankheiten. Wissenschaftler haben diese Eigenschaften erst in den letzten Jahren entdeckt und so den Weg für neue medizinische Anwendungen geebnet. Zwar wird Kohlenmonoxid vom Menschen in bestimmten Mengen selbst produziert, aber der gezielte Einsatz könnte bisherige Therapieansätze maßgeblich erweitern.
Eine solche Nutzung von Kohlenmonoxid ist aber nicht unproblematisch. Der Einsatz als Gas kommt aufgrund seiner Giftigkeit kaum in Betracht. Dies würde eine Verabreichung über die Lunge bedeuten, wo das Kohlenmonoxid die normale Sauerstoffaufnahme behindert. Alternativen sind gefragt. Die Forschung arbeitet deshalb an der Entwicklung von Stoffen, die Kohlenmonoxid direkt im Körper freisetzen können. In diesem Zusammenhang ist einem Team aus Forschern der Universitäten in Köln und Regensburg nun ein wichtiger Schritt gelungen. Die Wissenschaftler entwickelten neue Moleküle, die in den Zellen des menschlichen Körpers aktiviert werden und dabei Kohlenstoffmonoxid freisetzen, was wiederum direkt vor Ort wirken kann. Die technische Entwicklung der Moleküle und der Nachweis der CO-Freisetzung erfolgten unter Federführung von Prof. Dr. Hans-Günther Schmalz vom Institut für Organische Chemie der Universität zu Köln. Durch Dr. Sabine Amslinger vom Institut für Organische Chemie und Dr. Birgit Krauss vom Institut für Pharmazie der Universität Regensburg wurde zudem gezeigt, dass durch die Moleküle auch die Wirkung des „Entzündungsproteins“ iNOS (induzierbare NO-Synthase) effektiv gehemmt wird.
Bisher bekannte CO-freisetzende Moleküle hatten den Nachteil, dass sie relativ wenig Kohlenmonoxid produzieren, unkontrolliert zerfallen, vom lokalen pH-Wert abhängig sind oder aber eine Bestrahlung durch UV-Licht notwendig ist. Die neuen Moleküle, die schon als Patent angemeldet wurden, bestehen aus einem Eisen-Kohlenmonoxid- und einem organischen Teil. Der organische Teil kann mit bestimmten, körpereigenen Enzymen – Lipasen und Esterasen – reagieren und die Moleküle werden so aktiviert. Das dabei freigesetzte Kohlenmonoxid kann auf diese Weise als Botenstoff oder Signalmolekül und damit als Therapeutikum in bestimmten Körperzellen eingesetzt werden.
Die möglichen Anwendungen in der Medizin sind vielfältig: So könnten die neuen Moleküle bei der Krebstherapie, bei der Behandlung von Strahlungsschäden, bei Alzheimer, gegen Bluthochdruck, Bronchitis, Rheuma oder gegen Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantationen zum Einsatz kommen. Die Ergebnisse der Forscher wurden vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „Angewandte Chemie (International Edition“ veröffentlicht (DOI: 10.1002/anie.201006598).
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Hans-Günther Schmalz
Universität zu Köln
Institut für Organische Chemie
Tel.: 0221 470-3063
schmalz@uni-koeln.de
Dr. Sabine Amslinger
Universität Regensburg
Institut für Organische Chemie
Tel.: 0941 943-4650
Sabine.Amslinger@chemie.uni-regensburg.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
TU Bergakademie Freiberg setzt mit Spitzencluster auf die Nutzung der Abwärme
Cornelia Riedel
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Bergakademie Freiberg
Mit der Bewerbung für ein einzigartiges Forschungsprojekt zum Thema Pyroelektrika hat sich die TU Bergakademie Freiberg in der ersten Runde des Spitzenclusterwettbewerbs des BMBF beworben. Pyroelektrika sind eine spezielle Form von Materialien, die Wärme direkt in elektrische oder chemische Energie umwandeln können. Mit dieser Eigenschaft sind sie Grundlage vieler Innovationen im Hinblick auf eine effiziente und nachhaltige Stoff- und Energiewirtschaft. Im Freiberger Projekt „Pyrolabs“ sollen Pyroelektrika und ihre Anwendung unter anderem bei der Nutzung von Abwärme, bei der Herstellung von Chemieprodukten und in der Umwelttechnik erforscht und erstmalig großtechnisch eingesetzt werden.
Weltweit geht etwa die Hälfte der eingesetzten Energie heute selbst in modernen Kraftwerken oder der Chemiebranche in Form von Abwärme verloren. Mit der Bewerbung für ein einzigartiges Forschungsprojekt zum Thema Pyroelektrika hat sich die TU Bergakademie Freiberg in der ersten Runde des Spitzenclusterwettbewerbs des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beworben. Pyroelektrika sind eine spezielle Form von zumeist kristallinen Materialien, die Wärme direkt in elektrische oder chemische Energie umwandeln können. Mit dieser besonderen Eigenschaft sind sie Grundlage vieler einzigartiger Innovationen im Hinblick auf eine effiziente und nachhaltige Stoff- und Energiewirtschaft. Im Freiberger Projekt „Pyrolabs“ sollen Pyroelektrika und ihre Anwendung unter anderem bei der Nutzung von Abwärme, bei der Herstellung von Chemieprodukten und in der Umwelttechnik erforscht und erstmalig großtechnisch eingesetzt werden.
„Unser neues Forschungsprojekt ist im Hinblick auf die Einhaltung der Klimaziele der Bundesregierung und die Sicherung der Rohstoff- und Energiebasis für das Nach-Erdölzeitalter von nationaler und natürlich auch internationaler Bedeutung“, sagt Professor Bernd Meyer, Rektor der TU Bergakademie Freiberg. „Unser Ziel ist es, in dem Forschungsverbund das Innovationspotenzial unserer Universität mit den vorhandenen Kompetenzen mehrerer Wirtschaftszweige in der Region, also in Sachsen sowie dem mitteldeutschen Raum, unter Beteiligung überregionaler Industriepartner zusammenzuführen. Mit unseren Forschungsergebnissen und Visionen wollen wir die vielfältigen Nutzungspotenziale der Pyroelektrika für den industriellen Einsatz und für die gesamte Gesellschaft nutzbar machen. Insbesondere beabsichtigen wir, uns den globalen Herausforderungen im Energie- und Umweltbereich zu stellen“, so Meyer.
Er betont die Rolle der TU Bergakademie Freiberg als Ressourcenuniversität, die sich den Zielen einer effizienten und gleichzeitig nachhaltigen Stoff- und Energiewirtschaft verpflichtet fühlt. „Die Braunkohlevorräte in unser Region sind nach anerkannten Prognosen für über 200 Jahre ausreichend. Wir sind also in diesem Zusammenhang ein rohstoffreiches Land. Nur müssen wir die Kohle als Ressource für neue Stoffe nutzen und wollen das heute noch als schädliches Treibhausgas freigesetzte Kohlendioxid als Grundstoff für eine neue Kohlechemie im Stoffkreislauf halten.“
„Wir wollen die Pyroelektrika, die zur Zeit vorwiegend in der Sensorik, etwa in Bewegungsmeldern für die Hausbeleuchtung, eingesetzt werden, so weiterentwickeln, dass sie für neue Technologien nutzbar sind. Sie bieten noch ungeahnte Potenziale und sind in ihrer Bedeutung etwa mit den Vitaminen für unsere Ernährung oder Katalysatoren für die Abgasreinigung vergleichbar. So könnte zum Beispiel in einem Kraftwerk aus der bisher nicht mehr verwendeten Abwärme mit unserem Know-how Wasserstoff erzeugt und dieser mit dem zugleich erzeugten Abfallprodukt Kohlendioxid zu einem Grundstoff für die chemische Industrie für das Nach-Erdölzeitalter zusammengeführt werden“, erklärt Prof. Dirk Meyer, Sprecher des Spitzenclusters, die Chancen des Forschungsverbunds.
Die Bergakademie ist damit eine von zwei sächsischen Universitäten, die sich mit einem Spitzencluster-Antrag beim Bundesministerium für Bildung und Forschung bewirbt. Als Cluster bezeichnet man einen Forschungsverbund, in dem sich Wissenschaftler und Industriepartner einem gemeinsamen Thema widmen. Der Spitzencluster-Wettbewerb ist Teil der Hightech-Strategie der Bundesregierung: Er wurde im August 2007 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ins Leben gerufen und soll die leistungsfähigsten Forschungsverbünde auf dem Weg in die internationale Spitzengruppe unterstützen.
24 Projektskizzen sind deutschlandweit aktuell im Spitzencluster-Wettbewerb eingereicht worden. Bis Juni werden von einer hochkarätig besetzten Jury fünfzehn ausgewählt. Am Schluss erhalten fünf der Projekte eine Förderung von 40 Millionen Euro über fünf Jahre. Voraussetzung ist das Engagement der Privatwirtschaft in gleicher Höhe und die ideelle und finanzielle Unterstützung durch das jeweilige Land. Die TU Bergakademie Freiberg hat bereits eine finanzielle Beteiligungszusage der Industrie in entsprechender Höhe erhalten.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Du bist ja so peinlich!
Johannes Scholten
Pressestelle
Philipps-Universität Marburg
Wenn man sich für andere schämt, sind vergleichbare Gehirnareale aktiv, wie wenn man den Schmerz anderer nachempfindet. Das ist das Resultat einer aktuellen Studie zu den neuronalen Grundlagen des Fremdschämens, die Wissenschaftler der Philipps-Universität in der aktuellen Ausgabe des Online-Wissenschaftsmagazins „PLoS One“ veröffentlichten, die am kommenden Mittwoch erscheint. Die Autoren um Dr. Sören Krach und Frieder Paulus berichten darin über Ergebnisse, die sie mittels Verhaltensexperimenten und funktionaler Magnet-Resonanzbildgebung (fMRT) erzielt haben.
Unterhaltungssendungen wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Stromberg“ erfreuen sich großer Beliebtheit – sie liefern Fremdscham dank peinlicher Situationen frei Haus, auch ohne dass die Betroffenen selbst etwas davon mitbekommen. „In sozialen Interaktionen ist es von so großer Bedeutung, das Gesicht nicht zu verlieren, dass man sich schämt, wenn man sich im Geiste in die Lage eines anderen versetzt, die von außen betrachtet peinlich erscheint“, schreiben die Autoren der aktuellen Studie.
Zahlreiche fMRT-Untersuchungen haben gezeigt, in welchen Hirnregionen Mitleid verarbeitet wird, das man bei der Beobachtung körperlicher Verletzungen anderer empfindet: nämlich in der anterioren Insula und dem anterioren cingulären Cortex. Für das Phänomen stellvertretender Scham gibt es hingegen bislang noch keine vergleichbaren Studien, die empathisches Verhalten mit neuronaler Aktivität in Beziehung setzen.
Um diese Lücke zu schließen, führten die Wissenschaftler zwei Studien durch. In einer Fragebogenstudie konfrontierten sie mehr als 600 Freiwillige mit kurz beschriebenen, peinlichen Szenen und registrierten die Reaktionen. Das Ergebnis: Das Gefühl der Scham stellt sich relativ unabhängig davon ein, ob sich die beobachtete Person ihrerseits blamiert fühlt oder nicht.
In einer zweiten Untersuchung identifizierten die Studienautoren mittels fMRT, welche Gehirnareale aktiv sind, wenn man andere dabei beobachtet, wie sie absichtlich oder unabsichtlich in der Öffentlichkeit soziale Normen verletzen. Die Forscher maßen die Gehirntätigkeit von 32 Probanden, während diese Darstellungen peinlicher Situationen betrachteten. „Hierbei fanden wir robuste Aktivierungen der anterioren Insula und im anterioren cingulären Cortex, dem Hirnstamm und dem Kleinhirn“, erklärt Seniorautor Krach – „einem Netzwerk, das auch involviert ist, wenn man Mitgefühl bei körperlichen Schmerzen empfindet.“ Wie erwartet, zeigte sich eine starke neuronale Aktivität selbst dann, wenn sich die beobachtete Person der Peinlichkeit ihrer Lage nicht bewusst war.
Originalveröffentlichung: Sören Krach & al.: Your Flaws Are My Pain: Linking Empathy To Vicarious Embarrassment, PLoS One, 13. April 2011
Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Dr. Sören Krach,
Fachbereich Medizin
Tel.: 06421 58-65204
E-Mail: krachs@med.uni-marburg.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
DGIM: Starkes Übergewicht senkt Heilungschancen von Brustkrebs
Anna Julia Voormann
Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V.
Wiesbaden – Eine aktuelle Studie zeigt, dass übergewichtige Frauen von einer Brustkrebstherapie weniger profitieren als normalgewichtige. Sie unterliegen einem deutlich erhöhten Risiko, erneut Krebs zu bekommen und daran zu sterben. In den Industrieländer ist jeder zweite übergewichtig und jeder sechste fettleibig Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin warnt deshalb davor, dass Übergewicht die Heilungschancen von Erkrankungen herabsetzt, auch wenn diese keine unmittelbare Folge der übermäßigen Körperfülle sind. Adipositas und personalisierte Therapien gegen Krebs sind wichtige Themen des 117. Internistenkongresses, der vom 30. April bis 3. Mai 2011 in Wiesbaden stattfindet.
Für die Studie hatten dänische Forscher über einen Zeitraum von 30 Jahren fast 19 000 Frauen untersucht. Alle Studienteilnehmerinnen waren wegen Brustkrebs im Frühstadium behandelt worden. Das Ergebnis: Sowohl Chemo- als auch antihormonelle Therapien zeigten bei den stark übergewichtigen Frauen langfristig weniger Effekte. Patientinnen, deren Body Mass Index bei 30 oder darüber lag, hatten im Vergleich zu normalgewichtigen Frauen ein um 46 Prozent erhöhtes Risiko, innerhalb von 10 Jahren nach der Brustkrebsbehandlung Metastasen in anderen Organen zu entwickeln. Das Risiko, 30 Jahre nach der Behandlung an Brustkrebs zu sterben, war bei den übergewichtigen Patientinnen um 38 Prozent erhöht.
„Volkserkrankungen“ wie Diabetes, Adipositas und auch Essstörungen gewinnen aufgrund ihrer Häufigkeit und möglicher Folgeerkrankungen immer mehr an Bedeutung“, sagt Professor Dr. med. Hendrik Lehnert, Vorsitzender der DGIM aus Lübeck. Die metabolische Kommunikation verstehen Forscher zunehmend besser. „Dass Fettleibigkeit sich auch auf Heilungschancen von Erkrankungen wie Brustkrebs negativ auswirkt, hat dramatische Folgen, sowohl für die betroffenen Patientinnen als auch für das Gesundheitssystem“, betont Kongresspräsident Lehnert.
Die OECD-Studie „Obesity and the Economics of Prevention: Fit not Fat“ von September 2010 zeigt, dass in den Ländern der OECD aktuell durchschnittlich jeder zweite übergewichtig und jeder sechste fettleibig ist. Der Studie zufolge, wird sich der Anteil übergewichtiger Menschen in vielen Ländern in der kommenden Dekade voraussichtlich weiter um ein Prozent jährlich erhöhen. Die Bundesärztekammer schätzt die Folgekosten von Übergewicht in Deutschland schon heute auf 15 bis 20 Milliarden Euro pro Jahr.
Zu den vier Hauptthemen des 117. Internistenkongresses gehören Stoffwechselmedizin, personalisierte Therapie in der Onkologie, Immunität und Entzündung und klinische Epidemiologie. Die Jahrestagung der DGIM findet vom 30. April bis 3. Mai 2011 in den Rhein-Main-Hallen in Wiesbaden statt.
Quelle:
Marianne Ewertz et al.: Effect of Obesity on Prognosis after Early-Stage Breast Cancer. Journal of Clinical Oncology, January 1, 2011, Vol. 29 no.1 25-31.
Terminhinweise:
Symposium: State of the Art in der Therapie der morbiden Adipositas
Termin: Sonntag, 1. Mai 2011, 8.15 bis 9.45 Uhr
Ort: Saal 7, Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden
Symposium: Body composition
Termin: Sonntag, 1. Mai 2011, 13.15 bis 14.45 Uhr
Ort: Saal 11, B, Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden
http://www.dgim2011.de
http://www.dgim.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Broschüre REACH-Info 8 „Nächste Schritte unter der EU-Verordnung REACH“ erschienen
Jörg Feldmann
Pressestelle
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Dortmund – Der REACH-Prozess im europäischen Chemikalienrecht ist im Fluss. Mit der Broschüre REACH-Info 8 „Nächste Schritte unter der EU-Verordnung REACH“ gibt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) als nationale Auskunftsstelle im REACH-Verfahren einen Überblick über Maßnahmen, die verschiedene Akteure jetzt in Angriff nehmen müssen. Neben den REACH-Verpflichtungen kommen auf Hersteller und Importeure einige Meldepflichten im Rahmen der CLP-Verordnung zu. Die Broschüre geht auf Pflichten in Zusammenhang mit der Registrierung, der Zulassung oder Beschränkung von Stoffen und der CLP-Verordnung ein.
Nach dem Grundsatz „ohne Daten kein Markt“ dürfen unter REACH Stoffe nur noch hergestellt und vermarktet werden, wenn sie bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) registriert wurden. Bei der Registrierung müssen Hersteller und Importeure Daten über die Stoffeigenschaften vorlegen, mit denen sich Gefährdungen für Mensch und Umwelt bewerten lassen. Die Bewertung muss jede Verwendung des Stoffes berücksichtigen. REACH-Info 8 stellt das Registrierungsverfahren in seinen Einzelheiten vor, nennt Registrierungsfristen und Ausnahmeregelungen.
Manche Stoffe besitzen besonders besorgniserregende Eigenschaften. Sie können beispielsweise das Erbgut verändern oder sind biologisch schwer abbaubar. Diese Stoffe können möglicherweise künftig einem Zulassungsverfahren unterworfen sein. Dann dürfen sie nur noch genutzt werden, wenn die Verwendung zugelassen ist. Stoffe, von denen unannehmbare Risiken für Mensch und Umwelt ausgehen, können durch das Beschränkungsverfahren vollständig oder für bestimmte Verwendungen verboten werden.
Darüber hinaus geht die Broschüre kurz auf Meldepflichten durch die CLP-Verordnung zu Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung ein und stellt die Leitfäden der ECHA als Handlungshilfen bei der Umsetzung vor. Ein Glossar und Hinweise auf nützliche Adressen im Internet runden die Broschüre ab.
Die Broschüre REACH-Info 8 „Nächste Schritte unter der EU-Verordnung REACH“ kann in kleinen Mengen kostenlos über das Informationszentrum der BAuA bezogen werden, Postfach 17 02 02, 44061 Dortmund, Telefon 0231 90 71-2971, Fax 0231 90 71-2679, E-Mail: info-zentrum@baua.bund.de.
Darüber hinaus steht die Broschüre im PDF-Format auf der Homepage des REACH-CLP Helpdesks http://www.reach-clp-helpdesk.de in der Rubrik Broschüren zum Herunterladen bereit.
Der REACH-CLP-Helpdesk beantwortet zudem Anfragen telefonisch 0231 9071-2971, per Fax 0231 9071-2679 oder E-Mail reach-clp@baua.bund.de.
Forschung für Arbeit und Gesundheit
Sichere und gesunde Arbeitsbedingungen stehen für sozialen Fortschritt. Sie ermöglichen Unternehmen wie auch der gesamten Volkswirtschaft einen Vorsprung im globalen Wettbewerb. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) forscht und entwickelt im Themenfeld Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, fördert den Wissenstransfer in die Praxis, berät die Politik und erfüllt hoheitliche Aufgaben – im Gefahrstoffrecht, bei der Produktsicherheit und mit dem Gesundheitsdatenarchiv. Die BAuA ist eine Ressortforschungseinrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Rund 660 Beschäftigte arbeiten am Hauptsitz in Dortmund und den Standorten Berlin, Dresden sowie in der Außenstelle Chemnitz.
Weitere Informationen:
http://www.baua.de/de/Publikationen/Broschueren/REACH-Info/REACH-Info-08.html Direkter Link zur Broschüre REACH-Info 8 „Nächste Schritte unter der EU-Verordnung REACH“
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
RUBIN: Wie der Walnussbaum das Ruhrgebiet erobert
Dr. Josef König
Pressestelle
Ruhr-Universität Bochum
Der Boom der wilden Walnuss
RUB-Geograph sucht Erklärung für massenhafte Verbreitung
Bis zum Jahr 2002 war in Bochum nur ein einziger wilder Walnussbaum bekannt, in einem Wald an der Ruhr im Stadtteil Stiepel. Heute sind es unzählige – die Walnuss boomt. Wieso, das untersucht Ingo Hetzel vom Geographischen Institut der Ruhr-Universität. Detektivisch durchkämmte er die Wälder eines Nord-Süd-Schnittes des Ruhrgebiets, wertete Klimadaten, Sonneneinfall, Bodenwerte aus, befragte Gartenbesitzer. Und musste in den Kreis der Hauptverdächtigen die Eichhörnchen aufnehmen. Über seine Studie berichtet die aktuelle Ausgabe von RUBIN, dem Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität Bochum.
RUBIN mit Bildern im Internet
Den vollständigen Beitrag mit Bildern finden Sie im Internet unter: http://www.ruhr-uni-bochum.de/rubin/rubin-fruehjahr-11/beitraege/beitrag9.html
Wälder detektivisch durchkämmt
Von Herten über Recklinghausen und Herne bis nach Bochum erstreckt sich das Untersuchungsgebiet von Ingo Hetzel. In fast jedem Wald wachsen hier Walnussbäume, doch keiner ist älter als acht Jahre. Ab 2007 gibt es einen regelrechten Boom, der Forschern Rätsel aufgibt. Ingo Hetzel verzeichnete alle gefundenen Walnussbäume, vermaß und fotografierte 520 von ihnen. Er maß den Lichteinfall mit einem „Sonnenschein-Sensor“, analysierte die Umgebung, nahm Bodenproben und analysiert deren Nährstoffgehalt. Eine Auswertung der Klimadaten für Bochum seit Anfang des 20. Jahrhunderts ergab einen ersten Anhaltspunkt: Seit 1999 lässt sich eine sprunghafte Erwärmung nachweisen, mit mehr warmen und weniger Frosttagen. „Die Walnuss ist schon lange in Gegenden mit mildem Weinbauklima beheimatet. Sie mag keinen Frost, vor allem keinen Spätfrost, weil er die schon angelegten Blüten schädigt, die nicht mehr neu gebildet werden können“, erklärt Ingo Hetzel. Die Wärme dürfte der Vermehrung der Bäume also zugutegekommen sein.
Sind die Eichhörnchen schuld?
Als alleinige Erklärung kann das Klima aber nicht dienen. Denn auch nach dem harten und langen Winter 2009/10 gab es wieder reichlich Walnuss-Nachwuchs in den Wäldern. Der Geograph forschte weiter. Zu fast jedem wilden Walnussbaum fand er einen „Mutterbaum“, der in einem Garten steht, und kam auf die Idee, die jeweiligen Besitzer zu befragen. Vielleicht tragen die Bäume erst seit kurzem Nüsse? Vielleicht wurden vermehrt Bäume gepflanzt? Die Interviews gaben dazu keine Anhaltspunkte, aber dennoch ein weiteres Indiz: Viele Gartenbesitzer waren gar nicht überrascht, dass sich die Walnuss so munter fortpflanzt. „Ist doch klar – es gibt ja auch viel mehr Eichhörnchen!“, hieß es oft. Die Nüsse sind für Eichhörnchen ein willkommenes Nahrungsmittel, das sie für den Winter verstecken, dann aber oft vergessen. Je mehr Eichhörnchen, desto mehr Aussaat, könnte man vermuten. Da leider niemand wissenschaftlich über Eichhörnchen forscht, konnte Ingo Hetzel diese Spur nicht weiter verfolgen. Nun erwartet er mit Spannung die Ergebnisse der laufenden Auswertungen seiner Bodenproben.
Themen in RUBIN
In der aktuellen Ausgabe von RUBIN finden Sie darüber hinaus folgende Themen: Antibiotika aus der anorganischen Molekülküche; Besser hören dank Algorithmen, Mit Druckluft Wind zwischenspeichern; Die Gedanken der Anderen; Kleine Strategen; Auf Augenhöhe mit Familie Aksoy; Scharfe Sicht auf Probe; Virus-Exporteur mit besonderen Aufgaben; Rein ins Nervensystem und von innen aufmischen; Leben hinter der Leitplanke. Rubin ist in der Pressestelle der Ruhr-Universität erhältlich (Tel. 0234/32-22830, rubin@presse.rub.de) und steht im Internet unter: http://www.rub.de/rubin.
Weitere Informationen
Dipl.-Geogr. Ingo Hetzel, Geographisches Institut der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-23378, E-Mail: i.hetzel@gmx.de
Redaktion: Meike Drießen
Weitere Informationen:
http://www.ruhr-uni-bochum.de/rubin/rubin-fruehjahr-11/beitraege/beitrag9.html – Vollständiger Beitrag mit Bildern
http://www.rub.de/rubin – RUBIN im Internet
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Die Jugend bleibt in der Nähe der Eltern
Monika Wimmer
Pressestelle
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin
Die Jugend weiß, wo es am schönsten ist: Ganz in der Nähe von Mutter und Vater. In die Ferne zieht es nur die wenigsten jungen Männer und Frauen, wenn sie das Elternhaus verlassen. Im Durchschnitt liegt ihre neue Bleibe gerade einmal 9,5 Kilometer entfernt vom Heim der Eltern. Jeder zehnte wagt sich sogar nur weniger als einen halben Kilometer weg. Das ist das Ergebnis einer jetzt vom DIW Berlin veröffentlichten Studie einer Forschergruppe um Thomas Leopold von der Universität Bamberg. „Besonders, wenn Mutter und Vater noch in dem Ort leben, in dem die Jugendlichen aufgewachsen sind, bleiben sie in deren Nähe“, sagt der Sozialwissenschaftler.
Leopold und seine Kollegen hatten Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ausgewertet. Besonders anhänglich sind demnach vor allem wenig gebildete Jugendliche aus bildungsfernen und ärmeren Familien. Drei Viertel von ihnen gründen ihren ersten eigenen Haushalt weniger als 20 Kilometer entfernt von den Eltern. „Selbst wenn es in der Region an Arbeitsplätzen mangelt, ist das für sie offenbar kein Grund, weiter weg zu ziehen“, sagt Thomas Leopold.
Vor allem junge Männer in Ostdeutschland sind stark im Ort ihrer Kindheit verwurzelt. Wesentlich mobiler sind dort die Frauen, die in der Regel besser ausgebildet sind als die jungen Männer. „Sie finden in ihren Heimatorten oft weder einen geeigneten Studien- oder Arbeitsplatz noch den passenden Partner“, so Leopold. „Für gebildete Frauen kommt es in der Regel nicht in Frage „nach unten“ zu heiraten, also einen Mann zu wählen, der weniger verdient und einen schlechteren Schulabschluss hat“, erläutert der Bamberger Soziologieprofessor Hans-Peter Blossfeld, der über mehrere Jahre das Heiratsverhalten der Deutschen untersucht hat.
Die Ergebnisse der Sozialwissenschaftler stellen eine gängige Auffassung in Frage. „Wir gehen davon aus, dass die erste eigene Wohnung eine geringere Rolle beim Erwachsenwerden spielt als bisher angenommen“, sagt Thomas Leopold. „Die meisten jungen Menschen bleiben in der Nähe der Eltern wohnen und verlassen ihr vertrautes Umfeld nicht. Warum sollten sie anschließend wesentlich selbständiger sein als zuvor?“
Stichwort SOEP
Die Untersuchung basiert auf den Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), der größten und am längsten laufenden interdisziplinäre Längsschnittuntersuchung in Deutschland. Das SOEP ist am DIW Berlin angesiedelt und gibt Auskunft über Faktoren wie Persönlichkeitsmerkmale, Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Im Auftrag des DIW Berlin werden jährlich mehr als 20 000 Personen in rund 10 000 Haushalten von TNS Infratest Sozialforschung befragt. Weil jedes Jahr dieselben Personen befragt werden, können nicht nur langfristige gesellschaftliche Trends sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung von Lebensläufen besonders gut analysiert werden.
Die Studie:
How Far Do Children Move? Spatial Distances After Leaving the parental Home. Thomas Lepold, Ferdinand Geißler, Sebastian Pink. SOEPpaper 368
http://www.diw.de/de/diw_01.c.369051.de/soeppapers.html
Kontakt:
Dipl.-Soz. Thomas Leopold
Tel.: +49 951 863-3440
Mail:thomas.leopold@uni-bamberg.de
Weitere Informationen:
http://www.diw.de/soep Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) im DIW
http://www.diw.de/de/diw_01.c.369051.de/soeppapers.html SOEPpapers
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Flüchtige Chemikalien aus Farben und Möbeln verändern Lungenzellen schon in geringer Konzentration
Doris Böhme
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
Leipzig. Aus Farben und Möbeln ausgasende Chemikalien können schon in relativ geringer Konzentration Lungenzellen angreifen. Das haben Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) nachgewiesen. „Auch bei Konzentrationen unterhalb akut-toxischer Werte zeigen sich deutliche Veränderungen in den Zellen“, berichtet Privatdozent Dr. Martin von Bergen, Leiter des UFZ-Departments für Proteomik. Ihre in Versuchen mit menschlichen Lungenepithelzellen gewonnenen Erkenntnisse haben die UFZ-Forscher jetzt im renommierten „Journal of Proteome Research“ veröffentlicht.
Bei ihren Versuchen setzten die Forscher um von Bergen die Zellen über 24 Stunden Luft aus, in der die Lösungsmittel Chlorbenzol und Dichlorbenzol in geringer Konzentration enthalten waren. Bei den anschließenden Untersuchungen zeigten sich an den Zellen deutliche Veränderungen. „Die Chemikalien haben oxidativen Stress in den Zellen ausgelöst“, erklärt von Bergen. Erkennbar sei das daran gewesen, dass die Zellen in zunehmender Menge Proteine produziert hätten, die dazu geeignet sind, ein schädliches Überangebot von reaktiven Sauerstoffverbindungen zu bekämpfen. Ebenfalls beobachtet wurde, dass geschädigte Zellen den sogenannten programmierten Zelltod starben. Mit dem programmierten Zelltod wird dafür gesorgt, dass für den Fortbestand eines Organismus‘ hinderliche Zellen gezielt entfernt werden.
Auf die Spur dieser Verbindungen kamen die Wissenschaftler durch die Ergebnisse aus epidemiologischen Studien, wie LARS und LISA, in denen der Einfluss von Innenraumschadstoffen auf das Risiko von Kindern an Allergien oder Entzündungen der Atemwege zu erkranken untersucht wird. Dr. Lehmann, Leiterin des Departments Umweltimmunologie: „In den vorangegangenen Studien haben wir gefunden, dass das unreife Immunsystem von Neugeborenen und Kleinkindern durch den Kontakt mit Umweltschadstoffen, wie z.B. flüchtigen organischen Verbindungen, prägend beeinflusst werden kann. Außerdem lösen diese Chemikalien bei Kindern Entzündungen der Atemwege aus. Mit den Studien an Zellkulturen von Lungenzellen lernen wir nun, wie diese Stoffe wirken können.“
Wie Dr. von Bergen weiter berichtet, müssen die durch die Zellversuche gewonnen Erkenntnisse nun in größeren Zusammenhängen überprüft werden. „Am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung besteht mit der engen Verknüpfung von mechanistischen Studien und Kohortenstudien die einmalige Chance, Hinweise aus den jeweilig anderen Studien kreuzweise zu überprüfen. Es muss zum Beispiel weiter untersucht werden, wie sich die Veränderungen der Zellen auf das Immunsystem des Gesamtorganismus auswirken“, sagt er. „Grundsätzlich hat die Frage nach der Belastung in Innenräumen an Bedeutung gewonnen, da wir immer mehr Zeit in diesen zubringen. Um den steigenden Anforderungen der Energieeffizienz zu genügen, wird ein Minimum an Luftaustausch gefordert, was wiederum in einer generellen Forderung nach einem Minimum an Emissionen von flüchtigen Chemikalien münden sollte, da unsere Studien zeigen, dass die behandelten Zellen eine eindeutig stressbedingte Reaktion zeigten – auch wenn mit den bisher üblichen Tests keine Toxizität gezeigt werden konnte“.
Bis zu einer belastbaren Abschätzung der Wirkung einzelner Substanzen ist es sicherlich noch ein weiter Weg, aber nur mit der weiteren Untersuchungen wird es letztendlich möglich sein, das Risiko für lebenslange Erkrankungen aus unseren Wohnzimmern zu vermindern.
Jörg Aberger
Weitere fachliche Informationen:
PD Dr. Martin von Bergen
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Department Proteomics
http://www.ufz.de/index.php?de=6693
Telefon: 0341 – 235 – 1211
Dr. Irina Lehmann
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Department Umweltimmunologie
http://www.ufz.de/index.php?de=4384
Telefon: 0341 – 235 – 1216
Doris Böhme
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 0341 – 235 – 1269
Link zur Pressemitteilung: http://www.ufz.de/index.php?de=21382
Publikation:
Mörbt N, Tomm J, Feltens R, Mögel I, Kalkhof S, Murugesan K, Wirth H, Vogt C, Binder H, Lehmann I, von Bergen M (2010): Chlorinated Benzenes Cause Concomitantly Oxidative Stress and Induction of Apoptotic Markers in Lung Epithelial Cells (A549) at Nonacute Toxic Concentrations. J Proteome Res.
http://dx.doi.org/10.1021/pr1005718
Weiterführende Links:
VOC (volatile organic compounds) in epidemiologischen UFZ-Studien:
http://www.ufz.de/index.php?de=19242
Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 1000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
http://www.ufz.de/
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 17 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).
http://www.helmholtz.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Biogas-Kongress: Experten sehen noch ungenutztes Potenzial
Florian Klebs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Hohenheim
Von sauberem Strom bis Nahwärme: technischer Fortschritt eröffnet neue Möglichkeiten
Strom aus Biogas – dank neuer Verfahren wird diese Option auch für kleinere Anlagen zunehmend realistisch. Clever vernetzt mit Stadtwerken und mittelständischer Industrie hat Biogas auch noch Ausbaupotenzial als Gas- und Wärmelieferant. Durch konsequenten Einsatz moderner verfahrenstechnischer Lösungen wie effizienter Aufbereitungs- und Mischtechnik, Einsatz von Hilfsstoffen und der Nutzung neuer Online-Messverfahren, kann Biogas in Deutschland und auch weltweit zunehmend an Bedeutung gewinnen, so einige Ergebnisse des internationalen Kongresses „Progress in Biogas II“ vom 30. März bis zum 1. April an der Universität Hohenheim. International habe vor allem Osteuropa ein hohes Ausbaupotenzial. Dank starker Flexibilität könnten Kleinanlagen in Entwicklungsländern hohe Versorgungssicherheit gewährleisten. „Deutschland darf sich nicht auf seiner EU-Vorreiterposition im Biogasbereich ausruhen, sondern muss weiterhin zum Thema Biogas Forschungsarbeit leisten“, so das Credo der Fachwissenschaftler.
Biogas wird bisher hauptsächlich in Blockheizkraftwerken direkt an der Biogasanlage zu Strom und Wärme umgewandelt, die dezentral und hocheffizient genutzt werden. Um Biogas ins Erdgasnetz einzuspeisen muss es von CO2-Anteilen reingewaschen werden, so dass reines Methan übrig bleibt – bisher ein relativ aufwendiges Verfahren. Doch neue Methoden machen mehr Biogas im Erdgasnetz in Zukunft einfacher und wirtschaftlicher – und damit erstmals auch für kleinere Anlagen möglich. Deutschlandweit produzieren bisher nur rund 50 Biogasanlagen reines Methan für das Erdgasnetz, da sich der Prozess bis jetzt nur für größere Biogasanlagen von mehr als 2000 kW elektrischer Leistung lohnte. Beim Kongress wurden neue Verfahren vorgestellt, bei denen sich bereits ab einer Leistung von 600 kW ein Einsatz rechnet.
Nutzung moderner technischer Lösungen
Durch den Einsatz neuer Verfahren zur Aufbereitung faserhaltiger Rohsubstrate und Optimierungen im Bereich der Rühr- und Verfahrenstechnik kann der Eigenstromverbrauch von Biogasfermentern deutlich unter 5 % gesenkt werden. Die derzeit in der Forschung befindlichen Arbeiten zur cleveren Prozessgestaltung beispielsweise durch mehrphasige Prozessführung, Einsatz von Spurennährstoffen und vielleicht zukünftig auch von Mikroorganismenkulturen können zu weiterer Optimierung des Biogasverfahrens führen, so einige Forscher, die bei der Tagung ihre neuesten Ergebnisse präsentierten. Auch durch die Entwicklung neuer Messverfahren wird die Biogastechnologie weiter entwickelt und das Betriebsrisiko minimiert.
Vernetzung mit mittelständischer Industrie
Ausbaupotenzial sahen die Experten auch darin, Biogasanlagen lokal eng zu vernetzten: Stadtwerke könnten Biogas vom landwirtschaftlichen Produzenten abnehmen, reinigen und ins Erdgasnetz einspeisen. Mittelständische Industriebetriebe könnten von Biogasproduzenten in der direkten Umgebung profitieren. Die Abwärme einer Biogasanlage könnte einen Teil des Heiz- und Kühlbedarf eines Zementwerks oder ähnlicher energieintensiver Betriebe decken, so ein erfolgreiches Beispiel der Tagung.
„Solche Schnittstellen wurden bisher zu wenig erforscht. Sie werden aber als Alternative zu fossilen Energien und zur Atomkraft im zukünftigen Energiemix immer wichtiger“, so Dr. Hans Oechsner von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie der Universität Hohenheim, der Gastgeber der internationalen Tagung war.
Biogas aus Gülle und Mist
Bei der Biogasproduktion besitzt Deutschland noch ein Potenzial, das es bisher kaum ausreizte: Abfälle und landwirtschaftliche Reststoffe. Bislang werden Gülle und Mist nur zu 15% genutzt, während die Verwendung von Energiepflanzen in Biogasanlagen in Deutschland besonders weit fortgeschritten ist. Dieses Potenzial gilt es nun mit kleinen dezentralen Anlagen ohne große Energieeinsätze und Transportbewegungen weiter zu erschließen, fordert das Internationale Biogas und Bioenergie Kompetenzzentrum (IBBK), Mitveranstalter der Tagung.
Biogas international: Potenzial in Osteuropa ist riesig
Auch innerhalb Europas gibt es noch Ausbau-Möglichkeiten für Biogas: Mit seinen großen Agrarflächen und guten Anbaubedingungen bietet vor allem Osteuropa ein enormes Potenzial für den Anbau nachwachsender Rohstoffe als Biogaslieferanten, so der Konsens der Biogas-Forscher: „Die Vorträge der Kollegen aus Osteuropa zeigten aber, dass es bisher an gesetzlichen Regelungen und Rahmenbedingungen fehl, die Potenziale auszunutzen. Seine lokalen Gegebenheiten machen Osteuropa dank guter Anbaubedingungen und gleichzeitig vieler freien Flächen zum idealen Standort für Biogas aus nachwachsenden Rohstoffen.“
Biogas in Entwicklungsländern ausbauen
Völlig andere Bedingungen herrschen in Entwicklungsländern: auf Grund weniger guter Anbaubedingungen, knapper Anbaufläche und der dichten Bevölkerung greifen Biogasproduzenten aus Uganda, Nepal, Indien oder Thailand auf landwirtschaftliche Abfallprodukte, Bioabfälle und Nebenprodukte der Lebensmittelerzeugung zurück. In Hohenheim zeigten sie beispielsweise, wie Abfälle aus der Bananenproduktion zur Biogaserzeugung genutzt werden, wobei gewonnener Strom und Wärme im Verbund mit einer Bananenverarbeitungs-Fabrik vor Ort verwendet werden können. Auch einzelne Haushalte profitieren vom Biogas. Aus den Abfällen eines Haushalts lassen sich über eine kleine Biogasanlage Gaskocher und -lampe betreiben. In China sind mehr als 40 Millionen dieser Kleinstanlagen erfolgreich in Betrieb. Solche Konzepte zur dezentralen Energieversorgung wie in China sind gerade für Entwicklungsländer von besonderer Bedeutung, da sie die Versorgung mit kostengünstiger Energie sicherstellen können und zudem positive Umweltwirkungen haben, so die Experten auf der internationalen Tagung.
Hintergrund: Biogas-Forschung an der Universität Hohenheim
An der Universität Hohenheim wird bereits seit den 1970er Jahren intensive Forschung zum Thema Biogas betrieben. Das Forschungsspektrum reicht von Auswahl, Zucht und Anbau neuer Energiepflanzen über die Entwicklung und Prüfung neuer Verfahren bis zu internationalen und ökonomischen Aspekten. Unter anderem verfügt die Universität über ein exzellent ausgestattetes Biogas-Labor.
Eine Forschungsbiogasanlage mit insgesamt 3 Fermentern und umfangreichen Untersuchungsmöglichkeiten wurde 2008 in Betrieb genommen und setzt neue Maßstäbe für die Biogas-Forschung. An dieser Anlage wurden die Forschungsaktivitäten des Landes Baden-Württemberg zum Thema Biogas in der Bioenergie-Forschungsplattform gebündelt.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Deutsche Frauen sind auch ohne Ehe glücklich
Gabriele Rutzen
Presse und Kommunikation
Universität zu Köln
Moralvorstellungen der Gesellschaft führen zu Glück oder Unglück von Frauen in Ehe oder eheähnlichen Gemeinschaften
Das Glück liegt auch in unserer Umgebung: Ob Frauen eher in der Ehe oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft glücklich sind, hängt von den Werten der Gesellschaft ab, in der sie leben. Generell gilt: je konservativer die Gesellschaft, desto unglücklicher sind Frauen in eheähnlichen Gemeinschaften im Vergleich zu den verheirateten Frauen. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie Kölner Forscher vom Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie der Universität zu Köln. Olga Stavrova, Professor Detlef Fetchenhauer und Dr. Thomas Schlösser werteten dafür die Daten einer Befragung von insgesamt 22 000 verheirateter und unverheirateter in Partnerschaften lebender Frauen und Männer in 28 Ländern aus – knapp 900 davon in Deutschland. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt beim jährlichen Treffen der British Sociological Association in London vorgestellt.
Das Ziel der Studie war es herauszufinden, ob es Glücksunterschiede zwischen verheirateten und unverheirateten zusammenlebenden Männern und Frauen gibt. Darüber hinaus wollten die Psychologen untersuchen, ob diese Geschlechterunterschiede – falls vorhanden – über viele Kulturen hinweg konstant sind. „Die Studie zeigt, dass das Glück nicht nur innerhalb einer Person liegt, sondern auch außerhalb – in ihrer Umgebung“, erklärt Olga Stavrova. Dafür befragten sie Männer und Frauen von Australien über Brasilien, den skandinavischen Ländern, bis Ost- und Westeuropa.
Auf einer 7-Punkt-Skala von 0 (glücklich) bis 7 (absolut unglücklich) wurde das subjektive Glücksempfinden der Probanden gemessen. Die Ergebnisse korrelierten deutlich mit der Einstellung der umgebenden Gesellschaft zu den Themen Geschlechterrollen bzw. Rollen und gesellschaftlicher Status von Männern und Frauen. Die Länder mit den ausgeprägtesten traditionellen Rollenerwartungen an die Frau waren Bulgarien, Mexiko, die Slovakei, Brasilien und die Vereinigten Staaten. Dort erlebten Frauen in eheähnlichen Partnerschaften die stärkste Missbilligung durch ihre Umwelt. So sind im konservativen Bulgarien verheiratete Frauen 0,8 Punkte glücklicher. In liberalen skandinavischen Ländern bringt die offizielle Ehe hingegen nicht mehr Glück als das inoffizielle Zusammenleben. Deutschland liegt mit seinen gesellschaftlichen Konzepten von Geschlechtergleichheit im Mittelfeld. Es ist weder zu konservativ noch zu liberal was die Geschlechterrollen angeht. Hier gibt es für Frauen keinen großen Unterschied ob sie in der Ehe und eheähnlichen Gemeinschaften leben.
Damit unterstützt die Studie die Ergebnisse anderer Arbeiten der Wirtschaftspsychologen, die zeigten, dass Arbeitslose vor allem in solchen Ländern unglücklich sind, in denen die gesellschaftliche Moral besagt, dass jeder von der eigenen Arbeit leben muss. Oder dass religiöse Menschen vor allem in solchen Ländern glücklich sind, in denen es viele religiöse Leute gibt. „Ob unser Status, Lebensform oder Glauben uns glücklich machen, hängt nicht nur davon ab, was für ein Status oder Glaube es ist, sondern davon, ob wir in einer Gesellschaft leben, die diesen Status oder Glauben unterstützt oder nicht“, so Stavrova.
Die Kölner Studie widerlegt bisherige Annahmen über das Thema Glück in Ehe und eheloser Gemeinschaft. Frühere Studien hatten gezeigt, dass verheiratete Menschen glücklicher seien als diejenigen, die in eheähnlichen Gemeinschaften lebten. Unterschiedliche Erklärungen wurden angeboten: die Ehe bedeute größere Bindung oder Hingabe und Zuverlässigkeit, die Verheirateten seien religiöser und deswegen glücklicher. „Unsere Ergebnisse konnten zeigen, dass es – zumindest im Fall der Frauen – nicht an der Ehe selber liegt, sondern an den dominierenden gesellschaftlichen Vorstellungen über die sozialen Rollen von Männern und Frauen.“ Verheiratete Frauen seien nur glücklicher als Frauen in eheähnlichen Gemeinschaften, wenn sie in Ländern mit gesellschaftlich konservativer Moral lebten, die ihnen nicht erlaube in eheähnlichen Gemeinschaften zu leben.
Die Daten der Studie sind öffentlich über GESIS (http://www.gesis.org/) verfügbar.
Bei Rückfragen: Olga Stavrova, stavrova@wiso.uni-koeln.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
„Billigpflanzen“ gefährden regionale Pflanzenvielfalt
Sebastian Tilch
Pressearbeit
Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung
Die Bundesgartenschau 2011 in Koblenz zeigt ab 15. April die Schönheit der Blütenvielfalt, gibt aber auch Anlass zur kritischen Betrachtung des Gärtnerns. Verwilderte Zierpflanzen breiten sich aus und bestimmen immer mehr das Bild der Städte und Gemeinden. Die Folge ist ein Einheitsbrei in der Pflanzenwelt – vielerorts wächst dasselbe, regionale Unterschiede gehen verloren. Einige sorgen sogar für Gesundheitsprobleme. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Halle und der TU Berlin beschäftigen sich mit dem Verlust regionaler biologischer Vielfalt durch die Ausbreitung von Zierpflanzen und werben für eine verstärkte Verwendung regionaltypischer Pflanzen in Gärten.
Wein in Koblenz, Bier in Bamberg, Eierschecke in Dresden – jede Region in Deutschland pflegt ihre Besonderheiten. Regionale Identität schafft Zugehörigkeit in einer globalisierten Welt. Ausgerechnet im heimischen Garten wird regionale Identität jedoch oft vernachlässigt. Alte Zierpflanzen, darunter auch viele einheimische Arten, werden in Gärten immer seltener. Fingerhut, Mohn, Rittersporn, Ackerringelblume, die früher Bauerngärten zierten, finden sich kaum noch. Stattdessen bieten Gartencenter im ganzen Land die gleichen Pflanzen an, die dann in Gärten von den Alpen bis zur Küste zu finden sind. Einigen dieser Zierpflanzen gelingt der „Sprung über den Gartenzaun“ – sie verwildern. Dabei haben preisgünstige Pflanzenarten besonders gute Verwilderungschancen, denn sie werden am häufigsten angebaut.
In Deutschland sind mehr als 200 verwilderte Zierpflanzenarten bekannt, darunter sind auch problematische Arten wie Drüsiges Springkraut, Japanknöterich oder Herkulesstaude. Auf den ersten Blick erscheinen Neuankömmlinge als Bereicherung, aber zumindest auf ausbreitungsstarke Risikopflanzen sollten wir verzichten.
Eine Alternative zur Einheitsbepflanzung sind regionaltypische Pflanzen. Einige Anbieter sind mit solchen Pflanzen und auch mit entsprechendem Saatgut auf dem Markt. Dieses regionale Pflanzgut ist genetisch vielfältig und daher oft widerstandsfähiger als importiertes Pflanzgut. Regionale Vermarktung und regionaltypisches Gärtnern kommen der Artenvielfalt zugute, fördern regionale Identität und machen Spaß bei der Gartenarbeit.
Ansprechpartner:
Dr. Sonja Knapp, Dipl. Geogr. André Schmiedel (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Halle)
Tel: +49 345 558 5308
E-Mail: sonja.knapp@ufz.de
Prof. Dr. Ingo Kowarik (Technische Universität Berlin)
Tel.: (0 30) 31 47 13-72
E-Mail: kowarik@tu-berlin.de
Internet: http://www.tu-berlin.de/oekosys/
Weitere aktuelle Themen aus der Biodiversitätsforschung finden Sie unter http://www.biodiversity.de
Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung Deutschland (NeFo) ist eine Kommunikationsplattform für Wissenschaftler und Anwender von Wissen zur biologischen Vielfalt. Ein wichtiges Ziel ist es, die Forschung unterschiedlicher Disziplinen, die sich mit gesellschaftlich relevanten Fragestellungen zur Biodiversität befasst, stärker ins öffentliche Licht zu stellen. Hierzu stehen direkte Ansprechpartner für Fragen aus Medien, Politik und Öffentlichkeit bereit, arbeiten aktuelle Themen auf und vermitteln Experten.
Projektpartner sind das Museum für Naturkunde Berlin, Universität Potsdam und Helmholz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
„Umwelt und Gesundheit“ – Bildungsmaterialien aktualisiert und erweitert
Materialien für die Sekundarstufe erhalten neues Kapitel „Klimawandel und Gesundheit“
Das Bundesumweltministerium baut seinen kostenlosen Service für Lehrerinnen und Lehrer weiter aus: Im Internet stehen neue Unterrichtsmaterialien zum Thema „Klimawandel und Gesundheit“ bereit. Sie sind Bestandteil des aktualisierten und erweiterten Bildungspakets zu „Umwelt und Gesundheit“. Die Materialien, die gemeinsam vom Bundesumweltministerium und dem Umweltbundesamt erstellt worden sind, richten sich an Sekundarstufen.
„Kindern und Jugendlichen sollte möglichst frühzeitig vermittelt werden, wie Umwelt und Gesundheit zusammenhängen und wie sie sich selbst vor umweltbedingten Gesundheitsrisiken schützen können. Weil wir schon heute die Auswirkungen des Klimawandels spüren, ist es richtig, dass es nun auch Unterrichtsmaterialien über die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels für die Sekundarstufen gibt. Am Beispiel Klimawandel und Gesundheit kann man Kindern und Jugendlichen den Zusammenhang zwischen Mensch und Umwelt gut verdeutlichen. Extreme Hitze belastet viele Menschen in ihrer Gesundheit und die Ausbreitung neuer Krankheitsüberträger, wie zum Beispiel Mücken, wird durch den Klimawandel begünstigt. Der Klimawandel ist kein abstraktes Phänomen, sondern betrifft die Gesellschaft unmittelbar für Gesprächsstoff im Unterricht ist also gesorgt“, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen.
UBA-Vizepräsident Thomas Holzmann ergänzte: „Wir alle brauchen eine intakte Umwelt, in der wir ohne Gesundheitsprobleme leben können. Weil menschliche Aktivitäten die Umwelt belasten, beispielsweise durch Lärm, Treibhausgase und Verunreinigung von Gewässern, kann es auch unerwünschte Wirkungen auf unsere Gesundheit geben. Mir ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche lernen, ihre Gesundheit vor umweltbedingten Risiken zu schützen. Natürlich ist es ebenso wichtig, dass sie erkennen, wie diese Umweltbelastungen reduziert werden können. Denn unser Ziel ist es, die Umwelt und den Menschen zu schützen. Hier können die Bildungsmaterialien ‚Umwelt und Gesundheit‘ einen wichtigen Beitrag leisten.“
Das Bildungspaket „Umwelt und Gesundheit“ für die Sekundarstufe stellt die vielfältigen Zusammenhänge von Umwelt- und Gesundheitsschutz anschaulich dar. Was die Schülerinnen und Schüler selbst für die Umwelt und ihre Gesundheit tun können, heben die Bildungsmaterialien besonders hervor. Mit den Arbeitsblättern im neuen Kapitel „Klimawandel und Gesundheit“ lernen sie lebensnah und handlungsorientiert Wissenswertes über mögliche gesundheitliche Auswirkungen des Klimawandels. Das Kapitel „Bewertung von Badegewässern“ wurde unter Berücksichtigung der aktuellen EU-Badegewässerrichtlinie grundlegend überarbeitet. Die Kapitel „Lärm und Lärmschutz“ und „Qualität der Innenraumluft“ wurden ebenfalls aktualisiert.
Didaktisch-methodische Hinweise und Hintergrundinformationen für die Lehrkräfte ergänzen die Hefte. Die praxiserprobten Materialien für den naturwissenschaftlich-technischen und fächerübergreifenden Unterricht sind auch als Schülerarbeitshefte im Klassensatz erhältlich.
Im Internet können die Materialen unter www.bmu.de/bildungsservice und http://www.umweltbundesamt.de/gesundheit/publikationen/index.htm#Bildungsmaterialien kostenlos heruntergeladen werden. Beim BMU Bildungsservice sind ebenfalls weitere Bildungsmaterialien zu zahlreichen Umweltthemen für den Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen kostenlos verfügbar.
Die UNESCO hat den Bildungsservice des BMU als offizielles Projekt der UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet.
Quelle: UBA
Zwei Drittel der Autofahrer übertreten Tempolimits
Welche Verkehrsregeln werden häufig gebrochen? Eine Umfrage der Präventionskampagne „Risiko raus!“
Wer Verkehrsregeln missachtet, kann in der Eigenwahrnehmung durchaus ein guter Autofahrer sein. Regelkonformität steht damit in keinem direkten Zusammenhang zur Einschätzung des eigenen Fahrverhaltens. Das ergab eine repräsentative Umfrage unter gut 1000 Testpersonen, die tns-emnid im Auftrag der Präventionskampagne „Risiko raus!“ durchführte.
In einer ersten Frage sollten die Befragten die eigene Fahrkunst auf einer Skala von 1 (überhaupt nicht gut) bis 10 (sehr gut) einordnen. Knapp die Hälfte, 46 Prozent, schätzen ihre Kompetenz am Steuer als gut bis sehr gut (8 bis 10) ein. Weitere 25 Prozent sehen sich auf der Skala zwischen 6 und 7 – also immer noch im oberen Kompetenzbereich.
Wenig Achtung für Geschwindigkeitsbegrenzungen
In augenfälligem Gegensatz zu diesem insgesamt positiven Selbstbild steht die Tatsache, dass viele Fahrerinnen und Fahrer gleichzeitig Verstöße gegen Verkehrsregeln einräumen. Wobei weibliche Fahrer nach ihrer Selbstauskunft seltener bereit sind, die Regeln zu missachten als Männer. Aber immerhin 70 Prozent aller Befragten gaben an, dass sie hin und wieder Geschwindigkeitsbegrenzungen übertreten. Mehr als 40 Prozent missachten Park- und Halteverbote, mehr als 30 Prozent halten nicht immer vor Stoppschildern an und blinken nicht beim Spurwechseln oder Abbiegen.
Besonders wenig Achtung für Tempolimits zeigen Fahrer und Fahrerinnen im Alter zwischen 30 und 39 Jahren. Von ihnen geben 90 Prozent an, ab und zu gegen die Grenzen zu verstoßen. Auffällig ist auch, dass offenbar die Neigung, sich über Geschwindigkeitsbegrenzungen hinwegzusetzen, zunimmt, je höher der Bildungsabschluss ist.
In der Unfallstatistik (Statistisches Bundesamt) ist die „nicht angepasste Geschwindigkeit“ alles andere als ein „Kavaliersdelikt“. Die Mehrheit aller Verkehrsunfälle (86 Prozent) geht auf ein Fehlverhalten des Fahrzeugführers zurück. Überhöhte Geschwindigkeit ist die zweihäufigste Ursache für ein solches Fehlverhalten, sie rangiert gleich hinter falschem Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren.
Insgesamt scheinen jüngere Fahrerinnen und Fahrer risikobereiter zu sein als ältere. Das zeigen auch die Angaben über den Gebrauch von Handys während des Fahrens. 42 Prozent der unter 30-Jährigen räumt die Handynutzung am Steuer ein, aber nur 13 Prozent der Über-50-Jährigen.
Wie aber können Fahrer dazu motiviert werden, Verkehrsregeln einzuhalten? An erster Stelle, so antworten fast 80 Prozent, steht für sie die eigene und die Sicherheit anderer. Äußere Sanktionen wie Geldbußen oder Punkte in Flensburg spielen demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle.
Dazu Dr. Walter Eichendorf, stv. Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrates: „Die gute Nachricht ist: Fahrerinnen und Fahrern ist Sicherheit im Straßenverkehr wichtig. Die schlechte ist: Offensichtlich schätzen sie die Wirksamkeit von Verkehrsregeln in diesem Zusammenhang nicht hoch genug ein. An diesem Punkt müssen wir mit unserer Aufklärungsarbeit ansetzen. Denn immer noch verunglücken jährlich mehr als 370.000 Menschen auf Deutschlands Straßen, viele davon auf dem Arbeitsweg.“
Befragungsbasis
tns emnid befragte 1010 Personen beiderlei Geschlechts, die jüngsten waren unter 20, die ältesten über 70 Jahre alt. Die Befragten wurden repräsentativ ausgewählt aus ver-schiedenen Bundesländern und mit unterschiedlichem Ausbildungs- und Berufs-Hintergrund.
Hintergrund „Risiko raus!“
In der Präventionskampagne „Risiko raus!“ arbeiten die Berufsgenossenschaften, Unfallkassen, ihr Spitzenverband Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), die Landwirtschaftliche Sozialversicherung, der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) und die Bundesländer sowie weitere Partner zusammen. Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, das Unfallrisiko beim Fahren und Transportieren zu verringern. Weitere Informationen unter www.risiko-raus.de
Quelle: DGUV
Bohrung im türkischen Vansee: Forscher schauen 400.000 Jahre in die Vergangenheit
Dr. Andreas Archut
Abteilung Presse und Kommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Nie zuvor konnten Wissenschaftler so weit in die Klimageschichte des Nahen Ostens zurückblicken: Ein internationales Team hat 220 Meter tief im Grund des Vansees gebohrt. Erste Stichproben der Bohrkerne zeigen: Das Klima schwankte dramatisch, gewaltige Vulkanausbrüche waren nicht selten, Erdbeben erschütterten die Region – und der jetzt lebensfeindliche salzhaltige See war früher mal ein Süßwassersee. Am Montag präsentieren Forscher der Universität Bonn zusammen mit ihren Kollegen ihre ersten Ergebnisse auf einem geowissenschaftlichen Kongress in Wien. Doch die eigentliche Arbeit beginnt erst.
Würde man alle Bohrkerne, welche die Forscher aus dem Grund des Vansees ergattert haben, aneinanderreihen, ergäben sie eine Länge von 800 Meter. Die Bohrung im letzten Jahr hat sich gelohnt, berichtet jetzt der Bonner Paläontologe Professor Dr. Thomas Litt. Er ist Sprecher eines internationalen Forscherkonsortiums, das die Sedimente des Vansees genauer unter die Lupe nehmen will. „Die Sedimente in unseren Bohrkernen stammen aus den letzten 400.000 Jahren – und das ist wirklich spektakulär!“, sagt Prof. Litt. „Bisher gibt es in der Region des Nahen Ostens kein so weit zurückreichendes kontinentales Klimaarchiv. Außerdem ist die Qualität der Bohrkerne und damit die zeitliche Auflösung hervorragend.“
See-Sedimente als Geschichtsbücher
Auf dem Boden eines Sees sammeln sich über viele Jahrtausende ungestört Mineralien, Blütenstaub und andere Materialien an – Zeitzeugen der Klimageschichte einer Region. Der Vansee liegt im Osten der Türkei; seine Sedimente haben besonders viele Geschichten zu erzählen, denn der See ist sehr alt. Außerdem ist er groß und tief, so dass sich dort ungestört alles ablagern konnte, unbeeindruckt von Wind und Wetter. In anderen Seen hingegen wühlen zudem Muscheln und Schnecken den Seegrund um, aber am Boden des Vansees gibt es kein Leben.
„In den Bohrkernen sind die jährlichen Schichten daher ausgezeichnet sichtbar“, sagt Prof. Litt. Ähnlich wie Baumringe lassen sich an Sedimenten die Jahre abzählen: Jedes Jahr ist durch eine weiße Sommerschicht und eine dunkle Winterschicht im Sediment verewigt. Im Sommer verdunstet Seewasser, und weißer Kalk scheidet sich ab. Im Winter spült die Regenzeit dunkle Tonschichten in den See. All diese Mineralien sammeln sich auf dem Seegrund.
Anhand der gefundenen Pollen lässt sich auch das Klima rekonstruieren: Ist es warm und feucht, gedeihen viele Eichen am Ufer des Sees; in kalten und trockenen Zeiten eher Gräser, Beifuß und Gänsefuß. „Eine erste Pollenanalyse hat gezeigt, dass ein mehrfacher Wechsel zwischen Warm- und Kaltzeiten in den Sedimenten dokumentiert ist“, erläutert der Paläontologe. „Neben dem jetzigen erdgeschichtlichen Zeitabschnitt, dem Holozän, können wir drei weitere Warmzeiten ablesen. Das ist bisher einmalig in dieser Region.“
Bei der Bohrung stießen die Forscher zudem auf mehr als hundert Ablagerungen von vulkanischer Asche. Eine dieser Schichten war sogar über sieben Meter dick: „Da hat es also mächtig gerumpelt in der Vergangenheit“, sagt Prof. Litt. Auch Erdbeben haben die Gegend erschüttert, zeigen die Bohrkerne: An einigen Stellen sind die Sedimente dadurch gerissen und deformiert.
„In den untersten Sedimentschichten haben wir auch die Überbleibsel von Muscheln und Schnecken gefunden“, sagt Litt. Der jetzt stark alkalische und salzhaltige lebensfeindliche See war früher also mal ein Süßwassersee mit lebendigen Bewohnern.
Aus der Vergangenheit lernen
„Neben der Rekonstruktion der Klimageschichte interessiert uns vor allem, wie die Vegetation auf den starken Vulkanismus der Region reagiert hat“, definiert Prof. Litt seine Forschungsziele. „Also die Frage: Wie schnell erholt sich die Pflanzenwelt nach einem Vulkanausbruch, der die ganze Landschaft mit einer dicken Ascheschicht eingedeckt hat?“
Der Blick in die Vergangenheit hilft dabei, die Zukunft besser einzuschätzen, sagt der Bonner Forscher: „Man kann zwar nicht die Zukunft voraussagen, aber man kann aus Szenarien in der Vergangenheit lernen. So können vergangene erdgeschichtliche Ereignisse beispielsweise dabei helfen, gewisse Risiken besser zu beurteilen.“
In den nächsten drei bis fünf Jahren wird das internationale Forscherteam die geborgenen Bohrkerne ganz genau im Labor untersuchen: „Wir haben bereits insgesamt 5000 Proben genommen, die alle analysiert werden wollen.“ Die wissenschaftliche Arbeit beginnt also gerade erst.
Die eigentliche Bohrung hat 1,4 Millionen US-Dollar gekostet. Dabei kam aufgrund der sehr großen Wassertiefen von bis zu 360 Meter erstmals eine neue Spezial-Bohrtechnik zum Einsatz. Die Finanzierung stammte aus Mitteln des International Continental Scientific Drilling Program (ICDP), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Schweizer Nationalfonds. An den Arbeiten beteiligt sind neben der Universität Bonn auch das Schweizer Wasser-Forschungsinstitut Eawag, das Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel (IFM-GEOMAR), die Technische Universität Istanbul, die Yüzüncü Yil Universität in Van und die Bohrfirma DOSECC Exploration Services.
Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Litt
Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie
Universität Bonn
Telefon: 0228/73-2736
E-Mail: t.litt@uni-bonn.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Vorsicht bei konjugierten Linolsäuren! Nahrungsergänzungsmittel regt Insulinausschüttung an
Dr. Andreas Archut
Abteilung Presse und Kommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Konjugierte Linolsäuren, vielgepriesene Schlankheitsmittel, stimulieren in der Bauchspeicheldrüse die Ausschüttung von Insulin, haben Forscher der Universität Bonn in Zusammenarbeit mit Tübinger Kollegen herausgefunden. Was passiert, wenn jemand die Substanz über viele Jahre einnimmt, ist nicht abzusehen, denn solide Langzeitstudien am Menschen fehlen bisher. Eine denkbare Folge: Diabetes. Die Studie erscheint am 8. April in dem Fachmagazin Journal of Biological Chemistry (doi: 10.1074/jbc.C110.200477).
„Viele Leute schlucken große Mengen dieser Substanzen, weil sie glauben, dass sie ihnen gut tun“, sagt Professor Dr. Evi Kostenis. „Aber wie wir jetzt gesehen haben, beeinflussen konjugierte Linolsäuren auch die Bauchspeicheldrüse. Es ist gut möglich, dass die Zellen dadurch auf Dauer Schaden nehmen.“
Konjugierte Linolsäuren, CLA abgekürzt, sind bestimmte Arten von Fettsäuren, die natürlicherweise in der Milch und dem Fleisch von Wiederkäuern vorkommen. Hochdosierte Kapseln dieser Verbindungen stehen als Nahrungsergänzungsmittel in den Regalen von Drogerien und Supermärkten und lassen sich im Internet bestellen. „Sie werden quasi als Allheilmittel angepriesen“, erläutert Prof. Kostenis. „Sie sollen Fett verbrennen, Muskelmasse aufbauen, schön machen, gegen Entzündungen helfen, sogar Krebs vorbeugen.“ Die Werbung verspricht viel, doch endgültig bewiesen ist bisher keine dieser Wirkungen.
Einige klinische Studien haben hingegen bereits gezeigt, dass Menschen unter hohen CLA-Dosen entweder mehr oder weniger Insulin ausschütten und unter Umständen eine Insulinresistenz entwickeln. „Jetzt kennen wir auch den Mechanismus, mit dem die Substanzen auf die Bauchspeicheldrüsenzellen einwirken“, sagt die Wissenschaftlerin. Konjugierte Linolsäuren greifen an einem ganz bestimmten Rezeptor an – ist der Blutzuckerspiegel hoch, schütten die Zellen daraufhin innerhalb von Sekunden vermehrt Insulin aus. Das haben die Forscher an Mäuse- und an Menschenzellen gezeigt, und zwar mit CLA-Mengen, die auch im Blut vorliegen können, wenn derjenige konjugierte Linolsäuren in Kapselform zu sich nimmt. Milch und Fleisch hingegen sind in dieser Hinsicht unbedenklich, da sie keine so hohen Mengen enthalten.
Diabetes-Risiko ist noch unklar
„Wir wissen nicht, ob Menschen, die regelmäßig mehrere Gramm der Substanzen schlucken, dadurch irgendwann Diabetes entwickeln“, sagt Prof. Kostenis. Denkbar ist auch das Gegenteil: Vielleicht tut den Bauchspeicheldrüsenzellen die wiederholte Stimulation gut. Möglicherweise eignen sich CLA damit auch als Arzneimittel gegen Diabetes Typ II. Das alles müssen zukünftige Studien erst zeigen.
„Bisher wollen wir nur sagen: Leute, passt auf!“ mahnt Prof. Dr. Evi Kostenis. „Diese Substanzen wirken wie ein Arzneimittel und sind damit nicht ungefährlich.“ Die Wissenschaftlerin fordert endlich seriöse Langzeitstudien am Menschen. Bisher gab es dazu keine einzige. Das Forscherteam hat jetzt eine Langzeitstudie mit Mäusen initiiert. Sie wird wertvolle Hinweise liefern, welche Langzeitwirkungen von CLA beim Menschen zu erwarten sind.
Konjugierte Linolsäuren werden als natürliche Substanzen angepriesen. Aber natürlich heißt nicht automatisch harmlos, warnt die Forscherin: „Die Natur macht auch viele schöne Gifte – denken Sie nur an Knollenblätterpilze!“ Ihr Fazit: „Man sollte nicht alles unbesehen glauben, was die Werbung verspricht.“
J. Schmidt, K. Liebscher, N. Merten, M. Grundmann, M. Mielenz, H. Sauerwein, E. Christiansen, M.E. Due-Hansen, T. Ulven, S. Ullrich, J. Gomeza, C. Drewke, E. Kostenis: Conjugated Linoleic Acids Mediate Insulin Release through Islet G Protein-coupled Receptor FFA1/GPR40, The Journal of Biological Chemistry, 2011.
Kontakt:
Prof. Dr. Evi Kostenis
Pharma-Zentrum Bonn
Universität Bonn
Telefon: 0228/73-2678
E-Mail: kostenis@uni-bonn.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Stabile Stromversorgung mit erneuerbaren Energien | Forschungsprojekt „Kombikraftwerk 2″
Uwe Krengel
Pressestelle
Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES
Eine sichere und zuverlässige Stromversorgung allein aus Erneuerbaren Energien ist in Deutschland machbar. Das soll das neue Forschungsprojekt „Kombikraftwerk 2″ des Fraunhofer-IWES nachweisen. Gemeinsam mit neun weiteren Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft werden dazu Wind- und Biogaskraftwerke sowie Solarstromanlagen in Modellen und Feldversuchen über moderne Informations- und Kommunikationstechniken verknüpft und zu einer virtuellen Einheit mit Kraftwerkscharakter zusammengefasst.
Auf der Hannover Messe präsentiert das IWES verschiedene Softwareprodukte für regenerative Kombikraftwerke.(Halle 27, Stand H24 und Halle 13, Stand C35)
Transformationsprozesse sind ohne Beispiel
„Der globale Umweltwandel erfordert die Umstellung der Weltenergiesysteme auf emissionsärmere bzw. emissionsfreie Technologien. Die Anforderungen an die damit verbundenen Transformationsprozesse sind ohne Beispiel in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit: Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts, also in nur 40 Jahren muss diese Transformation weitgehend abgeschlossen sein. Dies bedeutet, dass emissionsfreie Technologien in diesem Zeitraum praktisch vollständig die konventionellen Methoden zur Gewinnung fossiler Energieträger, ihrer Umwandlung und Nutzung ersetzen müssen.“ sagt Prof. Dr. Jürgen Schmid, aus der Sicht seiner Doppelrolle als Leiter des Fraunhofer in Kassel und Berater der Bundesregierung im Wissenschaftlichen Beirat für Globale
Umweltveränderungen WBGU.
Welche Auswirkungen auf Struktur der Stromversorgung?
„Die Frage ist, was das für die heutige Struktur der Stromversorgung
bedeutet, für Übertragungs- und Verteilnetze und Energiespeicher“, fügt sein Stellvertreter und Projektleiter, Dr. Kurt Rohrig, als wissenschaftliche Fragestellung für das neue vom Bundesumweltministerium (BMU) geförderte
Projekt hinzu. „Unser Praxistest wird zeigen, dass eine Vollversorgung
mit erneuerbaren Energien realistisch ist und dass auch bei Windflaute oder geringem Sonnenschein nicht die Lichter ausgehen“, gibt sich Rohrig zielsicher. Rohrig hatte für seine Forschungsleistung als wissenschaftlicher Leiter des
ersten Pilotprojekts »Regeneratives Kombikraftwerk« den »Deutschen Klimaschutzpreis 2009« erhalten. Das IWES entwickelte die Soft- und Hardware für die Leitzentrale eines virtuellen Kombikraftwerks für Deutschland in einem Modellmaßstab von 1:10.000. Damit konnte erstmals eine weitgehende
Stromversorgung aus Wind, Sonne, Bioenergie und Wasserkraft zusammen mit Pumpspeichern und intelligenten Netzen demonstriert werden.
Kombikraftwerk 2
Im neuen Projekt „Kombikraftwerk 2″ (www.kombikraftwerk.de) wollen die Kasseler Experten für Energiesystemtechnik weitere wichtige Fragen zur Integration von steigenden Anteilen von Wind-, Sonnen- und Bioenergie in die
Stromversorgung klären. Darüber hinaus soll untersucht werden, welchen Beitrag erneuerbare Energien zur Versorgungsqualität leisten können. Bereits heute verfügen Solar-, Biogas- und Windenergieanlagen über technische Eigenschaften, die zur Netzstabilität beitragen und bei Engpässen das Stromnetz entlasten können. Die Wirksamkeit dieser so genannten Systemdienstleistungen
bei einer regenerativen Vollversorgung testet das „Kombikraftwerk 2″ unter realen Wetterbedingungen.
Hannover Messe: Tools für regenerative Kombikraftwerke
Auf der Hannover Messe präsentiert das Fraunhofer IWES sein Wind Power Management System WPMS, eine Prognosesoftware zur Vorhersage der Windenergieeinspeisung im Zeitbereich von 1 bis 96 Stunden. Die Steuerungssoftware WCMS (Wind Cluster Management System) verleiht Windparks
Kraftwerkseigenschaften und ist mit spezifischen Funktionen sowohl für Netzbetreiber als auch für Windparkbetreiber ausgestattet. Darüber hinaus bietet das IWES weiteres umfangreiches Know-how und verschiedene Steuerungssoftware für den Betrieb von Kombikraftwerken an.
1,1 Mio Euro für Fraunhofer IWES in Kassel
Das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt „Kombikraftwerk 2″ wird vom Bundesumweltministerium mit insgesamt ca. 1,8 Mio. Euro gefördert. Die Partner des Konsortiums sind: Agentur für Erneuerbare Energien, CUBE Engineering
GmbH, Deutscher Wetterdienst, Enercon GmbH, Fraunhofer IWES, ÖKOBiT GmbH, Leibnitz-Universität Hannover, Siemens AG, SMA Solar Technology AG und SolarWorld AG. Das Fraunhofer IWES in Kassel erhält als Projektleiter 1,1
Mio. Euro des Budgets. „Wir sehen unsere bundesweite Reputation als Systemhaus für die Integration aller erneuerbaren Energien in Versorgungsstrukturen ein weiteres Mal anerkannt“, freut sich Kurt Rohrig über den Akquiseerfolg seines
Forschungsbereichs Energiewirtschaft und Netzbetrieb. Auf dem Gebiet der Entwicklung dezentraler, nachhaltiger Energiesysteme und deren Integration in Versorgungsstrukturen ist das Fraunhofer IWES das europaweit führende Institut“,
ist IWES-Leiter Jürgen Schmid überzeugt.
Weitere Informationen:
http://www.iwes.fraunhofer.de/veranstaltungen/
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Warum es im Nordwest-Atlantik so wenig Kabeljau gibt
Dr. Michael Welling
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei
Problemfall Kabeljau – nicht nur in der Nordsee ist er deutlich zurückgegangen, auch vor der Küste der USA, der Georges Bank im Nordwest-Atlantik, liegt der Bestand danieder, und das schon seit Jahrzehnten. Selbst ein langjähriges Fangverbot brachte keine Erholung. Wissenschaftler des Johann Heinrich von Thünen-Instituts (vTI) haben jetzt zusammen mit amerikanischen Kollegen Ursachenforschung betrieben.
Seit Jahren schon sucht man in den Vereinigten Staaten nach Gründen für den dramatischen Rückgang des Kabeljaubestandes auf der Georges Bank, dem vormals wichtigsten und produktivsten US-Fischereigebiet. Ein riesiges Areal der Georges Bank ist extra für ihn zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden, seit mehr als 20 Jahren darf er dort nicht mehr befischt werden. Dennoch hat sich der Bestand nie wirklich erholt.
Fischereibiologen hatten schon immer auch über klimatische Faktoren spekuliert, die zum Beispiel über Änderungen in den Umweltbedingungen das Nahrungsangebot der Fischlarven oder auch den Wegfraß von Kabeljau-Eiern und -larven beeinflussen. Doch erst jetzt konnte ein Team um Prof. Dr. Joachim Gröger vom Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) in Hamburg zeigen, dass bestimmte großräumige Klimaeffekte tatsächlich einen Einfluss auf den Kabeljau-Nachwuchs haben. Gröger baute diese Faktoren in ein Klima-Nachwuchs-Modell ein, mit dem sich die Entwicklung des Bestandes präzise prognostizieren lässt.
Die entscheidenden Klimafaktoren sind bestimmte periodisch wiederkehrende Änderungen im atmosphärischen Luftdruck (Nordatlantische Oszillation; NAO) sowie großwellige Schwankungen in der Wasseroberflächen-Temperatur (Atlantische Multi-Dekadische Oszillation; AMO). Die Faktoren wirken nicht direkt, sondern mit einem Jahr (AMO) beziehungsweise drei Jahren (NAO) Verzögerung auf die Nachwuchsproduktion ein. Beide Faktoren zusammengenommen erklären mehr als 92 % der Rekrutierungsschwankungen auf der Georges Bank. Die Klimaeffekte wirken indirekt über die Meeresströmungen und die Nahrungskette auf die Jugendstadien. „Erstmals steht nun ein klimagetriebenes Rekrutierungsmodell zur Verfügung, das wir für einen ganzen Kanon von Kabeljau-Bestandsberechnungen wie Quotenberechnungen, Prognosen oder auch Risikoanalysen verwenden können“, sagt Joachim Gröger.
Die bereits im Internet als Vorab-Veröffentlichung vorliegende Arbeit ist in enger Zusammenarbeit mit dem US-NOAA (US-National Oceanic and Atmospheric Administration) entstanden. Sie ist eine Fortführung der weltweiten und internationalen Klima-Analysen, die am vTI-Institut für Seefischerei mit dem Nordsee-Hering begonnen hatten (s. die Pressemitteilung im idw vom 24.02.2010). Weitere Arbeiten folgen in Zukunft für den Nord-Pazifik sowie den Nordost-Atlantik.
Weitere Informationen:
http://icesjms.oxfordjournals.org/content/early/2011/01/31/icesjms.fsq196 – Link zur Zusammenfassung (Abstract) des Artikels
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Schwerpunkt „Ernährung“ – neue Ausgabe von „Akademie Aktuell“ erschienen
Dr. Ellen Latzin
Pressestelle
Bayerische Akademie der Wissenschaften
Grundlage des Lebens, Ursache von Krankheit, aber auch Ausdruck von Kultur und Religion: Die menschliche Ernährung steht im Mittelpunkt der neuesten Ausgabe 1/2011 der Zeitschrift „Akademie Aktuell“ der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Josef H. Reichholf, Zoologe und Evolutionsbiologe, erklärt, wie Nahrung und Evolution zusammenhängen. Der Biologe Widmar Tanner zeigt, dass die moderne Gentechnik die Pflanzenzucht und damit unsere Ernährungsgrundlage revolutioniert. Der Agrarökonom Joachim von Braun erläutert das Welternährungsproblem und seine Folgen für die kommende Generation. Der Ernährungsmediziner Hans Hauner fragt, ob moderne Essgewohnheiten krank machen, die Kinderärztinnen Erika von Mutius und Felicitas Nagel erforschen Lebensmittelallergien bei Kindern.
Ernährung ist aber immer auch kulturell und religiös überformt – daher lenkt das Heft den Blick bewusst auch auf andere Kulturen und Traditionen: Der Historiker Michael Brenner erklärt, was es mit koscheren Speisen im Judentum auf sich hat. Die Tibetologin Petra Maurer schildert die besonderen Bedingungen, unter denen auf dem tibetischen Hochplateau – dem größten und höchsten der Erde – gekocht wird. Der Sinologe Thomas O. Höllmann nimmt die Leserinnen und Leser mit auf eine Reise durch die Kulturgeschichte der chinesischen Küche. Der Philologe Martin Hose geht zurück in die Antike und untersucht Funktion und Bedeutung des gemeinsamen Mahls im griechischen Drama.
Die Zeitschrift „Akademie Aktuell“ wird herausgegeben von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Vier Themenhefte pro Jahr stellen aktuelle Forschungsvorhaben der Akademie und ihrer Mitglieder vor. Die Zeitschrift kann kostenfrei über die Pressestelle der BAdW bezogen werden und ist online verfügbar unter www.badw.de/aktuell/akademie_aktuell/ . Die Sommer-Ausgabe 2/2011 mit dem Schwerpunkt „Richard Strauss“ erscheint am 17. Juni 2011.
Die Bayerische Akademie der Wissenschaften, gegründet 1759, ist eine der größten und ältesten Akademien in Deutschland. Sie ist zugleich Gelehrtengesellschaft und Forschungseinrichtung von internationalem Rang. Mit rund 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreibt sie Grundlagenforschung in den Geistes- und Naturwissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf langfristigen Vorhaben, die die Basis für weiterführende Forschungen liefern und die kulturelle Überlieferung sichern. Sie ist ferner Trägerin des Leibniz-Rechenzentrums, eines der größten Supercomputing-Zentren Deutschlands, und des Walther-Meißner-Instituts für Tieftemperaturforschung. Seit 2010 betreibt sie ein Förderkolleg für den exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchs in Bayern.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Hannover Messe: Neuartige Metallschäume mildern die Aufprall-Energie beim Crash um das Zehnfache
Gerhild Sieber
Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes
Die Knochen von Menschen und Tieren haben eine schaumartige Struktur und sind deshalb leicht und trotzdem sehr stabil. Diese Struktur wird von Materialforschern nachgeahmt – unter anderem mit Metallschäumen, die als Leichtbauelemente verwendet werden. Rolf Hempelmann, Professor für Physikalische Chemie der Universität des Saarlandes, und sein Team haben nun eine neuartige Beschichtung für konventionelle Metallschäume entwickelt, die aus nanokristallinem Nickel besteht. Sie macht den Schaum so stabil, dass er zehnmal mehr Energie absorbieren kann als ein unbeschichteter Schaum. Beschichte Metallschäume sind daher der ideale Crash-Schutz.
Die beschichteten Metallschäume stellen die Wissenschaftler vom 4. bis zum 8. April auf dem saarländischen Forschungsstand der Hannover Messe (Halle 2, Stand C44) vor.
Metallschäume sind vielversprechende Ausgangsstoffe unter anderem für die Bauwirtschaft, denn sie sind leicht und gleichzeitig relativ stabil. Weit verbreitet sind Metallschäume mit einer offenen dreidimensionalen Netzwerkstruktur, so genannte offenporige Schäume, die insbesondere aus Aluminium hergestellt werden. Forschern der Universität des Saarlandes ist es nun gelungen, die vorteilhaften Eigenschaften metallischer Schäume durch hauchdünne Beschichtungen noch zu verbessern.
„Mit Hilfe von nanokristallinem Nickel konnten wir die Fähigkeit der offenporigen Aluminiumschäume, Energie zu absorbieren, um das Zehnfache erhöhen“, erklärt Professor Rolf Hempelmann. „Damit ist das Material ein idealer Crash-Schutz für Autos oder Züge“, erläutert der Wissenschaftler, der an der Universität des Saarlandes den Lehrstuhl für Physikalische Chemie leitet. Die beschichteten Metallschäume halten nicht nur höheren Druck aus als die herkömmlichen Schäume, sondern sind auch steifer und weniger anfällig für Zugkräfte – und das bei nur minimaler Gewichtszunahme.
Die Beschichtung erfolgt in einem galvanischen Bad. „Dabei wird die nanokristalline Nickelschicht elektrochemisch auf den feinen Verstrebungen des Schaums abgeschieden“, erläutert Rolf Hempelmann. Rund 100 Mikrometer, also ein Zehntel Millimeter dick ist diese Schicht aus nanokristallinen Nickelteilchen. „Unsere Beschichtung folgt einem Konstruktionsprinzip, das wiederum der Natur abgeschaut ist“, sagt der Chemiker „Die extrem harte Beschichtung, die die Streben umkleidet, ist der Struktur eines Bambusstabs vergleichbar, der durch seine äußere harte Schicht unglaubliche Festigkeiten erreicht.“ Und dies ist noch nicht das Ende der Entwicklung: „Um die Druckfestigkeit der Metallschäume noch weiter zu erhöhen, kann man sie zusätzlich noch mit einem Polymer-Schaum füllen“, sagt der Saarbrücker Wissenschaftler.
An ihrem Forschungsstand auf der Hannover Messe präsentieren die Forscher der Universität des Saarlandes unbeschichtete und beschichtete Metallschäume sowie Schäume mit verschiedenen Füllmaterialien.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Professor Rolf Hempelmann
Tel. 0681 302-4750
E-Mail: r.hempelmann@mx.uni-saarland.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
TU Berlin: Sind unsere Netze fit für erneuerbare Energien?
Stefanie Terp
Presse- und Informationsreferat
Technische Universität Berlin
300.000 Euro vom Bundesumweltministerium für neues Forschungsprojekt ReNet
In der aktuellen energiepolitischen Debatte wird anlässlich des offensichtlich immensen „Restrisikos“ nuklearer Energienutzung und der Auswirkungen fossiler Energien auf das Klima ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien gefordert. Ein zentraler Flaschenhals für einen hohen Anteil erneuerbarer Energien sind jedoch die Leitungsnetze. Sie transportieren Strom, Gas und Wärme zu den Abnehmern und stehen als Verbindungselement im Zentrum einer modernen Energieversorgung. Der Wandel hin zu einer atomkraftfreien, kohlenstoffarmen, auf erneuerbaren Energien basierenden Energieversorgung stellt neue Anforderungen an den Ausbau und die Modernisierung der Leitungsnetze. Auch der Marktzugang zu diesen Netzen und die Steuerung von Angebot und Nachfrage müssen verbessert und koordiniert werden. Netze sind ein wesentlicher Bestandteil und die Grundvoraussetzung für die Realisierung hoher Anteile erneuerbarer Energien insbesondere in der Strom-, aber auch in der Gas- und Wärmeversorgung.
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich das neue Projekt ReNet (Restrikti-onsanalyse Netze) mit der Analyse bestehender Netze und will Hemmnisse bei der Realisierung hoher Anteile erneuerbarer Energien in der leitungsgebundenen Energieversorgung in Deutschland herausfinden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen damit die strukturellen Voraussetzungen transparent gestalten. Mit einer systemübergreifenden Betrachtung sollen auch Wechselwirkungen herausgearbeitet werden. Das Projekt startete im November 2010 und befindet sich in der Phase der Bestandsaufnahme zu der Frage: Welche Faktoren hemmen den Netzausbau und die Realisierung eines hohen Anteils erneuerbarer Energien in den Netzen?
In den kommenden 18 Monaten sollen die bestehenden, teilweise bekannten Restriktionen und Hemmnisse für die weitere Entwicklung zusammengetragen, Empfehlungen zu ihrer Überwindung gegeben sowie offene Forschungsfragen verdeutlicht werden. Dabei beschränkt sich das Projekt nicht auf die weithin diskutierten Elektrizitätsnetze, sondern bezieht in einer übergreifenden Analyse die Restriktionen im Bereich der Gas- und Wärmenetze mit ein. Dr. Dörte Ohlhorst, die das Projekt von Seiten des Zentrums Technik und Gesellschaft (ZTG) der TU Berlin leitet, erklärt: „Die Transformation der Energieversorgung betrifft ein großes Spektrum von Akteuren. Durch die integrative Betrachtung der technischen, sozialen, politischen, administrativen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen sollen alle relevanten Einflussfaktoren sichtbar gemacht werden. Der Schwerpunkt der sozialwissenschaftlichen Betrachtung liegt darauf, die Interessen derjenigen Akteure herauszuarbeiten, die für den Bereich der Energienetze relevant sind. Dabei wird der Regulierungsrahmen auf europäischer und nationaler Ebene in die Untersuchung einbezogen.“
Adressaten der Projektergebnisse sind insbesondere politische Entschei-dungsträger auf Bundes- und Länderebene, die für zentrale Weichenstellungen im Zusammenhang mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien verantwortlich sind. Dr. Dörte Ohlhorst erläutert dazu: „Die Bundesregierung steht angesichts der fatalen Risiken der Kernenergie und der Auswirkungen von Treibhausgasen auf das Klima vor der Herausforderung, den Ausbau der erneuerbaren Energien fortzusetzen und zu beschleunigen. Dieses Ziel wurde bereits im Integrierten Energie- und Klimaprogramm verankert.“ Die Ergebnisse des Forschungsprojektes sollen bei der Formulierung weiterer förderpolitischer Maßnahmen für den Netzbereich Eingang finden.
Am Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin wird das Projekt von Dr. Dörte Ohlhorst und Matthias Futterlieb bearbeitet. Projektpartner sind Dr. Elke Bruns und Prof. Dr. Johann Köppel (Fachgebiet Umweltprüfung und Umweltplanung der TU Berlin), Dr. Bernd Wenzel (Ingenieurbüro für neue Energien in Teltow) sowie Thorsten Müller (Forschungsstelle UmweltEnergieRecht e.V. in Würzburg). ReNet wird im Rahmen der „Förderung von Querschnitts- und übergreifenden Untersuchungen im Rahmen der Gesamtstrategie zum weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien“ des Bundesumweltministeriums gefördert. Die Fördersumme beträgt rund 300.000 Euro.
„Restriktionsanalyse Netze – Hemmnisse bei der Realisierung hoher Anteile erneuerbarer Energien in der leitungsgebundenen Energieversorgung in Deutschland“ (ReNet) im Internet: www.tu-berlin.de/?id=93092
Für weitere Informationen steht Ihnen gern zur Verfügung: Dr. Dörte Ohlhorst, Bereichsleitung Klima & Energie am Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin, E-Mail: ohlhorst@ztg.tu-berlin.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Neue Studie: Bakterium Staphylococcus aureus nutzt Tarnkappe
Peter Wichmann
Presse- und Informationsstelle
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster
Viele dienen ihm als „Wirt“, meist aber ohne Folgen: Das Bakterium Staphylococcus aureus, kurz S. aureus, ist einer der am stärksten verbreiteten Krankheitserreger. Bis zu 70 Prozent aller Menschen tragen den Keim auf ihrer Haut, erkranken aber normalerweise nicht. In Krankenhäusern jedoch ist das Bakterium gefürchtet, weil es zum Beispiel bei Patienten mit einer offenen Wunde und geschwächtem Immunsystem schwere Infektionen hervorrufen kann. Die Forschergruppe von Dr. Bettina Löffler vom Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Münster hat jetzt herausgefunden, welche Strategien S. aureus nutzt, um einer vollständigen Elimierung zu entgehen.
Infektionen mit dem Krankheitserreger können trotz Einsatz von Antibiotika chronische und immer wieder aufflammende Verläufe nehmen; damit drohen Komplikationen wie zum Beispiel Amputationen. Löfflers Studie könnte nun zu neuen Therapieansätzen führen. Das Ergebnis ihrer Forschungen: Die Bakterien nehmen vorübergehend ein weniger aggressives Erscheinungsbild an und stellen sich in den Zellen ihres Wirts sozusagen schlafend. Auf diese Weise entkommt ein Teil der S.aureus-Population sowohl den Attacken des körpereigenen Immunsystems als auch der Vernichtung durch Antibiotika. Nach einer gewissen Zeit können sich die verbliebenen Bakterien in ihre „Normalform“ zurückverwandeln und die Infektion von neuem entfachen. Die Erkenntnisse wurden jetzt in „EMBO Molecular Medicine“, einer der weltweit renommiertesten Fachzeitschriften auf diesem Gebiet, veröffentlicht.
Charakteristisch für Infektionen mit S. aureus ist, dass die Rückfälle Monate oder auch Jahre nach einer Akutbehandlung und scheinbarer Ausheilung der Krankheit auftreten können. Löfflers Team führte deshalb Langzeit-Infektionsstudien an Zellkulturen mit S. aureus durch. Ebenso wurden Gewebeproben von Menschen mit subakuten und chronischen Infektionen untersucht.
Bakterien, die nach mehreren Wochen aus der Zellkultur gewonnen wurden, wuchsen meist nur als sehr kleine Kolonien auf Agaplatten. Das Auge nimmt sie als Vielzahl sehr kleiner weißer Punkte wahr. Diese Variante nennen die Wissenschaftler „Small Colony Variants“, kurz SCV. „Es ist schwierig, die SCV in klinischen Proben zu entdecken, denn sie wachsen sehr langsam. Bei der Diagnostik können sie daher leicht übersehen werden“, erklärt Dr. Löffler. Auch das körpereigene Immunsystem „übersieht“ die SCV, die sich in den Wirtszellen als „Schläfer“ eingenistet haben. Ebenso kommen die bisher eingesetzten Antibiotika an die Bakterien in dieser Form wahrscheinlich nicht heran. In allen untersuchten Modellen – Zellkultur, menschliche Gewebeproben, Mausmodell – zeigte sich, dass die Bakterien in der Lage waren, mehrere Wochen nach Beginn der Infektion in den Wirtszellen auszuharren. Die Bakterien wurden zunehmend zu SCV, konnten jedoch jederzeit zu der voll-aggressiven „Normalform“ zurückkehren.
„S. aureus sind extrem wandlungsfähige Mikroorganismen. Sie überprüfen ständig ihre Umweltbedingungen und stellen sich darauf ein“, so die Mikrobiologin. „Nach Abklingen der Erstinfektion kommt es zur Bildung von SCV-Kolonien, die sehr schnell wieder aus ihrem ‘Schlafzustand‘ erwachen und ihre volle Pathogenität entfalten können: Der betroffene Patient erleidet dann einen Rückfall.“ Diese Erkenntnis sei von großer klinischer Bedeutung, betont Löffler: „Künftige Therapien sollten genau auf diese Fähigkeit des ‘Umschaltens‘ der Bakterien abzielen und verhindern, dass sie sich in den Wirtszellen verstecken. So könnten sie sich sowohl der Abwehr durch das körpereigene Immunsystem als auch der Behandlung mit Antibiotika nicht mehr so leicht entziehen.“
Literaturangabe:
Tuchscherr. L, Medina. E, Hussain. M, Völker. W, Heitmann. V, Niemann. S, Holzinger. D, Roth. J, Proctor. R, Becker. K, Peters. G, Löffler. B, „Staphylococcus aureus Phenotype Switching: An Effective Bacterial Strategy to Escape Host Immune Response and Establish a Chronic Infection“, EMBO Molecular Medicine, Wiley-Blackwell, January 2011, DOI: http://dx.doi.org/10.1002/emmm.201000115
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Deutschland gehen die Ingenieure aus
Frank Stäudner
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
Aktuelle Studie des Stifterverbandes und der Nixdorf-Stiftung bestätigt Fachkräftemangel, zeigt aber auch Wege aus der Krise
Im Jahr 2009 haben rund 53.000 junge Leute einen Ingenieurabschluss an einer deutschen Hochschule erworben. Die aktuellen Absolventenzahlen liegen damit kaum über dem Niveau des letzten Ingenieurhochs Mitte der 1990er Jahre. Dagegen sind die Absolventenzahlen insgesamt im Zeitraum von 1995 bis 2009 um fast die Hälfte angewachsen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und der Heinz Nixdorf Stiftung (Pascal Hetze: Nachhaltige Hochschulstrategien für mehr MINT-Absolventen, Edition Stifterverband, Essen 2011 (2. aktualisierte Auflage)).
Die sog. MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) verlieren relativ an Attraktivität. Der Anteil der Ingenieure an allen Hochschulabsolventen sank von 25 Prozent in den 1980er und 1990er Jahren auf aktuell nur noch 16 Prozent. „Das ist ein Alarmsignal“, warnt Arend Oetker, der Präsident des Stifterverbandes, „denn fehlender Nachwuchs im MINT-Bereich gefährdet den Forschungsstandort Deutschland.“ Mitverantwortlich dafür sind hohe Abbrecherquoten. So beenden im Schnitt 40 Prozent der Studienanfänger ihr MINT-Studium nicht im Vergleich zu einem Viertel in den Sprach- und Kulturwissenschaften oder in den Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. In kaum einem anderen Fach ist die Abbrecherquote höher. Durch eine Halbierung der Schwundquote könnte der prognostizierte Bedarf an zukünftigen Fachkräften nach Einschätzung von Studienautor Pascal Hetze nahezu gedeckt werden.
Anhand guter Beispiele aus der Praxis zeigt die neue Studie Wege auf, wie Hochschulen in den MINT-Fächern mehr Studienanfänger und einen größeren Studienerfolg bei geringeren Studienabbruchquoten erreichen können. Dazu gehören Mentorenprogramme, mehr Praxiseinbindung im Studium, bessere Kooperationen zwischen Schule, Hochschule und Wirtschaft – bis hin zu der besonderen Ansprache von Jugendlichen mit bildungsfernem Hintergrund sowie MINT-Konzepten für Fernsehserien.
Bibliografische Angaben:
Pascal Hetze: Nachhaltige Hochschulstrategien für mehr MINT-Absolventen
Hrsg. vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
und von der Heinz Nixdorf Stiftung
28 Seiten
Edition Stifterverband, Essen 2011 (2. aktualisierte Auflage)
ISBN: 978-3-922275-31-2
Download hier:
http://www.stifterverband.info/publikationen_und_podcasts/positionen_dokumentationen/mint_hochschulstrategien_2011/
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Extremsommer werden häufiger
Caroline Link
Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Justus-Liebig-Universität Gießen
Internationales Forscherteam vergleicht die heißen Sommer der Jahre 2003 und 2010 – Hitzewelle 2010 brach alle Rekorde – Publikation in der renommierten Fachzeitschrift „Science“
Ein internationales Forschungsteam, an dem mit Prof. Jürg Luterbacher (Institut für Geographie) auch ein Wissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) beteiligt waren, hat erstmals detailliert die Hitzesommer von 2003 und 2010 verglichen. Sie stellten dabei fest, dass der Sommer 2010 in klimatischer Hinsicht beispiellos war: Noch nie seit mindestens 500 Jahren wichen die Sommertemperaturen Europas so stark von der Norm ab. Die Hitzewelle über Osteuropa und Russland forderte viele Hitzetote und verursachte große ökonomische und ökologische Schäden. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Der menschgemachte Klimawandel wird solche Extremsommer häufiger auftreten lassen. An dieser Untersuchung waren auch Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, der Agencia Estatal de Meteorología Madrid und der Universität Lissabon beteiligt. Die internationale Forschergruppe hat ihre Resultate nun in der renommierten Fachzeitschrift „Science“ publiziert.
Insbesondere die Menschen in Russland litten 2010 unter der außergewöhnlichen Hitze. In Moskau wurden Tagestemperaturen von knapp 40 Grad Celsius registriert. Verheerende Brände aufgrund der Trockenheit vernichteten eine Fläche von einer Million Hektar, rund 25 Prozent der Ernte fielen aus. Der geschätzte Schaden beläuft sich auf 15 Milliarden US-Dollar. Zwar kollabierten auch in Deutschland Reisende in unklimatisierten Zügen, trotzdem ist im kollektiven Bewusstsein – zumindest der Westeuropäer – immer noch der Hitzesommer von 2003 als „der extremste Sommer“ verankert.
Die Hitzewelle von 2010 brach alle Rekorde sowohl in Bezug auf die räumliche Ausdehnung als auch die Temperaturabweichung vom Mittel. Die gemessenen Temperaturen lagen zwischen 6,7 bis 13,3 Grad Celsius über dem Sommermittel. Die Hitzewelle erstreckte sich über eine riesige Fläche von rund zwei Millionen Quadratkilometern – das entspricht knapp sechs Mal der Fläche Deutschlands. Der Sommer 2010 war im Mittel über Gesamteuropa 0,2 Grad Celsius wärmer als jener von 2003. Was sich nach wenig anhört, ist – auf die riesige Fläche und auf den gesamten Sommer hinaus berechnet – viel. „Dass wir den Sommer von 2003 als extremer wahrgenommen haben, liegt insbesondere daran, dass Westeuropa 2003 von der Hitzewelle mehr betroffen war und es über einen langen Zeitraum warm blieb“, erklärt Jürg Luterbacher, Professor am Institut für Geographie der JLU.
Der Grund für die Hitzewellen in 2003 und 2010 war in beiden Fällen eine sogenannte Omega-Lage. Es handelt sich dabei um ein stabiles und ausgedehntes Hochdruckgebiet, das westlich und östlich von einem Tiefdruckgebiet begrenzt wird. 2010 lag das Zentrum dieses blockierten Hochdruckgebiets über den Landmassen Russlands. Das östliche Tiefdruckgebiet war für die Überschwemmungen in Pakistan mitverantwortlich. Doch die stabile Hochdrucklage war nicht die einzige Ursache für die außerordentliche Hitze von Juli bis Mitte August 2010: Hinzu kamen eine frühe Schneeschmelze und wenig Niederschlag, was den Boden austrocknete und die Situation zusätzlich verschärfte. „Solch lang andauernde Hochdrucklagen im Sommer sind zwar selten, kommen aber immer wieder vor. Es war deshalb von Interesse für uns, die Hitzewellen von 2003 und 2010 im Kontext der letzten Jahrhunderte zu analysieren“, sagt Luterbacher.
Zu diesem Zweck verglichen die Wissenschaftler die jüngsten Hitzewellen mit Daten aus den vergangenen Jahrhunderten. Bis ins Jahr 1871 liegen tägliche Durchschnittstemperaturen vor. Für die Zeit davor nutzten die Forscher jahreszeitliche Daten, die mit Hilfe von historischen Dokumenten aus Archiven, Baumringen, Eisbohrkernen und frühinstrumentellen Messungen ermittelt wurden. Die Sommer 2003 und 2010 brachen in der Hälfte Europas die Hitzerekorde der letzten 500 Jahre. „Aus Einzelereignissen, wie sie die Hitzewellen von 2003 oder 2010 darstellen, lassen sich keine direkten Aussagen über den Klimawandel ableiten“, betont Luterbacher. „Dass diese zwei Rekordsommer und drei weitere sehr heiße Sommer in den letzten 10 Jahren stattfanden, ist jedoch bemerkenswert und die Häufung dieser Phänomene stimmt uns nachdenklich.“
Um herauszufinden, ob solche extremen Wettereignisse auch in Zukunft vermehrt stattfinden könnten, analysierten die Forscher die Zeiträume von 2020 bis 2049 und von 2070 bis 2099 mit Hilfe von elf regionalen, hoch aufgelösten Klimamodellszenarien. Die gute Nachricht: Die Hitzewelle 2010 war so extrem, dass solche Phänomene auch in den nächsten Jahrzehnten außergewöhnlich bleiben werden. Am Ende des Jahrhunderts deuten die Modelle jedoch im Mittel alle acht Jahre auf eine Hitzewelle vom Ausmaß des Extremsommers von 2010 hin. Hitzewellen wie 2003 werden nach Ansicht der Forscher bis zum Ende des 21. Jahrhunderts schon fast zur Normalität. Während die genauen Häufigkeitsänderungen stark vom Modell abhängen, zeigen alle Simulationen, dass die Hitzeperioden in Zukunft häufiger, intensiver und anhaltender werden.
Titel der Publikation
Barriopedro, D., E. M. Fischer, J. Luterbacher, R. M. Trigo, and R. García-Herrera. 2011. The hot summer of 2010: redrawing the temperature record map of Europe, Science EXPRESS, doi: 10.1126/science.1201224
Kontakt
Prof. Jürg Luterbacher, PhD
Institut für Geographie
Bereich Klimatologie, Klimadynamik und Klimawandel
Senckenbergstraße 1, 35390 Gießen
Weitere Informationen:
http://www.sciencemag.org
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Plastikweichmacher in Kindertagesstätten
Auskunftsrechte für Eltern und Kindergärten nach REACH nutzen
Gestern veröffentlichte der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) eine Studie zu Weichmachern (Phthalate) im Staub von Kindertagesstätten. Im Schnitt lagen die gemessenen Werte dreifach über dem, was UBA Messungen im Staub von Wohnungen nachgewiesen hatten. Weichmacher stehen im Verdacht, für Missbildungen der Geschlechtsorgane und Störungen der Fruchtbarkeit verantwortlich zu sein. Quelle sind meist Einrichtungsgegenstände aus Weich-Polyvinylchlorid (PVC), etwa PVC-Fußböden, Vinyltapeten, Turnmatten, Tischdecken aus Plastik oder Möbelpolster aus Kunstleder.
Die Belastung lässt sich aber einfach senken: Eltern und Kindertagesstätten sollten beim Kauf auf Produkte setzen, die keine besorgniserregenden Weichmacher enthalten. „Händler und Vertreiber sind verpflichtet, den Konsumenten auf Nachfrage mitzuteilen, ob etwa ein neuer Bodenbelag besorgniserregende Weichmacher enthält. Das europäische Chemikalienrecht REACH verpflichtet den Handel, innerhalb von 45 Tagen über Inhaltsstoffe aus der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe Auskunft zu erteilen. Eltern und Kitas sollten dieses Recht nutzen“, sagte UBA-Präsident Jochen Flasbarth. Das UBA hat ein Musterschreiben vorbereitet, mit dem sich gezielt beim Handel nachfragen lässt.
Die vier kommerziell wichtigsten Weichmacher hat die Europäische Chemikalienagentur ECHA gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten in die Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe – die sogenannte Kandidatenliste – aufgenommen. Weitere Phthalate stehen auf der Agenda. Mit der Aufnahme verbunden sind weitreichende Auskunftspflichten für Hersteller, Importeure und Handel – und Auskunftsrechte für Bürgerinnen und Bürger. Hier kann jeder gezielt sein Kaufverhalten steuern und auf im Handel ebenfalls verfügbare Alternativen ausweichen.
REACH geht noch weiter: für drei Phthalate gilt ab 2015 eine Zulassungspflicht. Dann muss jegliche Verwendung dieser Stoffe bei der Europäischen Chemikalienagentur einzeln beantragt werden. Zwar sind es bis dahin noch vier Jahre, doch das Signal kommt am Markt an: Viele PVC-Hersteller sind auf Produkte ohne besorgniserregende Weichmacher umgestiegen.Das UBA empfiehlt. vorsorglich auf Weich-PVC ganz zu verzichten. Bei vielen Produkten lohnt auch der Umstieg auf Alternativen mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“. Dieser kennzeichnet Produkte, die umweltfreundlich hergestellt sind und die Gesundheit nicht belasten.
Der UBA-Musterbrief zum Herunterladen findet sich hier: http://www.reach-info.de/dokumente/musterbrief.doc
Mehr Informationen zum Umweltzeichen Blauer Engel, etwa der Ratgeber „Blauer Engel – Gesund Wohnen“ unter: http://www.blauer-engel.de/
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Zecken und FSME: Baden-Württemberg ist Hot Spot Nr. 1 in Deutschland
Florian Klebs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Hohenheim
Bundesweit größte Fallzahlen und geringe Impfquote / Universität Hohenheim erforscht Zeckenbekämpfung und engagiert sich bei Präventionsprogramm
Mit jährlich 100 bis 150 FSME-Erkrankungen liegt Baden-Württemberg bundesweit an der Spitze aller Bundesländer. Zwei Drittel der betroffenen Erwachsenen und die Hälfte der betroffenen Kinder erkranken so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Das zeigt die amtliche Statistik, die gestern auf einer Pressekonferenz der Universität Hohenheim vorgestellt wurde. Ebenfalls präsentiert: Ergebnisse einer Langzeitstudie über Krankheitsverläufe, das Präventionsprogramm „zeckenwetter.de“, an dem sich die Universität beteiligt, und neue Forschungsergebnisse, wie sich Zecken als FSME-Überträger mit Pilzen, Fadenwürmern und Schlupfwespen biologisch bekämpfen lassen.
Die Gefahr in einem der Risikogebiete in Baden-Württemberg nach einem Zeckenstich an FSME zu erkranken, liege bei etwa 1 zu 150. Die Hälfte der Patienten erlebe einen schweren Krankheitsverlauf. Rund 70% von ihnen erlitten langwierige Folgeschäden, so die Aussagen von Prof. Dr. Reinhard Kaiser, der die Neurologie an der Städtischen Klinik Pforzheim als Chefarzt leitet.
Besonders schwer betroffen seien Patienten, bei denen neben dem Gehirn auch das Rückenmark betroffen sei. In einer Langzeitstudie über 10 Jahre seien nur rund 20% wieder vollständig genesen. „Die Hälfte der Patienten litten auch zehn Jahre nach der Infektion an Lähmungen, Atemschwäche, Gleichgewichtsstörungen oder Schluck- und Sprechstörungen“, so Prof. Dr. Kaiser. 30% der Studienteilnehmer seien binnen zehn Jahren an der Krankheit gestorben.
Impfquote der Landesbevölkerung steigt
Dem Gegenüber seien Impfprobleme heute praktisch vernachlässigbar, versichert der Neurologe: „Mit 1,5 Fällen pro 1 Million Impfungen sind Impfkomplikationen extrem selten.“
Trotz steigender Impfbereitschaft weise die Landesbevölkerung noch eine vergleichsweise niedrige Impfquote auf, die beispielsweise unter der von Bayern liege, obwohl dort das Krankheitsrisiko geringer sei als in Baden-Württemberg, erklärte Dr. Isolde Piechotowski vom Landesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren.
Durchschnittlich seien in Baden-Württemberg nur 28% gegen FSME geimpft (Bayern: 32,2%), zitiert Dr. Piechotowski eine Untersuchung aus dem Jahr 2009. In Hochrisikogebieten wie dem Nordschwarzwald und der westlichen Schwäbische Alb liegen die Impfquoten bei 60%. Dabei sei der Impfschutz bei Kindern bis 16 Jahren mit 37% besser als unter den Erwachsenen mit ca. 26%.
Eltern mitimpfen
Dass Impfraten gerade von Kindern in den vergangenen Jahren ständig anstiegen wurde von. Rudolf von Butler, niedergelassener Kinderarzt aus Esslingen und Vorsitzender der Initiative PädNet besonders begrüßt. Gleichzeitig gibt er Familien den besonderen Rat: Eltern gleich mitimpfen lassen.
Der Grund: In der Regel verlaufe die Krankheit bei Erwachsenen wesentlich schwerwiegender, als im Kindesalter. Impfungen seien ab dem Alter von 3 Jahren möglich, in Hochrisikogebieten, speziell dem Schwarzwald, werden Impfungen schon für einjährige Kinder empfohlen.
Nach einem Ausflug in die Natur oder ins Grüne sollten alle Teilnehmer außerdem gründlich abgesucht und die Kleidung gewechselt werden. Wenn eine Zecke schon gebissen hat, diese vorsichtig mit einer spitzen Pinzette oder einem ähnlichen Gegenstand langsam durch Zug entfernen und anschließend die Wunde desinfizieren. „Drehen bringt nichts, auch von einem Abtöten der Zecke mit Öl oder Klebstoff ist abzuraten, da die Zecke beim Ersticken noch mehr Erreger – wie FSME-Viren und Borellien – unter die Haut entlassen kann“, erklärte Dr. von Butler
Zeckenprognose im Internet
Wie aktiv die Zecken am heutigen Tag und vor der eigenen Haustür sind, kann die Bevölkerung seit rund einem Jahr auf der Homepage des Präventionsprogramms „zeckenwetter.de“ abrufen. Dabei handelt es sich um ein wissenschaftliches Projekt der Firma tickradar, an dem sich die Universität Hohenheim beteiligt.
„Dazu lassen wir unsere Expertise in eine von sechs deutschen Zeckenstationen im Siebenmühlental bei Stuttgart einfließen“, erklärt Prof. Dr. Johannes Steidle, vom Lehrstuhl für. Tierökologie an der Universität Hohenheim.
Dazu beobachten die Wissenschaftler mehrfach die Woche, wie aktiv sich die Zecken in der Beobachtungsstation verhalten. „Da Zecken sehr empflindlich auf Temperatur und Feuchte reagieren, lässt sich anhand von sehr regionalen Wetterprognosen vorhersagen, ob Zecken in einem bestimmten Landkreis die nächsten Tage besonders aktiv oder die Gefahr, gebissen zu werden, eher gering ist“, so Prof. Dr. Steidle. Daneben gebe die Seite konkrete Tipps, wie man sich gegen Zeckenbisse schützen könne.
Zeckenbekämpfung an der Universität Hohenheim
In mehreren Forschungsprojekten erproben die Biologen der Universität Hohenheim außerdem, wie sich Zecken anhand natürlicher Feinde biologisch bekämpfen lassen.
„Dabei setzen wir auf Arten, die hier in Europa natürlich vorkommen. Dazu gehören bestimmte Pilze, Fadenwürmer oder die Zeckenerzwespe, die ihre Eier in lebende Zecken bohrt, so dass diese nach dem Schlüpfen von Innen aufgefressen werden“, erläutert Prof. Dr. Ute Mackenstedt, Fg. Parasitologie an der Universität Hohenheim.
Im Labor seien die Versuche bereits erfolgreich gewesen. Derzeit liefen die ersten Freilandversuche an, bei denen auch die Auswirkungen auf andere Bodenorganismen untersucht werden.
Forschungsbedarf bei Reservoirwirt
Weiteren Forschungsbedarf sieht Prof. Dr. Mackenstedt bei Füchsen, die dem FSME-Erreger als Reservoirwirt dienen. „Bei einer ersten Studie im Regierungsbezirk Freiburg fanden wir bei 32 von 146 Füchsen Hinweise, dass sie dem FSME-Erreger als Reservoirwirt gedient hatten. Diese Untersuchungen müssen ausgedehnt werden, um einschätzen zu können, wie stark die Bedeutung der Füchse für die Krankheitsverbreitung tatsächlich ist.“
Bisher fünf identifizierte Virenstämme in Baden-Württemberg
Eine Entwarnung gibt Dr. Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg gegenüber Ängsten, der FSME-Erreger könnte so stark mutieren, dass Impfstoffe wirkungslos würden.
„Ob Viren leicht mutieren hängt davon ab, wie ihr Erbgut aufgebaut ist“, erklärte der Biologe auf der Pressekonferenz. „Extrembeispiel sind die Grippeviren wie Influenza A, bei der völlig neue Subtypen auftreten können“.
FSME-Viren gehörten allerdings zu einer Virenart, bei der Veränderungen im Erbgut nur geringe Auswirkungen haben. „In einer ersten Überblicksstudie haben wir in Baden-Württemberg bisher fünf unterschiedliche Stämme des FSME-Erregers entdeckt, die alle zum gleichen europäischen Subtyp gehören.“
Als Krankheitserreger mögen diese Stämme ein unterschiedlich starkes Gefährdungspotential für den Körper haben. „Allen Stämmen aller Subtypen in Europa ist jedoch gemeinsam, dass der Körper durch die gängige Impfung wirksam gegen sie geschützt werden kann.
Weitere Informationen:
http://www.zeckenwetter.de/zeckenwetter/prognose/index.php „zeckenwetter“
http://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=8854&a… „digitale Pressemappe“
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Förderung der nachhaltigen Wassernutzung
Dr. Holger Stöppler-Zimmer
Projektträger Innovationsförderung
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
Der Projektträger Innovationsförderung in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) beabsichtigt, im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) Projekte zu fördern, die das Ziel verfolgen, Wasser entlang der Wertschöpfungskette von der landwirtschaftlichen Produktion bis hin zur Lebensmittelindustrie effizienter und nachhaltiger zu nutzen.
Etwa 70 Prozent des weltweit verbrauchten Wassers wird in der Landwirtschaft eingesetzt. Auch in Deutschland ist der Wasserverbrauch pro Einheit Lebensmittel beachtlich. Angesichts der aktuellen Klimaprognosen und der zunehmenden Biomasseproduktion für die Energieverwertung, ist in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion von einem insgesamt höheren Wasserbedarf auszugehen. Für diese Bereiche stellt somit die effiziente und nachhaltige Nutzung von Wasser eine zentrale Herausforderung dar. Die Förderung entsprechender Produkt-, Konzept- und Verfahrensentwicklungen ist daher ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Nutzung der Ressource Wasser.
Hierbei sollen sämtliche Ansätze von der landwirtschaftlichen Produktion bis zur Lebensmittelindustrie erfasst werden, die zu einer Schonung der Ressource Wasser beitragen können. Gefördert werden sowohl innovative Vorhaben der industriellen Forschung als auch der experimentellen Entwicklung. Vorhaben, die standortangepasste Techniken und Verfahren für Gebiete außerhalb Deutschlands betreffen, sind eingeschlossen, sofern sie von Unternehmen mit Sitz in Deutschland entwickelt werden.
Mit dem Programm zur Innovationsförderung des BMELV sollen Forschung und Entwicklung, Wissenstransfer und bessere Rahmenbedingungen für Innovationen in der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie im Verbraucherschutz unterstützt werden. Es beinhaltet die Förderung von technischen und nicht-technischen Innovationen sowie von Vorhaben zur Steigerung der Innovationsfähigkeit einschließlich des Wissenstransfers. Jährlich stehen hierfür mehr als 25 Millionen Euro zur Verfügung.
Weitere Informationen sowohl zum Programm zur Innovationsförderung als auch zu spezifischen Richtlinien sind auf der BLE-Homepage unter http://www.ble.de/innovationsfoerderung, Programm des BMELV, zu finden. Hier besteht auch die Möglichkeit, sich für einen Newsletter anzumelden.
Für Fragen steht der Projektträger Innovationsförderung in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) gerne zur Verfügung (Dr. Holger Stöppler-Zimmer: Tel. 02 28/ 99 68 45 -32 81; E-Mail: innovation@ble.de).
Weitere Informationen:
http://www.ble.de/innovationsfoerderung, Programm des BMELV (aktuelle und vergangene Bekanntmachungen zu verschiedenen Themengebieten, Merkblätter, Newsletter-Anmeldung usw.)
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Kosten und Nutzen Olympischer Winterspiele in Deutschland
Petra Giegerich
Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Mainzer Sportwissenschaftler Holger Preuß veröffentlicht Kosten-Nutzen-Analyse von München 2018 im Gabler Verlag
München bewirbt sich zusammen mit Garmisch-Partenkirchen und Schönau um die Austragung der Olympischen Winterspiele 2018. Dieses Milliardenprojekt wird teilweise auch vom Steuerzahler zu tragen sein. Holger Preuß, Professor für Sportsoziologie und Sportökonomie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), untersucht in seinem Buch „Kosten und Nutzen Olympischer Winterspiele in Deutschland: Eine Analyse von München 2018“, inwiefern sich die Kosten der Winterspiele durch deren wirtschaftlichen Nutzen in Form von Einkommen, Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen aufrechnen lassen. In einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse, die über 1.200 Variablen umfasst und auch nicht monetäre Wirkungen wie Imageeffekte, Tourismuswerbung und den Erlebniswert für die Bevölkerung berücksichtigt, gibt er einen umfassenden Überblick über die komplexen wirtschaftlichen Wirkungen der Winterspiele und Paralympics für Deutschland. Darüber hinaus enthält dieses im Gabler Verlag erschienene Buch zahlreiche Daten über die Olympischen Winterspiele von Nagano 1998 bis Vancouver 2010 und beschreibt im Detail, wie ökonomische Wirkungen einer Sportgroßveranstaltung ermittelt werden. Es richtet sich v.a. an Dozierende und Studierende der Wirtschafts-, Sport- und Tourismuswissenschaft, an Praktiker im Sport- und Eventmanagement sowie Tourismus- und Destinationenmanagement und Verantwortliche in der Stadt- und Regionalpolitik. Die Ergebnisse seiner Kosten-Nutzen-Analyse stellte Preuß auch bereits der IOC-Evaluierungskommission vor, die Anfang März 2011 München besuchte, um die Bewerbungsunterlagen für die Winterspiele 2018 zu überprüfen und noch offene Fragen zu klären. „Es war eine große Arbeit, diese Studie fertigzustellen. Sie basiert auf gut 10 Jahren Arbeit zur Methodik der Impaktmessung von Megasportevents. Daher freut es mich sehr, dass ich der IOC-Kommission diese Forschungsergebnisse vorstellen durfte“, so Preuß.
Holger Preuß ist Professor für Sportsoziologie und Sportökonomie an der JGU. Seine Forschung beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den ökonomischen Wirkungen von Großsportveranstaltungen wie den Olympischen Spielen. Aktuell erforscht er die „Wirtschaftliche Bedeutung des Sports für Deutschland“, ein Projekt, das vom Bundesministerium des Innern (BMI) und vom Bundesinstitut für Sportwissenschaften (BISp) finanziert wird.
Weitere Informationen:
http://www.uni-mainz.de/presse/43525.php – Pressemitteilung ;
http://www.gabler.de/Buch/978-3-8349-2927-3/Kosten-und-Nutzen-Olympischer-Winter… – Buchpräsentation im Gabler Verlag
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
„Grüne Geschäfte“ im Kleingarten: Neues Abwasserkonzept entsteht
Franz-Georg Elpers
Pressestelle
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Mehr Komfort, Hygiene und Umweltschutz bei Entsorgung von Fäkalien – DBU stiftet 53.000 Euro
Weimar/Leipzig/Osnabrück. Kleingärten sind in Deutschland sehr beliebt – in rund einer Million Gärten verbringen etwa fünf Millionen Menschen ihre Freizeit: Tradition seit über 145 Jahren, in denen technischer Komfort und Nutzeransprüche stetig gewachsen sind. Doch ein Sorgenkind bleibt oft die Abwasserentsorgung: „Kleingärten sind nicht an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen. Für Abwässer und Fäkalien müssen dann andere Entsorgungswege gefunden werden“, erklärte heute Prof. Dr. Jörg Londong vom Lehrstuhl Siedlungswasserwirtschaft der Bauhaus-Universität Weimar. Gemeinsam mit dem Bildungs- und Demonstrationszentrum für dezentrale Abwasserbehandlung (BDZ) und dem Stadtverband der Kleingärtner (SLK), beide Leipzig, will die Uni neue Wege für den hygienischen und umweltverträglichen Umgang mit Fäkalien aus Kleingärten finden. Für das innovative Projekt hat jetzt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) rund 53.000 Euro Fördermittel zugesagt.
„Im Projekt soll das Kleingartenwesen aber auf keinen Fall gefährdet oder bevormundet werden“, betonte DBU-Generalsekretär Dr.-Ing. E.h. Fritz Brickwedde. Vielmehr handele es sich um ein dialogorientiertes Vorhaben, bei dem gemeinsam mit den Kleingärtnern nach machbaren Sanitärlösungen gesucht werde. Zentrales Ziel sei es, Umweltentlastung und Nutzerbedürfnisse zum Vorteil aller zu verknüpfen, unterstrich Brickwedde.
„Am Beispiel von Kleingartenkolonien in Leipzig werden wir sinnvolle und umsetzbare Veränderungen benennen, Hemmnisse diskutieren und Vorschläge für eine beispielhafte Umsetzung erarbeiten“, umriss Londong das Vorhaben. Zentrale Punkte seien dabei der Vergleich von Anschaffungs- und Betriebskosten, der Wartungsaufwand und Entsorgungskomfort sowie das Umweltentlastungspotenzial.
Bundeseinheitliche Vorgaben, speziell für den Kleingartenbereich, gebe es bis heute nicht, erklärte der BDZ-Vorstandsvorsitzende Wolf-Michael Hirschfeld. Für die Fäkalienentsorgung seien derzeit zwar oft Chemie-, Trocken- oder Humustoiletten im Einsatz. Trotzdem stelle man auch immer wieder problematische Entsorgungen von Toiletteninhalten fest – zum Beispiel unsachgemäßes Kompostieren oder Rasensprengung mit Abwasser. Hygienische Anforderungen und die Nährstoffbilanzen des Bodens würden dabei missachtet. Ein besonderes Problem stellen auch viele Sammelgruben dar, so Hirschfeld. Bis zu 30 Prozent der eingebrachten Stoffe versickerten demnach im Erdreich, erreichten Grundwasser oder nahe Gewässer. Das sei eine beträchtliche Gefahr für den Wasserhaushalt ganzer Gebiete. „Doch trotz der problematischen Aspekte wollen wir niemanden maßregeln, sondern konkrete Hilfestellungen bieten“, betonte der BDZ-Experte.
Auch Robby Müller, SLK-Vorsitzender, begrüßte das Projekt: „Das Image von Kleingärten zu verbessern, heißt auch, die Randbedingungen zu verbessern. Dazu gehören wesentlich die hygienische Situation, der Komfort von Sanitäranlagen und die Umweltentlastung. So können Kleingärten auch für jüngere Menschen wieder deutlich an Attraktivität gewinnen“, so Müller.
Das Kleingarten-Projekt sei zwar auf den Leipziger Raum beschränkt, so Londong. Von den Projektergebnissen sollen aber bundesweit Kleingartenkolonien profitieren können. Daher werde der Abschlussbericht interessierten Vereinen und Personen kostenlos zur Verfügung gestellt.
Weitere Informationen:
https://www.dbu.de/533bild27324_75_31379_106.html
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Krebszellen riechen anders
Dr. Ernst Guggolz
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.
Einige Krankheiten erkennt man bereits am Geruch des Patienten: Der Atem eines Zuckerkranken riecht zum Beispiel nach Äpfeln; Körpergeruch nach Ammoniak deutet auf eine Erkrankung der Leber. Um Krebs zu diagnostizieren, reicht der Geruchssinn des Menschen zwar nicht aus, aber eine feine, künstliche Nase könnte Lungenkrebszelllinien erkennen und unterscheiden. Dies zeigt ein Beitrag in den „Nachrichten aus der Chemie“.
Wissenschaftler verglichen massenspektrometrisch die flüchtigen Stoffwechselprodukte von zwei Lungenkrebszelllinien und zwei Lungenzellarten. Dazu züchteten sie alle vier Zelltypen in monozellulären Schichten in Zellkulturflaschen.
Zellen nehmen Stoffe aus dem Nährmedium einer Kulturflasche auf und geben darin ihre Stoffwechselprodukte ab. Bei einem Teil dieser Stoffwechselprodukte handelt es sich um flüchtige organische Substanzen. Sie werden im Gasraum über dem Nährmedium mit einem Spektrometer nachgewiesen. Die Forscher ordneten anschließend 42 Stoffe mit statistischen Auswerteverfahren den vier Zelllinien eindeutig zu.
Die Untersuchungen belegten Konzentrationsunterschiede bei den Stoffwechselprodukten. Zudem zeigte der Vergleich zwischen den gesunden und den Krebszelllinien, dass nur letztere Acetaldehyd verbrauchen.
Die Untersuchungen und Messergebnisse erläutert die Physikerin Claudia Brunner vom Helmholtz-Zentrum München in ihrem Artikel für die „Nachrichten aus der Chemie“. Die PDF-Datei des Beitrags gibt es bei der Redaktion unter nachrichten@gdch.de.
Nahezu 80 000 anspruchsvolle Chemiker und Chemikerinnen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Lehre informieren sich mit den „Nachrichten“ über Entwicklungen in der Chemie, in angrenzenden Wissenschaften sowie über gesellschaftliche und wirtschaftliche Aspekte. Kennzeichen der Zeitschrift der Gesellschaft Deutscher Chemiker sind das breite Spektrum der Berichte, das einmalige Informationsangebot an Personalien, Veranstaltungs- und Fortbildungsterminen sowie der große Stellenmarkt.
Weitere Informationen:
http://www.nachrichtenausderchemie.de „Nachrichten aus der Chemie“
http://www.gdch.de/taetigkeiten/nch/jg2011/h01_11.htm Das Januarheft der „Nachrichten aus der Chemie“
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Konkurrenz zwischen Tank und Teller: „E10 kann Welthunger und Umweltzerstörung steigern“
Florian Klebs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Hohenheim
Geschäftsführer des Food Security Centers der Universität Hohenheim sieht durch den Biokraftstoff mittelfristige Risiken für die globale Ernährungssicherung
Beim „Benzin-Gipfel“ ging es vor allem um die Belange der Mineralölkonzerne und Endverbraucher. Umweltminister Röttgen sieht auf Nachfrage für Deutschland keine Gefahr, dass es zu einer Konkurrenz im Anbau von Pflanzen für die Ernährung und Treibstoffgewinnung kommen könnte. Dr. Detlef Virchow, Geschäftsführer des Food Security Centers der Universität Hohenheim nimmt dazu Stellung. Das Interview ist ein Beitrag im Rahmen des Themenjahrs 2011 „Universität Hohenheim – stark durch Kommunikation“.
Herr Dr. Virchow, teilen Sie Umweltminister Röttgens Auffassung, wonach der neue Biokraftstoff in Deutschland zu keinem verstärkten Kampf zwischen Tank und Teller führen wird?
Ja und nein. Ich würde hier geographisch und von der Fristigkeit der Auswirkungen her unterscheiden. Sicherlich würde es in Deutschland oder den entwickelten Staaten auf der nördlichen Halbkugel zu keiner direkten Konkurrenz von Pflanzenanbau zur Ernährung und zur Herstellung von Ethanol kommen. Dafür hat Deutschland derzeit noch genügend brachliegende Flächen und kann momentan noch jederzeit auf dem Weltmarkt fehlende Nahrungsmittel einkaufen. Für die hiesigen Landwirte könnte zusätzlicher Anbau nachwachsender Energieträger neue Einkommensquellen erschließen. Auch erhöhte Preise für diese Pflanzen könnten einen weiteren positiven Effekt für die Landwirte mit sich bringen. Auch sehe ich kurzfristig keine dramatischen Auswirkungen.
Also keine Gefahr?
Keine unmittelbare. Mittelbar braucht jede Pflanze, die zur Ernährung der Weltbevölkerung dient, aber nicht bei uns angebaut wird, anderswo eine Anbaufläche. Hier sehe ich die Gefahr, dass sich das Problem in andere Länder verlagern wird. Das wären, wie schon bei bisherigen Problemen im Agrarsektor, vornehmlich die Entwicklungsländer. Die Tortilla-Krise in Mexiko bietet nur einen Vorgeschmack darauf, wie sich das Anbauverhalten der USA auf den amerikanischen Kontinent mittelfristig auswirken könnte.
Aber in diesem Fall gab es doch gar keinen echten Mangel an Mais für die Ernährung?
Richtig. Aber sie zeigt, dass jede Verknappung im Ernährungssektor die Spekulation auf den Märkten anfeuert – mit den bekannten Folgewirkungen für die Entwicklungsländer: Hunger und weitere Verarmung. Beispielsweise die Hungerrevolten auf Haiti auf Grund von explodierenden Preisen und einer tatsächlichen Verknappung der Nahrungsmittel zu Beginn des Jahres 2008 haben gezeigt, dass sich die Armen und Hungernden nicht mehr mit Vertröstungen abspeisen lassen.
Diese Gefahr besteht doch nicht für Deutschland?
Natürlich nicht. Aber ich empfehle zu bedenken, dass das Verhalten eines Global Players wie Deutschland Signalwirkung auf andere Länder hat. Entscheiden wir uns dafür, großflächig Ackerbauflächen für die Treibstoffgewinnung zu nutzen, dann werden andere Länder sich an unserem Beispiel orientieren und nachziehen. Und die Menschen mit schwächerer Kaufkraft, also die Armen vor allem in den Entwicklungsländern, werden ihren Bedarf an Lebensmitteln nicht mehr bzw. nicht mehr vollständig am Markt decken können.
Das heißt mit E10 fahren wir riskant?
Ja. Die deutschen Autobesitzer mögen zwar vor allem an ihre Motoren denken, aber gleichzeitig verursachen wir damit über verschiedene Wirkungsketten, dass Hunger und Armut in den Entwicklungsländern steigt – und in der Regel steigt damit auch die Umweltzerstörung. Da braut sich ein explosives Gemisch zusammen, welches nur in den seltensten Fällen so produktiv genutzt wird wie in Tunesien und Ägypten.
Hinzu kommt der allgemeine Zweifel, ob mit E10 tatsächlich die Umweltbelastung hier in Deutschland reduziert werden wird. Meines Erachtens sollte es daher intelligentere Lösungen für unser Energieproblem geben als E10.
Hintergrund: Food Security Center der Universität Hohenheim
Das Food Security Center leistet weltweit einen innovativen und wirkungsorientierten wissenschaftlichen Beitrag zur Verminderung von Hunger und Verbesserung der Ernährungssicherung und trägt dadurch zur Erreichung des Millenniumsentwicklungsziels 1 bei. Geleitet wird es von Dr. Detlef Virchow.
Dabei hat das Zentrum an der Universität Hohenheim ein starkes Rückrat: Dort forschen rund 50 Professoren aus den Agrar-, Natur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit besonderer Tropen-Kompetenz. In Afrika, Asien und Lateinamerika hat das Food Security Center verschiedene Universitäten und Forschungszentren als Partner.
Forschungsthemen sind neben der Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln der Zugang und deren Verwendung, aber auch Qualität und Sicherheit von Nahrungsmitteln sowie deren Verwertung. Besonders wird dabei auf die Rolle der Geschlechter und der Nachhaltigkeit des landwirtschaftlichen Produktionsprozesses und der Wertschöpfungsketten Bezug genommen.
Hintergrund: Themenjahr 2011 „Universität Hohenheim – stark durch Kommunikation“
Das Themenjahr „Kommunikation“ der Universität Hohenheim soll einem breiten Spektrum unterschiedlicher Wissenschaftsbeiträge eine Plattform bieten. Die Universität Hohenheim selbst bezieht dabei ihrem Grundauftrag entsprechend keine eigene Position, allein die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen ihre fundierten Standpunkte nach außen dar.
Weitere Informationen:
http://www.fsc.uni-hohenheim.de „Food Security Center“
http://www.uni-hohenheim.de/stark-durch-kommunikation „Stark durch Kommunikation“
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Urologen warnen vor den Folgen von Doping im Breitensport
Bettina-Cathrin Wahlers
Pressestelle der DGU
Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V.
Ob Anabolika und Wachstumshormone im Kraftsport oder hoch dosierte Schmerzmittel vor dem Stadtmarathon – leistungssteigernde Substanzen sind im Breitensport an der Tagesordnung. Angesichts von mehr als einer Million Freizeitsportlern, die, laut Expertenschätzung, in Deutschland regelmäßig oder gelegentlich zu Dopingsubstanzen oder Medikamenten greifen, warnt die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) vor den urologischen Folgeerkrankungen.
Vor allem Kraftsportler riskieren durch die Einnahme anaboler Wirkstoffe Impotenz, Unfruchtbarkeit, Brustwachstum und Nierenschäden. „Mangels Dopingkontrollen im Freizeitsport müssen wir auf verstärkte öffentliche Aufklärung setzen“, so DGU-Pressesprecherin Prof. Dr. Sabine Kliesch.
„Die Langzeitfolgen werden von den jungen Männern unterschätzt“, mahnt die Chefärztin des Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie in Münster. Zu groß ist ihr Wunsch nach schneller Leistungssteigerung oder der prestigeträchtigen Traumfigur. Die Erkenntnis kommt den vermeintlich starken Männern oft erst, wenn sie als Patienten beim Urologen vorstellig werden. „Weil sie ihre Erektionsfähigkeit eingebüßt haben, der Kinderwunsch versagt bleibt oder weil sie unter einer Vergrößerung der männlichen Brustdrüsen, der sogenannten Gynäkomastie, leiden“, sagt die Münsteraner Fachärztin für Urologie und Andrologie.
Bei der Gynäkomastie sei ein erhöhtes Risiko für Karzinome nicht auszuschließen, ergänzt Sportmediziner Prof. Dr. Wilhelm Schänzer und weist zudem auf die Gefahr irreversibler Leberschäden, von Leberkrebs sowie der Schädigung des Herz-Kreislaufsystems von Arteriosklerose bis Herzinfarkt hin. „Normalerweise senkt Sport die ungesunden Blutfette. Unter Anabolikaanwendung aber tritt der gegenteilige Effekt ein. Die Konzentration der HDL-Fetteiweiße im Blut wird erniedrigt während sich die LDL-Fetteiweiße erhöhen und das Arteriosklerose-Risiko steigt“, so der Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Darüber hinaus drohen Aggression, Depression und die typische Steroid-Akne. Bei Jugendlichen können Anabolika zu einer Verkürzung der Wachstumsphase führen.
Dopingexperten wie Professor Schänzer gehen in Deutschland allein im Kraftsport von 200 000 bis 400 000 Konsumenten anaboler Wirkstoffe aus. Das sind Testosteron selbst und Analoge des männlichen Sexualhormons.
Ihre Einnahme lässt die natürliche Hormonproduktion versiegen, Hoden schrumpfen, Potenz und Spermienanzahl schwinden – zum Teil irreversibel. „Ob die eigene Hormonproduktion wieder einsetzt, hängt im Einzelfall von den verwendeten Substanzen ab“, sagt Prof. Kliesch. Häufig bliebe nur die künstliche Befruchtung als letzte Chance auf Vaterschaft, aber auch dafür müsse eine ausreichende Anzahl von Spermien gewonnen werden können. „Zur Behandlung der Gynäkomastie nach Anabolika-Missbrauch ist die operative Entfernung des überschüssigen Drüsen- und Fettgewebes angezeigt“, so die Urologin. Um das Brustwachstum zu verhindern, werden in der Szene daher zusätzliche Substanzen empfohlen, die wiederum ihre eigenen Nebenwirkungen haben. „Insgesamt reduziert der Cocktail aus anabolen Wirkstoffen, Wachstumshormonen, Fettverbrennern und Ähnlichem die Lebenserwartung der Konsumenten deutlich“, resümiert Prof. Schänzer mit Bezug auf eine finnische Studie. „Darunter sind viele Wirkstoffe, die aufgrund des verschärften Arzneimittelgesetzes inzwischen in der klinischen Medizin nicht mehr verordnet werden dürfen, aber im illegalen Schwarzmarkthandel angeboten werden.“ Fitnessstudios und Internet sind als probate Verbreitungswege bekannt. Spektakuläre Funde von zuletzt rund fünf Millionen Ampullen und Tabletten mit Anabolika, Hormonpräparaten, Aufputsch- sowie Potenzmitteln offenbaren die Dimension.
Gegenmaßnahmen im Freizeitsport seien überfällig, betonen DGU-Pressesprecherin Prof. Kliesch und Prof. Schänzer. Sie sehen vor allem den Staat in der Pflicht, mehr Prävention durch frühzeitige Aufklärung in den Schulen zu ermöglichen und verstärkt gegen den illegalen Schwarzmarkthandel vorzugehen.
Weitere Informationen:
DGU-Pressesprecherin
Prof. Dr. med. Sabine Kliesch
Chefärztin Klinische Andrologie
Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie
Head Clinical Andrology
Centre for Reproductive Medicine and Andrology
WHO Collaborating Center
EAA Training Center
University Clinic Münster
Domagkstraße 11
48149 Münster
Phone +49-251-8356097
oder
DGU-Pressestelle
Bettina-Cathrin Wahlers
Sabine Martina Glimm
Stremelkamp 17
21149 Hamburg
Tel: 040 – 79 14 05 60
Mobil: 0170 – 48 27 28 7
E-Mail: redaktion@bettina-wahlers.de
Weitere Informationen:
http://www.urologenportal.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Deutschland in die Karten geschaut
Dr. Peter Wittmann
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Länderkunde
IfL präsentiert Karten und Analysen aus seinem Online-Angebot „Nationalatlas aktuell“ jetzt auch in Buchform
Leipzig – Wer sind die Gewinner und wer die Verlierer im Wettbewerb der Regionen? Wo in Deutschland hat es bei der Kleinkinderbetreuung die größten Fortschritte gegeben? Wie sind die Feinstaubkonzentrationen regional verteilt und was wird gegen die Luftbelastung getan? – Antworten auf diese und andere in jüngster Zeit diskutierte Fragen gibt das Buch „Deutschland aktuell“, das die Atlas-Experten des Leibniz-Instituts für Länderkunde (IfL) aus Kartenbeiträgen des institutseigenen Webangebots „Nationalatlas aktuell“ zusammengestellt haben.
Der jetzt erschienene Band zeigt auf 110 Seiten eine Auswahl von 22 Beiträgen, die in den ersten drei Jahren von „Nationalatlas aktuell“ unter Mitwirkung von Experten unterschiedlichster Fachrichtungen entstanden sind. Die Themen spiegeln exemplarisch das inhaltliche Spektrum des Online-Angebots wider. Insgesamt 65 Karten machen regionale Verteilungen und räumliche Veränderungen auf einen Blick deutlich, Textkommentare ergänzen die Karten mit Interpretationsangeboten, Grafiken, Fotos und Tabellen illustrieren Fakten und Hintergründe.
Im Abschnitt „Mensch und Gesellschaft“ stehen nichteheliche Geburten, West-Ost-Wanderung und Rechtsextremismus im Fokus. In „Leben im Alltag“ geht es um Deutschlands Sprachräume, um Kleinkinderbetreuung, regionale Lebensmittel und regional unterschiedliche Bevölkerungsanteile an Rauchern. Das Kapitel „Natur und Umwelt“ behandelt die Feinstaubproblematik oder auch die Auswirkungen des Klimawandels für den Wintersport in Deutschland. Im letzten Teil „Wirtschaft und Kultur“ spannt sich der thematische Bogen von Regionalwährungen über die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit bis zu Veränderungen der Presselandschaft und dem riskanten Finanzierungsmodell des Cross Border Leasing.
Das IfL hat sich für eine Auskoppelung von Kartenbeiträgen aus dem digitalen Angebot auch deshalb entschieden, weil die Buchform einen höheren Detaillierungsgrad der Kartographie erlaubt. „Die Vorteile von Kartendarstellungen am Bildschirm liegen eher in der Möglichkeit, schnell zu Glossareinträgen, Detailkarten, Vergrößerungen oder Textkommentaren umzuschalten“, erklärt IfL-Projektleiterin Sabine Tzschaschel. „Wir sehen die Veröffentlichung auch als Suche nach einem Kompromiss zwischen Online- und Printmedium und wollen Teile unseres digitalen Angebots auch denen zugänglich machen, die genüssliches Blättern dem Umgang mit Maus und Monitor vorziehen“, so die Atlasexpertin. „Deutschland aktuell“ reiht sich damit in die Strategie des IfL ein, digitale und Internet-basierte Darstellungsformen zur Visualisierung von raumbezogenem Wissen verstärkt einzusetzen und gleichzeitig bewährte Medien nach hohem Qualitätsstandard fortzuführen und weiterzuentwickeln.
„Deutschland aktuell“ kann zum Preis von 19,90 Euro (zzgl. 2 Euro Versandgebühr) unter P_Kraus@ifl-leipzig.de oder Tel. +49 341 600 55-102 bestellt werden. Redaktionen erhalten Besprechungsexemplare kostenlos.
Deutschland aktuell – Kartenbeiträge zu Wirtschaft,
Gesellschaft, Kultur, Politik und Umwelt
110 Seiten, broschiert
65 Karten, 55 Grafiken, 40 Fotos
ISBN 978-3-86082-075-9
Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich bitte an Volker Bode, Leibniz-Institut für Länderkunde, Tel. +49 341 600 55-143, V_Bode@ifl-leipzig.de.
Weitere Informationen:
http://www.ifl-leipzig.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Fortschritte bei der Nutzung von Mikroorganismen für die Erzeugung von elektrischer Energie
Ulrike Rolf
Presse und Kommunikation
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Weltweit erforschen Wissenschaftlerteams, wie man Mikroorganismen zur Energiegewinnung nutzen kann. An der Technischen Universität Braunschweig ist das Team von Prof. Dr. Uwe Schröder diesem Ziel näher gekommen. Die Ergebnisse dieser Forschung sind jetzt in drei Artikeln renommierter Fachzeitschriften veröffentlicht worden.
Das Braunschweiger Forscherteam beschäftigt sich seit längerem mit elektrokatalytisch aktiven Bakterien. Ziel ist es, mit Hilfe dieser Biofilme eine neue Technologie zu entwickeln. Sie soll es unter anderem ermöglichen, niedrigenergetische Biomasse, wie zum Beispiel Abwasser, zur Gewinnung von elektrischer Energie oder zur Produktion von wertvollen Grundstoffen zu nutzen. Dieses Technologiekonzept ist seit längerem unter dem Schlagwort „mikrobielle Brennstoffzelle“ oder „mikrobielle Bioelektrochemische Systeme“ bekannt.
Der Weg vom im Labormaßstab erfolgreichen Konzept zur fertigen Technologie ist allerdings noch lang. Es müssen noch fundamentale und technologische Fragen beantwortet werden. Drei Bausteine auf diesem Weg können jetzt die Forscher aus Braunschweig in Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern beisteuern.
In Zusammenarbeit mit der TU Berlin unter Federführung von Dr. Falk Harnisch, TU Braunschweig, und Dr. Diego Millo, TU Berlin, konnte erstmals eine in situ spektroelektrochemische Untersuchung an lebenden Biofilmen, das heißt Zellen in ihrer natürlichen Umgebung, präsentiert werden. Hierbei gelang erstmals eine exakte Charakterisierung der Proteine, die in der Zellmembran für den Austausch der Elektronen zwischen Bakterie und Elektrode verantwortlich sind.
D. Millo*, F. Harnisch*, S.A. Patil. H. K. Ly, U. Schröder, P. Hildebrandt
„In situ Spectroelectrochemcial Investigation of electrocatalytic microbial biofilms by surface-enhanced resonance raman spectroscopy“
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/anie.201006046/abstract
Ein weiterer Fortschritt gelang in Kooperation mit den Universitäten Marburg und Chicago: Erstmals wurden Stromdichten von bis zu 30 Ampere pro Quadratmeter gemessen. Diese bisher unerreichten Leistungsfähigkeiten von bioelektrokatalytischen Anoden konnten durch neuartige Elektrodenmaterialien erzielt werden. Auf ihnen können die Mikroorganismen in drei Dimensionen wachsen und gedeihen.
Electrospun and solution blown three-dimensional carbon fiber nonwovens for application as electrodes in microbial fuel cells
Shuiliang Chen, Haoqing Hou, Falk Harnisch, Sunil A. Patil, Alessandro A. Carmona-Martinez, Seema Agarwal, Yiyun Zhang, Suman Sinha-Ray, Alexander L. Yarin, Andreas Greiner and Uwe Schröder
Energy and Environmental Science, online
http://pubs.rsc.org/en/Content/ArticleLanding/2011/EE/C0EE00446D
Darüber hinaus wurde in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, Leipzig, die erste durchflusszytometrische Studie an elektrokatalytischen Biofilmen durchgeführt. Bei diesem Verfahren werden Zellen gezählt und charakterisiert. Dabei zeigte ein Vergleich von Abwasser und daraus gewonnenen elektrokatalytischen Biofilmen, dass eine Selektion von Mikroorganismen stattfindet. Diese Selektion führt dabei zu einer Anreicherung von Arten im Biofilm, die in der Bakterienquelle nicht nachweisbar ist.
F. Harnisch*, C. Koch, S.A. Patil. T. Hübschmann, S. Müller, U. Schröder
„Revealing the electrochemically driven selection in natural community derived microbial biofilms using flow-cytometry“ Energy & Environmental Science, online
http://pubs.rsc.org/en/Content/ArticleLanding/2011/EE/C0EE00605J
In Zusammenwirken können diese Erkenntnisse des Braunschweiger Forscherteams aus unterschiedlichen Teilgebieten sowohl zu einem besseren fundamentalem Verständnis der mikrobiellen Prozesse als auch zur weiteren Entwicklung der Technologie beitragen.
Kontakt
Prof. Dr. Uwe Schröder
Institut für Ökologische und Nachhaltige Chemie
E-Mail: uwe.schroeder@tu-braunschweig.de
Tel.: +49(0)531 391 8425
Dr. Falk Harnisch
Institut für Ökologische und Nachhaltige Chemie
E-Mail: f.harnisch@tu-braunschweig.de
Tel.: +49(0)531 391 8428
Weitere Informationen:
http://www.tu-braunschweig.de/oekochemie/akschroeder
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Gedächtnisbildung im Schlaf
Christine Parsdorfer
Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Freiburg
Freiburger Forscherteam stellt neue Erkenntnisse über die Veränderungen der Gedächtnisbildung bei Menschen mit Schlafstörungen vor
Zahlreiche Arbeiten der letzten Jahre legen nahe, dass ein gesunder Schlaf Lernen und Gedächtnisbildung begünstigt. Freiburger Forscher und Forscherinnen legen nun aktuelle Daten vor, die zeigen, dass dieser Prozess der schlafgebundenen Gedächtniskonsolidierung bei PatientInnen mit primärer Insomnie gestört ist.
Die primäre Insomnie ist eine häufige Schlafstörung, die etwa fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung betrifft. Die Betroffenen haben eine chronische Schlafstörung mit erheblichen Auswirkungen auf ihre Befindlichkeit am Tag, ohne dass dies durch eine anderweitige körperliche oder psychische Erkrankung oder Substanzgebrauch, wie Medikamente, Alkohol oder Drogen, zu erklären ist.
In der vorliegenden Untersuchung lernten PatientInnen mit Insomnie und Vergleichsgruppen von ProbandInnen mit gesundem Schlaf abends und morgens eine neue motorische Aufgabe in Form von Spiegelzeichnen (prozedurales Lernen) sowie neue Textinformationen (deklaratives Lernen). Eine Gruppe von gesunden ProbandInnen lernte abends und schlief nach der Lernphase ungestört im Schlaflabor. Nach zwölf Stunden zeigten sie am Morgen eine deutlich bessere Verfestigung der neuen Gedächtnisspuren als eine Gruppe von gesunden ProbandInnen, die morgens gelernt hatte und deren Gedächtnis zwölf Stunden später am Abend getestet wurde. Dieser Befund stützt die Ausgangshypothese, dass gesunder Schlaf Gedächtnisbildung begünstigt.
PatientInnen mit Insomnie lernten am Tag genauso gut wie die gesunden Probanden. Dies weist darauf hin, dass diese Patientengruppe nicht von einer generellen Gedächtnisstörung betroffen ist. Hingegen konnten die PatientInnen, die abends lernten und anschließend wie erwartet ein gestörtes Schlafprofil im Schlaflabor zeigten, nicht wie die gesunden ProbandInnen von einer Schlafphase nach dem Lernen profitieren. Dies weist zusammenfassend darauf hin, dass gesunder Schlaf Gedächtnisbildung begünstigt und dass diese schlafassoziierte Gedächtnisbildung bei PatientInnen mit Insomnie gestört ist.
Weitere Untersuchungen sind notwendig, um den Einfluss verschiedener Therapieverfahren, wie Pharmakotherapie, Entspannungsverfahren oder Psychotherapie, auf den Schlaf und seine verschiedenen Funktionen zu untersuchen.
Die Studien sind veröffentlicht in: Nissen C., Kloepfer C., Feige B, Piosczyk H., Spiegelhalder K., Voderholzer U., Riemann D. (2011): Sleep-related memory consolidation in primary insomnia. Journal of Sleep Research 20: 129-136.
Kontakt:
Dr. Christoph Nissen
Oberarzt
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
Universitätsklinikum Freiburg
Tel.: 0761 270-65010
Fax: 0761 270-66190
E-Mail: christoph.nissen@uniklinik-freiburg.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Energiepotenzial bei Biogas aus erneuerbaren Rohstoffen noch lange nicht ausgeschöpft
Petra Giegerich
Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Mainzer Wissenschaftler suchen nach Mikroorganismen, um die Vergärung von Biomasse in Biogasanlagen zu optimieren
Die Herstellung von Biogas zur Energiegewinnung kann nach Auffassung von Wissenschaftlern noch deutlich optimiert werden. Gute Chancen dafür sieht Univ.-Prof. Dr. Helmut König, Leiter des Instituts für Mikrobiologie und Weinforschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, bei den mikrobiellen Prozessen zur Umwandlung von Biomasse in Methan. „Bislang erhält man aus der Biomasse Biogas, das zu 50 bis 65 Volumenprozent aus Methan besteht. Die hydraulische Verweilzeit der Biomasse ist mit bis zu 70 Tagen aber noch zu lange und kann sicherlich mit optimierten Mikroorganismen noch wesentlich verbessert werden“, erwartet König. „Außerdem kommt es durch Übersäuerung öfters zu Gärstörungen, bei denen manchmal der gesamte Prozess zum Erliegen kommt. Auch hier suchen wir nach Abhilfe, da methanogene Bakterien unter diesen sauren Bedingungen nicht mehr wachsen können.“ In Deutschland wird Biogas in Biogasanlagen, die mit erneuerbaren Rohstoffen betrieben werden, meist durch die Vergärung von Mais hergestellt und hauptsächlich zur Erzeugung von Strom und Wärme genutzt oder auch nach Aufreinigung direkt in das Gasnetz eingespeist.
Weil fossile Brennstoffe wie Erdöl und Erdgas in spätestens 40 Jahren knapp werden, müssen alternative Energiequellen künftig einen weit größeren Stellenwert einnehmen und mehr zur Strom- und Wärmegewinnung beitragen als bisher. Der European Renewable Energy Council (EREC) schätzt, dass bis 2040 erneuerbare Energien 50 Prozent des europäischen Energiebedarfes decken werden. In Deutschland laufen derzeit etwa 5800 Biogasanlagen. Sie produzieren gut 10 Prozent des Stroms, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Hinzu kommt noch die Heizwärme. Bei der Biogastechnik nimmt Deutschland weltweit einen der vorderen Plätze ein.
Biogas hat gegenüber Energie aus Wind und Sonne den Vorteil, dass es kontinuierlich verfügbar ist und damit zur Deckung der Grundlast beiträgt. Außerdem kann Biomasse oder Biogas gelagert bzw. gespeichert werden, sodass es in Spitzenzeiten abrufbar ist. Biogas kann daher nach Auffassung von Experten eine wichtige Rolle beim Ausgleich der schwankenden Stromproduktion aus Windkraft und Sonnenenergie einnehmen.
Während die Anlagentechnik bei Biogas in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat, wurde die Prozessmikrobiologie und die Systematik der beteiligten Mikroorganismen allerdings noch relativ wenig erforscht. Das Institut für Mikrobiologie und Weinforschung arbeitet seit seiner Gründung Ende der 1960er Jahre auf ganz unterschiedlichen Gebieten mit Mikroorganismen wie zum Beispiel Bakterien und Hefen und hat aktuell zwei Forschungsprojekte über mikrobielle Biogasbildung am Laufen, ein weiteres wird demnächst folgen. „Wir untersuchen die Mikroorganismen in Biogasanlagen, identifizieren sie und untersuchen ihre physiologischen Leistungen. Dann gehen wir der Frage nach, ob es Kulturen gibt, die höhere Leistungen im Hinblick auf den Abbau von Pflanzenmaterial und die Biogasproduktion erbringen“, erklärt König. Die Arbeitsgruppe um Helmut König arbeitet dabei mit dem Prüf- und Forschungsinstitut (PFI) in Pirmasens zusammen, das Biogasanlagen in Rheinland-Pfalz betreut und die Verfahrenstechniken optimiert.
Große Hoffnungen setzt die Arbeitsgruppe um König dabei auf die Lignocellulose-abbauende Darmmikrobiota von Termiten, die besonders in den Tropen und auch Subtropen vorkommen und dort innerhalb kürzester Zeit große Holzkonstruktionen und auch Holzhäuser zerstören. „Das Geheimnis der Termiten ist ihre Zusammenarbeit mit Darmbakterien, Hefen und Flagellaten, die Lignocellulosepartikel in nur 24 Stunden abbauen und weltweit für die Produktion von schätzungsweise 100 Millionen Tonnen Methan verantwortlich sind. Termiten sind etwa 150 Millionen Jahre alt und haben in dieser langen Zeitspanne den Prozess des mikrobiellen Lignocelluloseabbaus optimiert. Das wollen wir uns zu Nutze machen.“ Ein Buch über die Mikroorganismen des Termitendarms hat König zusammen mit seinem indischen Kollegen Prof. Ajit Varma im Springer-Verlag veröffentlicht. Die Mainzer Wissenschaftler haben die beteiligten Bakterien und Hefen isoliert und suchen nun mit dem PFI zusammen nach Lösungen, wie Mais oder andere erneuerbare Rohstoffe so zerkleinert werden können, dass sich die kleinen Partikel optimal für den mikrobiellen Lignocelluloseabbau eignen und die Methanherstellung dadurch beschleunigt wird.
„Die mikrobielle Prozessführung der Biogasgewinnung aus erneuerbaren Rohstoffen steht erst am Anfang ihrer Entwicklung“, meint König. Ein weiteres Forschungsfeld, das seine Arbeitsgruppe demnächst in Angriff nehmen wird, ist die mikrobielle Methanisierung neuer Substrate. In Deutschland wird bisher in Biogasanlagen vor allem Mais vergoren. Die Kritik wegen zunehmender Monokulturen und des Entzugs wichtiger Flächen für die Nahrungsmittelproduktion reist jedoch nicht ab – nicht nur in Ländern wie Mexiko, sondern auch in Deutschland. Daher sind Alternativen wie heimischer Grasschnitt von Wiesen interessant. „Die mikrobielle Umsetzung von Gras zu Methan bringt derzeit noch unterschiedliche Probleme mit sich und lässt sich sicherlich durch die Entwicklung geeigneter Verfahren und den Einsatz ausgewählter Mikroorganismen verbessern“, erwartet Mikrobiologieprofessor König. Die Biogas-Arbeiten am Institut für Mikrobiologie und Weinforschung werden von der Stiftung Rheinland-Pfalz für Innovation und der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) unterstützt.
Veröffentlichungen:
König H (1993) Methanogens. In: Sahm H (ed) Biotechnology. Biological Fundamentals. Vol. 1, pp. 251-264, VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim
König H (2009) Biology of Methanogenic Archaea. In: A Text Book of Molecular Bio-technology. A. K. Chauhan, A. Varma (eds.). I.K. International Publishing House Pvt. Ltd. New Delhi. pp. 915 – 933
König H, Fröhlich J, Hertel H (2006) Diversity and lignocellulolytic activities of cultured microorganisms. In: Intestinal Microorganisms of Termites and Other Invertebrates (H. König and A. Varma, eds.) Springer Verlag, Heidelberg. pp. 271 – 301
Weitere Informationen:
Univ.-Prof. Dr. Helmut König
Institut für Mikrobiologie und Weinforschung
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
D 55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-24634; Fax +49 6131 39-22695
E-Mail: hkoenig@uni-mainz.de
Weitere Informationen:
http://www.uni-mainz.de/FB/Biologie/Mikrobiologie/index.html
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Hoher Eiweißkonsum von Müttern birgt Risiken für Neugeborene
Caroline Link
Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Justus-Liebig-Universität Gießen
Wissenschaftlerteam entdeckt möglichen Risikofaktor für den Plötzlichen Kindstod – Veröffentlichung im renommierten Fachblatt PLoS One
Einen hohen Eiweißkonsum von Müttern haben Wissenschaftler aus Gießen, Hull (England), Rostock-Dummerstorf und Berlin als möglichen Risikofaktor für den Plötzlichen Kindstod identifiziert. Das Team um Prof. Dr. Thomas Walther vom Excellence Cluster Cardio Pulmonary System (ECCPS) der Justus-Liebig-Universität Gießen und Dr. Cornelia C. Metges (Leibniz-Institut für Nutztierbiologie Rostock-Dummerstorf) untersuchte, ob eine sehr eiweißreiche Ernährung – wie sie der weit verbreitete extreme Fleischkonsum in den westlichen Industrienationen darstellt – negative gesundheitliche Auswirkungen, wie z. B. erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, auf die Nachkommen haben kann. Die Wissenschaftler zeigten durch Untersuchungen an Mäusen, dass eine Hochproteindiät der Muttertiere während der Tragezeit (Schwangerschaft) das Gewicht der Neugeborenen, deren Zahl und Lebenserwartung negativ beeinflusst.
In der Studie bekamen tragende oder laktierende (stillende) Mäuse Futter mit einem unterschiedlich hohen Proteingehalt. Bei ihren Nachkommen wurden verschiedene physiologische und biochemische Parameter von der Geburt bis zum Alter von zwölf Monaten – das entspricht in etwa dem menschlichen Alter von 60 Jahren – gemessen.
Krankhafte Veränderungen des Herz-Kreislaufsystems konnte das Team um Prof. Walther nicht beobachten. Allerdings zeichneten sich vor allem die Nachkommen von Muttertieren, die während der Stillzeit proteinreiche Nahrung bekommen hatten, durch ein reduziertes Körpergewicht aus. Als viel dramatischer erwies sich jedoch ein völlig unerwarteter Einfluss der mütterlichen Hochproteindiät während der Laktation (Stillzeit) auf die Überlebensrate der Neugeborenen: Ohne veterinärmedizinisch erkennbare Erkrankungen verstarben in der Gruppe der Mäuse, deren Ammen während der Laktation ein Hochproteinfutter erhielten, hochsignifikant mehr Tiere als in den Kontrollgruppen.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen möglicherweise eine Ursache für den Plötzlichen Kindstod auf. Dies lässt aufhorchen, da der Plötzliche Kindstod immer noch eine große Herausforderung für die Forschung und die Präventivmedizin in der Kinderheilkunde darstellt. Auch im Zusammenhang mit modernen Diäten wie der Atkins-Diät, die zur Gewichtsreduktion auch auf Hochproteinkonsum setzen, sind diese Forschungsergebnisse von größter Aktualität. Die an der Studie beteiligten Wissenschaftler empfehlen, auf proteinreiche Diäten während Schwangerschaft und Stillzeit zu verzichten.
Ihre Studie veröffentlichten die Forscher in dem renommierten Fachblatt PLoS One. Die publizierten Untersuchungen wurden im Rahmen eines EU-geförderten Projekts (EARNEST) zur Erforschung der Spätfolgen von Fehlernährung während der Schwangerschaft und der Stillzeit durchgeführt.
Titel der Publikation
Walther T, Dietrich N, Langhammer M, Kucia M, Hammon H, Renne U, Siems WE, Metges CC. High-Protein Diet in Lactation Leads to a Sudden Infant Death-like Syndrome. PLoS One. 2011. In press.
doi:10.1371/journal.pone.0017443
Kontakt
Prof. Dr. Thomas Walther
Abteilung Experimentelle Kardiologie
Excellence Cluster Cardio Pulmonary Systems (ECCPS)
Aulweg 130, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-46760
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Nachhaltiges Wasser- und Stoffmanagement in Berlin-Brandenburg
Stefanie Terp
Presse- und Informationsreferat
Technische Universität Berlin
Nachhaltiges Wasser- und Stoffmanagement in Berlin-Brandenburg
Auftakttreffen des neuen Forschungsprojektes „ELaN“
In Brandenburg macht sich bereits heute der Klimawandel durch längere Trockenperioden bemerkbar. Grundwasserstände sinken, so dass Feucht-gebiete und die landwirtschaftliche Nutzung grundwasserferner Flächen gefährdet sind. Diesen Herausforderungen soll mit ELaN – einem kürzlich bewilligten, fünfjährigem Forschungsverbund – in der Region Berlin-Brandenburg begegnet werden.
Das Kürzel ELaN steht dabei für „Entwicklung eines integrierten Landma-nagements durch nachhaltige Wasser- und Stoffnutzung in Nordostdeutschland“. Ausgangspunkt ist die bisher gängige Praxis, dass gereinigte Abwässer über Havel und Spree abgeleitet werden und damit für die Region verloren gehen. Die Region kann sich diese Praxis aufgrund der klimatischen Bedingungen allerdings nicht weiter leisten: Das Wasser – ebenso wie die darin enthaltenen Nährstoffe – sollten in die Landschaft zurückgeführt werden. Das interdisziplinäre, stark umsetzungsorientierte Forschungsprojekt, an dem die TU Berlin maßgeblich beteiligt ist, sucht nun nach Lösungen für diese technologische und organisatorische Innovation. Für das Vorhaben mit insgesamt 12 Verbundpartnern wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung rund 5 Millionen Euro in dem Programm „Nachhaltiges Landmanagement“ bewilligt. Die Gesamtleitung liegt beim Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. in Müncheberg. Untersuchungsregion sind die Landkreise Uckermark und Barnim.
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer, stellv. Geschäftsführerin des Zentrums Technik und Gesellschaft der TU Berlin, Tel.: 030-314-26854, E-Mail: schaefer@ztg.tu-berlin.de, Internet: www.ztg.tu-berlin.de, www.nachhaltiges-landmanagement.de
Weitere Informationen:
http://www.elan-bb.de/
http://www.ztg.tu-berlin.de
http://www.nachhaltiges-landmanagement.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
UDE: Bundesweite Umfrage unter Fußballfans wird ausgewertet
Katrin Braun
Pressestelle
Universität Duisburg-Essen
Geld schießt Tore, klagen Fußballfans gerne, wenn die Vereine, die Millionen investieren können, in der Tabelle ganz oben stehen. Aber was zählt, abgesehen vom sportlichen Erfolg, um einen Club gut zu finden? Beeinflussen Tradition, Nachwuchsförderung, soziales Engagement und solide Vereinsführung das Image, so dass der Fußballinteressierte zum Anhänger wird, ins Stadion geht, Fanartikel kauft oder gar Mitglied wird? Darum ging es bei einer bundesweiten Online-Befragung, die der Lehrstuhl für E-Entrepreneurship und E-Business der Uni Duisburg-Essen (UDE) durchgeführt hat. Unterstützt von Fußballmedien, 13 Vereinen und einem Fanclub-Verband haben sich über 6.100 Personen beteiligt.
Zwei wirtschaftswissenschaftliche Aspekte interessieren Prof. Dr. Tobias Kollmann und Marvin Karczewski bei der nun beginnenden Datenauswertung: Zum einen wollen sie Imageprofile für die teilnehmenden Vereine erstellen – mitgemacht haben zwei Erst-, neun Zweitligisten sowie zwei unterklassige Clubs mit über hundertjähriger Geschichte. Zum anderen möchten sie herausfinden, wie Fan-Wahrnehmung und der wirtschaftliche Erfolg eines professionellen Fußballvereins zusammenspielen. „Eine wichtige Frage ist, ob eine gute Vereinsführung nicht den Aspekt Tradition ergänzen bzw. vielleicht sogar wettmachen kann, wenn es darum geht, den Umsatz zu steigern“, erklärt Kollmann.
Im ersten Teil der komplexen Erhebung erhielten die Teilnehmer Szenarien, in denen ein fiktiver Verein ganz unterschiedlich beschrieben wurde, zum Beispiel wenig traditionsreich, dafür aber besonders sozial engagiert, den Nachwuchs fördernd, aber mit schwachem Vorstand. In ausführlichen Fragen konnten sie dann diesen Club bewerten und ihre „Kaufbereitschaft“ ausdrücken: Was war ihnen sympathisch, was wirkte unseriös, würden sie sich ein Heimspiel anschauen oder treuer Anhänger werden?
Im zweiten Teil durften die Teilnehmer angeben, wie sie ihren Lieblingsverein aktuell wahrnehmen. Dazu konnten sie Attribute aus einer langen Liste wählen, von fannah, ehrlich und regional verwurzelt bis hin zu konservativ, unprofessionell und farblos.
Was bei der Analyse der Daten – Ergebnisse werden im Frühjahr erwartet – herauskommen wird? Die beiden fußballbegeisterten Wissenschaftler sind selbst gespannt. „Es wird zum Beispiel immer vermutet, dass Tradition dem Fan wichtig ist. Ob sie aber tatsächlich die Kassen klingeln lässt, ist nicht gesagt“, so Marvin Karczewski.
Als Erfolg sieht er die Studie jetzt schon. „Nicht nur die Resonanz unter den Anhängern war gut, auch von den Vereinen haben wir durchweg positive Rückmeldungen bekommen.“ Dass nicht alle Erst- und Zweitligisten mitgemacht haben, sei zu erwarten gewesen. „Das ist oft eine Grundsatzentscheidung, da viele für solche Studien Marktforschungspartner haben.“ An den Ergebnissen dürften dennoch Clubs aus allen Spielklassen interessiert sein, „weil sie Möglichkeiten zeigen, sich außerhalb des Sportlichen zu positionieren.“ Für Marvin Karczewski lohnt die aufwändige Untersuchung auf jeden Fall. Er nutzt sie für seine Doktorarbeit.
An der Befragung waren folgende Vereine/Partner beteiligt (alphabetisch): DSC Arminia Bielefeld, FC Augsburg, FC St. Pauli, Fortuna Düsseldorf, FSV Frankfurt, MSV Duisburg, Rot-Weiss Essen, Schalker Fan-Club Verband, SC Rot-Weiß Oberhausen, TSV 1860 München, VfL Bochum, VfL Osnabrück, VfL Wolfsburg, Viktoria Köln 1904 sowie als Multiplikatoren: 11freunde.de, deutschlandklickt.de, RevierSport und Virtual Kicker League.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Tobias Kollmann, Tel. 0201/183-2884, tobias.kollmann@icb.uni-due.de; Dipl.-Ök. Marvin Karczewski, Tel. 0201/183-4381, marvin.karczewski@icb.uni-due.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Nachhaltiger Umweltschutz in China
Michael Brauns
Pressestelle
Universität der Bundeswehr München
Ressourcen-Management soll Ökosystem stabilisieren
Wissenschaftler der Universität der Bundeswehr München untersuchen im Rahmen des interdisziplinären deutsch-chinesischen Forschungsprojekts SuMaRiO (Sustainable Management of River Oases along the Tarim River) in den kommenden fünf Jahren, wie sich im chinesischen Tarim-Becken Wasserressourcen nachhaltig nutzen lassen und die Stabilität des dortigen Ökosystems bewahrt werden kann. An dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt sind weitere Wissenschaftler von zehn Forschungseinrichtungen aus ganz Deutschland beteiligt.
Bund fördert Projekt mit 7,7 Mio. EUR
Prof. Markus Disse von der Fakultät für Bauingenieur- und Vermessungswesen leitet und koordiniert das Projekt und ist als Experte für Wasserwirtschaft und Ressourcenschutz für alle Themen rund um das Wasser zuständig. Ferner ist an der Universität der Bundeswehr München auch die Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften in das Projekt eingebunden. Die Professoren Eva-Maria Kern und Andreas Brieden bearbeiten ein Teilprojekt, das sich mit den sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Konsequenzen von Landmanagements-zenarien beschäftigt. Insgesamt verfügt das SuMaRiO-Projekt über ein Budget von 7,7 Mio. EUR, der Anteil der Universität der Bundeswehr München beträgt 1,6 Mio. EUR.
Landwirtschaftliche Nutzflächen werden unbrauchbar
Der Tarim-Fluss im äußersten Nordwesten Chinas erstreckt sich entlang des nördlichen Randes der Taklamakan-Wüste und erhält seine wesentlichen Zuflüsse aus den umliegenden zentralasiatischen Gebirgen. Die aktuelle Wasserbewirtschaftung der Flussoasen ist nicht Ressourcen schonend, so dass in der Region massive Umwelt- und soziale Probleme entstanden sind. So sind große Teile der landwirtschaftlich genutzten Böden durch Versalzung unbrauchbar geworden, die Auenvegetation ist stark zurückgegangen und wichtige Ökosystemfunktionen wie zum Beispiel die Bereitstellung von unbelasteter Bewässerung oder die Abschwächung von Sandstürmen durch die Vegetation sind in-zwischen stark eingeschränkt oder völlig verloren gegangen. Die chinesische Regierung hat dieses ökologisch-ökonomische Problem inzwischen erkannt und bemüht sich um kurzfristige technische Lösungen. Es fehlen allerdings nachhaltige Ansätze und Maßnahmen, die das gesamte land- und wasserwirtschaftliche System betrachten. An diesem Punkt setzt das Projekt SuMaRiO an, das eine nachhaltige Bewirtschaftung der Bewässerungs- und Auenflächen entlang des Tarim in den Mittelpunkt der Forschungsaktivitäten stellt.
Universität der Bundeswehr München
Michael Brauns
Pressesprecher
Werner Heisenberg-Weg 39
85577 Neubiberg
Tel.: 089/6004-2004
Fax: 089/6004-2009
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
TU Berlin: 750.000 Euro für Berliner Wasserforschung
Stefanie Terp
Presse- und Informationsreferat
Technische Universität Berlin
Veolia Wasser und TU Berlin verlängern Stiftungsprofessur Siedlungswasserwirtschaft bis 2015
Die Technische Universität Berlin und Veolia Wasser haben die Verlängerung der Stiftungsprofessur KWB-Veolia Wasser im Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft für weitere fünf Jahre vereinbart. Veolia Wasser unterstützt die Professur in diesem Zeitraum mit einer Fördersumme von insgesamt 750.000 Euro. Die Technische Universität Berlin und Veolia Wasser bekräftigen damit ihr Interesse, den Wissenschaftsstandort Berlin zu stärken und dem Thema „Wasser in Ballungsräumen“ durch die enge Verknüpfung von Forschung und Praxis einen herausragenden Stellenwert einzuräumen. Die Stiftungsprofessur ergänzt das Veolia-Engagement für die Forschung und insbesondere die Forschungsplattform des Kompetenzzentrums Wasser Berlin.
Seit der Neubesetzung des Fachgebiets Siedlungswasserwirtschaft am 01.01.2006 durch Prof. Dr. Matthias Barjenbruch konnte es sich innerhalb der TU Berlin sowie in der Berliner, der nationalen und der internationalen Forschungslandschaft erfolgreich etablieren. In den hier bearbeiteten Forschungsschwerpunkten Mischwasserbehandlung, Vermeidung von Geruch und Korrosion in Kanalnetzen, weitergehende Abwasserreinigung, naturnahe Verfahren sowie dezentrale Abwasserentsorgung einschließlich moderner Sanitärkonzepte konnten in den zurückliegenden fünf Jahren 25 Forschungsprojekte initiiert werden. Damit wurde zusätzlich zur durch Veolia gestifteten Grundfinanzierung ein Projektvolumen von rund 2,5 Millionen Euro realisiert.
Die Lehrleistungen in den Studiengängen Bauingenieurwesen, Technischer Umweltschutz und Urban Management sowie Veröffentlichungen und Vorträge unterstreichen das außerordentliche Engagement des Fachgebietes für Ausbildung und Weiterbildung. Davon zeugt auch ein von Matthias Barjenbruch koordiniertes DAAD-Projekt, bei dem der Wasserkreislauf als Gesamtkomplex in einer projektorientierten Lehre betrachtet wird.
Für die nun beginnende neue Lehrperiode von fünf Jahren sind Folgeprojekte zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung sowie zur Spurenstoffentfernung beantragt. Darüber hinaus konnten bereits Vorhaben zum Landmanagement und zur nahezu wasserlosen Wäscherei eingeworben werden. Die Anzahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter im Team ist seit 2006 auf elf gestiegen.
Weitere Informationen erteilen Ihnen gern:
Prof. Dr. Mattias Barjenbruch, Technische Universität Berlin, Tel.: 030 / 314 722 46, E-Mail: matthias.barjenbruch@tu-berlin.de,
Barbara Helten, stellv. Pressesprecherin, Veolia Wasser, Tel.: 030 / 20 62 956 52, E-Mail: bhelten@veoliawasser.de,
Dr. Bodo Weigert, Kompetenzzentrum Wasser Berlin, Tel.: 030 / 53 65 38 41, E-Mail: bodo.weigert@kompetenz-wasser.de
Weitere Informationen:
http://www.pressestelle.tu-berlin.de/medieninformationen/
http://www.pressestelle.tu-berlin.de/?id=4608
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Entzündungshemmer schützen vor Darmkrebs
Alenka Tschischka
Unternehmenskommunikation
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
NCT-Pressemitteilung zum Darmkrebsmonat März:
Wer längerfristig Entzündungshemmer wie Acetylsalicylsäure (ASS, „Aspirin“) oder Ibuprofen einnimmt und dann an Darmkrebs erkrankt, hat ein um nahezu 20% gesenktes Risiko, an seiner Krankheit zu versterben. Das berichten Wissenschaftler um Prof. Dr. Cornelia Ulrich vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in der Fachzeitschrift „Gut“.
Die Forscher untersuchten die Frage, welchen Effekt die Einnahme dieser sogenannten nichtsteroidalen Entzündungshemmer auf die Schwere und den Verlauf von Darmkrebs hat. Denn viele Menschen erhalten über Jahre hinweg niedrig dosiert ASS gegen einen möglichen Herzinfarkt oder Schlaganfall oder nehmen regelmäßig Ibuprofen über einen längeren Zeitraum gegen Schmerzen oder Gelenkentzündungen ein.
Dazu fragte das Team um Cornelia Ulrich über 1700 Patienten zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose unter anderem, wie oft und wie lange sie Entzündungshemmer eingenommen hatten. Die Interviewphase schlossen sie 2002 ab. Danach beobachteten sie die Gruppe acht Jahre lang weiter. Dabei verglichen die Forscher ihre Beobachtungen mit anderen Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum, Übergewicht, Medikamenteneinnahme, Erkrankungsstadien, Vorerkrankungen in punkto Entzündung, der Lage des Tumors im Darm, Metastasen, Alter und Sterblichkeit.
Sie fanden heraus, dass die Einnahme egal welcher der beiden Entzündungshemmer die Schwere der Krebserkrankung in vielen Fällen abmilderte. „Die Einnahme der Medikamente ASS oder Ibuprofen senkte die Sterblichkeitsrate bei Darmkrebspatienten um nahezu 20%. Dadurch konnten wir die Beobachtungen bestätigen, die sich in früheren Studien schon angedeutet haben“, berichtet Cornelia Ulrich, die in Deutschland den einzigen Lehrstuhl für Krebsprävention inne hat. „Diejenigen Patienten, die regelmäßig zwei Jahre vor der Diagnose Entzündungshemmer eingenommen haben, entwickelten seltener Tumoren in dem Teil des Darms, der näher am Dünndarm liegt. Diese Tumoren haben eine weniger gute Prognose.“ Dabei wirkte eine Einnahmezeit von über zwei Jahre bereits schützend. Eine längere Behandlungszeit mit Entzündungshemmern brachte keinen zusätzlichen Schutz.
Erstmals in dieser Studie haben die Forscher nicht nur Acetylsalicylsäure (ASS), sondern auch den Wirkstoff Ibuprofen untersucht. Dabei nahm ein Drittel der Patienten niedrigdosierte ASS über einen längeren Zeitraum ein, während Ibuprofen kürzer und höher dosiert eingenommen wurde. „Ob ASS Ibuprofen überlegen ist, können wir aufgrund der vorliegenden Daten nicht sagen. Denn im Vergleich zu den rund 650 ASS-Konsumenten nahmen nur rund 300 Ibuprofen. Wir vermuten, dass es eher auf die Dosierung und die Dauer der Einnahme ankommt als auf einen bestimmten Wirkstoff dieser Medikamentenklasse“, spekuliert Cornelia Ulrich über die Bedeutung der nichtsteroidalen Entzündungshemmer als Mittel zur Krebsprävention.
Beide Medikamente hemmen die Cyclooxygenase-Enzyme (COX), die an Entzündungsvorgängen im Körper beteiligt sind und bei der molekularen Entstehung von Krebs und der Blutversorgung von Tumoren eine entscheidende Rolle zu spielen scheinen. Deshalb wollen die Forscher in zukünftigen Studien auch im Besonderen untersuchen, wie sich ASS und Ibuprofen bei der Entstehung von Tumoren und in deren Umgebung auf die Entzündungsparameter auswirken.
Die Studie wirft weitere Fragen auf. Noch ist unklar, worauf der positive Effekt auf die Sterblichkeitsrate zurück zu führen ist. Es könnte etwa sein, dass sich unter der regelmäßigen Einnahme der Medikamente Tumoren entwickeln, die besser behandelbar sind. Es könnte auch sein, dass Patientinnen und Patienten, die regelmäßig vor einer Krebsdiagnose Entzündungshemmer nahmen, dies auch nach der Behandlung fortführen und dies erst ihre Prognose verbessert. Diese Aspekte müssen in weiteren Studien untersucht werden.
Anna E Coghill, Polly A Newcomb, Peter T Campbell, Andrea N Burnett-Hartman, Scott V Adams, Elizabeth M Poole, John D Potter, Cornelia M Ulrich: Prediagnostic non-steroidal anti-inflammatory drug use and survival after diagnosis of colorectal cancer (DOI:10.1136/gut.2010.221143)
Über das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg:
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg, der Thoraxklinik Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist die Verknüpfung von vielversprechenden Ansätzen aus der Krebsforschung mit der Versorgung der Patienten von der Diagnose über die Behandlung, die Nachsorge sowie der Prävention. Die interdisziplinäre Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, zeitnah erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik.
Kontaktdaten:
Prof. Dr. Cornelia Ulrich
Präventive Onkologie (G110)
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Im Neuenheimer Feld 460
69120 Heidelberg
Tel.: +49 6221 56-5230
Fax: +49 6221 56-5231
E-Mail: neli.ulrich@nct-heidelberg.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Grundstein für die Diskussion um zukünftige Wassernutzungsabgaben in Deutschland gelegt
Tilo Arnhold
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
Vor dem Hintergrund geänderter Rahmenbedingungen und neuer europäischer Anforderungen an die Wasserwirtschaft besteht 30 Jahre nach Erhebung der ersten Abwasserabgabe in Deutschland der Bedarf nach einer Prüfung sowohl der existierenden Abgaben als auch möglicher neuer Abgabekonzepte für Wassernutzungen. Deshalb hat das Umweltbundesamt das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) beauftragt, die ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Weiterentwicklung der bestehenden Abwasserabgabe und Wasserentnahmeentgelte zu einer umfassenden Wassernutzungsabgabe zu untersuchen.
Ausgangspunkt war die Frage, ob und wie alle Wassernutzer wie z. B. Abwassereinleiter und Wasserentnehmer einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten in der Wasserwirtschaft leisten sollten. Die Ergebnisse der Studie wurden am 18. Februar 2011 mit über 100 Teilnehmern aus Verbänden, Behörden, Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen in Leipzig diskutiert.
Danach bestand zumindest in einem Punkt Einigkeit: Die Studie legt ein gutes Fundament für eine weitere sachbezogene Debatte über die Chancen und Grenzen von Wassernutzungsabgaben.
Die wesentlichen Aussagen des Gutachtens sind: Die bestehenden Wassernutzungsabgaben in Deutschland haben sich grundsätzlich bewährt. Sie sollten erhalten und in ihrer Lenkungswirkung gestärkt werden. Insbesondere die bisherige Abwasserabgabe habe den Vollzug gestärkt und seit ihrer Einführung 1981 erheblich mit zu den Erfolgen der Wasserwirtschaft im Hinblick auf die Verbesserung der Gewässergüte beigetragen. Es gehe jetzt jedoch darum, unter Beibehaltung der Vorteile der existierenden Abgaben das Verursacherprinzip ernster zu nehmen und die Inanspruchnahme der Umwelt zu monetarisieren und gleichzeitig Anreize zur Reduzierung von Umweltkosten zu setzen. Auch andere relevante Wassernutzer sollten wie Abwassereinleiter und Wasserentnehmer einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten in der Wasserwirtschaft leisten.
Wasserentnahmeentgelte im Landesrecht und Abwasserabgabe im Bundesrecht werden als wichtige Lenkungs- und Finanzierungsmittel angesehen, um die Bewirtschaftungsziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie, d.h. den guten Zustand der Gewässer, zu erreichen. „Das Bekenntnis zu marktwirtschaftlichem Umweltschutz und zu effizienter Zielerfüllung in der Wasserwirtschaft bedeutet zugleich ein Bekenntnis zu einer spürbaren Zahllast auf die Restinanspruchnahme einer Wasserressource“, erklärte Professor Erik Gawel, der das Forschungsprojekt geleitet hat. „Dieser Anreiz kann nur durch eine Abgabe bereitgestellt werden“.
„Bestehende Mängel der Abwasserabgabe geben Veranlassung zu ihrer Ertüchtigung, nicht zu ihrer Abschaffung“, stellt das Gutachten klar, und nennt die Aufnahme zusätzlicher Schadstoffe, die Ausrichtung der Abgabe an den tatsächlich eingeleiteten Konzentrationen, die Anpassung der Abgabesätze an die Inflation und die Reduzierung von Ausnahme- und Verrechnungsmöglichkeiten als Stellschrauben für eine größere Wirksamkeit. Bei den bisher nicht in allen Bundesländern erhobenen Wasserentnahmeentgelten sieht das Gutachten Harmonisierungsbedarf, da hier erhebliche, jedenfalls nicht regionalspezifisch zu rechtfertigende, Unterschiede bestehen. Ein weiteres Problem ist aus Sicht der Wissenschaftler, dass sich die Landwirtschaft bisher kaum an den Kosten der Wasserdienstleistungen, insbesondere den Aufbereitungskosten für durch Nitrat und Pestizide verunreinigtes Wasser, beteiligt. Ist doch gerade sie es, die mitunter zu erhöhtem Aufwand führt. In der Diskussion wurde allerdings auf Wertungswidersprüche zwischen der Subventionierung der Landwirtschaft auf der einen Seite und der Forderung nach deren Kostenbeteiligung auf der anderen Seite hingewiesen.
Bei der Wasserkraftnutzung und der Binnenschifffahrt, die ebenfalls gravierende Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer haben, sieht das Gutachten allerdings Abgabenlösungen als weniger zielführend an, da diese kaum Vorteile gegenüber dem Ordnungsrecht haben, die Steuerungswirkung begrenzt und Zielkonflikte mit anderen Umweltschutzzielen programmiert wären.
Die Diskussion zu den Inhalten der Studie fand auf einem hohen fachlichen Niveau statt und machte auf den schon in der Studie hingewiesenen weiteren Prüfbedarf für einige Themen aufmerksam. Hierzu gehören insbesondere die Prüfung einer Abgabenlösung für Indirekteinleiter und Wassernutzungen der Landwirtschaft, die Ermittlung von Vor- und Nachteilen einer Messlösung gegenüber der bisher angewandten Bescheidlösung bei der Erhebung der Abwasserabgabe sowie mögliche Harmonisierungen der Wasserentnahmeentgelte.
Der Entwurf des Abschlussberichts sowie eine Kurzzusammenfassung kann unter
http://www.ufz.de/data/ENDBERICHT_WNA_201114364.02.06.pdf heruntergeladen werden.
Das Programm der Abschlusstagung findet man unter http://www.ufz.de/index.php?de=20791
http://www.ufz.de/data/Flyer_Tagung_Wassernutzungsabgaben14017.pdf
Ein zusammenfassender Tagungsbericht wird demnächst auch dort eingestellt.
Weitere fachliche Informationen:
Prof. Dr. Erik Gawel
Stellvertretender Leiter UFZ-Department Ökonomie & Direktor des Instituts für Infrastruktur- und Ressourcenmanagement der Universität Leipzig
Telefon: 0341-235-1940
http://www.ufz.de/index.php?de=17273
und
Prof. Dr. Wolfgang Köck
Leiter UFZ-Department Umwelt- und Planungsrecht & Professur für Umweltrecht an der Universität Leipzig
Telefon: 0341-235-1232
http://www.ufz.de/index.php?de=1777
sowie
Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1635
E-mail: presse@ufz.de
Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 1000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
http://www.ufz.de/
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit fast 28.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 16 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,8 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).
http://www.helmholtz.de
Weitere Informationen:
http://www.ufz.de/index.php?de=20791 – Tagung: Abwassernutzungsabgabe
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Wie weiß die Wäsche wirklich wird: Forscher untersuchen Waschmittelenzyme mit Terahertz-Strahlung
Dr. Josef König
Pressestelle
Ruhr-Universität Bochum
Kooperation zwischen ACC-THz der RUB und Henkel
Um ohne aufwändige empirische Tests herauszufinden, wie gut ein Waschmittelenzym seinen Job in der Waschmaschine erledigt, untersuchen Chemiker der Ruhr-Universität solche Enzyme im Auftrag der Firma Henkel AG & Co KGaA mit Terahertz-Strahlung. Die Strahlung erlaubt es, die schwachen Bindungen zwischen Enzymen und dem sie umgebenden Wasser zu beobachten. „Es könnte sein, dass zwischen diesen Wechselwirkungen und der Effizienz eines Enzyms in der Waschmaschine eine Übereinstimmung besteht“, so Dr. Jens Soetebier, Geschäftsführer des Applied Competence Clusters (ACC) Terahertz.
Bisher gab es keine Methode vorherzusagen, wie gut ein Enzym tatsächlich Schmutz aus der Kleidung entfernt.
Kleine Helfer gegen Schmutz
Damit die Wäsche sauber aus der Maschine kommt, braucht es eine ganze Menge kleiner Helfer: Waschmittel enthalten unter anderem Enzyme, die sich während der Waschgangs arbeitsteilig am Schmutz zu schaffen machen. Die vier wichtigsten sind: Cellulasen, die Cellulose zu Zucker abbauen, Amylasen, die wiederum Zucker zerlegen, Lipasen, die Fette und Proteasen, die Eiweiße zerlegen. Waschmittelhersteller arbeiten stets daran, die Enzyme zu verbessern, sodass sie ihren Job noch effizienter erledigen. Ob sie es dann aber wirklich tun, kann zurzeit nur die empirische Untersuchung zeigen. Analysen der Enzymstruktur und ihres Verhaltens außerhalb der Waschmaschine sind dafür nicht aussagekräftig.
Wie Enzyme ihre Umgebung beeinflussen
Daher beschreiten Henkel und die Chemiker der RUB jetzt einen neuen Weg. Sie wollen die Waschmittelenzyme mit Terahertz (THz)-Strahlung untersuchen. Diese Strahlung erlaubt es den Forschern zu sehen, wie ein Enzym mit seiner Umgebung interagiert, vor allem mit dem umgebenden Wasser. So konnten die RUB-Forscher mit THz schon zeigen, dass Enzyme die Wassermoleküle in ihrer Umgebung „auf Linie“ bringen. Sie tanzen dann nicht mehr völlig chaotisch, wie wenn sie unter sich sind, sondern bewegen sich in geordneteren Bahnen. Unterschiedliche Enzyme haben dabei einen verschieden weit reichenden Einfluss auf ihre Umgebung.
Vorsortieren, für welches Enzym sich ein empirischer Test lohnt
„Es könnte sein, dass sich zwischen dem Einfluss des Enzyms auf das umgebende Wasser und seiner Waschwirkung eine Korrelation herausstellt“, meint Dr. Soetebier. Sollte das so sein, dann könnte sich die Firma Henkel künftig vielleicht aufwändige empirische Tests neuer Enzyme ersparen und per THz erst einmal vorsortieren, bei welchen Enzymen sich ein Test lohnt. Um herauszufinden, ob ein solcher Zusammenhang besteht, arbeiten Henkel und die Forscher vom ACC Terahertz zunächst für sechs Monate zusammen, in denen sie eine bestimmte Protease unter die THz-Lupe nehmen wollen, anhand derer sie die Rahmenbedingungen für THz-Beobachtungen bestimmen wollen.
Weitere Informationen
Dr. Jens Soetebier, ACC-Terahertz, Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-27267, jens.soetebier@rub.de
Redaktion: Meike Drießen
Weitere Informationen:
http://www.ruhr-uni-bochum.de/acc/terahertz/ – ACC Terahertz
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Wenn das Hirn in die Jahre kommt: RUB-Forscher suchen Studien-Teilnehmer ab 65 Jahre
Dr. Josef König
Pressestelle
Ruhr-Universität Bochum
Alterungsprozess besser verstehen
RUB-Forscher untersuchen Zusammenhänge zwischen Alter, Gehirn und Verhalten
Ein bisschen vergesslich, nicht mehr ganz so geschickt: Dass mit dem Alter manche Fähigkeiten etwas nachlassen, ist normal. Um solche Veränderungen und ihre Grundlagen besser zu verstehen, starten die RUB-Neurowissenschaftler des Neural Plasticity Lab des Instituts für Neuroinformatik und der neurologischen Klinik und Poliklinik Bergmannsheil eine Studie. Sie untersuchen Personen ab 65 Jahre mit verschiedenen Tests, u.a. EEG und Kernspintomographie. Teilnehmer (aufgrund der Vergleichbarkeit nur Rechtshänder) werden noch gesucht.
Neben einer finanziellen Vergütung erhält jeder Proband auf Wunsch ein detalliertes, individuelles Leistungsprofil nach Auswertung der Daten. Interessenten erhalten unter der Telefonnummer 0234/32-24931 unverbindlich weitere Informationen.
Veränderungen der Verarbeitung und Organisation im Gehirn
Im Jahr 2050 werden laut statistischem Bundesamt 40 Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre alt sein. Damit werden auch altersbedingter Beeinträchtigungen häufiger vorkommen. Ziel der Studie ist es, die Zusammenhänge zwischen kognitiven und sensomotorischen Beeinträchtigungen auf der einen Seite und Veränderungen der neuronalen Verarbeitung und neuronalen Organisation andererseits zu untersuchen.
Umfangreiche Untersuchungen
Die geplante Studie sieht eine umfangreiche Bestandsaufnahme kognitiver und sensomotorischer Veränderungen vor, die durch neueste Methoden zur Messung von Gehirnaktivität ergänzt werden. Neben der Beurteilung des Tastsinns und der Fein- und Grobmotorik erfassen die Forscher die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit sowie körperliche und geistige Fitness der Studienteilnehmer. Die Verarbeitungskapazitäten des Gehirns untersuchen sie durch Elektroenzephalogramme (EEG) und Magnetresonanztomographie (MRT), ergänzt durch neurologische Untersuchungen zur Beurteilung des Gesundheitszustandes.
Teilnehmer erhalten drei Termine
Teilnehmen können alle Rechtshänder, die das 65. Lebensjahr vollendet haben. Im Gegensatz zu Studien, die mittels strenger Auswahlkriterien die Untersuchungen auf ausgesucht fitte Probanden beschränken, ist die aktuelle Studie darauf ausgelegt, ein Profil des „durchschnittlichen“ Seniors zu erstellen, zu dem auch weniger fitte Teilnehmer beitragen sollen. Die Ausschlusskriterien sind daher auf ein Minimum begrenzt (z.B. Diabetes). Die Untersuchungen finden sowohl am Institut für Neuroinformatik der Ruhr-Universität als auch an den berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil statt. Potenzielle Teilnehmer sollten soweit mobil sein, dass sie beide Einrichtungen erreichen können. Die Versuche finden an drei verschiedenen Terminen statt und nehmen jeweils drei bis vier Stunden in Anspruch. Die Termine werden individuell mit den Teilnehmern abgestimmt und können über einen Zeitraum von zwei Wochen verteilt werden.
Weitere Informationen, auch für interessierte Teilnehmer:
Rebecca Kowalewski, Institut für Neuroinformatik der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-24931, rebecca.kowalewski@ruhr-uni-bochum.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Zahl der Arbeitsunfälle auf neuem Tiefstand – Anstieg bei Berufskrankheiten
Jörg Feldmann
Pressestelle
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Dortmund – Die seit Jahren rückläufige Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle sank 2009 auf einen neuen Tiefstand. Insgesamt starben 622 Beschäftigte durch Unfälle bei der Arbeit. Ebenso sank die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle im Vergleich zum Vorjahr auf rund 975.000. Damit erreichte die Unfallquote mit 26 je 1.000 Vollarbeiter den niedrigsten Stand seit Bestehen der Bundesrepublik. Durch Arbeitsunfähigkeit fielen nach Schätzungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) 2009 insgesamt 1,3 Millionen Erwerbsjahre aus. Dies führte zu einem Produktionsausfall anhand der Lohnkosten von etwa 43 Milliarden Euro. Durch Verlust an Arbeitsproduktivität gingen damit der deutschen Volkswirtschaft rund 75 Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung verloren.
Diese Zahlen nennt der statistische Bericht zum Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SUGA, früher Unfallverhütungsbericht Arbeit), den die BAuA jährlich im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) erstellt und der – wie in diesem Jahr – alle vier Jahre in einer ausführlichen Fassung erscheint. Als klassische Indikatoren für die Güte von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit führt der Bericht die Unfallentwicklung und die Anzahl der Berufserkrankungen auf. Der SUGA zeichnet ein präzises Bild der Entwicklungen des Arbeitslebens in Deutschland im Zeitraum 2006 bis 2009.
Die Gesamtzahl der Arbeitsunfähigkeitstage steigt seit einigen Jahren wieder. Dies zeigt sich insbesondere in der Anzahl der Fälle pro 100 Versicherte, die sich von 98,4 im Jahr 2006 auf 114,3 in 2009 erhöht hat. Die durchschnittliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit blieb über den Vierjahreszeitraum nahezu konstant, sowohl 2006 als auch 2009 lag sie bei 12,0 Tagen.
Etwa jeder fünfte Fehltag (22,8 Prozent) geht auf Muskel-Skelett-Erkrankungen zurück. Erkrankungen des Atmungssystems sowie Unfälle und Verletzungen folgen mit 14,8 Prozent und 12,2 Prozent auf dem zweiten und dritten Rang der Statistik. Der Anteil der Fehlzeiten aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen stieg auf 11,4 Prozent.
Im Jahr 2009 starben 2.803 Menschen an den Folgen einer Berufskrankheit. Dies bedeutet im Vergleich zum Jahr 2008 eine Zunahme um 373 Fälle. Auch lange nach dem Asbestverbot gehen fast die Hälfte (49,1 Prozent) der Todesfälle auf Erkrankungen zurück, die das gefährliche Mineral verursacht hat.
Die Zahl der Rentenzugänge wegen verminderter Erwerbsfähigkeit stieg 2009 im Vergleich zu 2006 um insgesamt 8,1 Prozent. Auffällig ist vor allem die deutliche Zunahme bei psychischen und Verhaltensstörungen. Betrug der Anteil dieser Diagnosegruppe am gesamten Neuverrentungsgeschehen 2006 noch 32,5 Prozent, lag er im Jahr 2009 bei 37,7 Prozent. Bei Frauen liegt der Anteil psychischer Erkrankungen als Grund für die Frührente mit 43,9 Prozent besonders hoch. Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes hingegen sind verglichen mit 2006 sogar leicht rückläufig – sowohl die absolute Zahl der Verrentungen (minus ein Prozent), als auch den Anteil an Neuverrentungen aufgrund dieser Diagnose (2006: 16,7 Prozent; 2009: 15,3 Prozent) betreffend.
Der SUGA-Bericht erscheint alle vier Jahre in einer ausführlichen Version. Die aktuelle Fassung enthält daher neben den statistischen Kennzahlen zu Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und zum Arbeitsunfähigkeitsgeschehen einen detaillierten Überblick der Entwicklungen des Arbeitsschutzes im Zeitraum 2006 bis 2009. In diesem Zusammenhang stellt der Bericht die neu entstandene Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) vor, die den Arbeitsschutz bereits maßgeblich beeinflusst hat. Ein weiteres Kapitel handelt von den europäischen Entwicklungen im Arbeitsschutz, Aktivitäten im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) und dem Modellprogramm des BMAS zur Bekämpfung arbeitsbedingter Erkrankungen. Weiter werden Entwicklungen in der Betrieblichen Gesundheitsförderung, bei der Gefährdungsbeurteilung und Produktsicherheit sowie Neuerungen im Gefahrstoffrecht (neue Kennzeichnungspflichten, REACH, Biozide) dargestellt. Ergänzt wird der Abschnitt durch einen Artikel über Nanotechnologie.
Darüber hinaus beschäftigt sich der Bericht mit den ökonomischen Aspekten des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Neben einem Artikel zu Wirtschaftlichkeit und Prävention werden aus den Arbeitsunfähigkeitsdaten Schätzungen zu volkswirtschaftlichen Ausfallkosten vorgenommen und die Kosten der Unfallversicherungsträger dargestellt. Weitere Themen sind Veränderungen des staatlichen Rechts und des Rechts der Unfallversicherungsträger, Aufgaben, Projekte und Schwerpunkte der Arbeitsschutzaufsichtsbehörden der Länder und der Unfallversicherungsträger, ausgewählten Maßnahmen anderer Arbeitsschutzakteure und Projekte und Aktionen der Schülerunfallversicherung sowie eine Beschreibung des Schülerunfallgeschehens.
Für den jährlichen Bericht „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – Unfallverhütungsbericht Arbeit“ (SUGA) wertet die BAuA Informationen über das Arbeits- und Wegeunfallgeschehen sowie über Berufskrankheiten von allen Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung aus. Ebenfalls nutzt die BAuA Informationen des Statistischen Bundesamtes, der Krankenkassen, der Gewerbeaufsicht und der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung, um die Belastungen und Arbeitsunfähigkeit darzustellen. Aufgrund dieser umfassenden Berichterstattung liegt das Berichtsjahr immer mehr als ein Jahr zurück.
Ab sofort steht der SUGA 2009 als PDF-Datei (2.8 MB) unter der Adresse http://www.baua.de/suga zur Verfügung. Die gedruckte Fassung des SUGA 2009 kann ab Mitte März kostenlos über das Informationszentrum der BAuA angefordert werden, telefonisch, 0231 9071-2071, per Fax, 0231 9071-2070 oder per E-Mail, info-zentrum@baua.bund.de.
Forschung für Arbeit und Gesundheit
Sichere und gesunde Arbeitsbedingungen stehen für sozialen Fortschritt. Sie ermöglichen Unternehmen wie auch der gesamten Volkswirtschaft einen Vorsprung im globalen Wettbewerb. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) forscht und entwickelt im Themenfeld Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, fördert den Wissenstransfer in die Praxis, berät die Politik und erfüllt hoheitliche Aufgaben – im Gefahrstoffrecht, bei der Produktsicherheit und mit dem Gesundheitsdatenarchiv. Die BAuA ist eine Ressortforschungseinrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Rund 660 Beschäftigte arbeiten am Hauptsitz in Dortmund und den Standorten Berlin, Dresden sowie in der Außenstelle Chemnitz.
Weitere Informationen:
http://www.baua.de/suga direkter Link zum Bericht „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – Unfallverhütungsbericht Arbeit“ (SUGA)2009 auf der BAuA-Homepage
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Vitamin D-Mangel in Deutschland oft überbewertet
Medizin – Kommunikation
Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
In den dunklen Wintermonaten produziert die Haut mangels Sonnenlicht weniger Vitamin D. Dieses Vitamin, auch Calciferol genannt, ist ein Prohormon, eine Vorstufe für das aktive Hormon Calcitriol. Ein ausgeprägter Mangel führt bei Kindern zur Knochenverbiegung, Rachitis, bei Erwachsenen zur Knochenerweichung, der so genannten Osteomalazie. Zuwenig Vitamin D kann aber auch zur Osteoporose beitragen. Gefährliche Mangelerscheinungen sind in Deutschland jedoch selten, so die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie(DGE). Die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten ist nach Einschätzung der DGE nur in ärztlich begründeten Fällen notwendig. Eine Überversorgung berge zudem Gesundheitsrisiken.
Vitamin D entsteht in der Haut unter Mitwirkung von ultraviolettem Licht. Im Winter ist die UV-Strahlung der Sonne schwach und es wird weniger Vitamin D produziert. Bei den meisten Menschen sinken deshalb innerhalb dieser Jahreszeit diese Blutwerte. „Ausgeprägte Mangelzustände, die bei einem Abfall der Werte auf unter etwa 10 Nanogramm pro Milliliter Blut auftreten können, sind aber sehr selten“, versichert Professor Schatz. Die meisten Menschen hätten auch im Winter nur unbedenklich, niedrigere Vitamin D-Spiegel.
Etwa 80 Prozent des benötigten Vitamin D bildet der Körper selbst. Den Rest decken Nahrungsmittel wie Fisch, Eier und Milch ab. Das Prohormon Vitamin D spielt eine wesentliche Rolle bei der Regulierung des Kalzium-Spiegels im Blut und beim Knochenaufbau. Entgegen bisherigen Annahmen weist die Veröffentlichung des amerikanischen Institute of Medicine (IOM) von Januar 2011 darauf hin, dass für die Knochengesundheit eine Vitamin D-Konzentration von 20 ng/ml für 97,5 Prozent der Bevölkerung völlig ausreichend ist. „Nahrungsergänzungsmittel und Vitamin D-Zusätze zu Lebensmitteln sind aus medizinischer Sicht nur dann sinnvoll, wenn weitere Risikofaktoren für eine Osteoporose vorliegen – beispielsweise bei älteren Menschen, zumal diese meist auch sturzgefährdet sind, oder bei verminderter Knochendichte“, ergänzt Professor Schatz. Bei Säuglingen könne dadurch auch einer Rachitis vorgebeugt werden. Die Osteoporosegefährdung lässt sich aus mehreren Faktoren einschließlich der Knochendichte berechnen. Bei schon bestehender Osteoporose ist jedoch eine richtig dosierte Vitamin D-Zufuhr in jedem Fall eine wichtige Therapiemaßnahme. Gemäß den Leitlinien des Dachverbandes Osteologie (DVO) aus dem Jahr 2009 sind 800 bis 2000 Internationale Einheiten (IE) Vitamin D pro Tag, zusammen mit 1000 mg Kalzium, ausreichend. Eine fälschlich zu hoch dosierte Vitamin D-Zufuhr könne laut DGE sogar schädlich sein: Es kann dann zu Erhöhungen des Kalziums im Blut mit Harnflut, Durst, Nierenverkalkungen, Übelkeit und Erbrechen kommen.
Dass ein Vitamin D-Mangel auch Diabetes, Herzerkrankungen, Schlaganfall, Immunerkrankungen oder Krebs begünstigt, ist bislang noch nicht erwiesen. Hierfür gibt es lediglich Hinweise aus tierexperimentellen, epidemiologischen und Observationsstudien. „Die Ergebnisse von Interventionsstudien bei Menschen liefern bisher keine Beweise für derartige `extraossäre´ Wirkungen von Vitamin D. Eine Vitamin D-Gabe ist daher bei diesen Erkrankungen nicht gerechtfertigt“, so Schatz. Der Experte empfiehlt, sich stattdessen – auch in der „dunklen Jahreszeit“ – täglich mindestens eine halbe Stunde ins Freie zu begeben, insbesondere an sonnigen Wintertagen. Vom Besuch eines Solariums als Ersatz dafür rät er hingegen ab: Die Nachteile durch das Hautkrebsrisiko seien größer als der Nutzen einer zusätzlichen Vitamin D-Produktion. Zudem arbeiten die meisten Solarien mittlerweile größtenteils mit dem bräunenden UV-A-Licht. Für die Bildung des Vitamins D sind jedoch die UV-B-Strahlen erforderlich. Und überdies reichen die Sommermonate ohnedies aus, um die Vitamin D-Speicher zu füllen.
Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen und dem Stoffwechsel sowie den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von den endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, „endokrin“ sezerniert, das heißt nach innen in das strömende Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben die „exokrinen“ Drüsen, wie beispielsweise die Speicheldrüsen, ihre Sekrete nach außen ab, diese in den Verdauungstrakt.
Quellen:
Clifford J. Rosen, M.D., Vitamin D Insufficiency, N Engl J Med 2011; 364:248-54.
Ross et al., IOM Report on Calcium and Vitamin D Requirements, J Clin Endocrinol Metab, January 2011, 96 (1).
Weitere Informationen:
http://www.endokrinologie.net
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
„Grünes Gedächtnis DDR“: Zeitzeugen lassen Umweltgeschichte aufleben
Franz-Georg Elpers
Pressestelle
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Dokumentation von mündlich überlieferten Berichten als Basis für Schulunterricht – DBU fördert Projekt
Neubrandenburg. Steht Geschichte auf dem Stundenplan, entlockt das so manch einem Schüler nur herzzerreißendes Gähnen. Dass mit Zeitzeugen mehr Spannung und Aufmerksamkeit in den Unterricht kommen kann, davon ist die Hochschule (HS) Neubrandenburg überzeugt. In einem neuen Projekt will sie Naturschutz und Geschichte am Beispiel der ehemaligen DDR im wahrsten Sinne des Wortes „aufleben“ lassen: Zeitzeugen sollen befragt und daraus schulische Bildungsangebote entwickelt werden. Kern des Vorhabens ist der Aufbau einer Internetseite unter dem Titel „Grünes Gedächtnis DDR“. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Vorhaben mit rund 110.000 Euro. „So werden die Schüler für ein häufig als ‚trocken‘ empfundenes, aber sehr wichtiges Thema auf persönliche und emotionale Weise sensibilisiert“, betont DBU-Generalsekretär Dr. Fritz Brickwedde. Gleichzeitig werde die Quellenlage zur Geschichte des Naturschutzes in der ehemaligen DDR ergänzt.
Geplant sei, so Projektkoordinator Prof. Dr. Hermann Behrens von der HS Neubrandenburg, rund 25 Zeitzeugen zu befragen. Sie sollen zu den verschiedenen Phasen der Naturschutzgeschichte der ehemaligen DDR in räumlicher und institutioneller Hinsicht Auskunft geben. Das könnten Personen sein wie Dr. Karl-Heinz Großer, der unter anderem für die Schriftenreihe „Naturschutzarbeit in Berlin und Brandburg“ tätig war, Dr. Lebrecht Jeschke, ehemaliger Direktor des Landesnationalparkamts Mecklenburg-Vorpommern, und Prof. Dr. Hans Dieter Knapp, Direktor der Naturschutzakademie Insel Vilm. Interessant sei beispielsweise zu erfahren, betont Behrens, wie die Zeitzeugen sowohl die Möglichkeiten als auch Einschränkungen des Naturschutzes empfunden und bewältigt haben.
Die Ergebnisse sollen in einem „Zeitzeugenbuch“ sowie einer Videodokumentation festgehalten und für Schüler und andere interessierte Personen zugänglich gemacht werden. Auf einer eigens unter dem Titel „Grünes Gedächtnis DDR“ eingerichteten Homepage sei außerdem geplant, neben grundlegenden Informationen entsprechende Arbeitshilfen für Lehrer und Schüler anzubieten. Dabei arbeite die HS Neubrandenburg mit Schul- und Umweltbildungsexperten zusammen, erklärt Behrens: „Unser Ziel ist, die Zusammenhänge zwischen Naturschutz, Geschichte und Politik den Schülern auf eine spannende Art und Weise transparent zu machen.“ Gleichzeitig lernten sie die Methode der mündlichen Geschichtsüberlieferung kennen und sollen motiviert werden, eigene Zeitzeugen zu befragen und ihre Ergebnisse auf der Projekthomepage zu präsentieren. In Schulen aus Mecklenburg-Vorpommern sollen die Arbeitsmaterialien als erstes zum Einsatz kommen.
Für Brickwedde stellt das innovative Projekt eine „gelungene Verknüpfung von Forschungs- und Bildungsarbeit“ dar. Die HS Neubrandenburg – mit einem ihrer Forschungsschwerpunkte in „Umweltgeschichte/Naturschutzgeschichte“ – betreibt bereits ein Studienarchiv mit einer Spezialsammlung zu dem Thema. Mit den Aussagen der Zeitzeugen sollen die Dokumente um die Ebene der persönlichen Erlebnisse erweitert, diese Erfahrungen aber gleichzeitig auch kritisch in den gesellschaftspolitischen Zusammenhang eingeordnet werden. Zum Abschluss des Projekts ist ein „Zeitzeugensymposium“ geplant, bei dem die Ergebnisse präsentiert werden und anderen Einrichtungen und Institutionen als Anregungen dienen sollen.
Weitere Informationen:
http://www.dbu.de/123artikel31196_106.html
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Lithium – Jungbrunnen aus der Wasserleitung
Dr. Ute Schönfelder
Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Ernährungswissenschaftler der Universität Jena zeigen, dass ein Spurenelement das Leben verlängert
Die regelmäßige Aufnahme des Spurenelements Lithium kann die Lebenserwartung deutlich verlängern. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie von Ernährungswissenschaftlern der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Wie das Team um Prof. Dr. Michael Ristow gemeinsam mit japanischen Kollegen in zwei unabhängigen Untersuchungen zeigen konnte, führt Lithium bereits in geringer Konzentration sowohl beim Menschen als auch bei einem Modellorganismus, dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans, zu einem längeren Leben. Seine Ergebnisse stellt das Forscherteam in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „European Journal of Nutrition“ vor, die gerade online erschienen ist http://dx.doi.org/10.1007/s00394-011-0171-x.
Lithium ist ein lebensnotwendiger Bestandteil der Nahrung und wird vorwiegend aus pflanzlicher Nahrung und über das Trinkwasser aufgenommen. „Über die physiologische Funktion von Lithium wissen wir noch sehr wenig“, sagt Studienleiter Ristow. Wie aus einer früheren Untersuchung hervorgehe, so der Inhaber des Jenaer Lehrstuhls für Humanernährung weiter, habe sich Lithium in sehr hoher Konzentration bereits als lebensverlängernd bei C. elegans erwiesen. „Die damals untersuchte Dosierung liegt aber deutlich über dem physiologisch relevanten Bereich und ist für den Menschen giftig“, so Ristow. Um zu klären, ob Lithium auch in sehr viel geringerer Konzentration eine lebensverlängernde Wirkung aufweise, haben die Forscher nun die Wirkung von Lithium in einem Konzentrationsbereich untersucht, wie er in gewöhnlichem Leitungswasser vorkommt.
In Kooperation mit japanischen Forschern haben die Jenaer Ernährungswissenschaftler die Sterberate in 18 japanischen Gemeinden untersucht und diese in Beziehung zum jeweiligen Lithiumgehalt des Leitungswassers gesetzt. „Dabei hat sich gezeigt, dass die Sterberate in den Gemeinden deutlich geringer ausfällt, in denen mehr Lithium im Leitungswasser vorkommt“, erläutert Ristow das zentrale Ergebnis. In einem zweiten Experiment haben die Jenaer Forscher genau diesen Konzentrationsbereich am Modellorganismus C. elegans untersucht. Das Ergebnis bestätigte sich: „Auch die durchschnittliche Lebenserwartung der Würmer ist höher, wenn sie mit Lithium in dieser Dosierung behandelt werden“, so Ristow.
Auch wenn die zugrunde liegenden Mechanismen noch ungeklärt sind, so gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die beobachtete längere Lebenserwartung sowohl bei den Fadenwürmern C. elegans als auch beim Menschen durch das Spurenelement Lithium verursacht sein kann. Darüber hinaus, so spekulieren die Wissenschaftler, kann Lithium in derart niedriger Dosierung in Zukunft möglicherweise auch als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt werden. „Aus früheren Studien weiß man bereits, dass eine höhere Lithiumaufnahme über das Trinkwasser mit einer Verbesserung der psychischen Grundstimmung und mit einer verminderten Suizidhäufigkeit in Verbindung gebracht werden kann“, erläutert Prof. Ristow. Zusammen mit den neuen Daten würde man in mehrerlei Hinsicht von einer Steigerung der Lithiumaufnahme profitieren. Um dies sicher befürworten zu können, sind jedoch weitere Studien notwendig, so die Wissenschaftler.
Original-Publikation:
Zarse K., Terao T., Tian J., Iwata N., Ishii N., Ristow M. Low-dose lithium uptake promotes longevity in humans and metazoans. Eur J Nutr 2011, DOI: 10.1007/s00394-011-0171-x
Kontakt:
Prof. Dr. Michael Ristow
Institut für Ernährungswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Dornburger Straße 29, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949630
E-Mail: mristow@mristow.org
Weitere Informationen:
http://dx.doi.org/10.1007/s00394-011-0171-x
http://www.uni-jena.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Bricht der nächste Vulkan in der Eifel aus?
Dr. Ernst Guggolz
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.
Über Tage legte der isländische Vulkan Ejafjallajökull im vergangenen Frühjahr den europäischen Flugverkehr lahm – und zeigte damit, wie weit die Folgen eines Vulkanausbruchs für hochtechnisierte Gesellschaften reichen können. Bevorstehende Eruptionen kündigen sich meist einige Wochen oder Monate vorher an, beispielsweise durch erhöhte seismische Aktivität oder das verstärkte Austreten vulkanischer Gase. Zu brodeln beginnt es aber oft schon viel früher: Mehrere Jahrtausende kann Magma unter dem Vulkan bleiben, bevor es zum Ausbruch kommt. Wie die Isotopenverhältnisse im Vulkangestein der Eifel Auskunft geben über die Länge dieses Zeitraums, berichten die „Nachrichten aus der Chemie“.
Bei der Entstehung eines Vulkans sammelt sich Magma in Kammern, die zwischen zwei und fünfzig Kilometern unter der Erdoberfläche liegen. Lagert das Magma für längere Zeit unter dem Vulkan, ändert es seine Zusammensetzung: In den kühleren Randbereichen der Magmakammer kristallisieren einzelne Bestandteile aus, andere reichern sich in der Schmelze an. Enthält das so gebildete Gestein radioaktive Elemente wie Uran oder Thorium, lässt sich über die Zerfallsraten der verschiedenen Isotope der Zeitpunkt bestimmen, an dem der Kristall entstanden ist.
In Deutschland ist die Eifel ein verhältnismäßig junges und geologisch aktives Vulkangebiet; der dramatische Ausbruch des Laacher-See-Vulkans in der Osteifel liegt erst knappe 13.000 Jahre zurück. Die Isotopenverhältnisse in Kristallen aus dieser Eruption zeigen: Die Magmakammer hat sich schon mehrere zehntausend Jahre vorher gebildet. Warum eine Aktivität des Laacher-See-Vulkans in den nächsten Jahrtausenden nicht auszuschließen ist und wie die isotopengeochemische Analyse zur Vorhersage neuer Eruptionen beitragen kann, schildern die Geowissenschaftler Axel K. Schmitt, Florian Wetzel und Gerhard Wörner. Die PDF-Datei des Beitrags gibt es bei der Redaktion der „Nachrichten aus der Chemie“ unter nachrichten@gdch.de.
Nahezu 80 000 anspruchsvolle Chemiker und Chemikerinnen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Lehre informieren sich mit den „Nachrichten“ über Entwicklungen in der Chemie, in angrenzenden Wissenschaften sowie über gesellschaftliche und wirtschaftliche Aspekte. Kennzeichen der Zeitschrift der Gesellschaft Deutscher Chemiker sind das breite Spektrum der Berichte, das einmalige Informationsangebot an Personalien, Veranstaltungs- und Fortbildungsterminen sowie der große Stellenmarkt.
Weitere Informationen:
http://www.nachrichtenausderchemie.de
http://www.gdch.de/nachrichten „Nachrichten aus der Chemie“
http://www.gdch.de/taetigkeiten/nch/jg2010/h010_11.htm Das Novemberheft der „Nachrichten aus der Chemie“
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Welches Stellenangebot passt zu mir? Internet-Technologie bringt Bewerber und Arbeitgeber zusammen
Friederike Meyer zu Tittingdorf
Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes
Die meisten Stellenangebote sind heute auch im Internet zu finden. Für zahlreiche Berufe gibt es jedoch keine eindeutigen Bezeichnungen, so dass man mit der reinen Schlagwortsuche oft nicht weiter kommt. Viel einfacher wäre es, wenn man seinen Lebenslauf und sein berufliches Profil ins Internet stellen könnte und dann automatisch die passenden Angebote erhielte. Genau dies wollen Wissenschaftler der Universität des Saarlandes den Arbeitssuchenden künftig bieten. Gemeinsam mit der Firma imc haben sie eine Internet-Plattform entwickelt, die Bewerber und Unternehmen über ausgefeilte Suchfunktionen zusammenbringt.
Die Wissenschaftler zeigen die neue Technologie vom 1. bis 5. März am Stand des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (Halle 9, Stand B 47) auf der Computermesse Cebit in Hannover.
In der von Saarbrücker Forschern entwickelten Internet-Plattform können Arbeitssuchende ihren Lebenslauf eingeben und besondere Qualifikationen wie Computer- oder Sprachkenntnisse vermerken. Das System durchsucht dann verschiedene Stellenbörsen im Internet nach Angeboten, die möglichst genau zu dem Bewerberprofil passen. Für die Software stellt es dabei kein Problem dar, wenn für die Beschreibung der gleichen Qualifikation unterschiedliche Begriffe verwendet werden. Falls dann bestimmte Anforderungen für ein Stellengesuch nicht erfüllt werden, macht das Computerprogramm automatisch Vorschläge für entsprechende Weiterbildungsangebote. Das System wurde außerdem mit den sozialen Netzwerken verknüpft, so dass sich Anwender zum Beispiel direkt über ihre Facebook-Kennung einwählen können.
Die Internet-Plattform wurde im Rahmen des Forschungsprojekts „Semantische Assistenzdienste für die berufliche Integration und Persönliche Kompetenzentwicklung (SABINE)“ entwickelt. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Rahmen des Leuchtturmprojekts „Theseus“ finanziert. Projektpartner sind die imc AG aus Saarbrücken und der Lehrstuhl für Management-Informationssysteme von Professor Stefan Strohmeier an der Universität des Saarlandes.
Christian Gasper von der Universität des Saarlandes wird auf der Computermesse Cebit am 2. März um 16.20 Uhr im „Cebit lab talk“ (Halle 9, Stand A 40) einen Vortrag zum Thema „Semantische Technologien für das Talent Management von morgen“ halten.
Fragen beantworten:
Christian Gasper
Tel. 0681 / 302-64764
E-Mail: c.gasper@mis.uni-saarland.de
Friederike Meyer zu Tittingdorf
Tel. 0681 / 302-3610
Mobil 0151 / 11 37 16 32
Tel: 0511 / 89 49 70 22 (Cebit-Messestand)
Weitere Informationen:
http://www.sabine-projekt.de
http://www.mis.uni-saarland.de
http://www.im-c.de
http://www.theseus-programm.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Bedeutender Meilenstein in der Impfstoff-Forschung gegen Erdnussallergie
Sabine Ranke-Heinemann
Pressestelle
Australisch-Neuseeländischer Hochschulverbund / Institut Ranke-Heinemann
Unter der Leitung von Professorin Robyn O´Hehir und Professorin Jennifer Roland hat ein Forschungsteam aus Immunologen der Monash University und des Alfred Health Zentrums in Australien die Hauptbestandteile eines sicheren und wirkungsvollen Impfstoffs gegen Erdnussallergie bestimmt.
Die Erdnussallergie gilt als die schwerste Form der Nahrungsmittelallergien, da sie auch lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktionen hervorruft. Derzeit sind keine Präventivbehandlungen für Nahrungsmittelallergien bekannt und anaphylaktische Reaktionen erfordern eine sofortige Andrenalininjektion durch den EpiPen.
Bei Menschen, die allergisch auf Wespen- und Bienenstiche reagieren, werden Immuntherapien häufig angewandt. Bei dieser Art der Behandlung werden dem Patienten Proteinextrakte aus dem Gift in immer höheren Dosen verabreicht, um anaphylaktische Reaktionen im Falle eines Stiches zu verhindern. Da die Erdnussallergie aufgrund der Schwere der Reaktion als eine der gefährlichsten Allergieformen gilt, nahm man bislang Abstand von Immuntherapien. Die neuen Forschungsergebnisse bieten nun eine Lösung.
Die Forscher der Monash University und des Alfred Health Zentrums bestimmten die entscheidenden Sequenzen oder Peptide der Erdnussproteine, die mit den weißen Blutkörperchen (T-Zellen) zusammenwirken und Immuntoleranz hervorrufen, nicht jedoch Allergieantikörper binden und anaphylaktische Reaktionen verursachen. Diese „dominanten Fragmente oder Peptide“ sind für einen sicheren Impfstoff gegen Erdnussallergie geradezu prädestiniert. Die Forscher sind zuversichtlich, dass eine klinische Studie innerhalb der nächsten drei Jahre durchgeführt wird, da vergleichbare Forschungsergebnisse des Teams im Bereich Gräserallergie in Amerika bereits klinisch getestet werden. Die Forschungsarbeit von Erstautorin Dr. Sara Prickett wurde in dem bekannten Online Journal für Allergologie und Klinische Immunologie veröffentlich. Des Weiteren waren Astrid Voskamp, April Dacumos-Hill und Karen Symons an dem Forschungsprojekt beteiligt.
Weitere Informationen:
Institut Ranke-Heinemann / Australisch-Neuseeländischer Hochschulverbund
Pressestelle
Friedrichstr. 95
10117 Berlin
Email: berlin@ranke-heinemann.de
Tel.: 030-20 96 29 593
Das Institut Ranke-Heinemann / Australisch-Neuseeländischer Hochschulverbund ist die zentrale Einrichtung aller australischen und neuseeländischen Universitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz, zuständig für Wissens- und Forschungstransfer, Forschungsförderung sowie Studenten- und Wissenschaftleraustausch und für die Betreuung von Studierenden und Schülern, die ein Studium Down Under vorbereiten.
Weitere Informationen:
http://www.ranke-heinemann.de
http://www.ranke-heinemann.at
http://www.ranke-heinemann.tv
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Kohlendioxid als neuer Rohstoff: Bayer startet Pilotanlage für Kunststoff-Herstellung mit CO2
Dr. Katharina Jansen
Unternehmenspolitik und Presse – Wissenschaft und Forschung
Bayer AG
Bayer geht neue Wege zur Produktion hochwertiger Kunststoffe mithilfe von Kohlendioxid (CO2) aus der Energiewirtschaft. Im CHEMPARK Leverkusen wurde eine Pilotanlage in Betrieb genommen, um das neue Verfahren im technischen Maßstab zu erproben. Dort entsteht ein chemisches Vorprodukt, in das CO2 eingebunden wird. Diese Substanz wird zu Polyurethanen weiterverarbeitet, die in vielen Dingen des täglichen Lebens Verwendung finden. Das klimaschädliche Abgas CO2 findet so nachhaltige Verwertung als Rohstoff und Erdöl-Ersatz.
Das innovative Verfahren ist Ergebnis des gemeinsamen Projekts „Dream Production“ von Wirtschaft und Wissenschaft. Bayer arbeitet hier mit dem Energieunternehmen RWE zusammen, von dem das eingesetzte CO2 stammt. Weitere Projektpartner sind die RWTH Aachen University sowie das gemeinsam von der Hochschule und Bayer betriebene CAT Catalytic Center. Den Forschern ist vor kurzem ein Durchbruch in der Katalysetechnik gelungen, was die effiziente Nutzung von CO2 erst ermöglicht.
„Es besteht hier die Chance, Deutschland als einen Marktführer für solche Technologien zu etablieren und uns damit eine Führungsrolle im internationalen Wettbewerb zu sichern“, sagte Bayer-Vorstandsmitglied Dr. Wolfgang Plischke am Donnerstag vor Vertretern von Medien, Politik und Wissenschaft in Leverkusen. „Die Einweihung dieser Pilotanlage steht ganz in der Tradition verschiedener Projekte bei Bayer, bei denen durch innovative Technologien nachhaltige Produktionsprozesse gefunden werden konnten.“
Das neue Verfahren leistet in verschiedener Hinsicht einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. So kann sich der Einsatz von Kohlendioxid unter anderem als Alternative zum Erdöl erweisen, aus dem die Chemieindustrie bislang hauptsächlich das wichtige Element Kohlenstoff gewinnt. Auch Polyurethane selbst haben einen positiven Effekt für die Einsparung von Energie und den Schutz des Klimas. Bei der Dämmung von Gebäuden gegen Kälte und Wärme etwa sparen sie rund 70 Mal mehr Energie ein, als für ihre Herstellung aufgewendet wird.
Unterstützung durch Bund und Land
Die nordrhein-westfälische Innovationsministerin Svenja Schulze betonte anlässlich der Inbetriebnahme der Pilotanlage, hier werde an einer „ganz konkreten, höchst innovativen Problemlösung von der Grundlagenforschung bis hin zur verwertungsnahen Erprobung“ gearbeitet. Das Projekt stelle eine gelungene Kooperation zwischen Industrie und Universität bei einer zentralen klimapolitischen Herausforderung dar.
Das Land NRW unterstützt – gemeinsam mit Bayer – das Katalysezentrum CAT. Das Projekt „Dream Production“ wird mit Bundesmitteln von rund fünf Millionen Euro gefördert. Inklusive der Beteiligung von Bayer und RWE beträgt der Gesamtetat für dieses Projekt etwa neun Millionen Euro. Falls die Erprobungsphase positiv verläuft, soll ab 2015 die industrielle Produktion von Kunststoffen auf CO2-Basis anlaufen.
Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sprach von einem „revolutionären“ Ansatz, der die Sicht auf CO2 völlig umkehre. „CO2 ist durch die Klimadiskussion in die ‚Schmuddelecke‘ der öffentlichen Wahrnehmung geraten. Nun fördern wir die Erforschung von Alternativen, um CO2 als Rohstoff sinnvoll zu nutzen.“
Auch Professor Klaus Töpfer als Gründungsdirektor des neuen Instituts für Klima, Erdsystem und Nachhaltigkeit (IASS) in Potsdam unterstrich, der „Kohlenstoffkreislauf“ müsse geschlossen werden: „CO2 ist als Ressource zu nutzen und nicht als ‚Abfall‘ zu entsorgen.“
Das im Rahmen des Projekts eingesetzte Kohlendioxid stammt aus dem Braunkohlekraftwerk von RWE Power in Niederaußem bei Köln. Dort betreibt der Stromerzeuger in seinem Innovationszentrum Kohle eine CO2-Wäsche, mit der Kohlendioxid aus dem Rauchgas abgetrennt wird.
In der Pilotanlage – konzipiert, errichtet und betrieben von Bayer Technology Services – wird mithilfe des Kohlendioxids im Kilogramm-Maßstab eine der beiden Komponenten hergestellt, die zur Herstellung von Polyurethanen nötig sind. An einer bereits bestehenden anderen Anlage testet Bayer MaterialScience diese Materialien, aus denen vor allem weicher und harter Schaumstoff gewonnen wird.
Der effiziente Einsatz von CO2 ist nur möglich, weil zuvor ein geeigneter Katalysator gefunden wurde, nach dem die Fachwelt vier Jahrzehnte gesucht hatte. Diesen Forschungserfolg erreichten Wissenschaftler von Bayer und dem CAT in dem ebenfalls vom Bund geförderten Vorläuferprojekt „Dream Reactions“. In der aktuellen Initiative „Dream Production“ wird am CAT unter anderem die Kompatibilität des Katalysators mit dem Kraftwerks-CO2 geprüft. Die RWTH Aachen University unterzieht das neue Verfahren über alle Stufen einer ökologischen und ökonomischen Gesamtbetrachtung und vergleicht es dabei auch mit herkömmlichen Prozessen und Produkten.
Weitere Informationen:
http://www.presse.bayer.de – Fotos
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
„In 80 Büchern um die Welt“ – Wenn Literatur die Koffer packen lässt
Luise Dirscherl
Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München
Kann man sich den Kopf hungrig lesen? „In 80 Büchern um die Welt“ macht auf jeden Fall Lust auf mehr – auf mehr Literatur wie auch auf fremde Länder. Das Autorenkollektiv des Aufbaustudienganges Buchwissenschaft 2009/10 der LMU München präsentiert in diesem neuen Werk 80 ausgewählte Romane, die Generationen und Kontinente umspannen.
Allen gemein ist: Der Ort der Handlung ist nicht nur Kulisse. „Wir im Team lesen naturgemäß viel und reisen auch leidenschaftlich gern“, sagt Sabeth Yu, eine der Studentinnen. „Unser Buch soll beide Interessen vereinen, sodass Leser neugierig aufs Reisen und Reisende neugierig auf Bücher werden. Entsprechend bietet „In 80 Büchern um die Welt“ eine literarische Reise über alle Kontinente hinweg – und das gemütlich vom Sofa aus. Die kurzen Artikel zu den einzelnen Werken werden durch Notizen zu den Ländern, den Autoren, weiteren literarischen Kurztipps sowie durch Fotos und Illustrationen ergänzt. Prominente Fürsprache erhält das Projekt durch den Schriftsteller Feridun Zaimoglu: Er schrieb das Vorwort und sinniert darin über das Reisen.
„In 80 Büchern um die Welt“ erscheint am 25. Februar 2011 im Thiele Verlag.
Hier und nur hier kann stattfinden, was uns da in 80 Stationen auf einer literarischen Weltreise präsentiert wird. So findet die raue Landschaft der Färöer-Inseln ihre Entsprechung in der harten und klaren Sprache Jógvan Isaksens, der in „Endstation Färöer“ von der Jagd nach einem Mörder erzählt. Auch in der Mongolei muss sich der Mensch einer unbarmherzigen Umwelt unterordnen: Die enge spirituelle Beziehung der Nomaden zu den Wölfen steht im Mittelpunkt von Jiang Rongs „Der Zorn der Wölfe“.
Vier ungleiche Charaktere begeben sich schließlich in „Die Frauen meines Vaters“ auf die Suche nach der Vergangenheit – ein Roadmovie im südlichen Afrika. Düster sind einige Werke aus Südamerika – protokollieren sie doch die blutige Geschichte des Kontinents über Militärdiktaturen, verlassene Kinder und die rücksichtslose Ausbeutung von Mensch und Umwelt. Junge Nordamerikaner müssen sich dagegen selbst das Abenteuer suchen, wie Jon Krakauer in dem Tatsachenroman „In die Wildnis“ beschreibt. Chris McCandless lässt hier mit Anfang zwanzig seine Heimat, seine Familie und allen Besitz für immer zurück.
„In 80 Büchern um die Welt. Eine literarische Weltreise“ betritt vertrautes wie auch unbekanntes literarisches und geografisches Terrain, um Lesehungrigen ein wenig Orientierung in der Überfülle des Literaturangebots zu bieten. Die kurzen Artikel zu den einzelnen Werken stammen von den Studenten selbst. Die Texte werden durch Notizen zu den Ländern, den Autoren, weiteren literarischen Kurztipps sowie durch Fotos und Illustrationen ergänzt.
„Der Aufbaustudiengang ist ein Crashkurs in Sachen Verlagsmanagement“, sagt Rober Gigler, der als Dozent die Konzeption und Herstellung des Buches – und auch vorangegangener Abschlussprojekte – betreut hat. Hier vermitteln Branchenprofis jungen Akademikern, die bereits ein Studium absolviert und Erfahrungen in der Verlagsbranche gesammelt haben, das Geschäft mit den Büchern. „Das Buch ist unser Gesellenstück und nach den Regeln der Buchbranche produziert“, sagt Leopold Pachmann, einer der Studenten. „Trotzdem findet sich wohl jeder von uns auch persönlich wieder: in der Auswahl der Romane.“ (suwe)
„In 80 Büchern um die Welt. Eine literarische Weltreise“
Mit einem Vorwort von Feridun Zaimoglu
Thiele Verlag, 240 Seiten, 20 Euro
Publikation am 25. Februar 2011
ISBN 978-3-85179-157-0
Ansprechpartner:
Ludwig-Maximilians-Universität München:
Prof. Dr. Christine Haug
Leiterin der Studiengänge Buchwissenschaft
Tel.: 089 / 2180 – 2395 (Sekretariat)
E-Mail: christine.haug@germanistik.uni-muenchen.de
Christian Brandstätter & Thiele Verlag:
Friederike Rumschöttel
Leitung Presse & Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +43-1-512 15 43-232
E-Mail: f.rumschoettel@cbv.at
„In 80 Büchern um die Welt“ / Autorenkollektiv; Aufbaustudiengang 2009/10:
Leopold Pachmann
Tel.: 0176 / 240 33 5 33
E-Mail: buchwissenschaft@gmail.com
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Neues gemeinsames Großprojekt: Die deutsche Mückenlandschaft – Forschung am blutsaugenden Insekt
Doris von Eiff
Senckenberg Pressestelle
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen
Gibt es West-Nil-Fieber, Dengue-Fieber und Co. bald regelmäßig auch in Mitteleuropa? Um solche Risiken einschätzen zu können, erstellen Wissenschaftler des Senckenberg Deutsches Entomologisches Instituts (SDEI) in Müncheberg und des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg gemeinsam eine Mückenkarte für Deutschland: Zunächst gilt es für die Taxonomen zu bestimmen, welche Mückenarten sich mittlerweile in Deutschland heimisch fühlen. Im nächsten Schritt untersuchen Entomologen und Virologen genau diese Mücken in speziellen Hochsicherheitslabors, um festzustellen, welche Virenfracht sie übertragen können.
Stechmücken verbreiten eine Vielzahl an Krankheitserregern wie das West-Nil- oder das Dengue-Virus. Klimawandel und Globalisierung bewirken, dass Mücken Regionen erobern, in denen sie bisher nicht vorkamen, oder dass heimische Mücken vermehrt exotische Krankheitserreger übertragen können. Bald tanzen, krabbeln, pieksen sie wieder; in wenigen Wochen beginnt die Mücken-Saison. Und auf die Mücken wartet bereits ein Team von Wissenschaftlern: „Wir brauchen verlässliche Daten, die es ermöglichen, einen Ausbruch neuer Seuchen rechtzeitig zu erkennen und um vorbeugen zu können“, sagt Prof. Egbert Tannich, Tropenmediziner und Leiter der Abteilung Molekulare Parasitologie am BNI. Dies ist das Ziel des interdisziplinären Forschungsprojektes „Vorkommen und Vektorkompetenz von Stechmücken“, das von der Leibniz Gemeinschaft mit einer dreiviertel Million Euro (762.000 €) gefördert wird. „Innerhalb weniger Jahre wollen wir einen Überblick über die Artenverteilung der Mücken haben und wissen, was an Viren in ihnen steckt“, erläutert Prof. Sven Klimpel, Leiter des SDEI und des Projektbereichs Medizinische Biodiversität und Parasitologie des Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F) in Frankfurt.
Beide Wissenschaftler unterstreichen, dass die Kooperation ihrer Forschungsinstitute und damit zweier sehr unterschiedlicher Fachbereiche – der klassischen Taxonomie (Artenkunde) und der Molekularbiologie sowie der Virologie – ganz besonders wertvoll ist:„Unsere Kompetenzen ergänzen sich hervorragend, das ist besonders schön, weil wir so die Chance haben, langfristig eine feste Einheit auf dem Gebiet der medizinischen Entomologie zu etablieren“, sagt Klimpel und Tannich ergänzt, dass eigens für dieses Forschungsprojekt am BNI eine Arbeitsgruppe für Molekulare Entomologie eingerichtet werde. Zudem bringe die virologische Abteilung des BNI als Kollaborationszentrum der Weltgesundheitsorganisation (WHO) langjährige Erfahrung in der Virendiagnostik mit ein. Das BNI besitzt Laboratorien der höchsten Sicherheitsstufe, in denen auch gefährliche, neu importierte Viren untersucht werden können. Das Senckenberg Deutsche Entomologische Institut in Müncheberg verfügt über eine weltweit einmalige Insektensammlung insbesondere auch im Hinblick auf die zu untersuchenden Mücken.
Fächerübergreifende Forschung für ein verlässliches Frühwarnsystem
Dass Taxonomen, Tropenmediziner, Infektionsbiologen, Molekularbiologen und Virologen gemeinsam Mücken untersuchen, hat Gründe: Etwa 45 Mückenarten gibt es in Deutschland – doch über diese Tiere existiert bisher nur lückenhaftes Wissen. In allen Bundesländern fangen Kooperationspartner zum Beispiel von wissenschaftlichen Einrichtungen und der Bundeswehr Mücken für das Forschungsprojekt. Sie ermitteln auch Wetterdaten, die das Klima am Fangort charakterisieren, und liefern ihr Material zur Auswertung an die Spezialisten. In Alkohol konserviert oder auf Nadeln präpariert, wird ein Teil der Tiere in einer taxonomischen Referenzsammlung dokumentiert.
Herzstück des Forschungsprojektes wird eine Datenbank sein, in die das Datenmaterial aller gesammelten Mücken eingeht. Jedes der Insekten wird quasi zu einem Punkt auf einer Deutschlandkarte: „Wir erhalten eine Verbreitungskarte, die uns zeigt, welche Mückenarten wo und in welchen Anzahlen vorkommen“, erläutert Klimpel. Parallel zur Bestimmung und Dokumentation der verschiedenen Arten bestimmen die Virologen, welche Viren in diesen Mücken zu finden sind. Infektionsversuche sollen zudem zeigen, ob die heimischen Mückenarten bestimmte Viren aufnehmen und weitergeben können. „Solche Arbeiten erfordern erhöhte Sicherheitsbedingungen in speziell dafür ausgestatteten Laboratorien wie dem Hochsicherheitsinsektarium, das das BNI zur Verfügung stellt“, erklärt Tannich.
Überträger von West-Nil-Viren ab sofort unter Beobachtung
Verschiedene Viren nutzen Mücken entweder als Wirt oder als Transportmittel, einen so genannten Vektor, um von einem Wirtsorganismus zu einem anderen zu gelangen. Die Mikroorganismen werden dabei von der Mücke mit einer Blutmahlzeit aufgenommen und beim nächsten Stich über den Speichel weitergegeben. Wenn eine Mücke zu einer Art gehört, die sowohl Vögel als auch Säugetiere sticht, kann diese Mücke Viren von einem Vogel beispielsweise auf einen Menschen übertragen. So auch der Erreger des West-Nil-Fiebers, ein sogenanntes Arbovirus, der in Vögeln vorkommt, aber auch Menschen krank machen kann. Die Infektion verursacht in schweren Fällen Hirnhautentzündungen, die gerade bei älteren Menschen bedrohlich und sogar tödlich verlaufen können.
Seit das ursprünglich aus Afrika und dem Mittelmeerraum stammende Virus 1999 erstmals in den USA festgestellt wurde und sich binnen weniger Jahre über fast ganz Nordamerika ausgebreitet hat, wird es intensiv erforscht. Aus Mitteleuropa sind bisher nur regionale Krankheitsausbrüche bekannt geworden. Ob das so bleibt, ist ungewiss: Zugvögel pendeln seit Jahrtausenden zwischen Europa und den Verbreitungsgebieten des West-Nil-Fiebers in Afrika. Die Verschleppung ist also nicht unwahrscheinlich. Doch haben die heimischen Mücken überhaupt das Potenzial, dieses Virus vom Vogel auf den Menschen zu übertragen? Diese und andere Fragen sollen mit dem neuen Forschungsprojekt beantwortet werden.
Das Projekt wird aus keiner Mücke einen Elefanten machen: Es ermöglicht die realistische Bewertung der Risiken. Faktenwissen ersetzt die Spekulation darüber, ob Krankheiten wie das West-Nil-Fieber auf die Menschen in Deutschland zukommen. Datenbanken erlauben es, auch langfristig auf dem aktuellen Wissensstand zu bleiben.(rba)
Kontakte:
Prof. Dr. Sven Klimpel, SDEI
Tel: 069/7542-1895
Sven.klimpel@senckenberg.de
Prof. Dr. Egbert Tannich, BNI
Tel.: 040 42818-477
tannich@bnitm.de
Die Erforschung von Lebensformen in ihrer Vielfalt und ihren Ökosystemen, Klimaforschung und Geologie, die Suche nach vergangenem Leben und letztlich das Verständnis des gesamten Systems Erde-Leben – dafür arbeitet die SENCKENBERG Gesellschaft für Naturforschung. Ausstellungen und Museen sind die Schaufenster der Naturforschung, durch die Senckenberg aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse mit den Menschen teilt und Einblick in vergangene Zeitalter sowie die Vielfalt der Natur vermittelt. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de.
Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) ist Deutschlands größte Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre auf dem Gebiet tropentypischer Erkrankungen und neu auftretender Infektionskrankheiten. Aktuelle Forschungsschwerpunkte bilden Malaria, hämorrhagische Fieberviren, Tuberkulose und Gewebewürmer. Für den Umgang mit hochpathogenen Viren und infizierten Insekten verfügt das Institut über Laboratorien der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL4) und ein Sicherheits-Insektarium (BSL3). Das BNI umfasst das nationale Referenzzentrum für den Nachweis aller tropischen Infektionserreger. Gemeinsam mit dem ghanaischen Gesundheitsministerium und der Universität von Kumasi betreibt es ein modernes Forschungs- und Ausbildungszentrum im westafrikanischen Regenwald, das auch externen Arbeitsgruppen zur Verfügung steht.
Weitere Informationen:
Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut (SDEI) in Müncheberg:
http://bit.ly/hquAZz
Bernhard-Nocht-Institut (BNI) für Tropenmedizin in Hamburg
http://www.bnitm.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Treibhausgasen auf der Spur
Monika Landgraf
Presse, Kommunikation und Marketing
Karlsruher Institut für Technologie
Eine Nachwuchsforschergruppe am KIT entwickelt neuartige Methoden, um die Konzentration von Kohlendioxid und Methan in der Erdatmosphäre zu messen. Ihre Erkenntnisse sollen dazu beitragen, dem Klimawandel entgegen zu steuern. Das Forschungsprojekt „Fernerkundung von Treibhausgasen zur Modellierung des Kohlenstoff-Kreislaufs“ des Physikers Dr. André Butz wird am Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung (IMK-ASF) als „Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe“ fünf Jahre lang durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit Personal- und Sachmitteln ausgestattet.
Das englisch „Remote Sensing of Greenhouse Gases for Carbon Cycle Modelling“, kurz „RemoteC“, betitelte Forschungsvorhaben wertet Daten aus, die Satelliten über die von der Erde und der Atmosphäre zurückgestreute kurzwellige Infrarotstrahlung liefern. Für eine höhere Genauigkeit der Interpretation werden die Daten aus dem Weltraum mit Messungen an Bodenstationen kombiniert.
Ziel ist die Entwicklung einer Methode, die es erlaubt, global zu bestimmen, wo, wie viel und zu welchem Zeitpunkt Methan und Kohlendioxid durch natürliche Prozesse an die Atmosphäre abgegeben oder der Atmosphäre entzogen werden. Die Treibhausgase Methan und Kohlendioxid tragen wesentlich zum Klimawandel durch Erwärmung von Erdoberfläche und Atmosphäre bei. Mit Hilfe von „RemoteC“ wollen die Wissenschaftler zur Beantwortung wichtiger Fragen beitragen: Welche Rolle spielen die Tropen für die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre? Wie beeinflussen arktische Sumpfgebiete und tauende Permafrostgebiete die Treibhausgasbilanz? Kann dem Klimawandel durch veränderte Landnutzung entgegengewirkt werden?
„Die Herausforderung ist, dass Messung und Auswertung der Daten hochgenau erfolgen“, erklärt Dr. André Butz. Der 32-jährige in Coburg geborene Physiker entwickelte in den vergangenen vier Jahren als Postdoktorand am Niederländischen Institut für Weltraumforschung Software für die Auswertung von Satellitendaten. Nach dem Physik-Studium an der Universität Würzburg und der State University of New York erarbeitete er an der Université Pierre et Marie Curie in Paris sowie an der Universität Heidelberg seine Dissertation. An dem von Butz initiierten und geleiteten Projekt „RemoteC“ werden Physiker und Meteorologen zusammenarbeiten.
Die von der DFG ausgewählten internationalen Gutachter sprachen sich einstimmig für das von Butz beantragte Projekt aus und würdigten das KIT und das IMK-ASF ausdrücklich als exzellente Arbeitsumgebung für die Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe. Butz nennt das IMK-ASF als Forschungsstandort für sein Projekt „ideal“, da am KIT mehrere herausragende Institute zusammenarbeiten. Mit dem Emmy-Noether-Programm fördert die DFG herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die sich für wissenschaftliche Leitungsaufgaben qualifizieren. Junge Postdoktoranden mit Forschungserfahrung im Ausland sollen für das Forschen in Deutschland gewonnen werden.
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und staatliche Einrichtung des Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Universität als auch die Mission eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Das KIT verfolgt seine Aufgaben im Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.
Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: www.kit.edu
Das Foto steht in druckfähiger Qualität auf www.kit.edu zum Download bereit und kann angefordert werden unter: pressestelle@kit.edu oder +49 721 608-47414.
Anhang
Treibhausgasen auf der Spur
http://idw-online.de/pages/de/attachment7441
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Stress als möglicher Auslöser für Essstörungen: Gesunde Frauen für Kontrollgruppe gesucht
Dr. Josef König
Pressestelle
Ruhr-Universität Bochum
Studie an der RUB prüft die Zusammenhänge
Dem Ausbruch einer Essstörung gehen oft belastende Ereignisse voraus. Diese Tatsache und die Erkenntnis, dass Essstörungen häufig mit einer veränderten Stressreaktion einhergehen, ist Anlass für eine groß angelegte Studie zu „Veränderungen der Stressreaktivität, von Immunparametern und kognitiven Funktionen bei Frauen mit Essstörungen“, die die Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität in Kooperation mit der Christoph-Dornier Klinik für Psychotherapie in Münster und der Brandeis University in Waltham (USA) durchführt.
Die Forscher suchen dafür körperlich und psychisch gesunde Frauen zwischen 16 und 45 Jahren, vorzugweise nicht hormonell verhütend (z. B. keine Einnahme der Pille). Die Teilnahme an der Kontrollgruppe der Studie wird mit 50 Euro honoriert. Interessentinnen können eine E-Mail schreiben an Vpn_2011@gmx.de oder sich telefonisch melden unter 0234/32-29234 oder 0177/7384251.
Ursachen verstehen, Therapie verbessern
Die Ergebnisse der Studie sollen helfen, die Ursachen von Essstörungen wie Magersucht (Anorexie) und Ess-Brechsucht (Bulimie) besser zu verstehen und auf dieser Grundlage therapeutische Verfahren zu verbessern. Um für Essstörungen bedeutsame Veränderungen durch Stress zu identifizieren, vergleichen die Forscher die Daten von essgestörten Patientinnen mit Daten von gesunden Frauen. Die Teilnehmerinnen der Kontrollgruppe durchlaufen zu zwei Messzeitpunkten im Abstand von vier Wochen eine wissenschaftlich evaluierte, psychosoziale Belastungssituation, die einem Bewerbungsgespräch ähnelt.
Stresshormone im Speichel
An beiden Untersuchungstagen wird zudem mittels mehrerer Speichelproben die Konzentration von Stresshormonen im Körper der Probandinnen bestimmt. Zwischen den beiden Untersuchungstagen sammeln die Teilnehmerinnen an sechs Tagen selbst je zwei Speichelproben. Alle Speichelproben werden nach Analyse der Stresshormone vernichtet. Daneben werden computerunterstützt Veränderungen von Gedächtnisleistung und Stimmung aufgezeichnet sowie die Veränderungen bestimmter Immunwerte im Blut bestimmt. „Dazu entnehmen wir den Probandinnen an beiden Untersuchungstagen vor und nach der Belastungssituation winzige Tropfen Blut – wie beim Zuckertest“, erklärt Wiebke Buschermöhle, die als Wissenschaftlerin an der Studie beteiligt ist. Das Projekt wird durch das Rektorat der RUB im Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gefördert.
Weitere Informationen
Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Serkan Het, Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel.: 0234/32-29234, E-Mail: Serkan.Het@rub.de;
Prof. Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Oliver T. Wolf, Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, E-Mail: Oliver.t.Wolf@rub.de;
Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Silja Vocks, Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, E-Mail: Silja.Vocks@rub.de;
B. Sc. Wiebke Buschermöhle, E-Mail: Vpn_2011@gmx.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Vögel benötigen rechtes Nasenloch zur Navigation
Leonore Apitz
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Ornithologie
Brieftauben verlassen sich beim Navigieren vor allem auf ihren Geruchssinn. Sie sind in der Lage, sich Düfte der Umgebung, die der Wind in ihren Taubenschlag trägt, in der Jugend einzuprägen und sich von dieser Karte über unbekanntem Terrain leiten zu lassen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell haben gemeinsam mit Kollegen der Universitäten Pisa und Trient festgestellt, dass Vögel, deren rechtes Nasenloch blockiert ist, desorientiert sind und ihren Flug häufig unterbrechen müssen. Sie konnten nachweisen, dass die linke Gehirnhälfte, die über das rechte Nasenloch Geruchsinformationen erhält, von elementarer Bedeutung für die Orientierung der Tauben ist.
Die erstaunliche Fähigkeit von Brieftauben, zielsicher den Weg in den heimischen Taubenschlag zu finden, ist seit Jahrhunderten bekannt. Wissenschaftlern zufolge besitzen diese Vögel einen ausgeprägten Geruchssinn sowie ein gutes Erinnerungsvermögen für Düfte, mit dessen Hilfe sie sich bereits in der Jugend eine Art Duftlandkarte der Umgebung anlegen. Allerdings können Tauben offenbar nicht gleichermaßen gut über beide Nasenöffnungen Gerüche wahrnehmen. Genau wie wir Menschen riechen sie besser mit dem rechten Nasenloch.
Martin Wikelski vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell hat gemeinsam mit Anna Gagliardo von der Universität Pisa an 31 Brieftauben untersucht, welchen Einfluss es auf die Orientierung von Tauben hat, wenn die Vögel nicht mehr mit dem rechten Nasenloch riechen können. Dazu verschlossen die Forscher einer Gruppe in der Nähe von Pisa Hand-aufgezogener Tauben das linke Nasenloch, einer weiteren Gruppe das rechte. Nachdem sie auf dem Rücken der Tauben kleine GPS-Sender befestigt hatten, wurden die Vögel etwa 40 Kilometer vom Heimatort entfernt in der Nähe des toskanischen Städtchens Cigoli freigelassen.
Die Wissenschaftler beobachteten anhand der gewonnenen GPS-Daten, dass die Tauben mit einem verstopften rechten Nasenloch verschlungenere Wege flogen. Sie rasteten häufiger und verbrachten mehr Zeit damit, die Umgebung ihrer Rastplätze zu untersuchen als die Vögel, die durch das rechte Nasenloch atmen konnten. „Wir nehmen an, dass sie pausieren mussten, um zusätzliche Informationen über ihre Umgebung zu gewinnen, da sie sich nicht am Geruch orientieren konnten“, sagt Anna Gagliardo. „Dieses Verhalten bestätigt nicht nur, dass in der Wahrnehmung und Verarbeitung von Gerüchen ein Ungleichgewicht zwischen linker und rechter Seite besteht. Anscheinend spielen Gerüche, die auf das rechte Nasenloch treffen und die in der linken Gehirnhälfte verarbeitet werden, eine besondere Rolle bei der Navigation.“ Wie das Vogelhirn bestimmte Sinneswahrnehmungen verarbeitet und worin die Ursache für dieses Ungleichgewicht in der Geruchswahrnehmung liegt, wissen die Forscher dagegen noch nicht.
LA/HR
Originalveröffentlichung:
Anna Gagliardo, Caterina Filannino, Paolo Joalè, Tommaso Pecchia, Martin Wikelski, Giogio Vallortigara
„Olfactory Lateralization in homing Pigeons: a GPS Study on Birds released with Unilateral Olfactory Inputs“
Journal of Experimental Biology, 27. Januar, DOI:10.1242/jeb 049510
Kontakt:
Prof. Dr. Martin Wikelski
Max-Planck-Institut für Ornithologie
Teilinstitut Radolfzell
Tel.: +49 7732 1501 62
E-Mail: martin@orn.mpg.de
Leonore Apitz
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Ornithologie
Teilinstitut Radolfzell
Tel.: +49 7732 1501 74
E-Mail: apitz@orn.mpg.de
Weitere Informationen:
http://cms.uni-konstanz.de/wikelski/max-planck-institut-fuer-ornithologie/
http://www.orn.mpg.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Stickstoff – lebensnotwendiger Nährstoff und gefährlicher Schadstoff
Martin Ittershagen
Pressestelle
Umweltbundesamt (UBA)
UBA veröffentlicht neue Broschüre „Stickstoff – Zuviel des Guten?“
Stickstoff hat zwei Gesichter: Er ist zum einen – als Grundbaustein der Natur – ein lebensnotwendiger Nährstoff, zum anderen ein gefährlicher Schadstoff für Menschen und Ökosysteme. Hauptverursacher so genannter reaktiver Stickstoffemissionen in alle Umweltmedien ist die Landwirtschaft mit mehr als 50 Prozent. Doch auch Emissionen aus dem Verkehr, aus Industrie und Energiegewinnung sowie aus Abwässern tragen jeweils mit annähernd 15 Prozent bei.
In der neuen Broschüre „Stickstoff – Zuviel des Guten?“ stellt das Umweltbundesamt (UBA) die verschiedenen Wirkungen des Stickstoffs vor, benennt die wichtigsten Quellen und zeigt Möglichkeiten auf, schädliche Stickstofffreisetzungen zu reduzieren.
Stickstoff ist für die Landwirtschaft von entscheidender Bedeutung – seine Verfügbarkeit bestimmt die Erträge auf den Feldern. Die Verwendung stickstoffhaltiger Düngemittel ist daher in der Landwirtschaft gängige Praxis. So nützlich reaktiver Stickstoff auf den Feldern ist, so schädlich kann er sich in anderen Bereichen auswirken. Reaktive Stickstoffverbindungen gefährden die menschliche Gesundheit (Stickstoffoxide), vermindern die Qualität unseres Grundwassers (Nitrat) und verschärfen den Klimawandel (Lachgas); sie führen zur Versauerung und Überdüngung naturnaher Ökosysteme und damit zu einem Verlust an biologischer Vielfalt (Ammoniak). Zudem fördern sie auch die Zerstörung von Bauwerken.
UBA-Präsident Jochen Flasbarth sagt dazu: „Die Reduktion der Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft kommt zu langsam voran. Wir brauchen deshalb weitergehende Maßnahmen, um die damit verbundenen Umwelt- und Gesundheitsgefahren zu vermindern. Längerfristig muss es das Ziel sein, regionale Stoffkreisläufe zu schließen.“
Das Umweltbundesamt stellt die neue Broschüre „Stickstoff – Zuviel des Guten?“ in Berlin auf der Grünen Woche, der Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau, vor.
Die-UBA-Broschüre: „Stickstoff – Zuviel des Guten?“ steht auch unter http://www.uba.de/uba-info-medien/4058.html zum kostenlosen Download zur Verfügung.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
UKE-Forscher entdecken möglichen Therapieansatz bei erhöhten Blutfetten und Übergewicht
Christine Jähn
Unternehmenskommunikation
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Übergewicht und erhöhte Blutfette gehören zu den Risikofaktoren Nummer 1 für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen, die häufig zu Schlaganfällen und Herzinfarkten führen. Wissenschaftler um den Diplom-Biochemiker Alexander Bartelt und Priv.-Doz. Dr. Jörg Heeren vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) fanden jetzt heraus, wie überschüssige Kalorien von der Nahrung in das braune Fettgewebe des Körpers gelangen, dort in Energie umgewandelt und unschädlich gemacht werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in der aktuellen Online-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Medicine erschienen.
Rund 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Europa und Nordamerika sind neusten Studien zufolge übergewichtig. Weltweit wird daher nach Lösungen geforscht, diesen Menschen das Abnehmen zu erleichtern. Den ersten entscheidenden Schritt in diese Richtung bildete die Entdeckung, dass nicht nur Neugeborene, sondern auch Erwachsene braunes Fettgewebe besitzen. Seine Besonderheit: Im Gegensatz zum so genannten „weißen Fettgewebe“ speichert es nicht überschüssige Kalorien, sondern verbrennt die Energie.
In ihrer Studie konnten die Wissenschaftler um Alexander Bartelt und Dr. Jörg Heeren die Bedeutung des braunen Fettes für den Energiestoffwechsel nachweisen und dessen krankhafte Veränderungen zeigen. Zum Forschungsteam gehörten zudem Biochemiker und Radiologen des UKE, Chemiker der Institute der physikalischen Chemie der Universität Hamburg und der Technischen Universität Dresden sowie Wissenschaftler aus der Imaging-Gruppe des Heinrich-Pette-Instituts Hamburg. „Durch den Einsatz modernster Methoden der Nanotechnologie und Magnetresonanztomographie gelang es unserem interdisziplinären Team, den Prozess der Fettverarbeitung im Blut und die anschließende Aufnahme der Fette in das braune Fett zu verfolgen“, erklärt Priv. Doz. Dr. Jörg Heeren. So entschlüsselten die Forscher den molekularen Mechanismus, wie braunes Fettgewebe durch die Konfrontation mit Kälte ein ganzes Stoffwechselprogramm in Gang setzt. Dieses sorgte dafür, dass überschüssige Fette binnen Stunden aus dem Blut und dem weißen Fettgewebe gezogen und effizient im braunen Fett abgebaut wurden. „Quasi über Nacht konnten auf diese Weise stark erhöhte Blutfette gesenkt werden, dicke Mäuse wurden wesentlich dünner“, beschreibt Bartelt das Tiermodell, das den Nachweis erbrachte. Erstaunlicherweise sei dabei auch Insulinresistenz – ein Phänomen, das Typ-2-Diabetes vorausgeht – aufgehoben worden.
Die Effizienz dieser Verbrennung gibt laut Heeren Anlass zu der Annahme, dass sich das braune Fettgewebe künftig im täglichen Kampf gegen Übergewicht und erhöhte Blutfette einsetzen lässt. Sein Team erhoffe sich, dass die Aktivierung des braunen Fettes durch Kälte oder pharmakologische Ansätze auch bei Menschen eine einfache Möglichkeit darstellen könnte, die Verarbeitung von Fetten und Zucker zu beschleunigen. Überschüssige Kalorien würden auf diese Weise erst gar nicht abgelagert und schon bestehende Fettpolster abgebaut.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Biomasseverbrennung kann zur Feinstaubbelastung beitragen – Signalverbindungen für Abgase entdeckt
Tilo Arnhold
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V.
Leipzig. Das Verbrennen von Biomasse kann einen deutlichen Beitrag zur regionalen Feinstaubbelastung haben. Zu diesem Ergbniss kommt eine Studie des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (IfT).
Die Forscher hatten einen Winter lang im Auftrag des Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) Feinstaubproben aus Seiffen ausgewertet und mit Experimenten im Labor verglichen. Dabei konnten sie in der Luft des Ortes im Erzgebirge, in dem tradionell stark mit Holz geheizt wird, neben dem bekannten Levoglucosan mehrere nitroaromatische Verbindungen identifizieren, die ebenfalls die Verbrennung von Biomasse zuverläßlich signalisieren, berichten die Forscher im Fachblatt Environmental Science & Technology.
Partikel aus der Verbrennung von Biomasse stehen im Verdacht, ein gesundheitliches Risiko zu sein, weil sie toxisch, erbgutverändernd und krebsauslösend wirken können. Um gesetzliche Auflagen für die Emissionen erlassen zu können, sind jedoch detaillierte Informationen über diese chemischen Verbindungen notwendig. Zur Gefährdung der menschlichen Gesundheit kommt ein potentielles Umweltrisiko: Nitrierte Phenole gelten als giftig für Pflanzen. Die Anreicherung im Schnee über den Winter und das Einsickern in den Boden beim Abschmelzen könnte daher die Entwicklung der Vegetation im Frühjahr bremsen. In den letzten Jahren hat die Anzahl von häuslichen Kleinfeuerungsanlagen und damit auch der Holzverbrauch stark zugenommen. Seit 2004 stoßen diese über 15 Millionen Öfen und Kamine bereits mehr Feinstaub aus als der Straßenverkehr. 2010 trat daher eine neue Kleinfeuerungsverordnung in Kraft, die Emissionsgrenzwerte vorschreibt und damit Modernisierungen anregt. Durch richtige Brennstoffe, sachgerechten Betrieb und das Nachrüsten von Filtern können auch Besitzer älteren Anlagen die Feinstaubemissionen deutlich senken.
Die Verbrennung von Biomasse – egal ob durch natürliche Waldbrände oder vom Menschen verursacht – erzeugt eine große Menge an Gasen und Partikeln. Mehrere Hundert chemische Verbindungen wurden dabei bisher beobachtet. Da Holzheizungen als CO2-neutral gelten und eine kostengünstige Alternative zu anderen Brennstoffen sein können, wird mit einer weiteren Zunahme gerechnet. Um mehr über die Zusammensetzung der Abluft zu erfahren, sammelten die Wissenschaftler von Oktober 2007 bis März 2008 täglich Luftproben aus einem Wohngebiet in Seiffen, in dem vorallem mit Holz geheizt wird. Der für seine Handwerkskunst bekannte Ort liegt in einem Tal des Erzgebirges unweit der Grenze zu Tschechien. Neben Ferntransport aus dem Industriegebiet Litvinov in Nordwest-Böhmen und Abgasen des Straßenverkehrs tragen vorallem die Heizungen im Winter zur Emissionsbelastung bei. „Dass die Holzverbrennung zu organischen Aerosolpartikeln führt und damit Einfluss auf die Wolkenbildung hat, ist schon lange bekannt. Es gibt aber bisher nur wenige Studien, die die indirekten Auswirkungen auf die chemischen Reaktionen in der Luft beleuchten“, erklärt Prof. Hartmut Herrmann vom IfT. Das so geannte zweite organische Aerosol (SOA) entsteht bei der Oxidation von leicht flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) aus der Biomasseverbrennung.
Durch die Untersuchungen konnten die Wissenschaftler nun zeigen, dass dabei auch nitrierte aromatische Verbindungen (C7H7NO4) eine Rolle spielen. „Diese verschiedenen Methyl-Nitrokatechol-Verbindungen wurden als partikuläre Bestandteile der Emissionen aus der Holzverbrennung detektiert und können in Zukunft als Tracer genutzt werden“, sagt Dr. Yoshiteru Iinuma. Der japanische Wissenschaftler arbeitet seit neunJahren in der Abteilung Chemie des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung. So gennante Tracerverbindungen helfen den Chemikern dabei, den Ursprung der Stoffe zu bestimmen. Bisher wurde Levoglocosan als Indikator für Biomasseverbrennung genutzt. Es entsteht bei der Verbrennung von Zellulose. Durch die neu bestimmten chemischen Verbindungen wird es in Zukunft möglich sein, die Spuren von Verbrennungsprodukten aus Biomasse in der Luft noch besser zu verfolgen.
Tilo Arnhold
Weitere Infos:
Dr. Yoshiteru Iinuma/ Prof. Hartmut Herrmann
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT)
Tel. 0341-235-2535, -2446
http://www.tropos.de/ift_personal.html
Publikation:
Yoshiteru Iinuma, Olaf Böge, Ricarda Gräfe and Hartmut Hermann (2010): Methyl-Nitrocatechols: Atmospheric Tracer Compounds for Biomass Burning Secondary Organic Aerosols. Environ. Sci. Technol. 2010, 44, 8453-8459
http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/es102938a
Die Untersuchung wurde vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie/ LfULG („Einfluss kleiner Holzfeuerungen auf die Immissionssituation“) gefördert.
Links:
LfULG-Abschlussbericht: „Forschungs- und Entwicklungsvorhaben: Einfluss kleiner Holzfeuerungen auf die Immissionssituation“
http://www.forsten.sachsen.de/umwelt/download/luft/Holzfeuerung.pdf
Aerosolkammerexperimente:
http://www.tropos.de/chemie/laborexp/chemie_lab_up2.html
Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Ihr gehören zurzeit 87 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie zwei assoziierte Mitglieder an. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesamtgesellschaftlich relevante Fragestellungen strategisch und themenorientiert. Dabei bedienen sie sich verschiedener Forschungstypen wie Grundlagen-, Groß- und anwendungsorientierter Forschung. Sie legen neben der Forschung großen Wert auf wissenschaftliche Dienstleistungen sowie Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Sie pflegen intensive Kooperationen mit Hochschulen, Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Das externe Begutachtungsverfahren der Leibniz-Gemeinschaft setzt Maßstäbe. Jedes Leibniz-Institut hat eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 16.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 7.100 Wissenschaftler, davon wiederum 2.800 Nachwuchswissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,3 Mrd. Euro, die Drittmittel betragen etwa 280 Mio. Euro pro Jahr.
http://www.leibniz-gemeinschaft.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Schluss mit teuren Werkstattrechnungen
Frank Schmälzle
Pressestelle
Universität Bayreuth
Dieses Projekt wird Autofahrern bares Geld sparen. Es wird Wertschöpfung für Handwerksbetriebe generieren und Komponentenherstellern neue Märkte eröffnen. Gemeinsam gaben Vertreter des Bayerischen Wirtschaftsministeriums, der Regierung von Oberfranken, der Handwerkskammer für Oberfranken sowie der Fraunhofer Projektgruppe Prozessinnovation und des Lehrstuhls für Umweltgerechte Produktionstechnik der Universität Bayreuth jetzt den Startschuss für die Initiative Kfz-Service-Engineering 2020.
Darum geht es in dem Vorhaben, das die Zusammenarbeit von Handwerk und Universität/Fraunhofer auf eine neue Qualitätsstufe hebt: Auch nach der Abwrackprämie sind beileibe nicht nur neue Autos unterwegs. Tatsächlich rollen die meisten der 40 Millionen zugelassenen Autos bereits zwischen drei und acht Jahre lang über Deutschlands Straßen. Exakt diese Autos und natürlich deren Fahrer haben die Projektinitiatoren im Blick. Mit steigender Kilometerzahl werden Autos anfälliger, ärgern sich die Besitzer über teuere Werkstattrechnungen. Denn viel zu oft, so die übereinstimmende Meinung der Initiatoren von Kfz-Service-Engineering 2020, werden komplette Fahrzeugkomponenten ausgetauscht, statt nur das tatsächlich kaputte Teil zu ersetzen oder zu reparieren.
In der Konstruktion, in der Produktion und seit geraumer Zeit auch im Recycling stehen deutsche Ingenieure an der Weltspitze. „Das große Thema der effizienten Nutzung, des Service Engnieering und des Reparierens hat aber noch niemand richtig auf dem Schirm“, sagt Professor Dr.-Ing. Rolf Steinhilper, Inhaber des Lehrstuhls für Umweltgerechte Produktionstechnik an der Universität Bayreuth und zugleich Leiter der Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation. „Dass es an der Zeit ist, sich damit zu befassen, steht außer Frage. Denn Reparieren wird zu einem riesigen Markt.“
Ein Markt, der für alle Beteiligten Potenzial bietet. Bei der Hand-werkskammer, an der Universität Bayreuth und bei der Fraunhofer-Projektgruppe haben Fachleute Rechnungen aus Kfz-Werkstätten genau analysiert. Ihre zentralen Ergebnisse: Werden bei Reparaturen komplette Baugruppen ausgetauscht, machen die Kosten für das Ersatzteil in der Regel einen deutlich größeren Betrag als der Lohn des Mechanikers für Fehlerdiagnose und Austausch aus. Ersetzt der Mechaniker allerdings nur einzelne Bauteile, steigt der Lohnanteil und sinken die Kosten für Ersatzteile. Grund hierfür: Der Austausch einzelner Bauteile ist im Vergleich zum Austausch ganzer Komponenten für den Autofahrer in der Mehrzahl aller Fälle deutlich billiger.
Neben der erfreulichen Tatsache, dass Autofahrer damit Geld sparen und Reparaturen nicht mehr auf die lange Bank schieben müssen, sieht Professor Steinhilper in dem Projekt eine ganze Reihe weiterer positiver Effekte: Das Handwerk profitiert von steigender Wertschöpfung, weil in den Werkstätten mehr repariert, gearbeitet und damit mehr Lohn abgerechnet wird. Für die Zulieferer von Autoteilen und -komponenten, die sich nicht selten in starker Abhängigkeit von den Automobilherstellern befinden, eröffnen sich zusätzliche Absatzmöglichkeiten mit neuen Margen – wenn sie denn bereit sind, künftig ein mögliches Reparieren ihres Teiles schon bei der Produktion zu bedenken. Und: Das Reparieren oder der Einbau aufgearbeiteter Teile schont Ressourcen. Verstärktes Recycling und Remanufacturing haben einen volkswirtschaftlichen Nutzen.
Bis Ende August, so lange läuft die erste Projektphase, haben die Fachleute der Universität Bayreuth, der Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation und der Handwerkskammer nunmehr Zeit, ihr Vorhaben zu konkretisieren. „Wir erstellen jetzt eine Bedarfsanalyse für Serviceprozesse in den Kfz-Werkstätten und bei den Komponentenherstellern“, so der stellvertretende Hauptgeschäfts-führer der Handwerkskammer für Oberfranken, Thomas Koller. „Denn wir wollen wissen, welche Servicefälle am häufigsten auftreten, diese lösen und damit den größten Nutzen generieren.“ Gefragt werden aktuell nicht nur die 1200 Handwerksbetriebe in Oberfranken, die mit Autos zu tun haben. Auch die Pannenstatistik des ADAC und die Erkenntnisse der Schiedsstelle der Kraftfahrzeug-Innung werden in die Analyse einbezogen. Und: Über die Medien sollen auch die wirklichen Experten gehört werden – Autofahrer, die die Schwachstellen ihres Fahrzeuges sehr genau kennen. Ein Businessplan für die folgenden Phasen des insgesamt auf vier Jahre ausgelegten Projekts steht ebenfalls auf der Agenda der kommenden Wochen. Die Projektleitung von Seiten der Universität Bayreuth und der Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation übernimmt Dr.-Ing. Stefan Freiberger.
Läuft „Kfz-Service-Engineering 2020″ gut an, und davon gehen alle Beteiligten aus, wird Infrastruktur nötig sein. Zu den angedachten Investitionen gehört der Neubau eines Projektgebäudes unmittelbar angrenzend an die Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften auf dem Campus der Universität Bayreuth. Wissen und technisches Know-how, das dort entsteht, wird auf konventionellen und innovativen elektronischen Wegen sowohl in der Hochschule als auch im Aus- und Weiterbildungssystem der Handwerkskammer weiter verbreitet. In einem zusätzlichen Schritt werden Serviceprozesse neu gestaltet und modularisiert, werden Konzepte zur Produktmodernisierung umgesetzt. Und am Ende geht es mit der Planung neuer Formen des Kfz-Services um die Sicherstellung der Ersatzteilversorgung. Im Sommer wird das Bayerische Wirtschaftsministerium, das das Vorhaben fördert und sich auch auf die Expertise eines wissenschaftlichen Beirats stützt, über das Projekt mit einem Volumen von knapp vier Millionen Euro und Perspektive, mittelfristig eigenständig zu werden, entscheiden.
Wie man eine Initiative auf eine gesunde wirtschaftliche Basis stellt und in die Eigenständigkeit führt, das haben Professor Steinhilper und sein Team zuletzt mit der Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation eindrucksvoll demonstriert. Die 2006 als Prozessinnovationszentrum gestartete Projektgruppe ist inzwischen eigenwirtschaftlich, ihr Gesamtumsatz summierte sich auf über zwei Millionen Euro. Allein für das laufende Jahr peilt die Projektgruppe, die Unternehmen berät oder deren Abläufe optimiert, einen Industrieumsatz von einer Million Euro an. 680.000 Euro davon hat sie bereits in den Büchern – das ist so viel wie der Industrieumsatz des vorangegangenen Jahres. „Unser größtes Problem ist nicht die Finanzierung“, so Dr. Freiberger. Viel anspruchsvoller sei es, hervorragende Ingenieure zu gewinnen. Fraunhofer und der Lehrstuhl sollen weiter wachsen, wenngleich nicht mehr im Tempo der vergangenen Jahre: 80 Mitarbeiter erscheinen in 2015 realistisch und 200 im Jahr 2020 sind nicht ausgeschlossen.
In 66 Fällen haben die Bayreuther Prozessexperten Industrieunternehmen seit Gründung der Projektgruppe beraten, über 70 Prozent von ihnen sitzen in Nordbayern. Nach einem Rückgang der Beratungsaufträge im Bereich der Fabrik-, Layout- und Materialflussplanung während der jüngsten Wirtschaftskrise, zieht gerade dieser Bereich wieder deutlich an. Wie es weiter gehen soll mit dieser äußerst erfolgreichen Projektgruppe, hat Professor Steinhilper bereits bedacht: Neben anderem sollen Refabrikation und Service-Engineering, wie sie aktuell mit dem Kraftfahrzeug-Projekt vorangetrieben wird, ein inhaltlicher Stützpfeiler werden. Und ohne ein neues Gebäude wird es wohl nicht gehen, schon jetzt mangelt es der Projektgruppe an Raum.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Reichliches Trinken kann zu Jodverlusten führen
Frank Luerweg
Abteilung Presse und Kommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Wer viel trinkt, sollte seine Jodversorgung im Auge behalten. Zu dieser Empfehlung kommen Wissenschaftler der Universität Bonn anlässlich einer aktuellen Studie. Darin haben die Forscher festgestellt, dass reichliches Trinken zu Jodverlusten führen kann. Diese Verluste solle man durch jodreiche Kost, also etwa Seefisch oder Milchprodukte, sowie durch die Verwendung von Jodsalz ausgleichen. Keinesfalls solle man jedoch auf eine reichliche Flüssigkeitszufuhr – Experten empfehlen zwei Liter pro Tag – verzichten, denn die sei für die Gesundheit äußerst wichtig. Die Publikation ist in der Zeitschrift Thyroid erschienen (doi: 10.1089/thy.2010.0161).
Die Wissenschaftler des Forschungsinstituts für Kinderernährung – einer der Uni Bonn angegliederten Einrichtung – haben untersucht, wie sich die Trinkmenge auf den Jodhaushalt auswirkt. Dazu haben sie unter anderem einer Gruppe von Testpersonen einen strikten Diätplan verpasst. So war sicher gestellt, dass die Jodzufuhr bei allen Teilnehmern identisch war. Zudem durften sie nur jodarme Getränke zu sich nehmen. Ergebnis: Je mehr die Testpersonen tranken, desto mehr Jod schieden sie über den Harn aus.
„Die Verluste sind zwar nicht groß; der durchschnittliche Jodgehalt der Getränke selbst reicht aber üblicherweise nicht, um sie auszugleichen“, betont Studienleiter Professor Dr. Thomas Remer. Da Deutschland abgesehen von den Küstengebieten ohnehin Jodmangelregion sei, solle man dieses Ergebnis nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Kinder und Erwachsene, die bewusst richtig – also reichlich – trinken, sollten daher ebenso bewusst auf eine jodreiche Ernährung achten.“
Hierzu gehören neben Seefisch auch Milch und Milchprodukte sowie alle Lebensmittel, die gezielt mit Jodsalz hergestellt werden. Dazu zählen inzwischen auch viele Fertigprodukte wie Brot, Wurstwaren, Käse, Suppen oder Pizzen. „Wer beim Einkauf zu derartigen Produkten greift, tut nicht nur etwas für seine Schilddrüse“, sagt Remer. „Jod ist insgesamt wichtig für einen ausgeglichenen Hormonhaushalt sowie für Wachstum und eine gesunde Entwicklung des Gehirns.“
„Viel Trinken ist gesund!“
Der FKE-Experte betont zugleich, wie wichtig eine reichliche Flüssigkeitszufuhr für die Gesundheit sei, insbesondere von kalorienarmen Getränken. „Viel trinken ist gesund. Es entlastet die Niere und erleichtert die Ausscheidung von nicht mehr benötigten Stoffwechselprodukten.“
Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Remer
Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund
Institut an der Universität Bonn
Telefon: 0231/7922-1043 oder -1047
E-Mail: remer@fke-do.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Abwasseraufbereitung in Handwerksdörfern in Vietnam
Kim-Astrid Magister
Pressestelle
Technische Universität Dresden
In Vietnam haben Handwerksdörfer eine lange Tradition, die darauf zurückgeht, dass in den Zeiten zwischen den Reisernten in den Dörfern handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt wurden, um diese dann auf regionalen Märkten zum Kauf anzubieten. Zu den Produkten zählten Nahrungsmittel wie Nudeln oder Tofu, aber auch Kunsthandwerk, wie Seide oder Töpfereiprodukte.
Seit Einführung der Erneuerungspolitik „Doi Moi“ im Jahre 1986 kann in Vietnam ein stabiles Wirtschaftswachstum und damit eine zunehmende Industrialisierung verzeichnet werden. Viele der ehemals traditionell arbeitenden Handwerksdörfer passten ihre Produktion den neuen Bedürfnissen an und wandelten sich zu regelrechten kleinen Industriezonen in denen jedoch jede Art von Umwelt- und Arbeitsschutz eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Die Gründe hierfür sind zum Teil in der mangelhaften Ausbildung der Betriebsverantwortlichen und Mitarbeiter zu suchen, aber auch in den unzureichenden verwendeten Technologien, als auch in den fehlenden rechtlichen Vorgaben.
Die Probleme, die mit der Produktion in den Handwerksdörfern einhergehen, sind seit geraumer Zeit in das Visier der vietnamesischen Öffentlichkeit und Regierung geraten und es wird zunehmend nach angepassten Lösungen gesucht. Das Institut für Abfallwirtschaft und Altlasten der TU Dresden arbeitet seit 2003 eng mit vietnamesischen Forschungseinrichtungen und Umweltbehörden zusammen. Diese bildet die Grundlage für das binationale vom BMBF geförderte Verbundvorhaben mit dem Titel: INHAND – Integriertes Wasserwirtschaftskonzept für Handwerksdörfer am Beispiel eines Dorfes in Vietnam, das im Januar 2011 angelaufen ist. Bei dem Dorf handelt es sich um ein reis- und maniokverarbeitendes Dorf, dessen Abwässer unbehandelt in die umliegenden Reisfelder fließen. Das in der Gegend natürlich vorkommende und im Sediment gebundene Arsen (V) wird dadurch gelöst und als Arsen (III) freigesetzt, welches für Mensch und Tier giftig ist – das oberflächennahe Grundwasser wird so stark verunreinigt. Die anfallenden organischen Abfälle bilden ein weiteres Problem, für das nach Lösungen gesucht wird.
Die Basis des Vorhabens bildet die Entwicklung einer dreistufigen Pilotanlage. Zur Abwasserbehandlung ist eine aerobe Durchflussanlage vorgesehen, die organischen Abfälle werden einer Biogasanlage zugeführt und so energetisch genutzt. Die Gärreste sollen in einer Niederenergiegärresteaufbereitungsanlage behandelt werden. Großen Wert wird zudem auf die Aus- und Weiterbildung von Technikern und Betriebsverantwortlichen gelegt. Hierzu werden während der gesamten Projektlaufzeit von dreieinhalb Jahren Trainingsmodule durchgeführt.
Die TU ist Koordinator des Verbundvorhabens, übernimmt aber Forschungsaufgaben im Bereich der Wasser- und Landnutzung und der Überwachung des Grundwassers. Das Institut für Siedlungswasserwirtschaft der Leibniz-Universität Hannover erarbeitet das Stoff- und Energiestrom-Management, die Berliner Firmen Herbst Umwelttechnik GmbH und VIS International GmbH entwickeln die Anlage.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Neues Verfahren verringert Arsen im Grundwasser
Jessica Lumme
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz Universität Hannover
Forscherteam vom Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und landwirtschaftlichen Wasserbau entwickelt umweltfreundliche Methode
Arsenbelastung ist eine wachsende Bedrohung für die weltweiten Wasserressourcen. Betroffen sind Millionen von Menschen, vor allem in Teilen von Bangladesch, Ost-Indien, Vietnam, Mexiko, Argentinien und Chile. Auch in den USA und in Mitteleuropa sind an unterschiedlichen Orten immer weiter steigende Konzentrationswerte zu finden. Durch Menschen verursachte Arsenbelastungen entstehen beispielsweise durch Bergbau, in der modernen Landwirtschaft durch den Einsatz von Pestiziden, sowie in der militärischen Produktion.
Das Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und landwirtschaftlichen Wasserbau (WAWI) an der Leibniz Universität hat ein neues Verfahren entwickelt, mit dem die Konzentration von Arsen im Grundwasser verringert werden soll. Im Auftrag des Staatlichen Baumanagements Lüneburger Heide und mit Unterstützung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe forschten Prof. Max Billib und sein Team vom WAWI auf dem Gelände eines ehemaligen Militärstandorts in Norddeutschland. Dort gibt es eine sehr hohe Arsenkonzentration: Durch militärische Produktionsanlagen wurden Boden und Wasser während der beiden Weltkriege hochgradig kontaminiert.
Die Wissenschaftler errichteten eine Pilotanlage, die die unterirdische Aufbereitung von arsenhaltigem Grundwasser gewährleistet. Dazu bohrten sie zwei Brunnen, durch die das Grundwasser sowohl gefördert als auch infiltriert werden kann. Das Wasser wird hochgepumpt, Eisenchlorid zugesetzt, und über den zweiten Brunnen wieder nach unten befördert. Das Gleiche passiert bei der Zugabe von Sauerstoff.
Die Methode: Durch Zugabe von Sauerstoff oxidiert das Eisen und fällt im Grundwasserleiter aus, wird also fest. In diesem Fällungsprozess bindet sich Arsen an die schwammartigen Eisenverbindungen und lagert sich an deren Oberfläche an. Die Eisenverbindungen altern und entwässern. Dadurch wird das angelagerte Arsen in einen kristallinen, schwer lösbaren Zustand überführt. Mit diesem Verfahren wird der Arsengehalt im Grundwasser verringert. Laborversuche zur Optimierung der Abläufe ergänzten die Feldforschung.
Die bisher bekannte Reinigungstechnologie mit Filteranlagen verursacht hohe Betriebskosten und kontaminierte Filter, die mehrmals im Jahr ausgetauscht und als Sondermüll entsorgt werden müssen. Im Fall des norddeutschen Militärgeländes kommen so pro Jahr etwa 600.000 Euro an Kosten zusammen – und das bei einem fast 20 Jahre laufenden Einsatz. Das von den Forschern am WAWI entwickelte und erprobte Verfahren erzeugt keinen Restmüll, ist kostengünstiger und unterstützt die bereits bestehenden Filteranlagen.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Bismarcks Rentensystem bleibt ein Erfolgsmodell
Stephan Laudien
Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Jurist von der Universität Jena gibt neues Handbuch zur gesetzlichen Rentenversicherung mit heraus
„Die Rente ist sicher“, sagte einst Arbeitsminister Norbert Blüm. Im Prinzip, allerdings auch nur im Prinzip, habe er damit Recht gehabt, sagt Prof. Dr. Dr. h. c. Eberhard Eichenhofer von der Universität Jena. Denn es müsse an die Aussage ein „aber“ angehängt werden. Der demografische Wandel verändert die Rentenversicherung und verlangt nach Antworten. Die Politik habe diese aber in den vergangenen Jahren gegeben: „Im Verlauf nur einer Generation wurde das Sicherungsniveau von gut 70 auf 43 Prozent abgesenkt“, sagt Sozialrechtsexperte Eichenhofer. Das abgesenkte Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente erforderte eine weitere wichtige Änderung: Die Rente wird nicht mehr nur anteilig von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen, sondern weist eine Mehr-Säulen-Struktur auf. „Die gesetzliche Rente wird ergänzt durch betriebliche und private Vorsorge. Die beiden letztgenannten Zweige sind vom Arbeitnehmer allein zu tragen; er erhält dafür steuerliche und sonstige staatliche Unterstützung“, sagt Eichenhofer.
Gemeinsam mit dem deutschen „Rentenpapst“, Prof. Dr. Winfried Schmähl von der Universität Bremen, und Dr. Herbert Rische, dem Präsidenten der Deutschen Rentenversicherung Bund (Berlin), hat Eberhard Eichenhofer das „Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI“ herausgegeben. Es wird heute (27.1.) offiziell in Berlin präsentiert.
Das voluminöse Werk bietet einen fundierten Überblick über die Geschichte, den aktuellen Stand und die zukünftigen Herausforderungen des deutschen Rentensystems. Spannend sind beispielsweise die Fragen, die sich durch den europäischen Einigungsprozess ergeben. Hat jemand in mehreren Ländern gearbeitet, so erwirbt er in all diesen Ländern eine Rentenanwartschaft. Es obliegt nun den nationalen Rententrägern, die Ansprüche zu gewährleisten. „In diesen Fällen gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz“, sagt Eberhard Eichenhofer. Der Rentenexperte von der Universität Jena gibt dabei den Rentenanstalten der europäischen Länder gute Noten: Die Zusammenarbeit auf Behördenebene klappe hervorragend.
Beim Blick in die Zukunft des deutschen Rentensystems ist Eichenhofer nicht bange. Das System stehe zwar vor Herausforderungen wie dem Modernisierungsprozess in der Sozialgesetzgebung, der verlängerten Lebensarbeitszeit und Anpassungszwängen beim Zusammenspiel von Steuer- und Rentenrecht. Doch habe sich das einst von Kanzler Bismarck installierte Rentensystem noch immer als äußerst flexibel erwiesen. „Das deutsche Rentensystem war und ist Vorbild für viele andere Staaten – und das weltweit“, bilanziert Eichenhofer. So gelte das Credo Blüms von den sicheren Renten weiterhin, freilich ist das Rentenrecht der Zukunft um viele neue Facetten erweitert worden.
Bibliographische Angaben:
Eberhard Eichenhofer, Herbert Rische, Winfried Schmähl (Hg.): „Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI“, Verlag Luchterhand, Köln 2011, 1215 Seiten, Preis: 68 Euro, ISBN 978-3-472-07834-0
Kontakt:
Prof. Dr. Dr. h. c. Eberhard Eichenhofer
Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Carl-Zeiß-Straße 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 942150
E-Mail: ee@recht.uni-jena.de
Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Hormone im Acker: Östrogene aus der Pille sind abbauresistent
Dr. Josef König
Pressestelle
Ruhr-Universität Bochum
Ruth-Massenberg-Preis für RUB-Geographin
In den letzten Jahren beobachteten Forscher zunehmend Missbildungen an Fortpflanzungsorganen von Wasserlebewesen wie Fischen. Als Verursacher unter Verdacht gerieten Hormone, die in Dung, Mist, Klärschlamm und Gülle auf Äcker und von dort aus ins Grundwasser gelangen. Ihren Transport und Abbau im Boden hat Dr. Britta Stumpe (Geographisches Institut der RUB) untersucht und festgestellt: Besonders Östrogene sind hartnäckig und werden nicht abgebaut. Für ihre Dissertation (Betreuer: Prof. Dr. Bernd Marschner) wurde sie beim Semesterkonzert der RUB mit dem Ruth-Massenberg-Preis ausgezeichnet.
Mit dem Dünger aufs Feld
Die hohe Konzentration an hormonell wirksamen Substanzen in der Umwelt könnte dafür verantwortlich sein, dass bei Fischen und anderen Wassertieren Missbildungen an den Fortpflanzungsorganen auftreten, die zu sinkender Fruchtbarkeit führen. Ausbreitung, Konzentrationen, Zusammensetzung und Verhalten von Hormonen in der Umwelt haben daher immer mehr Aufmerksamkeit gewonnen. Hormone erreichen beispielsweise über tierische Exkremente landwirtschaftliche Felder und damit den Boden, d.h. die Umwelt. „Das übergeordnete Ziel meiner Arbeit war daher, das Verhalten sowohl natürlicher als auch synthetischer Sexualhormone – Östrogene und Testosteron – im System Boden zu untersuchen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob Ackerböden eine bedeutende Rolle beim Transport und Verbleib der Hormone in der Umwelt spielen“, erklärt Dr. Stumpe.
Versuche im Isotopenlabor
Für ihre Arbeit „Mineralization and sorption of the steroid hormones 17b-estradiol, estrone, 17a-ethinylestradiol and testosterone in natural and organic waste amended agricultural soils“ analysierte sie in Laborversuchen im Zentralen Isotopenlabor der RUB das Abbau-, Sorptions und Transportverhalten verschiedener hormoneller Verbindungen in 18 verschiedenen, mit organischen Düngemitteln versetzten Ackerböden. „Es hat sich gezeigt, dass das männliche Sexualhormon Testosteron im Boden schnell Abbauprozessen unterliegt, während die Östrogene als weibliche Sexualhormone stabile Verbindungen im Boden darstellen“, fasst sie ihre Ergebnisse zusammen. Insbesondere das synthetische Östrogen Ethinylöstradiol, der Hauptbestandteil der Antibabypille, hat sich als besonders abbauresistent erwiesen. Zudem haben die Laborversuche gezeigt, dass insbesondere die Östrogene sich im Boden vertikal verlagern, d.h. in die Tiefe eindringen können. „Dadurch sind sie eine Gefahren für Grund- und Oberflächengewässer und sollten in ökologischen Risikoanalysen Beachtung finden“, folgert die Geographin.
Weitere Informationen
Dr. Britta Stumpe, Geographisches Institut der RUB, Bodenkunde/Bodenökologie, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-28598, E-Mail: britta.stumpe@rub.de, Internet: http://www.geographie.ruhr-uni-bochum.de/
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Malaria: Neue Impfstrategie
Marie de Chalup
Wissenschaftliche Abteilung
Wissenschaftliche Abteilung, Französische Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland
Forschern von zwei französischen Laboratorien in Lille (Nord-Pas-de-Calais) ist es gelungen, Mäuse vor Malaria zu schützen, indem sie ihnen Stärke aus Grünalgen ins Fressen mischten. Diese Forschungsergebnisse ebnen den Weg für eine einfache und sichere Impfung von Kindern in Risikoländern. Sie wurden am 15. Dezember 2010 in der renommierten Fachzeitschrift PloS One veröffentlicht [1].
Bislang konnte noch kein wirksamer Impfstoff gegen Malaria entwickelt werden. Nach Angaben der WHO sind weltweit 300 bis 500 Millionen Menschen an Malaria erkrankt, und mehr als eine Million sterben jährlich daran, vor allem Kleinkinder. Hinzu kommt, dass immer mehr Moskitos insektizidresistent und mehr und mehr Parasiten behandlungsresistent sind. Die Vorbeugung, z.B. durch Impfung, scheint demzufolge die beste Lösung zu sein. 80 Prozent der Opfer des für die Erkrankung verantwortlichen Parasiten Plasmodium leben in Afrika. Neben dem Wirkstoff selbst wollen die Forscher eine Arzneiform finden, die von der Bevölkerung akzeptiert wird und in diesem Gebiet einfach zu handhaben ist. Die Verabreichung über Nasenspray oder oral scheint deshalb die beste Methode zu sein, da keine Impfung mehr nötig wäre, durch die das Risiko einer Aids-Infektion erhöht wird.
Die Teams von Stanislas Tomavo des Zentrums für Infektionsforschung und Immunität in Lille (CNRS/Inserm/Pasteur Institut in Lille/Universität Lille 1 und 2) und von Steven Ball der Abteilung für strukturelle und funktionelle Glykobiologie (CNRS/Universität Lille 1) haben Antigene genutzt, die sich bereits bei „klassischen“ Impfungen als wirksam erwiesen haben. Sie haben diese Antigene mit einem Enzym (GBSS) eines Stärkekorns einer Grünalge – Chlamydomonas reinhardtii – fusioniert. Das GBSS kommt nur im Kern des Stärkekorns vor und agiert dadurch geschützt vor der Zersetzung durch andere Verdauungsenzyme. Somit sind die Antigene ebenfalls geschützt und können ungehindert ins Blut gelangen und vom Antikörper erkannt werden. Die Forscher haben mehrere Plasmodium-Antigene in Stärkekörnern hergestellt und sie an Mäuse verfüttert. Diese wurden anschließend mit dem Parasiten infiziert. Die Mäuse zeigten sich nach der Behandlung resistent gegen den Erreger.
Stärkekörner sind sehr einfach und kostengünstig zu produzieren und zu reinigen und sind auch ohne bestimmte Vorsichtsmaßnahmen lange haltbar. Sie sind bei der Verdauung leicht vom Körper abzubauen. Die Stärke essbarer Pflanzen könnte auf die gleiche Weise umgewandelt werden und wäre für Kinder unter 3 Jahren, bei denen die malariabedingte Sterblichkeit am höchsten ist, am besten geeignet. Die Forscher untersuchen zu diesem Zweck unterschiedliche Pflanzen, wie z.B. eine Alge, die in Afrika bereits als Nahrungsergänzung Anwendung findet, aber auch Mais oder Kartoffeln. Diese neue Strategie wäre sowohl ernährungstechnisch, als auch medizinisch von Vorteil.
Auf die Schluckimpfung wurde bereits ein Patent angemeldet. Die Forscher müssen jetzt die Effizienz verschiedener Plasmodium-Antigene testen, die Anwendbarkeit dieser Verabreichungsform auf den Menschen untersuchen und das Fehlen von Nebenwirkungen überprüfen.
Kontakt:
– Stanislas Tomavo – CNRS – 1, rue Laurent Fries, 67404 Illkirch – Tel: +33 3 59 31 74 29 – E-Mail: Stan.Tomavo@pasteur-lille.fr – http://www.igbmc.fr/recherche/Prog_TMN/Eq_JLapo/index.html
Quellen:
– [1] Originalpublikation: „Engineering the Chloroplast Targeted Malarial Vaccine Antigens in Chlamydomonas Starch Granules“, PloS One – 15.12.2010 http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0015424
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
CeBIT 2011: Verwaltung in der Wolke
Das Rechnen in der Wolke, Cloud Computing genannt, ist nicht nur für Unternehmen interessant. Auch die öffentliche Hand profitiert von der Technologie. Fraunhofer-Institute entwickeln Lösungen, um solche Systeme effizient aufzubauen und Sicherheitskonzepte umzusetzen. Diese stellen die Forscher auf der CeBIT vom 1. März bis 5. März (Halle 9, B36) in Hannover vor.
Cloud Computing ist verführerisch für IT-Verantwortliche: Firmen und Organisationen müssen Server und Softwarelösungen nicht selbst anschaffen, sondern mieten die nötigen Kapazitäten für Daten, Rechenleistung und Anwendungen bei professionellen Anbietern. Bezahlt wird nur, was man nutzt. In Deutschland setzen vor allem Unternehmen auf Cloud Computing und verlagern ihre Daten, Anwendungen und Netze auf die Server-Farmen von Amazon, Google, IBM, Microsoft oder anderen IT-Dienstleistern. Cloud Computing hat sich innerhalb weniger Jahre zu einem Milliarden-Markt mit einer hohen standortpolitischen Bedeutung für die deutsche Wirtschaft entwickelt.
Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS in Berlin haben im Herbst 2010 gemeinsam mit ihren Kollegen von der Hertie School of Governance die Studie »Kooperatives eGovernment – Cloud Computing für die Öffentliche Verwaltung« erstellt, die von ISPRAT, dem Förderverein für Forschung in der Verwaltung, beauftragt wurde. Die Studie beschäftigt sich mit Sicherheitsaspekten, identifiziert Risiken und beschreibt anhand verschiedener Szenarien, welchen Nutzen und Vorteile die neue Technik für die öffentlichen Verwaltungen bietet – insbesondere unter den förderalen Bedingungen in Deutschland.
»Gerade in der öffentlichen Verwaltung gibt es erhebliche Bedenken gegenüber Cloud Computing. Zum einen, weil prinzipiell eine Schutzpflicht für personenbezogene Daten besteht, die ihnen die Bürger anvertrauen. Behörden schrecken davor zurück Prozesse auszulagern. Einerseits aus Angst vor Verlust von Know-how, andererseits müssen aus rechtlichen Gründen die Kernaufgaben in der Verwaltung bleiben«, fasst Studien-Mitautorin Linda Strick vom FOKUS den Status quo zusammen.
Die Studie zeigt, dass Cloud-spezifische Sicherheitsrisiken existieren, jedoch durchaus zu verstehen und analysieren sind. »Es besteht sogar die begründete Annahme, dass Cloud-basierte Systeme tatsächlich höheren Sicherheitsstandards genügen können als klassische Lösungen«, erklärt Strick. Um Behörden bei der Einführung der neuen Technik zu unterstützen, erarbeiten FOKUS-Forscher im eGovernment-Labor Anwendungsszenarien für einen medienbruchfreien, also interoperablen Einsatz von Cloud-Computing Technologien.
Ein Cockpit für die Sicherheit
Damit Unternehmen und öffentliche Verwaltungen praktische Erfahrungen mit der Wolke machen und Sicherheitskonzepte testen können, haben Experten des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie SIT in München ein Cloud-Computing-Testlabor aufgebaut. Dort entwickeln und untersuchen sie Sicherheitskonzepte und -technologien für Cloud-Computing-Anbieter und erarbeiten Strategien, wie sich Cloud-Dienste in bestehende IT-Infrastrukturen sicher integrieren lassen.
»In unserem Testlabor können Funktions-, Zuverlässigkeits- und Interoperabilitätstests sowie einzelne Sicherheitsanalysen und Penetrationstests durchgeführt und alle Entwicklungsphasen betrachtet werden, vom Entwurf einzelner Dienste über Prototypen bis hin zum Test einsatzfähiger Gesamtsysteme«, sagt Angelika Ruppel vom SIT in München.
Gemeinsam mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BSI hat ihre Abteilung Mindestanforderungen für Anbieter erarbeitet und ein Cloud-Cockpit entwickelt. Mit der Lösung können Unternehmen ihre Daten sicher zwischen verschiedenen Cloud-Systemen verschieben und relevante Sicherheits- und Datenschutzinformationen überwachen. Selbst die Verwendung hybrider Cloud-Infrastrukturen, bei denen Unternehmen sowohl interne als auch externe Rechenleistung nutzen, lässt sich mit dem Cloud-Cockpit sicher steuern.
Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft
Wertvolle Erde der Indios: Pilotprojekt zur Herstellung von Schwarzerde im Botanischen Garten Berlin
Gesche Hohlstein
Pressestelle Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem
Freie Universität Berlin
Was bisher im Botanischen Garten Berlin auf dem Kompost landete oder teuer entsorgt wurde, soll künftig in einem innovativen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu nährstoffreicher Schwarzerde werden. Das Geheimnis der zukünftigen „Berliner Schwarzerde“ ist die Anwendung der alten Terra-Preta-Technologie, die von Indios im Amazonasgebiet vor Jahrhunderten genutzt wurde. Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben verfolgt den Null-Emissions-Ansatz und das damit verbundene Konzept einer fast vollständigen Kreislaufwirtschaft.
Projektpartner sind die Freie Universität Berlin (Fachbereich Geowissenschaften sowie der Botanische Garten und das Botanische Museum Berlin-Dahlem), Palaterra GmbH & Co. KG (Terra-Preta-Technologie), Rüdersdorf und die HATI GmbH (Nachhaltige Sanitärsysteme), Berlin. Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird seit September 2010 für drei Jahre im Rahmen des Umweltentlastungsprogramms (UEP II) der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz unter Nutzung von Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.
Nährstoffreiche organische Abfälle
Im Botanischen Garten Berlin fallen jährlich etwa 750 Kubikmeter Grünschnitt, 350 Kubikmeter Gehölzschnitt, 230 Kubikmeter Langgrasschnitt und 150 Kubikmeter Stammholz an. Ein Großteil dieser Mengen wird bisher energie- und kostenintensiv entsorgt, genauso wie die Fäkalien der Angestellten und der pro Jahr über 300.000 Besucher der Einrichtung. Demgegenüber steht ein Bedarf an ca. 350 Kubikmeter Kompost, Zuschlagstoffen und Fertigerden, der bisher zugekauft werden muss.
Stoffkreisläufe schließen und Kohlendioxid speichern
In den kommenden drei Jahren sollen im Rahmen eines integrierten Abfall- und Humusmanagements die betriebsinternen Stoffflüsse durch eine Kaskadennutzung weitgehend geschlossen werden. Wissenschaftlich geleitet wird das Projekt von Prof. Dr. Konstantin Terytze, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Organische Umweltgeochemie an der Freien Universität Berlin, und von Prof. Dr. Albert-Dieter Stevens vom Botanischen Garten und Botanischen Museum (BGBM) Berlin-Dahlem. Entsprechen die Qualitäten der Inputmaterialien, die im Botanischen Garten Berlin anfallen, den Erfordernissen für die Herstellung von sogenannten Terra-Preta-Substraten, kann der Stoffkreislauf innerhalb des BGBM geschlossen werden. Betrachtet man allein die anfallenden Mengen an pflanzlicher Biomasse, kann im Botanischen Garten jährlich eine Gesamteinsparung von etwa 350 bis 420 Tonnen Kohlendioxid (CO2) erzielt werden. Im jetzigen Kompostier- und Mulchverfahren werden nur etwa 50 Tonnen CO2 gespeichert.
Im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens soll prototypisch ein an Ressourcen orientiertes Sanitärsystem installiert werden, in dem Urin und Fäkalien gesammelt und aufbereitet werden. Die darin enthaltenden Pflanzennährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kalium sowie Kohlenstoffverbindungen zur Verbesserung der organischen Bodensubstanz können im Idealfall als Düngerersatz direkt im Botanischen Garten verwendet werden. Ein Teil der Toilettenanlagen im Botanischen Garten sollen künftig auf wassersparende WCs umgerüstet werden. Die Fäkalien werden über einen Siebfilter aufgefangen, entwässert und den botanischen Wertstoffen zur Fermentierung beigemischt.
Die Terra-Preta-Technologie ist die zentrale, innovative Systemkomponente zur Herstellung von anthropogenen Schwarzerden als Pflanzsubstrate für den Botanischen Garten in diesem Forschungs- und Entwicklungsvorhabens. Die Technologie unterscheidet sich deutlich von der der Kompostierung und basiert auf Milchsäurefermentation unter Nutzung von Holzkohle.
Die Holzkohle wird aus der Verkohlung (Pyrolyse) von holzartigen Pflanzenabfällen gewonnen. Sie zählt aufgrund ihrer hohen Abbaustabilität zu einem wichtigen Element für den Aufbau von dauerhaften Nährstoff- und Wasserspeichern für die Pflanzen. Zusammen mit den anfallenden Rest- und Abfallstoffen entsteht unter anderem mittels einer Milchsäurefermentation und eines anschließenden Vererdungsprozesses ein wertvoller Dauerhumus. Gegenüber der Kompostierung hat die Milchsäure-Fermentierung den Vorteil, dass wesentlich weniger Kohlenstoffverluste bei der Substrat-Herstellung entstehen. Der Kohlenstoff wird in Böden gespeichert und belastet nicht zusätzlich die Atmosphäre.
Projektpartner:
1. Freie Universität Berlin, Fachbereich Geowissenschaften
2. Freie Universität Berlin, Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem
3. Palaterra GmbH & Co. KG (Terra-Preta-Technologie), Rüdersdorf
4. HATI GmbH (Nachhaltige Sanitärsysteme), Berlin
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Prof. Dr. mult. Dr. h. c. Konstantin Terytze, Fachbereich Geowissenschaften der Freien Universität Berlin,
Telefon: 030 / 838-70481 oder -70435, E-Mail: terytze@zedat.fu-berlin.de
Der Botanische Garten und das Botanische Museum Berlin-Dahlem ist eine botanische Sammlungs- und Forschungseinrichtung mit Bildungsauftrag. Die 1679 gegründete Einrichtung ist eine der größten und bedeutendsten ihrer Art weltweit. 22.000 Pflanzenarten werden kultiviert und umfangreiche Sammlungen dokumentieren die globale Pflanzenvielfalt. Forschungsschwerpunkte betreffen die Evolution und Biodiversität von astern- und nelkenartigen Blütenpflanzen sowie von Kieselalgen (Asterales, Caryophyllales, Bacillariophyta) und die Flora von Europa und des mediterranen Raumes sowie der Insel Kuba. International führend ist die Einrichtung im Bereich der Biodiversitätsinformatik.
Weitere Informationen:
http://www.terraboga.de – weitere Info zum Projekt
http://www.bgbm.org/bgbm/pr/Archiv/pressimages/press_images.HTM#Terra_BoGa – Pressefotos
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Hohenstein Institute:Feldstudie zum Einfluss antibakterieller Kleidung auf Hautflora und Mikroklima
Rose-Marie Riedl
Unternehmenskommunikation und Forschungsmarketing
Hohenstein Institute
Versuche zeigen, dass die natürliche Hautflora selbst bei dauerhaftem Tragen nicht beeinflusst wird
Antimikrobielle Textilien haben in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Sei es im Bereich technischer Textilien zur Infektionsprophylaxe, medizinisch-therapeutischer Kleidung zur Therapieunterstützung bei Neurodermitis oder bei Sport- und Outdooraktivitäten als Anti-Smell-Ausrüstung. Die meisten derzeit am Markt befindlichen antimikrobiellen Kleidungsstücke sind mit Silber dotiert.
Trotz des positiven Images von Silber und der jahrzehntelangen problemlosen Verwendung in anderen Bereichen wie z. B. der Trinkwasseraufbereitung sind die Käufer antibakterieller Kleidung durch z. T. sehr kontrovers geführte Diskussionen und die Berichterstattung in den Medien verunsichert. Hinzu kommt, dass die Frage nach der Produktsicherheit, speziell im Hinblick auf mögliche negative Einflüsse auf die Hautflora und das Mikroklima der Haut bisher wissenschaftlich nicht untersucht wurden. Insbesondere dann, wenn antibakterielle Chemiefasern zu körpernaher Kleidung wie Unterwäsche verarbeitet werden, ist die Skepsis der Verwender bislang groß. Diese Sicherheitsfrage wurde bislang wissenschaftlich nicht untersucht. In einem nun abgeschlossenen Forschungsprojekt (AiF-Nr. 15537 N), das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) finanziert wurde, konnten Hohenstein Forscher diesen Sachverhalt in einer groß angelegten Feldstudie klären.
An dieser Tragestudie nahmen insgesamt 60 gesunde Personen über einen Zeitraum von jeweils 6 Wochen teil. Zur Durchführung der Studie wurden spezielle T-Shirts gefertigt, die auf einer Seite antibakterielle Aktivitäten aufwiesen (Verum), während die andere Hälfte als nicht-antibakterielles Placebo diente (Abb. 1). Zum Vergleich wurde sowohl ein antibakterielles Spinnadditiv untersucht (eine Silber-haltige Polyesterfasern), als auch eine antibakterielle Silber-enthaltende Ausrüstung. Vor der Studie wurde die antibakterielle Aktivität der Muster in einem Laborversuch mit Testkeimen wie Staphylococcus aureus und Klebsiella pneumonia überprüft. Nun mussten die T-Shirts von den Probanden über einen Zeitraum von 4 Wochen täglich mindestens 8 Stunden getragen werden. Wöchentlich wurden verschiedene Parameter der Hautflora und des Mikroklimas untersucht. Während der gesamten Testphase wurden die Probanden dieser Placebo-kontrollierten intra-individuellen rechts/links Tragestudie von einem Dermatologen gesundheitlich überwacht und die Probestelle an der Haut dermatologisch bewertet.
Zu Beginn des Trageversuchs, während, aber auch nach Beendigung der Versuchsreihe wurden bei sämtlichen Probanden die typischen Hautkeim-Vertreter einer natürlichen Hautflora gefunden. Zu keinem Zeitpunkt tauchten Krankheitserreger (pathogene) Keime auf. Die individuellen Unterschiede zwischen den Probanden lagen, im Vergleich zu Angaben zur Hautflora aus der Literatur, alle im normalen Bereich. Es konnte weder bei einzelnen Probanden, noch bei der Betrachtung des gesamten Probandenkollektivs oder Teilen dessen, ein Einfluss der Textilfasern auf die Hautflora festgestellt werden. Das Ergebnis dieser Feldstudie unterstreicht damit Daten aus der Literatur, wonach die gesunde menschliche Hautflora als sehr stabil gilt. Insbesondere ergab sich kein signifikanter Unterschied in den Gesamtkeimzahlen im Vergleich zwischen der funktionalisierten (Verum) und der Kontroll-Seite (Placebo). Ebenso konnten keine Verschiebungen im individuellen Keimspektrum der Probanden beobachtet werden, die sich ursächlich auf die funktionalisierte Textilfaser zurückführen ließen.
Neben der Hautflora wurde auch das Mikroklima der Haut untersucht. Hierunter versteht man die dünne Schicht zwischen Hautoberfläche und der Textilinnenseite, in der sich abhängig von Textilfaser und -konstruktion, eine eigene Feuchtigkeit, Luftströmung und Temperatur einstellt, welche sich einerseits auf das Komfortempfinden auswirkt, andererseits aber auch die Lebensbedingungen der Hautkeime beeinflusst. Drei hautphysiologische Parameter des Mikroklimas wurden untersucht: Der Wasserdampfverlust der Haut (transepidermaler Wasserverlust TEWL, als direktes Maß für die Barriereleistung der Haut), die Hautfeuchtigkeit sowie der pH-Wert. Einen signifikanten Einfluss der funktionalisierten (Verum) oder der Kontroll-Seite (Placebo) auf den Wasserdampfverlust der Haut konnte nicht festgestellt werden. Die antibakteriellen Fasern hatten damit keinen Effekt auf die Hautbarriere. Ebenso wenig änderte sich der Haut-pH-Wert der Probanden, sowie deren Hautfeuchtigkeit. Keine der Testpersonen zeigte dermatologische Veränderungen wie z.B. zunehmende Trockenheit, oder Entzündungen.
Zusammengefasst zeigten sich in dieser Feldstudie die Hautflora sowie das Mikroklima der gesunden Haut unter dem Einfluss antibakterieller T-Shirts, die direkt auf der Haut getragen wurden, unbeeinflusst: Eine Beeinträchtigung der Hautflora, d.h. eine Veränderung der Gesamtkeimzahl auf der Haut oder eine Verschiebung im Keimspektrum konnte nicht festgestellt werden. Diesbezüglich konnten die antibakteriellen Textilien als unbedenklich eingestuft werden. Gegenüber Bakterien, die mit dem Schweiß in das die Maschenware gelangen, sind die antibakteriellen Textilien dennoch wirksam, wie frühere Untersuchungen belegen. Ihre Daten können die Forscher nun als Publikation in einem international anerkannten Fachjournal der Dermatologie einreichen.
Kontakt:
Hohenstein Institute
Prof. Dr. Dirk Höfer
d.hoefer@hohenstein.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Vom Einfluss des Glücks
Stephan Schütze
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Ökonomik
Max-Planck-Forscher untersuchen Auswirkungen von subjektivem Wohlergehen
Wie wirken empfundenes Wohlergehen und Faktoren wie Einkommen, Familienstand, Gesundheit und beruflicher Erfolg aufeinander? Dieser Frage sind Martin Binder und Alex Coad vom Jenaer Max-Planck-Institut für Ökonomik nachgegangen. Ihr Ergebnis: Gesteigertes Wohlergehen führt unter anderem zu besserer Gesundheit und größerem beruflichen Erfolg.
Die Max-Planck-Forscher untersuchten einen britischen Längsschnitt-Datensatz, in dem Personen über einen Zeitraum von 15 Jahren hinweg regelmäßig ihr subjektives (psychologisches) Wohlergehen anhand einer detaillierten psychometrischen Skala berichteten. Abgefragt wurde, als wie glücklich sich Individuen empfanden, sowie das Vorkommen beispielsweise von Stress, Depression oder Ängsten. Zudem gaben die Befragten Auskunft über Faktoren wie Einkommen, Familienstand, Gesundheit oder beruflichen Erfolg.
Die Jenaer Wissenschaftler nutzten mit den sogenannten „Panel Vector Autoregressions“ ein spezielles statistisches Verfahren, um die gemeinsame Entwicklung des subjektiv empfundenen Wohlergehens mit den anderen Faktoren sichtbar zu machen. Wichtig war also die Co-Evolution dieser Größen: Wie kann man dieses komplexe Netz von Zusammenhängen darstellen? „Dafür braucht man eine globale Perspektive: Faktoren wirken nicht einzeln und unabhängig voneinander, alle Faktoren beeinflussen sich auch gegenseitig“, erklärt Martin Binder: „und das über unterschiedlich lange Zeiträume.“ Gesteigertes Wohlergehen heute beeinflusst beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, später einen Arbeitsplatz zu finden und/oder in der Folge sein Einkommen zu steigern.
Bei der Analyse der Daten zeigten sich vor allem zwei robuste Ergebnisse: Menschen erleben nach einer Steigerung des eigenen Wohlergehens im Anschluss auch positive Veränderungen der anderen Faktoren. Glücklicher gewordene Menschen steigerten in der Folge also auch ihr Einkommen oder berichteten über bessere Gesundheit. Im Umkehrschluss allerdings führten positive Veränderungen etwa von Einkommen zu einem sinkenden Wohlergehen in den Folgejahren. „Dieses Phänomen ist bekannt als ‚hedonische Anpassung‘: Die Menschen gewöhnen sich an positive oder negative Ereignisse; diese Ereignisse beeinflussen ihr Wohlergehen also nicht unbedingt dauerhaft“ erläutert Binder.
Die Studie ist Teil eines größeren Forschungsprojektes, für das Martin Binder kürzlich mit dem Deutschen Studienpreis 2010 der Körber-Stiftung ausgezeichnet wurde.
Originalveröffentlichung:
„An examination of the dynamics of well-being and life events using vector autoregressions“ by Martin Binder, Alex Coad. Journal of Economic Behavior & Organization 76 (2010) 352-371
doi:10.1016/j.jebo.2010.06.006
Das Max-Planck-Institut für Ökonomik in Jena beschäftigt sich mit einem breiten Spektrum von Fragen des wirtschaftlichen Wandels insgesamt, der experimentellen Ökonomik sowie des unternehmerischen Verhaltens (www.econ.mpg.de).
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Dr. Martin Binder
Max-Planck-Institut für Ökonomik
Kahlaische Straße 10
07743 Jena
Telefon: +49 – 3641 – 686 828
Fax: +49 – 3641 – 686 868
e-mail: binder@econ.mpg.de
http://www.econ.mpg.de/english/staff/evo/binder
Stephan Schütze, Petra Mader
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Ökonomik
Kahlaische Straße 10
07743 Jena
Telefon: +49 – 3641 – 686 950, -960
Fax: +49 – 3641 – 686 710
e-mail: presse@econ.mpg.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Auf einen Blick: Landwirtschaft und ihre Umweltfolgen
Martin Ittershagen
Pressestelle
Umweltbundesamt (UBA)
Umweltbundesamt stellt kompakte Datensammlung vor
Wie wirkt sich die moderne Landwirtschaft auf Boden, Wasser, Luft, das Klima und die biologische Vielfalt aus? Mit der kostenlosen Broschüre „Umwelt und Landwirtschaft“ aus der Reihe „Daten zur Umwelt“ stellt das Umweltbundesamt (UBA) die wichtigsten Zahlen und Fakten für eine fundierte Diskussion über den Umweltschutz in der Landwirtschaft bereit: Was schon erreicht wurde und wo noch Probleme bestehen. Grafiken, Karten und Tabellen bilden die Zusammenhänge verständlich ab.
Für UBA-Präsident Jochen Flasbarth ist klar: „Landwirtschaft war und ist eine der wichtigsten Nutzungen unserer Umwelt. Bei der für 2013 anstehenden Agrarreform der Europäischen Union wird es darauf ankommen, die Umweltanforderungen dort zu stärken, wo sie noch nicht ausreichend sind. Das wird auch eine Neuausrichtung der Agrarförderung erfordern, die die Honorierung konkreter zusätzlicher Dienstleistungen der Landwirtschaft für Umwelt und Ökosysteme stärker in den Vordergrund stellen sollte.“
2009 wurden 52 Prozent der Bodenfläche Deutschlands landwirtschaftlich genutzt, 60 Prozent davon allein für die Futtermittelproduktion. Der Anteil von Grünland nimmt dabei stark ab, was auch auf den zunehmenden Anbau von Energiepflanzen, wie Raps für Agrodiesel und Mais für Biogas, zurückgeht. Grünland aber ist eine wichtige CO2-Senke zum Schutz des Klimas und außerdem wichtig für den Erhalt der biologischen Vielfalt.
Eine moderne Landwirtschaft ohne Dünger wäre undenkbar. Gelangen aber Nährstoffe im Überschuss auf die Felder, überdüngen und versauern sie Böden und Gewässer. Die Folge sind Algenplagen oder Sauerstoffmangel in Flüssen und Seen, aber auch der Verlust von Lebensräumen für diejenigen Tiere und Pflanzen, die zuviel Dünger nicht vertragen. Trotz eines zwanzigprozentigen Rückgangs zwischen 1991 und 2007 liegt der Stickstoffüberschuss mit 105 Kilogramm pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche immer noch weit über dem von der Bundesregierung angestrebten Ziel von 80 Kilogramm pro Hektar. Hier müssen wirksame Maßnahmen zu einer effizienteren Nutzung von Stickstoff vor allem aus der Viehhaltung ergriffen werden.
Eine besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Form der Landwirtschaft ist der Ökolandbau. 5,6 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche wurden 2009 ökologisch bewirtschaftet. Damit liegt die Zielvorgabe der Bundesregierung, 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch zu bewirtschaften, noch in weiter Ferne. Dabei ist ein Markt für Bioprodukte vorhanden: Die Binnennachfrage nach ökologisch erzeugten Lebensmitteln übersteigt die einheimische Produktion. Eine attraktive Umstellungsförderung sollte dazu beitragen, dass die Nachfrage möglichst weitgehend aus eigener Produktion befriedigt werden kann.
Die Broschüre „Umwelt und Landwirtschaft“ kann kostenlos beim Umweltbundesamt, c/o GVP, PF 3303 61, 53183 Bonn oder per E-Mail unter uba@broschuerenversand.de bestellt werden.
Online steht „Umwelt und Landwirtschaft“ unter http://www.uba.de/uba-info-medien/4056.html zum Download bereit.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Minerale sorgen für bessere Raumluft
Britta Widmann
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Gesellschaft
Eine der Emissionsquellen von Schadstoffen in Wohnräumen sind Spanplatten, die mit formaldehydhaltigem Kleber verleimt sind. Eine neue Methode soll bisherige Maßnahmen zum Verringern dieser Ausdünstungen ergänzen. Der Clou: Spezielle Minerale statten Holzwerkstoffe zudem mit raumluftreinigenden Eigenschaften aus.
Seit den 1950er Jahren ist Formaldehyd Bestandteil vieler Kunstharze und Leime, die für Span- und Sperrholzplatten verwendet werden. Es wird geschätzt, dass mehr als 85 Prozent aller Holzwerkstoffe formaldehydhaltige Kleber enthalten. Die Substanz entweicht aus den Werkstoffen und belastet – neben anderen Quellen – die Raumluft. Daher wurden zahlreiche Maßnahmen zur Emissionsminderung entwickelt. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO hat Formaldehyd sogar als krebserregend für den Menschen eingestuft. Daraufhin wurden sowohl der in Deutschland bereits seit 1977 bestehende Richtwert des Bundesgesundheitsamtes von 0,1 ppm als auch der Richtwert der WHO von 100 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) nochmals bestätigt.
Eine neue Methode, um die Formaldehydemissionen aus Spanplatten zu verringern, haben jetzt die Forscher der Fraunhofer-Institute für Holzforschung WKI in Braunschweig und für Silicatforschung ISC in Würzburg gefunden: modifizierte Zeolithe. Dabei handelt es sich um Minerale beziehungsweise Alumosilicate, die aufgrund ihrer extrem großen inneren Oberfläche und ihrer porösen Struktur als Molekularsieb dienen und Formaldehyd besonders gut aufnehmen können. »Zeolithe werden zwar bereits als Füllmaterial in Spanplatten eingesetzt. Sie zum Adsorbieren von Schadstoffen in Holzwerkstoffe einzubringen, ist jedoch ein Novum«, sagt Dr. Katrin Bokelmann. Die Projektleiterin vom ISC war mit ihrem Team für die Herstellung der mineralischen Verbindungen verantwortlich.
Bei ihren Tests konnten die Forscher mit verschiedenen, kommerziell erhältlichen und natürlich vorkommenden Mineralen keine ausreichend hohen Adsorptionsraten erzielen. Beste Adsorptionseigenschaften dieser Alumosilicate zeigte der synthetische Zeolith Y, den die Experten daher mit Aminogruppen modifizierten und dadurch verbesserten. »Nachdem wir dem bearbeiteten Material in unseren Messkammern Formaldehyd zugeführt hatten, konnten wir eine Steigerung der Adsorptionsrate von 70 Prozent feststellen. Anschließend haben wir fünf Gewichtsprozent des Zeolithpulvers direkt in Probe-Spanplatten aus Fichtenrundholz eingebracht. Das Ergebnis: Die Formaldehydemission aus der Platte verringerte sich um 40 Prozent. Sowohl Kurzzeit- als auch Langzeittests von einem Monat zeigten dieses Resultat. Die Raumluft wird also eindeutig verbessert. Unsere Tests deuten darauf hin, dass Schadstoffe aus der Innenraumluft sogar abgebaut werden können«, erläutert Dr. Jan Gunschera, Projektleiter am WKI. Die Eigenschaften der Holzwerkstoffe seien durch die Zeolithe nicht negativ beeinflusst worden.
Die Forscher haben das neue Verfahren mittlerweile zum Patent angemeldet. Sie halten es für denkbar, dass die modifizierten Zeolithe – eingearbeitet in Möbel oder auch Deckenverkleidungen – künftig nicht nur Formaldehyd, sondern auch andere Aldehyde in der Raumluft abbauen könnten. Derzeit sind die Wissenschaftler auf der Suche nach Partnern aus der Holzwerkstoffindustrie, um die Spanplatten in Massenproduktion herzustellen. Eine Probeplatte ist auf der Messe Bau in München vom 17. bis 22. Januar am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle C2, Stand 131 zu sehen.
Weitere Informationen:
http://www.fraunhofer.de/presse/presseinformationen/2010-2011/13/holz-raumluft-z..
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Wenn Autos miteinander sprechen
Britta Widmann
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Gesellschaft
Die Vernetzung von Fahrzeugen untereinander und mit der Infrastruktur gibt dem Fahrer Informationen über die Situation jenseits seines Sichtfeldes und warnt ihn vor Unfällen oder Staus. Auf der Messe embedded world in Nürnberg zeigen Fraunhofer-Forscher vom 1. bis 3. März neueste Anwendungen zur Verkehrssicherheit und -effizienz.
Obwohl moderne Autos hohe Sicherheitsstandards erfüllen, sterben jedes Jahr in Deutschland immer noch fast 5.000 Menschen bei Verkehrsunfällen und über 400 000 werden verletzt. Um diese Zahlen weiter zu verringern, arbeiten Forscher der Fraunhofer-Einrichtung für Systeme der Kommunikationstechnik ESK in München an innovativen Konzepten für die Car-to-X-Kommunikation (kurz C2X genannt): Durch die Vernetzung von Fahrzeugen untereinander und mit der Infrastruktur können Softwaresysteme den Fahrer stets über den aktuellen Zustand von Verkehr und Straße informieren und ihn so bei seinen Entscheidungen unterstützen.
Zu diesem Zweck haben die ESK-Forscher ein C2X-System entwickelt, das die Kommunikation zwischen einer elektronischen Einheit im Fahrzeug und der Außenwelt ermöglicht und strukturiert. »Das System beruht auf einem speziell für Fahrzeuge entwickelten WLAN in Kombination mit GPS«, sagt Josef Jiru, der Projektleiter. »Position und Sensordaten des Fahrzeugs über Geschwindigkeit, Beschleunigung oder Rutschen können an entsprechende drahtlose Kommunikationsknoten am Straßenrand, die Roadside Units (RSUs), gemeldet werden.« Im Gegenzug erhalten die Fahrzeuge von den RSUs aktuelle Informationen über den Straßenzustand vor ihnen, über eventuelle Unfälle und Staus oder über die optimale Geschwindigkeit, um auf der »grünen Welle« mitzuschwimmen.
Es geht um drei Arten von Nachrichten:
• Erstens um periodische, standardisierte Meldungen, die jedes Auto bis zu zehnmal pro Sekunde an andere Autos und an die RSUs abgibt. Es handelt sich dabei um die Position, die Fahrtrichtung, Geschwindigkeit und Ähnliches. Dadurch können sich die RSUs und die Geräte an Bord an besonders gefährdeten Stellen wie Autobahneinfahrten ein Bild von der Situation machen und vor möglichen Gefahrsituationen die betroffenen Fahrer rechtzeitig warnen.
• Zweitens geht es um eventbasierte Nachrichten, also etwa um den Hinweis auf einen Unfall, in den ein Pkw selbst verwickelt ist oder den die RSU erkennt, da
mehrere Fahrzeuge gleichzeitig schnell abbremsen. Auch Staus werden so erfasst, weil viele Autos stehen, oder rutschige Straßen, wenn das ESP – das Elektronische Stabilitäts-Programm – in den Fahrzeugen anspringt. Damit das C2X-System nicht zusammenbricht, wenn viele Fahrzeuge von einem solchen Ereignis betroffen sind, erforschen die Experten Methoden zur »kontextsensitiven Aggregation« der Nachrichten. Das bedeutet, dass verschiedene Nachrichten gleichen Typs zusammengefasst und nach ihrer Relevanz gefiltert werden. So lassen sich beispielsweise Meldungen über weiter entfernte Ereignisse blocken, um die Netze nicht zu überlasten.
• Drittens geht es um Applikationsnachrichten. Dabei handelt es sich beispielsweise um Informationen über Ampelphasen, die Fahrzeuge untereinander austauschen können, überhaupt um Verkehrsnachrichten. RSUs können auch Daten aus weiteren Quellen wie Rundfunk und Verkehrszentrale beziehen.
Zur Minimalkonfiguration des C2X-Systems werden bei Bedarf weitere Anwendungen und ihre zugehörige Software geladen. So lassen sich die Ressourcen der Geräte schonen. Die Fahrer und RSUs können gezielt Dienste anfragen und ihrerseits auch anbieten, wie auf der Messe embedded world gezeigt wird.
Damit alle Hersteller solche Systeme nutzen können, müssen die Kommunikationsprotokolle standardisiert werden. Die Fraunhofer ESK wirkt als Mitglied im CAR 2 CAR Communication Consortium an diesem Prozess mit.
Weitere Informationen:
http://www.fraunhofer.de/presse/presseinformationen/2010-2011/14/wenn-autos-mite…
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Obst- und Gemüsekonzentrat verringert Erkältungstage
Stefanie Winde
GB Unternehmenskommunikation
Charité-Universitätsmedizin Berlin
Mittel kann Ausgaben für Medikamente langfristig senken
Forscherinnen und Forscher der Charité – Universitätsmedizin Berlin konnten erstmals zeigen, dass ein bestimmtes Nahrungsergänzungsmittel aus Frucht- und Gemüsesaftkonzentraten die Anzahl an Tagen mit schweren Erkältungssymptomen signifikant reduziert. Die im „British Journal of Nutrition“* veröffentlichte Studie sieht den potentiellen Nutzen des Präparats in einer verminderten Anzahl von Krankheitstagen und entsprechend geringeren Ausgaben für Erkältungsmedikamente.
Die vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie an über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Charité durchgeführte achtmonatige Studie beleuchtet die Wirkung des Präparats Juice Plus+® des US-amerikanischen Anbieters NSA aus Collierville, Tennessee. In einer randomisierten Doppelblindstudie nahm die Hälfte der Probanden täglich das Präparat ein, während die andere Hälfte ein Placebo erhielt. Schon nach zwei Monaten zeigte sich: Die Zahl der Erkältungen war in beiden Gruppen gleich häufig. Jedoch verlief die Erkältung in der Gruppe, die das Präparat erhalten hatte, deutlich milder. Im Ergebnis konnte eine Abnahme mittlerer und schwerer Erkältungssymptome um 20 Prozent festgestellt werden.
Die Frage, ob das Präparat bei längerer Verwendung geeignet ist, die Schwere der Symptome und die Häufigkeit von Erkältungen weiter zu vermindern, könnte laut Aussage der Autoren der Gegenstand zukünftiger Studien zu Juice Plus® sein. Unklar ist auch die spezifische Wirkungsweise des Präparats. „Das Ergebnis der Studie ist auf jeden Fall ermutigend, denn es zeigt, dass bestimmte Nahrungsergänzungsmittel die Belastungen und Folgen von Erkältungskrankheiten abmildern können“, sagt Prof. Stefan Willich, Direktor des Instituts für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité und Leiter der Studie.
Die Neutralität der Studie wurde dadurch gewährleistet, dass dem Hersteller des Präparats als Sponsor der Studie keine Studiendaten übermittelt wurden und dass dieser auch nicht an der Interpretation der Studienergebnisse beteiligt war.
*Stephanie Roll et al.: Reduction of common cold symptoms by encapsulated juice powder concentrate of fruits and vegetables: a randomised, double-blind,
placebo-controlled trial. In: Br J Nutr. 2010 Aug 23: 1-5. DOI: 10.1017/S000711451000317X
Kontakt:
Prof. Stefan N. Willich
Direktor des Instituts für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie
Campus Charité Mitte
t: +49 30 450 529 002
stefan.willich@charite.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Standardwerk der Biogastechnologie neu erschienen – „Leitfaden Biogas“ grundlegend überarbeitet
Dr. Torsten Gabriel
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) gibt den ‚Leitfaden Biogas‘ jetzt neu heraus. Das umfassende, bislang als ‚Handreichung Biogas‘ betitelte Nachschlagewerk richtet sich an alle an der Biogasnutzung interessierten und in Biogasprojekte involvierten Personen.
Der Leitfaden Biogas stellt die biochemischen Grundlagen, landwirtschaftliche, ökonomische, rechtliche und den Anlagenbetrieb betreffende Aspekte sowie die Biogasnutzung im Kontext der erneuerbaren Energien ausführlich dar. Mehr Raum gegenüber der Vorgängerversion nehmen die Bereiche Sicherheit, Umweltschutz, Gasaufbereitung und -einspeisung, Mikrogasnetze und einige andere technische Neuerungen ein.
Als Autoren am Leitfaden haben zahlreiche Fachleute aus Forschungseinrichtungen in Deutschland mitgewirkt, darunter vom Deutschen BiomasseForschungsZentrum (DBFZ), vom Johann Heinrich von Thünen-Institut sowie dem Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL).
Seit die FNR die Handreichung Biogas 2004 erstmals veröffentlichte, wurden über 33.000 Exemplare an Interessierte zum Themenbereich Biogas herausgegeben. Die Nachfrage ist weiterhin ansteigend. Die grundlegende Aktualisierung war aufgrund der Weiterentwicklung im technischen Bereich, aber auch bei den Verwertungsoptionen, bei den Anforderungen an den Klima- und Umweltschutz und beim Ausbaustand der Biogasnutzung als erneuerbarer Energiequelle notwendig geworden.
Der „Leitfaden Biogas“ kann in der Mediathek auf www.biogasportal.info kostenfrei bestellt oder heruntergeladen werden. Der Herausgeber, die FNR, ist Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
Nicole Paul
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
OT Gülzow
Hofplatz 1
18276 Gülzow-Prüzen
Tel.: 03843/69 30-0
Telefax: 03843/69 30-102
e-Mail: info@fnr.de
Internet: http://www.fnr.de
V.i.S.d.P.: Dr.-Ing. Andreas Schütte
Nr. 2011/1 vom 10. Januar 2011
Weitere Informationen:
http://www.biogasportal.info/
http://www.fnr-server.de/ftp/pdf/literatur/pdf_208-leitfaden_biogas_2010.pdf – PDF-Datei des Leitfadens zum Download
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Langes Arbeiten schadet Gesundheit und Sozialleben
Jörg Feldmann
Pressestelle
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Der Anteil von Beschäftigten, die über gesundheitliche Beschwerden klagen, nimmt mit der Dauer der geleisteten Arbeitszeit zu. Auch die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Freizeit wird durch steigendes Arbeitspensum eingeschränkt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Bei der Auswertung von vier unabhängigen Befragungen ließ sich ein direkter Zusammenhang zwischen der Dauer der wöchentlich geleisteten Arbeitszeit und dem Auftreten gesundheitlicher Beschwerden nachweisen. Faktoren wie Schichtarbeit, variable Arbeitszeiten und Arbeitsschwere wirken sich verstärkend aus.
Die Arbeitszeiten in Deutschland werden immer flexibler, immer häufiger wird im Schichtbetrieb, abends und nachts gearbeitet. Seit längerem vermuten Arbeitswissenschaftler einen Zusammenhang zwischen langen Arbeitszeiten und gesundheitlichen Beschwerden. Die BAuA führte deshalb eine systematische Untersuchung durch, die sich auf eine Stichprobe von über 50.000 Befragten stützt. Die jetzt veröffentlichte Studie zeigt beispielhaft den Zusammenhang zwischen der wöchentlichen Arbeitsdauer und drei gesundheitlichen Symptomen – Schlafstörungen, Rückenschmerzen und Herzbeschwerden – auf. Zusammengefasst heißt das: Je länger die Arbeitszeit, desto häufiger treten gesundheitliche Beschwerden auf.
Zwei Untersuchungen aus Deutschland zeigen: Jeder zehnte Befragte in Teilzeit (weniger als 19 Wochenarbeitsstunden) klagt über Schlafstörungen, bei Beschäftigten in Vollzeit (zwischen 35 und 44 Wochenarbeitsstunden) ist es bereit jeder fünfte. Im Bereich der Beschäftigten mit deutlich überlangen Arbeitszeiten von mehr als 60 Stunden pro Woche leidet nach eigenen Angaben sogar etwa jeder vierte unter Schlafbeschwerden. Faktoren wie Schichtarbeit, variable Arbeitszeiten, Arbeit an Wochenenden oder schlechte Planbarkeit der Arbeitszeit wirken sich noch verstärkend auf gesundheitliche Beeinträchtigungen aus.
Doch nicht nur das gesundheitliche Wohlbefinden hängt von der Dauer und Lage der Arbeitszeit ab. Auch die Einschätzung über das eigene Sozialleben wird von der Arbeitszeitgestaltung beeinflusst. In der Studie wurden die Auswirkungen der Arbeitsdauer auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und auf Freizeitaktivitäten untersucht. Aus allen untersuchten Stichproben ging hervor, dass die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eng mit der subjektiven Einschätzung von Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit sowie Familie zusammenhängt.
Besonders in den beiden untersuchten europäischen Umfragen wurde außerdem deutlich, dass die Arbeit zu sozial ungünstigen Zeiten wie an Wochenenden oder nachts ebenso wie Schichtarbeit eine Verschlechterung der Vereinbarkeit bewirken kann.
Daher ist es wenig überraschend, dass auch das Fazit zum Thema Arbeitszeit und Vereinbarkeit zu ähnlichen Ergebnissen kommt wie Arbeitszeit und Gesundheit. Mit langen Arbeitszeiten werden die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und auch das Freizeitverhalten deutlich eingeschränkt. Auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit, beispielsweise durch Gleitzeitmodelle, mildert die aufgezeigten negativen sozialen und gesundheitlichen Effekte langer Arbeitszeiten nur wenig ab.
Längere Arbeitszeiten erhöhen also das Risiko gesundheitlicher Beeinträchtigung und erschweren das Leben jenseits der Arbeit. Dass sich lange tägliche und wöchentliche Arbeitszeiten negativ auf das Unfallrisiko auswirken, ist bereits seit einiger Zeit bekannt. Nimmt man nun die gesundheitlichen und psychischen Risiken von Verlängerungen der Arbeitszeit in die Diskussion um weitere Arbeitszeitverlängerungen mit auf, sollte nicht nur die wirtschaftliche Komponente berücksichtigt werden. Auch gesundheitliche und soziale Effekte müssen Beachtung finden. Denn auf längere Sicht könnten Arbeitszeitverlängerungen und -flexibilisierungen das Gegenteil dessen bewirken, weshalb sie eigentlich eingeführt wurden: höhere Lohnkosten durch steigende Krankenstände und sinkende Produktivität.
„Gesundheitliche und soziale Folgen langer Arbeitszeiten“; Dr. phil. Dipl.-Psych. Anna Wirtz; Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2010; ISBN 978-3-88261-124-3; 267 Seiten; PDF-Datei.
Der Bericht kann auf der Internetseite der BAuA http://www.baua.de im Bereich Publikationen in der Rubrik Fachbeiträge kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Forschung für Arbeit und Gesundheit
Sichere und gesunde Arbeitsbedingungen stehen für sozialen Fortschritt. Sie ermöglichen Unternehmen wie auch der gesamten Volkswirtschaft einen Vorsprung im globalen Wettbewerb. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) forscht und entwickelt im Themenfeld Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, fördert den Wissenstransfer in die Praxis, berät die Politik und erfüllt hoheitliche Aufgaben – im Gefahrstoffrecht, bei der Produktsicherheit und mit dem Gesundheitsdatenarchiv. Die BAuA ist eine Ressortforschungseinrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Rund 660 Beschäftigte arbeiten am Hauptsitz in Dortmund und den Standorten Berlin, Dresden sowie in der Außenstelle Chemnitz.
Weitere Informationen:
http://www.baua.de//de/Publikationen/Fachbeitraege/Gd59.html Direkter Link zum Bericht „Gesundheitliche und soziale Folgen langer Arbeitszeiten“
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Ganz in weiß! Tier-Hochzeiten im Winter
Eva Goris
Kommunikation
Deutsche Wildtier Stiftung
Wenn heimische Wildtiere „Hochzeit feiern“, herrscht oft tiefster Winter.Fuchs und Hase, Waschbär und Marderhund, Iltis und Wiesel sind jetzt auf Partnersuche
Wenn heimische Wildtiere „Hochzeit feiern“, herrscht oft tiefster Winter. Das Liebeslied der Füchse, das jetzt häufig im Wald zu hören ist, erinnert mit seinem „kauw, kaw, kaw“ an das heisere Bellen eines Hundes. Kein Wunder, denn der Rotfuchs (Vulpes vulpes) gehört zur Familie der Hundeartigen (Canidae). „Meist werben mehrere Fuchsrüden gleichzeitig um eine Fähe“, sagt Andreas Kinser, Experte der Deutschen Wildtier Stiftung. „Im Schnee sieht man dann die vielen Spuren der Verehrer, denn Füchse sind jetzt ständig auf den Läufen.“ Doch manchmal hockt die ganze „Hochzeitsgesellschaft“ auch zusammen im Bau. Die Fähe kann gleich unter mehreren Hochzeits-Kandidaten wählen. „Mit ihrem `Fuchs-Parfüm` – einem für menschliche Nasen unangenehm riechenden Ammoniak-Geruch – bringt sie die Hormone der männlichen Tiere in Wallung“, sagt Kinser. In der Fortpflanzungszeit, der Ranz, ist Frau Fuchs nur drei Tage paarungsbereit. Da müssen sich die Rüden bei der Werbung schon auf die Hinterbeine stellen. Ende März kommt dann Leben in den Bau: zwischen vier und sechs zunächst blinde Welpen müssen jetzt ernährt werden.
Der Nachwuchs der heimischen Wildtiere kommt meist erst dann auf die Welt, wenn es wieder wärmer wird. Im Januar/Februar wird erstmal geheiratet. So wie bei den Marderhunden. Der pelzige Allesfresser ist ein Einwanderer aus Ostasien und sieht ein bisschen aus wie der Waschbär. Doch dem asiatischen Doppelgänger fehlen die geringelte Rute und die Gesichtsmaske, die für Waschbären so typisch sind. Waschbären unterbrechen übrigens Ende Februar extra ihre Winterruhe für die Ranz. Auch bei Iltis und Wiesel, Biber und Fischotter beginnt die Paarungszeit jetzt im Winter. Selbst die Feldhasen laufen sich jetzt schon für die Haupt-Rammelzeit im April ein bisschen warm. „Die ersten Boxkämpfe unter besonders hitzigen Hasen sind auf dem Acker trotz der niedrigen Temperaturen schon zu beobachten“, sagt Kinser..
Hoch am Himmel herrscht noch relative Stille – Vögel kommen erst dann in Stimmung, wenn es wieder heller wird. Nur der mächtige Steinadler schwingt sich schon im Januar zur Balz in die Lüfte, um eine Partnerin fürs Leben zu finden. Beide gehen eine Dauerehe ein. Ab Mitte März kommen dann die Küken zur Welt.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Wenn Duschen krank macht: Neuer HZI-Podcast zur Legionärskrankheit
Manfred Braun
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Wissenschaftler auf Spurensuche in der Wasserleitung.
Legionellen warten überall auf uns, wo warmes Wasser gespeichert wird – in Wasserleitungen, Klimaanlagen, Schwimmbädern. Einige wenige dieser Bakterien können schon ausreichen, um eine schwere Lungenentzündung zu verursachen. Häufen sich Fälle – etwa in einem Einkaufszentrum oder einem Schwimmbad – gehen Wissenschaftler auf Legionellensuche.
Forscher am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) haben nun ein sehr genaues und schnelles Diagnoseverfahren für Legionellen entwickelt. Erfahren Sie im neuen HZI-Podcast, wie man mit Hilfe sich wiederholender Bereiche in der Erbinformation von Bakterien herausfinden kann, ob krankmachende Legionellen in der Wasserprobe vorkommen…
Weitere Informationen:
http://www.helmholtz-hzi.de/de/presse_und_oeffentlichkeit/medienangebot/audio – Die Podcasts des HZI
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Online-Umfrage von www.lohnspiegel.de: Was verdienen Ingenieure und Ingenieurinnen?
Rainer Jung
Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Hans-Böckler-Stiftung
Das Bruttomonatseinkommen von Ingenieuren und Ingenieurinnen beträgt ohne Sonderzahlungen auf Basis einer 40-Stunden-Woche durchschnittlich 4.380 Euro. Je nach Fachrichtung variiert dieses Einkommen zwischen 4.836 € bei Elektronik- und Fernemeldeingenieur/innen und 3.709 € bei Bauingenieur/innen (siehe Grafik in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Die höchsten Gehälter für Ingenieure werden in Frankfurt/Main gezahlt mit durchschnittlich 4.772 €, gefolgt von Düsseldorf mit 4.754 € und München mit 4.511 €. Zu diesem Ergebnis kommt eine Online-Umfrage der Internetseite www.lohnspiegel.de, die vom WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird und an der sich rund 11.000 Ingenieure und Ingenieurinnen beteiligt haben. Die Auswertung ist in der aktuellen Ausgabe der WSI-Mitteilungen erschienen.* Die Daten beziehen sich auf acht verschiedene Ingenieur-Berufe und kommen u. a. zu folgenden Ergebnissen:
– Je höher der Abschluss, desto höher der Verdienst. Ingenieur/innen mit Fachhochschulabschluss verdienen im Schnitt 4.228 € brutto, ihre Kolleginnen und Kollegen mit Universitätsabschluss liegen bei 4.493 € und promovierte Ingenieur/innen kommen durchschnittlich auf 5.345 €.
– Berufserfahrung zahlt sich aus. Das Monatseinkommen von Ingenieur/innen mit weniger als fünf Jahren Berufserfahrung beträgt im Schnitt 3.626 €, bei 20 bis 29 Jahren Berufserfahrung steigt es auf rund 5.037 €.
– Frauen verdienen als Ingenieurinnen deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Im Durchschnitt liegt ihr Einkommen rund 17 Prozent unter dem der Männer.
– Zwischen West- und Ostdeutschland besteht ein beträchtliches Einkommensgefälle: Das Ingenieureinkommen in den neuen Bundesländern liegt im Schnitt knapp 23 Prozent niedriger als in den alten Ländern.
– Betriebsgröße zählt. In Betrieben mit unter 100 Beschäftigten beträgt das Monatseinkommen 3.707 €, in Betrieben mit bis zu 500 Beschäftigten klettert es im Durchschnitt bereits auf knapp 4.322 € und in noch größeren Betrieben liegt es im Schnitt bei 4.877 €.
– In tarifgebundenen Betrieben liegt das Monatseinkommen der Ingenieur/innen mit durchschnittlich 4.778 € rund 816 € über dem Gehalt von 3.962 € in nicht tarifgebundenen Betrieben.
Das Projekt „LohnSpiegel“ erhebt und analysiert die Einkommens- und Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in Deutschland. Es ist Bestandteil des internationalen Wage-Indicator-Netzwerks, an dem Projekte aus insgesamt 60 Ländern mit gleicher Zielrichtung beteiligt sind. Die LohnSpiegel-Daten werden im Rahmen einer kontinuierlichen Online-Erhebung ermittelt, an der sich die Besucherinnen und Besucher der Webseite „www.lohnspiegel.de“ freiwillig und anonym beteiligen können. Zurzeit bietet der LohnSpiegel einen Online-Gehalts-Check für rund 280 Berufe.
* R. Bispinck/F. Öz, Was verdienen Ingenieure und Ingenieurinnen? Eine Analyse auf Basis der WSI-Lohnspiegel-Datenbank, in: WSI-Mitteilungen 1/2011, S. 28-33.
Die Pressemitteilung mit Grafik (pdf): http://www.boeckler.de/pdf/pm_ta_2011_01_17.pdf
Ansprechpartner in der Hans Böckler Stiftung
Dr. Reinhard Bispinck
Leiter des WSI-Tarifarchivs
Tel.: 0211-7778-232
E-Mail: Reinhard-Bispinck@boeckler.de
Dr. Heiner Dribbusch
Tel.: 0211/7778-217
E-Mail: Heiner-Dribbusch@boeckler.de
Rainer Jung
Leiter Pressestelle
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Was bringt der energetische Biomasseanbau in der Stadt?
Antje Sauerland
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches BiomasseForschungsZentrum
Der nun vorliegende Abschlussbericht eines vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS) geförderten und vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) fachlich betreuten Forschungsprojektes gibt erste Antworten zu den Fragen, ob – und wenn ja in welchem Umfang – die Biomasseproduktion auf städtischen Recyclingflächen tragfähig sein kann und wie diese umgesetzt werden kann. Die Ergebnisse können nun als Endbericht auf der Homepage des BBSR im BBR heruntergeladen werden.
Vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Energieversorgung in Verbindung mit einer nachhaltigen Stadtentwicklung stellen städtische Brach- und Recyclingflächen ein großes Potenzial für die Erzeugung von Biomasse zur energetischen Verwertung dar. Im Sinne der Flächenkreislaufwirtschaft ist es das Ziel von Bund, Ländern und Kommunen, diese un- oder mindergenutzten Flächen sinnvoll zu entwickeln und fundierte Konzepte und Nutzungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Der innerstädtische Anbau von Energiepflanzen (z. B. Kurzumtriebsplantagen, Chinaschilf, Mais, Getreide) bzw. die direkte Nutzung des Flächenbewuchses (d. h. Landschaftspflegematerial) stellt besondere Anforderungen an die Bewirtschaftung, an Bewirtschafter, an Abnehmer sowie Genehmigungsbehörden. Eine Reihe von Unsicherheiten und Hemmnissen bei der Umsetzung konnten identifiziert werden. Diese lassen sich jedoch durch geeignete Maßnahmen (u. a. extensiver Anbau, Organisation, Kommunikation) sowie vorhandene Rechtsmittel (z. B. informelle Planungen, Zivilrecht) überwinden. Der Abschlussbericht des vom 01. April 2009 bis 31.12.2009 gelaufenen Forschungsprojekts zeigt aber auch: neben der reinen Energiegewinnung können darüber hinaus eine Vielzahl weiterer, potenziell positiver Effekte, wie z. B. Flächeninwertsetzung, Bodenaufbereitung, Bildungsfunktion oder Imagegewinn mit einem urbanen Biomasseanbau verbunden sein.
Neben der Ermittlung und Analyse von bestehenden Flächenpotenzialen und der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit stellt der Bericht im Rahmen des Forschungsprojektes auch detaillierte Handlungsempfehlungen und Entscheidungshilfen für relevante Akteure (z. B. Bund, Kommunen) zur Verfügung.
Zusammenfassend wird deutlich, dass die Chancen für eine erfolgreiche Umsetzung des städtischen Biomasseanbaus besonders in der Integration in regionale bzw. kommunale Energieversorgungskonzepte gesehen werden. Ob und – wenn ja – inwieweit ein derartiger Biomasseanbau auf Recyclingflächen technisch umsetzbar, ökonomisch darstellbar und ökologisch vorteilhaft ist, kann aber letztendlich nur in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Akteuren durch eine Vor-Ort Betrachtung eines jeden Standortes ermittelt werden.
Partner: PROJEKTGRUPPE STADT+ENTWICKLUNG Ferber, Graumann & Partner
Weitere Informationen:
http://Weitere Informationen auf der Seite des BBSR im BBR http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Fachpolitiken/EnergieUmwelt/ErneuerbareEnergien/…
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Gelenkverschleiß von Kreuzbändern abhängig
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Heidelberg
Biomechaniker der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg simuliert mit selbst entwickeltem Verfahren die Funktionsweise von Knie-Implantaten
Wie lässt sich der Verschleiß von künstlichen Kniegelenken reduzieren? Dieser Frage ist Dr. Jan Philippe Kretzer von der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg auf den Grund gegangen. Mit Hilfe eines von ihm entwickelten Simulationsverfahrens hat er herausgefunden, dass der Verschleiß von der Unversehrtheit der Kreuzbänder abhängt. Die neue Erkenntnis ist entscheidend, um länger haltbare Implantate zu fertigen oder geeignetere Gelenkmodelle für Patienten mit geschädigtem Bandapparat auszuwählen.
Zwei Kreuzbänder stabilisieren die Bewegungen des Kniegelenks. Ist eines verletzt oder gerissen, verändert sich der Bewegungsablauf im Knie. Trotz der wichtigen Funktion der Kreuzbänder wurde ihr Einfluss auf den Verschleiß des Implantats noch kaum berücksichtigt. „Gängige Tests für künstliche Kniegelenke simulieren die Bewegungsabläufe mit intaktem Bandapparat, also zwei Kreuzbändern“, erklärt Dr. Kretzer, Leiter des Labors für Biomechanik und Implantatforschung an der Orthopädie. „Dabei wird bei einem Großteil der Patienten bei der Implantation das vordere Kreuzband entfernt.“
Prothese im 24-Stunden-Dauertest
Kernstück seines neuen Testverfahrens ist ein mathematisches Computermodell, das den Einfluss des verbleibenden hinteren Kreuzbandes auf den Bewegungsablauf genau abbildet. Diese Daten fließen in den Bewegungssimulator ein, der die mehrjährige Belastung der Kunstgelenke im 24-Stunden-Betrieb realitätsgetreu nachahmt und dabei Abrieb und Verschleiß erfasst.
„Mit Hilfe dieser Modifikation des Belastungstests haben wir erstmals gezeigt, dass die Kreuzbänder den Implantatverschleiß deutlich beeinflussen. Fehlt eines, ist die Abnutzung im künstlichen Gelenk höher als bisher angenommen“, so Dr. Kretzer. Für die Forschungsarbeit, die im „Journal of Biomechanics“ veröffentlicht wurde, hat ihn die International Society for Technology in Arthroplasty bei ihrem Jahrestreffen in Dubai im Oktober mit einem dotierten Posterpreis ausgezeichnet.
In weiteren Studien untersuchen die Heidelberger Wissenschaftler nun, was sich im künstlichen Knie von Patienten tut, denen beide Kreuzbänder fehlen oder welche Implantat-Modelle sich am besten in diesen Fällen eignen. In Deutschland erhalten jährlich rund 140.000 Menschen einen Kniegelenksersatz, Tendenz steigend. Bei ca. 10.000 Menschen pro Jahr muss das künstliche Gelenk ausgetauscht werden.
Weitere Informationen über die Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Orthopaedische-Klinik.106690.0.html
Ansprechpartner:
Dr. sc. hum. Dipl.-Ing. Jan Philippe Kretzer
Labor für Biomechanik
Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg
Schlierbacher Landstraße 200a
69118 Heidelberg
Tel.: 06221 / 96 92 09
Fax: 06221 / 96 92 06
E-Mail: philippe.kretzer@med.uni-heidelberg.de
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 10.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
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Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
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Weitere Informationen:
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Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Untersuchungen zu Wirkung von Schokolade im Gehirn
Susann Huster
Pressestelle
Universität Leipzig
Rund elf Kilogramm Schokolade pro Jahr essen die Deutschen im Durchschnitt – einen großen Teil davon wahrscheinlich zu Weihnachten. Was Schokolade und Zucker mit unserem Gehirn anstellen, kann mit modernen Messverfahren abgebildet werden. Dr. Swen Hesse vom Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) für Adipositas-Erkrankungen in Leipzig ist ein Fachmann auf diesem Gebiet.
Schokolade macht glücklich, heißt es, aber nicht jeder glaubt daran. Doch es stimmt tatsächlich, und Dr. Swen Hesse kann das sogar sehen – auf Bildern, die er mit der so genannten PET, der Positronen-Emissions-Tomographie von ihrem Gehirn machen kann. „In der Zeit um Weihnachten, wenn viel Schokolade und Zucker gegessen wird, kommt es zu einer richtigen Lichtorgie im Gehirn“, sagt der Facharzt für Nuklearmedizin. „Im Gehirn wird Zucker nämlich in Form von kleinen bunten Explosionen abgebildet“, erläutert er.
„Wir wollen Essstörungen und Adipositas besser erklären können“, sagt Dr. Hesse. Vorgänge im Gehirn eines krankhaft Übergewichtigen laufen anders ab als bei einem Normalgewichtigen. Die dahinter stehenden chemischen Veränderungen sind jedoch teilweise noch wenig erforscht.
Genau die untersucht Hesse in seinem Forschungsprojekt am IFB AdipositasErkrankungen. Ganz konkret beschäftigt er sich mit den Veränderungen bestimmter Botenstoffe, sogenannter Neurotransmitter. Sie sind zum Beispiel bei der Nahrungsaufnahme mit emotionalen Reaktionen verknüpft.
Ein bekannter Botenstoff ist das allgemein als „Glückshormon“ bezeichnete Serotonin. „Je mehr Serotonin vorhanden ist, umso besser ist unsere Stimmung. Die Vorstufe dieses Stoffes, das Tryptophan, ist in zahlreichen Lebensmitteln, etwa in Schokolade, Bananen, Fisch, Milchprodukten, Geflügel und Eiern enthalten“, erklärt der Experte. Dieser Zusammenhang stütze zum Beispiel die Behauptung, dass Schokolade glücklich mache.
Der Körper braucht ein Gleichgewicht seiner Botenstoffe
Darüber hinaus sind für ihn aber noch weitere Botenstoffe von Interesse: Cannabinoide, die eine appetitsteigernde Wirkung besitzen, Noradrenalin und Dopamin sowie außerdem appetithemmende Substanzen wie zum Beispiel Kokain.
Insbesondere das Dopamin ist für die Lust – nicht nur am Essen – zuständig. „Ohne Dopamin, Noradrenalin und Serotonin könnte unser Gehirn keine Informationen verarbeiten. Ihr individuell unterschiedliches Zusammenspiel schafft Zufriedenheit und mentale Balance“, so Hesse. „Außerdem steuern die Wechselwirkungen all dieser Botenstoffe, die wir mit PET untersuchen, Appetit, Sättigung und sie bestimmen die Nahrungswahl.“ Er nimmt deshalb an, dass sich das Gleichgewicht zwischen den Botenstoffen auch in einer ausgeglichenen Ernährung wiederfinden muss – ganz nach dem Motto „der Körper holt sich genau das, was er braucht“. So ist es umgekehrt durchaus vorstellbar, dass spezielle Diäten zu veränderten Konzentrationen dieser Stoffe führen könnten.
Essen und Fettleibigkeit hängen mit der Aktivierung bestimmter Hirnareale zusammen. Das hat die moderne Neurowissenschaft bereits nachgewiesen. Was das Essen im menschlichen Gehirn bewirkt, ist am deutlichsten im Hypothalamus erkennbar: „Das ist das für die Gewichtsregulation offenbar bedeutsamste Hirnareal. Entwicklungsgeschichtlich ist sie eine sehr alte Region, sie steuert viele grundlegende Bedürfnisse wie Hunger und Durst“, sagt Dr. Hesse. Außerdem veranlasst der Hypothalamus die Produktion des Stresshormons Cortisol, das uns in Gefahrensituationen mit Kampf oder Flucht reagieren lässt. Dauerstress, so weiß man heute, führt langfristig zur Gewichtszunahme, weil die Zuckeraufnahme des Körpers gestört ist und vermehrt Fette aufgenommen werden. „Stress führt bei Schlanken zu moderatem, bei Dicken jedoch zu einem starken Cortisolanstieg, sodass Unterschiede in der Cortisolproduktion – besonders unter chronischer Belastung – anzunehmen sind. Diese Unterschiede wollen wir zur Verfügbarkeit des Serotonins im Gehirn mit ins Verhältnis setzen“, erklärt der Fachmann weiter.
Zusammenhang zwischen BMI und Serotoninkonzentration
Doch nicht nur Stress, sondern auch das Tageslicht hat erheblichen Einfluss auf unseren Appetit. „In der dunklen Jahreszeit steigt der Konsum von Süßigkeiten und gipfelt in den Tagen um Weihnachten in einer wahren Licht- und Zuckerorgie“, so Hesse. Das hängt damit zusammen, dass beide, Licht und Zucker das stimmungsaufhellendes Serotonin freisetzen. Der niedrige Serotonin-Spiegel lässt sich in der dunklen Jahreszeit gut durch Zucker erhöhen. „Erste Auswertungen unserer Untersuchung deuten daraufhin, dass es in Abhängigkeit vom Body-Mass-Index (BMI) einen Unterschied in der Verfügbarkeit der Serotonin-Bindungsstellen gibt: Personen mit einem höheren BMI weisen mehr Bindungsstellen im Hypothalamus auf als Menschen mit einem normalen BMI.
Dies könnte Ausdruck eines Serotonin-Mangels sein, was bei Adipösen die erhöhte Zuckeraufnahme erklären würde“, so Hesse. Er erforscht am IFB für Adipositas-Erkrankungen die Rolle von Neurotransmittern bei der Entstehung von Esstörungen und Adipositas. Der Facharzt für Nuklearmedizin nutzt dafür die Positronen-Emissions-Tomographie, kurz PET, mit der diese Reaktionen im Gehirn sichtbar gemacht werden können.
Das IFB für Adipositas-Erkrankungen in Leipzig ist eines von acht Integrierten Forschungs- und Behandlungszentren, die in Deutschland vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden. Es ist ein gemeinsames Projekt der Universität Leipzig und des Universitätsklinikums Leipzig (AöR). Ziel der Bundesförderung ist es, Forschung und Behandlung interdisziplinär so unter einem Dach zu vernetzen, dass Ergebnisse der Forschung schneller als bisher in die Behandlung integriert werden können. Das IFB AdipositasErkrankungen hat mit 22 Forschungsprojekten begonnen und wird mit insgesamt rund 120 Mitarbeitern das Feld der Adipositasforschung und -behandlung in den nächsten Jahren kontinuierlich ausbauen.
Weitere Informationen:
Dr. Swen Hesse
Telefon: +49 341 97-18010
E-Mail: swen.hesse@medizin.uni-leipzig.de
www.ifb-adipositas.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Die verfehlte Zielgruppe: Saarbrücker Wissenschaftlerin analysiert das Konsumverhalten von Älteren
Gerhild Sieber
Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes
Ältere Menschen kaufen nicht mehr gerne ein, sind besonders markentreu und haben Probleme, sich im Kaufhaus zu orientieren – „alles Mythen“, sagt Andrea Gröppel-Klein, BWL-Professorin an der Saar-Universität. Im Sechsten Altenbericht der Bundesregierung zum Thema „Altersbilder in der Gesellschaft“ hat sie als Mitglied der Sachverständigenkommission alle verfügbaren empirischen Forschungsergebnisse zum Konsumverhalten von Älteren zusammengefasst – und einige überraschende Ergebnisse zutage gefördert.
Senioren gehen häufiger zum Einkaufen als junge Leute und wechseln bei Produkten des täglichen Bedarfs besonders oft die Marke. Das ist erstaunlich genug. Umso überraschender scheint es, dass sich Hersteller und Handel noch nicht auf die Bedürfnisse und Wünsche dieser Zielgruppe eingestellt haben. „Die Angebote für Ältere entsprechen häufig nicht den tatsächlichen Bedürfnissen, Konsumwünschen und Kenntnissen älterer Menschen“, sagt Andrea Gröppel-Klein, die an der Universität des Saarlandes das Institut für Konsum- und Verhaltensforschung leitet. Im Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Altenbericht hat sie das Kapitel „Altersbilder und Konsumverhalten älterer Menschen“ verfasst.
Grund für das Festhalten an landläufigen Meinungen sind sehr konträre Altersbilder, die sich ganz unterschiedlich auf die Einstellung und das Verhalten gegenüber älteren Menschen auswirken, glaubt die Wissenschaftlerin. „Noch in den 1990er Jahren war die Ansicht weit verbreitet, Ältere seien eine unflexible, unfähige und unattraktive Zielgruppe für Hersteller und Handel.“ Seit einigen Jahren werde dagegen eher die Meinung vertreten, Ältere seien nicht durch die genannten drei „U“s gekennzeichnet, sondern durch die drei „K“s: eine konsumfreudige, kompetente und kaufkraftstarke Zielgruppe. Während im ersten Fall ein defizitäres Altersbild vorherrscht, das den älteren Konsumenten emotionale und geistige Fähigkeiten abspricht, räumt das positive Altersbild den Älteren die gleiche Leistungsfähigkeit wie jungen Leuten und eine besondere Konsumkompetenz ein. Tatsächlich sei keine Altersgruppe so heterogen wie Menschen ab 60 Jahre, sagt Gröppel-Klein.
Welche Altersbilder bei Handel und Herstellern jeweils Ausschlag gebend sind, lässt sich an der Werbung für diese Zielgruppe ablesen. In mehreren Abschlussarbeiten am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung wurde die Werbung für ältere Menschen untersucht. „Es zeigt sich, dass viele Marken eine schizophrene Beziehung zum Alter haben“, sagt Andrea Gröppel-Klein. „Die Unternehmen rühmen sich ihrer langen Tradition und dem entsprechend hohen Alter ihrer Marke, schrecken aber davor zurück, in der Werbung ältere Menschen zu zeigen.“ Dass diese in der Werbung nicht nur unterrepräsentiert sind, sondern oft mit klischeehaften Rollen belegt werden, ist ein weiterer Punkt, den die Wissenschaftlerin kritisiert. Zwar seien ältere Männer in der Werbung durchaus als kompetente und erfahrene Fachleute vertreten, ältere Frauen würden aber oft auf die Rolle als Kuchen backende Großmutter reduziert. „Die Werbung muss viel realistischere Motive aufgreifen“, fordert Gröppel-Klein.
Dass auch die Annahmen zum Konsumverhalten Älterer veraltet sind, hat die Wissenschaftlerin ebenfalls im Altenbericht dargelegt. „Der Mythos, dass ältere Menschen nicht mehr gerne einkaufen gehen, stimmt nicht“, sagt sie. Im Gegenteil: Die Gesellschaft für Konsumforschung habe gezeigt, dass die Zahl der Einkaufstripps nach Eintritt ins Rentenalter signifikant ansteige und Ältere mindestens ein Drittel häufiger als Jüngere zum Einkaufen gingen. Auch wechselten ältere Menschen bei Produkten des täglichen Bedarfs besonders häufig die Marke und ließen sich genauso wie jüngere Menschen für neue Produkte begeistern. „Generell setzen sich zu wenige Unternehmen wirklich mit der Zielgruppe der älteren Konsumenten auseinander“, meint die BWL-Professorin, So gebe es beispielsweise für die ältere Kundin viel zu wenig Angebote für qualitativ hochwertige und gleichzeitig attraktive Mode. „Der Wunsch nach Attraktivität hört nicht auf, nur weil man alt ist“, fasst sie empirische Forschungsergebnisse zusammen.
Durch negative Altersbilder, die älteren Konsumenten von vorneherein geringere geistige und körperliche Fähigkeit zuordneten, fühlten sich alte Menschen oft diskriminiert. „Das reicht von viel zu oberflächlichen Produktbeschreibungen, die das Informationsbedürfnis der älteren Kundschaft nicht befriedigen, über das Servieren kleiner Portionen im Restaurant bis hin zu Einschränkungen bei der Kreditvergabe oder der Autovermietung“, sagt Andrea Gröppel-Klein. Dass beispielsweise die Orientierungsfähigkeit im Alter nicht zwangsläufig abnimmt, zeigten Tests des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung mit Händlern der Region. „Zwar brauchten ältere Menschen etwas mehr Zeit, um bestimmte Produkte im Verkaufsraum zu finden, das war aber auf ihr langsameres Gehtempo zurückzuführen. Meist legten sie sogar eine kürzere Wegstrecke bis zum Produkt zurück“, hat die Saarbrücker Wissenschaftlerin herausgefunden.
Link zum Altenbericht: http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/aeltere-menschen,did=164568.html
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Prof. Andrea Gröppel-Klein
Tel.: 0681 302-2135
E-Mail: ikv@ikv.uni-saarland.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Weltweit einmalige Unterwasser-Horchstation PALAOA feiert fünfjährigen Geburtstag
Dipl.-Ing. Margarete Pauls
Communications Department
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung
Live im Internet anhören, was unter dem Eis der Antarktis geschieht: Das ermöglicht die Unterwasser-Horchstation PALAOA des Alfred-Wegener-Instituts bereits über fünf Jahre lang. Seit dem 28. Dezember 2005 zeichnet das akustische Observatorium kontinuierlich Klänge unter dem Eis in der Nähe der Neumayer-Station auf. Mit dieser weltweit längsten zivilen akustischen Messreihe können Forscher die Anwesenheit und das Verhalten von Tieren unter dem Eis studieren. Dies hat zu vielen neuen Erkenntnissen über die Verbreitung mehrerer Wal- und Robbenarten geführt.
Die Aufzeichnung der Unterwasser-Rufe von Meeressäugern ist in der eisbedeckten Antarktis eine der vielversprechendsten Methoden, um die Verbreitungsgebiete und saisonalen Wanderungen von Meeressäugern zu untersuchen. Dort gibt es nur wenige visuelle Sichtungen dieser Tiere, denn selten kommen Menschen in die Antarktis und die Tiere tauchen nur gelegentlich zum Atmen auf. Akustische Aufnahmen sind dagegen ganzjährig durchführbar. So haben die Ozean-Akustiker vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft mit Hilfe des Observatoriums PALAOA unter anderem entdeckt, dass Seeleoparden und Rossrobben die antarktischen Gewässer nahe der Neumayer-Station III besiedeln.
Mittlerweile ist bei vielen Lauten bekannt, zu welchen Arten und zum Teil zu welchen Verhaltensweisen sie gehören, was weitere Rückschlüsse beispielsweise auf Paarungs- und Fortpflanzungszeiten erlaubt. So zeigten die Gesangsmuster von Seeleoparden und Rossrobben, dass sich beide Arten auch in den antarktischen Küstengewässern fortpflanzen. Bisher war dies nur von Weddellrobben und Krabbenfresserrobben bekannt.
Vergleiche zwischen verschiedenen Untersuchungsjahren lassen vermuten, dass die Fortpflanzungszeit an bestimmte Typen von Eis gekoppelt ist, auf denen die Tiere ihre Jungen zur Welt bringen. „Einige Robbenarten beginnen ihre Fortpflanzungsgesänge tatsächlich jedes Jahr in derselben Kalenderwoche“, beschreibt Dr. Ilse van Opzeeland das überraschend genaue Timing der Tiere. Erstaunt waren die Forscher des Alfred-Wegener-Instituts, Buckelwale am Rande des antarktischen Kontinents zu hören, und das sogar im Winter. Auch die Gesänge von Blauwalen hat das Observatorium aufgezeichnet und damit die bisherige Vermutung widerlegt, diese größten auf der Erde lebenden Tiere würden eisbedeckte Gewässer meiden.
Auch 50 Jahre nach Ende des kommerziellen Walfanges in der Antarktis ist noch sehr wenig über die langfristige Populationsentwicklung bei diesen fast ausgerotteten Großwalen bekannt. Traditionelle, auf Sichtungen beruhende Zählungen registrieren oft nur wenige Tiere während einer mehrmonatigen Reise. Demgegenüber enthalten die PALAOA-Daten fast täglich Blauwalvokalisationen, denn die Rufe dieser Tiere haben mit mehreren hundert Kilometern eine sehr große Reichweite. Solche Informationen sind außerordentlich wichtig, um ein generelles Verständnis der Lebensweise, der Bestandsgröße und Erholung von Großwalen zu beurteilen, die noch immer auf vielfältige Art und Weise bedroht sind.
Die lautesten von PALAOA registrierten Geräusche stammen von Eisbergkollisionen: Ungefähr einmal im Jahr prallen in Hörweite der Station Giganten bis zur Größe Berlins aufeinander oder an den Rand des Schelfeises und sorgen für ordentlich Lärm in den Bremerhavener Büros der Ozean-Akustiker, die bei der täglichen Arbeit von den Live-Tönen aus der Antarktis begleitet werden. Neben der Forschung fanden die außergewöhnlichen Klänge aus dem Antarktischen Ozean mehrfach Eingang in Radio und Fernsehen sowie in Werke von Musikern, Komponisten und bildenden Künstlern. 2010 sahen und hörten mehr als drei Millionen Besucher die begehbare, auf der Ruhr in Essen schwimmende Skulptur und Klanginstallation „Iceberg PALAOA“, die zu den Highlights der Kulturhauptstadt Europa „RUHR2010″ gehörte.
Hintergrund:
PALAOA steht für PerenniAL Acoustic Observatory in the Antarctic ocean (ganzjähriges akustisches Observatorium im Antarktischen Ozean) und bedeutet außerdem „Wal“ in der alt-hawaiianischen Sprache. Es ist das einzige Hydroakustik-Observatorium in der unmittelbaren Umgebung des antarktischen Kontinents, genauer gesagt auf dem Ekström-Schelfeis in der östlichen Weddellsee auf der Position 70°31’S 8°13’W. Rund 25 Kilometer nördlich der deutschen Neumayer-Station wurden dort im Dezember 2005 mehrere Hydrophone und Sensoren durch Bohrlöcher unter dem 100 Meter dicken, schwimmenden Eisschild positioniert. Die kontinuierliche Aufzeichnung der Unterwasser-Geräuschkulisse über mehrere Jahre hinweg erlaubt dort erstmals Beobachtungen der Tierwelt auch während der Wintermonate sowie Vergleiche zwischen verschiedenen Jahren. PALAOA ist energetisch autark: Solarzellen und Windgenerator versorgen das Observatorium zu 90 % der Zeit mit regenerativer Energie. Während der mehrmonatigen Dunkelheit des antarktischen Winters und bei Temperaturen von bis zu 50°C springt an windstillen Tagen eine mit Methanol betriebene Brennstoffzelle ein, um den durchgehenden Betrieb zu gewährleisten. Die Horchstation hat in den letzten fünf Jahren mehr als 30.000 Stunden (6 Terabyte) Daten aufgezeichnet und registriert eine weite Bandbreite von Frequenzen. Damit erfasst PALAOA die niederfrequenten Laute von Blauwalen ebenso wie das hochfrequente Klicken, das Schwertwale sozusagen als biologisches Echolot zur Orientierung einsetzen. Neben der Akustik werden ozeanografische Daten, die Bewegung von Schelf- und Meereis sowie der lokale Schiffsverkehr erfasst, um deren Einfluss auf das Verhalten der großen Meeressäuger zu untersuchen. Die Forscher hoffen noch auf einige Jahre Daten, bis das Eisstück, auf dem PALAOA steht, abbrechen und als treibender Eisberg den Südkontinent umrunden wird.
Klangbeispiele und Wissenswertes über PALAOA finden Sie im Internet unter: http://www.awi.de/de/aktuelles_und_presse/hintergrund/palaoa_wie_klingt_das_suedpolarmeer/
Die Aufnahmen werden über eine WLAN- und Satellitenleitung direkt nach Bremerhaven übertragen und können als Livestream hier mitgehört werden: http://www.awi.de/PALAOA
Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der sechzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
UDE: Forschung für sauberes Wasser
Beate Kostka M.A.
Pressestelle
Universität Duisburg-Essen
Wie wichtig die Forschung um eine ständige Optimierung der Wasseraufbereitung ist, zeigt ein gemeinsames Projekt der Fachgebiete Verfahrenstechnik / Wassertechnik sowie Mechanik und Robotik an der Universität Duisburg-Essen. „BaCaMe“ (Backwash Capillary Membrane) wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit rund 700.000 Euro gefördert.
Wir benutzen es täglich zum Duschen und Zähneputzen, zum Waschen und Putzen, oder um uns einfach nur zu erfrischen: Trinkwasser kommt in Deutschland aus jedem Wasserhahn. Was aber alles notwendig ist, um Grund- oder Oberflächenwasser trinkbar zu machen, darüber denkt man im Alltag kaum nach.
Konkret geht es beim BaCaMe-Projekt um die Optimierung der Spülung von Kapillarmembranen, die innerhalb der Trinkwasseraufbereitungsanlagen für eine Filterung des Wassers sorgen. „Die Filterung durch Membranen ist eine bewährte Methode, die von Professor Rolf Gimbel seit einigen Jahren vorangetrieben wird“, sagt Wojciech Kowalczyk, Professor am Lehrstuhl für Mechanik und Robotik der UDE, der gemeinsam mit Rolf Gimbel vom Fachgebiet Verfahrenstechnik / Wassertechnik an dem DFG-Projekt arbeitet.
Dabei werden Partikel und Stoffe aus dem Wasser gefiltert, die dem Menschen Schaden zufügen könnten, oder das Wasser trüben oder verunreinigen. „Diese Partikel lagern sich aber wiederum an den Membranen ab – und müssen durch eine so genannte Rückspülung entfernt werden, damit die Aufbereitungsanlage weiter effektiv arbeiten kann, weniger Energie verbraucht und nicht verstopft oder gar ausfällt“, sagt Kowalczyk. „Der Rückspülprozess stellt ein noch weitgehend unerforschtes Gebiet dar, mit einem hohen Potential, die Effizienz des Filtrationsprozesses deutlich zu erhöhen.“
Wasseraufbereitung kann noch optimiert werden
Wann im Betriebsverlauf der Wasseraufbereitungsanlage diese Rückspülung durchgeführt werden sollte, mit welchem Druck und welcher Geschwindigkeit, das erforschen die UDE-Wissenschaftler in dem von der DFG geförderten Projekt. „Gesucht werden die optimalen Parameter, um einen möglichst störungsfreien Betrieb der Wasseraufbereitung zu garantieren“, so Kowalczyk. Bisher werden die Spülungen oft erst durchgeführt, wenn schon eine erhebliche Druckdifferenz in der Anlage vorherrscht. „Wir gehen in Deutschland ganz selbstverständlich davon aus, dass Trinkwasser immer und überall verfügbar ist. Dabei gibt es einige Prozesse bei der Aufbereitung, die zu optimieren sind.“
Innerhalb des interdisziplinären Projekts müssen zunächst die Mechanismen genau untersucht werden, die für das Ablösen und den Abtransport von Partikeln innerhalb der Kapillarmembran verantwortlich sind. Dazu werden Versuche mit speziell konzipierten Laboranlagen sowie strömungsmechanische Simulationen am Computer durchgeführt. Die gewonnenen Erkenntnisse über die Rückspülmechanismen werden zur Entwicklung optimierter Spülbedingungen verwendet. Diese werden anschließend in Langzeitversuchen unter Verwendung einer voll automatisierten, kommerziell verfügbaren Membrananlage überprüft.
Weitere Informationen:
Rolf Gimbel, Tel. 0203/379-2864 und Wojciech Kowalczyk, Tel. 0203/379-3342
Redaktion: Isabelle De Bortoli, Tel. 0203/379-2430
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Bonner Informatiker wollen Handy zum Museumsführer machen – „Probierwoche“ im Deutschen Museum Bonn
Frank Luerweg
Abteilung Presse und Kommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Das eigene Handy als interaktiver Museumsführer – diese Idee stand am Anfang der Forschungsarbeit „SmartGuide“ des Bonner Instituts für Informatik: Spannende Informationen in Bild, Ton und Video per Fingertipp. Dank einer Kooperation der Universität Bonn mit dem Deutschen Museum kann jeder Besucher das System nun selbst ausprobieren – allerdings zunächst noch auf kostenlosen Leihhandys. Zwischen dem 25. und 29. Januar können Besucher des Deutschen Museums Bonn, Ahrstraße 45, die Geräte mit der innovativen Software am Informationsstand ausleihen.
Die Idee hinter dem SmartGuide ist bestechend einfach: Die Ausstellungsstücke senden für den Menschen unhörbare Signale im Ultraschall-Bereich aus und übermitteln dabei in Form einer Nummer, vor welchem Exponat der Besucher gerade steht. „Handelsübliche Smartphones können diese Signale über ihr eingebautes Mikrophon empfangen“, erklärt Pascal Bihler. „Die von uns entwickelte Software decodiert dann die im Ultraschall-Signal enthaltene Nummer und ruft die dazu passenden Informationen ab. Sobald der Besucher das Ausstellungsstück erreicht, startet auf seinem Smartphone beispielsweise ein Video mit einem erklärenden Kommentar.“
Die Informationsmenge in einer Audio- oder Video-Datei ist zu groß, als dass sie per Ultraschall übertragen werden könnte. Der unhörbare Puls übermittelt daher nur die Codenummer des jeweiligen Exponats. „Die dazu gehörenden Daten ruft das Handy dann beispielsweise per WLAN ab – oder sogar ganz profan von der vorher entsprechend bestückten internen Speicherkarte“, sagt Bihler.
Der Doktorand am Institut für Informatik hat das innovative System zusammen mit seinem Kollegen Jan Paul Imhoff im Rahmen von Imhoffs Diplomarbeit entwickelt. Interessenten können den innovativen „SmartGuide“ vom 25. bis 29. Januar im Deutschen Museum Bonn testen – allerdings zunächst nur auf kostenlos zur Verfügung gestellten Leihhandys.
Für den Testlauf haben die beiden Informatiker zusammen mit der Leiterin des Deutschen Museums Dr. Andrea Niehaus fünf Exponate mit „Ultraschall-Etiketten“ versehen. Sollte alles wie gewünscht funktionieren, könnten Nutzer die Software in Zukunft vielleicht von den jeweiligen „App-Stores“ ihrer Geräte herunterladen. „Apps“ sind kleine Programme, die modernen Handys bestimmte Zusatzfunktionen verleihen – und sie in diesem Fall zu einem ausgewachsenen Museumsführer machen.
Kontakt:
Pascal Bihler
Universität Bonn
Telefon: 0160/97262296
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Dr. Andrea Niehaus
Deutsches Museum Bonn
Telefon: 0228/302252
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Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Abwässer zu Nährstoffquellen
Christian Colmer
Pressestelle
ttz Bremerhaven
China sieht sich mit massiven Abwasserproblemen konfrontiert. Gleichzeitig hat sich das Land zur Aufgabe gemacht, verstärkt in den Markt der Erneuerbaren Energien zu investieren. Das ttz Bremerhaven entwickelt mit der Alensys AG und der Hydro-Air GmbH im Rahmen des Projektes BIOWARE ein System, das kommunale Abwasser mit Grundwasser mischt. Auf diese Weise wird eine innovative Bewässerungstechnik für Energieholzplantagen eingeführt.
Die Entwicklung eines kostengünstigen, wassersparenden und nachhaltigen Bewässerungssystems für Pflanzenkläranlagen ist eines der Zielsetzungen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projektes BIOWARE.
Abwasserbehandlungssysteme sind gerade in ländlichen Gebieten Chinas unzureichend oder nicht existent. Eine durch biologisches Abwasserrecycling erzeugte Nährstofflösung, bestehend aus Ab- und Grundwasser, soll hierfür eine Lösung schaffen und gleichzeitig die effiziente Bewässerung von Energieholzplantagen ermöglichen. Mit dem neuen Bewässerungsverfahren werden nicht nur Wasser und Geld gespart, sondern auch der Einsatz von konventionellen Düngemitteln durch das kontrollierte Aufbringen von Nährstoffen aus dem Abwasser verringert.
Die technologische Verknüpfung von Abwasser und Energieholz soll Bioenergieregionen in China schaffen
Hiermit wird auch der Technologietransfer zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen vertieft werden. Weitere Deutsch-Chinesische Kooperationsprojekte im Bereich der Erneuerbare Energien könnten später folgen, beispielsweise im Zusammenhang mit der Verarbeitung der Energiehölzer.
Mit Hilfe des Bewässerungssystems soll die Wasserqualität kontrolliert und dessen Zufuhr reguliert werden. Dies geschieht online, sodass die Anlage ohne Zeitverzug ortsunabhängig via Internet gesteuert werden kann. Der von BIOWARE zur technischen Umsetzung entwickelte Prototyp besteht aus drei Modulen: einem Bewässerungs-, einem Kontroll- und einem Monitoring-Modul. Im Monitoring-Modul erfassen Sensoren Bodenparameter wie z.B. die Bodenfeuchte. Die Sensoren übertragen die ermittelten Werte an das Kontroll-Modul, das den Nährstoffbedarf der Energieplantage bestimmt und das exakte Mischverhältnis an das Bewässerungsmodul weitergibt. Im Bewässerungsmodul wird aus dem kommunalen Abwasser und dem Grundwasser eine Nährstofflösung hergestellt, die mit Hilfe von Tröpfchenbewässerung auf der Energieplantage verregnet wird. Vor allem in trockenen Gebieten führt diese Bewässerungstechnik zu höheren Biomasseerträgen. Gleichzeitig wird weniger Grundwasser verbraucht und es kommt zu erheblichen Kosteneinsparungen in der Abwasserbehandlung in kleinen kommunalen Kläranlagen.
Noch ist der chinesische Bioenergiemarkt für Strom-, Wärme- und Kraftstoffe unterentwickelt. Durch das neue Monitoring-und Kontroll-System leisten das ttz Bremerhaven und seine Partner einen wertvollen Beitrag zur Förderung regenerativer Energien. Das Ziel Chinas, bis zum Jahr 2020 mindestens 16% der Gesamtkapazität an Energie durch Erneuerbare Energien zu gewinnen, soll durch BIOWARE unterstützt werden.
Das vom Forschungsdienstleister ttz Bremerhaven koordinierte Projekt BIOWARE startete im Oktober 2009 mit einem Gesamtbudget von rund 592.000 Euro. Im Frühjahr 2011 soll der Prototyp des Abwasserrecycling-Systems in Yangjiteng, einer Kleinstadt mit rund 20.000 Einwohnern in der Nähe von Chengdu, installiert werden. Nach einer erfolgreichen Testphase kann das System durch die Vermarktung als Bioenergie-Abwasser-Gesamtkonzept in weiteren Gebieten in China etabliert werden und somit Bioenergieregionen (ähnlich wie die deutschen Bioenergieregionen unter www.bioenergie-regionen.de) schaffen.
Das ttz Bremerhaven ist ein Forschungsdienstleister und betreibt anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung. Unter dem Dach des ttz Bremerhaven arbeitet ein internationales Experten-Team in den Bereichen Lebensmittel, Umwelt und Gesundheit.
Kontakt:
Christian Colmer
Leiter Kommunikation und Medien
ttz Bremerhaven
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D-27572 Bremerhaven (Germany)
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http://www.ttz-bremerhaven.de
Weitere Informationen:
http://www.ttz-bremerhaven.de
Anhang
attachment icon Die BIOWARE-Module Bewässerung, Kontrolle und Monitoring in der Übersicht.
http://idw-online.de/pages/de/attachment7181
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Fett- und kohlenhydratreiche Ernährung kann die Lebenserwartung verkürzen
Dr. Gisela Olias
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke
Potsdam-Rehbrücke – Wie ein Wissenschaftlerteam um Susanne Klaus vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) nun belegt, verkürzt eine lebenslange Ernährung mit viel Fett und viel Kohlenhydraten die Lebenserwartung von Mäusen um 33 Prozent. Dagegen vermindert fettreiches Futter mit einem hohen Eiweiß- aber geringem Kohlenhydratanteil die Lebenserwartung der Nager nur um sieben Prozent. Am längsten leben Mäuse, wenn ihr Futter viele Kohlenhydrate, viel Eiweiß und wenig Fett enthält. Darüber hinaus belegen die neuen Studienergebnisse, dass eine erhöhte Muskelaktivität die negativen Effekte einer fettreichen Ernährung kompensieren kann.
Das Team um Susanne Klaus, Leiterin der DIfE-Arbeitsgruppe „Physiologie des Energiestoffwechsels“, publizierte kürzlich ihre Daten in der Fachzeitschrift Aging Cell (Keipert et al. 2010, DOI: 10.1111/j.1474-9726.2010.00648.x).
Weltweit steigt die Zahl krankhaft übergewichtiger Menschen. Dabei erhöht massives Übergewicht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und bestimmte Krebsarten, was mit einer verkürzten Lebenserwartung verbunden ist. Wissenschaftler gehen daher der Frage nach, welche Ernährungsweise am besten geeignet ist, die Lebenserwartung zu erhöhen. Ergebnisse aus kontrollierten Langzeitstudien, in denen Menschen lebenslang eine vorgegebene Ernährungsweise verfolgen, gibt es nicht. Daher greifen Wissenschaftler auf Tiermodelle zurück, um ernährungsbedingte Langzeiteffekte hinsichtlich der Lebenserwartung zu untersuchen.
Die Wissenschaftler um Susanne Klaus führten eine umfassende Studie an Mäusen durch. Dabei war eine der zwei untersuchten Mausgruppen genetisch so verändert, dass sie über ihre Muskulatur sehr viel Energie verbrauchte. Die andere Mausgruppe entsprach dem unveränderten Wildtyp. Ab der elften Lebenswoche erhielten die Mäuse bis zu ihrem natürlichen Ende eine von drei Futtermischungen, die hinsichtlich der Makronährstoff-Zusammensetzung variierte. Am längsten lebten die Tiere, wenn sie fettarmes Futter bekamen. Die kürzeste Lebenserwartung (ca. 550 Tage) hatten die Mäuse, die schnell an Gewicht zulegten. Bei diesen handelte es sich um die Wildtyp-Tiere, welche die fett- und kohlenhydratreiche Kost verzehrten. Die Mäuse mit erhöhter Muskelaktivität nahmen unter derselben Ernährung zwar auch, aber etwas weniger und deutlich langsamer zu. Sie lebten durchschnittlich etwa 230 Tage länger.
Die zweite fettreiche Futtermischung mit viel Eiweiß und wenig Kohlenhydraten führte bei den Wildtyp-Mäusen zu ähnlichen Effekten, obwohl diese nicht ganz so stark und schnell zunahmen und auch wesentlich länger lebten, nämlich etwa 754 Tage. Dagegen nahmen die Mäuse, die viel Energie in ihren Muskeln verbrannten, unter dieser Kost nicht stärker zu und lebten genau so lange wie unter dem fettarmen Futter, nämlich circa 850 Tage. „Dies zeigt, dass eine gesteigerte Muskelaktivität wesentlich dazu beitragen kann, die negativen Auswirkungen einer fettreichen Ernährung zu kompensieren“, sagt Susanne Keipert, Erstautorin der Studie. „Zudem weisen unsere Daten darauf hin, dass besonders eine schnelle Gewichtszunahme im jugendlichen Alter die Lebenszeit verkürzt“, ergänzt Susanne Klaus. „Würde man die Daten auf den Menschen übertragen, so sollten Menschen, die sich sehr fettreich ernähren, auf ausreichend Bewegung achten und besonders in jungen Jahren eine starke Gewichtszunahme vermeiden“.
Hintergrundinformationen:
Lebenserwartung der einzelnen Mausstämme in Abhängigkeit von der Makronährstoff-Zusammensetzung des Futters:
Mausgruppe; Futtermischung; durchschnittliche Lebenserwartung in Tagen
Wildtyp-Maus; viel Kohlenhydrate, wenig Fett, viel Eiweiß; 814
Wildtyp-Maus; wenig Kohlenhydrate, viel Fett, viel Eiweiß; 754
Wildtyp-Maus; viel Kohlenhydrate, viel Fett, moderater Eiweißanteil; 548
Maus mit erhöhter Muskelaktivität; viel Kohlenhydrate, wenig Fett, viel Eiweiß; 849
Maus mit erhöhter Muskelaktivität; wenig Kohlenhydrate, viel Fett, viel Eiweiß; 852
Maus mit erhöhter Muskelaktivität; viel Kohlenhydrate, viel Fett, moderater Eiweißanteil; 785,5
Anteil der einzelnen Makronährstoffe zur Energiezufuhr bezogen auf die drei unterschiedlichen Futtersorten:
• Futtersorte 1: mit viel Kohlenhydraten (41,0 Prozent), viel Fett (43,0 Prozent) und moderatem Eiweißanteil (16,0 Prozent)
• Futtersorte 2: mit wenig Kohlenhydraten (11,5 Prozent), viel Fett (43,6 Prozent) und viel Eiweiß (45,0 Prozent)
• Futtersorte 3: mit viel Kohlenhydraten (41,1 Prozent) , wenig Fett (17,2 Pozent) und viel Eiweiß (41,7 Prozent)
Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsbedingter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Forschungsschwerpunkte sind dabei Adipositas (Fettsucht), Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.
Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 86 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte Mitglieder. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute arbeiten strategisch und themenorientiert an Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 14.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 6.500 Wissenschaftler, davon wiederum 2.500 Nachwuchswissenschaftler. Näheres unter http://www.leibniz-gemeinschaft.de.
Kontakt:
Prof. Dr. Susanne Klaus
Arbeitsgruppe Physiologie des Energiestoffwechsels
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Arthur-Scheunert-Allee 114-116
14558 Nuthetal/Deutschland
Tel.: +49 33200 88 326
E-Mail: klaus@dife.de
Dr. Gisela Olias
Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Arthur-Scheunert-Allee 114-116
14558 Nuthetal/Deutschland
Tel.: +49 33200 88 278/335
Fax: +49 33200 88 503
E-Mail: olias@dife.de
Weitere Informationen:
http://www.dife.de/de/index.php?request=/de/forschung/abteilungen/kurzprofil.php… Informationen zur Arbeitsgruppe von Frau Prof. Klaus
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Die Atmosphäre reinigt sich besser als befürchtet
Dr. Susanne Benner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Chemie
Die Konzentration der Schadstoff abbauenden Hydroxylradikale in der Luft bleibt weltweit stabil
Die Erdatmosphäre reagiert weniger empfindlich auf Schadstoffe, als einige Forscher bislang fürchteten. Die Konzentration der Hydroxylradikale in der Atmosphäre hat sich in den vergangenen Jahren nämlich kaum verändert, wie ein internationales Forscherteam herausgefunden hat, an dem auch Wissen-schaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz beteiligt waren. Hydroxylradikale reinigen die Luft, weil sie organische Stoffe wie etwa das klimaschädliche Methan abbauen. Da diese Selbstreinigungskraft in den letzten Jahren kaum schwankte, gehen die Forscher davon aus, dass sie zu-mindest durch bisherige Umweltveränderungen nur geringfügig beeinträch-tigt wird. Sie widerlegen damit die Auffassung anderer Wissenschaftler, die die Atmosphäre für sehr empfindlich gegenüber Luftschadstoffen hielten.
Wie sich unsere Erdatmosphäre von Luftverschmutzungen und schädlichen Gasen reinigt, wird nun klarer. Mit ihrer aktuellen Studie hat ein internationales Forscherteam um Wissenschaftler der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in den USA und des Max-Planck-Instituts für Chemie einen wichtigen Schritt getan, um dieses Verständnis zu verbessern. Ihrer Untersuchung zufolge schwankt die weltweite Menge der Hydroxylradikale in der Luft von Jahr zu Jahr lediglich um wenige Prozent. Manche Forscher hatten angenommen, dass sie sich um bis zu 25 Prozent verändert.
Die Hydroxylradikale sind für die Selbstreinigungskraft der Atmosphäre von zentraler Bedeutung, da sie die Luft von vielen gefährlichen Schadstoffen befreien. Die Radikale oxidieren Kohlenwasserstoffe, unter anderem das Treibhausgas Methan und Abgase aus Industrie und Verkehr, und machen sie damit wasserlöslicher, so dass sie abregnen können.
Jahrelang war allerdings unklar, wie gut die Atmosphäre tatsächlich Schadstoffe oxidieren kann. Einige Untersuchungen legten bedenkliche Schlüsse nahe: Sie ließen vermuten, dass die Reinigungskraft sehr empfindlich auf Umweltverände-rungen reagiert. „Nun wissen wir, dass diese lebenswichtige Eigenschaft unserer Erdatmosphäre, sich selbst von Schadstoffen zu reinigen, recht stabil ist“, sagt Steve Montzka, Erstautor der Studie und Forscher an der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), der Wetter- und Ozeanografiebehörde der USA.
Hydroxyl-Radikale werden recycled
„Wir haben zwar vorausgesagt, dass die Selbstreinigung gut gepuffert ist, er-weisen konnten wir es aber erst durch jahrelange systematische Messungen und modernste Modellierungsverfahren“, sagt Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie. „Unsere Ergebnisse machen die Vorhersagen des Klimas und der globalen Luftqualität zuverlässiger, weil wir die Zusammen-setzung der Atmosphäre mit Computermodellen nun besser beschreiben können“, ergänzt der Initiator der Studie.
Das Hydroxylradikal besteht aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom. Es entsteht in erster Linie durch die vom Sonnenlicht ausgelöste Reaktion von Wassermolekülen und Ozon. Hydroxyl wird aber auch über verschiedene chemi-sche Reaktionen „recycled“, so dass seine Menge stabil bleibt. Die Radikale liegen in der Erdatmosphäre in äußert geringen Konzentrationen vor und werden schnell gebildet, aber im Mittel auch nach etwa einer Sekunde wieder abgebaut, da sie schnell mit anderen Molekülen reagieren. Daher ist es sehr schwierig, die Konzentration genau zu bestimmen.
Um den Gehalt an Hydroxyl dennoch zu ermitteln, bedienen sich Wissenschaft-ler eines Tricks. Sie analysieren ein Molekül in der Atmosphäre, das mit Hydro-xylradikalen reagiert, aber deutlich langlebiger und einfacher zu messen ist: Die Chemikalie Methylchloroform. Methylchloroform wurde lange Zeit als Löse-mittel in Farben, Klebstoffen und zur Reinigung verwendet. Es wird in der Atmosphäre in erster Linie durch die Reaktion mit Hydroxyl abgebaut. Seine Menge korreliert also mit der Hydroxylmenge in der Luft.
Nur ein reduzierter Schadstoffausstoß schützt das Klima dauerhaft
Diese Methode produzierte in den 1980er- und 1990er-Jahren allerdings stark variierende Schätzwerte, die Anlass zu großer Sorge gaben: Hohe Schwankungen der Radikalmengen würden nämlich bedeuten, dass die Selbstreinigungsfähig-keit der Atmosphäre sehr empfindlich auf natürliche oder vom Menschen verursachte Veränderungen der Atmosphäre reagiert. Doch der Grund für die voneinander abweichenden Ergebnisse für die Hydroxylkonzentrationen lag in den andauernden, schwer abschätzbaren Emissionen von Methylchloroform.
Erst in Folge des Montreal-Protokolls zum Schutz der Ozonschicht endete die Produktion von Methylchloroform ab Mitte der 1990er-Jahre. Da die Forscher nun keine neuen Emissionen mehr berücksichtigen mussten, konnten sie von einem kontinuierlichen Abbau des vorhandenen Methylchloroforms ausgehen und die Hydroxylmenge in der Atmosphäre viel präziser ermitteln.
An neun verschiedenen Orten hat das Team von 1998 bis 2008 wöchentlich die Konzentration des Methylchloroforms gemessen, vor allem auf abgelegenen Inseln und Küstenstationen, wo die lokale Luftverschmutzung vernachlässigbar gering ist. Die Messungen fanden im Rahmen eines Programms der NOAA statt, in dem systematisch Luftproben gesammelt werden. Die Ergebnisse der Luftana-lysen rechneten die Forscher in Modellierungen am Max-Planck-Institut für Chemie und an der Universität Wageningen in den Niederlanden auf die globale Methylchloroformmenge hoch.
Die Studie könnte einen jahrelangen Wissenschaftsstreit beenden, in dem die Selbstreinigungskraft der Atmosphäre sehr kontrovers diskutiert wurde. „Es ist befriedigend, wissenschaftliche Fragen abschließend zu klären“, kommentiert der Atmosphärenforscher Lelieveld die Veröffentlichung im Science-Magazin. „Aber auch wenn wir nun einen Grund zur Sorge um unsere Atmosphäre weniger haben, sollten wir dennoch alles dafür tun, den Ausstoß von klima-schädlichen Gasen und Schadstoffen so weit wie möglich zu verringern. Nur so können wir unsere Atmosphäre schützen und weiteren Klimaveränderungen vorbeugen.“
Originalveröffentlichung:
Steve A. Montzka, Maarten Krol, Ed Dlugokencky, Bradley Hall, Patrick Jöckel, Jos Lelieveld
Small Interannual Variability of Global Atmospheric Hydroxyl
Science, 7. Januar 2011
Kontakt:
Prof. Dr. Jos Lelieveld
Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz
Tel.: +49 6131-305 458/459
E-Mail: jos.lelieveld@mpic.de
Dr. Susanne Benner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz
Tel.: +49 6131-305 465
E-Mail: susanne.benner@mpic.de
Weitere Informationen:
http://www.mpg.de/bilderBerichteDokumente/dokumentation/pressemitteilungen/2011/…
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Haarglättungsmittel mit Formaldehyd sind gesundheitsschädlich
Dr. Suzan Fiack
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
BfR – Presseinformation
Bundesinstitut für Risikobewertung
Thielallee 88 – 92, D – 14195 Berlin, Telefon: 030-18412-4300, Telefax: 030-18412-4970 Presserechtlich verantwortlich: Dr. Suzan Fiack
Haarglättungsmittel mit Formaldehyd sind gesundheitsschädlich
BfR rät Verbrauchern und Frisören vom Gebrauch ab
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin rät vom Gebrauch von Haarglättungsmitteln ab, die Formaldehyd in teilweise hohen Konzentrationen enthalten. Aufgefallen waren den Überwachungsbehörden von Baden-Württemberg solche Mittel, die freies Formaldehyd in Konzentrationen von 1,7 bis 1,8 Prozent enthielten. „Solche Konzentrationen können die Gesundheit schädigen“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. Formaldehyd wirkt stark reizend auf Augen, Haut und Schleimhäute. Der Stoff kann außerdem Allergien auslösen und ist vom BfR als krebserzeugend beim Menschen eingestuft worden. In der EU ist Formaldehyd für die Anwendung in Haarglättungsmitteln nicht zugelassen. Offenbar beziehen Verbraucher und Frisiersalons aber mittels Direktimport oder über das Internet Produkte aus dem Ausland, ohne zu wissen, dass diese ihrer Gesundheit schaden können.
Formaldehyd kann Krebs im Nasen-Rachen-Raum auslösen. Neuerdings wird in der Wissenschaft auch ein möglicher Zusammenhang zwischen Formaldehyd und dem Auftreten der myeloischen Leukämie diskutiert. Bekanntermaßen kann Formaldehyd allergische Reaktionen der Atemwege und der Haut auslösen bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock. Es wirkt außerdem stark reizend auf Augen, Haut und Schleimhäute. Für Formaldehyd in der Innenraumluft wurde vom BfR ein sicherer Schwellenwert von 0,1 ppm abgeleitet.
In der EU ist Formaldehyd als Wirkstoff nur in Nagelhärtern in Konzentrationen bis zu 5 Prozent und als Konservierungsmittel in kosmetischen Mitteln nur bis zu einer Konzentration von 0,2 Prozent zugelassen, ab 0,05 Prozent ist eine Kennzeichnung vorgeschrieben. In Haarglättungsmitteln, die die Überwachungsbehörden in Baden-Württemberg untersucht haben, wurden 1,7 bis 1,8 Prozent Formaldehyd festgestellt. Bei der Verwendung von Haarglättungsmitteln mit diesen Konzentrationen besteht für die Anwender ein Gesundheitsrisiko.
Das BfR empfiehlt den zuständigen Behörden der Bundesländer entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, zum Beispiel, Frisiersalons mit Blick auf formaldehydhaltige Haarglättungsmittel zu kontrollieren. Verbrauchern rät das BfR dringend vom Hausgebrauch solcher Produkte ab. Offenbar können sie über den Internet-Versand erworben werden.
Haarglättungsmittel werden eingesetzt, um naturkrauses Haar dauerhaft glatt zu machen. Dabei wird das Mittel auf das Haar aufgetragen, und nach 30 Minuten Einwirkzeit wird das Haar mit einem 230 °C heißen Glätteisen gestreckt. Enthält das Haarglättungsmittel Formaldehyd, wird dieses mit den dabei entstehenden Dämpfen von Frisör und Kunde bzw. vom Privatanwender eingeatmet. Die Freisetzung von Formaldehyd aus den untersuchten Mitteln ist so hoch, dass Reizungen von Haut, Schleimhaut, Augen und Atemwegen, allergische Reaktionen der Haut und weitere Gesundheitsschäden möglich sind.
Formaldehyd in Haarglättungsmitteln dient der Neuvernetzung der durch Hitze gebrochenen Keratine im Haar. Eine lockige Haarstruktur wird dadurch glatt.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.
Weitere Informationen:
http://www.bfr.bund.de/cm/206/formaldehyd_in_haarglaettungsmitteln.pdf Formaldehyd in Haargättungsmitteln (Stellungnahme des BfR)
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Ganz in weiß! Tier-Hochzeiten im Winter
Eva Goris
Kommunikation
Deutsche Wildtier Stiftung
Wenn heimische Wildtiere „Hochzeit feiern“, herrscht oft tiefster Winter.Fuchs und Hase, Waschbär und Marderhund, Iltis und Wiesel sind jetzt auf Partnersuche
Wenn heimische Wildtiere „Hochzeit feiern“, herrscht oft tiefster Winter. Das Liebeslied der Füchse, das jetzt häufig im Wald zu hören ist, erinnert mit seinem „kauw, kaw, kaw“ an das heisere Bellen eines Hundes. Kein Wunder, denn der Rotfuchs (Vulpes vulpes) gehört zur Familie der Hundeartigen (Canidae). „Meist werben mehrere Fuchsrüden gleichzeitig um eine Fähe“, sagt Andreas Kinser, Experte der Deutschen Wildtier Stiftung. „Im Schnee sieht man dann die vielen Spuren der Verehrer, denn Füchse sind jetzt ständig auf den Läufen.“ Doch manchmal hockt die ganze „Hochzeitsgesellschaft“ auch zusammen im Bau. Die Fähe kann gleich unter mehreren Hochzeits-Kandidaten wählen. „Mit ihrem `Fuchs-Parfüm` – einem für menschliche Nasen unangenehm riechenden Ammoniak-Geruch – bringt sie die Hormone der männlichen Tiere in Wallung“, sagt Kinser. In der Fortpflanzungszeit, der Ranz, ist Frau Fuchs nur drei Tage paarungsbereit. Da müssen sich die Rüden bei der Werbung schon auf die Hinterbeine stellen. Ende März kommt dann Leben in den Bau: zwischen vier und sechs zunächst blinde Welpen müssen jetzt ernährt werden.
Der Nachwuchs der heimischen Wildtiere kommt meist erst dann auf die Welt, wenn es wieder wärmer wird. Im Januar/Februar wird erstmal geheiratet. So wie bei den Marderhunden. Der pelzige Allesfresser ist ein Einwanderer aus Ostasien und sieht ein bisschen aus wie der Waschbär. Doch dem asiatischen Doppelgänger fehlen die geringelte Rute und die Gesichtsmaske, die für Waschbären so typisch sind. Waschbären unterbrechen übrigens Ende Februar extra ihre Winterruhe für die Ranz. Auch bei Iltis und Wiesel, Biber und Fischotter beginnt die Paarungszeit jetzt im Winter. Selbst die Feldhasen laufen sich jetzt schon für die Haupt-Rammelzeit im April ein bisschen warm. „Die ersten Boxkämpfe unter besonders hitzigen Hasen sind auf dem Acker trotz der niedrigen Temperaturen schon zu beobachten“, sagt Kinser..
Hoch am Himmel herrscht noch relative Stille – Vögel kommen erst dann in Stimmung, wenn es wieder heller wird. Nur der mächtige Steinadler schwingt sich schon im Januar zur Balz in die Lüfte, um eine Partnerin fürs Leben zu finden. Beide gehen eine Dauerehe ein. Ab Mitte März kommen dann die Küken zur Welt.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Zum Bier brauen die Sonne anzapfen
Rüdiger Mack
Stabsabteilung Kommunikation
Fachinformationszentrum Karlsruhe
Brauereien nutzen solare Prozesswärme
Brauereien bieten gute Voraussetzungen, um solare Wärme in die Produktionsabläufe einzubinden. Wie fast in der gesamten Getränkeindustrie ist die Nachfrage und damit der Wärmebedarf im Sommer am höchsten, wenn auch am meisten Sonnenenergie zur Verfügung steht. Zusätzlich laufen die meisten Prozessschritte auf relativ niedrigem Temperaturniveau ab und der Wärmebedarf ist über Tag und Woche verteilt relativ konstant. Über zwei Pilotprojekte mit verschiedenen Konzepten zur Einbindung der solaren Wärme und deren erste Betriebserfahrungen berichtet das BINE-Projektinfo „Mit solarer Wärme Bier brauen“ (13/10).
Sowohl die verfahrenstechnischen Konzepte der beiden Brauereien als auch die Einbindung der solaren Prozesswärme unterscheiden sich. Bei der Privatbrauerei Hofmühl in Eichstätt können konzentrierende CPC-Kollektoren Temperaturen bis zu 120° C erreichen. Mit der gewonnenen Wärmeenergie wird zuerst die Flaschenwaschmaschine mit heißem Wasser versorgt und anschließend das Brau- und Brauchwasser nachgeheizt. Bei Bedarf wird danach die Raumheizung gespeist. Bei der Hütt-Brauerei in Kassel-Baunatal wird die Solarwärme dazu verwendet, das kalte Brauwasser zu erhitzen. Sie versorgt außerdem verschiedene Schritte des Brauprozesses sowie das Abfüllen, die Filtration und Reinigung mit Heißwasser. Da sich das alles auf einem Temperaturniveau unterhalb von 80° C abspielt, können die Prozesse auch bei geringer Sonneneinstrahlung solar versorgt werden.
Grundsätzlich bietet die solare Prozesswärme interessante Einsatzmöglichkeiten und große Potenziale. Die Pilotprojekte in den beiden Brauereien, aber auch bereits existierende Anlagen in der Metallverarbeitung, Feinkostproduktion, Wäschereien oder Autowaschanlagen belegen die technische Machbarkeit solcher Lösungen. Das BINE-Projektinfo „Mit solarer Wärme Bier brauen“ (13/10) ist kostenfrei beim BINE Informationsdienst von FIZ Karlsruhe erhältlich – im Internet unter http://www.bine.info oder telefonisch unter 0228 92379-0.
BINE Informationsdienst ist ein Service von FIZ Karlsruhe und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert.
FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die im öffentlichen Auftrag weltweit publizierte wissenschaftliche Information zugänglich macht und entsprechende Dienstleistungen zur Verfügung stellt. FIZ Karlsruhe hat die Aufgabe, den nationalen und internationalen Wissenstransfer und die Innovationsförderung zu unterstützen.
» http://www-fiz-karlsruhe.de
Weitere Informationen:
http://www.bine.info/topnavigation/presse/pressemitteilung/zum-bier-brauen-die-s… – Pressemitteilung und Downloadmöglichkeit des BINE-Projektinfo „Mit solarer Wärme Bier brauen“ (13/10)
http://www.bine.info – Homepage BINE Informationsdienst
http://www.bine.info/en – BINE-Infos – jetzt auch in englischer Sprache
http://www.bine.info/topnavigation/presse/bine-pressedienst/ – Abonnieren Sie die Pressenews von BINE Informationsdienst
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Bakterien helfen heilen
Dr. Ute Schönfelder
Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Interdisziplinäres Forschungsprojekt „NanocellCare“ der Universität Jena gestartet
Wenn Bakterien in offene Wunden gelangen, dann droht Gefahr: Denn bakterielle Infektionen können nicht nur gefährliche Blutvergiftungen auslösen, sie behindern auch den normalen Heilungsprozess. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena nutzt ein interdisziplinäres Forscherteam aber gerade die Fähigkeiten bestimmter Bakterien, um Patienten mit chronischen Wunden zu helfen. Die Chemiker des Instituts für Technische Chemie und Umweltchemie lassen von sogenannten Gluconacetobacter-Bakterien das Biomaterial Nanozellulose herstellen, das als Ausgangsmaterial für neuartige Wundauflagen dient. Gemeinsam mit Pharmazeuten, Materialwissenschaftlern, Medizinern und Wirtschaftswissenschaftlern von Universität und Uniklinikum haben die Jenaer Chemiker das Projekt „NanocellCare“ ins Leben gerufen, das gerade gestartet ist. Darin wollen die Forscher Nanozellulose mit verschiedenen Wirkstoffen ausstatten und ihre Einsatzmöglichkeiten in der Wundversorgung testen. Der Freistaat Thüringen unterstützt das Forschungsvorhaben in den kommenden zwei Jahren mit knapp 400.000 Euro aus dem „Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung“.
Möglich macht das Projekt ein weltweit bislang einzigartiges Verfahren zur Gewinnung flächiger Nanozellulose, das in der Nachwuchsforschergruppe um Dr. Dana Kralisch am Institut für Technische Chemie und Umweltchemie entwickelt und etabliert wurde. Bakteriell synthetisierte Nanozellulose (kurz BNC) biete sich durch eine ganze Reihe von Eigenschaften für eine Anwendung im medizinischen Bereich an, erläutert Dr. Kralisch. Die Umweltchemikerin leitet das Projekt „NanocellCare“. „Nanozellulose verfügt aufgrund ihrer Nanostruktur über eine außerordentlich große innere Oberfläche“. Dies ermögliche ein sehr großes Wasserbindungsvermögen und deren Beladung mit Wirkstoffen. „Außerdem lässt sich das Material leicht auf eine Wunde auftragen und schmerzfrei wieder ablösen“, unterstreicht die Jenaer Chemikerin.
Diese Eigenschaften machen das Material besonders für die Therapie chronischer Wunden geeignet. Unter chronischen Wunden leiden meist Patienten, bei denen eine Wundheilungsstörung, etwa als Folge einer Diabetes- oder Gefäßerkrankung vorliegt. Während Wunden der Haut unter normalen Umständen innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen wieder verheilen, bleiben chronische Wunden über Monate, manchmal sogar Jahre bestehen. „Diese Wunden brauchen einen Wundverband, der einerseits überschüssige Wundflüssigkeit aufnehmen und andererseits heilungsfördernde Wirkstoffe abgeben kann“, sagt Projektleiterin Kralisch.
Die Wissenschaftler planen nun, bakteriell synthetisierte Nanozellulose mit verschiedenen Wirkstoffen zu beladen und diese für den Einsatz als aktive Wundauflage für chronische Wunden systematisch zu testen. Neben Informationen über die Effektivität unterschiedlicher Beladungstechniken erhoffen sich Dr. Kralisch und ihre Kollegen auch Erkenntnisse über das Freisetzungsverhalten verschiedener Wirkstoffe oder die Lagerstabilität des Biomaterials in Abhängigkeit von den eingestellten Materialeigenschaften. Parallel sollen die neuen Wundauflagen hinsichtlich ihrer Hautverträglichkeit geprüft werden. Zusätzlich werden von Beginn an Marktanalysen durchgeführt, um die neuen Produkte an den Bedürfnissen des Marktes und der potenziellen Anwender auszurichten.
Neben der Gruppe um Dr. Kralisch gehören dem Forschungsverbund die Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Dagmar Fischer (Professur für Pharmazeutische Technologie), PD Dr. Uta-Christina Hipler (Klinik für Hautkrankheiten), Prof. Dr. Frank A. Müller (Institut für Materialwissenschaft und Werkstofftechnologie) sowie Wirtschaftswissenschaftler der Jenaer Universität an.
Kontakt:
Dr. Dana Kralisch
Institut für Technische Chemie und Umweltchemie der Universität Jena
Lessingstr. 12, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 948457
E-Mail: dana.kralisch@uni-jena.de
Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Sicherheit für den Verkehr – Belastung für die Umwelt
Ralf Garten
Presse- und Informationsstelle
Hochschule Osnabrück
Einsatz von Streusalz ökologisch und ökonomisch problematisch
Der Winter 2009 ist noch in bester Erinnerung, da schlägt das Winterwetter in diesem Jahr erneut zu. Glatte Straßen werden mit Mengen an Streusalz befahrbar gehalten. Aber was bedeutet der enorme Streusalzeinsatz für die Umwelt?
Pünktlich zur Weihnachtszeit 2009 kam die große Kälte und brachte jede Menge Schnee und Eis mit sich. Dauer und Intensität des Schneefalls führten dazu, dass nahezu sämtliche Vorräte an Streusalz in den Städten erschöpft waren. Autofahrer waren froh über jedes Gramm, das verteilt werden konnte. Erhöhte das Salz doch die Chance, sein Ziel unversehrt zu erreichen. Für die Umwelt jedoch bedeutet die Verwendung von Streusalz eine starke Belastung – besonders für Pflanzen und Bäume. Durch den salzhaltigen Sprühnebel im Autoverkehr kommt es nicht nur zu Verätzungen am Blattwerk. Das Salz wird auch über das Wurzelwerk aufgenommen, reichert sich in den Blättern an und führt dort zu nachhaltigen Schäden.
Die Schäden an den Pflanzen werden zumeist im Spätsommer sichtbar. Betroffen sind vorwiegend Bäume im unmittelbaren Straßenrandbereich. „Auffällig sind die Folgewirkungen des Streusalzes insbesondere bei Kastanien, Linden und Ahornen“, erläutert Dr. Helmut Meuser, Professor für Bodenschutz und Bodensanierung an der Hochschule Osnabrück. „Viele Blätter sind bereits im August abgestorben oder weisen Gelbfärbungen – so genannte Chlorosen auf – die vornehmlich bei Nährstoffungleichgewichten entstehen. Oftmals können die Pflanzen durch den hohen Salzgehalt im Boden nur unzureichend Wasser und Nährstoffe aufnehmen“, so Meuser weiter. Das Resultat ist die typische Dreifarbenfolge Braun-Gelb-Grün an den Blättern, die auf Salzschädigungen hinweisen. Problematisch ist, dass insbesondere jene Baumarten den Straßenrand und Alleen säumen, die nur eine sehr geringe Salztoleranz aufweisen und somit besonders anfällig für Schädigungen sind.
Für die Streuung verwendet wird fast ausschließlich Kochsalz (Natriumchlorid). Das Streusalz bewirke, dass essentielle Nährstoffe wie Magnesium und Kalium durch das Natrium ausgetauscht werden und für die Pflanzen nicht mehr verfügbar sind. Zudem wird das sogenannte osmotische Potential, das für die Aufnahme von Wasser aus dem Boden wichtig ist, durcheinander gebracht. Die Pflanze kann im Extremfall sogar verdursten.
Doch nicht nur ökologische Schäden werden durch das Streusalz verursacht. Auch ökonomisch sorgt es für Probleme. Das Natrium im Streusalz beispielsweise bewirkt, dass das Bodengefüge gelockert wird, was zu gefährlichen Bodenabtragungen bzw. Böschungsschäden führen kann. Besonders sichtbar ist dies bei Landstraßen und solchen Verkehrswegen, die auf Böschungen liegen. „Das salzhaltige Wasser fließt hier im Randbereich ab und versickert in den Boden. Dort wird er gelöst und es können bereits nach zwei Jahren erhebliche Straßenschäden auftreten“, unterstreicht der Bodenwissenschaftler. Darüber hinaus wirkt das Salz korrosiv, denn es greift Autos und sämtliche Einrichtungen im Straßenrandbereich an, auch Beton. Hinzu kommen pflegerische und verkehrssichernde Maßnahmen, um das durch Übersalzung entstandene Totholz zu entfernen.
In Deutschland wird seit den 1950er Jahren mit Salz gestreut. Die Schädigungen, die dadurch hervorgerufen wurden, haben zwischenzeitlich eine Umkehr in Richtung Splitt bewirkt. Der Druck der Versicherungswirtschaft, höhere Kosten und eine angeblich vergleichbar schlechte Ökobilanz des Rollsplitts haben in den letzten Jahren allerdings zu einer Renaissance des Einsatzes von Streusalz in deutschen Kommunen geführt. Jährlich werden rund 2 Mio. Tonnen Salz auf deutschen Straßen verteilt.
„Letztendlich sind die ökonomischen Schäden, die durch Streusalz bewirkt werden, nur schwer zu ermessen. Wo möglich empfiehlt es sich daher, das Salz erheblich zu reduzieren und stattdessen auf Rollsplitt oder Sand zurückzugreifen. Dass das Salz ökologisch weitaus bedenklicher ist und nachhaltigere Schäden hervorruft als das Splitt ist hingegen eindeutig. „, ergänzt Prof. Meuser.
Das Splitt löst den Schnee zwar nicht auf, sorgt aber ebenso gut dafür, dass man wohlbehalten sein Ziel erreicht.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Weniger Komplikationen bei Zahnimplantaten, wenn das Zahnfleisch vorbehandelt wird Kay Gropp
Pressestelle
Private Universität Witten/Herdecke gGmbH
Zahnmediziner der Universität Witten/Herdecke veröffentlicht erste Studie zur Anwendung von so genannten Expandern bei Menschen
In einer ersten Studie zu so genannten Expandern in der Zahnmedizin konnte der Parodontologe der Universität Witten/Herdecke, Prof. Dr. Anton Friedmann, jetzt nachweisen, dass eine Vordehnung des Zahnfleischs für weniger Komplikationen bei einer späteren Zahnimplantation sorgt. „Das war bisher nur in Tierversuchen ausprobiert worden und mein Kollege Kaner und ich konnten jetzt die erste Studie an Menschen durchführen. Es ist eine kleine Studie, in der es im Wesentlichen darum ging, die Machbarkeit zu prüfen“, erklärt er die Bedeutung. Bei zwölf Patienten wurde das Zahnfleisch vorgedehnt und nach einem darauf folgenden Knochenaufbau Implantate eingesetzt. Alle Implantate heilten problemlos ein, auch wenn bei zwei Patienten in der Phase der Zahnfleischdehnung leichte Komplikationen auftraten.
Zum Hintergrund: Nach einem Zahnverlust entwickeln sich der Kieferknochen und auch das Zahnfleisch zurück. Je mehr Zähne fehlen und je länger der Verlust zurückliegt, um so mehr. Wenn erst nach Jahren der Zahnlosigkeit Implantate eingesetzt werden, muss oft erst der Kieferknochen wieder aufgebaut werden. „Man kann sich leicht vorstellen, dass das Zahnfleisch dabei ziemlich beansprucht wird. Es muss am Ende des Eingriffs quasi um einen größer gewordenen Knochen passen, ohne selber größer geworden zu sein. Darum haben wir uns das Vorbild der plastischen Chirurgie genommen. Dort wird ja auch die Haut mit einem so genannten Expander vorgedehnt, wenn zum Beispiel bei Frauen nach einer Brustkrebsoperation die Brust wieder aufgebaut wird“ schildert Friedmann seine Idee. Ein Anbieter hat unter der Leitung der Dres. Kaner und Friedmann seine kleinen Kapseln weiterentwickelt. Jetzt werden sie unter das Zahnfleisch eingeschoben und dehnen sich durch Feuchtigkeit dort auf ein vorgegebenes Maß aus. „Es entsteht ein Hohlraum, den der später durchzuführende Knochenaufbau ausfüllen kann, ohne das Zahnfleisch zu beanspruchen. Diese Vorbehandlung dauert sechs bis acht Wochen, aber das Ergebnis zeigt ganz eindeutig: Die Patienten profitieren davon“, bewertet Friedmann seine Studie. Denn das Zahnfleisch ist wichtig für den Kieferknochen, es schützt ihn vor Entzündungen und versorgt ihn mit Blut. „Gerade wenn ein Implantat gesetzt wird – und das heißt ja, dass da eine Halterung für den späteren Zahn in den Knochen einwachsen muss – dann sind das Eingriffe, die ein Maximum an Zuverlässigkeit erfordern. Die Heilung der entstehenden Wunden unterstützt das Zahnfleisch ganz wesentlich.“
Das neue Verfahren dürfen Zahnärzte nur nach einer Schulung zur Handhabung der Expander bei ihren Patienten anwenden. Neben der Universität Witten/Herdecke bieten zahlreiche Zahnärztekammern diese Schulungen an. In der Zahnklinik der Universität Witten/Herdecke wird dieses Verfahren den Patienten angeboten.
Die Arbeit wurde im Original veröffentlicht im Journal of Cinical Periodontology 2010 doi: 10.1111/j.1600-05IX.2010.01630.x: Kaner D, Friedmann A Soft tissue expansion with self-filling osmotic tissue expanders before vertical ridge augmentation: a proof of principle study.
Weitere Informationen
bei Prof. Dr. Anton Friedmann, 02302/926-656 (Sekr.) Anton.Friedmann@uni-wh.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
UDE: Neues Buch zu Berufsbildung und Beschäftigung
Katrin Braun
Pressestelle
Universität Duisburg-Essen
Wie flexibel muss ein Arbeitnehmer heute sein, damit sein Job sicher ist? Eine gute und breite Berufsausbildung hilft beim Einstieg und Aufstieg, reicht aber oft nicht mehr aus, um den veränderten Anforderungen im Betrieb und am Arbeitsmarkt zu genügen. „Qualifizierte Facharbeit im Spannungsfeld von Flexibilität und Stabilität“ ist Titel und Thema einer neuen Veröffentlichung aus dem Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen.
Wissenschaftler verschiedener Institute untersuchten organisatorische Bedingungen, unter denen Beschäftigte im Betrieb und auf dem Arbeitsmarkt ihre beruflichen Fähigkeiten und Qualifikationen besser verwerten und weiter entwickeln können. „Denn ‚Beruflichkeit‘ kann ihr Potenzial auf dem Markt nur dann entfalten, wenn die Aus- und Fortbildung mit den organisations- und personalpolitischen Veränderungen in den Unternehmen Schritt hält“, so Prof. Dr. Gerhard Bosch, der das Projekt „Beruflichkeit, Organisations- und Personalentwicklung im Spannungsfeld zwischen Restrukturierung und Kompetenzsicherung“ leitet. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Der Sammelband stellt drei innovative Konzepte der Personalpolitik vor, mit denen Unternehmen die Versorgung mit qualifizierten Fach- und Führungskräften langfristig sichern können. Ein erster Ansatz sind unternehmensübergreifende Lernallianzen. Insbesondere in Betrieben, die eine vollständige Erstausbildung in eigenen Lehrwerkstätten nicht anbieten können, sind solche Ausbildungskooperationen eine Alternative, um den Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu decken.
Unternehmensinterne Arbeitsmärkte
Eine zweite Strategie besteht darin, die Mobilität auf dem unternehmensinternen Arbeitsmarkt zu erhöhen: „Immer mehr Unternehmen gründen Versetzungsabteilungen, um das Qualifikationspotenzial der Beschäftigten zu erweitern. Damit reagieren sie durch interne Qualifizierung auf organisatorische Veränderungen wie die Schließung von Abteilungen oder Stilllegung ganzer Betriebsteile und bauen Beschäftigung an anderer Stelle auf“, argumentiert Gernot Mühge vom IAQ. Fachliches und betriebsspezifisches Wissen kann auf diese Weise im Unternehmen gehalten werden, Entlassungen werden vermieden.
Ein dritter Themenblock befasst sich mit dem Trend zur Höherqualifizierung und den Aufstiegsperspektiven von beruflich qualifizierten Beschäftigten in Zeiten, in denen die Akademikerquote ansteigt. „Berufliche Fortbildungsabschlüsse bieten nach wie vor gute Karrierechancen, denn meist verfügen beruflich qualifizierte Beschäftigte über mehr handlungsorientiertes Wissen als Hochschulabsolventen“, bestätigt Dr. Dorothea Voss-Dahm vom IAQ.
Im abschließenden Themenblock werden der Einsatz und die Verbreitung verschiedener Flexibilitätsstrategien in Unternehmen untersucht. Ein Ergebnis: Besonders in verantwortungsvollen Tätigkeitsbereichen der deutschen Wirtschaft werden stärker interne als externe Flexibilisierungsinstrumente genutzt.
Weitere Informationen:
http://www.iaq.uni-due.de/aktuell/veroeff/2011/vossdahm01.php
Dr. Dorothea Voss-Dahm, Tel. 0203/379-1826, dorothea.voss-dahm@uni-due.de; Gernot Mühge, Tel. 0203/379-2391, gernot.muehge@uni-due.de
Redaktion:
Claudia Braczko, Tel. 0170/8761608, presse-iaq@uni-due.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Pflanzenschutzmittel werden meist vorschriftsmäßig verwendet
Nina Banspach
Pressestelle
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Pflanzenschutz-Kontrollprogramm zeigt Verstöße bei Anwendungen auf Freilandflächen auf
Handel und landwirtschaftliche Betriebe gehen mehrheitlich korrekt und vorschriftsmäßig mit Pflanzenschutzmitteln um. Das belegt der Jahresbericht 2009 zum Pflanzenschutz-Kontrollprogramm, der vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Braunschweig herausgegeben wurde. Bei der Unkrautbekämpfung auf befestigten Freilandflächen lag in vielen Fällen jedoch nicht die erforderliche Genehmigung vor.
Die Länderbehörden kontrollierten im Jahr 2009 in 2.727 Handelsbetrieben, ob das Verkaufspersonal sachkundig ist, ob die angebotenen Pflanzenschutzmittel eine Zulassung haben sowie richtig gekennzeichnet sind, und ob das Selbstbedienungsverbot und die Unterrichtungspflicht eingehalten werden. Die Kontrollen erstreckten sich auch auf den Internethandel. Bei der Kontrolle von 5.045 Betrieben der Landwirtschaft, des Gartenbaus und der Forstwirtschaft wurden die Sachkunde der Anwender überprüft, und inwieweit sie die Auflagen und Bestimmungen bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln beachten.
Bei den Kontrollen im Handel stellte sich heraus, dass rund 86 Prozent der Betriebe den Verkauf von Pflanzenschutzmitteln vorschriftsmäßig angezeigt hatten. In 92,3 Prozent der Betriebe wurde das Selbstbedienungsverbot beachtet und in 95,6 Prozent der kontrollierten Betriebe verfügte das Verkaufspersonal über die erforderliche Sachkunde. Allerdings fanden die Kontrolleure in jeder fünften Verkaufsstelle ein oder mehrere Pflanzenschutzmittel vor, die nicht verkehrsfähig waren.
Die Kontrollen in landwirtschaftlichen Betrieben zeigten, dass die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft in der Regel korrekt erfolgt. 98,8 Prozent der beruflichen Anwender verfügten über die notwendige Sachkunde. Bei 97,6 Prozent der Pflanzenschutz-Geräte lag ein Nachweis über die turnusmäßige Überprüfung vor. Anwendungs- oder Bienenschutzbestimmungen wurden auf 95,7 Prozent der Flächen eingehalten. Die Beanstandungsraten sind jedoch nicht repräsentativ, da ein Teil der Kontrollen anlassbezogen erfolgte.
Im Pflanzenschutz-Kontrollprogramm wird auch die Unkrautbekämpfung auf befestigten Freilandflächen kontrolliert (Bürgersteige, Garagenauffahrten, Parkplätze, Hof- und Gewerbeflächen). Nach dem Pflanzenschutzgesetz ist die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf solchen Flächen verboten. Im Einzelfall können die Behörden der Bundesländer Ausnahmen von diesem Verbot genehmigen, allerdings nur, wenn eine Maßnahme unbedingt notwendig ist und es keine praktikablen Alternativen zu Pflanzenschutzmitteln gibt. Im Jahr 2009 stellte sich bei 40 Prozent der 849 kontrollierten Flächen heraus, dass Pflanzenschutzmittel ohne eine solche Genehmigung eingesetzt worden waren. Da ein großer Teil dieser Kontrollen auf Grund von Anzeigen oder Verdachtsmomenten erfolgte, ist die Beanstandungsquote jedoch nicht repräsentativ.
Traten Verstöße im Handel mit oder bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf, haben die zuständigen Länder die Verstöße geahndet.
Im Jahr 2009 fanden intensive Kontrollen von gebeiztem Maissaatgut, Maissägeräten und dem ausgebrachten Maissaatgut statt. Die Kontrollen in acht Beizbetrieben, in 143 Handelsbetrieben und in 686 Maisanbaubetrieben ergaben, dass die Vorschriften der „Verordnung über das Inverkehrbringen und die Aussaat von mit bestimmten Pflanzenschutzmitteln behandeltem Maissaatgut“ (MaisPflSchMV) größtenteils eingehalten wurden. Die strengen Vorschriften für die Beizung und Aussaat wurden erlassen, nachdem im Jahr 2008 Bienenvölker durch Clothianidin-haltige Stäube bei der Aussaat von Mais geschädigt worden waren.
In dem Schwerpunkt „Insektizide in Gemüse“ wurden im Zeitraum 2007 bis 2009 insgesamt 741 Anbauflächen mit Salat, Gurken, Tomaten, Möhren oder Kopfkohl kontrolliert. Dabei wurden auf 35 Flächen (4,7 Prozent) unerlaubte Wirkstoffe festgestellt. Bei knapp der Hälfte der Beanstandungen wurden Wirkstoffe nachgewiesen, die zwar in Deutschland in Pflanzenschutzmitteln enthalten sein dürfen, aber nicht in der Kultur angewendet werden durften. In acht Fällen (1,1 Prozent) ergaben sich Beanstandungen, da Wirkstoffe nachgewiesen wurden, für die es zwar zeitweise Genehmigungen in den jeweiligen Kulturen gab, jedoch nicht zum Zeitpunkt der Anwendung. Auf acht Flächen (1,1 Prozent) wurden Wirkstoffe nachgewiesen, deren Anwendung EU-weit unzulässig ist.
Der Jahresbericht 2009 und weitere Informationen zum Pflanzenschutz-Kontrollprogramm
sind online abrufbar unter: http://www.bvl.bund.de/psmkontrollprogramm.
Über zugelassene Pflanzenschutzmittel informiert das BVL unter: http://www.bvl.bund.de/infopsm.
Hintergrundinformation
Im Pflanzenschutz-Kontrollprogramm werden der Handel und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln systematisch überwacht. Die Durchführung der Kontrollen und die Ahndung von Verstößen liegen in der Zuständigkeit der Bundesländer. Das BVL koordiniert das Programm auf Bundesebene. Ein regelmäßiger Informationsaustausch, abgestimmte Prüfmethoden und bundesweite Kontrollschwerpunkte gewährleisten einen einheitlichen und hohen Standard bei der Überwachung. Bund und Länder analysieren die Ergebnisse der jährlichen Berichte und treffen Maßnahmen, um die Zahl der Verstöße gegen das Pflanzenschutzrecht zu reduzieren.
Das BVL ist eine eigenständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Es ist für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, Tierarzneimitteln und gentechnisch veränderten Organismen in Deutschland zuständig. Im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit übernimmt das BVL umfassende Managementaufgaben und koordiniert auf verschiedenen Ebenen die Zusammenarbeit zwischen dem Bund, den Bundesländern und der Europäischen Union. Im Zusammenwirken mit nationalen Behörden in anderen Mitgliedstaaten der EU setzt sich das BVL für den wirtschaftlichen Verbraucherschutz ein.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Dachs mit Bio-Heizung im Bau
Eva Goris
Kommunikation
Deutsche Wildtier Stiftung
Die Deutsche Wildtier Stiftung verrät, wie Familie Dachs durch den Winter kommt – es gibt eine Bio-Heizung und ein Außen-WC
Ganz Deutschland bibbert. Das Schnee-Tief namens „Petra“ hat uns eiskalt erwischt. Hinterm warmen Ofen lässt sich der Wintereinbruch gut aussitzen. Doch was macht der Dachs in seinem Bau? „Er hat eine Bioheizung“, sagt Eva Goris, Pressesprecherin der Deutschen Wildtier Stiftung. Familie Grimmbart hat als Heizmaterial schon im Herbst Laub, Blätter, Gräser und Moose gesammelt, die jetzt langsam verrotten. Diese „Bio-Energie“ beheizt den Bau. „Durch den Verrottungsprozess entsteht Gärungswärme, die für den gut geheizten Bau sorgt“, erläutert Goris. „Ansonsten wird im Winter viel geschlafen – der Dachs hält Winterruhe.“
Die wohlige Wärme im Winter ist für Familie Dachs nicht ganz unwichtig, denn Anfang des Jahres kommt der Nachwuchs auf die Welt und die Winterkinder sollen es im Wohnkessel schön gemütlich haben. Dachse sind gute Architekten. Ihre Bauten liegen etwa fünf Meter tief im Waldboden und haben sogar eine Art Klimaanlage. Die Luftzufuhr ist über ein ausgeklügeltes Gängesystem geregelt. Tunnel verbinden einzelne Wohnkammer. Es gibt sogar ein Dachs-WC! Diese so genannten Dachsabtritte befinden sich außerhalb des Baus in kleinen Erdlöchern.
Ein Dachsbau wird oft jahrzehntelang genutzt, denn die nächste Generation baut einfach weitere Wohnkammern an. In großen Bauten leben ganze Familienverbände und manchmal gibt es auch fremde „Untermieter“: der Fuchs zieht gern mit in den Dachsbau ein!
Weitere Informationen:
Eva Goris, Pressesprecherin,
Billbrookdeich 216,
22113 Hamburg,
Telefon 040 73339-1874,
Fax 040 7330278,
E.Goris@DeutscheWildtierStiftung.de,
www.DeutscheWildtierStiftung.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Tatort Kopfschmerz – Wann ist es ein Notfall?
Rita Wilp
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
Unterscheidungskriterien und Handlungsleitfaden für plötzlich auftretende Kopfschmerzen
Frau M. ist heute mit starken, noch nie gekannten Kopfschmerzen aufgewacht. Sie fragt sich: Was soll ich tun? Kann ich warten bis die Kopfschmerzen zurückgehen, eine Kopfschmerztablette nehmen, oder muss ich bei einem Arzt Hilfe suchen? Sind meine Kopfschmerzen lebensgefährlich, ist es die bekannte Migräne oder ein neu aufgetretener harmloser Kopfschmerz? Solche Fragen stellen sich Betroffene in der vom Schmerz bestimmten Ausnahmesituation.
In Deutschland leiden rund zehn Prozent der Menschen im Leben unter solch plötzlich auftretenden und unbekannten Kopfschmerzen. „Um lebensbedrohliche Formen von Kopfschmerzen zu erkennen, steht die sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte durch einen Facharzt an erster Stelle“, sagt Privatdozent Dr. Martin Marziniak, Oberarzt Klinik für Neurologie, am Universitätsklinikum Münster und Mitglied der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). Sollten apparative Untersuchungen unauffällig sein, kann es sich um einen primären Donnerschlagkopfschmerz ohne bekannte Ursache handeln. Als Faustregel gilt, bei stärksten Vernichtungskopfschmerzen – „Kopfschmerz wie noch nie“ -, unbekannten, schweren oder ungewöhnlich lang anhaltenden Kopfschmerzen oder bei Auftreten von zusätzlichen neurologischen Symptomen, wie Nackensteifigkeit, Bewusstseinsminderung, Halbseitenlähmung oder Taubheitsgefühlen, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Insgesamt handelt es sich bei etwa acht Prozent aller Patienten um einen Kopfschmerz aufgrund von symptomatischen, potentiell lebensgefährlichen Ursachen, hierbei können auch Ursachen wie ein Herzinfarkt oder eine Tumorerkrankung die Kopfschmerzen auslösen.
Insbesondere ist es wichtig genau nachzufragen, ob die Schmerzen schlagartig und in einer noch nie da gewesenen Stärke aufgetreten sind. Ebenso notwendig zu wissen ist, ob die Kopfschmerzen dem Patienten schon bekannt vorkommen oder ob sie ein ganz neuer, unbekannter Schmerz sind. Eine neurologische körperliche Untersuchung ist angezeigt, wenn zusätzlich der Nacken steif wird, und der Patient den Kopf nicht mehr auf die Brust legen kann, ohne eine Bewegungseinschränkung zu bemerken. Auch starkes Ziehen im Halsbereich ist ein Alarmzeichen, das zu einer neurologischen Untersuchung führen sollte. Liegen Fieber oder Entzündungszeichen im Blut vor, kann eine Hirnhautentzündung (Meningitis) bestehen. Diese muss dann mittels einer Nervenwasseruntersuchung, der so genannten Liquorpunktion, weiter abgeklärt werden.
Vernichtungskopfschmerz, insbesondere nach körperlicher Anstrengung, starkem Pressen oder Bluthochdruck kann Hinweis auf ein eingerissenes Blutgefäss im Gehirn und Zeichen oder Vorbote einer sogenannten Subarachnoidalblutung sein. Etwa jeder 6. Patient mit einer Subarachnoidalblutung verstirbt noch vor dem Eintreffen in einem Krankenhaus, das heißt diese Arten von Kopfschmerzen sind ein Grund für eine sofortige notfallmäßige Untersuchung. Durch eine alleinige körperlich-neurologische Untersuchung lässt sich hier nicht sicher eine Subarachnoidalblutung ausschließen, sondern es müssen eine Computertomographie des Kopfes und gegebenenfalls auch eine Nervenwasseruntersuchung durchgeführt werden, um sicher eine Blutung auszuschließen.
PD Dr. med. Martin Marziniak
Klinik und Poliklinik für Neurologie
und Klinik für Neurologie -Abteilung für entzündliche Erkrankungen
des Nervensystems und Neuroonkologie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Strasse 33
48149 Münster
Telefon: 0251/8346816
email: marzinia@uni-muenster.de
Generalsekretärin und Pressesprecherin
PD Dr. med. Stefanie Förderreuther
Neurologische Klinik der LMU München
Ziemssenstrasse 1, 80336 München
Tel. 089 5150 2307
E-Mail Steffi.Foerderreuther@med.uni-muenchen.de
Weitere Informationen:
http://www.dmkg.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Jünger aussehen ohne Facelifting
Stephan Laudien
Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Psychologen der Universität Jena zeigen systematische Veränderungen der Wahrnehmung von Gesichtern auf
Jünger aussehen ohne Facelifting? Psychologen der Universität Jena haben für diesen Wunsch einen einfachen Ratschlag parat: Wer jünger wirken möchte, der sollte sich mit Älteren umgeben. Schätzen wir doch einen 30-Jährigen deutlich jünger, wenn wir vorher konzentriert die Gesichter älterer Menschen betrachten.
„Menschen sind eigentlich sehr gut darin, das Alter ihres Gegenübers zu schätzen“, sagt Dr. Holger Wiese. Der Psychologe von der Universität Jena ist verantwortlich für eines der sechs Forschungsprojekte in der DFG-geförderten Forschergruppe „Wahrnehmung von Personen“, die von Prof. Dr. Stefan R. Schweinberger geleitet wird.
Im Experiment konnten die Jenaer Psychologen nachweisen, dass die Probanden nach vorangehender Adaptation – also dem intensiven Betrachten von Gesichtern einer bestimmten Altersgruppe – beim Schätzen des Alters anderer Personen regelmäßig danebenlagen. Wurden am Computer zunächst Gesichter alter Menschen gezeigt und war das Testgesicht danach ein „mittelalter“ Mensch, dann schätzten ihn die Probanden als deutlich jünger ein. Im umgekehrten Fall lief es genauso: Nach dem Betrachten jüngerer Gesichter wurde das mittelalte Testgesicht deutlich älter geschätzt. „Diese Effekte treten unabhängig vom Alter und Geschlecht der Betrachter auf“, sagt Stefan Schweinberger. Auf der Seite der Gesichter allerdings – dies war ein zweiter Befund der Studie – sind die Nacheffekte auf die Alterswahrnehmung allerdings noch etwas ausgeprägter, wenn Adaptor- und Testgesichter Personen desselben Geschlechts zeigen. Mit anderen Worten: Die Wahrnehmung von Alter und Geschlecht in Gesichtern läuft nicht völlig unabhängig voneinander ab. Diese Ergebnisse mögen Laien vielleicht kaum verwundern, sie widerlegen aber verschiedene bisher im Feld vertretene Expertenmeinungen.
Die Jenaer Forscher nutzten für ihre Experimente modernste Verfahren der digitalen Bildbearbeitung und eine Datenbank mit Gesichtern, die völlig ungeschminkt und bei denen störende Elemente wegretuschiert worden waren. Als Probanden dienten zunächst Studenten, in einer zweiten noch unpublizierten Studie wurden Menschen im Seniorenalter um ihre Schätzungen gebeten.
Das Ergebnis ihrer Erkenntnisse fasst Prof. Schweinberger zusammen: „Wir können die subjektive Wahrnehmung eines Gesichts verändern.“ Allerdings wisse noch niemand, wie lange dieser Effekt anhält. Holger Wiese sagt, das Alter eines Gegenübers gehöre zu den wichtigen Merkmalen für unsere Personenwahrnehmung. In dieser Hinsicht ergeben sich spannende Überschneidungen zu den Forschungsfeldern anderer Wissenschaftler, die sich mit den Interaktionen sozialer Gruppen befassen.
Den „Playboy“-Gründer Hugh Hefner dürften die Erkenntnisse der Jenaer Forscher überraschen. Umgibt sich der Lebemann doch bevorzugt mit jungen Frauen, nicht ahnend, dass die ihn noch viel älter aussehen lassen. Anstatt deshalb selbst die Dienste der Schönheitschirurgie in Anspruch zu nehmen, sollte Hefner sich also vielleicht lieber mit älteren Herren umgeben.
Ihre Forschungsergebnisse haben die Jenaer Psychologen aktuell in der Fachzeitschrift „Vision Research“ publiziert: Stefan R. Schweinberger, Romi Zäske, Christian Walther, Jessika Golle, Gyula Kovács, Holger Wiese: „Young without plastic surgery: Perceptual adaptation to the age of female and male faces.“ Zu finden ist die Original-Publikation unter: www.elsevier.com/locate/visres.
Kontakt:
Prof. Dr. Stefan R. Schweinberger / Dr. Holger Wiese
Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Am Steiger 3, Haus 1
07743 Jena
Tel.: 03641 / 945181 oder 945185
E-Mail: Stefan.Schweinberger@uni-jena.de / Holger.Wiese@uni-jena.de
Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.de
http://www.elsevier.com/locate/visres – die Original-Publikation.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
1620 Meter langer Eiskern aus der Antarktis untersucht
Dipl.-Ing. Margarete Pauls
Communications Department
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung
Wissenschaftler bestätigen erstmals „bipolare Klimawippe“ am Ende der letzten Eiszeit
Bremerhaven, den 5. Dezember 2010. Ein 1620 Meter langer Eiskern, der im Rahmen des Talos Dome Ice Core Projects (TALDICE) im Rossmeersektor der Antarktis gebohrt wurde, hat Vermutungen der Forscher bestätigt: Das Klima am Ende der letzten Eiszeit hat sich nach dem Muster der so genannten „bipolaren Wippe“ verändert. Die Ergebnisse werden jetzt vorab auf der Internetseite des Magazins Nature Geoscience veröffentlicht.
Aus bisherigen Untersuchungen grönländischer und antarktischer Eiskerne ist bekannt, dass sich der Süden während einer Kaltphase im Norden erwärmt hat, während der nachfolgende rapide Temperaturanstieg auf der Nordhalbkugel immer mit dem Beginn der Abkühlung im Süden einsetzte. Dieses Phänomen, das als „bipolare Wippe“ bezeichnet wird, haben Wissenschaftler jetzt erstmals für das Ende der letzten Eiszeit nachgewiesen. Im Zeitraum von 16.000 bis 14.500 Jahren vor heute zeigen sich zudem in der Antarktis deutliche Unterschiede im Verlauf der Temperaturschwankungen zwischen dem indisch-pazifischen und dem atlantischen Sektor. „Diese Schwankungen sind von einem verlangsamten Anstieg des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre und einer leichten Abkühlung auf Grönland begleitet“, sagt der Glaziologe Dr. Sepp Kipfstuhl vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft, der die deutsche Vertretung im Talos Dome Ice Core Project übernommen hat. Das Verständnis und die Simulation der „bipolaren Wippe“ sowie des klimatischen Verlaufs in den der Antarktis vorgelagerten Meeresgebieten und ihr Wechselspiel mit den Kohlenstoffkreisläufen sei gerade für die Modellierung des Erd- und Klimasystems von großer Wichtigkeit, so Kipfstuhl.
Der neue, auf dem Talos Dome gebohrte Eiskern eignet sich für die Untersuchungen besonders gut, da er eine ungestörte Klimazeitreihe der vergangenen 250.000 Jahre bietet. Es ist die bisher längste Zeitreihe aus einem küstennahen Gebiet der Antarktis. Der Glaziologe Hans Oerter vom Alfred-Wegener-Institut hat schon viele Eiskerne gezogen und auf seinem Labortisch untersucht, aber dieser neue Kern sei tatsächlich ein Glücksfall für die Wissenschaft: „Der Eiskern erlaubt die atmosphärischen und klimatischen Veränderungen der Vergangenheit mit einer so hohen zeitlichen Auflösung zu beschreiben, wie sie bislang bei keinem Kern der Ostantarktis möglich gewesen ist.“
Behutsam wurde der Kern dann auch im Eislabor des Alfred-Wegener-Instituts zersägt, um die einzelnen Probestücke an die unterschiedlichen Labore der am Projekt beteiligten Institute zu versenden. Diese Arbeiten nahmen insgesamt drei Monate in Anspruch. Bei den anschließenden Untersuchungen gelang es den Wissenschaftlern, die neuen Klimazeitreihen präzise mit den bereits vorliegenden Zeitreihen aus anderen antarktischen und grönländischen Eiskernen zu synchronisieren. Sie benutzten dazu die globalen Schwankungen der Methankonzentration, die in den Luftblasen im Eis archiviert sind und in Grönland und in der Antarktis gleichzeitig auftreten. Basierend auf diesem neuen synchronisierten Altersmodell konnten die Wissenschaftler die zeitlich hoch aufgelösten Zeitreihen der Temperaturdaten innerhalb der Antarktis und auf Grönland dann miteinander vergleichen.
Die Studie, die am 5. Dezember 2010 vorab auf der Internetseite von Nature Geoscience veröffentlicht wird, fasst die Arbeit der Wissenschaftler, die in TALDICE kooperiert haben, zusammen und zeigt ihre vielfältige Erfahrung bei der Analyse von Eisbohrkernen. Beteiligt waren Institute aus fünf europäischen Ländern (Italien, Frankreich, Deutschland, Schweiz und Groß Britannien). Die Logistik für die Arbeiten auf dem Talos Dome in der Antarktis wurde hauptsächlich vom italienischen „Nationalen Programm für Antarktisforschung“ bereitgestellt.
Druckbare Bilder zum Download finden Sie vorab unter: http://www.awi.de/de/aktuelles_und_presse/pressemitteilungen/fotos_mit_sperrfrist/pressemitteilung_05122010
Mehr Informationen zum Talos Dome Ice Core Project finden Sie auf der Internetseite: http://www.taldice.org
Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der 16 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Unter Verdacht: Schmerzmittel Ziconotid könnte Suizidneigung steigern
Dr. Josef König
Pressestelle
Ruhr-Universität Bochum
Experten raten zu genauer Diagnostik und strenger Überwachung
RUB-Mediziner warnen in „PAIN“
Der Wirkstoff Ziconotid, das synthetisch hergestellte Gift der Meeresschnecke Conus magus, wurde bei seiner Einführung vor sechs Jahren als sichere Alternative zu Morphin gefeiert. Jetzt gerät es zunehmend in Verdacht, bei Patienten Suizide auszulösen. RUB-Forscher um Prof. Dr. Christoph Maier (Leiter Schmerzambulanz RUB-Klinikum Bergmannsheil) vermuten, dass Ziconotid nicht nur die Weiterleitung von Schmerzreizen hemmt, sondern dabei auch die Stimmung verschlechtern und gleichzeitig Ängste und Impulskontrolle reduzieren könnte. Diese Mechanismen könnten bei Gefährdeten Suizide begünstigen.
Die Forscher raten zu sorgfältiger Diagnostik und Überwachung des psychischen Zustands der mit Ziconotid behandelten Patienten. Sie berichten im Journal „PAIN“.
Alternative zu Opioiden bei starken Schmerzen
Vorteile von Ziconotid: Es verursacht keine opioid-typischen Nebenwirkungen wie Atemdepression und führt nicht zur Gewöhnung (Toleranzentwicklung). Seit 2004 ist es auf dem europäischen und amerikanischen Markt und wird über Schmerzmittelpumpen bei Patienten eingesetzt, bei denen Opioide nicht ausreichend wirken oder inakzeptable Nebenwirkungen auslösen. Seit einiger Zeit jedoch mehren sich Berichte über psychische Nebenwirkungen von Ziconotid. Die Bochumer Forscher analysierten mehrere Studien und förderten auch mehrere Fälle von Suizidversuchen zutage, die die Originalautoren damals aber nicht der Behandlung mit Ziconotid anlasteten. In PAIN stellen die RUB-Mediziner zwei neue Fälle von Patienten vor, die den Verdacht erhärten, dass Ziconotid Suizidgedanken verstärkt.
Suizid trotz Schmerzlinderung und unauffälligen Tests
„Der erste Fall ist besonders tragisch, weil ein Patient, der seit Jahren Schmerzen in den Füßen und zahlreiche erfolglose Behandlungsversuche hinter sich hatte, durch Ziconotid erstmals eine deutliche Besserung seiner Schmerzen erlebt hatte“, so Prof. Maier. Nebenwirkungen traten nicht auf. Tests ergaben, dass unter der Behandlung mit Ziconotid seine Depressivität, die schon vor Behandlungsbeginn nicht sehr ausgeprägt war, sogar noch sank. Nach gut drei Wochen machte er auf alle einen ausgeglichenen Eindruck. Aber zwei Monate nach dem Beginn der Behandlung mit Ziconotid beging er überraschend Selbstmord. Eine andere Patientin, 39 Jahre alt und seit 14 Jahren Rückenschmerzpatientin, hatte vor 20 Jahren depressive Phasen und einen Suizidversuch nach einer Schwangerschaft hinter sich. Zwei Monate nach dem Beginn der Behandlung mit Ziconotid – das sie nach aktuellen Empfehlungen wegen ihrer Vorgeschichte gar nicht hätte erhalten dürfen – berichtete sie über verstärkte Suizidgedanken. Außerdem klagte sie über weitere psychische Nebenwirkungen mit Halluzinationen, Verwirrtheit, die zu zwei schweren Autounfällen geführt hatte, und teilweisen Gedächtnisverlust. Möglicherweise hatten diese Unfälle ebenfalls suizidalen Charakter. Die Mediziner setzten die Ziconotidgaben aus. Zwei Wochen später waren die Suizidgedanken ebenso wie die Halluzinationen verschwunden.
Hersteller und Zulassungsbehörden sollen prüfen
„Beide Fälle stützen die Vermutung, dass es zwischen Ziconotid und Suizidneigung einen kausalen Zusammenhang gibt“, folgert Prof. Maier. „Hersteller und Zulassungsbehörden sollten das dringend noch einmal überprüfen“, fordert der Schmerzspezialist. Alle Patienten sollten vor Behandlungsbeginn sorgfältig auf psychische Störungen untersucht und während der Behandlung engmaschig kontrolliert werden, unabhängig von einer Schmerzlinderung durch das Medikament. „Diese Fälle unterstreichen außerdem, dass eine Steigerung der Schmerztherapie bei Versagen üblicher Mittel nicht immer der richtige Weg ist“, so Maier. „Oft ist sie sogar ein Irrweg, auf den auch auf dem diesjährigen Kongress der deutschen Schmerztherapeuten vor wenigen Wochen bereits hingewiesen wurde.“
Titelaufnahme
Christoph Maier, Hans-Helmut Gockel, Kai Gruhn, Elena K. Krumova and Marc-Andreas Edel: Increased risk of suicide under intrathecal ziconotide treatment? – A warning. In: PAIN, online 1.11.2010, doi:10.1016/j.pain.2010.10.007, http://www.painjournalonline.com/article/S0304-3959%2810%2900615-9/abstract
Weitere Informationen
Prof. Dr. Christoph Maier, Leiter der Schmerzklinik des RUB-Klinikums Bergmannsheil, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum, Tel. 0234/302-6366, E-Mail: christoph.maier@rub.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Eine effizientere Wassernutzung der Landwirtschaft im Visier
Dipl.-Ing. agr. Helene Foltan
Wissens- und Technologietransfer
Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V.
„Welternährung und Wasserressourcen: eine agrarhydrologische Perspektive“ ist der ambitionierte Titel eines im Januar 2011 startenden Forschungsvorhabens am Leibniz-Institut für Agrartechnik in Potsdam. Im Fokus steht die Entwicklung einer für landwirtschaftliche Produktionssysteme geeigneten Bilanzierungsmethode, die belastbare und präzise Aussagen darüber ermöglicht, auf welche Weise bei der Produktion von Agrargütern am besten Wasser eingespart werden kann. Die Nachwuchsforschergruppe AgroHyd wird durch die Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen der Initiative „Pakt für Forschung und Innovation“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.
Wasser ist für die Produktion von Lebensmitteln eine unverzichtbare Ressource. Global verbrauchen wir jedoch Wasser über unserer Verhältnisse – mit gravierenden Auswirkungen auf Qualität und Quantität des Wassers und die davon abhängigen Ökosysteme. Zahlreiche Studien fordern daher nachdrücklich, das Wassermanagement und die Wassereffizienz in der landwirtschaftlichen Produktion zu verbessern.
Aber welche Maßnahmen sind am besten geeignet, der zunehmenden Beanspruchung von Wasserressourcen für die Lebensmittelproduktion entgegenzuwirken? Hier muss zunächst klar sein, wieviel Wasser die Erzeugung von Agrargütern wie Fleisch, Milch oder Brot in unterschiedlichen Produktionssystemen tatsächlich verbraucht. Die heute üblichen Methoden zur Bilanzierung des Wasserbedarfs, u. a. die Water Footprint-Methodik und das Life Cycle Assessment liefern keine belastbaren Aussagen. Je nach Berechnungsmethode variieren die Angaben zum Wasserbedarf in einer großen Schwankungsbreite.
Ziel von AgroHyd ist eine Verbesserung der existierenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethodik im agrarwissenschaftlichen Kontext. Basierend auf den gängigen Standards sollen Maßnahmen, die der Erhöhung der Wassereffizienz in Pflanzenproduktion und Tierhaltung dienen, analysiert und quantifiziert werden. Die Ergebnisse werden in ein Modellierungssystem eingebunden, das die Wasserflüsse in landwirtschaftlichen Betriebssystemen zur Lebensmittelerzeugung abbildet und auch die Bodenwasserbildung berücksichtigt. Damit wird auch die Berechnung des Wasserbedarfs verschiedener Ernährungsweisen möglich.
„Wenn wir es schaffen, die Wasserverwendung in verschiedenen landwirtschaftlichen Betriebssystemen genauer zu quantifizieren, können wir daraus gezielt Empfehlungen für wirksame Maßnahmen zur Steigerung der Wassereffizienz ableiten“ formuliert die Projektleiterin Dr. Katrin Drastig die Erwartungen an das Projekt. „Eine Vielzahl von wassereffizienten Maßnahmen sind bekannt, wie Tropfbewässerung oder die Kreislaufnutzung von Wasser. Die Quantifizierung der dadurch erzielten Effekte und die Untersuchung der Wechselwirkungen dieser Maßnahmen ist bis jetzt jedoch nicht erfolgt. Mit AgroHyd wollen wir diese Lücke schließen.“
Dr. Katrin Drastig wird das siebenköpfige Team leiten. Sie ist Hydrogeologin und hat sich in ihrer wissenschaftlichen Laufbahn intensiv mit den Auswirkungen veränderter Rahmenbedingungen auf den globalen wie auch regionalen Wasserhaushalt beschäftigt, zuletzt in einem Diskussionspapier „Wassermanagement in der Landwirtschaft“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Das Projekt „Welternährung und Wasserressourcen: eine agrarhydrologische Perspektive (AgroHyd)“ wird durch die Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen der Initiative „Pakt für Forschung und Innovation“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit 750 Tausend Euro gefördert.
Die Forschung des Leibniz-Instituts für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB) zielt auf die ressourceneffiziente und CO2-neutrale Nutzung biologischer Systeme zur Erzeugung von Lebensmitteln, Rohstoffen und Energie in Anpassung an Anforderungen von Klimaschutz und Klimawandel. Zu diesem Zweck entwickelt das ATB verfahrenstechnische Grundlagen für eine nachhaltige Landbewirtschaftung und stellt innovative technische Lösungen für Landwirtschaft und Industrie bereit. Die Forschungsaktivitäten konzentrieren sich auf wettbewerbsfähige, umwelt- und tiergerechte Produktionsverfahren, auf Qualität und Sicherheit von Lebens- und Futtermitteln sowie auf nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie im ländlichen Raum. Eine der zentralen Aufgaben ist es, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der eingesetzten Verfahren über die gesamte Wertschöpfungskette zu analysieren – vom Feld bis zum Verbraucher.
Kontakt:
Dr. Katrin Drastig – Projektleitung
Tel.: 0331 5699-218, E-Mail: kdrastig@atb-potsdam.de
Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V.
Max-Eyth-Allee 100, 14469 Potsdam
http://www.atb-potsdam.de
Weitere Informationen:
http://www.atb-potsdam.de/agrohyd
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Studie zeigt, wie wenig Träume über uns verraten
Frank Luerweg
Abteilung Presse und Kommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Unsere Träume werden augenscheinlich viel weniger durch unsere Lebenssituation beeinflusst als häufig angenommen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Universitäten Bonn und Frankfurt sowie der Harvard Medical School. Die Forscher haben die Träume von taubstumm oder gelähmt geborenen Menschen mit denen von Personen ohne Handicap verglichen. Selbst geschulte Analytiker konnten nicht zuordnen, von welcher Personengruppe die jeweiligen Traumbilder stammten. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift „Consciousness and Cognition“ erschienen (doi: 10.1016/j.concog.2010.10.020).
An der Studie nahmen vier taubstumme, zehn gelähmte und 36 nicht behinderte Personen teil. Die Probanden führten ein Traumtagebuch und notierten darin ihre nächtlichen Phantasien. Innerhalb von zwei Wochen kamen so mehr als 350 detaillierte Beschreibungen zusammen, die die Forscher inhaltlich und formal auswerteten.
Interessanterweise spielte die Behinderung in den wenigsten Träumen eine Rolle: Gelähmte gingen, rannen oder schwammen, obwohl sie diese Bewegungen in Realität noch nie vollzogen hatten. Taubstumme kommunizierten im Schlaf nicht in Gebärdensprache, sondern konnten hören und sprechen.
Keine Freudsche Wunscherfüllung
Laut Sigmund Freud gehen in unseren Träumen unsere tiefsten Wünsche in Erfüllung. Man könnte die Ergebnisse der Studie demnach als Sehnsucht der Betroffenen deuten, ihre Behinderung hinter sich zu lassen. „Unsere Resultate sprechen gegen diese Interpretation“, betont die Bonner Psychologin Dr. Ursula Voss. „In den Träumen der gelähmten Teilnehmer spielte das Motiv ‚Bewegung‘ keine besondere Rolle: Es tauchte weder häufiger noch seltener auf als bei Nichtgelähmten. Bei den taubstummen Probanden war es genauso.“
Möglicherweise enthalten Träume aber verborgene Hinweise auf den Träumenden, die in einer statistischen Auswertung nicht hinreichend erfasst werden. Die Forscher wollten diese These testen. Sie baten daher einen Psychoanalytiker, einen Verhaltenstherapeuten, einen Psychologen und (als Fachfremden) einen Physiker, die Schlafphantasien zu analysieren. Die Testpersonen sollten für jeden einzelnen Traum herausfinden, ob er von einem Taubstummen, einem Gelähmten oder einem Probanden ohne Behinderung stammte.
Das gelang ihnen unabhängig von ihrer Ausbildung nur in einem geringen Teil der Fälle. So ordneten die Tester lediglich jeden dritten Traum eines Gelähmten korrekt dieser Gruppe zu. Bei den Träumen von Taubstummen lagen die Tester sogar nur in 20 Prozent der Fälle richtig.
„Unsere Probanden sind mit ihrem Handicap zur Welt gekommen“, sagt Dr. Ursula Voss. „Sie wissen nicht, wie es ist, etwas zu hören; sie sind noch nie gelaufen oder geschwommen. Diese Erfahrungen fehlen ihnen komplett. Vor diesem Hintergrund ist es besonders erstaunlich, dass man davon in den Träumen so wenig merkt: Dort scheinen Taubstumme oder Gelähmte all das zu können, wozu Menschen eben normalerweise befähigt sind.“
Unser Traum-Ich hat keine Ecken und Kanten
Sieht man also in den Träumen nicht sich selbst, sondern gewissermaßen ein Ideal, eine Art menschlichen Prototypus ohne Ecken und Kanten? Mit einem noch unveröffentlichten Experiment haben die Wissenschaftler versucht, diese Frage zu beantworten. Sie malten dazu auf die Hände gesunder Versuchspersonen einen roten Fleck und frischten diese Markierung über mehrere Wochen immer wieder auf. Außerdem baten sie ihre Probanden, sich vor dem Einschlafen gedanklich mit dem Farbklecks auf ihrer Hand auseinander zu setzen. In die Träume stahl sich die Markierung dennoch nicht. „Allerdings sind Träume flüchtig“, relativiert Voss. „Schon kurz nach dem Aufwachen kann man sich oft nicht mehr an alle Details erinnern.“
Bei aller Ähnlichkeit enthalten Träume aber natürlich auch viele persönliche Anspielungen. Für Außenstehende scheint es aber schwer zu sein, diese zu dechiffrieren. „Vielleicht ist es ja so, dass nur der Träumer selbst weiß, wie er den Inhalt seines Traums interpretieren muss“, vermutet Ursula Voss. Die Forscher planen nun eine Anschlussstudie, um diese These weiter zu untersuchen. Außerdem wollen sie so herausfinden, ob sich Ereignisse, die ihre Probanden akut besonders beschäftigen, in den Träumen wiederfinden.
Kontakt:
Privatdozentin Dr. Ursula Voss
Institut für Psychologie, Universität Bonn
Telefon: 0228/73-4351
E-Mail: u.voss@uni-bonn.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Für Sport ist es nie zu spät
Sabine Maas
Presse und Kommunikation
Deutsche Sporthochschule Köln
„Lifestyle“ hat stärkeren Einfluss auf Gesundheit und Leistung als biologische Alterung – PACE-Studie analysiert 900.000 Laufzeiten
Nicht das biologische Alter sondern eine inaktive Lebensweise ist der Hauptgrund für Leistungseinbußen im mittleren Lebensalter, zu diesem Ergebnis kommt eine Forschungsgruppe um den Sportmediziner Prof. Dr. Dr. Dieter Leyk (Deutsche Sporthochschule Köln), nachzulesen in der neuen Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes (Heft 46, 2010). Basis dieser Daten zum Einfluss körperlicher Aktivität/Training auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit sind Analysen der Laufleistungen von über 500.000 Langstreckenläufern im Alter von 20 bis 80 Jahren (bei Halb-/Marathonwettbewerben). An den darüber hinausgehenden Befragungen zu Alltagsgewohnheiten, Gesundheit, Arbeit, Motivation zum Sporttreiben und zum Training nahmen mehr als 13.000 Sportler teil (www.dshs-koeln.de/pace).
Die Analysen von über 900.000 Laufzeiten zeigen, dass vor dem 55. Lebensjahr keine signifikanten Leistungsverluste auftreten. Etwa ein Viertel der 60- bis 70-jährigen Seniorensportler/innen ist sogar schneller als die Hälfte der 20- bis 50-Jährigen. Ein anderes verblüffendes „PACE-Resultat“ ist die große Zahl der über 50-jährigen „Sport-Neueinsteiger“: Ein Drittel der 50- bis 60-Jährigen und ein Viertel der 60- bis 70-Jährigen haben bspw. erst innerhalb der letzten fünf Jahre mit regelmäßigem Training begonnen! Bei der seit 2005 laufenden PACE-Studie wurden u.a. körperlich aktive und inaktive Erwerbstätige, Rentner wie auch sportlich aktive Vergleichsgruppen (z.B. Läufer, Walker, Radsportler, Schwimmer, Turner, Krafttrainierte …) untersucht.
Leistungseinbußen im mittleren Lebensalter entstehen also nicht primär durch biologische Alterung sondern durch eine inaktive Lebensweise. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die zunehmend inaktivere und alternde Gesellschaft und die Rente mit 67 heißt das: Auch ältere Nicht-Sportler/innen können durch regelmäßiges Training bemerkenswerte Leistungssteigerungen und eine Vielzahl gesundheitlich positiver Effekte erzielen. Für einen Einstieg in den Sport ist es also (fast) nie zu spät …
Veröffentlichung der Studie im Deutschen Ärzteblatt:
Leyk D, Rüther T, Wunderlich M, Sievert A, Eßfeld D, Erley O, Küchmeister G, Piekarski C, Löllgen H: Leistungsfähigkeit im mittleren und höheren Lebensalter: Gute Nachrichten für eine inaktive und alternde Gesellschaft. Dtsch Arztebl Int 107 (46), 809-816, 2010.
Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Dieter Leyk / Dr. Max Wunderlich
Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Physiologie und Anatomie
Am Sportpark Müngersdorf 6, 50933 Köln
Telefon: 0221/4982-6163, E-mail: Leyk@dshs-koeln.de
Weitere Informationen:
http://www.dshs-koeln.de/pace PACE-Studie
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=79248 Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Lichtverschmutzung gefährdet die Nacht als ökologische Nische
Gesine Wiemer
Pressestelle des Forschungsverbundes Berlin e.V.
Forschungsverbund Berlin e.V.
Viele Tiere sind nachtaktiv, weil sie im Schutz der Dunkelheit vor ihren Feinden sicherer sind als am Tag. Die Nacht hat vermutlich bei der Artentwicklung in fast allen Wirbeltierklassen eine große Bedeutung als ökologische Nische. Durch künstliche Beleuchtung ist diese Nische jedoch zunehmend bedroht. Dies zeigten Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) nun in einer in „Trends in Ecology and Evolution“ (TREE) veröffentlichten Studie.
Zu Zeiten der Dinosaurier war das Leben tagsüber sehr gefährlich. Dies führte dazu, dass fast alle damaligen Säugetiere auf die Nacht ausweichen mussten. Erst nach dem Aussterben der gigantischen Räuber wurde die „Tagesnische“ sicherer und es entwickelten sich mehr und mehr tagaktive Säugetiere. Doch erstaunlich viele Arten sind auch heute nachtaktiv: Rund 30 Prozent aller Wirbeltiere und mehr als 60 Prozent aller Wirbellosen nutzen die Nacht für ihre Aktivitäten.
Ein Jahrmillionen- altes Überbleibsel?
Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zeigen nun in einer in „Trends in Ecology and Evolution“ (TREE) veröffentlichten Studie, dass vermutlich in fast allen Wirbeltierklassen die Nacht bei der Artentwicklung eine große Bedeutung als ökologische Nische gehabt haben dürfte. Aber genau diese Nische könnte zukünftig durch die Zunahme der künstlichen Beleuchtung bedroht sein. Der nächtliche Himmel Deutschlands wird durch einen mehr als fünfprozentigen Zuwachs an künstlicher Beleuchtung jedes Jahr stetig heller. Dadurch haben sich die Lichtimmissionen der urbanen, periurbanen und ruralen Nachtlandschaften sowohl quantitativ als auch qualitativ grundlegend verändert. Das Zuviel an künstlichem Licht mit negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt wird mittlerweile unter dem Begriff „Lichtverschmutzung“ zusammengefasst. Je nach Lichtstärke, Farbspektrum sowie Zeitpunkt und Dauer der Beleuchtung kann dann jede einzelne künstliche Lichtquelle mitunter negative Folgen auf lichtsensible – zumeist nachtaktive – Organismen haben. Es muss davon ausgegangen werden, dass es schon zu einer Verschiebung und Abnahme der natürlichen biologischen Vielfalt gekommen ist. Aber auch evolutionäre Folgen der rapiden Veränderung der Nachtlandschaft auf Organismen sind zu erwarten. Zwar wird es in urbanen Zentren zukünftig viele lichtsensible Arten nicht mehr geben, aber einige Arten werden sich möglicherweise evolutionär an die neue Lichtsituation anpassen – oder haben es bereits getan. Auch Ökosystemdienstleistungen können durch Lichtverschmutzung beeinflusst werden. Neben kulturellen Werten zählen dazu unter anderem die Bestäubung von Kultur- und Naturpflanzen durch Nachtfalter sowie die Veränderung von Nahrungsnetzen und damit der Produktivität des Systems.
Im Rahmen des transdisziplinären BMBF-Projekts „Verlust der Nacht“ gehen Forscher des IGB unter Leitung von PD Dr. Franz Hölker den Auswirkungen von künstlichem Licht in der Nacht auf die natürliche biologische Vielfalt nach.
Light pollution as a biodiversity threat
Franz Hölker, Christian Wolter, Elizabeth K. Perkin, Klement Tockner
Trends in Ecology & Evolution, Vol. 25, No. 12. (Dezember 2010), pp. 681-682.
Projektleitung „Verlust der Nacht“
PD Dr. Franz Hölker
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
E-Mail: hoelker@igb-berlin.de
Tel: 030/ 641 81 665
Fax: 030/64181 663
Müggelseedamm 310
12587 Berlin
Pressestelle IGB:
Nadja Neumann
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
E-Mail: nadja.neumann@igb-berlin.de
Tel: 030/ 641 81 631
Fax: 030/ 641 81 663
Müggelseedamm 310
12587 Berlin
Weitere Informationen:
http://www.igb-berlin.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Jacobs-Lebensmittelforscher entschlüsselt Geheimnis der Chemie des schwarzen Tees
Dr. Kristin Beck
Corporate Communications & Media Relations
Jacobs University Bremen
Trotz intensiver Bemühungen war bis heute die Substanzklasse der Thearubigene, die 60 bis 70 % aller in schwarzem Tee gelösten Inhaltstoffe ausmachen und ihm Aroma und die typische braunrote Farbe verleihen, chemisch nicht näher charakterisiert. Einem deutsch-englischen Forscherteam um den Jacobs-Chemiker Nikolai Kuhnert gelang es jetzt erstmals, mit Hilfe einer speziell angepassten hochauflösenden Massenspektrometrie-Methode aus der Erdöl-Forschung bis zu 10.000 verschiedene Verbindungen in der Thearubigen-Fraktion verschiedener Schwarztees nachzuweisen; rund 1.500 davon konnten durch eine Strukturformel charakterisiert werden (vergl. Rapid Commun. Mass Spectrom.,
DOI: 10.1002/rcm.4778).
Tee gehört zu den ältesten Getränken der Menschheit. Seit fast 5000 Jahren werden Teile der Teepflanze Camellia sinensis (Blätter, Knospen, Blüten, Stängel) heiß aufgebrüht und der Sud getrunken. Schwarzen Tee, der durch die Fermentation der grünen, vor dem Trocknen zerquetschten Teeblätter entsteht, gibt es seit etwa 1500 Jahren. Heute ist schwarzer Tee, abgesehen von Wasser, das weltweit meistkonsumierte Getränk mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch von gut einem halben Liter am Tag. Darüber hinaus ist schwarzer Tee mit bis zu drei Millionen Tonnen globalem Jahresertrag, der je nach Weltmarktpreisen einen Gesamtwert von mehr als 10 Mrd. US-Dollar erzielen kann, eines der wichtigsten Produkte der Agrarwirtschaft.
„Trotz seiner enormen Bedeutung für Ernährung, Wirtschaft und Kulturgeschichte war die chemische Zusammensetzung von schwarzem Tee bis heute größten Teils ungeklärt, ja regelrecht geheimnisvoll“, sagt Nikolai Kuhnert, Professor of Chemistry an der Jacobs University. Neben dem allgemein bekannten Inhaltsstoff Koffein seien bislang nur rund ein Drittel aller in schwarzem Tee gelösten und unter dem Sammelbegriff „Gerbstoffe“ zusammengefassten Substanzen chemisch charakterisiert, so der Chemiker weiter. Knackpunkt seien die sogenannten Thearubigene, die zwar bereits 1959 das erste Mal beschrieben wurden, an deren Strukturanalyse sich Experten jedoch seit über 50 Jahren die Zähne ausbeißen. „Das Problem war, dass die analytischen Standardverfahren der Lebensmittelchemie bei der Analyse von Schwarztee nur wenige markante und gut zu deutende Einzelsignale erfassen konnten, die ein Ableiten von Molekülstrukturen für einzelne Inhaltsstoffe zulassen“, erläutert Kuhnert. „Der größte Teil einer Schwarztee-Analyse bestand bislang aus einem undifferenzierten, nicht näher interpretierbaren Signal-Rauschen.“
Zusammen mit Wissenschaftlern der britischen University of Surrey, der Bremer Firma Bruker Daltonics und der Forschungsabteilung des Lebensmittelkonzerns Unilever untersuchte Kuhnert insgesamt 15 handelsübliche Schwarzteesorten mit einer Reihe sich ergänzender Analyseverfahren. „Wir konnten zeigen, dass die aus Schwarztee isolierten Thearubigene typischerweise kleine Moleküle sind (Molekulargewicht zwischen 300 und 2100 Dalton) und zur Gruppe der Polyphenole gehören. Das sind aromatische Verbindungen, die in allen Pflanzen vorkommen, zum Beispiel als Blütenfarbstoffe oder als Bitterstoffe, die Fressfeinde abschrecken und die Pflanzen vor UV-Strahlung schützen“, erläutert Nikolai Kuhnert das Ergebnis.
Im Schnitt fanden die Wissenschaftler pro Probe rund 5000 verschiedene Verbindungen in der Thearubigen-Fraktion der untersuchten Schwarztees, in mehreren Fällen sogar knapp 10.000. „Das sind zehnmal mehr als erwartet und bedeutet, dass schwarzer Tee das komplexeste Lebensmittel ist, welches jemals analysiert werden konnte. Die Präsenz so vieler sehr ähnlicher Stoffe erklärt auch das Versagen der herkömmlichen Verfahren. Die nötige Messgenauigkeit zur Auftrennung der vielen, zu einem diffusen ‚Buckel‘ verschmolzenen Einzelsignale haben wir erst durch den Einsatz einer kürzlich für die petrochemische Analytik entwickelten ultrahochauflösenden Massenspektrometrie-Methode, der sogenannten Fouriertransformation-Ionenzyklotronresonanz-Massenspektrometrie (FT-ICR-MS) erzielen können, deren Auflösungsvermögen unsere Standardverfahren um ein 1000-Faches übertrifft“, sagt Kuhnert.
Auch das computerbasierte Interpretationsverfahren zur Herleitung der chemischen Strukturformeln aus den äußerst komplexen Messdaten stammt ursprünglich aus der Erdöl-Forschung, musste jedoch von den Forschern mit neu entwickelten Diagnoseprotokollen an die die Interpretation der Schwarzteedaten angepasst werden. Insgesamt 1517 individuelle Strukturformeln konnten eindeutig einzelnen Messsignalen zugeordnet werden, 500 davon wurden experimentell verifiziert.
„Mit der von uns entwickelten Methodik eröffnen sich viele neue und spannende Perspektiven für die Lebensmittelchemie von Naturprodukten: Ähnlich wie petrochemische Proben zeichnen diese sich oft durch äußerst komplexe, schwer zu charakterisierende Mischungen von Inhaltstoffen aus; Schokolade, gerösteter Kaffee oder auch Karamell sind hier typische Beispiele“, kommentiert Nikolai Kuhnert die aktuelle Arbeit seines Teams. „Im Fall unserer Schwarztee-Studie lassen sich unsere Ergebnisse zum einen für die Geschmacks-, Farb- und Haltbarkeitsoptimierung eines wertvollen Lebensmittels verwenden. Darüber hinaus haben wir erstmals auch eine wissenschaftliche Basis, um sowohl die gesundheitsfördernde und als auch potenzielle die gesundheitsschädliche Wirkung einzelner, genau definierter Teebestandteile zu untersuchen“, so der Jacobs-Lebensmittelforscher abschließend.
Fragen zu der Studie beantwortet:
Nikolai Kuhnert | Professor of Chemistry
Tel.: +49 421 200-3120 | Email: n.kuhnert@jacobs-university.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Nanosilber: Ein Winzling mit vielen Facetten
Robin Jopp
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Klinikum der Ruhr-Universität Bochum – Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH
Forscher untersuchen Wirkung auf menschliche Zellen
Was richten kleinste Silberpartikel in menschlichen Zellen an? Dieser Frage gehen Forscher des Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikums Bergmannsheil nach. Das Projekt der Chirurgischen Forschung im Bergmannsheil (Leitung: Prof. Dr. Manfred Köller) erhielt jetzt eine positive Zwischenbewertung und wird für drei weitere Jahre durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Es ist Teil eines DFG-Schwerpunktprogramms (SPP 1313), in dem die Bochumer mit Chemikern der Universität Duisburg-Essen (Prof. Dr. Matthias Epple und Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Zellner) eine Arbeitsgruppe bilden.
Silber tötet Keime; diese Eigenschaft machen sich Menschen seit Jahrhunderten zu Nutze. Es setzt permanent Silberionen frei, die Bakterien zu Leibe rücken. Selbst winzigste Silberpartikel in Nanogröße haben diesen Effekt. Solche Nanopartikel sind unvorstellbar klein: Ein menschliches Haar ist über 1000 mal so dick wie ein einziges dieser Teilchen. Wegen ihrer keimtötenden Wirkung stecken sie in medizinischen Produkten wie Kathetern oder Implantaten, aber inzwischen auch in vielen Dingen des täglichen Gebrauches wie Socken, Tastaturen, Kosmetika oder Frischhalteboxen.
Wie kommt das Nanosilber in die Zellen?
Können diese Silberionen auch körpereigene Zellen schädigen, so wie sie es mit den Mikroorganismen tun? Und was passiert, wenn Silbernanopartikel von unseren Zellen aufgenommen werden? Diese Fragen beschäftigen die Forscher besonders. Die Biologin Christina Greulich untersucht speziell die Aufnahmewege von Nanosilber in Blut- und Gewebszellen mit der Fluoreszenzmikroskopie und weiteren Verfahren. Sie will wissen, wo sich die Nanopartikel in der Zelle anreichern und welche Auswirkungen diese auf die verschiedenen Zellfunktionen haben können. Ihre bisherigen Forschungen haben gezeigt, dass sich das Nanosilber insbesondere in den sogenannten Lysosomen sammelt: Diese Zellbestandteile (Organellen) organisieren die Differenzierung und Verarbeitung von Stoffen im Zellinneren – so wie ein Recyclinghof. Zwar werden Silbernanopartikel auch wieder aus der Zelle hinaus befördert. „Wir wissen aber, dass sie zwischenzeitlich die Zelle schädigen können, wenn eine hohe Konzentration erreicht ist“, sagt Christina Greulich. Dieser toxische Effekt des Nanosilbers wird künftig genauer erforscht.
Derartige Untersuchungen erfordern hochspezialisierte Analyseverfahren und die Kooperation von Forschern verschiedener Disziplinen. „Wir arbeiten mit Chemikern, Ingenieuren und Physikern in diesem Schwerpunkt zusammen“, so die junge Biologin. „Mit unseren Forschungen wollen wir in Zukunft das Einsatzspektrum für Nanosilber erweitern und die Anwendung sicherer machen.“
Über das Bergmannsheil
Das Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinikum Bergmannsheil – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum (UK RUB) – repräsentiert den Strukturwandel im Ruhrgebiet wie kein anderes Krankenhaus: 1890 als erste Unfallklinik der Welt zur Versorgung von verunglückten Bergleuten gegründet, zählt es heute zu den modernsten und leistungsfähigsten Akutkliniken der Maximalversorgung. In 22 Kliniken und Fachabteilungen mit insgesamt 622 Betten werden jährlich mehr als 19.000 Patienten stationär und ca. 60.000 ambulant behandelt. Mehr als die Hälfte der Patienten kommen aus dem überregionalen Einzugsbereich. Weitere Informationen im Internet unter: www.bergmannsheil.de.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Manfred Köller
Chirurgische Klinik – Chirurgische Forschung
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Tel.: 0234/302-4724
E-Mail: manfred.koeller@ruhr-uni-bochum.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Nanotechnologie in der Wasserwirtschaft
Dipl.-Chem. Iris Kumpmann
Abteilung Public Relations
Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT
Wenn Nanotechnologie auf die Wasserwirtschaft trifft, herrscht Optimismus vor. Den kann gut vertragen, wer sich der globalen Herausforderung stellt, die stetig wachsende Weltbevölkerung künftig ausreichend mit hygienischem Trinkwasser zu versorgen. Doch es gibt auch Risiken. Die gilt es zu erkennen und zu vermeiden. Chancen und Risiken beim großflächigen Einsatz von Nanotechnologie in der Wasserwirtschaft waren Themen der Tagung nANO meets water II, zu der Fraunhofer UMSICHT am 11.11.2010 ins Rheinische Industriemuseum geladen hatte.
Nano-Labore setzen Akzente
Die etablierten Verfahren und Produkte der Wassertechnik bieten nur noch wenig Spielraum für neue Lösungsansätze, um den gravierenden Wasserver- und Wasserentsorgungsproblemen zu begegnen. Technische Innovationen aus den Nano-Laboren können neue Akzente setzen und die Wassertechnikbranche in aussichtsreiche Bahnen lenken.
Der großflächige Einsatz der Nanotechnologie in der Wasserwirtschaft ist keine Illusion und auch nicht mehr Jahrzehnte entfernt: Filter, Katalysatoren, magnetische Partikel und Sensoren auf Nanobasis werden anwendungsnah entwickelt.
Tandem aus Wissenschaft und Industrie
Wie effizient, ökologisch und ökonomisch sinnvoll technische Lösungen unter Nutzung der Nanotechnologie und deren Umsetzung in die traditionelle Wasser- und Abwassertechnologie sind, war Thema der Tagung nano meets water, die Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen organisierte. In Tandemvorträgen stellten Wissenschaftler und Industrievertreter neue prozess-, material- und messtechnische Lösungen und deren Potentiale zur Entfernung von Schadstoffen, zur Elimination von Mikroorganismen und zur Reduzierung des Energieeintrags gegenüber.
Vorträge stimmen optimistisch
In Anbetracht der dramatischen Situation im Bereich Wasserversorgung mit einer Milliarde Menschen ohne Zugang zu sauberen Trinkwasser waren die Vorträge durchweg von Optimismus geprägt. Da wurde von Titandioxid-Nanopartikeln gesprochen, die mit Sonnenlicht aktivierbar sind, photokatalytisch aktive Mikrosiebe und neue Verfahren der UV-LED Behandlung zur Elimination von Mikroorganismen in Aussicht gestellt und über Eisenoxid-Nanopartikel zur Oxidation von Toluen informiert.
In der Diskussion wurde manch all zu euphorische Aussage gerade gerückt. Denn noch nicht jede der präsentierten Technologien hat den Durchbruch erreicht und auch ist der wirtschaftliche Mehraufwand durch die Verwendung von Nanotechnik optimierbar. Zudem erfordern einige Anwendungen eine Vereinfachung in der Bedienung, die bisher meist geschultes Personal voraussetzt und nutzerfreundlicher werden muss.
Trotz dieser Einwände, fiel das Urteil einhellig aus: die Chancen der Nanotechnologie für die Verbesserungen in der Wassertechnik überwiegen deutlich deren Risiken. Und das gilt nicht nur unter Experten in Europa, sondern weltweit.
Risiken in Expertenrunde diskutiert
Art und Ausmaß potentieller Risiken der Nanotechnik im Wasserbereich waren Thema der Expertenrunde auf dem Podium. So gibt es noch deutliche Lücken in der Analytik und Detektion, die zu schließen sind. Zudem forderten die Experten, die Definition des Nanopartikels (siehe Artikel-Ende) zu spezifizieren und ohne Pauschalurteile sachlich über die Nanotechnologie (Definition siehe Artikel-Ende) zu informieren. Hier sind die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, um durch eine transparente Informationspolitik Vertrauen in die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts zu schaffen und deren Potenzial deutlich zu machen.
Nächster Termin 10. November 2011
Mit dem Ziel, verstärkt Vertreter aus Politik, Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenzubringen, um über Chancen und Risiken zu informieren und den verantwortungsvollen Umgang mit Nanotechnologie zu fördern, gingen die Teilnehmer auseinander. Nicht ohne sich den 10.11.2011 als Folgetermin für die dritte Tagung der Reihe nANO meets water zu notieren.
Fraunhofer UMSICHT im Bereich Wasser und Abwasser
Fraunhofer UMSICHT forscht »nanoinspiriert« im Bereich Wasser und Abwasser, betreibt die Internetseite www.nano-water.de und berät Expertengremien strategisch. Ziel der Tagungsreihe nANO meets water ist es, neue Wege in der Wasserwirtschaft aufzuzeigen, sie zu bewerten und darüber zu informieren.
Zahlen und Fakten
Grob geschätzt besitzen die USA und Europa etwa gleich viele Unternehmen mit Bezug zur Nanotechnologie. Etwa die Hälfte der in Europa ansässigen Firmen stammt aus Deutschland.
Derzeit sind in Deutschland ca. 600 Unternehmen mit der Entwicklung, Anwendung und dem Vertrieb nanotechnologischer Produkte befasst, darunter ca. 120 Großunternehmen und 480 kleine und mittelständische Unternehmen (KMU).
Die FuE-Ausgaben der öffentlichen Hand lagen in Deutschland im Jahr 2009 bei rund 440 Millionen Euro. Damit liegt Deutschland in Europa an der Spitze der öffentlichen Förderung von Nanotechnologie. Das BMBF fördert die Nanotechnologie konsequent seit Anfang der 90er Jahre. Seit 1998 wurden allein die im Rahmen der Projektförderung des BMBF bereitgestellten Fördermittel für Nanotechnologie vervierfacht.
Das BMBF fördert in der Ausschreibung NanoNature mit einem Gesamtvolumen von ca. 20 Millionen Euro gegenwärtig 12 Konsortien, die sich zum Teil mit Anwendungen der Nanotechnik für die Wassertechnik und deren Auswirkungen befassen.
Deutsche Unternehmen der Wasserbranche setzten allein im ersten Halbjahr 2010 mit maschinentechnischen Komponenten und Systemen zur Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung rund 376 Millionen Euro um.
Definition Nanotechnologie:
Nanotechnologie beschreibt die Untersuchung, Anwendung und Herstellung von Strukturen,molekularen Materialien und Systemen mit einer Dimension oder Fertigungstoleranz typischerweise unterhalb von 100 Nanometern.
Definition Nanopartikel
Von Nanoobjekten spricht man, wenn Material mit einem, zwei oder drei Außenmaß(en) im Nanomaßstab vorliegt. Dazu zählen die Nanopartikel, also Nanoobjekte mit allen drei Außenmaßen im Nanomaßstab. Nanoplättchen sind Nanoobjekte mit einem Außenmaß im Nanomaßstab und zwei wesentlich größeren Außenmaßen. Nanofasern besitzen zwei ähnliche Außenmaße im Nanomaßstab und ein drittes Außenmaß, das wesentlich größer als die beiden anderen Außenmaße ist.
Diese Definitionen wurden 2008 vom Technischen Komitee ISO/TC 229 „Nanotechnologies“ in Zusammenarbeit mit dem Technischen Komitee CEN/TC 352 „Nanotechnologien“ erarbeitet. Das zuständige deutsche Gremium ist der Arbeitsausschuss NA 062-08-17 AA im Normenausschuss Materialprüfung (NMP) und als Deutsche Industrie Norm CEN ISO/TS 27687:2008-11 veröffentlicht.
Quelle: http://www.nanopartikel.info/cms/FAQ
Stärken und Schwächen-Analyse der Nanotechnologie
S.15/16 im pdf-Dokument »Nano-Initiative – Aktionsplan 2010« des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
http://www.bmbf.de/pub/nano_initiative_aktionsplan_2010.pdf
Quellen
• Nanotechnologie – eine Zukunftstechnologie mit Visionen:
http://www.bmbf.de/de/nanotechnologie.php;
• Nano-Initiative-Aktionsplan 2010 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF):
http://www.bmbf.de/pub/nano_initiative_aktionsplan_2010.pdf
• Bundesbericht Forschung und Innovation 2010, (BMBF):
http://www.bmbf.de/pub/bufi_2010.pdf
• VDMA – Verband Deutscher Maschinen-und Anlagenbau e. V. – FG Antriebstechnik:
http://www.vdma.org/wps/portal/Home/de/Branchen/V/VTMA/Technik_und_Umwelt/Umwelt…
Weiterführende Informationen
• Hightech-Strategie für Deutschland
http://www.ideen-zuenden.de
• Nanotechnologieportal der VDI TZ GmbH
http://www.nanonet.de
• Deutscher Nanotechnologie Kompetenzatlas
http://www.nano-map.de
• Wissenschaftskommunikation Nanotechnologie
http://www.nanotruck.de, www.nanoreisen.de>,
• Risikoforschung und -kommunikation
http://www.nanopartikel.info, http://www.nanotox.de, http://www.dialog-nanopartikel.de
• High-Tech-Gründerfonds
http://www.high-tech-gruenderfonds.de
• Kompetenznetze in Deutschland
http://www.kompetenznetze.de
• Europäisches Nanotechnologie-Portal
http://www.nanoforum.org
• Nanotechnologieförderung der EU
http://www.cordis.lu/nanotechnology
• Internetportal Fraunhofer UMSICHT
http://www.nano-water.de
Fachkontakt:
Dipl.-Ing. Volkmar Keuter
Prozesstechnik
E-Mail volkmar.keuter@umsicht.fraunhofer.de
Telefon +49 208 8598-1113
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Ausländer tragen die Kosten der Migration
Wolfgang Braun
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)
Auf längere Sicht gewinnen die einheimischen Arbeitskräfte durch Zuwanderung, geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Die Verlierer seien dagegen die bereits im Land lebenden Ausländer: Ihre Löhne sinken und die Arbeitslosigkeitsrisiken nehmen für sie zu.
Simulationen des IAB auf Grundlage eines neu entwickelten Schätzmodells zeigen: Bei einer Nettozuwanderung von insgesamt rund 450.000 Erwerbspersonen wäre der Lohnrückgang für die einheimische Bevölkerung mit 0,1 Prozent nur sehr gering. Auch der Anstieg der Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte wäre moderat. Langfristig würden die Löhne der einheimischen Bevölkerung sogar um 0,1 Prozent steigen und die Arbeitslosenquote um 0,06 Prozent sinken.
Die bereits in Deutschland lebenden Ausländer verlieren dagegen durch die Zuwanderung. Ihre Arbeitslosenquote würde den Simulationsrechnungen zufolge langfristig um 1,2 Prozentpunkte steigen und ihre Löhne würden um 1,1 Prozent fallen.
Ursache dafür sei, dass die Neuzuwanderer stärker mit den bereits in Deutschland lebenden Ausländern als mit den einheimischen Arbeitskräften konkurrieren. Dadurch fallen die Verdrängungseffekte für Ausländer auch sehr viel stärker als für Einheimische aus. „Die Ausländer tragen damit die Kosten der Migration“, schreiben die IAB-Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker und Elke Jahn in ihrer Studie.
Gesamtwirtschaftlich betrachtet profitiere Deutschland von Zuwanderung. Die Bilanz falle umso günstiger aus, je höher die Qualifikation der Zuwanderer sei und je besser die Zuwanderer in den Arbeitsmarkt integriert seien. Brücker und Jahn empfehlen daher die verbesserte Anerkennung von ausländischen Abschlüssen, den Abbau von Diskriminierungen am Arbeitsmarkt und die verstärkte Förderung der Sprachkompetenz von Migranten.
Die IAB-Studie im Internet: http://doku.iab.de/kurzber/2010/kb2610.pdf
Zu den Begriffen „Ausländer“ und „Einheimische“
Um die Arbeitsmarktwirkung von Migration umfassend zu analysieren, werden Ausländer in dieser IAB-Studie weiter definiert als sonst üblich. Dazu zählen ausländische Staatsbürger, in Deutschland eingebürgerte Ausländer sowie Spätaussiedler. Als Einheimische gelten entsprechend alle anderen Personen.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Nationale VersorgungsLeitlinie zum Kreuzschmerz veröffentlicht
Corinna Schaefer M.A.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin
Die Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) „Kreuzschmerz“ steht ab sofort in der Version 1.0 im Internet zum Download bereit. Das pdf-Dokument kann kostenlos herunter geladen werden. Eine Druckfassung ist geplant.
Kreuzschmerzen verursachen in Deutschland direkte Kosten in Höhe von 8,4 Milliarden Euro pro Jahr. Hinzu kommen die indirekten Kosten durch Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung – Kreuzschmerz führt seit Jahren die Statistiken der Anlässe für medizinische Rehabilitation und Arbeitsunfähigkeit an. Zwar existieren zahlreiche Therapieangebote, und einige der Behandlungsmöglichkeiten wurden in den letzten Jahren gut untersucht. Dennoch lässt sich die Versorgung der Patientinnen und Patienten in allen Bereichen noch deutlich verbessern.
Ziele der Leitlinie
Die NVL Kreuzschmerz vereinbart evidenzbasierte Empfehlungen verschiedener deutscher und internationaler Leitlinien-Herausgeber. Sie gibt Hilfen für die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit akutem, subakutem und chronischem nichtspezifischem Kreuzschmerz und richtet sich dabei sowohl an Ärzte als auch an alle nichtärztlichen Berufsgruppen, die an der Versorgung beteiligt sind. Großen Wert legten die Herausgeber dabei auf die Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung. Deshalb beteiligten sich an der NVL Kreuzschmerz nicht nur über 20 ärztliche Organisationen und Patientenvertreter/-innen, sondern etwa auch der Deutsche Verband für Physiotherapie, der Deutsche Verband der Ergotherapeuten, die Bundespsychotherapeutenkammer sowie der Deutsche Rentenversicherung Bund.
Durch die Empfehlungen sollen zum Beispiel diagnostische Maßnahmen ohne Konsequenzen vermieden, Chronifizierungen verhindert und die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit der Patientinnen und Patienten erhalten oder wiederhergestellt werden.
Wichtige Ergebnisse
Die NVL Kreuzschmerz gibt Empfehlungen zur Diagnostik, nicht-medikamentöser und medikamentöser Therapie sowie zur Prävention von nichtspezifischem Kreuzschmerz.
Sie empfiehlt zum Beispiel, dass nach klinischem Ausschluss gefährlicher Verläufe durch Anamnese und guter körperlicher Untersuchung, im akuten Stadium keine bildgebende Untersuchung durchgeführt werden soll. Im Vordergrund steht die Aktivierung der Betroffenen.
Zur Früherkennung bedrohlicher Ursachen benennt die NVL Kreuzschmerz so genannte „red flags“, die bei allen Patientinnen und Patienten beachtet werden müssen. Sie dienen dazu, eine potentiell gefährliche Erkrankungssituation zu erkennen und eine angemessene Abklärung und Behandlung einzuleiten. Darüber hinaus listet die Leitlinie „yellow flags“ auf – spezifische Warnhinweise, die psychosoziale Risikofaktoren anzeigen. Bei ihrem Vorliegen gibt sie Empfehlungen, wie beim Patienten/bei der Patientin ein adäquate, biopsychosoziales Krankheitsverständnis gefördert werden kann, um einer Chronifizierung vorzubeugen.
Die Empfehlungen der NVL Kreuzschmerz sind als Langfassung und als Kurzversion veröffentlicht. Daneben erscheinen ein Leitlinienreport und Praxishilfen. Für das nächste Jahr plant das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) außerdem eine PatientenLeitlinie zu erstellen.
Das Programm für Nationale VersorgungsLeitlinien
Das Programm für Nationale VersorgungsLeitlinien steht unter der Trägerschaft von Bundesärztekammer, Kassenärztlicher Bundesvereinigung und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Mit der Durchführung wurde das ÄZQ beauftragt. Zu ausgewählten Krankheitsbildern arbeiten Experten verschiedener Organisationen zusammen, um im Rahmen der strukturierten Versorgung chronisch kranker Menschen die angemessene und evidenzbasierte Patientenversorgung darzustellen.
Weitere Informationen:
http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/kreuzschmerz/pdf/nvl_kreuzschmerz_lan… Langfassung der NVL Kreuzschmerz
http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/kreuzschmerz/index_html Übersichtsseite der NVL Kreuzschmerz
http://www.versorgungsleitlinien.de Informationen zum NVL-Programm
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Integriertes Wasserressourcen-Management (IWRM) Projekt im Iran gestartet
Helke Wendt-Schwarzburg
Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
inter 3 Institut für Ressourcenmanagement
Wissenschaftler entwickeln Strategien für die Wasserbewirtschaftung des Zayandeh Rud-Flusses im Zentraliran
Die wasserwirtschaftlichen Herausforderungen im Iran sind enorm. Der Zayandeh Rud, wichtigster Fluss im Zentraliran, versorgt gut 4,5 Millionen Einwohner mit Wasser. In seinem Einzugsgebiet zeigen sich beispielhaft die zunehmenden Nutzungskonkurrenzen zwischen Landwirtschaft, Industrie und wachsenden Städten und die dadurch verursachten Probleme. Unter der Leitung des inter 3 Instituts für Ressourcenmanagement erarbeitet ein Konsortium aus Wissenschaftlern und Unternehmen bis 2013 ein umsetzbares Konzept für ein integriertes Wasserressourcen-Management.
In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt werden für die iranische Wasserwirtschaft gezielt Technologien und erforderliches Managementwissen für eine nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung entwickelt und zur Verfügung gestellt. Projektpartner sind inter 3, Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE), DHI-WASY, Institut für Umwelttechnik und Management an der Universität Witten/Herdecke, p2m berlin, Passavant Roediger und German Water Partnership.
Wasserwirtschaftliches Entscheidungssystem mit Reichweite bis nach Zentralasien
Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung einer nachhaltigen Wasserwirtschaft in dem von Wassermangel stark betroffenen Gebiet. Neben dem Transfer moderner Technologien zielt der IWRM-Prozess auf die Entwicklung eines wasserwirtschaftlichen Entscheidungshilfesystems, das neben Umweltfaktoren auch sozio-ökonomische Faktoren einbezieht. Shahrooz Mohajeri, Leiter des Verbundprojekts, betont den Pioniercharakter des Projekts: „Ziel ist es, eine große Anzahl von Menschen langfristig mit sauberem Trinkwasser zu versorgen, die Ressource Wasser zu schützen und auch wirtschaftliche Belange zu berücksichtigen. Von dem IWRM-Konzept können später auch Nachbarländer profitieren, die vor ähnlichen Problemen stehen.“
Das Projekt gliedert sich in drei Phasen. Zunächst wird die aktuelle wasser-wirtschaftliche Situation im Einzugsgebiet des Zayandeh Rud unter technischen, organisatorischen, ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten analysiert. Darauf aufbauend werden dann Management-Tools zur Bewirtschaftung der Wasserressourcen entwickelt, die die Entscheidungsträger im Iran in die Lage versetzen, konkrete Ziel- und Aktionspläne für eine nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung zu entwickeln. Die zweite Projektphase ist ab 2013 geplant. Dabei sollen verstärkt die langfristigen Wechselwirkungen zwischen Grundwassernutzung, Gewässergüte und Klimawandel in die Untersuchungen einbezogen werden. Für die dritte Projektphase ist ein Ergebnistransfer in den zentralasiatischen Raum vorgesehen.
Ganzheitliche Lösungen „made in Germany“
Im Projektteam arbeiten Wissenschaftler und Unternehmen eng zusammen daran, in Deutschland erprobte Technologien und Management-Strategien erfolgreich im Einzugsgebiet des Zayandeh Rud einzusetzen. Damit können Zweifel an der Übertragbarkeit ausgeräumt werden, die darin gründen, dass die Technologien bisher nur in Deutschland unter anderen klimatischen, sozialen und ökologischen Bedingungen eingesetzt und getestet wurden.
In der jetzt startenden ersten Projektphase wird das Entscheidungshilfesystem aufgebaut. Es besteht aus zwei Wasserbewirtschaftungstools: eines zur quantitativen Simulation der Wasserressourcen und ein zweites, das die sozio-ökonomischen Einflussfaktoren berücksichtigt. Mit dem Entscheidungssystem lassen sich Alternativen aufzeigen und die Reichweite von Entscheidungen abschätzen. Zugrunde gelegt wird die Betrachtung von Landwirtschaft, Siedlungswasserwirtschaft, Industrie, Tourismus und Natur (und damit der verschiedenen Wassernutzungen in der Region). Die Ergebnisse des Wasserressourcentools und der Sektormodule werden über Wissenslandkarten zu einem einheitlichen Entscheidungssystem zusammengeführt. Sie ermöglichen eine umfassende Herangehensweise, in die die erforderlichen Managementprozesse wie Organisationsentwicklung, Capacity Building, Kommunikation und Projektmanagement integriert werden. Die Kosten für die erste Projektphase sind mit rund drei Millionen Euro veranschlagt.
Das Forschungsvorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme „Integriertes Wasserressourcen-Management einschließlich des notwendigen Technologie- und Know-how-Transfers“ gefördert. Projektträger ist das Karlsruher Institut für Technologie. Im Iran unterstützt das dortige Energieministerium das Projekt und hat die Wasserbehörde Isfahan als iranischen Kooperationspartner eingesetzt. Über die Projektergebnisse soll regelmäßig in Fachkonferenzen sowie in einer eigenen Veröffentlichungsreihe informiert werden.
Nähere Informationen finden Sie in Kürze unter http://www.iwrm-isfahan.com
inter 3 Institut für Ressourcenmanagement
inter 3 bietet praxisorientierte Forschung und Beratung in allen Bereichen des Ressourcenmanagements. Wir entwickeln umsetzbare Lösungen für ein modernes, kulturell und regional angepasstes Infrastruktur-Management.
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